Die Liebe ist ...wie Schach von MadameHobbit ================================================================================ Kapitel 3: Der Tag danach ------------------------- Horror. Meine Nacht war der blanke Horror gewesen. So viele Gedanken. So viele Gefühle sind mir durch den Kopf gegangen. Es hatte mir einfach den Schlaf geraubt. Aber das war noch nicht einmal das schlimmste. Nein. Auch mein Aussehen nicht. Weder die tiefen Augenringe noch die zerzausten Haare. Nein. Der Hammer war, dass meine Oma von mir verlangte, dass ich mit dem Fahrrad zur Schule fahren sollte. Mit dem RAD! Verdammte scheiße. Und das bei dem Regen. Meine Laune hatte eindeutig ihren Tief- Punkt erreicht. Wütend schwankte ich ins Bad und versuchte den Schaden zu beheben. Es gelang mir nicht wirklich. Aber es sah nicht allzu furchtbar aus. Das redete ich mir zumindest ein. Und darin war ich ein wahrer Meister. Angenervt ging ich aus dem Haus, holte das Rad aus dem Schuppen und schwang mich auf den Sattel. Ich dankte meiner Oma für die schwarze Regenjacke mit der großen Kapuze. So kam ich wenigstens trocken zu Schule. Halbwegs. Allerdings auch ein klein wenig zu spät. Schnell rannte ich durch die Flure zum Klassenzimmer. Nochmal kurz Atem geholt, dann öffnete ich die Tür, nuschelte eine kurze Entschuldigung, dann setzte sich mich, ohne aufzublicken, neben Chess. Dieser ignorierte mich aber völlig und schaute stattdessen aus dem Fenster. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass das meine Schuld war. Fuck. Wieso fühlte ich mich schuldig, weil ich nicht mit dem Bus gefahren bin? Oh man(n). Verdammter Mist. Ich wollte nicht, dass Chess sauer auf mich ist. Nein. Das wollte ich nicht. Ich holte meinen Block hervor und kritzelte drauflos. Die Dunkelheit umwabert dein Herz, sag mir, wie kann ich sie lichten? Die Dunkelheit frisst sich in deine Seele, sag mir, wie kann ich sie brechen? Die Dunkelheit umnebelt deinen Verstand, sag mir, wie kann ich dich erlösen? Sorry das ich nicht im Bus war, meine Oma hat mich gezwungen, mit dem Rad zu fahren. Diesen Zettel schob ich ihm zu und er nahm ihn. Sein Mienenspiel verriet nichts, auch nicht, als er sich vorbeugte und selbst etwas schrieb. Dann schob er mir seinerseits einen Zettel zu. Leuchte, kleiner Stern, denn wer weiß, wie lange du es noch kannst. Die Dunkelheit verfinstert den Himmel Vertreibt alles Glück Und alle Hoffnung Also leuchte, kleiner Stern, solange du noch kannst. Befrei mich, wenn du kannst. Mein Herz begann wieder zu rasen. Meine Haut kribbelte. Angenehm. Grinsend verfolgte ich den weiteren Unterricht. Dann schellte es. Ich stand auf und wartete auf Chess, was diesen doch tatsächlich überraschte. Wieder musste ich grinsend. Unwillkürlich. Chess musterte mich wieder so seltsam, dann bedeutete er mir mit einem Kopfnicken, ihm zu folgen. Ich wollte dies auch gerade tun, als Bill mich am Arm packte. „Jo. Alter. Was soll das werden?“,fragte er mich und funkelte mich zornig an. Ich sah einmal zu Chess, der irgendwie, na…wie soll ich sagen, hilflos aussah und auch irgendwie abwartend, doch kaum hatte er meinen Blick bemerkt, wurde seine Miene wieder ausdruckslos. Ich wandte mich Bill zu. „Das ist meine Sache, mit wem ich abhänge.“,zischte ich, machte mich los und ging zu Chess. „Komm. Wir gehen!“,sagte ich zu ihm und stapfte an ihm vorbei. Irgendwohin, wo keine Leute gafften. Irgendwohin, wo wir ungestört waren. Ich hatte schließlich noch ein paar Fragen auf der Seele brennen. Und die wollte ich auch unbedingt loswerden. Chess bemerkte meine Absichten anscheinend, denn er packte mich sanft am Arm und zog mich mit. Wir fanden eine Bank, überdacht, wo kein Mensch war. Ich setzte mich und der andere tat es mir nach. So saßen wir da. „Sag mal…Chess…wieso willst du eigentlich mit mir befreundet sein?“, fragte ich ihn. Der direkte Weg war sowieso immer der Beste. Ich musterte mein Gegenüber. Seine Miene war wie immer unlesbar. „Das ist eine gute Frage.“,sagte er und schaute hinauf in den Himmel. Es regnete immer noch. Abwartend sah ich Chess an. Doch es kam nichts mehr und ich begriff, dass das seine Antwort gewesen ist. Super. Da war ich ja genauso schlau wie vorher. Echt klasse. Ich brummte. Chess sah mich mit einem Blitzen in den Augen an, sagte jedoch immer noch nichts. Das wurmte mich. „Los. Rede doch mit mir. Sonst geh ich.“, grummelte ich und sah ihn finster an, was ihn allerdings nur dazu veranlasste zu grinsen. Dann schüttelte er den Kopf, stand auf, stellte sich vor mich und beugte sich zu mir runter. Dann ruhten seine Lippen kurz auf meinen und bevor ich überhaupt reagieren konnte, war Chess weg. Verschwunden. Ich wurde rot. Chess Lippen waren kühl und weich gewesen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, dass mich in diesem kurzen Moment durchzuckt hatte. Einfach unglaublich. Den Rest des Tages bekam ich Chess nicht mehr zu Gesicht. Fand nur einen Zettel an mein Fahrrad gepinnt. Ein schwacher Streif In der Dunkelheit Hilft dem blinden Auge Sei auch du so ein Streif Und lass mich sehen. Chess. Mein Magen begann zu rumoren. Ich glaubs nicht. Schmetterlinge hatte ich im Bauch. Kopfschüttelnd stieg ich auf mein Rad und machte mich auf den Weg nach Hause. Dort sollte die nächste Überraschung auf mich warten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)