Es war ein Sommer von Kaname89 ================================================================================ Kapitel 10: Auf in die Weinberge! --------------------------------- „Guten Morgen, O-nee-sama!“, jubelte Maria. „Hast du aber lang geschlafen! Es ist schon fast 11! Und David möchte doch heute mit uns einen Ausflug machen!“ „Ausflug? Wohin denn?“, murmelte Kyoko schlaftrunken. „Na, in die Weinberge!“ „Weinberge?“ Sie verstand das kleine Mädchen einfach nicht... „Maria? Kyoko weiß davon noch nichts“, klärte Kanae sie auf. „Oh, Entschuldige, O-nee-sama... Das hatte ich vergessen. Also – gestern sind wir, Kotonami und ich, abends noch einmal in die Stadt bummeln gegangen und sind dort David begegnet. Er hat uns erzählt, dass sein Großvater Winzer auf einem Weinberg hier in der Nähe ist und er hat uns eingeladen diesen Weinberg zu besuchen! Wir haben sofort zugesagt“, berichtete Maria freudig. „Ihr wart bummeln?“, brachte Kyoko ungehalten hervor. „Miss Menno hat sich doch den Fuß verstaucht! Wie könnte ihr da bummeln gehen?“ „Na ja, ehrlich gesagt...“, begann Kanae, „ehrlich gesagt, war mein Fuß gar nicht verstaucht, nur etwas überdehnt. Bei dem Geländespiel habe ich die Sehen überlastet und das war dann der Grund für die stechenden Schmerzen. Außerdem hat Maria mir fast den ganzen Tag kalte Umschläge gemacht... Also kein Grund zur Sorge! Und zusätzlich waren wir auch noch in einer Apotheke und haben eine Creme gekauft.“ „Falscher Alarm?“, fragte Mogami fassungslos. „So sieht es aus.“ „Und ich habe mir Sorgen um dich gemacht! Und dann falscher Alarm???“ „Ach, O-nee-sama... Beruhige dich und zieh dich an! David wird uns in einer halben Stunde abholen!“, meinte Maria fröhlich und begann ihren Rucksack zu packen. „Er holt uns in einer halben Stunde ab?“, fragte sie verwirrt. „Ja, da du ja nun mit den Aufnahmen fertig bist, können wir wieder was zusammen unternehmen!“ „Aber... aber ich bin doch noch gar nicht fertig!“ „Wie? Die vom Set haben gemeint, dass du nur einen Tag für sie arbeiten müsstest!“ „Ja, das stimmt schon, Miss Menno... Aber gestern wurde das Wetter plötzlich wieder schlechter und so wurden die letzten Szenen auf heute Abend verlegt. 17 Uhr soll ich wieder am Set sein... Was machen wir denn jetzt nur?“ „Du fährst natürlich mit!“, entschied Maria bockig. „Ja, es dürfte kein Problem sein dich kurz vor 17 Uhr wieder hier abzusetzen. Wir fahren gut eine ¾ Stunde. Das heißt wir sind gegen 12 Uhr dort und müssten dann kurz nach 16 Uhr wieder starten. Das sind gut 4 Stunden! Das müsste reichen.“ „Meint ihr?“ Beide nickten bestimmt. „Nun gut, wenn ihr meint, fahre ich mit.“ Im Geheimen freute Kyoko sich jetzt schon auf den Ausflug mit ihren Freundinnen. Sie konnte gut etwas Ablenkung von Ren und dieser Laura Beaufort gebrauchen. David Gaelle kam pünktlich und lud alle Rucksäcke in den Kofferraum. „David?“ „Ja, kleines Fräulein?“ Er lächelte Maria an, die ihm gerade ihren Rucksack entgegen hielt. „Ist der Weinberg deines Großvaters sehr groß?“ Er nahm ihr das Gepäck ab und antwortete: „Nein, er ist im Verhältnis zu den anderen recht klein. Aber er bringt jedes Jahr ein paar wunderbare Tröpfchen hervor. Mein Großvater ist eigentlich nur noch aus Vergnügen Winzer.“ David zwinkerte ihr zu. „Ich freu mich schon!“, jubelte sie und kletterte ins Auto. „Es ist wirklich nett, dass du uns diesen Ausflug anbietest“, sagte Kanae. „Hab vielen Dank!“, ergänzte Kyoko. „Ach was! Keine Ursache! Ich sollte eh schon seit längerer Zeit mal wieder meine Großeltern besuchen. Da ist die Gelegenheit doch echt günstig!“ „Trotzdem vielen Dank“, Kyoko verbeugte sich leicht. „Darf ich bitten einzusteigen? Es geht los!“ Die Fahrt wurde sehr angenehm. Man fuhr landeinwärts und bestaunte die vorüberschweifende Landschaft. Die Sonne stand hoch am Himmel und ließ die Wiesen und Wälder satt und saftig erscheinen. Im Radio trällerte ein Lied nach dem anderen. Der Fahrtwind brachte eine angenehme Frische. Irgendwann verließ man die Hauptstraße und bog auf einen Weg ab. Am Rand standen einige Blumen verstreut. David erklärte, dass man nun sich dem Besitz der Familie näherte. Das Auto hielt vor einem großen, weißen Haus. „So, wir sind da!“ Maria bestaunte das Anwesen. „Ist das toll!“ „Nicht von schlechten Eltern“, bestätigte Kanae. Ein gut gebräunter älterer Mann kam auf sie zu. „Ich freue mich Sie auf meinem Gut begrüßen zu dürfen! David hat mir schon erzählt, dass Sie ihn begleiten werden. Ich bin sein Großvater Gérard Moreau.“ „Es freut uns ebenfalls“, antwortete Kyoko höflich. „Ich hoffe, wir machen Ihnen keine Umstände...“ „Aber nein“, winkte er ab. „Ich wollte schon immer Davids Freunde kennenlernen.“ „David! Ist das eine Überraschung!“ Eine junge Frau kam auf die Gruppe zugerannt. „Fleur! Das ich dich hier treffe!“ Er ging ihr entgegen und umarmte sie kurz. „Darf ich vorstellen“, er wandte sich an die Japanerinnen, „meine kleine Schwester Fleur! Sie studiert in Paris und ist nicht oft hier anzutreffen.“ „Freut mich euch kennenzulernen!“ „Nun kommt“, meinte der Großvater ungeduldig, „Wie ich gehört habe, habt ihr leider nicht viel Zeit. Wollen wir mit der Führung anfangen?“ Er steuerte auf das große Haus zu und seine Besucher folgten ihm. Innen war es erstaunlicherweise angenehm kühl. Sie setzten sich auf ein Sofa in der Eingangshalle und tranken etwas zur Erfrischung. Gérard begann zu erzählen. Er berichtete von den Anfängen des Weinanbaus und von den Besonderheiten. Dazu zeigte er einige Bilder über einen Diaprojektor. „Haben Sie denn noch irgendwelche Chancen gegenüber der riesigen Konkurrenz? Nützt es denn noch hier Wein anzubauen?“, fragte Kanae. „Nein, in dem Sinne habe ich keine Chance, um gegen sie zu bestehen. Aber ich habe etwas anderes – was den Weinbau wiederum wertvoll macht. Ich habe mich auf bestimmte Weinsorten spezialisiert. Ich stelle selbst nur noch Spitzenweine her, die dann auf Auktionen und an große Nobelrestaurants für viel Geld verkauft werden. Nur mein Freund in La Brise, der ein Restaurant dort besitzt, bekommt jedes Jahr eine Flasche von mir geschenkt. Aber ansonsten finanziert sich das Ganze hier über die Produktion und den Verkauf von erstklassigen Weinen. Außerdem könnte ich mir nicht vorstellen aufzuhören... Mein Leben ist der Wein“, lachte er. „Das ist ja interessant!“, meinte Maria. Sie hatte ihm aufmerksam zugehört. Er hatte die Gabe, die meistens nur Großväter oder Großmütter besitzen – er konnte so erzählen, dass auch das Langweiligste plötzlich interessant wurde. „Und wie heißen Ihre Weine?“, fragte sie weiter. „La Cour du Seine“, antwortete er lächelnd. „Das Herz der Seine.“ Nach dem Vortrag gingen sie nach draußen in den Weinberg. Maria betrachtete stauend die Trauben, die in der Sonne hingen. M. Moreau erlaubte ihr einige der Trauben zu kosten. Sie waren wunderbar süß. Über einige Weinstöcken hingen große Netze. Davids Großvater erklärte, dass das gegen die Vögel sei, die immer wieder auf Traubenraubzügen gingen. Er wollte verschiedene Methoden dieses Jahr ausprobieren, um diese Störenfriede zu verscheuchen. Es wurden noch die großen Holzfässer gezeigt und etwas zum Gärprozeß erwähnt. Kyoko und Kanae durften sogar einen der Spitzenweine probieren. Vorsichtig rochen sie daran und nahmen einen Schluck. „Der schmeckt ja fantastisch!“, rief erstere überrascht aus. „Da kann man den Preis verstehen!“, stimmte die andere zu. Großvater Gérard grinste nur zufrieden. Ja, er lebte für den Wein! Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu. Man stand wieder vor dem großen, weißen Haus. Die Sonne stand nun schon etwas tiefer. Bedauernd musste man sich verabschieden. „Haben Sie vielen Dank! Es war wirklich sehr interessant!“, verkündete Maria. Der Alte lachte nur erfreut. „Schön, dass es dir so gefallen hat. Maria, ich habe noch etwas für dich und auch für deine Freundinnen, wenn sie es nicht zu kindisch finden“, flüsterte er. Die Kleine machte große Augen. „Was denn?“ Verschmitzt hielt er ihr einen Schlüsselanhänger vor das Gesicht. Eine Weintraube hing daran mit Augen und einem breit grinsenden Mund, mit Händen und Füßen, und auf der Rückseite stand „La Cour du Seine“. Dankbar nahm sie ihr Geschenk entgegen. Sie fand es einfach nur süß! So süß wie die Trauben, die sie kosten durfte. Um es nicht zu verlieren hängte sie es an ihren Rucksack. „Kyoko? Kanae? Möchtet ihr auch ein kleines Geschenk?“ Die beiden waren gerade noch mit Autobeladen beschäftigt. Neugierig drehten sie sich um. Wieder mit dem so typischen Grinsen auf dem Gesicht hielt er ihnen ebenfalls je einen Schlüsselanhänger hin. Dankend nahmen sie das Geschenk an. „Es hat uns wirklich gefallen!“, beteuerte Kyoko noch einmal. Dann verabschiedeten sie sich und kletterten wieder ins Auto. Sie mussten wieder zurück. Kyoko beschimpfte in Gedanken diesen Robert, der am vorhergehenden Tag verhindert hatte, dass sie mit den Aufnahmen fertig wurden. Was hätte schon der Regen gemacht? Dann hätte sie noch länger auf dem Weingut bleiben können und wäre der zickigen Laura Beaufort entgangen. Aber sie wusste es ja besser. Es konnte nichts daran geändert werden. Sie musste wieder zum Set. Mit etwas genervten Gesichtsausdruck gab sie sich dem Fahrtwind hin und schloß die Augen. „Wunderbar!“, rief der Regisseur aus. „Dass wir heute so gut vorankommen! Wir liegen gut im Zeitplan! Damit hatte ich nicht gerechnet. Leider müssen wir jetzt auf Mademoiselle Mogami warten. Ich hatte ihr 17 Uhr gesagt. Aber wir haben es erst 16:30 Uhr... Nun gut – eine halbe Stunde Pause für euch!“ Die Crew zerfiel in ein erleichterten Gemurmel. „Ach, Ren! Könnte ich dich noch mal kurz sprechen?“ Der Regisseur winkte den Schauspieler zu sich heran. „Ja, was wünschen Sie?“ „Ren, ist es für dich in Ordnung, wenn Mademoiselle Mogami auch diese Stelle übernimmt?“ Er tippte mit dem Zeigefinger auf das Drehbuch. „Du weißt ja, dass es Laura nicht so gut geht. Sie hat gestern einfach zu sehr gefroren als sie auf ihren Einsatz warten musste. Die Aufnahmen morgen von ihrem Selbstmord wird sie wieder selbst übernehmen. Aber heute geht es ihr einfach zu schlecht. Sie hat zwar protestiert und wollte die noch fehlenden Szenen ein weiteres Mal verschieben, aber dazu haben wir keine Zeit! Wir kamen zwar heute gut voran, haben aber auch schon genügend Einbußen gehabt. Wir können nicht mehr warten. Heute passt es auch mit dem Wetter perfekt. Und ich bin mir zudem sicher, dass Mademoiselle Mogami auch diese Szene meistern wird. Sie ist wirklich begabt! Da hat ihre Freundin Mademoisellen Kotonami nicht übertrieben.“ Ren nickte zustimmend. Yashiro reichte ihm eine Flasche Wasser. Ren hatte sich bereits umgezogen für die nächsten Szenen und saß in einem Standkorb. „Vielen Dank.“ „Ist Kyoko-chan auch diesmal wieder deine Partnerin?“, fragte der Betreuer neugierig. „Ja, ist sie...“ „Das ist ja schön! Freust du dich denn gar nicht?“ Misstrauisch sah er seinen Schauspieler an. Dieser seufzte lang und starrte das Meer an. „Ich weiß nicht.... ich weiß es nicht.... müsste ich denn?“ „Aber hör mal Ren!“, ereiferte er sich. „Wie kannst du nur so etwas sagen?! Du, der...“ „Mogami ist angekommen!“, rief es und unterbrach Yashiro grob. „Ah, da haben wir sie ja!“ Der Betreuer ging ihr entgegen. „Kyoko-chan! Schön dich wiederzusehen!“, sagte er lächelnd. „Und natürlich auch Kanae und Maria-chan!“, ergänzte er. „Wer ist das?“ Er sah David an, der hinter den Mädchen stand. „Das ist David Gaelle – ein Freund von uns. Wir haben zusammen einen Ausflug heute gemacht“, erklärte die Kleinste. „Wir wollten fragen, ob wir heute aufpassen dürfen bei den Aufnahmen.“ Yashiro hielt dem Unbekannten die Hand hin. „Guten Abend. Ich bin Yashiro – der Betreuer eines Schauspielers, den die jungen Damen hier kennen. Freut mich.“ Kanae und Maria ließen die beiden Männer stehen und wanderten auf den Regisseur zu, um ihre Bitte vorzutragen. Kyoko ging in der Zwischenzeit sich umziehen. Sie schauderte bei dem Gedanken, wieder in der Kleidung ins Wasser zu gehen. Waren die Klamotten erstmal naß, dann wogen sie so einiges. Und sie, Kyoko, sollte ja auch noch Tsuruga-san aus dem Wasser ziehen. Sie verdrehte die Augen und zog das T-shirt über. Der Regisseur erlaubte ihnen zuzusehen. Somit setzten sie sich auf eine Bank und warteten gespannt auf den Start. Yashiro hatte sich zu ihnen gesellt. Etwas misstrauisch blickte er immer wieder zu Gaelle hinüber. Doch dieser ließ sich nichts anmerken und sah erwartungsvoll auf die Crew, die sich für die Aufnahmen bereit machten. Es war kurz nach 17:30 Uhr als sie begannen. Kyoko und Ren stiegen ins Wasser und warteten auf das Zeichen. „So, wir sind so weit!“, rief der Regisseur den beiden zu. „Also bitte!“ Ren legte sich wieder fast bewegungslos ins Wasser und Kyoko schlang ihre Arme um seinen Körper. Dabei versuchte sie Entsetzen in ihr Gesicht zu zaubern, was ihr allerdings nicht so ganz gelingen wollte. Ren war einfach zu schwer! Sie hatte große Mühe ihn überhaupt fortzubewegen. „Mogami! Mehr Gefühl!“, rief es vom Strand aus. „Ja, ja...“, murmelte sie etwas gereizt. „Soll ich dir helfen?“, flüsterte Ren. „Wie? Sie wollen mir helfen? Wie denn?“ „Keine Sorge, es wird niemand auf den Fotos sehen.“ Er lächelte schwach und ließ ein Bein tiefer sinken. Plötzlich wurde es für Kyoko leichter und sie konnte sich mehr auf den Schmerz des Verlustes ihren Geliebten konzentrieren. Ren schob langsam mit dem einen Fuß sich selbst mit vorwärts. Knips. Knips. „Schon besser!“, rief es wieder vom Strand. „So, und nun...“, begann der Regisseur, „Ren leg dich hierher und Mogami beugte sich so über dich.“ Der Schauspieler legte sich in den noch warmen Sand und Kyoko beugte sich über ihn. Unsicher sah sie sich um. Was sollte sie denn nun machen? Einfach sich so über ihn beugen? „Mogami! Du musst versuchen ihn wiederzubeleben! Er ist bewusstlos und atmet nicht mehr.“ Kyoko sah etwas entsetzt den Regisseur an. Warum konnte denn das nicht diese Laura machen? Apropos Laura – wo war diese denn überhaupt? Sie hatte sie noch gar nicht gesehen... nun gut... Kyoko gab sich einen Ruck und redete sich ein, es sei nur ein Spiel – ein Schauspiel! Warum konnte sie hier nicht einfach so in der Handlung und in deren Personen versinken? Dann hätte ihr es gar nichts ausgemacht, glaubte sie zumindest. Sie konnte es doch sonst auch... was war hier nur so anders? Sie schüttelte den Kopf. Daran konnte sie jetzt nicht denken. Sie musste ihren Geliebten wiederbeleben! Also los! Zuerst überprüfte sie, ob er noch atmete – so wie sie es in einer Erste Hilfestunde gelernt hatte. Da dies nicht der Fall sein sollte, machte sie sich an die Beatmung. Nase zuhalten und dann über den Mund... Kyoko errötete... Wäre dies ein Film, sie wäre haushoch durchgefallen. Das wusste sie! Aber da es nur Fotoaufnahmen waren, schien es niemanden zu stören, dass sie stockte. Sie schloß die Augen und drückte ihren Mund auf seinen. Knips. „Ja, genauso!“, rief der Regisseur. „Nur weiter so!“ Kyoko legte als nächstes ihre Hände auf seine Brust, so als würde sie drücken wollten. Knips. Knips. „So, und nun merkst du langsam, dass es keinen Sinn hat und dass dein Geliebter so eben gestorben ist!“ Dies fiel ihr um einiges leichter. Entsetzt sah sie ihren Geliebten an und schüttelte ihn etwas, als wöllte sie ihn aufwecken. Die Tränen floßen ihr über die Wangen und benetzten sein Gesicht. Zärtlich strich sie ihm durch das naße Haar. Verzweifelt legte sie ihren Kopf an seine Schulter und ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Knips. Die Haare der Perücke fielen ihr auf das Gesicht und versteckten ihre Augen. Trotzdem reichten die Tränen auf den Wangen und der vor Schrecken aufgerissene Mund aus, um die Trauer auszudrücken. Die Crew stand still. Es war als würden alle die Luft anhalten. Der Regisseur hatte einige Tränen in den Augen. Ergriffen fuhr er sich über das Gesicht. „Gut, das war's“; durchdrang es die Stille. Es war Laura. Sie stand plötzlich neben einem der Kameraleute. „Jetzt bist du ja fertig, Mademoiselle Mogami. Du kannst nach Hause gehen.“ Kyoko erhob sich. Da stand sie, die es gewagt hatte sich ihren Tsuruga-san zu nähern. Da stand sie, die sie mit einem überheblichen, arroganten Blick durchlöscherte. „Vielen Dank für deine Hilfe“, sagte der Regisseur. „Du hast uns wirklich geholfen!“ Er drückte ihr 50 € in die Hand. „Deine Bezahlung. Und natürlich bekommst du noch eine Ausgabe mit der Fotostory, wenn es fertig ist.“ „Haben Sie vielen Dank. Es war für mich eine ganz neue Erfahrung. Leben Sie wohl!“, antwortete Kyoko. Sie verbeugte sich leicht und machte sich auf den Weg zu ihren Begleitern. „Mogami-san“, rief Ren. „Darf ich noch mal kurz mit dir sprechen?“ Sie hielt an und nickte. „Mogami-san, würdest du einmal etwas mit mir unternehmen?“ Sie stutzte. Unternehmen? „Ja, warum nicht!“ „Gut, freut mich! Da ich jetzt tot bin, habe ich etwas Freizeit und möchte von der Gegend noch etwas sehen, bevor ich nach Japan zurückkehre. Sie brauchen mich hier nicht mehr.“ „Wenn das so ist“, sie lächelte, „würde ich gern etwas mit Ihnen unternehmen. Wann wäre es Ihnen denn recht?“ „Wie wäre es morgen? Ich würde dich zum Mittagsessen abholen? Oder habt ihr schon etwas anderes geplant?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, haben wir nicht. Aber was ist mit Miss Menno und Maria-chan?“ „Tut mir leid, daran hatte ich nicht gedacht – dass du noch deine Freundinnen hast, meine ich. Aber eines weiß ich: Ich möchte die Zeit mit dir verbringen. Nur mit dir.“ Ein leichter Rotschimmer legte sich auf Kyokos Wangen. „Vielleicht können sie ja etwas mit Yashiro unternehmen?“, antwortete sie. „Ja, vielleicht...“ Schweigend sahen sie sich an. „Kyoko! Kommst du nun? Wir warten!“, rief Kotonami. Die Gerufene drehte sich ruckartig um. „Ja, ich komme!“ Wandte sich zu ihrem Senpai. „Also dann, Tsuruga-san, bis morgen um 11 Uhr?“ „Ja, in Ordnung. Ich hole dich um 11 Uhr ab. Auf Wiedersehen!“ „Aurevoir!“ Mit wackligen Beinen lief sie zu ihren Freunden. Mit wackligen Beinen vor Glück. David fuhr sie bis vor das Hotel und half ihnen noch das Gepäck auszuladen. „Haben Sie nochmals vielen Dank, Gaelle-san!“, meinte Kanae höflich und verabschiedete sich. Sie nahm ihren Rucksack. „Maria? Kyoko? Kommt ihr?“, rief sie und hielt den beiden die Tür auf. Maria lächelte David dankbar an und folgte Kotonami. Kyoko wollte soeben auch ihrer Freundin folgen, doch er hielt sie zurück. „Kyoko? Dürfte ich mich kurz mit dir unterhalten?“ Diese nickte und meinte zu ihren Begleiterinnen: „Geht schon mal vor. Ich rede noch kurz mit David. Ich komme gleich nach!“ Die Tür fiel ins Schloss. Sie setzten sich unter einem großen Baum auf eine Bank. „Also? Was gibt es?, fragte Kyoko neugierig. „War das der Schauspieler, von dem du mir am Nationalfeiertag erzählt hast? Dieser Tsuruga-san?“ „Wie kommst du denn darauf?“ Verwundert sah sie ihn an. „Habe ich Recht? Nun... man kann es sehen!“ „Ja, du hast Recht. Aber was sieht man denn?“ Sie verstand nicht. „Na, die Liebe!“ Er lachte. Kyoko blickte ihn an als hätte er etwas total Hirnrissiges gesagt. „So, wie ihr euch in die Augen seht und miteinander umgeht! Das sagt mehr als Worte! Glaube mir.“ „Ich weiß nicht, wie du zu der Annahme kommst, dass wir uns verliebt verhalten. Aber egal... Ich muss gehen“, sie stand auf, „die beiden werden schon auf mich warten! Leb wohl!“ Mit großen Schritten stapfte sie davon. Amüsiert sah er ihr hinterher. „Ach, und viel Spaß morgen bei deinem Rendezvous!“ Hastig drehte sie sich noch einmal um. „Das ist kein Rendezvous!“, und lief weiter. „Was wollte denn David?“, fragte Maria, als Kyoko zur Tür herein kam. Sie und Kanae hatten es sich auf den Sesseln in der Eingangshalle zwischen riesigen Topfpflanzen bequem gemacht und auf ihre Freundin gewartet. „Ach nichts weiter...“, winkte diese ab. „Habt ihr auch so großen Hunger wie ich?“, fragte sie ablenkend. Der Kleinen Augen wurden groß. „Wollen wir essen gehen?“ So machten sie sich auf den Weg zu dem im Hotel ansäßigen Restaurant und ließen den Tag ruhig ausklingen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)