Sympathy with the Devil von Saya_Takahashi (~Eine Geschichte über die unsterbliche Liebe~) ================================================================================ Kapitel 3: Hinatas Fähigkeiten ------------------------------ Sasuke fuhr mit fast 130 über die Landstraße. Er wusste nicht wirklich, wohin. Und vor allem, was er mit dem apathischen Mädchen neben sich machen sollte. Denn Sakura hatte bisher keinen Ton gesagt, dabei waren sie schon fast eine halbe Stunde unterwegs. Sasuke wusste jedoch nicht, wie er beginnen sollte und er musste selbst erst einmal seine Gedanken ordnen. Weitere Minuten vergingen, ehe Sakura die Augen schloss. "Warum fährst du so schnell?", flüsterte sie kaum hörbar. Sasuke sah auf den Tacho. Warum er so schnell fuhr? Er wusste es nicht und bremste etwas ab. "Entschuldige", sagte er völlig ruhig zurück. Doch vermutlich, weil er Sakura so schnell wie möglich wegbringen wollte. Weg von den peitschenden Gefühlsausbrüchen der anderen, die sie allerdings nicht spüren konnte. Doch er hatte sie gespürt, und es hatte ihn wütend gemacht. Dabei wusste er nicht einmal, ob es vielleicht zurecht geschehen war. Er sah kurz zu der jungen Frau, die einfach nur geradeaus starrte, und schüttelte innerlich den Kopf. Sakura sollte ihre Familie ermordet haben? Das war doch lächerlich! "Sie wissen es", hauchte die 19 jährige plötzlich. "Jeder weiß es. Jeder wird es wissen. Es wird wieder geschehen." Sasuke fuhr langsamer und hielt schließlich am Straßenrand. Sakura sah sehr blass aus, als wäre ihr schlecht. Und keine Minute später stieg die Frau hastig aus und übergab sich. Sasuke wartete derweil im Auto. Es war nicht sehr angenehm. Weder für sein ausgebildetes Gehör noch für seine ausgeprägte Nase. Nein, es war überhaupt nicht angenehm. Er sah in den Rückspiegel, ehe er ebenfalls ausstieg, denn Sakura machte keine Anstalten, wieder ins Auto zu gehen. Sie stand am Waldrand und blickte in in die Dunkelheit. Vorsichtig stellte er sich neben sie, unsicher, was er sagen sollte. "Was wissen sie?", fragte er dann leise und gekonnt lässig, als wäre nichts passiert. Als hätte er nichts mitbekommen ... "Warum? Wer hat es ihnen gesagt? Und warum jetzt? Warum so schnell?", Sakura reagierte gar nicht auf den Schwarzhaarigen. Na klasse, ein aus der Fassung geratenes Mädchen ... das war nicht gerade sein Gebiet. "Soll ich dich nach Hause fahren?", wollte er betont desinteressiert wissen. "Ich ...", Sakura schloss erneuert die Augen. Sie musste sich Mühe geben, überhaupt einen klaren Kopf zu bekommen. Jetzt hätte sie dringend eine dieser Pillen aus der Anstalt nötig. "Ich muss telefonieren, ich muss erst fragen ..." Sasuke nickte. Er wusste nicht, ob sie ein Handy hatte und reichte ihr einen Augenblick später seines. Sakura blickte auf das schwarze Telefon, zögerte aber. Dann zog sie ihre Hände an ihre Brust, als könnte sie es nicht annehmen und blickte plötzlich zu Sasuke. Sie blickte ihn direkt in seine schwarzen Augen. Und seit langen gab es wieder etwas, dass ihn erstarren ließ. Ihr durchdringender, trauriger, lebloser Blick ... "Warum ... tust du das?", fragte sie leise, aber gefasster als vorher. "Warum bist du hier ... und nicht ..." Sasuke brauchte einen Moment, um sich aus ihren Bann zu lösen. Menschen waren zerbrechlich. Das wusste er. Aber Sakura wirkte in diesem Moment wie etwas vollkommen anderes, noch viel zerbrechlicheres. Und mit einmal spürte er den Drang nach Nähe. Nach ihrer Nähe ... Er hielt ihr wieder das Handy hin. "Nimm es", meinte er kühl. Das war das Einzige, was er im Moment sagen konnte. Zu fremdartig war ihm, was gerade in ihm vorging. Und in solchen Situationen wurde er abweisend. Seine eigene, angeeignete Schutzfunktion. Sakura sah ihn noch einmal kurz an, ehe sie langsam das Telefon ergriff und ein paar Meter wegging, damit er sie nicht hören konnte. Doch natürlich bekam er jedes Wort mit. Sie rief scheinbar diesen Bewährungshelfer an, und ihre Stimme überschlug sich fast. Sie sagte ihm, was passiert war und wollte wissen, was sie jetzt machen sollte. Wenn er sie richtig verstand, wollte sie sofort die Stadt verlassen. Die Insel. Doch als sie auflegte, wusste Sasuke, dass sie bleiben würde. Man hatte es ihr nicht genehmigt. Warum brauchte sie eine Genehmigung? "Fährst ... fährst du mich bitte zurück in die Wohnung?", fragte Sakura zögerlich, als sie wieder bei ihm war und Sasuke sein Handy reichte. "Wenn ich einige Antworten bekomme ...", sagte der Uchiha, in der Hoffnung, sie würde darauf eingehen. Denn er würde sie hier bestimmt nicht stehen lassen. Sakura sagte nichts, sondern senkte nur den Kopf und stieg in den Wagen. Offensichtlich war sie einverstanden. "Also was wissen sie?", wiederholte Sasuke seine Frage von vorhin, als er umdrehte und in die andere Richtung fuhr. Doch Sakura antwortete nicht direkt darauf. "Du weißt es doch längst", stellte sie verbittert fest. "Du kannst sie kaum überhört haben." Damit meinte sie vermutlich die jungen Frauen, die in ihrer Nähe gewesen waren. Sasuke wusste nicht ganz, wie er reagieren sollte. "Und inwieweit entspricht es der Wahrheit?" Sakura sah ihn kurz an. Es war komisch, dass er das fragte. Sie wusste nicht, ob irgendjemand sie überhaupt schon mal gefragt hatte, ob es eigentlich stimmte, was man redete. "Es ist, wie sie es behauptet haben. Ich war im Gefängnis, ich war in der Psychiatrie, und ich habe meine Eltern getötet." Sakura sagte das ganz sachlich. Sollte er es doch wissen. Sollte er doch angewidert zu ihr sehen. Sollte er doch anhalten und sie aus dem Auto schmeißen ... Doch nichts der gleichen geschah. Er sah sie zwar an, aber es war ein völlig anderer Blick. Was war es? "Warum hast du das gemacht?" Sakura rang mit sich. Das alles kam ihr so eigenartig vor. "Welche Variante willst du den hören?", fragte sie sarkastisch. Sasuke überlegte nicht lange. "Welche stehen denn zur Auswahl?" Als unterhielten sie sich über ein Quiz ... "Meine, die der Polizei, die des Augenzeugen und die der anderen Menschen ..." "Deine. Und dann die der anderen." Sakura seufzte. Irgendwie fühlte sie sich ruhiger, hier mit diesem seltsamen Kerl. Fernab der Realität. "Mein Stiefvater erschoss meine Mutter, daraufhin erschoss ich ihn. Der Nachbar hat durch das Fenster gesehen, wie nur ich die Waffe in der Hand hielt und ihn erschoss. Die Polizei fand meine und seine Fingerabdrücke auf der Waffe. Die Aussagen des Zeugen waren aber sehr belastend. Nur für mich. Zuvor hatte ich recht laut mit meiner Mutter gestritten. Es gab überhaupt nur Krach bei uns zu Hause. Ich kam ins Gefängnis und zwei Jahre später wurde der Fall neu aufgeworfen, weil der Zeuge in psychiatrische Behandlung kam und man herausfand, dass er nicht ganz dicht war. Also wurde noch einmal alles bearbeitet. Man war der Meinung ich hatte von dem Ganzen einen Knacks weg und steckte mich in eine Anstalt. Vor einem halben Jahr wurde ich entlassen, aber jeder auf der Straße, ausnahmslos, war der Überzeugung, ich wäre alleine der Mörder meiner Familie gewesen. Also zog ich weg." Sakura hatte recht schnell gesprochen und versucht, jegliche Emotion auszublenden. Es hatte wie ein Bericht geklungen. "Wie alt warst du?", fragte Sasuke nur. "15." "Und warum hat dein Stiefvater deine Mutter erschossen?" "Sie wollte ihn verlassen." "Und warum wollte sie ihn verlassen?" "Er ... hat sie geschlagen", sagte Sakura leise. "Dich auch?", Sasuke sah zu Sakura, die jedoch sofort aus dem Fenster blickte. "Möglich", war ihre unpräzise Antwort. Doch Sasuke konnte anhand ihrer Gefühle die Wahrheit erahnen. "Deswegen wollte deine Mutter ihn verlassen? Weil er auch dich schlug?" Sakura nickte langsam und versuchte die Tränen zu unterdrücken. Sie fühlte sich wie bei einem Verhör, doch auf einer ganz anderen Ebene. Sie wollte nicht lügen. Irgendwie wollte sie IHN nicht anlügen. Aber wieso? "Hast du das der Polizei auch so gesagt?" Mit einmal zuckte Sakura fassungslos zusammen und sie sah Sasuke schockiert an. Was hatte er sie eben gefragt? "Oder warst du der Meinung, für den Tod deiner Mutter verantwortlich zu sein?" Sakura glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu können. Nie hatte jemand das zu ihr gesagt! Nie hätte jemand geglaubt ... Es behauptet oder überhaupt daran gedacht, dass Sakura ... "Bist du freiwillig ins Gefängnis gegangen? Ohne jemanden zu sagen, dass ...", Sasuke sah die junge Frau nun direkt an, stoppte aber abrupt, als er sah, wie ihr die Tränen aus den Augen traten und sie ihn mit geweiteten Augen ansah. Wenn man kein Mensch war, war es einfacher Menschen zu durchschauen. Vor allem, wenn man ihre ständig wechselnden Gefühle spüren konnte. Und er wusste, dass er mit allem richtig lag. Und, dass Sakura Vier Jahre inhaftiert war, ohne dass sie es verdient hatte. Nur in ihrer eigenen, gepeinigten Welt war sie eine Mörderin gewesen, und für dieses Verbrechen hatte sie sich selbst bestraft. Weil sie sich die Schuld am Tod ihrer Mutter gab. Was für ein dummer Mensch ... Und wieviel dümmer waren die Anderen gewesen, die nicht das selbstzerstörende Schauspiel einer 15-jährigen durchschaut hatten. Es regnete in Strömen, als Sasuke seinen Wagen in der gemieteten Garage parkte. Er stieg aus, genau wie Sakura, die ihm auf wackligen Beinen folgte. Er drehte sich zu ihr um und wartete, bis sie neben ihm war. "Danke, dass du mich gefahren hast", sagte Sakura, als sie die ersten Treppen zu ihren Wohnungen hinaufstiegen. Sasuke zuckte nur mit den Schultern. Er versuchte, seine Unruhe zu verstecken. In Sakuras Wohnung wartete jemand, und er wusste nicht, wer es war. Doch die Emotionen, die von der Person ausgingen, passten Sasuke überhaupt nicht. Es war Heiterkeit. Fast Freude. Und er konnte Sakura nicht einmal warnen, ohne dass es für sie seltsam klang. Er würde ihr nicht einmal in ihre Wohnung folgen können, falls sie Hilfe brauchte. Und irgendwie hatte er das Gefühl, dass die fremde Person Gefahr bedeutete. "Soll ich noch mit rein kommen?", fragte Sasuke bedächtig, als sie in der obersten Etage ankamen. Doch Sakura schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem verzerrten Lächeln, was eher einer Grimasse glich. "Nein, ich bin okay. Ich brauch nur etwas Schlaf und eine Dusche. Außerdem denke ich, wird ... wird bald noch jemand vorbeikommen. Ich muss ... muss sehen, was ich machen werde. Und ... danke, Sasuke." Sasuke nickte knapp, bewegte sich aber nicht. "Du solltest vielleicht noch mit zu mir und meinem Bruder kommen. Du siehst nicht gut aus." Er musste sie aufhalten! Sobald sie über der Schwelle war, konnte er ihr nicht mehr folgen. Ein Vampir konnte ungeladen keine Wohnungen betreten. Und sie hatte deutlich gesagt, dass er nicht mit rein kommen sollte. Naruto und Hinata waren nicht zu Hause. Er konnte ihre Gefühle nicht spüren. Ihre Anwesenheit war ausgeschlossen. Itachi war da, aber er konnte ebenso wenig in Sakuras Wohnung. Und wer auch immer dort wartete, er freute sich. "Nein, danke. Wir ... wir sehen uns", Sakura nickte ihm noch einmal zu, ehe sie sich umdrehte und die Tür hinter sich schloss. Sasuke konnte ihr nur besorgt nach blicken, ehe er in seine eigene Wohnung trat, jedoch jeden Sinn geschärft und auf Sakura und ihren Besuch gerichtet. "Du kommst aber spät", sagte Itachi, der im Wohnzimmer saß und Zeitung lass. "Ich hatte dich schon vor Stunden erwartet. Und du glaubst gar nicht, was in der Nachmittagsausgabe der lokalen Zeitung steht! Ein Artikel über dieses Rosahaarige Mädchen von nebenan, sie ist eine ..." "Mörderin, ja ich habs mitbekommen", sagte Sasuke scharf und Itachi legte sofort die Zeitung bei Seite. In über 200 Jahren, die die Brüder nun zusammen verbracht hatten, waren sie so aufeinander eingestimmt, dass der eine sofort erkannte, wenn bei dem anderen etwas nicht stimmte. Und mit Sasuke stimmte etwas überhaupt nicht. Itachi sah ihn erwartend an. Und es dauerte keine zwei Minuten, bis er über alles im Bilde war. "Du musst Naruto anrufen, er muss sofort her kommen", sagte Itachi, der schon auf dem Sprung war, aber eindeutig den kühleren Kopf besaß Sasukes Angespanntheit ging auch auf ihn über. War es vielleicht der Fremde, der möglicherweise ein Vampir war? Doch das hätte er riechen müssen. Der Bewährungshelfer? Aber warum dann diese Hochstimmung? Itachi sah zu Sasuke, der sich kaum rührte und nur zu lauschen schien. Er lauschte nach Emotionen. Itachi schluckte. Was sollten sie tun, wenn das Mädchen in Gefahr geriet? Normalerweise würde es ihnen egal sein. Sie hatten viel Leid erlebt, mehr als jeder andere. Und gerade Sasuke war den Menschen, bis auf Naruto, gegenüber abgeneigt, auch wenn er ihnen nichts tun würde. Warum bildete das Mädchen bei ihm diese Ausnahme? Doch Itachi stellte vorerst keine Fragen. Sasuke wollte sie beschützen. Also würde er ebenso handeln. Dennoch war die Schwelle ein unüberwindbares Hindernis. Er musste Naruto erreichen, bevor etwas geschah ... Doch in dem Augenblick, als er nach dem Telefon griff, war Sasuke schon aufgesprungen, mit versteinertem Gesicht und einem gefährlichen Blick in den Augen. "Er will ihr etwas tun", sagte er und stand bereits an der Tür. Itachi erschrak, als er den Zorn seines Bruders fast greifbar spürte. Man musste dazu kein Vampir sein. Es dauerte keine Sekunde, da rief er Naruto an, sagte kaum einen Satz und legte auf. Naruto würde verstehen und Hinata würde dafür sorgen, dass er schneller hier war. Sasuke klopfte mittlerweile an der Wohnung von Sakura. Er hämmerte eher. Er konnte keine Geräusche aus dem Inneren vernehmen, wohl aber ihre Angst spüren. Unglaubliche Angst. Er drosch weiter auf die Tür ein, als er hörte, wie jemand durch den Flur stolperte. Sakura öffnete ihm. Ihr Gesicht lag im Dunkeln, aber ihre Stimme zitterte leicht, als sie fragte was er wollte. "Lass mich rein", sagte er direkt. "Es geht nicht, ich ... hab Besuch und keine Zeit. Wir können ein andermal reden. Okay?" "Nein, lass mich rein. Sag, das ich rein darf!" Itachi, der hinter Sasuke stand, rührte sich keinen Zentimeter. Doch er schluckte unmerklich, als Sasuke so konkret wollte, dass sie ihn rein bitten sollte. Er hätte auch einfach sagen können: Ich bin ein Vampir und brauche deine Erlaubnis ... Sasuke verhielt sich sehr ungewöhnlich. Und dennoch fühlte Itachi seit langer Zeit zum ersten mal wieder die menschliche Seite an seinem Bruder. Menschliche Besorgnis. "Sasuke, bitte das geht nicht, ich ..." "Sag dem Penner, er soll verschwinden und komm wieder her!", rief plötzlich eine männliche Stimme drohend aus Sakuras Wohnzimmer und die junge Frau fuhr zusammen. Sasuke musste sich zusammen reißen, dass er jetzt nicht instinktiv die Tür auf schlug und ohne Erlaubnis hineinstürmte. Es würde vermutlich in einem Blutbad enden, denn Vampire konnten an dieser Aktion wahrhaft verbluten. Wo blieb Naruto? "Geh bitte einfach", sagte Sakura nun fester, aber er spürte, wie sehr sie innerlich flehte, dass er helfen würde. Es raubte ihm fast den Verstand! "Sag es!", knurrte er, aber es war eigentlich nicht zu hören. Sakura hörten wieder das Brüllen des Mannes, dass sie endlich fertig werden sollte. Sie versuchte Sasuke verabschiedend zu zulächeln und drehte sich schon um, als der für Sasuke unbekannte Mann hinter ihr stand und sie nicht gerade sanft von der Tür auf den Boden stieß. "Mistkerl, was willst du von ihr? Sie gehört mir, kapiert!", schnauzte er nun und eine doch recht alkoholisierte Fahne drang aus seinem Mund. Sasuke knurrte wieder, und es klang eher nach einem gefährlichen Tier, als nach einem Menschen. "Verpiss dich endlich!", der Mann wurde noch ungehaltener, was auch an dem Schreck lag, den Sasuke ihm irgendwie einflößte. Doch Sasuke sah an ihm vorbei zu Sakura, die sich schwach aufzurappeln versuchte, aber gegen die Wand gelehnt sitzen bleiben musste. Er blickte sie an, und plötzlich, und für ihn selbst vollkommen überraschend, flüsterte sie etwas, dass er kaum verstehen konnte. Doch es reichte, gerade so. Sie hatte sie rein gebeten ... Und dann passierte alles in kaum weniger als ein paar Sekunden. Hinata und Naruto tauchten fast zeitgleich auf, wie Sasuke über die Schwelle sprang und sich auf den Mann stürzte, mit einer kaum verhaltenen Wut. Itachi schnellte ihm hinterher und griff nach Sakura, die vor Schreck auf geschrieen hatte, zumal der Flur nicht besondern geräumig war. Hinata nahm Sakura sofort an sich um sie in Sicherheit zu bringen, während nun Itachi und Naruto zu Sasuke rannten, der andernfalls nicht viel von dem Fremden übrig lassen würde. Auch ein Vampir, der kein Menschenblut trank, war noch ein Vampir. Und wenn ein solcher Vampir seine Kontrolle verlor, war auch er in jeder Weise gefährlich. Vor allem Sasuke. Und vor allem jetzt. Hinata brauchte nicht lange, Sakura in die Wohnung gegenüber zu zerren, denn das Mädchen stand wahrlich unter Schock. Ein Mensch, der nicht an die Existenz von Vampiren glaubte, was eigentlich niemand wirklich tat, dem bekam es nicht gut, wenn er einen blutrünstigen Vampir sah. Und sie hatte unvermeidlich Sasuke sehen müssen. Es dauerte vielleicht drei Minuten, bis der Krawall in der Nachbarwohnung plötzlich aufhörte. Sie hatten ihn also stoppen können. Hinata atmete erleichtert aus. Trotzdem hoffte sie, dass Sasuke den Mann nicht getötet hatte. Einen Mord zu vertuschen war nicht einfach. Sie seufzte und setzte sich mit Sakura auf die Couch. "Bist du okay?", fragte sie freundlich. Doch Sakura sagte nicht wirklich etwas. Tränen rannen ihr über die Wangen. Ihre Augen waren geweitet, doch trotzdem versuchte sie aufzustehen. "Bleib sitzen, du wirst sonst umkippen. Du siehst nicht gut aus und du blutest am Kopf", bemerkte sie besorgt und versuchte Sakura zu bewegen, sich wieder auf der Couch niederzulassen. Doch Sakura dachte nicht daran. Mit allerletzter Kraft schleppte sie sich durch das Wohnzimmer, als ihr auch schon Naruto und Sasuke entgegenkamen. Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen, als sie dem Schwarzhaarigen gegenüberstand. Es kostete sie alles, in diesem Moment nicht in Ohnmacht zu fallen. Sie spürte seinen grausamen Blick auf sich, den gleichen Blick, mit dem er eben Justin angesehen hatte. "Geh in die Küche, Sasuke", hörte sie Naruto sagen. Er wusste, dass sein Freund noch immer wie im Rausch war. Er selbst hatte ihn aber erst einmal so erleben müssen. Und obwohl er damals schon die Wahrheit wusste, war es für ihn kaum erträglich gewesen, Sasuke in diesem Zustand zu sehen. Die Augen zu Schlitzen verengt, wie die einer Schlange, die ihre Beute fixierte. Das Gesicht verhärtet wie der eisernste Stahl, die Muskeln angespannt, dass die Adern hervortraten ... Wie mochte es in diesem Moment für Sakura sein? Was würde sie denken? Würde sie überhaupt darüber nachdenken können? Sakura öffnete langsam ihre Augen, als sie glaubte, der Schwindelanfall sei vorbei. Dennoch wankte sie leicht und musste sich zusammen reißen. Lange würde sie sich nicht mehr auf den Beinen halten können. "Bist ... du okay?" Sasuke riss die Augen auf und augenblicklich war sein ganzer Zorn gewichen. Er machte einen Schritt nach vorne, als Sakura zusammen sackte und fing sie mit Leichtigkeit auf. Hinata starrte Naruto verwirrt an, und beide wussten in diesem Moment nicht, was gerade passierte. Anstatt das Sakura vor Angst bei Sasukes Anblick kreischend davon lief, machte sie sich um ihn sorgen und ein einziges Wort ihrerseits genügte um den Uchiha wieder zur Selbstbeherrschung zu führen. Doch auch Sasuke schluckte schwer bei dieser Frage und nickte nur. "Justin, was ist ..." "Itachi bringt ihn in ein Krankenhaus. Er wird sich wohl an nichts erinnern. Also auch nicht, dass er bei dir war und ...", begann Naruto, stockte aber. Er wusste nicht, was dieser Mistkerl getan hatte und er hoffte, dass er es nicht bereuen würde, Sasuke aufgehalten zu haben. "Gut ...", sagte Sakura schwach. "Seine Anwesenheit verstößt nämlich gegen meine Bewährungsauflagen ..." Sasuke, der Sakura noch immer stützte, sah sie skeptisch an. "Sie muss zu einem Arzt", stellte er fest. Nicht weil er ihre blutende Platzwunde sah, sondern weil er das Blut an ihr riechen konnte. "Nein, nicht ... ich geh nicht", sagte Sakura etwas fester und befreite sich aus Sasuke Griff. Sie fühlte vorsichtig an ihren Kopf und für einen Moment verzog sich ihr Gesicht schmerzverzerrt. "Das heilt von allein." "Ein Arzt, Naruto", sagte Sasuke ohne auf ihren Protest einzugehen. "Ich kann nicht nach draußen ... ich brauch Ruhe", bemerkte er leise. Doch Sakura schüttelte den Kopf, was sie auch gleich bereute. Ihr wurde schwarz vor Augen, doch sie bestand weiterhin darauf, keinen Arzt aufzusuchen. "Sie reden schon genug", meinte sie und versuchte irgendwie zu lächeln. "Und man wird eine Verbindung ..." Doch plötzlich stand Sasuke hinter ihr und tippte ihr fast unmerklich in den Nacken. Noch im gleichen Moment fiel sie Bewusstlos in seine Arme. "Hinata?", er wandte sich zu der Schwarzhaarigen, die schon neben ihm stand. "Jetzt kannst du es auch machen, oder?" Hinata nickte und sie nahm sich der jungen Frau an. So wie Sasuke die Gefühle anderer spüren konnte, so hatte auch sie eine Gabe. Sie konnte eine Heilung beschleunigen. Und sie war im Laufe der letzten hundert Jahre, die sie schon als Vampir existierte, eine Art Ärztin geworden. Im Selbststudium hatte sie sich alle möglichen Praktiken beigebracht, die irgendwie nützlich waren und innerhalb von Jahrzehnten perfektioniert. Es war für sie kein Problem, Sakuras Wunde am Kopf in wenigen Minuten zu heilen. Sasuke setzte sich der Couch, auf der Sakura lag gegenüber. Er wirkte matt und erschöpft. Naruto sah ihn besorgt an. "Alles klar mit dir?", fragte er und setzte sich zu den dreien, wobei Hinata eher vor Sakura kniete. Sasuke nickte müde. "Alles Bestens." "Du siehst aber nicht danach aus. Es war ... ziemlich knapp, Sasuke. Du hättest ihn ... fast zerrissen ..." "Halt die Klappe", knurrte Sasuke bedrohlich, aber weniger beängstigend als vorher. Naruto seufzte. "Du musst ... uns aufklären. Itachi hat nicht viel gesagt. Und in der Stadt, da wird ..." "Geredet?", erriet Sasuke fast belustigt und ließ seinen Kopf nach hinten fallen. "Lass mich raten. Über Sakura." Naruto nickte. Er war nicht überrascht. Sasuke wusste oft über Dinge bescheid, von denen andere noch nichts gehört hatten. "Was ist dran? Wie ... kam das alles zu Stande?" Auch Hinata drehte sich nun zu Sasuke um. Sie wollte es ebenfalls erfahren. Und so erklärte der Uchiha kurz, wenn auch etwas länger als bei Itachi, was seit dem Morgen vorgefallen war. Er machte es kurz und bündig, doch Naruto besaß nicht den scharfen, lang trainierten Verstand eines Vampirs, weshalb er hier und da noch einige Erklärungen extra geben musste. "Dann hat sie also zu Unrecht im Gefängnis gesessen?", fragte er zum wiederholten Mal, doch mehr, weil er es einfach nicht begreifen konnte. Nicht begreifen wollte! Sasuke nickte langsam, beinah genervt. Ab und an strengten ihn die Gespräche mit Naruto an, vor allem wenn er sich so anstellte. Menschen waren langsam, in allem. Auch im Denken, im Verstehen. Er massierte sich stöhnend die Schläfen. "Und nun weiß jeder in der Universität und vermutlich auch bald in der Gegend, wer sie ist und was sie angeblich getan hat. Deswegen ist sie aus Tokio weggerannt, und jetzt holt es sie hier wieder ein", sagte Hinata, die eine bemerkenswerte Auffassungsgabe hatte, selbst für einen Vampir. Wie hielt sie es nur mit Naruto aus? "Und was war das nun für ein Kerl? Justin, oder wie sie ihn genannt hatte?", fragte Naruto und stand auf, um hinter der Couch auf und ab zu laufen. Wenn es seinem Denken auf die Sprünge half ... Sasuke zuckte mit den den Schultern und sah mittlerweile völlig fertig aus. Hinata sah ihn kopfschüttelnd an, ehe sie zu ihm ging und ihre Hände an seine Schläfen drückte. "Kümmer dich lieber um sie", sagte Sasuke ungehalten, doch Hinata kannte seine schroffe Art und konnte trotz ihrer Schüchternheit, damit ganz gut umgehen. Der Schwarzhaarige atmete tief ein, als er ihre kalten Hände spürte und allmählich fiel langsam seine Anspannung. Hinata in solchen Situationen in der Nähe zu haben war wirklich ein Segen. "Danke", sagte Sasuke, als sie zwei Minuten später von ihm abließ und sich wieder Sakura zu wandte. "Was ist mit ihr?", wollte er wissen, als die Hyuuga seufzend mit den Händen über Sakura entlang schwebte. Sie konnte nicht nur die Heilung beschleunigen, sonder auch "Krisenherde" im Körper ausfindig machen, also Dinge, die nicht so waren wie sie sein sollten. Die zu einer Verschlechterung des Zustandes führten. Hinata schloss die Augen und konzentrierte sich. "Sie wirkt kränklich, obwohl ich keine genauen Anhaltspunkte finden an. Ihr Blutspiegel ist anders, sie nimmt scheinbar Medikamente." Hinata war ein regelrechter Detektor, was das anging. "Was für Medikamente?", fragte Naruto besorgt und hielt in seinem Dauermarsch inne. Hinata presste die Lippen aufeinander, sie hatte sich lange nicht mehr so anstrengen müssen. Normalerweise heilte sie auch nur die Wehwehchen ihrer Freunde. Und sie hatte nur drei Freunde. "Für den Geist, glaub ich. Es fühlt sich so an, als wenn sich alles auf das Hirn fixiert. Ich müsste tiefer gehen ..." "Was meinst du mit tiefer?", wollte Naruto sofort wissen. Eine weitere von Hinatas Fähigkeiten. "In ihre Erinnerungen schauen. Darin würde ich die Antworten finden." "Du willst in ihr Hirn gucken?" Hinata grinste. "Nur kurz, es geht sehr schnell. Aber ich habe es noch nicht oft gemacht und bei einem Vampir ist es qualvoll, für beide Seiten. Es gibt ... viel, an das er sich erinnert. Aber Sakura ist noch bewusstlos, für sie dürfte es sich kaum mehr wie ein Alptraum anfühlen." "Und für dich?", fragte Naruto und setzte sich neben seine Freundin. "Das hängt von ihren Erinnerungen ab, von ihrem ... hm naja, System, wie sie die Erinnerungen behandelt. Aber es wirft mich höchstens für ein paar Minuten außer Gefecht. Du brauchst dir also keine Gedanken machen." "Aber ... ich will nicht, dass dir etwas dabei passiert. Außerdem ist es doch nicht fair, unerlaubt in Sakuras Gedanken einzudringen." "Ich habe keine Gewissenbisse, Naruto", lachte Hinata leise. "Ich bin neugierig geworden, und meine Neugierde möchte ich befriedigen. Außerdem ..", Hinata zögerte kurz. "Ich glaube, sie braucht irgendwie Hilfe. Alles an ihr fühlt sich anders an, als wie an dir zum Beispiel. Und ich weiß, dass sie dir etwas bedeutet. Aber ich kann nicht helfen, wenn ich keine Antworten habe. Ich werde auch nur die wichtigsten Untersuchungen in ihren Erinnerungen machen. Versprochen." Naruto nickte und drückte Hinata kurz an sich. Dann stand er auf und stellte sich wieder hinter die Couch. Doch auch Sasuke erhob sich. "Ich will es auch sehen", sagte er und ging um den Tisch herum zu Hinata. Er wusste, dass er durch sie ebenfalls einige Einblicke erhalten konnte. Die Hyuuga zögerte. "Bist du dir sicher? Ich weiß nicht, ob es funktioniert ..." "Es wird funktionieren", sagte Sasuke ruhig und legte seine Hand auf ihre Schulter. Hinata nickte leicht. Sasuke hatte in allem mehr Erfahrung, er wusste es besser. Aber war es richtig, vor ihm Sakuras ganzes Leben auszubreiten? Doch sie fügte sich seinem Willen. Hinata schloss erneuert die Augen und legte ihre kalten schmalen Hände auf Sakuras Stirn. Die Rosahaarige bewegte sich leicht, wachte aber nicht auf. Sie sammelte ihre Konzentration. Dann ging alles sehr schnell. Die Gedanken und Erinnerungen übertrugen sich in Bruchteilen von Sekunden auf Hinata und weiter auf Sasuke. Kaum zwei Sekunden später riss die Vampirin ihre Augen auf und nahm ihre Hände von Sakura. Kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn und sie war froh, dass Sasuke seine Hand auf ihrer Schulter hatte. Er hatte den größten Teil auf sich genommen. Für sie wäre es wahrscheinlich zu viel gewesen. Hinata spürte, wie Sasuke die Verbindung löste und zu einer regelrechten Salzsäure erstarrte. Auch sie musste sich erst einmal wieder fassen. Die Erinnerung eines anderen zu ergründen war immer eine schlimme Sache. Doch bei einem Menschen war es einfacher. Aber nicht bei Sakura. Sakuras Erinnerungen waren qualvoll, ihre Gefühle dabei von so tiefer Trauer übersät, aber das Schlimmste war das Chaos gewesen. Das Chaos in ihrem Kopf. Kein normaler Mensch konnte solch ein Chaos haben. "Was ist los, Hinata? Alles okay?", fragte Naruto nun und half der Hyuuga auf die Beine. Sie zitterte, was er gar nicht von ihr kannte. Es machte ihm Angst. Sasuke hingegen bebte, aber vor Zorn. Vor Wut. Vor Hass. Er hatte den Kontakt zu Sakuras Erinnerungen selbst abbrechen müssen, Hinata war dazu nicht mehr in der Lage gewesen. Und wenn er sie nicht abgeschirmt hätte, wäre sie vermutlich bewusstlos geworden. Das hatten sie nicht von einer Sterblichen erwartet. Er sah noch immer die unendlich vielen Bilder, es war ein reinstes Wirrwarr. Er würde vermutlich Stunden brauchen, sich zu erholen und die Puzzlesteine irgendwie zusammen zufügen. "Das müssen die Medikamente sein", japste Hinata schwach, als es ihr etwas besser ging. "Sie verändern etwas im Gehirn." Sasuke nickte knapp, hörte aber nicht wirklich zu. Er kochte noch immer und versuchte mit aller Macht einen erneuerten Ausbruch aufzuhalten. Er war geschwächt, er musste jetzt in der Wohnung bleiben. Aber es war schwer. Schwer, nicht Itachis Spur zu folgen. Justins Spur. Und das zu vollenden, was er angefangen hatte. Doch er konnte warten. Dieser Kerl würde vermutlich eine Weile im Krankenhaus bleiben. Dann konnte er in Ruhe und im Schutz der Dunkelheit zu ihm gehen. Um ihn dann zu töten. "Bist du okay, Sasuke?", fragte Naruto und sah ihn irritiert an. "Was ist los? Du ..." "Er hat mehr gesehen als ich", sagte Hinata. "Was hast du gesehen? Ergibt es für dich einen Sinn?" Sie selbst hatte Probleme damit, überhaupt noch ein Bild klar zu sehen. Und diese Bilder waren nur Teile von Bildern. Sasuke holte tief Luft. "Nein", sagte er ruhig und zwang sich zur Resignation. Er musste warten. "Nein, zu viel mit einmal", log er perfekt. "Habt ihr denn jetzt irgendwas raus gefunden?", wollte Naruto ungläubig wissen. Das alles klang ihm sehr seltsam und irgendwas stimmte mit Sasukes aalglatter Antwort nicht. Hinata schüttelte betrübt den Kopf. "Nur, dass dieses Medikament dafür verantwortlich ist, dass in ihrem Kopf so ein Chaos herrscht. Sie muss selbst Probleme damit haben, manchmal sozusagen 'klar im Kopf zu bleiben'. Es hat etwas mit der Anstalt zu tun, in der sie die letzten zwei Jahre war. Es ist etwas von dort, denke ich. Vielleicht hatte sie Depressionen, vielleicht neigte sie dazu Stimmen zu hören, die es nicht gab. Keine Ahnung. Aber es diese Art von Medikament. Ich habe jetzt tausende von Bilder aus ihrer Vergangenheit im Kopf, zumindest der letzten Jahre, aber sie sind zerstückelt und es wird eine Weile dauern, bis ich darüber klar nachdenken kann. Vorher weiß ich gar nichts. Weißt du mehr, Sasuke? Ergibt es für dich einen Sinn?" Doch Sasuke schüttelte den Kopf und setzte sich wieder auf den Sessel. Er musste jetzt in sich gehen und alles an seinen Platz rücken. Einiges hatte er bereits gesehen. Justin zum Beispiel, und was er Sakura vor langer Zeit angetan hatte. Er war es auch gewesen, der an der Universität das Gerücht verbreitet hatte. Der sie dem Mob ausgeliefert hatte. Er begehrte sie, er wollte sie. Aber sie nicht ihn. Sie verabscheute ihn. Fürchtete ihn. Und deswegen projizierte er seinen ganzen Hass gegen sie. Aber er würde versuchen, sie sich einfach zu nehmen. Er hatte keine Skrupel. Genau wie Sasuke. Justin würde noch in dieser Nacht sterben müssen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)