Memory Fragments von Rejah ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Ich schritt bedächtig die endlos langen Gänge des Verstecks ab. Düster war es hier, die Wände wurden nur von einigen wenigen Kerzenstummeln erhellt und machten die filigranen Linien, die sich zu eleganten Verzierungen verbanden, sichtbar. Es war relativ kalt hier unten, soweit unter der Erde, wo es kein Sonnenlicht gab. Ich interessierte mich nicht dafür. Die Dunkelheit war mein ständiger Begleiter und gefürchtet hatte ich mich nur als kleines Kind vor ihr. Doch inzwischen gab es keinen Platz für Angst mehr in mir. Hass war die einzige Emotion, die wichtig war, die einzige, die zählte. Alle anderen waren nur störend. Orochimaru, mein Lehrmeister, hatte sich in den letzten Tagen etwas seltsam verhalten. Seine Blicke waren mir oft gefolgt, vermischt mit einem gewissen sorgenvollen Blick. Nicht, dass er sich jemals Sorgen um mich machen würde – es musste irgendetwas an mir geben, dass ihm Sorgen bereitete. Natürlich interessierte mich das. Orochimaru war gefährlich, das wusste ich; auch damals, als ich mich auf ihn eingelassen hatte und aus Konoha geflohen war, um mich ihm anzuschließen und bei ihm stark zu werden, hatte ich es gewusst. Mir war auch bewusst, dass er nur darauf aus war, meinen Körper zu übernehmen, wenn ich stark genug war. War es nun soweit? Ich war stark, definitiv, doch ich wusste nicht, ob ich ihn besiegen können würde. Er war schließlich ein Sannin und um einiges älter als ich. Wenn der Tag tatsächlich gekommen war, blieb mir nichts anderes übrig, als mit ihm zu kämpfen. Und ihn zu besiegen, denn eine Flucht würde nicht sinnvoll sein. Ich hätte nicht die geringste Chance ihm zu entkommen. Mit diesem Verdacht, den ich gegen ihn hegte, schlich ich weiter durch die Gänge, immer darauf gefasst, dass es beginnen würde. ~~~~~*~~~~~ Anspannung war das Gefühl, das mich jederzeit begleitete. Ich konnte kaum erwarten, dass es passierte. Ich wollte, dass es endlich vorbei war. Orochimaru hatte mir mein Training selbst überlassen; ich wusste, dass es nicht mehr lange dauern konnte. Dennoch verstrich jeder Tag ohne den Eintritt des Ereignisses, dem ich entgegen fieberte. Es war, als wollte er mich absichtlich in die Enge treiben; als schien er auf einen einzigen Moment meiner Unachtsamkeit zu warten. Und da ich mir dessen bewusst war, hatte ich keine einzige ruhige Minute. Ich schlief kaum. Es mochte feige und hinterhältig sein, doch er würde sich nicht scheuen, mich im Schlaf zu überfallen. Die wenige Zeit, die ich schlief, verfolgten mich Alpträume. Daher war es auch kein Wunder, dass ich meine Augen jetzt kaum offen halten konnte. Wahrscheinlich, so stellte ich verärgert fest, war ich bereits in Orochimarus Falle getappt. Dumm wie ein einfältiges Kaninchen. Es kam selten vor, dass ich Fehler machte. Das lag daran, dass ich, wenn ich ruhig war, besser nachdenken konnte. Doch mit seinem absonderlichen Verhalten hatte er mir meine Ruhe gestohlen. Dafür gab er mir etwas, was ich seit beinahe drei Jahren – war es wirklich schon so lange her? – zu unterdrücken versuchte: Das Gefühl, der Situation nicht gewachsen zu sein. Die Frage, was zu tun ist. Der eiserne Nachhall meiner Schritte pochte in meinen Ohren. Ich besann mich darauf, meine Sinne auf Gefahr zu schärfen, und nicht länger auf diese irrelevanten Gedanken. Es funktionierte. Es hatte bisher immer funktioniert. Einfach nicht daran denken, verdrängen, was auch immer das Problem ist – die einfachste und schmerzloseste Lösung. Vielleicht machte ich es mir zu einfach. Denn trotz der Verdrängung kamen manchmal, oft genug, Erinnerungen in mir hoch. Itachi. Für ihn tat ich alles. Für ihn, nein, gegen ihn lebte ich. In mir war nur Hass und der unnachgiebige Wille am Leben zu bleiben. Ich verfluchte mich dafür, dass Itachi es so wollte. „Du scheinst ziemlich in Gedanken versunken zu sein, Sasuke-kun.“ Die feinen Härchen auf meinen Unterarmen stellten sich abrupt auf. Mir lief es kalt den Rücken runter, als ich mich umdrehte. Schnell, so rasch wie möglich, schüttelte ich das Gefühl ab. „Hmpf. Was ist mit meinem Training?“, fragte ich Orochimaru, der gerade aus dem Schatten trat, an dem ich soeben vorbeigegangen war. Ich versuchte mich wie immer zu geben und setzte ein starres Gesicht auf. „Keine Zeit. Es gibt anderes zu tun.“ Kein 'Tut mit Leid'. Er lehrte mich, ich lernte von ihm. Meister und Lehrling waren wir, mehr nicht und das ließen wir uns gegenseitig spüren. Ich hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich nur dort war, um stärker zu werden. Ich mochte seine grausame Art nicht. Normalerweise wäre ich in solch einer Situation gegangen. Normalerweise – heute würde es enden. Ich wagte es nicht mich umzudrehen und wegzugehen. „Sasuke-kun.“ Orochimaru durchbrach das Schweigen. Ein schwaches Grinsen lag auf seinen Lippen. „Du benimmst dich in letzter Zeit etwas seltsam.“ Es war pure Ironie. „Ich dachte, du hättest viel zu tun.“ Ich ignorierte ihn und provozierte ihn absichtlich. Womöglich war er genauso sehr wie ich darauf aus, die Karten offen zu legen. Ich starrte ihn an. Er starrte zurück. Seine Augen waren gelb, mit einem schmalen Schlitz in der Mitte, wie die einer Schlange. Seine Haut bleich wie die eines Toten. Die Wände schmolzen. Es dauerte eine Sekunde, ehe ich sowohl realisieren als auch reagieren konnte. Ich sprang hoch, kein bisschen zu spät, als tausend dünne Schlangen unter meinen Füßen hindurch schossen, die Mäuler weit aufgerissen. Noch im Sprung stieß ich mich von der Wand ab, meine Augen suchten den Gang nach Orochimaru ab. Doch ich war allein. Ich war in seine Falle getappt. Zuerst versuchte ich den größtmöglichen Abstand zwischen mir und den zwei langen Schatten links und rechts von mir zu bringen, in der Gewissheit, dass er aus diesen gekommen war und auch nur aus diesen wieder auftauchen konnte. Erst da fiel mir auf, dass die Wände aufgehört hatten zu schmelzen, ohne dass ich den genauen Zeitpunkt bestimmen konnte. Ich befand mich zweifelsfrei in einem Genjutsu. „Kai!“ Hinter geschlossenen Augen wartete ich. Es war still um mich herum. Blinzelnd öffnete ich sie wieder. Der Gang war verschwunden. Und mit ihm alles, was diese Welt ausgemacht hatte. „Immer noch Genjutsu?“, flüsterte ich und erschrak, als ich meine eigene Stimme nicht hören konnte. Es war so still, dass man meinen könnte, das eigene Blut in den Ohren rauschen zu hören. Doch ich hörte es nicht. Minuten verstrichen. Jedenfalls kam es mir so vor. Ich war mir nicht sicher, welche Rolle Zeit an diesem Ort spielte. Doch ich wurde mir zunehmend bewusst, wie ernst meine Lage war. Hatte ich mir nicht eben noch selbst eingebläut, Acht zu geben? Musste ich nicht, um des einen Zieles willen, überleben? Ich hatte mich hereinlegen lassen. Wut stieg in mir hoch; ein Gefühl, das ich lange Zeit vor Orochimaru versteckt hatte. „Kai!“ Ob es nun meine Aggressionen waren, die mir die nötige Kraft verliehen, das Genjutsu zu brechen, wusste ich nicht. Als ich das Jutsu gelöst hatte, stand ich wieder im selben Gang. Mit denselben Fackeln und den Schatten, die sie an die Wände warfen. Und Orochimaru stand vor mir. Erst da spürte ich den Schmerz. Langsam senkte ich den Kopf und sah an mir hinunter. Auf dem weißen Leinen, das ich trug, hatte sich ein Fleck dunkelroten Blutes gebildet, der sich rasch ausbreitete. Aus meinem Bauch heraus ragte silberner Stahl. Die Spitze klebte von Blut. Meinem Blut, wurde ich mir bewusst. Etwas kam mir wie Galle die Kehle hoch und ich musste husten; spuckte dabei noch mehr von der Substanz aus, die von meiner Wunde und dem Schwert auf den Boden tropfte. E würde mich nicht umbringen; dessen war ich mir sicher. Ich kannte mich nicht mit Medizin aus, ich war kein Medical Nin, doch auch ohne diese Kenntnisse wusste ich es. Denn Orochimaru wollte meinen Körper. Er stand kurz davor. Er stand kurz davor, meinen Körper zu übernehmen. „Ich ... ich darf nicht sterben ...“, keuchte ich; meine Hände hoben sich wie von selbst und umklammerten die Schwertspitze. Mein Körper bebte und zitterte. „Du wirst nicht sterben ... jedenfalls nicht ganz.“ Orochimaru lächelte schmal. Wenigstens hatte er am Ende sein wahres Gesicht gezeigt, schoss mir wie ein Pfeil durch den Kopf, ehe ich bewusstlos zu Boden sank. ~~~~~*~~~~~ Mein Herz schlug gleichmäßig gegen meine Brust. Ich hörte meinen Atem und ein Rauschen in meinen Ohren, das mir bekannt vorkam. Langsam öffnete ich meine Augen. Mein erster Gedanke war: Wo bin ich? Ich befand mich in einem dunklen Gang, in dem nur eine schon fast gänzlich herunter gebrannte Kerze ihr Dasein fristete. Mein Bauch fühlte sich seltsam an. Als ich vorsichtig tastend mit meiner Hand darüber fuhr, nahmen meine Fingerspitzen eine klebrige Substanz auf. Neugierig hob ich die Hand. „Aah!“ Sofort versuchte ich, so viel Abstand wie nur möglich zwischen mich und meine eigene Hand zu bringen; stolpernd stand ich auf und rutschte beinahe noch im selben Moment wieder aus; ich landete auf etwas Nassem. Meine Hand, die ich zum Auffangen des Sturzes gebraucht hatte, verkrampfte sich zitternd am Boden. Es war Blut. Jede Menge davon. Der Boden und meine Kleider waren getränkt von Blut. „Aah, wo bin ich?“, schrie ich, weil das bloße Denken nicht mehr ausreichte. Mein Schrei hallte sekundenlang an den Wänden wider und verstummte dann, um mich etwas anderes hören zu lassen: Rasch aufeinander folgende Schritte. Meine Augen wurden groß, ob aus Angst oder Freude kann ich heute nicht mehr sagen. Doch ich saß einfach nur still auf dem Boden und wartete ab, was kommen würde. Jemand schlitterte um die Ecke. Er prallte gegen die Wand, weil er seinen Schwung nicht mehr aufhalten konnte. Dann folgte ein Zweiter, ich bemerkte, dass es ein Mädchen war. Der Erste starrte mich an. Kein Wunder, dachte ich mir in diesem Augenblick. Ich musste schaurig aussehen, so voller Blut. Das Mädchen hatte mich inzwischen ebenfalls erblickt und sah nun unsicher zwischen dem Einen und mir hin und her. Ihre Augen glänzten feucht. „Sasuke“ Das war das erste Wort, das ich von jemand anderem als mir selbst hörte. Der Junge kam auf mich zu. Sein Gesicht war verzerrt, er schien wütend zu sein; ich wich zurück, doch er war schneller. Ehe ich mich versah, hatte er mir schon mit aller Kraft eine runter gehauen. „Was ...?“ Ich hielt mir die Wange und sah entsetzt zurück. „Wieso?“ Die zwei sahen mich an; der Junge schwer atmend, das Mädchen hatte die Hände schützend vor die Brust geschlagen. „Endlich haben wir dich gefunden.“ Der Junge lächelte auf einmal. „Keine Widerrede, du kommst mit, Sasuke!“ Zögerlich sah ich zu dem Mädchen, doch ich konnte in ihrem Gesicht kein Zeichen des Widerspruchs finden. „Ähm ...“, begann ich an den Jungen gerichtet, „wer ist Sasuke?“ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Kapitel 1 „Das ist doch wohl ein Scherz, oder Sasuke?“ Langsam begriff ich, dass ich es sein musste, der mit Sasuke gemeint war. „Bin ich ... Sasuke?“ Ich sprach den Namen vorsichtig aus. „Mach dich gefälligst nicht über mich lustig, Idiot!“ „Ich mein es ernst!“ Ich wusste selber nicht, woher diese Aggressivität kam. „Ich weiß es wirklich nicht.“ Jetzt erst trat das Mädchen vor und stellte sich neben den Jungen. „Sasuke, du ... an was kannst du dich noch erinnern?“, fragte sie zaghaft, als wüsste sie bereits die Antwort. Ich dachte angestrengt nach. Ein paar Bäume fielen mir ein. Gelbes Licht, das durch Blätter schimmert. Ein junger Mann, dessen Gesicht wie ausradiert ist. „Nicht viel.“, antwortete ich schließlich. „Weißt du, wer wir sind?“ Der Junge sah sie entsetzt und ungläubig an, als sie diese Worte aussprach. Ich schüttelte den Kopf. Sie fasste sich an die Stirn und schloss die Augen. „Ich habe es geahnt.“ krächzte sie heiser. Dann begannen ihre Schultern zu zucken. Der Junge neben ihr nahm sie in den Arm und warf mir ab und zu einen seltsamen Blick zu. Ich beobachtete die beiden, doch ich empfand weder Mitleid noch Trauer. Ich wusste nicht, warum das Mädchen weinte, doch ich fand es nett, dass der Junge sie tröstete. Wieso er mich jedoch so ansah, war mir unbegreiflich. „Ist das wieder einer deiner Tricks?“, schrie er mich an. „Spielst du noch, bevor du uns bekämpfst?“ Ich wusste nicht, wovon er redete. Ich wusste nicht, wer ich war, was ich tun sollte und wieso er mich scheinbar hasste. Ich wusste gar nichts mehr, bis auf diese kleine verschwommene Erinnerung, an die ich mich noch fest klammerte, bevor auch diese zu verschwinden drohte. Jemand tippte mich an der Schulter an; ich hob den Kopf. „Meinst du das wirklich ernst? Kannst du dich an nichts mehr erinnern?“ Ich nickte. Er schloss die Augen – die selbe Reaktion wie die des Mädchens, fiel mir auf, doch im Gegensatz zu ihr begann er nicht zu weinen. „Okay ...“, sagte er langsam. Er öffnete die Augen wieder und sah mich direkt an. „Dein Name ist Sasuke. Meiner ist Naruto!“ „Und ich heiße Sakura.“ Das Mädchen wischte sich mit dem Handrücken über die geröteten Augen. Sie lächelte. Ich spuckte Blut. „Sasuke!“ Naruto fasste mich an den Schultern. Sakura eilte auf uns zu. Sie befreite mich von dem ehemals weißen, nun blutgetränkten Hemd. „Naruto, halt ihn fest!“, befahl sie, ehe sie mich auf den Boden drückte. Sie hielt ihre Hände über die Wunde, von der ich noch nicht einmal wusste, woher sie stammte, und mit Erstaunen stellte ich fest, dass sich an diesen eine hellblau leuchtende Kugel bildete, die auf angenehme Weise das schmerzhafte Pochen kühlte. ~~~~~*~~~~~ Ich kam durch. Das war jedenfalls der erste Satz, den ich nach meinem Aufwachen hörte. Als ich die Augen aufschlug, war ich von weißen Wänden umgeben. Neben dem Bett, in dem ich lag, stand auf einem kleinen Tisch eine Vase mit einer Blume darin. Abgesehen von einem weiß angestrichenen Schrank war das Zimmer leer. Als ich mich aufrichtete, bemerkte ich den Verband um meinen Bauch. Vorsichtig tastete ich darüber, doch alles was ich dort fühlte, war ein kurzes Stechen. Vom Flur aus, durch die geschlossene Tür hindurch, hörte ich leise miteinander sprechende Stimmen, die mir bekannt vor kamen; doch ich konnte weder ihre Besitzer erkennen, noch ihre Worte entziffern. Ich sah mich ein weiteres Mal um, wohl eher aus Langeweile als aus echtem Interesse. Die Wände, die Vase, die Blume und der Schrank. Weiß. Zum Glück hatte die Blume rosa Blüten, auch wenn ich feststellte, dass ich die Farbe nicht sonderlich mochte. Ich schlug die Bettdecke zurück und stand auf. Es fiel mir leichter, als ich erwartet hatte; zwar schmerzte die Wunde in meinem Bauch ein wenig, doch es war nicht mehr als ein unangenehmes Ziehen, das ich ignorieren konnte. Zu den Stimmen hatten sich zwei graue Silhouetten hinter der milchigen Scheibe gesellt, die heftig gestikulierten. Langsam trat ich, einen Schritt nach dem anderen, auf sie zu. Der Boden unter meinen nackten Füßen fühlte sich glatt und kalt an. Ungewohnt, irgendwie, dachte ich mir und fragte mich gleichzeitig, woher dieser Gedanke kam. Gerade, als ich nur noch einen oder zwei Schritte von der Tür entfernt war, wurde diese aufgerissen und herein stürmte der, der sich als Naruto vorgestellt hatte. Beinahe wäre er in mich hinein gerannt; er stoppte abrupt, fing an zu schwanken, fing sich aber recht schnell und blieb nur wenige Zentimeter vor mir stehen, ohne mir auch nur ein Haar gekrümmt zu haben. „Hey, Sasuke!“, rief er erschrocken aus. „Wieso bist du nicht im Bett?“ Sakura, die anscheinend die zweite Person gewesen war, stand hinter Naruto auf der Türschwelle und hatte die Hände in die Hüften gestemmt. „Komm, worauf wartest du?“ Sie drängte sich an Naruto vorbei und schob mich wieder dorthin, wo ich ihrer Meinung nach hingehörte. Stumm ließ ich mich zudecken und hörte mir an, was die beiden zu sagen hatten. „Tsunade-sama ist auf dem Weg hierher.“ Sakura setzte sich mangels eines Stuhls auf den Tisch. „Sie wird dir einige Fragen stellen, um herauszufinden, ob du wirklich dein Gedächtnis verloren hast. Anscheinend traut sie mir eine ordentliche Diagnose nicht zu.“, setzte sie grummelig nach. Ich sah sie fragend an. „Entschuldigung, aber wer ist 'Tsunade-sama'?“ Sakura schlug sich an die Stirn. „Ach ja, tut mir Leid.“ sagte sie. „Das kannst du ja nicht wissen. Tsunade-sama ist der Fünfte Hokage unseres Dorfes.“ „Hokage?“ „Der Boss von dem Laden hier.“, gähnte Naruto. Sakura verdrehte die Augen. „Sei nicht so respektlos, Naruto!“ Und zu mir gewandt: „Der Hokage ist der stärkste Ninja des Dorfes Konoha-Gakure. Es ist eine große Ehre, diesen Titel tragen zu dürfen.“ „Aha.“ Ninja? Konoha-Gakure? Diese Welt, die ich wohl einmal gekannt haben mochte, war voller unbekannter Begriffe. „Und ich werde der nächste Hokage!“ Naruto grinste verschmitzt. Ich sah ihn an, erstaunt darüber, dass ein so junger Mann wie er 'Hokage' werden konnte. Ich senkte meine Augen vor Respekt. „Ehrlich? Meinen Glückwunsch.“ Ich hoffte, dass ich das Richtige sagte. Sakura starrte mich traurig an. „Sasuke ... das steht noch nicht fest.“, meinte sie unbeholfen. Überrascht hob ich den Kopf. „Ein neuer Hokage wird erst dann gewählt, wenn der alte stirbt. Naruto möchte Hokage werden.“ „Ach so.“ Diese Welt war noch viel komplizierter, als ich gedacht hatte. Danach herrschte Stille. Naruto setzte sich auf die Bettkante und starrte mich aus dem Augenwinkel an. Ich konnte seinen Blick nicht deuten. Seine Augenbrauen waren leicht zusammengezogen, sein Mund verkniffen. War es Wut? Ich starrte unverhohlen zurück. Schritte ertönten jenseits der Tür und wenige Augenblicke später wurde sie geöffnet, diesmal bedächtiger. Herein trat eine junge Frau, die wohl kaum älter als 25 sein konnte. Sie trug ihre blonden Haare zu Zöpfen. An ihrer Stirn bemerkte ich ein seltsamer Zeichen. Das Auffälligste an ihr war jedoch ihr riesiger Busen. Ich errötete und sah weg. „Tsunade-sama!“ Als die Tür aufgegangen war, war Sakura vom Tisch gehüpft und Naruto hatte sich neben mein Bett gestellt. Tsunade-sama musterte mich stillschweigend. Schließlich sagte sie: „Lange nicht gesehen, Sasuke.“ Es waren schlichte Worte. Ich kannte die Frau nicht, ebenso bezweifelte ich, dass ich sie früher gut gekannt hatte. Sie wirkte distanziert. Tsunade-sama nahm Sakuras ehemaligen Platz ein. „Weißt du, wer ich bin?“, begann sie. Ich nickte. „'Der Boss von dem Laden hier.'“, zitierte ich Naruto. Sie zog die Augenbrauen zusammen. „Ah ... ja. So könnte man das auch ausdrücken.“ Ich fragte mich, wieso sie nicht lachte, denn es war offensichtlich, dass sie es wollte. Sie fuhr fort: „Wir haben übrigens eine Meldung bekommen.“ Ich hörte ihr aufmerksam zu. „Itachi wurde in der Nähe von Konoha gesehen.“ Ich zuckte nicht mit der Wimper, obwohl mir der Name bekannt vor kam. Naruto dagegen rief: „Was?“ Da wusste ich, dass etwas mit diesem Itachi nicht stimmte. „Beruhig' dich, Idiot!“, blaffte Sakura ihn an. „Es ist ein Test! Natürlich stimmt das nicht!“ Naruto ließ die Schultern sinken, errötete und wirkte auf einmal ganz klein neben dem Mädchen. „Wer ist Itachi?“, fragte ich dazwischen. Die drei tauschten einen bedeutungsvollen Blick. Tsunade-sama legte den Kopf schief und stützte ihr Kinn in eine Hand. Dann legte sie los. Sie stellte mir einen Haufen Fragen, bei denen ich oft noch nicht einmal die Bedeutung verstand – Namen, Dörfer, Missionen, an denen ich angeblich mal teilgenommen hatte; ich erinnerte mich an nichts. ~~~~~*~~~~~ Stunden später, so hatte ich das Gefühl, verließ Tsunade-sama uns wieder. Sie verlor kein Wort darüber, welchen Schluss sie nun aus meinen Antworten gezogen hatte. Sakura ging ihr nach. Eine unangenehme Stille folgte zwischen Naruto und mir. Schließlich räusperte er sich übertrieben laut. „Ähm ... ich werde dann auch mal gehen.“ Er wollte sich gerade zur Tür bewegen, als ich ihn aufhielt, meine Hand an seinem Arm. Er blieb augenblicklich stehen. „Was ist?“ Ich sah verlegen zur Seite, aus dem Fenster heraus. Draußen war blauer Himmel. Baumspitzen. Rote Dächer. Ich wollte ihm sagen, dass ich nicht allein hier bleiben wollte. Allein in diesem fremden Dorf, allein unter fremden Leuten. „Zeigst du mir das Dorf, wenn ich wieder gesund bin?“ Er sah mich einen Moment lang verwundert an. Ob er an die Zeit zurück dachte, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte? Dann nickte er und ging. Ich lag stumm im Bett und versuchte vergeblich nichts zu denken. Doch die neuen Gesichter, Namen und alles Andere, was ich binnen so kurzer Zeit kennen gelernt hatte, schwirrten mir wie ein Schwarm von Bienen durch den Kopf; laut, aufdringlich und störend. Ich wollte schlafen. Vor allem der Gedanke an Naruto wich nicht von meiner Seite. Dabei war er bei weitem nicht der Lästigste. Als er – und auch ich – begriffen hatte, dass ich mein Gedächtnis verloren hatte, hatte er so geschockt und entsetzt ausgesehen, hatte einfach so verletzlich ausgesehen, in dieser einen Sekunde, bevor er die Augen geschlossen hatte. Ob wir uns früher gut gekannt hatten? Es schien so, er und auch dieses Mädchen, Sakura, gingen so vertraut mit mir um. Was mich auch beschäftigte, war diese fremde Person namens Itachi. Niemand hatte mir eine Antwort gegeben, als ich nach ihm gefragt hatte und ich wunderte mich warum. Naruto hatte entsetzt reagiert. Womöglich mochte er ihn nicht, oder hasste ihn sogar – ich war neugierig. Ich wollte alles wissen, was zu meinem früheren Leben gehört hatte. Sowohl Naruto als auch Sakura kamen jeden Tag bei mir vorbei. Sakura brachte mir Blumen und Naruto schmuggelte etwas in das Krankenhaus, das er Ramen nannte. Er schien ganz verrückt danach zu sein, denn wenn mir wie so manches Mal schlecht war und ich nicht essen konnte, aß er es. Ich war erstaunt darüber, wie schnell er das alles verschlingen konnte. Einmal glaubte ich jemanden gesehen zu haben, verkleidet mit einer Tiermaske, direkt hinter meinem Fenster. Es mochte vielleicht nur Einbildung gewesen sein, denn er war binnen eines Blinzelns wieder verschwunden; dennoch hatte er mir einen großen Schrecken eingejagt. Seitdem hielt ich das Fenster immer wachsam im Auge. Ich erzählte Niemandem davon, auch nicht Naruto oder Sakura. Nach einer Woche endeten ihre Besuche abrupt. Ich war besorgt. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Oder war Tsunade-sama doch fälschlicherweise zu dem Schluss gekommen, dass ich mein Gedächtnis nicht verloren hätte? In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Mir war nicht bewusst gewesen, wie allein ich ohne diese zwei anderen war. Noch nicht einmal die Müdigkeit konnte mich überwältigen, denn da ich nur im Bett lag, las und sonst nichts tat, kannte ich sie bisher noch nicht. Dennoch wachte ich am nächsten Morgen auf. Ich wusste nicht, wann ich eingeschlafen war. Etwas verunsichert von dem Traum, den ich gehabt hatte, an den ich mich jedoch nur schwach erinnern konnte, blickte ich mich um. Dann stand ich auf und trat an das einzige Fenster. Helles Licht schien von draußen herein, so hell, dass es mir in den Augen weh tat und ich mich abwenden musste. Ich trat an den kleinen runden Tisch. Weiß. Meine Finger berührten das Holz. Ich wollte es spüren. Es war wie das erste Mal, auch wenn ich wusste, dass das nicht sein konnte. Auf dem Tisch stand die Vase. In ihr steckte die Blume, die Sakura mir vor vier Tagen mitgebracht hatte. Ich berührte eine ihrer Blüten und wollte vorsichtig dabei sein, doch als meine Fingerspitzen sie anstupsten, fiel sie ab und segelte nach unten. Ein Mann ohne Gesicht. Bilder aus meinem Traum stiegen in mir auf. Ein Wald, glaubte ich. Licht. Ich hatte von meiner eigenen Erinnerung geträumt. Der einzigen, die ich aus meinem früheren Leben mitgenommen hatte. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Gegen Mittag des selben Tages hörte ich plötzlich Schritte, die sich meiner Tür näherten. Die letzten Stunden hatte ich wie auch zunehmend die letzten Tage, in denen Naruto und Sakura verschwunden waren, wie ein Tier in einem Käfig auf und ab laufend verbracht. Ich stand am Fenster, das Treiben auf der Straße unter mich betrachtend. Jetzt drehte ich mich um. „Wo wart ihr?“ Meine Frage klang harscher, als ich es gewollt hatte. „Auf einer Mission natürlich!“, erwiderte Naruto, als sei dies selbstverständlich. „Wir können uns nicht die ganze Zeit ausruhen, wie du.“ Dann blickte er in mein verständnisloses Gesicht. „Ninja wie wir“, ich sah zu Sakura herüber, die ein kleines Lächeln aufgelegt hatte, „müssen oft auf Missionen gehen. Tsunade-sama erteilt sie uns. Sie wiederum hat die Aufträge von anderen Leuten erhalten.“ „Und ... was macht ihr so ... auf diesen Missionen?“, hakte ich vorsichtig nach. „Ach, das kann ganz unterschiedlich sein. Etwas Wichtiges überbringen. Jemanden beschützen. So etwas machen wir.“ „Jemanden beschützen ...“, wiederholte ich flüsternd. Dann: „Das würde ich auch gerne tun.“ Narutos Augen begannen zu leuchten, Sakuras schimmerten feucht. „Das hast du getan, Sasuke.“, sagte sie. „Du – du warst früher mit uns in einem Team.“ „Also haben wir uns gut gekannt?“ Sie nickte. Auch wenn ich wusste, dass es mir nicht gelingen würde, versuchte ich mich daran zu erinnern. „Du wirst übrigens heute aus dem Krankenhaus entlassen.“, unterbrach Sakura die Stille, in der ich nachgedacht hatte. „Tsunade-sama kommt gleich noch einmal vorbei, um zu sehen, dass deine Wunde auch wirklich verheilt ist.“ Ich nickte, aus irgendeinem Grund fühlte ich mich erschöpft. Möglicherweise wegen der Aufregung Tsunade-sama wiederzusehen. Ich hatte Angst davor – natürlich nicht vor der Untersuchung, obwohl mir diese seltsamen leuchtenden Kugeln, die sie und Sakura benutzten, immer noch suspekt erschienen. Ich hatte viel mehr Angst davor, was sie sagen würde. Doch bedeutete meine Entlassung aus dem Krankenhaus nicht etwas Gutes? Würde ich mich dann frei im Dorf bewegen dürfen? Als wäre sie von Sakuras Worten gerufen worden, ging abermals die Tür auf und Tsunade-sama trat mit langen, selbstsicheren Schritten in den Raum. Sie begrüßte Sakura und Naruto mit einem kurzen Kopfnicken, dann blieb ihr ernster Blick an mir haften. Nachdem sie mich eine Weile lang gemustert hatte, ging sie auf mich zu, drückte mich auf das Bett und öffnete mein Hemd. Vorsichtig tastete sie mit zwei Fingern über die geschlossene Wunde. Es tat nicht weh. „Willkommen zurück in Konoha, Sasuke.“, meinte sie dann beiläufig und sah auf. Ich hätte schwören können, dass ihr das Lächeln schwer fiel. Naruto ließ jedoch einen Freudenschrei los und stieß die Faust hoch, während er auf der Stelle hüpfte. Sakura lächelte nur, als hätte sie gewusst, dass Tsunade-sama mich nicht abweisen würde. ~~~~~*~~~~~ Es hatte nicht lange gedauert, das Zimmer leer zu räumen; ich besaß nichts. Naruto hatte mir Kleidung von sich selbst geliehen. Der Stoff fühlte sich seltsam, wenn auch irgendwie vertraut an. Auf den Stufen vor dem Haupteingang des Krankenhauses blieb ich stehen. Naruto und Sakura, die voraus gegangen waren, hielten ebenfalls an und drehten sich zu mir um. „Was ist?“, fragte Sakura besorgt. Konoha war groß und schön. Bäume mit weit ausgreifenden Ästen suchten sich ihren Platz zwischen den bunt zusammen gewürfelten Häusern, die Straßen wimmelten von Menschen unterschiedlichen Alters. Ich sah eine Horde Kinder vorbei rennen. Weiter hinten waren fünf Gesichter in den Stein geschlagen. Ganz rechts erkannte ich das von Tsunade-sama, des Fünften Hokages. Ich verstand sofort ihre Bedeutung. „Nichts.“, antwortete ich geistesabwesend, wandte den Blick ab und ging die letzten Stufen zu den beiden herunter. „Sasuke.“ Sakura packte mich am Arm. „Hör zu – es ist wahrscheinlich, dass dich einige Leute schräg ansehen werden. Lass dich davon nicht runterziehen. Egal was passiert, wir stehen immer auf deiner Seite.“ Ich nickte verwirrt und ließ mich von ihnen weiterführen. Wir liefen in Konoha herum und es war fantastisch. Die Straßen waren erfüllt von Leben. Bisher hatte ich nur die Dunkelheit des Ganges, in dem ich zu mir gekommen war, und das triste Innenleben des Krankenhauses kennen gelernt. Ab und zu hielt ich deshalb an, beobachtete einen alten Mann beim Obst kaufen und sah einem jungen Paar nach, das über die Straße spazierte. „Sasuke!“ Der ungläubige Ausruf ließ mich zusammen zucken. Als wir uns umdrehten, sah ich einen Jungen mit einem Monster von einem Hund rasch auf uns zu kommen. „Sasuke ...“ Er musterte mich von oben bis unten. „Du bist es tatsächlich. Bist ganz schön groß geworden!“ „Tsunade-sama hat den Dorfbewohnern mitgeteilt, was passiert ist.“, klärte Sakura mich auf. Der Junge, der sich wohl meiner Situation bewusst wurde, hielt mir die Hand hin. „Ich bin Kiba.“, stellte er sich vor. Der Hund bellte. „Und das ist Akamaru.“ Ich musterte die mir angebotene Hand. Sie hatte Schwielen und besaß einige helle Narben, die sich straff über die Haut zogen. Zögerlich ergriff ich sie. „Und, was macht ihr?“ „Wir haben ihm das Dorf gezeigt.“, antwortete Sakura auf Kibas Frage, doch sie schien besorgt zu sein. Obwohl ich sie noch nicht gut kannte, merkte ich ihr das sofort an. „Ihr seid ja wohl noch nicht fertig damit, oder?“ Kiba grinste. „Ich komm mit euch.“ Er sollte nicht der Einzige bleiben, der uns begleitete. Je länger wir durch die Straßen Konohas liefen, desto mehr Leute schlossen sich uns an. Jedem Einzelnen wurde ich vorgestellt, doch ich erkannte Niemanden. Und es gab etwas, was mich gewaltig störte: Jeder von ihnen behandelte mich gleich. Jeder war nett zu mir; verständnisvoll wurde mir alles erklärt, was ich wissen musste. Sakura lächelte, obwohl ihr etwas zu schaffen machte. Doch ich wollte inmitten der mir fremden Leute nicht danach fragen. Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt den Mut dafür aufbringen würde. Als es schließlich Abend wurde und die Schatten länger wurden, löste sich unsere Gruppe langsam auf. Letzten Endes verschwand auch Sakura und ließ Naruto und mich allein zurück. Ich sah Naruto an, dass ihm dies unangenehm war. Er tappte unruhig von einem Fuß auf den anderen. „Wenn du gehen willst, dann geh.“, sagte ich, obwohl ich nicht allein sein wollte. Konoha war immer noch fremd. „Ach was, du würdest dich sowieso wieder verlaufen!“, behauptete er und ich musste ihm Recht geben. „Konoha ... ist ganz schön groß.“, versuchte ich ein Gespräch anzufangen. Der Junge neben mir – ich kannte ihm kaum, doch ich fühlte mich seltsam vertraut mit ihm. Was mochte uns früher wohl verbunden haben? „Ja“ Narutos Augen strahlten. „Es wäre wirklich toll, Hokage zu werden!“ Er hatte wohl ein Gesprächsthema gefunden. „Ich bin sicher, dass du das schaffst.“ Ich hatte keine Ahnung, ob es schwer war, Hokage zu werden, doch Naruto grinste mich nur dankbar an; dann fasste er mich am Handgelenk und zog mich weiter. „Komm, ich zeig dir Ichiraku!“ ~~~~~*~~~~~ Ichiraku war wohl so etwas wie Narutos Stammplatz, stellte ich wenige Minuten später fest. Der Mann und die junge Frau, die in dem Laden arbeiteten, kannten ihn gut und alle drei unterhielten sich, als sei es das Normalste auf der Welt. War es wohl auch. Ich saß daneben, probierte zum ersten Mal in meinem Leben Ramen aus – stellte fest, dass es nicht unbedingt zu meiner Leibspeise werden würde – und sah ihnen zu, wie sie munter über anscheinend alltägliche Dinge sprachen. „... und dann hab ich mein Kage-Bunshin eingesetzt und 'puff!' waren sie alle weg! Das hättet ihr mal sehen sollen! Sakura war ganz stolz auf mich; sie wollte es zwar nicht zugeben, aber ich hab's ihr genau angesehen! Glaubt ihr nicht auch, dass sie ein wenig in mich verliebt ist? Jedenfalls sind wir dann wieder zurück nach Konoha, aber-“ So und so ähnlich erzählte Naruto, während er das Ramen in sich hinein futterte, als gäbe es kein Morgen mehr. Ich rutschte unruhig auf meinem Hocker hin und her; ich hatte bereits zu Ende gegessen, der Tag neigte sich dem Ende zu und es wurde langsam kalt. Ich war froh, als Naruto sich endlich verabschiedete und wir uns auf dem Heimweg machten. „War echt total nett von dem Alten, uns das Ramen zu spendieren!“ grinste Naruto in sich hinein. „Schade, dass er das nicht öfter macht.“ Ich konnte mich nicht mehr so recht seiner guten Laune anschließen, nachdem das letzte Tageslicht aus Konoha gewichen war, war es mir, als verberge sich noch etwas anderes hinter den Häuserfassaden. Ich beobachtete die wenigen Menschen auf der Straße und fröstelte. Naruto war plötzlich auch ganz stumm geworden und versuchte angestrengt nach links zu schauen. Natürlich sah ich sofort nach rechts. Neben uns erhob sich ein großes Tor, das mir wenig einladend erschien. „Naruto?“ „Ja ...?“ „Was ist das für ein Tor? Was liegt dahinter?“ Ich sah, dass ihm diese Frage unangenehm war; er senkte den Kopf kaum merkbar, seine Augen huschten hin und her und schienen nicht sicher zu sein, ob sie mich ansehen sollten. Er hinterließ weiße Wölkchen in der Luft, als er heftig ausatmete. „Das willst du nicht wissen.“ „Doch!“ Ich war zum ersten Mal laut geworden – und sofort tat es mir so Leid, als ich sein betroffenes Gesicht sah, und ich entschuldigte mich. „Schon okay ...“ Naruto biss sich auf die Lippe, sah noch einmal vorsichtig zu dem Tor und wandte sich dann zum Gehen. Nach kurzem Zögern folgte ich ihm. ~~~~~*~~~~~ Naruto öffnete eine Tür, hinter der er offenbar wohnte. Als ich ihm folgte, sah ich mich neugierig nach allen Seiten um; ich wollte möglichst alle neuen Eindrücke in mich aufsaugen. Mein erster Eindruck war: Zugemüllt. - Naruto legte wohl nicht sehr viel Wert auf Ordnung, und egal wie ich dies früher ausgelegt hatte, jetzt gefiel es mir nicht mehr. Naruto bemerkte meinen Blick. „Kannst ja aufräumen, wenn es dir nicht gefällt.“ „Ich könnte auch bei Sakura wohnen.“, widersetzte ich mich ihm. Ein kurzes Lächeln seinerseits. „Was ist?“ „Nichts, du ... warst nur früher auch so.“ Er fuhr sich verlegen durch die Haare. Ich sagte nichts. In mir ballte sich etwas zusammen. Ich beschloss, die Unordnung vorerst zu ignorieren. „Ist es okay für dich, wenn du auf dem Sofa schläfst?“ „Ähm – klar ...“, sagte ich und begutachtete das Sofa, das ebenfalls verbaut war. „Warte, ich räum's dir weg.“ Naruto schob das ganze Zeug einfach runter. „Autsch! Verdammt!“ , schrie er auf einmal auf und begann, auf einem Fuß zu hüpfen und sich den anderen zu halten. „Was ist passiert?“ Mit Entsetzen stellte ich fest, dass sein Fuß etwas blutete. „Hier.“ Er hielt einen spitzen Gegenstand hoch. „Was ist das?“ Ich nahm es vorsichtig in die Hand. Er sah mich einen Moment lang verdutzt an. „Ein Kunai, Sasuke.“ „Aha“ „Eine Waffe.“ „Du hast Waffen in deinem Haus?“ Naruto seufzte. „Ich bin ja auch ein Ninja.“, sagte er. „Äh ...“ Er erklärte es mir, scheinbar nicht fassen könnend, dass ich mit den ganzen Begriffen tatsächlich nichts anfangen konnte. Wir hatten uns inzwischen auf das Sofa gesetzt, während Naruto fortfuhr, mir alles Mögliche aus seiner Welt zu erklären – ich kam aus dem Staunen bald nicht mehr raus. Und das war das Leben, das ich früher gehabt hatte? Mir lief ein unangenehmer Schauer über den Rücken. Schließlich hatte Naruto geendet; eine drückende Stille hatte sich über uns gelegt. „Naruto ... dein Fuß blutet noch.“ Naruto blickte desinteressiert auf seine Wunde. „Ach was, nicht der Rede wert.“, wehrte er ab. „Aber-“ Ich stockte. „Das tut doch sicher weh, oder?“ „Mensch, Sasuke!“, fuhr er auf. „Früher warst du doch auch nicht so ein Weichei! Weißt du eigentlich, wie oft wir beide fast gestorben wären?“ Das saß. Tief. „Nein“, ich krallte meine Hände zusammen, „weiß ich nicht.“ ~~~~~*~~~~~ Später gingen wir beide schlafen; jeder für sich. Naruto hatte gemerkt, dass mich seine Worte mehr verletzt hatten, als er es wahrscheinlich beabsichtigt hatte. Ich konnte ein leichtes Unwohlsein nicht verhindern. Besonders nicht, als ich in das Dunkel des Zimmers starrte und mir jeder einzelne Gegenstand lebendig vorkam. Es sollte endlich wieder hell in Konoha werden. Plötzlich erinnerte ich mich wieder an das Tor, an dem wir vor wenigen Stunden vorbei gegangen waren. Und über diesen Gedanken schlief ich ein. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3 Es war noch nicht ganz hell, als ich aufwachte. Meine Decke musste mir während des Schlafes auf den Boden gefallen sein; schlaftrunken hob ich sie auf und – als mein erster Schritt Richtung Ordnung – legte sie gefaltet auf das Sofa. Die Wohnung schien mir leer, ich konnte kein Geräusch hören. Schlief Naruto noch oder war er bereits unterwegs? Mein Blick huschte verstohlen zu der Tür seines Zimmers, die dummerweise geschlossen war. Nach allem, was er mir über sein Leben als Ninja erzählt hatte, würde er sicher aufwachen, falls ich sie öffnete, um nachzusehen, ob er da war. Hinlegen wollte ich mich nicht mehr; also streunte ich durch die Wohnung, fand bald etwas zu essen und befand mich schon kurze Zeit wieder in einer Langeweile, als ich alles bis ins kleinste Detail inspiziert hatte. Sollte ich rausgehen? Die Sonne stand inzwischen höher am Himmel und Konoha hatte wieder die für mich so anziehende Wirkung des vergangenen Tages erreicht. Ich öffnete ein Fenster und schnupperte in die Morgenluft – das war der letzte Sprung zu meiner Überredung. Ich zog mich schnell an und war kaum zwei Minuten später draußen. Noch waren nicht viele Menschen unterwegs, doch diejenigen, die ich sah, sahen mich wiederum mit seltsamen Blicken an. Seltsam – nicht direkt feindselig, jedoch zum Teil mitleidig, zum Teil neugierig und zum Teil mit einer Mischung aus beidem. Warum? Der Entschluss, Narutos Wohnung zu verlassen, kam mir mit einem Mal doch nicht mehr so gut vor; ohne die Begleitung der Anderen fühlte ich mich ganz plötzlich allein gelassen und fremd. Ich erinnerte mich nur von dem voran gegangenen Tag an die Häuser, an denen ich eilig vorbei lief, jedoch ohne bestimmtes Ziel; doch langsam schlendern, spazieren gehen, wollte ich nicht. Eigentlich sollte mir all das hier bekannt, ja sogar vertraut vorkommen – ich hatte also mein Leben hier verbracht, doch ich erinnerte mich nicht mehr hieran. Urplötzlich hielt ich inne, mitten auf der Straße blieb ich stehen, und ignorierte die verwunderten Blicke, mit denen man mich bedachte. Wieso, verdammt noch mal, konnte ich mich einfach nicht mehr erinnern? Was hatte ich am Anfang meiner Erinnerungen in diesem seltsamen Gang gesucht, wieso war ich verletzt, von was, von wem, und was wollte man mir verschweigen? Der Kopf schwirrte mir von den vielen Fragen. Ich zwang mich dazu weiter zu gehen, denn ich hatte bemerkt, dass sich die Menschenmenge um mich herum bereits verdichtet hatte. Es war mir unangenehm. Ich ließ sie bald hinter mir – die Menschen wurden weniger, bis ich mich schließlich auf einer gar nicht mal kleinen Straße befand, die jedoch wie leer gefegt war. Und vor mir wieder das große Tor, an dem ich am vergangenen Tag vorbeigekommen war. Ehrfürchtig starrte ich es an. Oben auf dem Torbogen prangte ein großes Symbol, rot und weiß, beinahe kreisförmig. Etwas Unbekanntes durchflutete mich, als ob ich es kannte, kennen musste, doch der Gedanke, der mich aufklären würde, kam nicht. Das Tor war mit großen Brettern versperrt; alles sagte mir, dass ich nicht eintreten durfte, dass keiner dort eintreten durfte. Ich kniff die Augen zusammen, sah nach links nach rechts, dann lief ich los und sprang über die niedrige Absperrung hinweg. Hinter der Absperrung verbarg sich nichts Besonderes. Es war enttäuschend, was ich sah, oder vielmehr nicht sah: Die Straße, auf die ich nun blickte, war ebenso leer wie die gerade hinter mir gelassene. Doch trotzdem – ohne, dass ich wusste warum – überlief mich ein Schauer, ein Hauch von einem unguten Gefühl; ich kniff die Augen zusammen, weil ich diese Straße nicht mehr sehen konnte. Doch der Grund dafür blieb mir unbekannt. Nicht der leiseste Gedanke schlich sich ein. Seufzend ging ich los. Es musste doch irgendeinen Grund geben, dass dieser Teil des Dorfes abgesperrt war – doch nichts passierte. Alles erschien mir vollkommen normal, abgesehen davon, dass hier wohl jedes Haus unbewohnt und deswegen schon halb verfallen war. Plötzlich blieb ich stehen. Ich sah ein Messer, ein Kunai, wie Naruto mir erklärt hatte, direkt vor mir in einer Hauswand stecken. Langsam, bloß aus purer Neugier, hob ich meine Hand und ergriff es. Es war ganz leicht herauszuziehen. Es war schwerer, als ich erwartet hatte. Das alte Metall lag kühl und stumpf in meiner Hand. Ich starrte es ehrfürchtig an. Mein Herz pochte. So laut, dass ich es beinahe hören konnte. Das Blut rauschte mir in den Ohren. Meine Hand zitterte. Ich schmiss es fort. So weit weg wie möglich; es fiel wenige Meter entfernt klappernd auf den Boden, die Spitze brach ab. Ich wusste nicht, wieso ich es so plötzlich weggeworfen hatte. Mit einem Mal hatte es sich falsch angefühlt, es zu halten; eine bisher unbekannte Angst hatte mich ergriffen und hielt mich auch jetzt noch fest; mit Schweiß auf der Stirn blickte ich mich um und spürte immer und immer wieder den Hauch einer Erinnerung, die ich nicht fassen konnte, nicht wirklich sah, die jedoch ausreichte, um mich mit vor Angst geweiteten Augen losrennen zu lassen. Keuchend kam ich schließlich wieder hinter der Absperrung heraus. Nie, nie wieder wollte ich diese Grenze überschreiten. Was versteckte sich bloß für ein Alptraum dahinter? „Sasuke!“ Ich fühlte mich so erleichtert, als ich Naruto auf mich zulaufen sah. „Sasuke, was-“ Naruto blickte mich erschrocken an. Seine Augen wanderten zwischen mir und dem Tor hin und her. „Sag ... warst du – warst du etwa dahinter?“ Er schien völlig fassungslos, sein Mund klappte auf, als ich nickte. Der Schweiß rann mir schmal über die Wange. „Naruto ... du musst es mir sagen.“ Meine Stimmte hörte sich alles andere als fest an. „Du weißt es doch, oder?“ Er wich meinem Blick aus. „Naruto!“ „Ich hab doch gesagt, du willst es nicht wissen! Es ist besser so!“ schrie er mich plötzlich an. Mir war nicht klar, woher auf einmal diese Wut kam. „Aber jeder weiß es, nicht wahr? - Ich war da drin, und ich weiß, dass da was nicht stimmt! Ich – ich ... konnte es beinahe fassen, ich konnte mich beinahe erinnern, verstehst du? Vielleicht kann ich mich endlich erinnern, wenn du es mir erzählst!“ Naruto senkte den Kopf, wollte mir nicht in die Augen sehen, ballte seine Fäuste, wie ich meine geballt hatte. „Es gibt Dinge, an die sollte man sich nicht erinnern.“, sagte er schließlich und wollte sich umdrehen. „Naruto!“ Ich hielt ihn fest. „Bleib hier!“ Er wirbelte herum. „Sag du mir nicht, dass ich hier bleiben soll!“ Und damit stieß er mich mit einer plötzlichen Kraft zurück, die ich ihm nicht zugetraut hätte, die ich keinem Menschen zugetraut hätte – an eine der steinernen Stützen des Tores, an der ich hart aufprallte und herunterrutschte. „Was-?“ Ich sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Doch er ignorierte es; drehte sich um und ging. ~~~~~*~~~~~ Als ich mich schließlich dazu aufraffen konnte aufzustehen, schmerzte mein Rücken gewaltig. Beinahe so, wie er es am Anfang meiner Erinnerungen getan hatte. War ich damals auch so an eine Wand geschleudert worden? Dann musste es auch jemanden gegeben haben, der dafür verantwortlich war. Naruto wollte mir etwas verheimlichen. Ich war inzwischen der festen Überzeugung, dass dieses verlassene Viertel ein Geheimnis verbarg, dessen Auflösung mich ein gutes Stück weiter in meinen Erinnerungen bringen würde. Alles, was ich über mein früheres Leben kennen lernte, half mir weiter. Es musste wichtig sein, wenn Naruto es mir verschwieg. Wichtig, und mit Sicherheit war es keine gute Erinnerung. Als könnte es etwas dafür, sandte ich dem Tor einen giftigen Blick und machte mich dann selbst auf den Weg. Zu Narutos Wohnung, was blieb mir auch anderes übrig. ~~~~~*~~~~~ Als Narutos Wohnung in Sicht kam, holte ich noch einmal tief Luft. Ich kannte ihn nur wenige Tage, und schon hatte ich Streit mit ihm. Eigentlich hatte ich so etwas vermeiden wollen. Es schien mir, als hätte er früher eine wichtige Position in meinen Leben übernommen. Ich ging die Stufen bis zu seiner Haustür hoch und erstarrte; laute, miteinander streitende Stimmen drangen durch die Tür. Vorsichtig drückte ich mein Ohr an das Holz und lauschte. „Du hättest es ihm auch vorsichtiger sagen können!“ War das Sakuras Stimme? „Ach ja? Wie denn? Dieser Idiot geht einfach in das Uchiha-Viertel! Konoha ist doch groß genug, wieso latscht er ausgerechnet da rein!“ „Du kannst ihn nicht ewig davor bewahren! Irgendwann wird er es erfahren-“ „Und dann geht alles von vorne los, oder wie? Ich – wir, wir haben so lange nach ihm gesucht, Sakura! Drei verdammte Jahre!“ Ich erstarrte. Ich hatte eigentlich keinen Lärm machen wollen, doch irgendwie mussten sie mich doch gehört haben, als ich mich umdrehte. „Sasuke?“ Sakura lehnte sich aus der Tür heraus. Ich blieb stehen und sah sie an. Wartend. „Komm rein.“ Naruto schien ziemlich sauer zu sein: Er hockte auf dem Sofa, auf dem ich letzte Nacht geschlafen hatte, die Arme verschränkt, die Unterlippe vorgeschoben, der Blick feurig. Er starrte mich an, als wäre ich der Urvater allen Übels. „Setz dich.“ Mangels anderer Möglichkeiten ließ ich mich neben Naruto nieder, jedoch mit gebührendem Sicherheitsabstand. „Du hast es eben ja eh halb mitgekriegt, oder, Sasuke? Da können wir dir auch gleich den ganzen Rest erzählen.“ Sakura blickte mich kühl an; ein leichtes Zittern konnte sie allerdings nicht verbergen. „Naruto, fang an.“ „Was? Wieso ich, du wolltest das doch!“ „Du bist – warst sein bester Freund! Mach endlich!“ Auch Sakura war lauter geworden. Ich kauerte mich angesichts der beiden zusammen. Naruto bedachte mich mit unsicherem Blick. Ich sah zurück. „Also gut ...“ Er schloss die Augen. „Wo fang ich an ... du musst erst mal wissen, dass du einen Bruder hast. Itachi.“ Etwas flackerte in mir auf; jedoch nicht das, was man von Bruder zu Bruder erwarten würde – keine Freude, kein Glück. Etwas Dunkles, das ich schnell in mir verschloss. Naruto bemerkte es. „Ach verdammt, ich kann einfach nicht!“ Er zerzauste sich die Haare. „Sasuke, du – du solltest es wirklich nicht wissen!“ Ich war zu fassungslos, um eine geeignete Antwort zu finden, doch Sakura sprang für mich ein. „Naruto, reiß dich zusammen! An seiner Stelle würdest du es auch wissen wollen! - Erinnere dich, man hat dir auch jahrelang etwas vorenthalten!“ Ich hatte keine Ahnung wovon sie sprach; verwirrt blickte ich zwischen den beiden hin und her. „Sakura ... er wird-“ „Wir werden ihn aufhalten! Ich habe es vor drei Jahren nicht gekonnt, aber jetzt kann ich es!“ Sie ignorierten mich beide völlig. „Er hat nichts, Naruto, nichts! Wenn er sich nicht erinnert, muss er alles wieder von vorne lernen!“ „Oder es ganz sein lassen.“, meinte Naruto mit einem Seitenblick auf mich. „Du bist egoistisch, Naruto.“, zischte Sakura. Ich schaltete mich endlich wieder ein; ich hielt dieses Gespräch, von dem ich nicht wusste, wovon es handelte, nicht mehr aus. „Und ... wo ist er? Mein Bruder?“ Naruto sah Hilfe suchend zu Sakura. „Er ... ist nicht mehr in Konoha. Er“, sie schluckte, „ist ein Verräter.“ „Und ein Mörder.“, setzte Naruto hinzu. „Was?“ Ich sah sie beide fassungslos an. „Mein – mein Bruder ... ein Mörder?“ Ich fuhr mir durch die Haare. Dann sah ich auf. „Will ich wissen ... wen er umgebracht hat?“ „Nein.“ Sakura ließ sich vor mir nieder und legte mir die Hände auf die Knie. Sie fühlten sich kalt an. „Eigentlich nicht, aber du musst es wissen.“ „Aber du musst uns vorher etwas versprechen!“ Naruto war näher zu mir gerückt. „Verlass Konoha nie, ohne uns Bescheid zu sagen! Klar?“ Ich sah ihn verständnislos an, nickte aber. „Also.“ Sakura holte tief Luft. „Dieser Tor ... und das Viertel, das dahinter liegt ... gehörte zu deiner Familie. Zum Uchihaclan. Und dein Bruder ... hat alle-“ „Sprich nicht weiter!“ Meine Hände hatten sich auf ihre gelegt, und als mir alles klar wurde, ich brauchte nur eins und eins zusammen zu zählen – die Leere des Viertels, meines Viertels, dass Itachi ein Mörder war – krallte ich sie zusammen. Sie hätte wohl auch nicht weiter sprechen können. Tränen standen in ihren Augen. „Ich – ich muss nochmal dahin.“ Meine Stimme war ruhig geworden. „Ich will sehen, wo ich gelebt habe.“ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Kapitel 4: Ich sah den beiden an, dass es ihnen schwer fiel, mich in das verlassene Viertel zu begleiten. Auch mir fiel es nicht leicht, Angst und Aufregung gingen Hand in Hand, doch ich zwang mich dazu weiter zu gehen. „Du musst das nicht tun, Sasuke.“ Es war nicht so, dass Sakura mich aufhalten wollte oder es gar gekonnt hätte. Sie wollte mir nur zeigen, dass ich die Möglichkeit hatte umzukehren. Ein neues Leben zu beginnen und das alte zurück zu lassen. Das war unmöglich. Ich war über das aufgeklärt worden, was passiert war, doch nicht darüber, warum es passiert war. Weder Naruto noch Sakura hatten mir darauf eine Antwort geben können. Wir stiegen ohne Probleme über die Absperrung, denn wie schon vorher war die Straße davor verlassen. Es schien mir, als würden die Bewohner Konohas die Nähe dieses Viertels meiden. Als hätte die Pest darin gewütet. Wieder einmal stand ich also in der menschenleeren Straße. Wieder sah ich die verlassenen Häuser, wieder sah ich den Verfall und die Trostlosigkeit in den leeren Fenstern. Doch dieses Mal war ich nicht allein. Sakura fasste mich am Arm und ein seltsamer Schauer lief mir über den Rücken. Ich glaubte, so etwas wie Vertrautheit in ihrer Berührung zu spüren und es tat mir Leid, dass ich dieses Gefühl nicht erwidern konnte. Schließlich war es Naruto, der den ersten Schritt wagte. Er drehte sich zu uns um. „Kommt ihr?“ Ich schluckte. Das Gefühl, das ich bei meinem ersten Betreten verspürt hatte, kehrte zurück, mit überwältigender Stärke, mein Herz raste, schmerzte, der Boden schien mir unter meinen Füßen zu entgleiten. Ich zitterte. „Alles okay?“ Beide sahen mich besorgt an. „Nein“ Ich holte zu Naruto auf. „Lasst uns trotzdem weitergehen.“ Nach wenigen Minuten spürte ich, wie meine Angst – oder wie man es auch benennen wollte – nachließ. Es lag wohl an Sakura und Naruto, die einfach so, jeweils links und rechts neben mir, gingen, als wäre dieses Viertel wie jedes andere auch. Nur wenn ich genau hinsah, konnte ich das Unbehagen in ihren Augen glänzen sehen. Ganz in Gedanken versunken bemerkte ich nicht, wie die beiden stehen blieben. „Wir sind da.“ Narutos Stimme war angespannt. „Da?“ Wir standen vor einem Haus, das so war wie jedes andere. Alt und verfallen. Ein Kunai steckte in dem Holz neben der Eingangstür, die Spitze hatte sich in das Symbol gebohrt, das ich auch draußen auf dem Tor gesehen hatte. „Was ist das?“, fragte ich deswegen, weil es mir wieder eingefallen war. „Dieses ... Zeichen.“ Ich wagte es und trat einen Schritt hervor, um die Linie nachzufahren, die zwischen der weißen und der roten Farbe bestand, doch als meine Finger sie berührten, blätterte daneben der Lack ab wie welke Blätter. „Es ist dein Familienwappen.“ So simpel die Frage, so simpel die Antwort. Ganz einfach. Sie erklärten mir mein Leben in kurzen, leicht zu verstehenden Sätzen, dennoch verstand ich nichts. Mein Familienwappen? Hier, wo meine Familie gelebt hatte? Meine Familie, die jetzt tot war, ermordet von meinem Bruder? Meine Fingernägel kratzten über das Holz, ein Splitter bohrte sich in meine Haut, doch das – das war nicht der Rede wert. Oh ja, es war absolut nicht der Rede wert! Was machte dieser winzige Kratzer schon im Gegenzug zu meiner Erinnerung, zu meinem Leben? Etwas Warmes berührte mich an der Schulter und als ich hoch sah, blickte ich direkt in Narutos Gesicht. Etwas, was für mich zu diesem Zeitpunkt noch unlesbar war, spiegelte sich darin wider und einen Moment lang – vielleicht auch für zwei – vergaß ich mein eigenes Leid und begann mich zum ersten Mal für die Leben Anderer zu interessieren. Wer war er? Man hätte sagen können, dass ich mich nur für ihn interessierte, weil mein Leben auch mit seinem verbunden war. Ob es so war oder nicht – ich wollte mehr darüber erfahren. Doch dies war weder der richtige Zeitpunkt, noch der richtige Ort. „Du ... du hattest gesagt, wir wären da.“ Eine unausgesprochene Frage hing in der Luft. „Ja“ Der Augenblick verschwand. „Hier“, Narutos Hand drückte meine Schulter, ehe er mich losließ, „hast du gewohnt.“ Im Gegensatz zu den vor Schock geweiteten Augen, die sie vielleicht erwartet hatten, blieb ich ganz ruhig. Das hier war das Viertel, in dem meine Familie gelebt hatte, mein Viertel – was sollte es mich da also noch überraschen, hier vor meinem Haus zu stehen. Dennoch war ich nur äußerlich ruhig. „Könntet ihr ... mich für eine Weile allein lassen?“ Für einen Augenblick hatte ich Angst, sie würden nicht auf meine Bitte eingehen. Doch sie wandten sich beinahe sofort um, stockten nur kurz, während ich ihre mitleidigen Blicke auf mir spürte, die sie die ganze Zeit so gut zu verbergen gewusst hatten, und gingen. Erneut war alles um mich herum tot. Noch einmal strich ich über die verblichene Farbe des Symbols, des Zeichens meiner Familie und ich freute mich ein bisschen darüber, dass die Farbe dieses Mal nicht abblätterte. Nur feiner Staub klebte an meinen Fingern, rot wie Blut. Wie hatte er es gekonnt? Dieser Itachi, von dem ich nichts wusste, für den ich nichts fühlte? Ein Mann gegen einen ganzen Clan. Und wieso war ich der Einzige, der noch lebte? Ich schlug mit der flachen Hand gegen die Wand neben der Eingangstür. Sie knirschte, gab nicht nach, doch dieses Geräusch ließ mich in der Realität bleiben. Es war seltsam schwer, den Kopf aufrecht zu halten und hineinzugehen. Mein Schatten verdeckte das Innere des Hauses, doch auch so konnte ich noch genug erkennen. Und dieses Mal war es ein Schock. Ich hatte nichts Großartiges erwartet, nur einen leeren, verlassenen Raum, passend zum Rest des Viertels. Nichts weiter. Doch auf dem Boden vor mir starrte mich ein großer, dunkler, trockener Fleck an. Auch ohne Gedächtnis wusste ich sofort, was es war. Blut. Das Blut meiner Eltern. Vielleicht auch mein Blut. Ich fiel auf die Knie, denn das Zittern war zu stark geworden und obwohl ich mich immer noch kein bisschen erinnerte, war meine Luft wie abgeschnürt. Ich wollte mich so sehr erinnern. Einfach nur, um nachvollziehen zu können, wie sehr ich gelitten haben musste. „Sasuke“ Ich zuckte zusammen, wandte mich jedoch nicht um. Inzwischen erkannte ich Naruto auch so. „Sakura hat sich Sorgen gemacht.“ „Du auch?“ Ich wusste nicht, warum ich diese Frage in jenem Moment stellte. „Ja“ Er stand ganz dicht hinter mir und ich wunderte mich, dass ich mir dessen bewusst war. Er hatte sich so leise an mich herangeschlichen, dass ich nicht den Hauch einer Ahnung von ihm gehabt hatte, ehe er meinen Namen aussprach. „Du solltest hier nicht so lange bleiben.“ Ich starrte auf den Fleck. „Warum nicht?“ „Warum?“ Narutos Atem war urplötzlich schneller geworden. „Verdammt, weil – weil ...“ Er verstummte und eine Weile lang konnte ich nur dabei zuhören, wie sich sein schneller gewordener Atem wieder beruhigte. „Weil ich nicht glaube, dass du das hier mit eigenen Augen sehen solltest.“ Er klang selbst nicht sonderlich überzeugt. „Wieso haben sie das nicht weggewischt?“ Ich deutete auf das getrocknete Blut. „Ich habe im ganzen Viertel nichts davon gesehen und ... nur in meinem Haus ist – ist ...“ „Es soll als eine Art Warnung dienen.“, sagte Naruto langsam. „Eine Erinnerung an das, was hier geschehen ist.“ „Eine Erinnerung, ja?“ Mit müden Augen starrte ich auf den Fleck. „Sie scheint nicht sonderlich hilfreich zu sein.“ Naruto antwortete nicht darauf, und ich konnte mir denken warum: Er verstand mich nicht, ebenso wenig, wie ich ihn verstand. Es war, als kämen wir aus zwei völlig unterschiedlichen Welten, doch hier, vor mir, war der Beweis, dass wir die gleiche teilten oder es zumindest einmal getan hatten. Doch war es wirklich ein Beweis? Ich besah noch einmal den Fleck, ehe ich aufstand. „Sasuke?“ Naruto machte einen Schritt auf mich zu. „Komm, lass uns gehen.“ „Nein!“ Ich wich ihm aus und trat über den Fleck hinweg, als wäre er nur Farbe. Auf einmal hatte ich mir ein Ziel gesetzt: Wie konnte ich mir sicher sein, dass das, was man mir erzählt hatte, auch die Wahrheit war? Ich brauchte einen Beweis, einen richtigen. „Sasuke!“ Naruto packte mich grob am Arm und hinderte mich daran, die Treppenstufen ins nächste Stockwerk hochzugehen. „Wir sollten gar nicht hier sein, es ist verboten! Komm jetzt, oder wir kriegen mächtig Ärger!“ „Nein!“ Ich wollte mich von ihm losreißen, doch er schien viel stärker zu sein. „Lass mich los!“ „Nein, du kommst jetzt mit, Sasuke!“ Er zog mich zur Tür hin. „Hast du Angst, dass ich die Wahrheit herausfinde, oder was?“ Erst da hielt er inne und sah mich verblüfft an. „Die Wahrheit? Wir haben sie dir erzählt, was willst du noch?“ „Ich will einen richtigen Beweis! Das hier – woher soll ich wissen, ob das wirklich das Blut meiner Eltern ist? Woher soll ich wissen, dass ich wirklich ein Ninja dieses Dorfes war? Woher, verdammt?“ Narutos Mund, der bis eben noch offen gestanden hatte, klappte mit einem Mal zu. Er sah mich eine ganze Weile lang mit Augen an, die beängstigender waren als alles, was ich bisher erlebt hatte. „Also gut.“, sagte er schließlich. „Ich habe ein Foto zu Hause, und darauf sind du, Sakura und ich. Reicht dir das als Beweis?“ Beinahe hätte ich ja gesagt, doch irgendetwas hielt mich doch davon ab. Naruto bemerkte meinen Wandel. „Was ist jetzt noch? Wie soll ich's dir sonst beweisen?“ „Ich ... ich möchte gern mein Zimmer sehen.“ Ich schluckte und starrte die Treppenstufen hinauf. „Als ich das erste Mal in dieses Viertel gegangen bin, da ... hatte ich ... ach, du wirst mich für verrückt erklären, aber ich hatte da so ein seltsames Gefühl, deswegen bin ich ziemlich schnell wieder abgehauen. Wenn ich hier wirklich ein Zimmer haben sollte, bin ich mir sicher, dass ich das irgendwie spüren werde.“ Naruto lächelte. „Ähm ... ist was?“, fragte ich perplex. „Na ja“, er kratzte sich verlegen am Kopf. „Früher hättest du sowas nie gesagt.“ Ich mochte es nicht, wenn er von früher sprach, deswegen schwieg ich. Naruto stieg vor mir die Treppe hinauf. „Was ist, kommst du oder nicht?“ Er lächelte zaghaft. In seinem Blick konnte ich ohne Zweifel lesen, dass er dieses Viertel so schnell wie möglich wieder verlassen wollte. Die Treppenstufen waren morsch und von einer dichten Staubschicht bedeckt. Mir war etwas mulmig zumute und ich versuchte gegen das lächerliche Gefühl anzukämpfen, in dieses Haus einzudringen. Es war schließlich mein Haus. Auch wenn ich mich nicht daheim fühlte. „Pass auf“, Naruto nahm zwei Stufen auf einmal, „die Stufe ist nicht sicher.“ Vorsichtig überstieg ich dieselbe Stufe und folgte ihm weiter. Ob er schon oft hier gewesen war, dass er den Weg zu meinem Zimmer kannte? Im ersten Stock herrschte fahles Licht. Anscheinend waren die Fenster schon seit Jahren nicht mehr geputzt worden. Naruto ging zielstrebig auf eine Tür am Ende des Ganges zu, öffnete sie und blickte mich auffordernd an. Ich schluckte – auf einmal war die Aufregung wieder da. Dahinter war mein Zimmer. Die Dielen knarrten unter meinen Füßen, als ich mich langsam näherte. Ich wagte es nicht, den Kopf zu drehen und einen Blick hinein zu werfen. „Nun mach schon.“ Naruto wurde ungeduldig. „Du wolltest es so.“ Und ich tat es. Das Erste, was mir in den Kopf kam: Völlig normal. Ich blickte in ein völlig normales Zimmer, wenn man von den Spinnweben in den Ecken und der dicken Staubschicht mal absah. Ein Bett, ein Schreibtisch, ein Schrank. Und wieder dieses Wappen an der Wand. Das war das Erste, worauf ich zuging. Ich beachtete den restlichen Teil des Raumes gar nicht weiter, hatte meine ursprüngliche Absicht kurzfristig vergessen. Von diesem Wappen ging eine für mich unerklärliche Anziehung aus. Meine Finger hoben sich, um die kalte Wand zu berühren. „Sieh her, Sasuke“ Naruto war hinter mich getreten, ohne dass ich es gemerkt hatte. Als ich mich umdrehte, sah ich direkt in die Augen vierer Menschen, die lächelnd aus einer Fotografie zu mir empor blickten. Doch es waren nicht mein Anblick, der mich fesselte. Es war der des Mannes neben mir, der mir brüderlich den Arm auf die Schulter gelegt hatte. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Kapitel 5 „Wer ist das?“ Das war die erste Frage, die ich stellte. Das Fotopapier war noch wie neu hinter dem dünnen Glas des Bilderrahmens, doch es musste mindestens so alt wie die Geschichte dieses Viertels sein. „Deine Familie.“, antwortete Naruto leise. Er sah mich mitleidig an. „Deine Eltern ... und das bist du.“ Er tippte auf den Kleinsten der vier. Mein Blick blieb an dem runden Gesicht des Jungen hängen. Das sollte ich gewesen sein? Diese dunklen Augen lächelten mir entgegen, doch ich fand nichts von ihrem Ausdruck in mir wieder. Schnell verlor ich das Interesse und starrte wieder auf den Mann neben mir. „Wer ist das?“, fragte ich erneut. Naruto zögerte. Ich nahm ihm das Bild aus der Hand und besah es mir von Nahem. „Seltsam ...“ „Was ist seltsam?“ „Die einzige Erinnerung, die ich noch habe ... nun ja, ich erinnere mich an einen Wald und ... an einen Mann. Aber sein Gesicht kann ich nicht sehen. Je mehr ich versucht habe, es mir vorzustellen, desto mehr verschwimmt es und ich bekomme Kopfschmerzen. Aber ich könnte schwören, dass es dieser Mann ist.“ Ich tippte auf das Bild. Naruto biss sich auf die Lippe. „Was ist los? Wer ist das?“ Doch eigentlich wusste ich es schon. So dumm war ich nicht, dass ich nicht erkannte, dass das ein ganz persönliches Familienfoto von mir gewesen sein musste. Und ich hatte einen Bruder gehabt, hatte man mir erzählt. Wer sonst sollte es sein? „Dieser ... Itachi.“ Ich sprach den Namen mit einem Unbehagen aus, das nicht meinen wahren Gefühlen entsprach. „Ist er es?“ Ich starrte in Narutos Augen. Sie waren ernst, sehr ernst und ich wusste, dass er in diesem Moment die Vergangenheit Revue passieren ließ. „Ja.“, krächzte er schließlich. Stille. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war nicht geschockt, ich war nicht traurig – jedenfalls nicht darüber, worüber ich traurig sein sollte – und ich war nicht wütend. Ich fühlte mich nur entsetzlich hilflos. Und ich spürte keinen Hass Itachi gegenüber. Ich kannte ihn nicht, nicht mehr, genauso wenig wie meine Familie. Alles war leer. Das Leben, das ich einmal geführt haben musste, war schrecklich gewesen. Doch ich fühlte nicht mehr dafür, als hätte ich in der Zeitung darüber gelesen. „Lass uns nach Hause gehen, Naruto.“ Naruto hatte die ganze Zeit über betroffen geschwiegen, jetzt sah er mich erstaunt an. „Sicher, dass du schon gehen willst?“ „Ja. Ich mag dieses Haus nicht.“ Weil ich hier immer noch fremd war. Dieses Mal zögerte ich nicht, sondern ging schnellen Schrittes aus dem Zimmer und lief den Gang entlang, hin zur Treppe. Naruto folgte mir, halb laufend, denn auf einmal hatte ich es sehr eilig, endlich dieses Haus, endlich dieses Viertel verlassen zu können. Ich hatte nicht einmal die Hälfte der Treppe hinter mich gebracht, als eine der Stufen plötzlich knackte und im nächsten Moment einbrach. Ich stolperte nach vorne, während mein linker Fuß in dem eingebrochenen Holz stecken blieb. Ein kurzer Schmerz durchzuckte mich. „Sasuke!“ Ich war nach vorne gekippt, doch so schnell, dass ich die Bewegung gar nicht hatte wahrnehmen können, hatte sich ein Arm um meinen Bauch geschlungen und hielt mich fest. Als ich mich umdrehte, sah ich Naruto, der sich mit seiner freien Hand an das Geländer klammerte. „Alles okay bei dir?“ Ich brauchte ein paar Sekunden, um zu nicken. Naruto zog mich hoch. Jedenfalls wollte er das, denn kaum hatte er auch nur ein bisschen an mir gezerrt, fuhr wieder ein schmerzhafter Stich durch meinen Fuß. Naruto stoppte sofort in seiner Bewegung, als mir ein Schmerzenslaut entwich. „Oh, scheiße! Hast du dich verletzt?“ Anstatt zu antworten, zog ich meinen Fuß vorsichtig aus dem Loch in der Treppe, doch auch das tat weh. Naruto ging die zwei Stufen zu mir hinab und legte meinen Arm um seine Schultern. „Hoffentlich ist dein Fuß nicht gebrochen.“, sagte er und dieses Mal ertrug ich das Mitleid und die Sorge in seiner Stimme ohne Weiteres. „Besser, wir gehen erstmal nach Hause.“ ~~~~~*~~~~~ Als wir endlich über die Absperrung des Tors geklettert waren – was auch ein Abenteuer für sich war – atmete ich erleichtert aus. Ich hatte gar nicht bemerkt gehabt, wie viel Druck auf mir gelastet hatte. Ich stützte mich immer noch mit einem Arm auf Naruto, dem mein Gewicht anscheinend nichts ausmachte. Inzwischen war die Dämmerung hereingebrochen, die Straßen leerten sich und die wenigen Leute, die noch unterwegs waren, verfolgten uns mit Blicken. So war es schon immer gewesen. Der Weg zu ihm nach Hause kam mir wie eine Ewigkeit vor. Mein Fuß hatte inzwischen unangenehm zu pochen angefangen und beschämt musste ich feststellen, dass mich das ganz schön mitnahm. Und Naruto und Sakura behaupteten ernsthaft, dass ich mal ein Ninja gewesen sein sollte? Jemand, der sich andauernd in Abenteuer auf Leben und Tod stürzte? Niemals. „Wir sind da.“ Naruto stieß die Tür mit seinem Fuß auf, bugsierte mich zum Sofa und ließ mich dort stehen, um kurze Zeit später mit einem Eisbeutel wiederzukehren, den er mir in die Hand drückte. „Das dürfte für's Erste reichen. Warte hier, ich hol' Sakura.“ Und schon war ich allein. Ich tat, was er mir gesagt hatte, und legte den Eisbeutel auf meinen Knöchel. Es tat weh. Etwas Wichtiges überbringen, pah. Ich ließ die Schultern nach vorne sinken. Jemanden beschützen, was für ein Unsinn. Meine Augen brannten. Dass es wahr war, was sie mir erzählt hatten, wusste ich nun. Der kleine Junge auf dem Familienportrait war unverkennbar ich gewesen. Ich musste früher ein völlig anderer Mensch gewesen sein. Tapfer und bereit, sich für Andere zu opfern. Ich fühlte mich jämmerlich. Ich hatte gesagt, dass ich auch gerne jemanden beschützen würde, doch das war nur ein Traum. Ich würde keinen Finger bewegen können. „Wir sind wieder da!“ Ich hatte keine Schritte gehört und als ich aufsah, standen Sakura und Naruto bereits im Zimmer. „Sasuke! Ist alles okay mit dir?“ Sakura eilte auf mich zu, die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben, und kniete sich vor mich hin. Erschrocken riss sie die Augen auf. „Hast du – hast du geweint?“ Hastig wischte ich mir mit dem Handrücken über die Augen, sagte aber nichts. „Sakura. Sein Fuß.“ „Äh, ja, sofort!“ Sie legte ihre Finger auf meinen Knöchel, so vorsichtig, dass ich es kaum spürte, fuhr tastend meine Haut entlang und runzelte die Stirn. Dann hielt sie ihre Hände genau über die schmerzende Stelle und wie bereits am Anfang meiner Erinnerungen erschien eine leuchtende, blaue Kugel darin. Der Schmerz verblasste ein wenig. „Das ist alles, was ich im Moment machen kann.“ Sie stand auf. „Gebrochen ist nichts, aber da du deinen Fuß wohl nicht bewegen kannst, nehme ich an, dass deine Sehne überdehnt oder auch gerissen ist. Das heißt, du solltest deinen Fuß soweit wie möglich schonen.“ Ich nickte, wie benommen. Sakura flüsterte Naruto noch irgendetwas ins Ohr, woraufhin dieser ein ziemlich unglückliches Gesicht machte, dann ging sie. Keiner sagte etwas. Naruto streifte durch die Wohnung, von einem Zimmer ins andere, während er verschiedene Dinge hochhob, Gläser, leere Flaschen, Kleidungsstücke und zuletzt in seinem Zimmer, das konnte ich durch die offene Türe erkennen, ein Bild, das auf einem kleinen Tisch neben seinem Bett stand. Er versuchte leise zu sein, doch bei jedem Geräusch wurde ich unruhiger. Die Stimmung, die eben noch so vertraut gewesen war, war komplett verschwunden, es war, als sei ich nicht mehr willkommen. „Willst du was trinken, Sasuke?“ Naruto war urplötzlich hinter mir aufgetaucht und ich zuckte zusammen. „Ich ... ähm, ja.“ Hatte ich mir das alles nur eingebildet, oder warum lächelte Naruto auf einmal, als er mir das Glas reichte? Er setzte sich neben mich, und obwohl er nicht sprach, schien es mir, als wäre er auf einmal wieder völlig entspannt. „Ähm ...“, begann ich. „Ja?“ „Also ... Sakura, sie ... na ja, das eben war ziemlich beeindruckend. Mit diesem blauen Zeug.“ „Findest du? Es ist eigentlich nichts Besonderes.“ „Nicht?“ „Sie ist ein Medic-Nin, ich meine, sie kann Leute heilen. Das ist ihr Job. Es ist also nichts Besonderes.“ Ich sah ihn an, doch er wandte den Blick von mir ab. Erst jetzt sah ich, wie angespannt er neben mir auf dem Sofa saß. „Naruto, ist alles in Ordnung?“ „Ja, klar.“ Ich war mir sicher, dass er log, doch ich fragte nicht weiter. Irgendwann stand Naruto auf und ging zur Haustür. „Ich hol uns etwas zu essen.“, sagte er, doch ich wusste, dass er so schnell nicht zurückkommen würde. ~~~~~*~~~~~ Es war eine Zwickmühle: In der Wohnung sitzen und warten und vor allem nachdenken wollte ich nicht, doch draußen erwarteten mich nur die Blicke der anderen Bewohner, denen ich mich nicht mehr gewachsen fühlte. Außerdem konnte ich meinen Fuß momentan vergessen. Trotzdem dauerte es nicht lange, bis ich mich aufrichtete und auf einem Fuß durch die Wohnung hüpfte, auf der Suche nach etwas, womit ich mich abstützen konnte. Als ich Narutos Zimmer betrat, fiel ich prompt hin; an der Türschwelle befand sich eine niedrige Stufe. Mühsam hievte ich mich wieder hoch, hüpfte zu seinem Bett und setzte mich rasch darauf. Tief holte ich Atem und ließ meinen Blick durch das Zimmer schweifen. Irgendetwas musste es doch geben, womit ich durch das Dorf laufen konnte, ohne hinzufallen. Plötzlich fiel mein Blick auf das Bild. Ich hatte nicht näher hingeschaut, als Naruto es in die Hand genommen hatte, doch jetzt erkannte ich, dass ich keinen sonderlich glücklichen Eindruck darauf machte. Auch Naruto hatte den Mund zusammen gekniffen. Mit verengten Augen starrte er zu meinem früheren Ich herüber. Hier war ich älter, die Aufnahme musste nur wenige Jahre alt sein. Sakura stand zwischen uns, ihre weißen Zähne blitzten im Sonnenlicht und ich hatte das Gefühl, als stände sie näher an mir als an ihm. Ein Mann mit weißen Haaren, dessen Gesicht hinter einen Maske aus Stoff verborgen war, stand hinter uns und lächelte etwas gezwungen. Wieso starrte Naruto mich so böse an? Ich hatte gedacht, wir wären so etwas wie Freunde damals gewesen, zumindest jedoch Teil des selben Teams. Verdammt, ich wollte so gerne wissen, was damals alles geschehen war! Die Unwissenheit machte mich schier wahnsinnig! Ich legte das Bild mit der Vorderseite auf den kleinen Tisch und stand ruckartig auf. Dabei vergaß ich meinen verletzten Fuß, stolperte abermals, konnte mich aber noch rechtzeitig an der Tischkante abfangen. Einer meiner Finger erwischte den Rahmen des Bildes und zog es mit. Bevor ich reagieren konnte, fiel es hinunter und der gläserne Rahmen zerschellte am Boden. Einen Moment lang konnte ich mich nicht rühren. Dann hob ich den Rahmen auf, vorsichtig, um mich nicht an den scharfen Kanten des abgesplitterten Glases zu schneiden. Das Bild darunter war unversehrt. Ich wollte es gerade aufheben, als mir die verblasste Schrift auf der Rückseite auffiel. „Für meine neuen Kameraden, Sasuke, Sakura und Naruto. Denkt daran: Nur mit gegenseitiger Hilfe gelangt ihr an die Glöckchen.“ Verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch. Welche Glöckchen? Doch im gleichen Moment hörte ich Schritte, die sich der Haustür näherten und kurz darauf, wie sich diese öffnete. Wie erstarrt stand ich in Narutos Zimmer, auf dem Boden vor meinen Füßen immer noch die Glasscherben. Meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich bemerkte, dass sich die schweren Schritte anders anhörten als die von Naruto oder Sakura. Obwohl mir hätte bewusst sein müssen, dass ich mich nicht wirklich wehren könnte, sollte man mich angreifen, sah ich mich instinktiv nach einer Waffe um. Mein Blick fiel auf ein Messer – ein Kunai, verbesserte ich mich – und ich griff es mir hektisch. Auf Besuch war ich nicht vorbereitet gewesen. Die Schritte im Wohnzimmer waren plötzlich verstummt. Zitternd wartete ich auf irgendein Geräusch. Es war lächerlich. Ich war lächerlich, mit diesem nutzlosen Ding hier in der Hand. Wenn Naruto doch nur hier wäre! Dann, ohne Vorwarnung, hörte ich die Schritte wieder. Sie waren langsam, als wollte man mich quälen, einer, dann noch einer. Noch einer. Ich hob das Kunai. Ein Schatten legte sich über die Tür. Unten konnte ich einen Fuß erkennen. Er steckte in den typischen Sandalen, die jeder Ninja trug. Ich schluckte. Dann steckte plötzlich ein Mann seinen Kopf ins Zimmer. Seine Haare waren schlohweiß. Er hob die Hand und ich wich zurück, doch da lächelte er plötzlich unter seiner Maske. „Hey, Sasuke! Lange nicht mehr gesehen!“ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Kapitel 6 „Sie sind also praktisch ... mein Lehrer, ja?“ Der Mann, der sich als Kakashi vorgestellt hatte, nickte lächelnd. Nachdem ich mich von meinem ersten Schock erholt hatte, hatte er mir das Kunai aus der Hand genommen und stirnrunzelnd den zerbrochenen Rahmen auf dem Fußboden gemustert. Ich hatte schuldbewusst dreingesehen, doch er sagte, dass es nicht so schlimm sei und lud mich zu einem Tee in einem kleinen Lokal ein. „Woher wussten Sie eigentlich, dass ich verletzt bin?“ Kakashi hatte eine Krücke bei sich gehabt und sie mir gegeben. „Ich habe eben Sakura getroffen; sie meinte, dass sie ganz vergessen hätte, dir etwas zum Gehen zu geben.“ Ich nickte; Kakashis Gegenwart verwirrte mich. Er war mir früher sicher eine sehr vertraute Person gewesen und auch das Lächeln, das er mir gegenüber zeigte, schien diese Tatsache beweisen zu wollen. Dennoch war etwas an ihm, das mich vorsichtig bleiben ließ, auch wenn ich den Grund dafür nicht benennen konnte. „Sasuke.“ Kakashis Lächeln verschwand auf einmal und er sah mich ernst über den Rand seiner Tasse hinweg an. Ich hatte doch gewusst, dass etwas nicht stimmte. „Sakura und Naruto haben dir alles erzählt oder? Das mit deiner Familie.“ Ich nickte, meine Kehle war auf einmal zu trocken zum Sprechen. „Möchtest du wieder so werden wie früher?“ „Wenn ich wüsste, wie ich früher gewesen bin.“ „Das meine ich nicht.“ Kakashi stellte klirrend seine Tasse ab. Sein unbedecktes Auge fixierte mich. „Möchtest du auch wieder ein Ninja werden, wie Sakura und Naruto es sind, und Missionen annehmen? Ich bin mir sicher, dass sich dein Körper schnell wieder an die Techniken, die du konntest, erinnern wird.“ Kakashi wandte den Blick ab und das war das Zeichen für mich, dass er noch nicht alles ausgesprochen hatte. „Es gibt einen Haken, oder?“ „Ja.“, sagte er unverblümt. „In dir steckt ein großes Potenzial, Sasuke. Damals warst du der beste Schüler in der Akademie und auch später hast du deine Missionen immer erfolgreich abgeschlossen. Du hättest eines Tages Hokage werden können, da bin ich mir sicher ...“ Kakashi hielt inne, trank einen Schluck Tee und sah mir erst dann wieder in die Augen. „Wenn da nicht dein Hass gewesen wäre.“ Er ließ die Worte zwischen uns in der Luft hängen und ich spürte, wie sie langsam in mein Gehirn sickerten. Hass, hatte er gesagt. Ich konnte mir vorstellen, gegen wen sich mein Hass gerichtet hatte, doch auch wenn ich jetzt an Itachi dachte, konnte ich diesen Hass nicht wieder neu aufflammen spüren. Da war einfach nichts, höchstens Traurigkeit, dass ich mich noch nicht einmal an dieses Gefühl erinnern konnte. „Sasuke, ich glaube, es wäre besser, wenn du die ganze Geschichte hörst. Willst du es?“ Ich nickte ohne zu zögern. Und er erzählte es mir. Erzählte mir, wie ich mit dem Tod meiner Familie umgegangen war – nämlich gar nicht – und dass ich aus Einsamkeit und einem einzigen Wunsch heraus besser und stärker werden wollte. Er erzählte mir, dass ich mein ganzes Leben auf Rache ausgerichtet hatte, auf Rache an meinem Bruder. Und er erzählte mir, wie ich jemandem namens Orochimaru in die Hände fiel, der mir diesen Wunsch erfüllen wollte und konnte und wie ich mit ihm ging und wie Naruto und Sakura nach mir suchten, verzweifelte drei Jahre lang. Es war eine schlimme Geschichte und ich wischte unauffällig eine Träne aus dem Augenwinkel. Diese Person namens Sasuke war verdammt noch mal bemitleidenswert und ich war froh, dass es sie nicht mehr gab. Ich war froh, dass es mich nicht berührte. Danach tranken wir stillschweigend unseren Tee, Kakashi bezahlte und dann gingen wir getrennte Wege. Ich musste darüber nachdenken, was ich tun sollte. Er hatte es nicht gesagt, weil es nicht ausgesprochen werden musste, damit ich es verstand. Wenn ich wieder lernen würde, zu kämpfen, würde ich dann dem selben Pfad folgen und nach Rache suchen? Ich sagte mir: Nein, denn es ist dir egal. Das war die Wahrheit. Doch was würde ich tun, wenn ich es wirklich wieder lernen würde? Würde sich mein Körper nur an die Techniken erinnern oder auch an andere Dinge? Ich wollte nicht, dass sich das alles wiederholte und ich in einen ewigen Kreislauf geriet. Andererseits – es tat weh, diese Geschichten über meine Vergangenheit zu hören und gleichzeitig zu wissen, dass es mich berühren sollte. Ich war nur ein halber Mensch ohne meine Erinnerungen. Möglicherweise war es vielleicht doch erstrebenswerter, nicht nur die Techniken erneut zu lernen, sondern auch meine Erinnerungen. Und ich würde mit aller Macht versuchen, das Versprechen einzuhalten, das ich Naruto gegeben hatte. ~~~~~*~~~~~ Als ich wieder in Narutos Wohnung ankam, wartete dieser schon ungeduldig auf mich. „Wo bist du gewesen?“ „Das gleiche könnte ich dich fragen.“, gab ich giftig zurück und fragte mich, woher dieser Tonfall auf einmal kam. „Ich hab Ramen gekauft, wie versprochen.“ „Du wolltest was zu essen holen.“ Ich setzte mich auf das Sofa. Die ganze Herumlauferei hatte mich müde gemacht. „Und was soll Ramen sonst sein? Deko?“ Ich verzog den Mundwinkel und sagte: „Ich mag das Zeug nicht. Zu salzig.“ Naruto sah aus, als wollte er mich deswegen gleich anspringen. Dann zuckte er jedoch mit den Schultern. „Für heute hab ich nichts anderes. Kannst ja morgen mit zum Einkaufen kommen.“ Ich nickte und Naruto stellte mir schweigend eine Schüssel auf den Tisch, die ich widerwillig zur Hälfte leerte. „Ich versteh nicht, wie man Ramen nicht mögen kann.“ „Wenn das dein größtes Problem ist.“ Ich starrte aus dem Fenster und sah, dass es dämmerte. Dieser Tag war sehr lang und sehr, sehr erschöpfend gewesen. Ich war so müde, dass ich meine Augen kaum noch aufhalten konnte. Naruto setzte sich neben mich. „Was ist los?“, fragte er rundheraus. „Das fragst du noch? Mein Bruder hat ja nur meine ganze Familie getötet.“ Naruto sah mir forschend in die Augen. „Das ist es nicht, oder?“ Ich seufzte. „Nein.“ Ich zog die Knie an und legte meinen Kopf darauf. „Ich ... ich möchte mich einfach nur erinnern. Ich ... fühle mich so leer, Naruto. Aber ich habe Angst davor, wieder wie früher zu werden.“ „Wie früher? Was meinst du damit?“ „Kakashi hat mir alles erzählt. Was für ein Mensch ich früher gewesen bin.“ Ich begann zu zittern und zog meine Knie dichter an den Körper. „Und dass ihr mich ... dass ihr mich gesucht habt. Naruto, es tut mir Leid.“ Ich merkte, wie er zögerte, doch dann spürte ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter, warm und fest. Ich lehnte mich an ihn, obwohl ich nicht wusste, ob das angebracht war, und dann konnte ich mich nicht mehr halten. Ich weinte nicht, weil ich es einfach nicht konnte, doch ich zitterte am ganzen Leib und wollte nur den anderen Körper an meinem spüren, etwas, das mir Halt gab in einer Welt, die ich nicht mehr kannte. ~~~~~*~~~~~ „Ich möchte wieder ein Ninja werden.“ Mit weichen Knien stand ich im Büro des Hokages. Tsunade-sama musterte mich über ihren riesigen Schreibtisch hinweg. „Dein Grund?“, fragte sie scheinbar gelangweilt. „Ich möchte meine Erinnerungen wieder haben.“ Ich stand so aufrecht wie möglich. „Und du glaubst, sie dadurch wiederzuerlangen?“ „Nein, Tsunade-sama.“ Sie hob eine Augenbraue. „Aber ich hoffe es. Bitte gestatten Sie es mir.“ Minuten verstrichen, ohne dass sie etwas sagte. Sie musterte mich nur stillschweigend. Dann faltete sie die Hände zusammen, stützte ihr Kinn darauf und sagte streng: „Sasuke, ich hoffe, du bist dir nach Kakashis Informationen bewusst, dass du eigentlich ein gesuchter Vebrecher bist. Hättest du deine Erinnerungen noch, hätte ich dich bei deiner Ankunft in Konoha gefangen nehmen und dich verhören lassen müssen. Wenn du wieder so stark wirst, wie du es früher einmal warst, könntest du eine Gefahr für das ganze Dorf werden.“ Ich ballte die Hände zu Fäusten. Bedeutete das ein 'Nein'? Ich wusste nicht, was ich tun sollte und wollte schon zu meiner Verteidigung ansetzen, als sie plötzlich weitersprach. „Dennoch möchte ich auf deine Fähigkeiten nicht verzichten. Wenn du dich Konoha unterstellst, bin ich mir sicher, dass du uns eine große Hilfe sein wirst. Aber wenn du Konoha ohne meine Erlaubnis verlässt“, sie hob den Zeigefinger, „hast du deine letzte Chance vertan.“ Ich verbeugte mich so tief, wie ich nur konnte. „Ich werde Sie nicht enttäuschen, Tsunade-sama.“ Ich musste hier raus, ich wollte nicht, dass sie mein Zittern sah. „I-Ich danke Ihnen.“ Ich stürmte aus dem Büro. ~~~~~*~~~~~ Vor der Tür warteten Naruto, Sakura und Kakashi, doch ich lief einfach an ihnen vorbei, so schnell ich es mit meinem verletzten Fuß konnte. Sie würden mich nur mit Fragen bombardieren wollen und mir war nicht nach reden zumute. Als ich aus dem Gebäude trat, traf ich auf strahlenden Sonnenschein. Es war warm geworden, geradezu heiß und in Narutos Wohnung würde es stickig sein, ganz zu schweigen davon, dass er mich dort sehr schnell aufsuchen würde. Ich ging daher kreuz und quer durch Konoha, auf der Suche nach einem kühlen Platz, an dem man mich nicht suchen würde. Ich fand ihn am Rande des Dorfes, wo die Bäume des umgebenden Waldes über die Mauern gewachsen waren. Ein Bach lief am Rand entlang. Etwas stromaufwärts sah ich kleine Kinder, die sich im Wasser gegenseitig nass spritzten. Ich hatte mich gerade auf den Rücken gelegt, die Augen geschlossen, als sich plötzlich ein Schatten über mich legte. „Hey.“ Ich öffnete die Augen und sah Naruto, um dessen Haare sich ein weißgelber Kranz aus Sonnenlicht gelegt hatte. Er legte sich neben mich und sah einfach nur nach oben in die Wolken, die Arme im Nacken gekreuzt. Ich atmete seufzend aus. „Folgst du mir eigentlich überall hin?“ „Ja.“ Naruto sah mich nicht an, als er weitersprach. „Und, wie ist es gelaufen?“ „Sie nimmt mich an.“ „Dann ist doch alles gut, oder?“ Naruto sah mich erstaunt an. „Ich meine, wieso läufst du dann weg?“ „Weiß auch nicht ... ich brauchte auf einmal etwas Platz für mich selbst. Zum Nachdenken.“ „Du denkst zu viel, Sasuke.“ „Tu ich gar nicht. Ich ... will nur mehr erfahren.“ „Soll ich dir's erzählen?“ Ich sah zu ihm herüber. Er hielt seine blauen Augen genau auf mich gerichtet und blinzelte kein einziges Mal. „Was erzählen?“, fragte ich zögerlich. „Wie du früher warst, natürlich. Nicht nur das übliche, sondern ... Einzelheiten. Was du gerne mochtest, was nicht und ... was wir so gemacht haben.“ Erstaunt setzte ich mich auf. „Das würdest du tun?“ „Natürlich! Immerhin waren wir – Freunde.“ Ich hielt inne. Freunde, ja, das hatte er mir gesagt. Dennoch hatte das Foto, das ich in seinem Zimmer gefunden hatte, nicht danach ausgesehen und außerdem konnte ich mir nach dem, was mir Kakashi erzählt hatte, gar nicht vorstellen, Freunde gehabt zu haben. Denn wenn man nur ein Ziel hat, ist einem alles andere doch egal, oder? Dennoch legte ich mich wieder zurück ins Gras und forderte Naruto dazu auf zu beginnen. ~~~~~*~~~~~ Der Tag verging schnell und langsam zugleich. Naruto erzählte mir soviel, dass ich gar nicht alles behalten konnte. Aus manchen Einzelheiten konnte ich erkennen, dass ich wohl ziemlich mürrisch und ernst gewesen sein musste, doch Naruto erzählte mir vor allem witzige Dinge, die uns widerfahren sind, über die ich lachen musste, aber auch traurige, die meistens mit einer unserer Missionen zusammenhingen. Wenn er von diesen erzählte, wurde ich immer ganz still und versuchte so gut wie möglich zuzuhören und schloss die Augen, um es mir noch besser vorstellen zu können. Allein seine Erzählungen machten mir Angst und ich war froh, dass es nur noch eine Erinnerung war. Als Naruto schließlich aufhörte zu reden, dämmerte es bereits. „Wir sollten langsam mal nach Hause.“ Er stand auf und reichte mir seine Hand, doch ich machte keine Anstalten, sie zu ergreifen. „Was ist los?“ „Ich ...“ Ich setzte mich auf. „Ich wollte dir nur sagen ... ähm ... lass uns wieder Freunde sein, okay?“ Naruto lächelte. „Klar.“ Ich nahm seine Hand, ließ mich von ihm hochziehen und umarmte ihn. Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Kapitel 7 Ich hatte ziemlich gute Laune, als wir Narutos Wohnung erreichten, geradezu euphorisch. Wir hatten noch so über dies und das geredet und darüber hinaus hatte ich ganz den stechenden Schmerz in meinem Knöchel vergessen. Vor der Tür stand Sakura, die etwas mürrisch wirkte und offensichtlich schon auf uns gewartet hatte. „Da seid ihr ja endlich!“, rief sie uns entgegen. „Wo seid ihr den ganzen Tag gewesen?“ Doch als sie mich ansah, strahlte sie und zusammen gingen wir hinein. Es war inzwischen schon dunkel geworden und Naruto machte das Licht an, damit Sakura meinen Fuß erneut untersuchen konnte. „Tsunade hat Sasuke angenommen.“, berichtete Naruto ihr. „Ja, ich weiß.“ Sie lächelte. „Ich soll dir von ihr sagen, dass dein Training direkt morgen beginnt. Und rate mal, wer dein Lehrer sein wird.“ Sie sah mich direkt an, dann schweifte ihr Blick auf einmal zu Naruto, der anfing zu grinsen. „Jetzt ehrlich? Wow, ich wusste doch, dass Tsunade meine Fähigkeiten erkennen würde!“ ~~~~~*~~~~~ Zur Feier des Tages lud Naruto uns doch tatsächlich zum Ramenessen ins Ichiraku ein, auch wenn ich ihm immer wieder beteuerte, dass ich das Zeug nicht mochte. Als er jedoch ein beleidigtes Gesicht zog – Ramen war ihm offenbar heilig – ging ich trotzdem mit, aß aber im Gegensatz zum ihn nicht drei Schüsseln davon. Der Mann hinter der Theke warf mir einen überraschten Blick zu, sagte jedoch nichts. An diese Blicke würde ich mich wohl gewöhnen müssen. „Und ... wie fangen wir morgen an?“, fragte ich zögerlich, als das Gespräch zwischen uns dreien zum Erliegen gekommen war. Naruto schlürfte seine letzte Schüssel aus, dann schien er zu überlegen. „Ich weiß nicht. Bis morgen hab ich mir schon noch was überlegt!“ „Naruto!“, rief Sakura entrüstet. „Nimm deine Aufgabe gefälligst ernst, sonst muss Tsunade-sama jemand anderes dafür suchen!“ „Jaja ...“, winkte Naruto ab, grinste dabei jedoch. Dann stand er auf und zog mich gleichzeitig mit hoch. „Komm, Sasuke, ich zeig dir unseren Trainingsplatz.“ Wir ließen Sakura bei Ichiraku zurück, die erst später bemerken würde, dass Naruto vergessen hatte, die Rechnung zu bezahlen, und gingen an den Rand des Dorfes. Vor uns baute sich eine riesige Felswand auf, in deren Stein die Gesichter der vorangegangenen Hokage gemeißelt waren. Ich erkannte Tsunade darauf und fragte mich, wer wohl der nächste Hokage werden würde und wie sich Narutos Gesicht wohl darauf machen würde, sollte sein Traum tatsächlich in Erfüllung gehen. Naruto ging voraus zu einem mit hohen Gras bewachsenen Platz, der von einigen Bäumen gesäumt wurde. Weiter hinten sah ich die Mauer, die das Dorf schützte. In der Dunkelheit waren die Einzelheiten nur schwer zu erkennen. „So, wir sind da.“ Naruto verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lächelte mich an. „Haben wir früher hier trainiert?“, fragte ich. „Manchmal. Aber du warst auch immer gern alleine.“ Narutos Stimme hörte sich eine Spur traurig an, doch ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Stattdessen ließ ich mich auf das weiche Gras sinken, da mein Fuß nach der ganzen Anstrengung nun doch begonnen hatte zu pochen. Schweigend saßen wir schließlich nebeneinander und schauten über den Platz, auch wenn dort nicht wirklich etwas Spannendes passierte. Es herrschte irgendwie eine seltsame Atmosphäre, auch wenn ich in diesem Moment unmöglich hätte benennen können, woran das lag. Daran, dass keiner sprach, jeder von uns beiden seinen eigenen Gedanken nachhing? Oder an der Erinnerung Narutos, der sicherlich daran dachte, wie wir hier früher trainiert hatten, er, um Hokage zu werden, ich, um meinen Bruder eines Tages töten zu können. Ein Schauder lief mir über den Rücken und ich schob es auf die Kälte. Dieser Itachi. Er ging mir nicht mehr aus dem Kopf, ich glaube, das wäre auch zu viel verlangt gewesen. Ich war in einer Zwickmühle. Ich konnte mit meiner Vergangenheit abschließen. Das, was meinem früheren Ich immer verwehrt gewesen war, weil er die Erinnerung an diese schreckliche Tat Tag für Tag mit sich herumgeschleppt hatte, das konnte ich jetzt tun. Doch irgendetwas hinderte mich daran. Möglicherweise der Gedanke, damit diesen Sasuke zu töten. Ihn auszulöschen vielmehr. „Ich bin froh, dass du wieder da bist, Sasuke.“ Narutos Stimme durchschnitt die Stille. Ich sah zu ihm herüber, aber sein Gesicht lag im Dunkeln. Für ihn war ich immer noch derselbe, doch ich wusste nicht, ob ich diesen Anspruch erfüllen konnte. Es war selbstsüchtig von mir gewesen, ihm meine Freundschaft anzubieten, obwohl wir uns gar nicht kannten. ~~~~~*~~~~~ Der nächste Tag kam schnell. Als ich aufwachte, hatte ich das Gefühl, die Augen gerade erst geschlossen zu haben. Müde drehte ich mich noch einmal um und wickelte die Decke um mich, doch das Zimmer war bereits viel zu hell, als dass ich wieder hätte einschlafen können. Verschlafen setzte ich mich auf und stellte fest, dass mein Fuß gar nicht mehr weh tat. Verblüfft bewegte ich das Gelenk hin und her und setzte den Fuß dann auf dem Boden auf. Sakura hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Decke auf dem Sofa lassend durchstreifte ich das Zimmer und ging in die Küche, auf der Suche nach etwas Essbarem, und blieb überrascht stehen, als ich Naruto bereits am Tisch sitzen sah. Ich begrüßte ihn und setzte mich zu ihm. Als mein Blick auf die halb zerdrückte Milchpackung fiel, nahm ich das Paket vom Tisch und las das Datum, das auf dem Boden stand. „Du, Naruto ...“ „Hm?“ Naruto konnte nicht sprechen, er trank gerade aus einem großen Glas Milch. „Ähm, ich glaube, du solltest das besser nicht trinken, hier steht, das ist vor zwei Wochen abgelaufen.“ Naruto hielt sofort im Trinken inne, die Wangen aufgeplustert von der Milch, die er noch im Mund hatte, starrte ganz entsetzt auf die restliche Milch, stand dann ganz langsam auf und eilte schließlich zur Spüle, um die Milch dort auszuspucken. Dann ließ er sich wieder auf seinen Stuhl sinken. „Sorry“, sagte er, als er meinen Gesichtsausdruck sah. „Ich hab so meine Erfahrungen mit schlecht gewordener Milch.“ Ich zog die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts dazu. Jedes Mal, wenn Naruto oder jemand anders mich daran erinnerte, an was ich mich alles nicht erinnerte, kam in mir ein ungutes Gefühl hoch, das ich schnell zu verdrängen versuchte. Deshalb war ich auch jetzt so erpicht darauf, das Thema zu wechseln. „Gehen wir direkt nach dem Frühstück trainieren?“ Naruto nickte und fragte dann: „Willst du nichts essen?“ Ich verneinte, mir war definitiv nicht danach. Irgendetwas sagte mir, dass dieser Tag noch mehr bereithielt als eine Trainingsstunde – auch wenn die zugegebenermaßen etwas Besonderes für mich war. ~~~~~*~~~~~ Naruto schien es aus irgendeinem Grund eilig zu haben, zum Trainingsplatz zu kommen; dieses Mal nahm er keine Rücksicht darauf, dass mein Fuß noch nicht ganz verheilt war und ich deswegen auch noch nicht so schnell laufen konnte. Als wir schließlich angekommen waren, war ich etwas außer Atem. „Also.“ Naruto stellte sich breitbeinig vor mir hin, die Arme verschränkt. „Als Erstes musst du wissen, dass es sowas wie Chakra gibt. Du musst versuchen, nur so wenig wie möglich davon zu verbrauchen, weil ...“ Naruto fuhr fort und ich hörte aufmerksam zu, doch er war kein besonders guter Lehrer. Jedenfalls glaubte ich nicht daran, dass ich alles verstand, was er sagte, nur weil er es sagte. Es war, als würde ich ein Wissen, dass ich irgendwo in meinem Innersten verborgen hatte, bloß auffrischen und nicht völlig neu erwerben. „Versuch's mal.“ Naruto hatte mir gerade erklärt, wie ich ohne Hilfsmittel an einem Baum hochlaufen konnte. Der Baum, der vor mir hochragte, sah nicht gerade vertrauenserweckend aus, da er keinerlei Halt bot, gleichzeitig konnte ich jedoch auch nicht behaupten, Angst zu haben. Es schien eine leichte Übung zu werden. Ich nahm Anlauf, konzentrierte mich auf mein Chakra und leitete es zu meinen Füßen weiter, wo es sich sammelte – und lief. Den Baum hinauf. Bis zur Spitze und als ich oben angekommen war, erfasste mich kurz ein Schwindel, als ich ganz Konoha und noch darüber hinaus sehen konnte und ich rannte schnell wieder hinunter. Unten am Boden starrte Naruto mich an. „Du lernst ganz schön schnell.“, war alles, was er sagte. Es dauerte einen Moment, bis ich verstand, was das für mich bedeutete. Meine Knie gaben nach und ich sank auf das vom Morgentau nasse Gras. „Ähm – Sasuke?“ Naruto hörte auf zu starren und ging zu mir herüber, legte mir eine Hand auf die Schulter. „Alles in Ordnung?“ „Ja ...“ Meine Stimme kam kaum aus mir heraus. „Ja ... alles in Ordnung.“ Als er mich jedoch losließ, als ich ihn nicht mehr an meiner Schulter spürte, packte ich blitzschnell seinen Arm und zog ihn zu mir herunter, schlang meine Arme ungelenk um seinen Nacken. „Ich – ich habe das Gefühl, dass ich mich an etwas erinnere ...“ Ich spürte, wie sich Naruto versteifte und sich schließlich von mir losmachte, um mir in die Augen zu schauen. „Und? An was kannst du dich erinnern?“, wollte er wissen. „Das ...“ Ich schüttelte den Kopf. „Das ist ja gerade das Problem, ich habe nur das Gefühl, aber wenn ... wenn ich danach greifen will, ist es wieder weg.“ Ich holte tief Luft. „Glaubst du ... glaubst du, ich kann mich an all das hier erinnern? Irgendwie?“ Ein Schatten huschte über Narutos Gesicht. „Ich weiß nicht.“ Es hörte sich eher danach an, dass er nicht darauf hoffte. „Naruto.“ Ich nahm seine Hand. Ich spürte, dass er sie wegziehen wollte, ließ sie los. Zum ersten Mal in Konoha fühlte ich mich allein. „Ich weiß, was damals passiert ist. Kakashi hat es mir erzählt. Ich meine damit nicht, was mein ... Bruder getan hat. Sondern, was ich für ein Mensch gewesen war. Dass ich ihn gehasst habe ... dass ich mein ganzes Leben darauf ausgerichtet habe.“ Er war viel zu weit weg. „Naruto ... waren wir wirklich Freunde? Oder erzählst du mir die ganze Zeit nur Märchen?“ Diese Frage schien Naruto wirklich zu schockieren. Weil ich so etwas annahm oder weil ich die Wahrheit herausgefunden hatte? Ich wagte es nicht mehr, ihn anzusehen. Wir schwiegen und nach einer Weile stand er auf und ging ein paar Meter weit von mir weg, den Rücken mir zugedreht. Anscheinend hatte auch ich, genauso wie dieser Sasuke, das Talent, Freundschaften, wenn sie denn eine war, genauso schnell wieder zu zerstören, wie ich sie geschlossen hatte. Die erste Freundschaft, an die ich mich erinnerte. „Nein.“ Naruto sah mich nicht an. „Wir waren keine Freunde.“ Ein Stich durchfuhr mich. Obwohl ich es gewusst hatte – sonst hätte ich nicht gefragt – traf es mich doch, dass er es noch nicht einmal leugnete. Als er nichts mehr sagte, stand ich schließlich auf, sah noch einmal kurz seinen Rücken an und drehte mich dann um. Schritte, schnell, die sich mir näherten, eine Hand an meiner Schulter, die mich an einen Baum drückte. Ich wehrte mich instinktiv, erstarrte jedoch, als ich Narutos Gesicht sah. Die seltsamen schwarzen Striche auf seinen Wangen hatten sich vertieft und ich konnte beinahe spüren, wie ihn etwas umgab, dass ich als Wut bezeichnet hätte, wenn Gefühle so spürbar gewesen wären. „Wir waren Verbündete!“, zischte er. „Ich war genauso allein wie du!“ Mit diesen Worten fing er an, sein Hemd aufzuknöpfen und zum Vorschein kam ein schwarzes Mal, das sich um seinen Bauchnabel wand. „Ich war das 'Monster'. Ich war immer allein.“, wiederholte er. „Und obwohl wir nie freundlich miteinander gesprochen haben, wusste ich, dass wir Verbündete waren! Solange einer von uns beiden da war, waren wir nicht allein. Aber dann bist du einfach gegangen! Das lass ich nicht mehr zu!“ Er schlang hastig seine Arme um mich. „Das hast du früher nie zugelassen.“ Naruto flüsterte an meinem Nacken. „Weil du ja immer so ernst sein musstest. Wie hast du das nur ausgehalten?“ Er schwieg eine Weile. Dann: „Aber eigentlich frage ich mich, wieso du schon wieder so wirst. Lass dein altes Leben doch endlich zurück!“ „Aber ...“ Ich schob ihn von mir. „Dann bin ich nicht mehr der, den du kanntest.“ „So ein Schwachsinn!“ Naruto packte mich wieder an den Schultern und schüttelte mich. „Du bist immer noch Sasuke! Nur versteckst du dich nicht mehr! Du kannst endlich du selbst sein, also mach endlich!“ Das machte mich für eine Weile sprachlos. Dann fragte ich zaghaft: „M-Meinst du das wirklich?“ „Ja, verdammt!“ Auch ohne Erinnerungen wusste ich, dass Naruto anders war. Er hatte etwas an sich, das mir ein Gefühl gab, dass ich noch nie kennengelernt hatte. Und ich war mir sicher, dass das der andere Sasuke auch noch nie gespürt hatte. Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- Ich entschuldige mich für das späte Kapitel ^^° Halt Weihnachten und Neujahr, da hat man viel zu tun. Und als ich kurz vorher das Kapitel zu Ende schreiben wollte fiel mir auf, dass ich ja noch kein Wort nach Kapitel 7 geschrieben habe. Und dann hatte ich gar keine Lust mehr xD Na ja, hier das neue Kapitel. Gewisse Sakurahasser werden mich für die zweite Hälfte vielleicht lynchen, aber ich habe ein paar kleine Seitenhiebe für Miss Rosa eingebaut. Wer zwei findet, kriegt 'nen Keks! =3 Kapitel 8 Wir trainierten beinahe den ganzen Tag hindurch, ununterbrochen. Wir sprachen kein Wort mehr darüber, was vorgefallen war, und doch hatte ich das Gefühl, dass sich zwischen uns etwas verändert hatte. Wir waren keine Freunde gewesen. Wir waren Verbündete. Und wenn ich etwas in dieser neuen, unbekannten Welt brauchte, dann war es ein Verbündeter. Mehr als ein Freund, denn uns band ein Vertrag aneinander. Ich hatte es in seinen Augen gesehen: Das Versprechen, füreinander da zu sein. Und ich würde nicht mehr weglaufen. „Uff! Ich kann nicht mehr!“ Vollkommen ausgelaugt ließ ich mich fallen und schloss die Augen. Die hohen Grashalme, die von mir niedergedrückt wurden, kitzelten mich an der Nase, doch das störte mich nach all der Anstrengung nicht mehr. Dem Geraschel nach zu urteilen, hatte sich Naruto neben mich gelegt. Keiner von uns beiden sprach ein Wort, eine ganze Weile lang. Dann eine Berührung, federleicht, irgendwo an meiner Seite. Es war Narutos Stimme in der Dunkelheit hinter meinen Lidern. „Danke, dass du zurückgekommen bist.“ Ich wollte erwidern, dass das ja gar nicht mein Verdienst gewesen war. Dass ich mich doch an gar nichts erinnert und sich bisher auch nichts daran geändert hatte. Dass er und Sakura mich doch hierhergebracht hatten. Doch ich sagte nichts. Genoss einfach nur den Klang dieses Wortes. 'Danke.' Es war schon später Nachmittag und in einer Stunde, vielleicht auch zwei, würde die Sonne untergehen. Doch keiner von uns stand auf. Zuerst schob ich es auf die Erschöpfung, weil es einfach viel zu entspannend war, nach diesem anstrengenden Tag im Gras zu liegen. Irgendwann öffnete ich die Augen und sah den wolkenverhangenen Himmel über mir und etwas in mir sagte mir, dass es bald regnen würde. Naruto neben mir hatte immer noch die Augen geschlossen und regte sich auch nicht, als ich mich aufsetzte. Ich glaube, es war das erste Mal, dass ich ihn schlafen gesehen habe. Die dunklen Striche, die sich am Vormittag so vertieft hatten, als er wütend auf mich gewesen war, waren wieder so, wie sie immer waren. Ich fragte mich, was sie bedeuteten. Und was das für ein Mal gewesen war, das er auf seinem Bauch trug. Ich vergewisserte mich noch einmal, dass Naruto auch wirklich schlief, dann schob ich vorsichtig sein T-Shirt hoch. Da war es: Schwarz, mit feinen sowie auch dickeren Linien, Punkten, Schlangenlinien. Er hatte es mir gezeigt und sich dabei selbst 'Monster' genannt. Wieso sagte er bloß so etwas? Er war doch nicht der Einzige, was auch immer es bedeutete. Ich wusste, dass auch ich gezeichnet war. Von was auch immer, darauf hatte ich mir noch keinen Reim machen können und bisher hatte es auch niemand erwähnt. Oder etwa doch? Es war nur wenige Tage her, als ich das kleine Mal auf meiner Schulter entdeckt hatte und da hatte es mich noch nicht gestört. Als ich Naruto und Sakura das erste Mal sah, wusste ich noch nicht einmal mehr, wie ich aussah, bis ich mich zum ersten Mal im Spiegel erblickt hatte. Wieso sollte mich so ein Mal also wundern? Dennoch – es schien nicht normal zu sein. Sonst hätte Naruto es mir sicherlich nicht gezeigt. Hatte dieses Mal und seines irgendeine Verbindung? Jetzt, wo ich mich nicht mehr auf das Training konzentrieren musste, konnte ich nicht anders, als mir darüber den Kopf zu zerbrechen. „Sasuke ... was tust du da?“ Hastig zog ich meine Hand zurück. Naruto war aufgewacht, schläfrig blinzelte er mich an. „N-Nichts!“ Naruto, wohl noch nicht wach genug, um weitere Fragen zu stellen, setzte sich ebenfalls auf und gähnte herzhaft. „Wir sollten langsam mal zurück.“, sagte er mit Blick gen Himmel. „Es hat leider noch keiner ein Jutsu gegen Regen erfunden.“ Er stand auf. „Naruto.“ Ich war sitzen geblieben, den Blick fest auf ihn gerichtet. „Ja?“ „Dieses ... dieses Mal, das du auf deinem Bauch trägst. Was ist das?“ Ich sah in seinen Augen, dass ich damit einen wunden Punkt bei ihm getroffen hatte. Naruto senkte den Blick nicht, er starrte mich nur schweigend an. „Bitte sag es mir.“ Das 'Nein' in seinen Augen war nur zu deutlich zu lesen. Etwas hielt ihn davon ab, es mir zu erzählen. War es Angst? „Hat es ... irgendetwas mit dem hier zu tun?“ Mit diesen Worten zog ich den Kragen meines T-Shirts herunter, sodass das Mal an meinem Hals zu sehen sein musste. Ich sah, wie sich Narutos Augen weiteten und schließlich schmal wurden. „Nein. Kein bisschen.“ Er drehte sich um und ging, ließ mich allein. Irgendwann begann Regen auf den Boden zu fallen. Erst nur ein paar wenige Tropfen, dann wurden es immer mehr, die sich zu einem stetigen Trommeln versammelten. Wie passend, dachte ich. Dabei wusste ich noch nicht einmal, was ich falsch gemacht hatte. Irgendwann stand ich auf und verließ den Trainingsplatz. Der weiche Erdboden wurde rutschig unter meinen Füßen und ich verlor mehrmals den Halt und wäre beinahe hingefallen, dennoch versuchte ich so schnell wie möglich voranzukommen, um dem Regen zu entkommen. Wieso vertraute er mir nicht? Wir sollten doch Freunde sein und er hatte doch auch gesagt, dass ich einfach ich selbst sein sollte. Wieso konnte er es dann nicht sein? Was war das für ein Geheimnis, dass er es mir nicht verraten wollte? ~~~~~*~~~~~ „Sasuke, du – oh mein Gott, du bist ja total durchnässt!“ Ich war nicht zu Narutos Wohnung zurückgekehrt, sondern zu Sakuras. Als sie die Tür aufgemacht hatte, hatte sie mich nur entsetzt angeschaut und mich dann eilig reingelassen. „Wo ist Naruto?“ Sie drückte mich auf eine rosafarbene Couch, die in ihrem Zimmer stand. Ihre Eltern hatten mich kurz gemustert, ehe sie mich in ihr Zimmer gebracht und mich mit einem großen, flauschigen Handtuch umwickelt hatte. „Weiß nicht. Ich schätze mal zu Hause.“ „Habt ihr euch gestritten?“ „Was? Wie kommst du denn da- Hatschi!“ Ich musste niesen und schlang mir die Decke noch enger um den Körper. „Ich glaube, wir sollten uns erstmal um trockene Klamotten kümmern, nicht, dass du dich noch erkältest!“ Sie zog mich wieder hoch. „Komm, ab ins Bad mit dir, da kannst du erstmal warm duschen!“ Ich ließ mich von ihr in das Badezimmer führen, wo sie mich mit meinem Handtuch allein ließ. Irgendwie war mir mulmig zumute, doch ich fror immer noch ziemlich, deswegen tat ich, was sie gesagt hatte. Als ich wieder in ihr Zimmer trat, sah ich, dass sie mir etwas zum Anziehen auf ihr Bett gelegt hatte. Eine Hose, ein Hemd, sogar Socken. Die Hose war mir um ein ganzes Stück zu lang, sie musste wohl ihren Vater darum gebeten haben. Obwohl ich wohl auch in dem Oberteil versinken würde, war ich ihr dankbar. Sakura wusste wirklich, wie man jemanden aufmuntern konnte. Ich wollte mir das Hemd gerade über den Kopf ziehen, als Sakura wieder ins Zimmer kam. „Sasuke, bist du-“ Sie stockte, als sie sah, dass ich eben noch nicht fertig war und drehte sich mit hochrotem Kopf wieder zur Tür herum. „Ähm ... ist schon okay, ist doch nur obenrum.“ Ich zog mich schnell fertig an. „Kannst jetzt gucken.“ Sakura lächelte beim Anblick der viel zu großen Klamotten. Sie hatte sich inzwischen wieder beruhigt, nur ihre Ohren leuchteten noch verräterisch. Wir setzten uns auf das Sofa mit der grässlichen Farbe. „Also, was ist passiert?“ Mist. Sie hatte es wohl doch noch nicht vergessen. „Nichts Wichtiges. Wir haben uns nicht gestritten.“ Sakura verzog die Mundwinkel, dann fasste sie mich an den Schultern und drehte mich so zu ihr um, dass ich ihr in die Augen sehen musste. „Du kannst es mir ruhig erzählen. Naruto kann manchmal echt ein Sturkopf sein, weißt du?“ Ich überlegte. Ob sie mehr wusste? Ob ich sie fragen sollte? „Sasuke?“ „Ich ... ich hab Naruto gefragt ... wegen diesem ... Ding auf seinem Bauch. Er wollte mir nicht erzählen, was es ist.“ Ich sah zur Seite. „Heute Vormittag hat er gesagt, er sei ... ein Monster.“ „Was?“ Sakuras Augen weiteten sich entsetzt, doch bevor sie nachfragen konnte, redete ich auch schon drauflos. „Dabei habe ich doch auch so etwas, hier, auf meiner Schulter! Aber er hat gesagt, das hätte nichts miteinander zu tun und trotzdem ... ich weiß nicht, was es ist und er wollte es mir auch nicht erzählen. Vertraut er mir nicht? Oder gibt es da etwas, das ich nicht wissen soll, gibt es etwas, das ihr mir verheimlicht?“ Als ich meinen Redeschwall beendet hatte, seufzte Sakura. „Es ist nicht so, dass er dir nicht vertraut, Sasuke.“ Sie lächelte zaghaft. „Doch das, was du da gesehen hast ... das ist keine so leichte Angelegenheit.“ „Dann weißt du also, was es ist?“ „Ja. Aber ich denke, er sollte es dir selber sagen, wenn er dafür bereit ist.“ Ich senkte den Kopf. Das war wirklich keine befriedigende Antwort. Doch ich sah ein, dass sie es mir wohl nicht verraten würde – so viel kannte ich sie schon. Dann fiel mir etwas ein. „Und das hier?“ Ich tippte auf meine Schulter. Sakura biss sich auf die Lippe. „Das ...“, fing sie an, dann stockte sie. „Was?“ „Na ja ... weißt du, das ist auch keine so leichte Angelegenheit.“ ~~~~~*~~~~~ Ich hatte beschlossen, bei Sakura zu übernachten. Vor einigen Stunden hatte sie mich verabschieden wollen, doch an der Tür hatte sie es sich doch anders überlegt. „Du hast nicht so ausgesehen, als ob du weg wolltest.“, hatte sie nur gesagt, als ich sie danach fragte. Jetzt lag ich auf einem Futon auf dem Boden neben ihrem Bett und starrte Löcher in die Dunkelheit. Sakuras Atem war nach einer Weile ruhiger geworden, bis sie in einen leisen, aber regelmäßigen Schnarchton verfiel. Das Mal an meiner Schulter war ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass ich vor drei Jahren weggelaufen war. Jetzt, von außen betrachtet, wusste ich – anders als er – dass es eine Flucht gewesen war, keine Möglichkeit stärker zu werden. Körperlich war er das vielleicht geworden, doch in den Händen dieses Mannes, der sich Orochimaru nannte, war sein Hass nicht nur geblieben, sondern ins Unermessliche gesteigert worden. „Das ist doch kein Leben!“, hatte ich irgendwann inmitten Sakuras Erzählung ausgerufen. Und sie hatte mich nur müde angelächelt. „Es ist schön, dass du das erkannt hast.“ Hätte es noch irgendwelche Zweifel für mich an meiner Identität gegeben, so wären sie durch dieses Mal ausgelöscht worden. Der Gedanke an meine Flucht ließ es auf meiner Schulter brennen, als ob es mir bewusst machen wollte, was ich getan hatte. Wer ich war. Ich war Sasuke. Immer noch. Egal, was mit meinen Erinnerungen geschehen war. Das zumindest war Narutos Meinung. Vielleicht hatte er Recht. Doch mit jedem Schritt, den ich tat, einfach nur, weil ich es tun wollte, nicht dieser Sasuke oder sonst wer, weckte in mir das Gefühl, die Person, die ich einmal gewesen war, zu töten. Doch war er nicht auch schon längst tot? Solange ich nur der Erzählungen wegen von meiner Vergangenheit wusste, nützte doch jede Bemühung, es ihm gleich zu tun, nichts. Und woher sollte ich auch wissen, wie dieser Sasuke wirklich gewesen war? Sein wahres Wesen, sein Inneres. Naruto und Sakura und all die anderen hatten doch auch nicht in seinen Kopf schauen können. Vielleicht war er so gewesen wie ich es nun war. Vielleicht war es auch totaler Schwachsinn, sich über den Charakter von jemandem Gedanken zu machen, der man selbst war. Das war es sogar ziemlich sicher. „Von heute an lebe ich mein eigenes Leben.“ Es war ein Wunsch für die Zukunft, den ich mit geschlossen Augen sprach. „Das freut mich ...“ Ich erschrak. Sakura. Ich hatte nicht bemerkt, dass sie aufgewacht war. Doch sie sagte auch nichts mehr weiter und irgendwann hörte ich wieder ihr leises Schnarchen. Zumindest sie hatte ich mit meiner Entscheidung glücklich gemacht. Fehlte nur noch Naruto. Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Ja, was soll ich sagen? Dieses Mal bin ich wirklich krass spät dran. Nun ja, bei mir ist in letzter Zeit viel passiert. Inzwischen kann ich zwei Leute im Krankenhaus besuchen, aber zum Glück kommt mein Vater morgen wieder raus. Na ja. Das ist nur zum Teil der Grund für diese heftige Verspätung. Dazu kommt noch das Abi, massig viele Hausaufgaben, und so weiter. Einfach keine Zeit. Und keine Muse. Zwischendurch habe ich mich beim Schreiben wie bei meiner FF 'Follower' gefühlt, in der es zeitweise einfach nicht vorangehen wollte. Deswegen habe ich mich in diesem Kapitel für einen Fortschritt Sasukes entschieden. Am Ende des Kapitels werdet ihr überrascht und enttäuscht sein, glaube ich (jaa ... da ging meine fiese Ader wieder mit mir durch. Dabei habt ihr, die ihr das vielleicht noch lest, das echt nicht verdient. Ich entschuldige mich also schonmal im Voraus). Übrigens kommt mir das Kapitel etwas komisch vor. Es wirkt irgendwie zerstückelt, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich in sehr weiten Abständen immer mal wieder dran geschrieben habe. Wenn ihr einen Kommi hinterlasst, wäre es nett, wenn ihr mir eure Meinung dazu sagen könntet. *Kekse und Milch als Entschuldigung hinstell* Kapitel 9 Ich wachte ziemlich spät am nächsten Morgen auf, denn als ich mich aus meiner Decke entknotet hatte, war das Bett neben mir leer. Sakura war wohl schon aufgestanden. Also hievte ich mich auch hoch, müde, wie ich immer noch war, und streckte mich ausgiebig, bevor ich die Treppe zur Küche hinunter ging. Sakura war gerade dabei, den Tisch einzudecken. „Guten Morgen.“, gähnte ich und sie blickte auf. „Na, endlich aufgewacht?“ Sie lächelte mich an, wandte sich dann jedoch wieder dem Frühstückmachen zu. „Magst du Eier, Sasuke?“ „Ähm ... keine Ahnung, hab noch nie eins gegessen.“ „Dann probier eins.“ Sie deutete mir an, dass ich mich schonmal setzen sollte, während sie uns Tee eingoss. Wir frühstückten gemeinsam, aber größtenteils schweigend. Ich stellte fest, dass ich auch Eier nicht sonderlich mochte – irgendwie waren sie glibberig und als Sakura mir erklärt hatte, was genau Eier waren, fand ich es auch moralisch bedenklich, etwas zu essen, aus dem mal ein Huhn geworden wäre. Schließlich räumte sie den Tisch wieder ab. Als sie mir den Rücken zugewandt hatte, weil sie die gespülten Tassen wieder in den Schrank räumen wollte, stellte ich mich hinter sie. „Danke, Sakura.“ Verblüfft drehte sie sich um. „Wofür?“ „Na ... für gestern. Mir ist jetzt einiges klar geworden. Jetzt kann ich, na ja, ich kann endlich mit meiner Vergangenheit abschließen. Also ... danke.“ Sakuras verblüffender Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein Lächeln. „Keine Ursache. Außerdem ...“, sie sah zu Seite, „glaube ich, auch endlich mit etwas abgeschlossen zu haben.“ ~~~~~*~~~~~ Die Straße zu Narutos Wohnung war vom Regen letzte Nacht noch nass, aber obwohl es ziemlich windig war, schien am Himmel die Sonne. Sakura hatte mich mit einem aufmunternden Lächeln aus dem Haus gelassen, dennoch war mir ein wenig mulmig zumute, als ich schließlich vor seiner Haustür stand und zögerlich anklopfte. Als nichts passierte, traute ich mich doch und öffnete die Tür zaghaft. Doch ein kurzer Blick genügte, um mir das zu bestätigen, was ich ohnehin schon angenommen hatte: Naruto war nicht da. Etwas bedröppelt stand ich noch eine Weile in der Tür, unschlüssig, ob ich reingehen und auf ihn warten oder ob ich ihn suchen sollte. Ich entschied mich schließlich für Letzteres, ich wollte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen. Außerdem – und so gut kannte ich Naruto schon – gab es nur zwei Orte, an denen er sich aufhalten konnte. ~~~~~*~~~~~ Selbst für einen Nudelsuppensüchtigen wie Naruto war es noch etwas früh für Ichiraku, trotzdem schaute ich kurz vorbei, nur um mich zu vergewissern. Der Laden hatte jedoch noch zu, also ging ich zum letzten verbliebenen Ort: Dem Trainingsplatz. Der kräftige Wind zog wellenförmige Spuren durch das hohe Gras und es dauerte einen Moment, bis ich Naruto darin ausmachen konnte. Anscheinend trainierte er gerade: blaue Lichtblitze formten sich in seiner Hand zu einer Kugel, ähnlich der, mit der Sakura mich geheilt hatte, und doch sagte mir etwas, dass diese etwas anderes war. Ich wagte es nicht, näher zu kommen, bis er die Kugel gegen einen Baum schleuderte, an dem er eine kohlende Stelle hinterließ. Ich wollte gerade näherkommen, als er sich umdrehte. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass er schon die ganze Zeit gewusst hatte, dass ich ihm zusah. Er kam auf mich zu. Seine Augen waren starr auf die meinen gerichtet, bis er knapp einen Meter vor mir zu stehen kam. Er sagte kein Wort. „Es tut mir Leid.“ Naruto sah mich fragend an, als wüsste er nicht, wofür ich mich entschuldigte. „Dass ich gegangen bin, meine ich. Das tut mir Leid.“ Ich sah, wie er mit sich kämpfte. Schon als er auf mich zugegangen war, war es mir nicht so vorgekommen, als wäre er noch wütend auf mich. Eher – eher als ob er nicht wüsste, wie er mit mir umgehen sollte, obwohl er das doch bis jetzt gut gemeistert hatte. Vielleicht hatte er begriffen, dass ich nicht mehr der war, den er gekannt hatte. Dieses Ich war durch den Verlust meiner Erinnerungen definitiv ausgelöscht worden, doch es gab mir eine Chance, noch einmal von vorne anzufangen. „Ist schon gut.“ Er legte mir eine Hand auf die Schulter. „Du brauchst dich nicht für etwas zu entschuldigen, das du nicht getan hast.“ Er blickte mir geradewegs in die Augen und ich sah, dass er es ernst meinte. Es begann wie am Tag zuvor: Ohne noch weiter darüber zu reden, fingen wir an zu trainieren. Wie zuvor hatte ich keine Probleme damit, mich an das, was Naruto mir erklärte, zu erinnern – es war, als bräuchte ich diese Erinnerungen bloß bewusst in mir abzurufen. Als sei das Ich, das ich verloren geglaubt hatte, noch irgendwo in mir verborgen, aber gefangen. Manchmal fühlte ich mich schlecht in der Rolle des Gefängniswärters, wusste aber, dass es müßig war, sich darüber Gedanken zu machen. Er sagte nichts dazu. Tat so, als sei er der Lehrer und ich der Schüler und als würde ich all das zum ersten Mal lernen, doch meine schnellen Fortschritte erzählten eine andere Geschichte. Irgendwann, als wir erschöpft waren, setzten wir uns nebeneinander ins Gras und er begann mir die verschiedensten Begriffe zu erklären und schließlich, als ihm auch dann nichts mehr einfiel, verstummte er. ~~~~~*~~~~~ Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Jeden Tag gingen wir zum Trainingsplatz und wenn ich abends schlafen ging, fiel ich meistens auf das Sofa. Einmal spürte ich, wie er mich zudeckte. Ich war noch im Halbschlaf, das Gesicht halb in den muffeligen Stoff gedrückt, und hatte weder genug Kraft noch Willen, irgendwie darauf zu reagieren. Er sagte nichts, doch ich spürte ihn noch eine ganze Weile im Dunkeln neben mir stehen. ~~~~~*~~~~~ Es war ein ganz normaler Tag, als ich das Geheimnis erfuhr. Er brachte mir etwas bei, das ich nicht auf Anhieb verstand. Was das hieß, verstand ich erst, als ich beim dritten Anlauf immer noch nicht den Hauch eines Erfolges verzeichnen konnte. „Das habe ich damals auch nicht gekonnt, oder?“ Keuchend blickte ich zu Naruto hoch, die schweißnassen Hände auf die Knie gestützt. Er nickte. „Nein, das ist eine spezielle Technik, die außer mir kaum einer kann. Sie heißt Rasengan.“ „Aber wieso bringst du mir die bei?“ „Wieso nicht? Ich bring dir einfach alles bei, was ich kann und weiß.“ Nicht das, was Sasuke gekonnt und gewusst hatte. Ich sah ihm noch einen Moment in die Augen, in dieses klare, ehrliche Blau, dann richtete ich mich wieder auf. „Dann lass uns weitermachen.“ Naruto stellte sich, wie die vielen Male zuvor, neben mich und formte mit seinen Händen diese blaue Kugel, die er schon benutzt hatte, als ich dazugekommen war. „So, und jetzt du.“ Erschrocken sah ich auf, ich hatte nicht aufgepasst. Ich kannte die Theorie zwar, doch irgendwie gelang es mir nie, die Unmengen an Chakra, die dabei aus mir herausströmten, so zu kontrollieren, dass sie eine Kugel bildeten, geschweige denn, dass sie überhaupt innerhalb meiner Handflächen blieben. Wie zuvor konzentrierte ich mich auf meine Hände und versuchte, mein Chakra dorthin zu lenken. Soweit, so gut. Naruto starrte, den Lehrerblick aufgesetzt, auf meine Hände, dass ich auch alles richtig machte. Für ihn war das natürlich einfach, ich hatte ihn bereits mit seinen Doppelgängern üben sehen. Wenn es mich in tausendfacher Ausführung gäbe, dann - Schon wieder nicht aufgepasst – ein bisschen Chakra rutschte mir zwischen den Fingern durch und weil ich mich deswegen erschreckte, zuckte ich so zusammen, dass auch der Rest außer Kontrolle geriet. Naruto sprang zur Seite, um sich vor dem in alle Richtungen schießenden Chakra zu schützen, doch ich sah, wie ihn ein Strahl an der Seite traf, während ein Teil der anderen in die umliegenden Bäume krachte und überall schwelenden Rauch hinterließ, der uns beide einhüllte. Der Rauch brannte in meinen Augen und ich kniff sie fest zusammen und versuchte wieder Luft in meine Lungen zu bekommen. Als ich die Augen hustend wieder öffnete, erschrak ich heftig. Ich hatte erwartet, Naruto verletzt zu haben und hatte eigentlich zu ihm hinrennen und mich entschuldigen wollen. Ich war voller Panik gewesen, ihm ernsthaft etwas angetan zu haben. Stattdessen bot sich mir ein Anblick, der mich gleich mehrere Schritte zurückweichen ließ: Narutos Körper war von einer roten, feuerähnlichen Schicht überzogen, von denen sich glühende Fäden wegschlängelten und in der Luft verschwanden. Die seltsamen Streifen auf seinem Gesicht waren wie schon einmal, als er wütend auf mich gewesen war, dunkler und breiter geworden und – was mich vielleicht am meisten schockierte – seine Augen waren nicht mehr blau, sondern rot und glänzten gefährlich. Ich wich noch einen Schritt zurück, verharrte dann aber auf der Stelle. Das war es also. Das, was weder er noch Sakura mir anvertrauen wollte. Das war der Grund dafür, dass er sich selbst als Monster bezeichnet hatte. Und dennoch schien er nicht wütend zu sein. Sein Gesicht glich einer blanken Scheibe, glatt, ohne jeglichen Schutz, der hätte verbergen können, was er in diesem Moment wirklich fühlte: Dass er sich so vor mir gezeigt hatte, zeigen musste, entsetzte ihn am meisten. Langsam verschwand der rote Schleier um ihn herum und nach wenigen Minuten sah man nichts mehr von dem, was passiert war. Jeder von uns stand still. Naruto brauchte eine Weile, bis er sprach. „Und?“ Er sah mich ohne Umschweife an. „Hast du jetzt Angst?“ Erwartete er darauf wirklich eine Antwort? Ich hatte keine Ahnung, was gerade passiert war, wusste nicht, was er war und dementsprechend zuerst auch nicht, was ich davon halten sollte. War er ein Monster? Alles in mir sträubte sich bei dieser Frage, Naruto war ein Mensch, nicht mehr und nicht weniger, als ich es war. Und selbst wenn nicht – er war nicht mein Feind. Und das reichte mir. „Lass uns weitermachen.“ Ich ging auf Naruto zu, der mich überrascht ansah. Wahrscheinlich war das nicht die Reaktion, der er normalerweise begegnete. Und dann sagte er etwas, dass die angespannte Stimmung mit einem Schlag auflöste. „Hä?“ Meine Mundwinkel zuckten und kurz darauf brach erst ich, dann auch er in schallendes Gelächter aus, einfach so. Die kleine Lücke, die wir immer zwischen uns bewahrt hatten, konnte sich endlich schließen. ~~~~~*~~~~~ Ich sollte es an diesem Tag nicht schaffen. Frustriert darüber, dass meine bisherigen schnellen Erfolge wirklich nur auf die Tatsache zurückzuführen waren, dass ich nur altes Wissen abrief und nicht einfach talentiert war, lehnte ich mich zum wiederholten Male erschöpft an einen Baumstamm. Naruto kam zu mir. „Du bist müde, oder? Lass uns für heute aufhören.“ Ich nickte, dann ließ ich mich am Baum herunterrutschen. Naruto setzte sich neben mich. „Keine Sorge, so schlecht bist du nun auch wieder nicht.“ Er schien meine Gedanken gelesen zu haben. Dann grinste er breit. „Kann ja nicht jeder so toll sein wie ich!“ Ich lächelte schwach. „Da hast du Recht.“ „Hm?“ Naruto schien nun doch darüber überrascht zu sein. „Wieso?“ „Na ja, ich mein nur, du bist wirklich ... ach, du weißt schon.“ Perplex blinzelte Naruto mich an. „Jetzt echt?“ „Hättest du nicht gedacht, was?“, feixte ich. „Pah!“ Er stieß mich spielerisch in die Seite. Ich lachte und schubste ihn zurück, da stürzte er sich praktisch auf mich und verpasste mir eine Kopfnuss, sodass ich, immer noch lachend, umfiel. Er hielt mich fest und bohrte mir seine Finger abwechselnd in die linke, dann in die rechte Seite. Es war gar nicht so einfach, sich zu wehren, doch schließlich schaffte ich es mich umzudrehen und sah ihm direkt in die Augen, nur wenige Zentimeter von meinen entfernt. Seine Finger an meiner Seite stoppten abrupt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)