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Das Orakel

... oder Harry Potter mal aus einer ganz anderen Sichtweise
von

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Der Anfang

Disclaimer: Alle Rechte sind J.K.Rowling vorbehalten... außer an den Charakteren Eileen, Neona und Jack Morgan!

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Es war ein ganz normaler Tag wie jeder andere im Magnolienring. Nun, so normal, wie er jedenfalls sein kann, wenn man bedenkt, dass in der kleinen verschlafenen Stadt Little Whinging eine Zauberfamilie lebt. Und in diese Familie wurde heute eine kleine Tochter geboren. Doch nicht irgendein Mädchen. Nein. Sie sollte einmal über das Schicksal so vieler bestimmen. Der Name des Mädchens war Eileen. Eileen Morgan.

Sie hatte seit ihrer Geburt die seltene Gabe in die Zukunft zu sehen. Diese war „Fluch“ und „Segen“ zugleich, denn an ihrem ersten Geburtstag sollte sich ihr Schicksal zu erkennen geben und sie in die ‚eine’ bestimmte Richtung lenken.
 

Es war eine stürmische, finstere August Nacht, als eine schwarz verhüllte Gestalt den Magnolienring hinauf ging. Ihr Umhang raschelte über das zur Erde gefallene Blätterwerk. Das Gesicht lag in der Finsternis seiner Kapuze, die es tief ins Gesicht gezogen hatte. Plötzlich blieb sie vor einem alten Haus mit der Nummer siebzehn stehen, welches wunderschön aussehen mochte, wenn das Sonnenlicht auf es fiel. Doch nun wirkte es ein wenig beängstigend, wie es so dastand, beschienen vom Mond und den Sternen, die, als die vermummte Gestalt vor dem Haus stehen blieb, ein wenig ihren Glanz verloren. Mit einer einzigen fließenden Bewegung zog die Gestalt einen kleinen, langen Holzstab hervor und berührte damit sanft das Gitterschloss. Ein bläulicher Funke war zu sehen und das Gitter öffnete sich quietschend. Die Gestalt schritt voran und stand nun vor einer weißen Haustür. Im Inneren brannten Lichter und sie konnte Stimmen vernehmen. Mit einem weiteren Atemzug öffnete es die Tür auf die gleiche Weise wie zuvor schon das Schloss und trat ein. Plötzlich herrschte Stille. Die Stimmen waren verstummt. Die Gestalt flüsterte ein paar unverständliche Worte und sofort erwachte das Haus wieder. Ein Mann trat in den Flur, und seine Augen weiteten sich vor Angst.

„H-Herr! Was? Wie?“ Er schien völlig verwirrt, verbeugte sich tief und küsste dann den Umhang des Besuchers. Die Person, oder besser das Wesen lächelte süffisant unter ihrer Kapuze. Die Gestalt funkelte ihn mit seinen rot glühenden Augen scharf an, bevor es seine Stimme vernehmen ließ.

„Ich bin gekommen um Sie zu sehen, Morgan.“, sagte sie mit hoher, kalter Stimme, die einem die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Der Mann, namens Morgan, schien verwirrt. Doch als er in die Augen dieses Wesens sah, wurde ihm urplötzlich bewusst, was sie meinte.

„N-Nein Herr!“, keuchte er. „W-Wieso? Wieso sie?“ Seine Stimme zitterte, doch das beeindruckte ihn nur wenig.

„Willst du dem Dunklen Lord etwa deinen gehorsam verweigern?“, rief die Gestalt drohend. Morgan fiel auf die Knie.

„Nein Herr! Niemals!“, sagte er laut. Da erklang eine Stimme aus einem der Nebenzimmer.

„Liebling? Ist alles in Ordnung?.“ Es war eine Frauenstimme. Doch als ihr Morgan nicht antwortete, rief sie noch einmal nach ihm.

„Liebling? Jack?! Ist alles in Ordnung? Eileen hat gerade wundervoll gelacht, als ich ihr ein altes Schulfoto von dir zeigte. Jack?!“ Langsam kam sie ebenfalls in den Flur gelaufen. Doch als sie sah, wer dort stand, zog sie scharf die Luft ein, fiel ebenfalls auf ihre Knie und küsste dann ebenfalls den Saum des Umhangs.

„A-Aber J-Jack! Was-? Was ist hier los?“,flüsterte sie ihrem Gatten verwirrt ins Ohr. Der Dunkle Lord lächelte erneut.

„Nun, Morgan. Anscheinend weiß auch deine Frau nicht, wie man sich in Gegenwart von Lord Voldemort zu benehmen hat.“, antwortete er leise. „Und jetzt steht gefälligst auf und zeigt sie mir. Sofort!“ Er wirkte äußerst bedrohlich und es schien, als wäre es soeben ein wenig kälter in dem kleinen Haus geworden. Jack stand zusammen mit seiner Frau auf, doch sie schien nicht recht zu wissen, wovon seine Lordschaft da sprach. Jack nahm sie am Arm und bugsierte sie Richtung Wohnzimmer.

„Neona, Liebes.“, flüsterte er. „Er will zu ihr! Verdammt. Tu einfach was er sagt!“ Der Dunkle Lord zischte ungehalten und Jack sprang sofort drei Schritte zurück.

„Bitte, folgt mir.“, sagte er und machte eine einladende Geste in die Richtung, die seine Frau soeben eingeschlagen hatte. Der dunkle Lord ging mit wallendem Umhang an ihm vorbei, und Jack blickte ihm mit einem mulmigen Gefühl hinterher. Zusammen betraten sie das Wohnzimmer und erblickten Neona, wie sie ein kleines Baby schützend in ihren Armen hielt. Lord Voldemorts Augen weiteten sich voller Freude, endlich war der Zeitpunkt gekommen, zu holen, was ihm gehörte. Begierig ging er auf Neona zu, die unwillkürlich ein paar Schritte rückwärts machte und dabei ihr Baby enger an sich drückte. Da verengten sich die Augen des dunklen Lords und ein Kälteschauer durchzuckte die Luft, als er mit eiskalter Stimme rief

„Du wagst es, mir zu entbehren, was mir zusteht?“ Und er ging erneut auf sie zu. „Gib mir das Kind!“ Diesmal jedoch fiel Neona auf die Knie.

„Nein! Bitte! Sie ist doch noch ein Baby!“, flehte sie inständig. Doch Voldemort ließ sich davon nicht beeindrucken. Mit einer einzigen, schnellen Bewegung zog er seinen Zauberstab und richtete ihn erbarmungslos auf Mutter und Kind. Diese fing heftig an zu Zitter und ihre Stimme gab wimmernde Geräusche von sich. Jack stand stocksteif da, doch als Lord Voldemort seinen Zauberstab zückte, schnellte er herbei und stellte sich zwischen sie.

„Herr! Bitte! Habt erbarmen. Eileen wird euch genauso treu ergeben sein, wie wir es sind. Bitte. Verschont das Leben meiner Tochter!“ Jack war verzweifelt und rechnete damit, dass das seine letzten Worte gewesen sein mochten. Doch nichts geschah. Auch Neona hatte auf einen grellen Lichtblitz gewartet, der ihr und ihres Kindes Ende verlautet hätte. Doch nichts war geschehen und so sah sie wieder auf. Lord Voldemort stand noch immer mit gezücktem Zauberstab da, doch seine dünnen Lippen zierte ein Lächeln. Nun lachte er laut auf. Und dieses helle, hohe Lachen, war schrecklicher als alles, was Neona je gehört hatte. Und auch Eileen sollte sich noch lange daran erinnern. Auch wenn sie damals ein Baby gewesen war. Dieses Lachen hatte sie niemals wieder vergessen.

Wiedersehen

Eileen erwachte mit pochendem Herzen. Diese kalte Stimme hallte noch immer in ihren Ohren. Sie schüttelte kurz ihren Kopf, atmete tief aus und zog dann die Bettdecke beiseite. Als sie aufstand war sie noch ein wenig schwach auf den Beinen, doch sie schleppte sich zur Tür und ins gegenüberliegende Badezimmer. Als sie in den Spiegel blickte verzog sie das Gesicht. Ihre langen, schwarzen Haare fielen ihr strähnig über die Schulter und verliehen ihren grünen Augen einen unheimlichen Glanz, der von ihren tiefen Augenringen nur noch unterstützt wurde. Sie lächelte matt und wusch sich dann Gesicht und Körper. Als sie in ihre Klamotten schlüpfte und sich die Haare gekämmt hatte sah sie in den großen Wandspiegel an ihrer Zimmerwand. Und was ihr da entgegen blickte war ein mittelgroßes Mädchen von elf Jahren, dessen smaragdgrüne Augen jeden Blick fesseln konnten. Ihr ovales Gesicht wurde von samt-weichen, glatten, schwarzen Haaren umschmeichelt, die ihr bis zu den Schultern reichten. Sie war für ihr alter sehr reif und wirkte älter, als sie wirklich war. Was sie sah schien ihr zu gefallen, denn sie nickte kurz, lächelte dann und ging die Wendeltreppe hinunter in die große Küche, wo ihre Mutter bereits am Frühstückstisch saß und in einer Zeitung blätterte.

„Da bist du ja kleines. Ich wollte schon hoch rufen.“ Neona lächelte gütig. Sie war eine Frau mittleren Alters, deren hell-braune Haare ihr etwas rundliches Gesicht umspielten. Ihre blauen Augen blickten hochnäsige und eitle, so dass man niemals auf den Gedanken kommen würde, dass sie eine liebende Mutter war. Eileen setzte sich an den Küchentisch, warf einen Blick aus dem Fenster und verbarg dann schwer seufzend den Kopf in ihren Armen. Es war mal wieder einer dieser Tage, an denen man am Liebsten im Bett geblieben wäre. Draußen goss es in Strömen und sie fragte sich nüchtern, ob es wohl den ganzen Tag so bleiben würde. Neona besah sich ihre Tochter nochmal genauer und fragte sorgenvoll:

„Schätzchen? Ist alles in Ordnung?“ Eileen blickte auf, sah ihrer Mutter aber nicht ins Gesicht, sondern ließ ihren Blick in der Küche umherschweifen. Alles war wie immer. Das dreckige Geschirr spülte sich scheinbar selbst und inmitten dieser Ordnung stand ein kleines Geschöpf mit langen Ohren und einer langen Nase. Es hatte ein weißes Geschirrtuch um den Körper geschlungen und machte sich gerade daran, das Frühstück zuzubereiten. Ein gewöhnlicher Morgen, in einer alles andere als normalen Familie. Nun jedoch blickte sie ihrer Mutter in die blauen Augen und seufzte erneut.

„Klar Mutter. Alles in Ordnung.“, schwindelte Eileen. Neona schien nicht recht überzeugt, ließ es aber, ihr auf den Zahn zu fühlen und legte ihre Zeitung beiseite.

„Nun denn. Aida, zeit fürs Frühstück.“, mit einem Blick aus dem Fenster fügte sie noch hinzu „Und hoffen wir mal, dass sich das Wetter bis zum Mittag wieder bessert.“ Das kleine Wesen, das zuvor noch am Herd gestanden hatte, stand nun am Tisch und über ihr schwebten zwei Teller mit Ei und Speck in der Luft.

„Bitte sehr, Herrin.“, piepste sie mit einem silberhellen Stimmchen.

„Ja ja, schon gut.“, erwiderte Neona nur daraufhin.

„Danke sehr Aida.“, sagte Eileen und lächelte die Hauselfe freundlich an und nahm dann ebenfalls ihren Teller entgegen. Aida verbeugte sich tief, so das ihre lange Nase den Boden berührte und kehrte dann an ihren Platz zurück. Beim Essen waren Eileen und ihre Mutter sehr still, doch da fiel Eileen plötzlich etwas auf.

„Mutter? Wo ist eigentlich Vater? Er ist gestern nicht nach Hause gekommen, oder?“, fragte sie und sah dabei Neona prüfend an, die bei der Erwähnung ihres Vaters ein kurzes Hüsteln hatte vernehmen lassen.

„Nein, dein Vater ist nicht da. Und ja, er kam Gestern auch nicht nach Hause.“ Damit schien dieses Thema erledigt zu sein und Eileen machte nicht den Fehler und bohrte weiter nach. Als sie fertig gegessen hatte, ging Eileen hoch in ihr Zimmer. Es war ein ziemlich großes Zimmer, welches ganz in Pastellfarben gehalten war. Vor dem Fenster hingen große, luftig weiße Vorhänge und genau daneben stand ein großer Vogelkäfig, in dem eine winzige, grau-braune Eule saß, die ihren Kopf unter einem ihrer Flügel versteckt hatte und schlief. Eileen lächelte zu ihrer Eule hinüber und warf sich dann aufs Bett. Plötzlich schrie sie so laut, dass die Winzeule mit empörendem Gekreische aufwachte.

„Oh! Entschuldige Berry.“, sagte Eileen entschuldigend. „Ich bin nur gerade so gefrustet ... Nein, eher verwirrt. Hach ... Ich weiß auch nicht.“ Sie wusste wirklich nicht genau, was mit ihr los war. Einerseits wollte sie die ganze Welt umarmen und andererseits wollte sie alles zusammen schreien. Sie wälzte sich zur Seite und rollte sich dann wie ein Kätzchen zusammen. 'Von mir aus könnte es einfach weiter regnen. Vielleicht müsste ich dann keine Entscheidung treffen' seufzte sie – nicht zum ersten Mal heute. Doch so einfach wurde es Eileen nicht gemacht. Denn es verging nicht mal eine Stunde, als der Regen aufhörte. Mit betretener Miene sah sie aus dem Fenster und schüttelte dann den Kopf. 'Wieso immer ich?' Bedrückt zog sie ihre Jacke an und nahm ihre Tasche vom Boden. Sie warf Berry noch ein paar Eulenkekse in ihren Käfig und ging dann hinunter. Unten angekommen wäre sie fast mit ihrem Vater zusammengestoßen.

„Dad!“ Eilig umarmte Eileen ihn. Jack erwiderte die Umarmung ebenso innig. Doch seinem Gesicht nach zu Urteilen stimmte etwas nicht. Als seine Tochter jedoch die Umarmung löste, schwand seine Unruhe aus seinem Gesicht.

„Na kleines? Wohin denn so eilig?“, fragte er in gespielt unwissendem Ton. Eileen zog eine Schnute und stemmte demonstrativ ihre Hände in die Hüften.

„Als wenn du das nicht wüsstest. Ich dachte, sobald der Regen aufhört, wollten wir in die Winkelgasse gehen und meine neuen Schulsachen kaufen!“, sagte sie voller ironischer Begeisterung. Jack streichelte mit seiner Hand über ihre Haare. Dabei sahen seine grauen Augen noch müder aus, als sie es sonst schon taten, dachte sich Eileen und machte sich ein wenig Sorgen. Jack bemerkte dies nicht, sondern nahm seine Tochter in den Arm und führte sie ins Wohnzimmer, wo ihre Mutter schon auf sie beide wartete.

„Da seid ihr ja. Schnell, beeilen wir uns. Wir waren um sechzehn Uhr mit Zissy verabredet, falls ihr es vergessen habt. Mittlerweile ist es schon zehn vor!“, drängte Neona. Hastig nahm sie eine Hand voll grünlichem Pulver aus einem Säckchen, welches neben dem Kamin hing und warf es in die Flammen. Diese färbten sich sofort hell-grün und züngelten erfreulich höher.

„Eileen, du zuerst.“, sagte sie zu ihrer Tochter und winkte sie herbei. Eileen ging auf ihre Mutter zu, nahm sich eine Hand von dem Pulver und ging ins Feuer. Laut und deutlich sprach sie „Nocturngasse.“, bevor sie das Pulver ins Feuer warf und mit einer kleinen Rauchwolke verschwand. Sie wurde senkrecht den Kamin hoch gezogen und drehte sich immer schneller um die eigene Achse. Dabei drückte sie ihre Tasche und Ellenbogen enger an sich, damit sie nicht an die Kaminwände stieß. Sie kam an verschiedenen Kaminöffnungen vorbei und kam dann nach kurzer Zeit an ihrem Ziel an. Noch ein wenig Asche auspustend trat sie aus dem Kamin bei Burgins & Bugs und fegte sich ein wenig Ruß von ihrer Kleidung. Sie trat beiseite und schon bald stand die gesamte Familie Morgan in dem kleinen Laden. Eileen blickte sich um. Sie war schon oft in diesem Laden gewesen. Und dennoch gab es fast jeden Tag etwas Neues. Heute zum Beispiel eine mumifizierte Hand, unter der in goldenen Lettern stand: >Hand des Ruhmes<. Ihr Vater trat neben sie.

„Fass hier drin nichts an!“, sagte er und wirkte dabei äußerst schlecht gelaunt.

„Schon klar, Dad. Wir sind ja nicht zum ersten Mal hier.“, erwiderte sie etwas genervt. Dann blickte sie kurz zu ihrer Mutter, bevor ihr Blick wieder zu ihrem Vater huschte. „Wieso sind wir eigentlich hier?“ Jack blickte kurz zu Neona, diese hob nur beide Augenbrauen und sah ihren Gatten vielsagend an.

„Wir sind hier, weil dein Vater noch etwas mit Mr Burgins besprechen muss.“, antwortete sie und hatte dabei wieder diesen endgültigen Ton angeschlagen, der das Thema und das Gespräch für beendet entschied. Eileen nickte, als Zeichen dass sie verstanden hatte und stellte sich dann brav neben ihre Mutter. Jack dagegen ging auf die Theke zu und ließ die kleine metallene Glocke erklingen, die darauf stand. Sofort hörte man von hinten aus dem Raum eine krächzende Stimme antworten.

„Ich komme sofort!“ Eileen wunderte sich nur, weshalb der Inhaber – Mr Burgins – sie nicht schon eher bemerkt hatte. Ihre Mutter hatte eben nicht gerade leise gesprochen. Doch da tauchte auch schon ein kleiner, älterer Mann auf, der eine leicht gebeugte Haltung hatte. Als er erkannte, wer dort in seinem Geschäft stand, verbeugte er sich, soweit ihm das bei seinem krummen Rücken möglich war.

„Mr Morgan. Welch eine Ehre. Und sie haben auch noch ihre bezaubernde Gattin und die junge Miss Morgan mitgebracht.“, surrte er mit Blick auf die beiden.

„Ja.“, Jack räusperte sich vernehmlich. „Nun, Burgins. Ich muss mit ihnen übers Geschäft reden.“ Bei diesen Worten leuchteten die Augen des alten Burgins hell auf.

„Wollen sie kaufen oder verkaufen?“, fragte er begierig.

„Verkaufen.“, sagte Jack schlicht und der Glanz in Burgins Augen war wieder verschwunden.

„Sie sind schon der dritte heute. Macht das Ministerium ihnen etwa auch Druck?“, fragte er ohne Umschweife und sah dabei im Nächsten Moment aus, als wolle er sich selbst erschlagen.

„Nun, ich denke, mein Ruf ist zu gut, als dass mir das Ministerium einen Besuch abstatten müsste. Der Name Morgan verschafft noch immer gebührenden Respekt, wenn sie wissen, was ich meine. Doch habe ich zu Hause ein paar Geschenke liegen, die einen falschen Eindruck erwecken könnten.“, sagte er drohend und Burgins wurde hinter seiner Theke mit jedem Wort kleiner. Eileen kannte diese Seite an ihrem Vater, auch wenn er sie ihr gegenüber nie zeigte. Das war seine geschäftliche, drohende, einschüchternde Seite. Und so bekam er nun mal all das, was immer er wollte. Mr Burgins und ihr Vater fälschten noch einige Minuten über Preise von verschiedensten Gegenständen, die sich, wie Eileen wusste, im großen Eichenschrank auf dem Dachboden befanden. Als ihr Vater dann endlich fertig war, schien Burgins erleichtert, als sie sich verabschiedeten.

„Dreckige Ratte, dieser Burgins. Wollte mich doch tatsächlich bei manchen Sachen über den Tisch ziehen.“, murmelte Jack verärgert vor sich hin. Neona berührte den Arm ihres Mannes und gemeinsam mit Eileen gingen sie nun etwas entspannter in Richtung Winkelgasse. Als sie am Schreibwarenladen vorbei kamen, entschieden sie, dass Eileen schon einmal zu Madam Malkins gehen und sich einen Schuluniform schneidern lassen sollte, während ihre Mutter und ihr Vater ihre Federkiele und Pergamente besorgten. Eileen brauchte nicht lange, bis sie an einem größeren Laden ankam über dem in großen Buchstaben stand Madam Malkins – Umhänge für jede Gelegenheit. Sie betrat den Laden und sofort erklang eine Glocke, die über der Tür hing. Wie schon bei Burgins & Bugs erklang aus einem der Nebenräume eine Stimme. Diesmal allerdings die einer Frau.

„Du kannst schon mal durchkommen. Hier ist noch ein Platz frei. Lass deinen Mantel einfach vorne hängen.“ Eileen tat, wie ihr geheißen und ging nach hinten. Dort stand bereits ein blasser Junge mit wasserstoff-blonden Haaren und tiefblauen Augen, der, als er erkannte, wer da herein gekommen war, eine Augenbraue hob.

„Eileen?“, fragte er und seine Stimme klang ein wenig überrascht. Eileen lächelte ihn an, während ihr Puls sich ein wenig beschleunigte und sie sich auf den kleinen Schemel neben ihm stellte.

„Hey, Draco. Schön dich wiederzusehen.“ Ihre Stimme klang ein wenig holprig, weswegen sie sich räusperte und dann wieder lächelte. Madam Malkins steckte inzwischen Dracos und Eileen Maße ab. Draco nickte und musterte sie dabei von Kopf bis Fuß. Auch Eileen besah ihn sich einmal etwas genauer. Sie hatte ihn schon lang nicht mehr gesehen.

„Wo sind deine Eltern?“, fragte Draco da und holte Eileen somit aus ihren Gedanken zurück.

„Die sind noch schnell meine Schulsachen besorgen. Und was ist mit Onkel Lucius und Tante Narzissa?“, wollte sie wissen. Sie hatte die beiden genauso lang nicht gesehen. Den Grund dafür kannte sie allerdings nicht.

„Tun das selbe wie deine. Wahrscheinlich haben sie sich längst gesehen und kommen uns gleich gemeinsam abholen.“, sagte er in leicht gelangweiltem Ton. Eileen nickte zustimmend.

„Wahrscheinlich hast du recht.“, gab sie zu und besah sich dann den Laden. Es schien ihr eine Ewigkeit vergangen zu sein, als Madam Malkins plötzlich sprach.

„So ihr Lieben. Fertig.“ Sie stiegen beide von ihren Hockern und bezahlten dann ihre neuen Umhänge.

„Blöd, dass wir uns noch keine Besen kaufen dürfen, oder? Ich werde Vater fragen, ob er mir trotzdem einen kauft.“, erzählte Draco, als sie dabei waren, den Laden zu verlassen. Eileen war das alles nicht sonderlich wichtig. Dass Erstklässler noch kein Quidditsch spielen durften, war nebensächlich, weil sie eh viel lieber zusah, als selbst zu spielen. Doch noch bevor sie gezwungen war ihm zu antworten, tauchten auch schon ihre Eltern hinter der nächsten Kurve auf, zusammen mit Lucius und Narzissa Malfoy. Draco und sie selbst gingen geradewegs auf sie zu. Eileen begrüßte ihren Onkel und ihre Tante herzlich. Sie waren ihre Lieblings-Verwandten und damals war sie oft zu ihnen gegangen, wenn sie daheim ärger gehabt hatte. Doch seit Eileen nach Little Whinging gezogen war, war der Kontakt immer seltener geworden, bis sie eines Tages nur noch zu Feierlichkeiten Besuch von den Malfoys bekamen.

„Eileen, kleines. Bist du das etwa? Mein Gott, bist du groß geworden.“, sagte Narzissa erstaunt und umarmte sie dabei fest. Auch Lucius besah sich Eileen genauer.

„Du bist zu einer jungen Dame heran gereift, nicht wahr?“, sprach er und Eileen nickte etwas verlegen als Antwort. Neona fand das alles andere als angemessen.

„Eileen. Man antwortet, wenn man etwas gefragt wird!“, sagte sie entrüstet.

„Ja, Mutter.“, entgegnete Eileen und wünschte sich schleunigst, woanders zu sein.

„Aber, aber.“, sagte Lucius amüsiert. „Unser kleines Goldstück hier hat doch geantwortet.“

„Nimm sie nicht immer in Schutz, Lucius.“

„Ach, Liebes. Nun sei doch nicht so.“, ließ Jack verlauten und klang dabei nicht weniger amüsiert als Lucius. Mit der Einsicht, dass sie so nicht weiter kam, ließ Neona das Thema fallen und wandte sich stattdessen ihrer Cousine zu. Narzissa ging gern auf diese Unterhaltung ein und schon bald hatten die beiden Damen ein hitziges Gespräch über die neusten Klatsch und Tratsch Geschichten.

Eileen dagegen sah dankbar zu ihrem Vater und ihrem Onkel. Sie hatten sie vor einem endlosen Gerede über gute Manieren bewahrt. Draco dagegen hatte Eileen die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen. Und während ihre Eltern gemeinsam zu Florisch & Blotts gingen um ihre Bücher zu kaufen, nahm Draco Eileen plötzlich an der Hand und führte sie mit den Worten „Ich muss mit dir sprechen.“, in eine kleine Gasse schräg gegenüber des Buchladens.

Eileen sah gespannt zu Draco, der noch immer ihre Hand hielt.

„Also? Was ist los? Was möchtest du so dringend mit mir besprechen, dass es nicht bis morgen warten kann?“ Draco musterte sie noch immer interessiert.

„Du bist Eileen? Eileen Morgan?“ Eileen brachten diese Worte ein wenig aus dem Konzept, sodass sie kurz dastand und mit verständnisloser Miene zu Draco sah.

„Ich mein, du bist die kleine Eileen, mit der ich früher jeden Tag zusammen gespielt habe?“, fragte er erneut und klang dabei ungeduldig. Eileen fühlte sich noch immer, als wäre sie im falschen Film, doch sie antwortete ihm. Schon deshalb, weil ihr sein Blick langsam unheimlich wurde.

„Ja, ich bin Eileen. Eileen Morgan. Tochter von Neona und Jack Morgan. Cousine von Draco Malfoy. - Wieso?“ Draco antwortete nicht sofort. Viel mehr schien es, als könne er nicht glauben, was er da hörte. Doch noch bevor er sein Verhalten hätte erklären können, fiel sein Blick auf eine Familie mit rötlichen Haaren, die anscheinend auf dem Weg zum Second Hand Laden waren, der sich ebenfalls in der Winkelgasse befand. Draco grinste übers ganze Gesicht.

„Woran erkennst du den Abschaum der Reinblüter? Die Blutsverräter schlechthin?“, fragte er amüsiert. Eileen wusste nicht sofort, was er meinte, doch dann sah auch sie die Familie.

„Natürlich an den fuchsroten Haaren, den zerschlissenen Büchern und den abgetragenen Klamotten!“, antwortete sie prompt., „Das war ja jetzt echt schwer. Wer die Weasleys nicht kennt, der weiß nicht, wie tief man in unserer Welt sinken kann. Hat Onkel Lucius jedenfalls immer gesagt.“

„Und Vater hatte recht. Wie immer.“, gab Draco zurück. Anscheinend war er entzückt von Eileens Antwort, denn er musterte sie nun noch intensiver als zuvor. Und während sich Eileen immer mehr wie eine Schaufensterpuppe vorkam, wuchs Dracos Interesse an Eileen mit jeder Sekunde, die verstrich. Er hatte sie lange nicht mehr gesehen. Doch er hätte es niemals für möglich gehalten, dass das kleine, weinerliche Mädchen von früher jemals zu so einer Hexe heranreifen würde. Eileen wusste noch immer nicht recht, was sie von seinem Verhalten halten sollte. Irgendwie war Draco doch früher immer so herablassend gewesen, hatte sie geärgert, wo immer er konnte. Nun, seit ihnen beiden aber gesagt wurde, was ihnen in Zukunft bevorstand, hatte sie sich kaum noch gesehen. Vielleicht hatte sie deshalb noch immer das Bild des kleinen Dracos im Kopf, der die Kaninchen gefangen und gequält hatte. In Erinnerungen schwelgend musste sie unweigerlich lächeln, was nun Draco leicht verwirrte. Doch um das Gespräch endlich wieder in eine normale Richtung zu lenken, so schien es jedenfalls Eileen, ergriff Draco nochmals das Wort.

„Und? Weißt du schon, in welches Haus du kommst?“ Eileen sah ihn mit hochgezogenen Brauen an.

„Ja, ich weiß. Man weiß es ja vorher nie, aber ich wette, ich komme nach Slytherin!“, sagte er hastig. Eileens Lippen zierte ein Lächeln.

„Ich hätte auch nichts anderes von dir gedacht. Aber ganz ehrlich? Mir ist es eigentlich egal, in welches Haus ich komme. Solange es nicht Hufflepuff ist.“, fügte sie noch eilends hinzu. Draco sah sie nachdenklich an.

„Es ist dir egal? Aber ... unsere gesamte Familie war in Slytherin! Willst du etwa mit der Tradition brechen? Und stell dir mal vor, du kommst nach Griffindor!“, sagte er abfällig und kräuselte dabei seine Nase hochmütig. Eileen sah ihn nicht weniger überheblich an.

„Mit der Tradition brechen? Wer hat das gesagt? Und außerdem will ich mein Leben solange selbst bestimmen, wie ich es noch kann.“ Die letzten Worte hatten eine bedrückende Wirkung und Draco bemerkte das.

„Was soll denn das heißen?“

„Ist nicht so wichtig.“, antwortete sie nüchtern und verließ dann die Gasse.

Draco ließ sie stehen und der fragte sich im Stillen, ob er was falsches gesagt hatte. Doch wenn er recht überlegte, konnte ihm dass ja auch egal sein.



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