Von Paria zu Paria von Elster (Torchwood) ================================================================================ Kapitel 4: Jack --------------- Halb sieben Uhr abends kommt er zurück in den Hub. Es ist keine ungewöhnliche Zeit, um dort zu sein, Jack fängt für gewöhnlich erst gegen neun an, die anderen nach Hause zu schicken. Am späten Nachmittag sind Kanalarbeiter angegriffen worden, vermutlich Weevil. Also sind alle noch da und Ianto ist beim indischen Restaurant vorbei gefahren und hat Essen gekauft. Normalerweise würden sie alle im Konferenzraum essen, aber die Stimmung ist immer noch angespannt. Tosh, Gwen und sogar Owen arbeiten konzentriert, als wollten sie so schnell wie möglich gehen und Jack hat sich in seinem Büro verbarrikadiert. Ianto ist sich nicht sicher, ob er diese Tür überhaupt schon einmal geschlossen gesehen hat. Er könnte natürlich so tun, als ob nichts wäre - schließlich hat er Übung darin - aber wenn fünf Leute es tun, scheint es irgendwie sinnlos. Er stellt also das Essen für die anderen auf den Tisch und nimmt seinen und Jacks Container mit zu Jacks Büro. Als er vor der Tür steht, wirft Gwen ihm einen schwer deutbaren Blick zu. Vermutlich macht sie sich Sorgen um Jack, ist aber nicht bereit, ihm zu verzeihen. Gwen scheint sich von gemischten Gefühlen sehr leicht verwirren zu lassen. Ianto ist weit über gemischte Gefühle hinaus. Was Jack betrifft, befand er sich in einem seltsamen Stadium der Ambivalenz, in dem jedes Gefühl und sein Gegenteil vorhanden war – bis zu dem Moment in dem ihm klar wurde, dass er Jack nicht mehr hasst. Seitdem ist das Gleichgewicht in sich zusammengebrochen und Ianto steht vor den Trümmern gerechter Wut und begründeter Enttäuschung oder was auch immer es noch war, was er für Jack empfinden wollte. Also versucht er von vorn anzufangen, gar nichts zu fühlen, objektiv zu sein. Es ist schwierig und furchterregend wie jeder Anfang. Er klopft an, bekommt keine Antwort und tritt trotzdem ein. Jack sitzt an seinem Schreibtisch und sein Blick löst sich verzögert von dem Bericht, der vor ihm liegt. Und dann sieht er Ianto in die Augen und sein Gesichtsausdruck ist so offen und… jung. Es ist ein langer Moment, in dem Ianto Angst hat, dass Jack ihn etwas fragen könnte - ‚Habe ich das Richtige getan?’ vielleicht – und er antworten müsste. Dass die Welt eine Dystopie ist, ein verdammter Sumpf, in dem es kein Richtig und Falsch gibt, nur Wünsche, die in verschiedene Richtungen gehen und sich gegenseitig durchkreuzen und wenn Captain Jack Harkness seine eigenen Regeln macht, dann soll er nicht ausgerechnet bei Ianto Jones um Absolution bitten. Ianto will sich leer und ruhig fühlen, aber es geht nicht. Jack gibt ihm das Gefühl, den festen Boden unter den Füßen zu verlieren. Er will wie Jack sein oder alles, was Jack nicht ist, aber er weiß nicht welches von beiden. Ianto will, dass Jack stark ist, jemand der die Welt in Ordnung bringen kann, aber in eine Ordnung, die Ianto bestimmt. Es ist absurd. Jack erscheint wie die Lösung zu vieler seiner Probleme und Ianto wird plötzlich klar, dass er die Lösung keines Problems sein kann. Genauso wenig wie Ianto die Lösung zu Jacks Problemen sein kann. Jack kann Ianto nicht die Illusion geben, dass die Welt heil wäre oder Torchwood inhärent gut. Und Ianto kann ihm seine Frage nicht beantworten, er kann Jack die Verantwortung nicht abnehmen. Die Frage kommt auch nicht. Es war nur ein Augenblick und dann ist Jack wieder der Captain, nicht gewohnt jovial, aber nahe genug daran. Was Ianto tun kann, ist hier sein und Jack sein Curry reichen. „Von Paria zu Paria.“ Er kann Jacks Galgenhumorgrinsen mit einem melancholischen Lächeln beantworten. Er kann den Umschlag mit Estelles Photos zu Jack herüberschieben und keine Fragen stellen, sondern einfach akzeptieren. Er kann sich eine von Jacks haarsträubenden Geschichten anhören, über außerirdische Kühe in Indien, und er kann das erste Mal seit sie sich kennen den Gedanken zulassen, dass Jack jemand ist, den er mögen könnte. So verrückt und irritierend er auch sein mag. Jack lacht über seinen eigenen leicht verstörenden Witz über vielarmige Gottheiten und Ianto versteckt ein Lächeln hinter der Currypackung. Er fühlt sich ruhiger; und ein bisschen weniger leer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)