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Two Worlds

Auf der anderen Seite der Nacht
von

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Kapitel 5: Die E-Mail

Am Revier angekommen gingen sie zurück ins Büro. Es war schon viertel nach drei, eigentlich sollten Julian und Jennifer längst zu Hause sein. Das stellte auch Chris fest und er entschuldigte sich dafür, dass er die beiden nicht nach Hause fahren konnte. Sie verabschiedeten sich und die beiden verließen das Gebäude. Es war längst nicht mehr so warm, die Luft hatte sich rasch abgekühlt, was eigentlich untypisch war. Julian und Jennifer spazierten durch die Fußgängerzone und unterhielten sich. "Sag mal Julian, willst du dir immernoch ein Schwert holen?", fragte Jennifer. "Klaro, immerhin finde ich das einfach nur cool. OK, ich werd nicht jeden Tag mit einem Schwert zur Schule kommen, aber ab und zu vielleicht schon. Aber mal was anderes. Stimmt es, dass wir neue Nachbarn bekommen?" Jennifer bejahte mit einem Nicken: "Ich weiß nicht viel über sie, aber die Tochter soll in meinem Alter sein." Julian bleib kurz stehen. "In deinem, also in unserem Alter? Na dann wird sie wohl in unsere Klasse kommen." Jennifer drehte sich um: "Aber erst nach den Ferien. Die Lehrer meinen, es wäre besser. Und es wäre auch besser, wenn du dich nicht gleich um sie kümmerst. Lass ihr erstmal Zeit, damit sie sich hier einleben kann. Du willst sie doch nicht gleich wieder vegraulen!" Julian lachte. Als sie die Haustür erreichten hing dort ein Zettel. Er war von seiner Mutter. Sie musste kurzfristig weg ins Büro, weil sich eine neue Beweislage ergeben hatte. "Naja, kann man nichts machen. Bestimmt steht das Essen entweder in der Mikrowelle oder es steht dampfend auf dem Tisch, je nachdem, wie lange sie schon weg ist."

Tatsächlich stand das Essen noch auf dem Tisch. Daraus schloss Julian, dass seine Mutter erst vor 5 Minuten, wie er sagte, das Haus verlassen hatte. Die beiden setzten sich an den Küchentisch und aßen. Danach räumten sie ab und gingen in Julians Zimmer. Es hatte sich seit dem Morgen nicht großartig verändert. Einzig die Papiere, welche auf dem Boden lagen, waren auf den Schreibtisch gelegt worden. Das musste wohl seine Mutter gemacht haben, dachte Julian.

Jennifer nahm am Computer Platz und schaltete ihn ein.

Kurz darauf klingelte es an der Tür. Julian ging hinunter und kam nach kurzer Zeit mit einem dicken Heft wieder nach oben. Jennifer war neugierig: "Was ist das?"

"Das ist der Katalog, auf den ich gewartet habe. Ich wollte mir doch ein Schwert kaufen." "Wofür eigentlich?", fragte sie weiter. "Naja..", murmelte Julian, "darüber hab ich ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht." Er grinste: "Aber vielleicht kann es mir noch nützlich werden." Er legte den Katalog zur Seite. Nachdem der Computer hochgefahren war, machte Julian sich gleich daran, seine Nachrichten zu kontrollieren. Er hatte nichts wichtiges dabei, nur eine Mitteilung darüber, dass seine Website zu lange inaktiv war und deshalb bald gelöscht werden würde. „Und wenn schon“, murmelte er. „Habe eh keine Zeit mehr dafür.“ Julian wollte gerade das Programm schließen, als ihn eine weitere Mail erreichte.

Er öffnete sie.

Der Absender war unbekannt. „Sowas ist eigentlich nicht möglich“, sagte Julian. Jennifer zuckte nur mit den Schultern.

Die Mail bestand nur aus einem Bild. Es zeigte das Display eines Handys, auf dem man deutlich eine Telefonnummer erkennen konnte. Julian erschrak. „Aber... das ist doch Marcs Telefonnummer.“

„Heißt dass, diese E-Mail ist von der Person geschrieben worden, die Marc ermorden wollte?“, fragte Jennifer nicht minder geschockt. Julian jedoch schüttelte den Kopf: „Nein, dass glaube ich nicht. Ich denke es ist nur ein übler Scherz. Außerdem... warum kriegen dann wir die Mail?“

Darauf wusste Jennifer auch keine Antwort. Sie legte sich auf den Boden, die Beine auf Julians Bett und grübelte. Natürlich ergab das keinen Sinn. Aber was wollte der Täter damit erreichen, dass er Julian und Jennifer diese Nachricht zu kommen lies?

„Oh nein!“ Jennifer schrak auf, so heftig, dass Julian fast vor Schreck von seinem Stuhl gefallen war. „Was ist, wenn der Täter weiß, dass wir uns mit dem Fall beschäftigen?“

Julian sah sie an. „Na ich meine...“ Jennifer hatte sich bereits wieder hingesetzt. „Ich meine was ist wenn der Täter weiß, dass wir in das Ermittlungsteam aufgenommen wurden und wir eventuell auch Opfer sein können?“

Julian überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf und sagte: „Nein, ich glaube eher der Täter – sofern er es war der es abgeschickt hat – möchte uns mitteilen, dass er es als Herausforderung sieht. 'Hier habt ihr in weiteres Puzzleteil, und wenn es euch gelingt das Bild zu enträtseln, dann seid ihr würdig mich zu finden.' oder so. Aber ich kann mich nicht entscheiden, was ich erschreckender fände. Ich glaube...“

In diesem Moment betrat Susanne sein Zimmer.

„Oh, hallo Jennifer“, sagte sie, als sie Jennifer auf dem Bett sitzen sah. „Hi“, gab Jennifer mit einem Lächeln zurück. Dann wandte sich Susanne wieder an Julian. "Es tut mir Leid Julian, aber es gab neue Hinweise, ich musste also sofort los."

"Ist schon in Ordnung", sagte Julian. Susanne machte gerade Anstalten, das Zimmer zu verlassen, als sie sich plötzlich umdrehte. „Sagt mal, stimmt das mit der Morddrohung?“

Julian nickte. „Wir wissen nicht genau wer es war. Aber wir haben eine Mail erhalten. Mit einem Foto, auf dem ein Handydisplay zu sehen ist. Und auf diesem ist Marcs Nummer zu sehen.“ „Und von wem ist die Mail?“ „Tja“, sagte Nick, „Der Absender ist eine Adresse im Ausland. Höchstwahrscheinlich aber gefälscht.“

Susanne seufzte. „Hätte ja auch einfacher laufen können. Naja ich mach mal das Abendessen. Du isst doch sicher mit oder?“ Jennifer schüttelte den Kopf: „Nein, meine Eltern wollen heute Abend ins Theater, und ich soll auf das Haus aufpassen.“ „Oh, aber irgendwann bestimmt mal oder?“

Jennifer lachte: „Ja, ganz bestimmt.“ Sie wandte sich an Julian „Wir sehen uns.“ Julian verstand sofort, was sie meinte, sagte aber nichts. Sie verabschiedeten sich an der Haustür, und Jennifer lief einmal quer über die Straße und verschwand kurze Zeit später in der Tür des schräg gegenüberliegenden Hauses. Julian ging zurück in die Küche.

"Wusstest du, dass wir neu Nachbarn haben?", fragte ihn seine Mutter. "Ja, wir haben es bemerkt, als wir von der Polizei wiederkamen. Sie waren gerade dabei, Möbel in das Haus zu tragen, als wir nach Hause kamen."

Die Mutter lächelte. "Ich habe mit ihnen schon gesprochen."

Julian war erstaunt und sah seine Mutter sprachlos an. "Ja“, fuhr sie fort, „heute beim Einkaufen habe ich sie kennen gelernt. Sie ist ganz nett. Ihre Tochter kommt nach den Ferien vielleicht in deine Klasse."

„Wissen wir bereits“, sagte Julian, der endlich zu seiner Sprache gefunden hatte. „Unser Lehrer hat es bereits erzählt.

Susanne nickte und deckte weiter den Tisch. „Ich denke sie wird sich bei euch an der Schule wohlfühlen. Versprecht mir, dass ihr euch ein wenig um sie kümmert. Immerhin kommt sie aus Leipzig.“

Julian sah seine Mutter an. „Leipzig? Aber... das ist doch am anderen Ende Deutschlands. Wieso zieht sie so weit von Zuhause weg?“

Seine Mutter antwortete: „Ihre Eltern haben hier Arbeit gefunden. Ihre Mutter arbeitet als Altenpflegerin, ihr Vater als Lebensmittelkontrolleur.“ Sie stellte einen Topf mit Kartoffel auf den Tisch. „Beide mussten sich hier eine Stelle suchen, da die Tochter ans Meer musste. Die Ärzte sagten, dass es für sie besser sei. Ich glaube sie hat Asthma oder irgend sowas.“

Julian blickte ins Leere. „Verstehe. Na dann werden wir uns um sie kümmern. Schließlich ist sie unsere Nachbarin.“

Susanne nickte und setzte sich an den Tisch.

"Sag mal, was ist denn bisher bei euren Ermittlungen bisher rausgekommen", fragte seine Mutter neugierig.

"Also, bis jetzt noch nicht viel, wir haben viele Fragen zu klären. Du kennst doch bestimmt den Bericht der Spurensicherung und der Kriminaltechnik." Seine Mutter sah ihn an: "Du meinst die beschlagene Scheibe, richtig?" Julian nickte: "Normalerweise gibt es sowas nicht. Wir müssen uns deshalb eine Theorie einfallen lassen, die schlüssig ist. Die einzige Theorie die das erklären kann wäre, dass ein Geist sie ermordet hat. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Temperatur sinkt, sobald ein Geist im Raum ist." Seine Mutter lachte. "Aber Geister wird euch niemand glauben. Zumindest nicht ohne handfeste Beweise habt" Julian senkte den Kopf. „Das weiß ich, aber Jennifer und ich wissen, dass es so war! Das Problem ist nur dass es für die Existenz von Geistern oder dem, was wir unter dem Begriff 'Astralebene' kennen, keine wissenschaftlichen Beweise gibt. Und das macht es uns nur unnötig schwer. Deshalb müssen wir in zweierlei Hinsicht arbeiten. Einmal einen Beweis erbringen, dass es die Astralebene gibt, und zum anderen den Täter fassen, der dafür verantwortlich ist. Aber beide Baustellen sind eine Nummer zu groß für uns beide. Wir brauchen die Hilfe von oben.“

"Und was hat es mit der Tatwaffe auf sich?", fragte Susanne. "Dieser Dolch ist eine Art rituelles Werkzeug, ein sogenanntes Athame. Es wird nur von Hexen benutzt, und daraus schließen wir, also zumindest Jennifer und ich, dass wir mit unserer Theorie richtig liegen. Wir vermuten, dass jemand sagen wollte: 'Deine Macht, Hexe, endet mit deinem Leben.' oder sowas. Ach es ist alles so Kompliziert." Seine Mutter nahm einen Schluck Kaffee. "Also eine Art Ritualmord?" Julian schüttelte den Kopf. "Nein, bestimmt nicht. Sieh mal, wenn es ein Ritualmord gewesen wäre, dann erstens doch wohl nicht im Schlafzimmer des Opfers. Außerdem sind Ritualmorde eher was für Sekten.

Zweitens wären dann ja wohl Fingerabdrücke auf dem Athame, also neben denen des Opfers. Außerdem..." Er schüttelte den Kopf: "Dieser Dolch, er dient dazu Energien zu leiten oder auch zu versiegeln. Naja, versiegeln wohl eher nicht. Bleiben wir mal bei den Energien. Ich nehme an, dieses Athame wurde vom Mörder verwendet, den Schutzschild des Opfers zu überwinden. Dinge die jemandem gehören, können dieses Schutzschild ungehindert durchdringen."

Er holte tief Luft. "Kannst du mir folgen?", fragte er seine Mutter. Diese nickte. Julian stand auf und nahm sich sein Brotmesser. "Der Täter muss es geschafft haben, das Athame unter seine Kontrolle zu bringen. Dann hat er die Frau ermordet und ist irgendwohin geflogen, was weiß ich." Er setzte sich wieder hin und stützte den Kopf mit den Händen. Seine Mutter war aufgestanden um den Tisch abzuräumen. Sie sprach ihrem Sohn gut zu: "Es wird schwer für euch. Aber selbst die stärksten Zweifler mussten einsehen, dass Galilei recht hatte, kaum das Christoph Kolumbus Amerika entdeckt hatte. Ihr werdet es auch schaffen, die Existenz der Astralebene zu beweisen." Sie sah ihrem Sohn tief in die Augen. "Ich weiß das ihr es schafft." Julian strahlte vor Freude. "Heißt das, ich darf auch bei meinem Vater übernachten, wenn nötig?" Die Mutter lächelte. "Wenn es sein muss darfst du auch nach Australien reisen, ich habe nichts dagegen. Aber..." Sie hob die Stimme und blickte Ernst. "Aber, es muss im weitesten Sinne mit dem Fall zu tun haben." Julian blickte sie an: "Du hast mein Wort, alles was ich tu, wird mir dem Fall zu tun haben." Julian und seine Mutter umarmten sich, bis das Telefon sie störte. "Wer ist das denn?" fragte Julian. "Das werden wir gleich wissen", antwortete seine Mutter. Sie nahm den Hörer ab. "Baumann", sprach sie. Eine Sekunde später sah sie Julian an. "Ja, der ist hier neben mir." Im nächsten Moment gab sie Julian den Hörer: "Für dich, dein Vater." Julian nahm den Hörer und sagte zu seiner Mutter: "Musst du nicht eigentlich schon längst los?" Seine Mutter sah auf die Uhr. In wenigen Minuten würde eine späte Pressekonferenz beginnen, auf der Susanne eingeladen war. Sie nickte und verließ das Haus wenige Augenblicke später hektisch. Nun wandte sich Julian dem Anrufer zu: "Hi Papa."

"Hi Julian, hör zu, wir haben einen erstes Hinweis, was den Anruf auf das Handy deines Freundes betrifft." Julian hörte genau hin: "Welchen?" "Wir haben mal die Daten des Handyanbieters angefordert und bekommen. Dabei haben wir eine Nummer gefunden, auf die wir uns keinen Reim machen können. Wenn man dort anruft, dann heißt es, der Teilnehmer sei nicht zu erreichen.", sprach Chris. "Na und? Der Besitzer hat es einfach nur aus. Daran schonmal gedacht?" Julian verdreht die Augen.

„Natürlich. Der Teilnehmer hatte sein Handy an. Er war laut Anbieter seit mehr als 30 Stunden eingeloggt.“ Das bedeutete, er hatte sein Handy seit gestern Nacht nicht mehr ausgeschaltet.

„Okay, und warum kann niemand die Nummer identifizieren?“

„Die Nummer wurde angeblich nie vergeben. Der Anbieter hat uns mitgeteilt, dass diese Kennung, also die Seriennummer der Handykarte keine offizielle Nummer ist.“ Nick überlegte kurz. Er war zwar mit Handys weniger bewandert als mit PCs, aber auch er wusste, das sowas nicht so einfach ging. Der Typ war ein Profi.

„Und was sagt der Anbieter dazu?“ Sein Vater seufzte. „Er hat keine Erklärung. Er sagt, selbst eine Ortung wäre nicht möglich, da sich das Signal... naja.... unnatürlich bewegt.“ Nick sog zischend Luft ein.

„Was heißt unnatürlich?“ Er hörte, das sein Vater anscheinend nach einem Brief oder ähnlichem suchte, denn das Rascheln war eindeutig zu vernehmen.

„Laut Protokoll des Anbieters würde es sich binnen wenigen Sekunden an zwei verschiedenen Masten innerhalb des Stadtgebietes einwählen. Das ist völlig unmöglich.“

„Unmöglich sollte es auch sein, dass ein Mensch zum Mond fliegt. Es kommt nur darauf an, wie der Täter es bewerkstelligt.“, gab Nick, wie zu sich selbst, zurück. „Wir müssen den Täter bald fassen“, sagte Chris, „sonst mordet er weiterhin ungestraft.“ Julian legte auf. Die Sache war äußerst komisch. Er ging die Treppen hinauf in sein Zimmer, nahm einen Block und notiert sich alle wichtigen Fakten.

Das Mordopfer wurde mit einem Athame, einem Hexendolch erstochen aufgefunden. Keine Spuren von gewaltsamen Eindringen in das Haus, lediglich eine von außen beschlagene Scheibe. Der Anruf, die Morddrohung gegen Marc, wurde von einem Handy ausgeführt, dass es eigentlich gar nicht geben durfte, und das sich an zwei verschiedenen Enden der Stadt abwechselnd ins Netz einwählte. Keine offizielle Seriennummer, nichts dergleichen.

Wenn Gaddi heute Abend weitere Fragen aufwerfen würde, dann würde Julian depressiv werden, bevor er diesen Fall gelöst hatte.
 

Julian bereitete sich auf den Übergang zur Astralebene vor. Er legte sich entspannt auf sein Bett, und wenn man ihn so beobachtete, konnte man meinen, er würde schlafen. Doch schon nach kurzer Zeit spürte Julian dieses bekannte Kribbeln in seinen Händen. Mit dem Kribbeln wurde auch sein Körper immer schwerer, und es fühlte sich an, als würde er die Kontrolle über seinen Körper verlieren, als würde eine Lähmung all seine Muskeln in Besitz nehmen. Er wusste, dass sein Körper langsam einschlief, während sein Geist und seine Seele immer noch aktiv waren. Irgendwo hatte er mal gehört, dass der Körper diese „Schlafstarre“ als Schutzmechanismus einsetzte. Doch ihm war es egal, was die Wissenschaft über die Astralreise dachte. Julian verglich diese Seelenreise oft mit einer Naturkatastrophe.

„Die Wissenschaftler können alle Unglücke nur nachstellen. Aber wie es wirklich war wissen nur die, die dabei waren.“ Und so ähnlich sah er auch die Astralreise.

Nach einer langen Phase der tiefen Entspannung (Julian fühlte mittlerweile seinen Körper nicht mehr) fing es nun an, in seinem Nacken zu pulsieren. Es war ein Gefühl, als wenn ihm jemand ein Stromkabel in den Nacken hielt, ein dumpfen Brummen, dass den ganzen Körper einnahm. Julian wusste, dass diese Stufe für viele zuviel war, und sie ihre Astralreise abbrechen mussten. Doch er verhielt sich richtig. Er lies die Wellen in alle Fasern seines Körpers eindringen und gab sich ihnen hin. Schon kurze zeit spätern war das Surren, welches er während dieser Phase in seinem Ohren hörte, verstummt, und ein heller Klang, ähnlich dem einer Glocke, signalisierte Julian, dass er es fast geschafft hatte. Nun musste er seinen Körper hinter sich lassen. Er bezeichnete es oft als ein Gefühl wie „immer wieder ein bisschen Sterben“. Seine Atmung wurde immer flacher, bis er irgendwann gar nicht wahrnehmbar war.

„Man glaubt, man erstickt“, sagte er einmal zu Jennifer, als sie ihn fragte, wie die Astralreisen von Statten gehen. Sie hatte es etwas später als Julian erlernt, doch mittlerweile beherrschte sie es genauso gut wie er.

Kaum dass Julian auch die letzte Phase hinter sich gelassen hatte, fühlte er, wie er schwebte. Er öffnete die Augen vorsichtig, um sich langsam zurecht zu finden. Sein Zimmer sag auf der Astralebene genau so aus, doch die Seele brauchte immer ein paar Augenblicke, um wirklich auf der Astralebene anzukommen. Als er festen Boden unter sich spürte, atmete er ein erstes Mal durch. Es war schwer, nur als Seele, und nicht auch mit seinem Körper zu atmen, und so die Astralreise vorzeitig zu beenden, doch Julian hatte mittlerweile Übung darin. Auch die Uhr bestätigte ihn. „Neuer Rekord! 14 Minuten 35“, lachte er, „Ich werde immer besser.“

Kaum dass er auf der Astralebene sein Wohnhaus verlassen hatte, wurde er von Jennifer begrüßt. Auch sie hatte es geschafft.

"So, dann wollen wir doch mal sehen was hier los ist.", sagte Jennifer. "Ich schätze, die hier oben haben einiges zu tun, um weitere Morde zu verhindern!" Julian und Jennifer verließen das Haus und schwebten auf die Straße. Es dauerte kaum zwei Minuten, bis noch eine dritte Gestalt auftauchte. Sie hatte kurze, dunkelblonde Haare und zwei große, schneeweiße Flügel.

"Hast wohl ziemlich Stress, was?", sagte Julian lachend zu der Gestalt. "Tja, du glaubst nicht was hier oben am Laufen ist, seit dem Vorfall bei euch da unten.", antwortete die Gestalt. "Aber die höheren Wesen müssen einsehen, dass ich für meine Schützlinge da sein muss." Sie lächelte. "Ich musste nämlich leider - die Betonung liegt auf "leider" - die 'Krisensitzung' verlassen, als ihr kamt." Sie lachte nun. "Tja Gadriel, dank uns hast du jetzt einige Minuten mehr Freiheit", sprach Jennifer. "Aber genau wegen diesem Vorfall sind wir hier." Julian senkte seine Stimme. "Es gibt doch bestimmt Hinweise auf den Täter, oder?" Gadriels Blick wurde traurig: "Nein, nicht eine Spur. Wir wissen weder wie, noch wer." Sie blickte nach unten. Julian schluckte. "Heißt dass, niemand hat auch nur die geringste Ahnung, was hier geschehen ist" Gadriel sah Julian tief in die Augen:

"Ich fürchte nein. Aber wir haben hier auch noch andere Fakten. Der Schutzengel des Opfers wurde außer gefecht gesetzt. Geht genauso leicht wie einen Menschen Schachmatt zu setzen. Ein wenig Chloroform und 'Gute Nacht'. Das Haus war also unbewacht. Der Täter konnte theoretisch einfach reinspatzieren. Aber wie ist er reingekommen."

"Das können wir dir sagen!", sagte Jennifer spontan.

"Wie denn?", fragte Gadriel neugierig. Ihr Flügel waren nun ganz ausgebreitet. „Über die Astralebene. Er muss die physische Ebene manipulieren können. Im Haus wurden keine Spuren gefunden, und an der Tatwaffe hat Jennifer eine Energie gespürt, die dort nicht hingehörte.“, sagte Julian. Gadriel sah Jennifer eindringlich an. „Ich bin mir nicht sicher“, druckste Jennifer, „aber es fühlte sich an als hätte ein Engel sie ermordet.“ Gadriel lachte. „Das ist eigentlich unmöglich.“

„Ich weiß, aber es war ja auch kein wirklicher Engel. Es fühlte sich hasserfüllt an, blutdurstig.“

Gadriel verstummt urplötzlich. „Willst du damit sagen, es sei ein Engel der Finsternis? Sowas gibt’s nicht. Es ist wie mit dem Ungeheuer von Loch Ness. Viele behaupten...“

„..es gesehen zu haben, aber alle Beweise sind entweder gefälscht oder nicht eindeutig genug. Ich weiß“, beendete Julian den Satz. „Genau das haben wir meinem Vater auch gesagt.“

Jennifer nickte: "Das Opfer war übrigens eine Hexe, was auch das Athame erklären würde."

Jennifer ging auf Gadriel zu: "Heißt das etwa, dass es doch eine Art Ritualmord gewesen sein könnte?" Gadriel lächelte und drehte sich um. „Nein, da steckt mehr dahinter. Ich weiß leider auch nicht alles, aber was ich weiß ist, dass der Täter definitiv kein Engel sein kann. Vielleicht hast du diese Energie einfach nur verwechselt. Oder der Täter kann seine Energiemuster wechseln wie ein Chamäleon seine Farbe. Heute kleiner Schutzengel, morgen Poltergeist, übermorgen der Leibhaftige. Solche Geistwandler gibt es leider zu hauf. Aber wenn dann muss er mächtig sein.“ Gadriel drehte sich wieder um und umfasste Jennifer mit ihren Flügeln. Diese Gelegenheit nahm Jennifer wahr um sie zu berühren. Sie waren weich und zart.

Jennifer war von allen Engeln fasziniert und freute sich, dass sie in Kontakt mit einem Engel standen. "Solange wir nur einen Mord haben kann ich noch nichts sagen. Noch kann ich kein Muster finden, und euch deshalb nicht helfen. Aber ich beschütze euch." Julian lächelte bei diesem Bild. „Wir haben übrigens ein Indiz dafür, dass der Täter die Astralebene für seine Zwecke benutzt.“ Gadriel sah unverwandt Jennifer an. „Erzähl.“

„Er besitzt ein Handy... eigentlich mit illegaler Karte, aber das ist nur ein Detail. Fakt ist, dass es sich binnen Sekunden an zwei Stadtenden einwählt. Das heißt er müsste in einer Sekunde mehr als 10 Kilometer zurücklegen. Plus Eingabe der PIN kann es aber nur 2 Sekunden dauern. Und das bedeutet, dass er sich, naja, dass er das tut was die Menschen unter 'teleportieren' verstehen. Wir vermuten aber, dass er die Astralebene benutzt um beinahe an zwei Orten gleichzeitig zu sein. Gadriel nickte nur. Sie und wandte den Blick von Jennifer ab und sah hoch in den Himmel. Auf der Astralebene waren nie Wolken am Himmel, so dass man immer auf die Sterne sehen konnte. Auch konnte man überall hinreisen, wohin man wollte. Deshalb hatte Nick ja erst vermutet, dass er die Astralebene als 'ICE-Verbindung' nahm.

Die Astralebene selber sah aus wie die physische Ebene, die normale Welt, wie wir sie kennen. Einzig die Gebäude sahen manchmal etwas anders, etwas futuristischer aus als bei uns. Auf dieser Ebene trafen sich die Lebenden mit den bereits Verstorbenen, niedere mit ranghohen Wesen. Gadriel war Julians und Jennifers Partnerin auf der Astralebene. Jeder der neu auf der Astralebene reiste, bekam einen erfahrenen Partner zur Seite gestellt, meistens den eigenen Schutzengel, denn wie auch auf der physischen Ebene war es hier nicht gerade ungefährlich. Gadriel wurde Julians und Jennifers Partnerin, und zwischen ihnen entwickelte sich bald eine dicke Freundschaft. Sie verbrachten jede Minute auf der Astralebene zusammen.

Und Zeit hatte man hier genug. Auf der Astralebene verging die zeit viel langsamer, als auf der physischen Ebene, so dass Julian und Jennifer sich erste wenige Minuten hier befanden, während auf der physischen Ebene wahrscheinlich erst die erste Meldung in der Tagesschau begann. Noch ein Grund, warum Julian seine Vermutung angestellt hatte.

Jennifer hatte sich wieder etwas beruhigt. „Warum hast du mich eigentlich so angesehen Gadriel?“, fragte sie. Gadriel lachte. „Naja, du hast schöne Augen. Außerdem musste ich etwas wissen. Ich musste wissen, ob ihr bereit seid.“

„Wofür?“, fragte Julian.

„Ach, das ist nicht so wichtig. Ihr erfahrt es noch früh genug. Ich muss auch leider wieder zurück. Es sei denn... ihr bleibt noch etwas.“ Gadriel grinste. „Was natürlich schade wäre, die Besprechung ist ja soooooo wichtig.“ Julian musste lachen.

„Nein wir müssen leider auch wieder gehen. Viel Spaß noch.“ Gadriel verabschiedete sich und verschwand im Abendhimmel. „So fliegen möchte ich auch mal“, sagte Jennifer, die mit einem Strahlen in den Augen ihrem Schutzengel nachsah. Beide verließen die Astralebene kurze Zeit später wieder.

Julian schlief in dieser Nacht sehr ruhig, ganz im Gegensatz zu Jennifer, die sich immer wieder die Frage stellte, wozu sie bereit sein sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nijel_Zwain
2009-10-12T08:39:15+00:00 12.10.2009 10:39
Von der Story her es ist ja eine eigene Serie/Story da kann man ja normal nicht viel aussetzen da es sozusagen einmalig ist aber ich glaube schon mal so was “ähnliches“ gesehen zu haben aber komplett anders nur das es mal erwähnt wurde mit einer zwischen Welt aber wie gesagt es war anders etwas anderes also nicht von Belang und gut wie dein und so lang.^^

Sozusagen hat es mich sehr interessiert was als nächstes passiert das ich die 6 Kapitel in einem Stück gelesen habe, weil für 10% (fertig)haste eigentlich sehr viel geschrieben das ist zu loben andere schaffen Grad mal 1 Seite^^ aber du 6 Kapitel joa nicht zu verachten^^
Du hast sogar an manchen stellen oft die Umgebung sehr gut beschrieben so wie es jeder Schreiber (Schriftsteller) auch sollte. habe auch oft Sachen gelesen wo man sich dachte hä wo ist der Charakter gerade und um was geht es?^^
Was ich auch schön fand war das das man etwas Einblick in das altagsleben bekam wo andere häufiger vergessen finde bei solchen FF´s wo es um einen sozusagen normalen Jungen und Mädchen geht wichtig damit man was von dem Umfeld versteht wie zb aus welchen Verhältnissen usw...^^

Im Großen und ganzen eigentlich nur positiv bis jetzt ^^ es kann sich ja vielleicht noch ändern da man ja nur sozusagen die Einleitung(Anfang) hat.

Also wann geht es endlich weiter möchte es wissen was als nächstes passiert!


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