Mirror von Aislynn (Abglanz meines Selbst (TsukasaxHizumi)) ================================================================================ Kapitel 3: Decision - Entscheidung ---------------------------------- Nun, wie versprochen, habe ich mich mit dem folgenden Kapitel beeilt, um das lange Warten auf das Vorherige ein bisschen wett zu machen. Da ich mich jetzt dran machen werde, meine englischen Leser mit neuem Lesestoff zu versorgen, könnte das vierte unter Umständen etwas länger brauchen. Ich hab das Wochenende als Update-Datum ins Auge gefasst, sozusagen ein bisschen kreatives Schreiben zwischen Büffeln zum Entspannen, mal sehen, ob's was wird *lach* Eine kleine Dankesrunde! ^_^ : Ja, ja, man weiß nie, was einem nach einer Alkoholnacht so vorm Bett auflauert... *lol* Ich verspreche, lange warten musst du nicht mehr *nick* Danke schön! ! : Allem Anschein nach hat er das, Karyu ist ja sonst keiner, der einfach so einschnappt. Freut mich sehr, dass du das Kapitel gelungen fandest ^_^ Den Song an sich hör ich gern, Übersetzten mag ich ja generell, schön, dass die Lyrics Anklang fanden. Und sieh an, ich hab's diesmal tatsächlich schneller geschafft! *lach* Scheint, sehen wir uns schneller, als vielleicht erwartet war. Liebe Grüße zurück, verpackt in ein herzliches Dankeschön! ! : Ja~ Gemeines Schreiberlein *hust* lässt mal wieder viele Fragen offen. Armer Tsukasa hat's wirklich nicht leicht *ihn pat* Ich hoffe, die Fortsetzung kam schnell genug! Und in Unwissen sollten wir auch nicht mehr lange bleiben, meine Muse muss sich nur noch ein Herz fassen und alles aufklären *lach* Danke auch dir! ! So! Und nun ab mit Kapitel drei! Ich wünsche viel Spaß beim Lesen! Kapitel 3 Decision - Entscheidung Warum tust du das? Schwerer Atem, ein schlanker Körper, der sich verzweifelt unter erdrückendem Gewicht wand. Dunkelheit, überall, nur silbernes Mondlicht, das sanft versuchte, dem zierlichen Wesen auf dem Bett wenigstens ein wenig Linderung zu schenken. Vergebens. Einmal mehr durfte auch er, von Verzagtheit geplagt überhaupt nichts tun zu können, nur zuschauen. In seiner ewig betrachtenden Vogelperspektive, schwebend über den grausamen Geschehen und nicht in der Lage, in irgendeiner Weise einzugreifen. Aber er wollte doch! Er wollte helfen – irgendwie. Warum tust du das? Ja, warum? Warum tat diese verachtenswerte Gestalt, die er nur als Schatten über dem Leidtragenden auf dem Bett erkennen konnte, das, was es tat? Warum schwebte er selbst nur untätig in der Luft herum, ohne dazwischenzutreten? Warum konnte er sich nicht bewegen, warum nur? Gierige Hände, die über einen zitternden Körper glitten, zerbrechliche, porzellanähnliche Haut, die wehleidig im Mondlicht schimmerte, als ob der Himmelskörper sie vor den ungewollten Berührungen schützen konnte. Samtweiche Lippen, verschlossen in einem aufgedrungenen Kuss. Warum tust du das? Ein von Unverständnis geplagtes Wispern, die unsagbar vertraute Stimme schwankend mit unterdrückten Tränen. 'Wach auf' sagte er zu sich selbst, nicht gewillt, diese Grausamkeit länger mit anzusehen, Herz sich schmerzvoll zusammenziehen als seine Ohren einen gedämpften, gequälten Aufschrei vernahmen. Hör auf! Seine Stimme versagte ihn. Nichts kam über seine blutlosen Lippen, überhaupt nichts, kein einziger Ton. Er schwebte nur da und sah zu, spürte den bitteren Kloß im Hals, der unaufhaltsam Tränen in seine Augen drängte. Warum tust du das? Und plötzlich klärte sich seine Sicht für einen winzigen Augenblick, in dem er in tränenverschleierte, verständnislose, verängstigte, tiefbraune Augen blicken konnte. "Hizumi!" mit einem vor Verzweiflung geplagten Aufschrei wachte er auf, sein Körper schellte in eine aufgerichtete Sitzposition doch die hastig ausgestreckte, Hilfe anbietende Hand griff nur in bedrückende Leere. Niemand war da, keine verachtenswerte Gestalt und auch kein Hizumi, nur er selbst und sein beschleunigter Atem, der in dem spärlich erleuchtetem Schlafzimmer hallte; die Dämmerung gerade mal am zaghaftem Keimen hinter den durchsichtigen Fenstern. Mit einem erschöpften Seufzen ließ sich Tsukasa zurück in die weichen Kissen fallen. Schon wieder, dieser schreckliche Traum und diesmal hatte er doch tatsächlich nach Hizumi geschrieen, da es das erste Mal war, dass er den kaum älteren Mann so deutlich in diesem wiedererkennen konnte. Es ließ ihn beinahe in Angstschweiß ausbrechen, stelle er sich vor, dass der Alptraum real sein könnte. Das er wirklich passiert sein könnte. Das er wirklich... "Absurd." flüsterte er in die Stille des Schlafzimmers hinein. "Absurd. Absurd. Absolut unmöglich." wiederholte er wie ein Gebet. Es war wirklich absurd. Er hätte Hizumi doch nie im Stich gelassen, niemals. Besonders nicht in solch einer Situation. Eher würde er eigenhändig jedem den Hals umdrehen, der dermaßen schändliche Intentionen gegenüber dem Sänger je in die Tat umzusetzen wagen würde. Hizumi war sein Freund, sein bester sogar und auch mehr als das, wie hätte er je in der Lage sein können, ihm Hilfe zu verweigern? Das war absolut irrsinnig. Schicht und einfach unmöglich. Undenkbar. "Ich brauche einen verdammten Kaffee." sagte der Drummer schließlich erschöpft zu sich selbst. Seit diesem einen Tag wo Hizumi die Treppen runter in die Hotellobby kam, hatte Tsukasa sich geschworen, nie wieder einen Tropfen Alkohol zu trinken. Die Konsequenzen waren es sicherlich nicht wert, insbesondere wenn sie in dem Ausmaß kamen, in dem Tsukasa sie nun bewältigen musste. Er schwang die Füße aus dem Bett und befand sich einen Augenblick später in seiner geräumigen Küche, in einem hellen, stattlichen Apartment im fünften Stock mit gesitteter Nachbarschaft in einer ruhigen Gegend der Stadt Osaka. Schwarz und gezuckert, brachte ihm der Kaffee jedoch keine wirkliche Erleichterung oder Behaglichkeit, als er so dasaß, in seinem weichen Stuhl hinter seinem sauberen Tisch, den dampfenden Becher vor der Nase und die wirren Gedanken im Kopf. Der Blick distanziert und ziellos umherschweifend, schreckte er zusammen bei dem nervigen Gezeter seines Weckers, welcher im Schlafzimmer zu klingeln anfing, ihm signalisierend, dass es Zeit war, sich fertig zu machen, ins Auto zu steigen und ins Studio zu fahren. Er konnte sich nicht erinnern, wie er in seine Klamotten geschlüpft war, wie er die Hausschlüssel von der Kommode in die Handfläche fegte, wie er die Treppen runter stieg, ins Auto kletterte und sich anschnallte, wie er aus der Parklücke fuhr, die morgendlichen Straßen Osakas entlang, konnte sich nicht mal mehr erinnern, ob und wie lange er im gewöhnlichen Stau gestanden hatte. Ihm war, als ob sein Geist irgendwo in den eigenen Dimensionen schwebte, während der Körper pflichtbewusst seine mechanischen Vorgänge ausführte, bis zu dem Zeitpunkt wo er die Schwelle des Proberaums überschritt. "Morgen." ließ er maschinell verlauten, zog sich mechanisch die Jacke aus und platzierte sie auf den dafür vorgesehenen Haken. "Morgen." grüßte man zurück, der Stimme nach war es Zero, also wand er den Blick in die geschätzte Richtung seines Bandkollegen. Üblicherweise besetzte der Jüngere, zusammen mit seinem Bass, mit Vorliebe die alte aber lieb gewonnene Couch und tatsächlich, Tsukasas Augen fanden beide – Bass und Bassisten – an dem eben erwähnten Platz. Reflexartig lächelte er freundlich und Zero lächelte brav zurück. "Du siehst mitgenommen aus." stellte der Braunhaarige dann mit leichter Besorgnis fest und Tsukasa zuckte die Schultern. "Mir geht's gut." "Sollte es aber nicht." kam es überraschend zu seiner Linken und perplex schaute er genau dahin, direkt in Karyus stechend verengte Augen. "Lass, Karyu." unterbrach eine müde Stimme den jungen Gitarristen, als dieser allen Anschein nach noch etwas, höchstwahrscheinlich nichts Freundliches oder Aufmunterndes, hinzufügen wollte. Es war Hizumi, der seinen Freund unterbrochen hatte, doch er selber schaute nicht auf von dem Mikrofonständer, an dem er gerade, zu welchen Zwecken auch immer, rumfummelte. Es war leicht zu erkennen, dass er diese Nacht kaum bis überhaupt keinen Schlaf, oder Erholung im allgemeinen, gekriegt hatte. "Aber...!" empörte sich der Blonde aufgebracht, ließ dabei achtlos seine über die Schulter geschnallte Gitarre los und beäugte den Kleineren mit einem gereizten Blick. "Lass einfach. Bitte." wiederholte dieser nur erschöpft, ein Klick war zu vernehmen da das Mikrofon nun erfolgreich an den Ständer angeknüpft war, und letztendlich hob Hizumi den Kopf, sah dabei aber gekonnt an Tsukasa vorbei. "Können wir anfangen?" fragte er an Zero gewand, der verwirrt zwischen seinen drei Kollegen hin und her blickte. Der eine zeterte immer noch leise Unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart, der andere sah aus, als ob er im Moment weit, weit weg sein wollte und der letzte stand wie vom Donnerschlag getroffen neben der Tür und starrte benommen und überrumpelt vor sich hin. Das waren natürlich die besten Vorraussetzungen für einen Reinfall von einer Bandprobe. Einfach klasse. "Wenn ihr alle denn soweit seit..." erwiderte er deswegen etwas zaghaft und Karyu funkelte ihn mit einem Seitenblick anklagend an. Hizumi nickte nur und Tsukasa schien die Frage gänzlich überhört zu haben. "Tsu?" er zuckte zusammen und stellte fest, dass Zero mittlerweile aufgestanden und bei ihm angekommen war, ihn sanft den Oberarm tätschelnd. "Wollen wir?" der Bassist nickte leicht Richtung des Schlagzeugs und der Schwarzhaarige wagte einen Blick zu Karyu, der direkt zurückblickte, kalt und provokativ. Beinahe als ob er ihn warnte, irgendetwas zu wagen, nur was, davon hatte Tsukasa nicht die geringste Ahnung. Toll. Worüber auch immer sich ihr Leader gestern mit Hizumi unterhalten hatte, es hat ihn definitiv nicht auf Tsukasas Seite gebracht. Wohl eher das Gegenteil. Das machte ihn wütend, wütend auf Hizumi weil dieser den anderen gegen ihn aufgehetzt hatte aber zum größten Teil wütend auf sich selbst, weil sich sein Verstand einfach nicht erinnern wollte, sodass er sich wenigsten in irgendeiner Weise hätte verteidigen oder rechtfertigen können. So ging das die ganze Probe über. Hizumi umging ihn, wo er nur konnte, sagte meist nichts und sang nur halbherzig, immer noch ausgepowert von gestern, was auch in seiner leicht kratzigen Stimme zu hören war, die er eindeutig überstrapaziert hatte. Karyu grummelte nur vor sich hin, starrte Dolche in Tsukasas Richtung und verspielte sich ständig, was er mit eigenem gereiztem Fluchen quittierte. Zero hielt sich raus, beobachtete, und ließ ebenfalls nicht viel von sich verlauten. Tsukasa selber fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut, stimmte dann und wann den falschen Takt an was in einem schiefen, aber von keinem wirklich wahrgenommenen Spiel resultierte und sank immer tiefer in schwere, ungemütliche Gedanken. "Jungs." Zeros leise Stimme fing all ihre abgelenkte Aufmerksamkeit ein. "Ich denke, wir sollten jetzt aufhören." Recht hatte er. Hätte ihnen gerade jemand zugehört, würde er nie glauben, dass er gerade eine sehr erfolgreiche Visual Kei Band vor sich hatte und nicht irgendwelche blutigen Anfänger, die gerade Mal das Notenlesen gelernt haben. "Ich brauche eine Zigarette!" ließ Karyu vernehmen, klatschte dabei unnötig laut in die Hände und entledigte sich in Windeseile seiner Gitarre. "Kommst du, Hizumi?" das energische Wesen drehte sich mit vollem Körpereinsatz zu dem Angesprochenen um, sodass Tsukasa den dabei entstandenen Luftzug beinahe an dem Platz, an dem er saß, spüren konnte. "Hmm." Mikro aus der Hand gelegt, nickte der Sänger nur leicht. Ungeachtet dessen, dass er eigentlich Nichtraucher war. Er schien einfach nur froh zu sein, sich wieder aus dem Raum verdünnisieren zu können, damit er nicht mehr mit seinem auserwählten Objekt der Abweisung konfrontiert werden musste. Das tat jenem Menschen weh, wie sollte es auch anderes sein, doch Tsukasa sagte nichts, als die beiden aus dem Raum verschwanden. Er wollte auch nicht mit Zero reden und dieser verstand, trügerisch beschäftigt mit seinem perfekt gestimmten Instrument. "Ich gehe jetzt Heim." verkündete der Drummer dann unerwartet und Zero hob den Kopf, ungläubig blinzelnd, zusehend wie der Schwarzhaarige sich nun erhob. "Im Ernst? Wir sind ja grade mal zwei Stunden am Proben." Und es waren die längsten, unerträglichsten zwei Stunden seines Lebens gewesen. Er konnte noch einigermaßen damit klarkommen, dass Hizumi ihm gegenüber feindselig war, aber jetzt auch noch Karyu... Er kannte den Gitarristen ja nicht einmal so – feindselig. Ihr Leader war schon immer die gute Seele der Band gewesen, immer auf Achse um alle vier bei Laune zu halten, Lächeln und Lachen in die Runde zu bringen, für Entspannung und das lockere Miteinander zu sorgen. "Schlimm genug." flüsterte er, ignorierte Zeros beunruhigtes Stirnrunzeln und ging schnellen, festen Schrittes aus dem Raum. Der Bassist blieb alleine zurück, ein grottentiefes Seufzen ausstoßend und sich durch die gelockten Haare fahrend. Irgendwo war das alles doch zum Kotzen. Das fand Tsukasa nämlich auch. Keiner sagte ihm, was los ist, er selbst wusste es nicht und das alles war in einer gewissen Weise ziemlich unfair. Klar, überwiegend war es seine eigene Schuld, doch ein wenig Unterstützung würde jetzt keinen umbringen. Es konnte auf keinen Fall so weiter gehen, wie es dies gerade tat und sich ständig zu zanken und aus dem Weg zu gehen war einfach nur eine hirnrissige Lösung, die auf Dauer alles kaputt zu machen drohte. Freundschaften, Bandmitglieder und auch die Band an sich. Dessen war er sich bewusst, sich fragend, ob Hizumi es auch war. Diese Band war ihm doch heilig, war der Schmerz wirklich so groß gewesen, dass er sogar seine und ihre Musikkariere dafür riskierte? Das ließ Tsukasa nur in einer noch größeren, kompletten Ungläubigkeit zurück. Wenn es so eine große Sache war, wie zum Teufel hatte er es geschafft, sie dermaßen komplett zu vergessen? Oder war er etwa am Verdrängen? Wie ein verstörter Geist in einem eigentlich völlig gesunden Körper, der ein Trauma zu verdrängen versuchte. Gewaltopfer taten das. Oder Menschen, die etwas grausam Schreckliches hatten miterleben müssen. Auch Menschen, die selbst etwas Bestialisches getan hatten und es so erfolgreich verdrängten, dass sie sich der eigenen Tat mit der Zeit gar nicht mehr bewusst waren. Die Wahrheit jedoch, war immer präsent, unauslöschbar. Man mochte sie verdrängen, aber sie kehrte zurück, in psychischen Anfällen, in unkontrollierten Halluzinationen oder in prophetischen Träumen. Weiter kam der Drummer in seinen tiefgründigen Überlegungen nicht, denn auf dem Weg nach draußen, zu dem Parkhaus wo sein treuer, schwarzer Toyota geduldig auf ihn wartete, bemerkte er etwas aus dem Augenwinkel. Oder eher, jemanden. Jemanden, den er schon seit geraumer Zeit unter vier Augen sprechen wollte. Er hatte keinen Verdacht darauf, wohin Karyu möglicherweise gegangen sein könnte, aber er war unheimlich froh, dass dem so war. Denn so hatte er nun die Möglichkeit, sich Hizumi anzunähern, buchstäblich und im übertragenen Sinne. Der Sänger stand, offensichtlich wartend und schwer mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, neben der Tür, die zu den Toiletten führte und Tsukasa nahm an, diese Tatsache erklärte auch Karyus momentane Abwesenheit. Umso besser. Hizumi schien ihn nicht bemerkt zu haben, was angesichts seines bedrückten und tief in Gedanken versunkenen Gesichtsausdrucks wohl auch kein großartiges Wunder war, kam Tsukasa aber nur noch mehr entgegen. Er schaffte es, bis auf ein paar Schritte die sie nun trennten, näher bei dem Älteren zu sein, als er es in den letzten paar Tagen je war. Erst jetzt, seine Anwesenheit spürend, hob Hizumi den Kopf. Was dann passierte, ließ Tsukasa vollkommen verwirrt und geschockt zurück. Ihm schien, als hätte das braunhaarige, blasse Wesen ein furchterregendes Monster anstatt Tsukasas hübschem Antlitz erblickt, so sehr weiteten sich die sonst so ruhigen, ausgeglichenen, tiefbraunen Augen im unbegreiflichen Entsetzen und Schreck. Hizumi verlor allem Anschein nach kurz den Atem, zurückweichend, oder mehr, zu Seite, denn hinter sich hatte er nur die unbarmherzig harte Wand. In einem, von dem Sänger wohl als sicher eingeschätztem Abstand, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte Tsukasa an und Tsukasa starrte nicht minder erschrocken zurück. Er wollte etwas sagen, irgendetwas, aber seinem überrumpelten Verstand fiel nichts, überhaupt gar nichts, ein, was er durch seine Lippen in Form von Silben und Worten hätte hervorpressen können. Irgendwo aus dem Inneren stieg etwas empor, schlug zusammen mit seinem Herz bis zu seinem Hals - ein paar simple Worte, dessen Bedeutung er noch nicht wusste aber jetzt schon fürchtete. 'Es tut mir Leid.' Doch was? Was, was tat ihm Leid? "Bleib weg." doch vom Hass, vom Groll, von den ganzen dunklen Emotionen der Abweisung blieb nichts in Hizumis Stimme zurück, so flehend wie sie kam. Und die Augen... Gott, diese Augen. Sie gaben ihm beinahe alle Antworten, die er von dem anderen ersuchen wollte. Sie stimmten also, seine Träume... Hier und Jetzt, gab ihm die aufgelöste Mimik seines Freundes, seines besten Freundes, eines Menschen den er doch eigentlich beschützen, behüten und schätzen sollte, eine großen Teil der Wahrheit wieder. Es ließ ihn erschüttert zurück, erschüttert über den eigenen gravierenden Fehltritt an den er sich noch nicht einmal, immer noch, richtig oder genau erinnern konnte und von dem er doch Bescheid wusste. Seine Träume mochten ihn anlügen können, doch diese Augen konnten es nicht. Das Vertrauen, das zu Bruch gegangen war, lag beinahe in einem sichtbaren Meer aus Scherben zu beider ihrer Füßen. Und der Abstand, den Hizumi so hastig und angstgetrieben zwischen ihnen gebracht hat, war in Wirklichkeit eine Schlucht, die sich erbarmungslos aufgetan hatte. Er konnte sie nicht überqueren, diese Schlucht, denn er wusste – wenn er stürzte, würde Hizumi ihn fallen lassen. Vielleicht tat er das schon die ganze Zeit über, stürzen und fallen. Nur hätte er sich nie vorstellen können, dass der Aufprall dermaßen verheerend sein würde. Nun war es er selber, der zurück wich, vielleicht aus Scham, vielleicht aus Schuld, vielleicht aus Schmerz. Er konnte sich überhaupt nicht einschätzen, fremd im eigenen Körper. Abrupt drehte er sich um, zum ersten Mal in seinem Leben begreifend, was es wirklich hieß, vor Problemen weg zu laufen, weil sie zu groß, zu überwältigend, zu schmerzhaft waren. Zum ersten Mal realisierend, wie sich Menschen fühlten, die an einem bestimmten Punkt hoffnungslos mit ihrem Leben überfordert waren. War Hizumi es auch? Wahrscheinlich noch mehr, als Tsukasa selbst. Ein schwacher Trost, doch der Drummer hatte keine einzige, klare Erinnerung wohingegen Hizumi ersichtlich alles mental abgespeichert hatte und er wollte sich nicht vorstellen, wie sich das anzufühlen vermochte. Erst Zuhause, als er stundenlang reglos unter der eiskalten Dusche gestanden hatte - komplett angezogen, sogar mit Daunenjacke und Schuhen, Stirn schwer gegen die Wand der Dusche gelehnt und Augen krampfhaft geschlossen - konnte er sich selbst einigermaßen wieder finden. Erst nachdem die zierliche Haut nahezu blau wurde und die kalten Wassermassen unerträglich schmerzhaft auf diese aufschlugen, kehrten Sinn, Wahrnehmung und Verstand zu Tsukasa zurück. Vielleicht interpretierte er zu viel hinein? Sollte er fragen, nachhaken, Sachen klar stellen? Sogar wenn er bis nahezu zur Bewusstlosigkeit betrunken gewesen sein sollte, er konnte sich nicht vorstellen, dass er selbst solch ein Monster sein konnte. Es musste eine Erklärung dafür geben, einen Grund, irgendetwas, was schief genug gelaufen war, dass er in einer derartigen Situation so unglaublich falsch gehandelt hatte. Irgendetwas musste im Vorfeld passiert sein und wie sehr er sich doch wünschte, den eigenen Schädel aufzuspalten und die nötigen Erinnerungen eigenständig raus zu holen. Er suchte Antworten, Antworten die er sich selbst nicht geben konnte und folglich gab es nur einen Menschen auf diesem Erdball, der dazu noch in der Lage war. Hizumi. Von einer plötzlichen Erkenntnis wie von einem Blitz getroffen, stolperte der Drummer eher ungeschickt aus der Dusche, da sein durchgefrorener Körper sich dabei ungemein beschwerte. Die steifen Finger wollten nicht gehorchen, um ihrer Aufgabe, das Wasser abzustellen, nachzukommen, schafften es aber letztendlich doch. Triefnass, Wasserspuren auf den Fliesen des Badezimmers und eine Weile später auf den Teppich des Schlafzimmers hinterlassend, fand sich Tsukasa vor seinem Kleiderschrank wieder. Bestimmte, energische, selbstbewusste Handgriffe befreiten ihn aus den kalten, nassen Klamotten und deckten seinen gut gebauten Körper wieder in warme und trockene. Die mit kühler Flüssigkeit voll gesaugten Sachen blieben achtlos auf dem Boden in einem chaotischen Haufen liegen, teilten das kalte Wasser fleißig mit dem Material des Teppichs, aber das war Tsukasa recht egal. Genau genommen nahm er von ziemlich nichts eine Notiz mehr, beeilte sich einfach, aus dem Haus zu kommen und sich auf den Weg zu Hizumi zu machen, bevor er sich noch dagegen entscheiden konnte. Er war gewiss kein Feigling, aber gemäß allen Regeln der Aufregung war er nervös und aufgewühlt, insbesondere weil er genau wusste, dass Hizumi ihn im Moment von überhaupt bis gar nicht sehen wollte, was im Endeffekt auf das Selbe hinauslief. Auf eine Konfrontation, wohl oder übel, und Tsukasa war eher übel bei dem Gedanken daran, doch was war noch groß übrig, dass er tun konnte? Alleine rannte er immer wieder gegen eine mentale Blockade in seinem Erinnerungsvermögen und Hizumi endgültig zu verlieren, das würde er sich schlicht und einfach nicht erlauben. Dazu waren sie schon zu lange Freunde, dazu mochte er den anderen zu sehr, dazu hasste er den Gedanken daran, nie wieder ein Wort mit Hizumi wechseln zu können, zu abgrundtief. Er wollte Klarheit, er wollte Wahrheit – für sich selbst, für Hizumi und auch für sie beide. Und wenn er dazu jedes einzelne Wort dem anderen mühsam entlocken musste, würde er das tun, bis sich alles aufgeklärt hat. Das Gebäude, in dem Hizumi ein Apartment bewohnte, ragte sich gemächlich hoch zu dem abendlichen Himmel über Osaka, das Blau gemischt mit zartem Rosa und Gelb; Farben, die die Sonne als Abschiedgruß des Tages liebevoll über das Firmament strich. In dem Gebilde von leichter Düsterheit und herbstlicher Kälte, die über der Parkfläche im Schatten des zwölfstöckigen Hauses geisterten, stieg Tsukasa aus seinem schwarzen Toyota aus, ließ das Gefährt einmal bestätigend aufpiepen, als die Alarmanlage, betätigt mit dem Knopf des Autoschlüssels, einschnappte. Seine dunklen Augen wanderten hoch, zum Stockwerk Nummer Elf, doch das eine bestimmte Fenster, das er ansah, hatte die Vorhänge fest zugezogen. Er hoffte, Hizumi war Zuhause und er hoffte, Karyu war es auch. Er kannte die hilfsbereite, fürsorgliche Seite ihres Leaders gut und angesichts Hizumis momentanen Zustands war es einwandfrei vorstellbar, dass der Gitarrist irgendwo in dessen Nähe schützend und unterstützend Wache hielt. Das Herz hallte in seinen Ohren mit jeder Treppenstufe, die er nach oben nahm, den Aufzug geflissentlich ignorierend. Er brauchte diese kleine Klettertour, auch um seine Gedanken zu sammeln und zu ordnen, um sich zumindest ein vages Gerüst aufzustellen, wie er was und warum sagen würde. Er wusste genau, dass es nicht wirklich viel brachte, denn in dem entscheidenden Moment fehlten einem IMMER die Worte, zumindest die richtigen. Dennoch, das Mindeste, was er tun konnte, war, es zu versuchen. Zu versuchen, das alles irgendwie wieder in Ordnung zu bringen, das alles irgendwie wieder in die richtigen Bahnen zu leiten, aber das Wichtigste... das Wichtigste war, dass er endlich die Wahrheit erfuhr. Egal, wie sie auszusehen vermochte aber doch mit der kleinen Hoffnung, dass sie nicht so aussah, wie es ihm seine Träume und Gefühle vorhersagten. ~~~ Cliffhanger, ich weiß *schmunzel* Immer wieder die meist bevorzugte Waffe aller Fictionautoren, aber die eigene Muse tendiert ja immer dazu, einen genau an solchen Stellen Einhalt zu gebieten, um die aufkommende Wendung erst einmal zu durchdenken. Ist alles also nur zur Hälfe Absicht! *lach* Ich bedanke mich fürs Lesen, bitte um Kritik und/oder Lob in Form eines Kommentars und hoffe, wir sehen uns, gesund und munter, bei Kapitel vier! *wink* ! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)