Die Insel der Vier Jahreszeiten von Hotepneith (Zwei Hundebrüder, eine Insel und sehr seltsame Sitten) ================================================================================ Kapitel 17: Die Quelle des Lebens --------------------------------- Die Hundejungen sind nah am Ziel... 17. Die Quelle des Lebens Im Lager des Menango-Stammes winkte der Raglah vier Kriegern, ihnen zu folgen, während sich Hane ein Tuch holte und es um ihren Kopf, ihr Gesicht wickelte. Dann sagte sie zu den Gästen: „Kommt. Und ich erzähle euch auf dem Weg von den Fähigkeiten der Quelle des Lebens – und der einzigen Bedingung, die ihr noch erfüllen müsst, um die Grotte, die uns heilig ist, ebenso wie allen im Mirtal, betreten zu dürfen.“ „Noch eine Bedingung?“ Inuyasha seufzte ein wenig. Er hatte wirklich gedacht, jetzt seien sie am Ziel. „Du hast die Prüfung bestanden“, erwiderte die Hüterin des Wassers rasch: „Es wird keine weitere geben. Nur …sagen wir, einen kleinen Umstand. Ich werde es erklären. Wie ich versprach, werde ich mit keinem Geheimnis zurückhalten.“ Sie blickte fast aufgeregt zurück, wo Omra mit den vier Kriegern ging, ehe sie erneut nach links zu dem Hanyou und dessen älteren Halbbruder sah: „Die Quelle des Lebens liegt schon seit undenklicher Zeit im Gebiet unseres Stammes. Man sagt, ihr Wasser käme aus der verlorenen Tiefe unter den Bergen, aber nach anderen Sagen auch aus dem Norden, wie fast alles Wasser, aus dem Land des Winters. Nach unserem Wissen werden aus ihr Geister geboren, vor allem Baumgeister. Sie verschwinden dann auf das Festland. Ich nehme an, dass dies noch aus einer Zeit stammt, als die Insel der Vier Jahreszeiten mit dem Festland verbunden war. Das soll schon sehr lange her sein. Aber nun gut, die Geister suchen sich ihren Weg. – Oder sie suchten, denn es werden keine mehr geboren. Und euer...euer Baumgeistbekannter sagte, auch die alten Baumgeister sterben an einer Krankheit? Das ist sehr betrüblich. So eine alte, mächtige, magische Rasse…“ Die Cassana schüttelte bedauernd den Kopf: „Als das Binnenmeer verschwand, wurde das Leben im Mirtal noch härter. Nun, zuvor hatten wir aus dem nur halbsalzigen Wasser des Binnenmeeres zusätzlich Trinkwasser herstellen können, wie alle Wüstenbewohner. Dann blieben uns nur noch die wenigen Quellen und Bäche, die seither zu allem Überfluss unterirdisch laufen.“ „Warum ist das Wasser eigentlich weg?“ erkundigte sich Inuyasha. „Meine Vorgängerin als Cassana erzählte mir, dass es mehrere schwere Erdbeben gab. Die Bäche und Quellen sind dabei wohl in der Erde verschwunden. Und ohne Wasser, das in das Binnenmeer floss, ist dieses verdunstet. Das Herz des Mirtal starb.“ „Die Quelle des Lebens.“ Sesshoumaru hatte keine Lust, weitere Zeit zu verschwenden. Sie waren auf dem richtigen Weg, jetzt musste anscheinend nur noch eine Bedingung erfüllt werden. Welche? „Ja, die Quelle des Lebens.. Ihr habt alle Voraussetzungen erfüllt, die man haben muss – bis auf eine einzige. Die Grotte, in der die Quelle liegt, ist, wie gesagt, uns – und auch allen anderen Stämmen des Mirtal - heilig. Nur bestimmte Personen dürfen sie betreten, eine Cassana und ein Raglah.“ Sie bemerkte, dass ihre Besucher mehr als nur versucht waren, die Hände an die Schwertgriffe zu legen, und fuhr eilig fort: „Also müssen wir euch dazu machen. Inuyasha hat die Voraussetzungen erfüllt, eine Hüterin des Wassers zu sein. Er hat die Prüfung bestanden. So kann die Einführungszeremonie erfolgen.“ „Äh…“ sagte der Hanyou nicht besonders intelligent: „Ich dachte, eine Cassana ist immer eine Frau?“ „Inuyasha.“ Der Tadel in der Stimme des Hundeyoukai war unüberhörbar. Was hängte sich der Bastard an derartigen Kleinigkeiten auf, wenn sie endlich der Quelle näher kamen? Sollte er eben irgendeine Zeremonie über sich ergehen lassen. „Und du, Sesshoumaru…“ fuhr Hane fort und der Angesprochene stellte fest, dass nun er selbst ein eigenartiges Gefühl bekam: „Dich werden wir zum Raglah machen, dem Anführer der Krieger. Unsere Tochter hat erklärt, dass du gut kämpfen kannst. So werden wir auch mit dir die Verbindungszeremonie vollziehen, aus euch auf diese Art ein Paar machen.“ „Ich…den heiraten...?“ war alles, was Inuyasha noch hervorbrachte, entsetzt, wie nie zuvor in seinem Leben. Seinem erstarrten Halbbruder fehlte zum ersten Mal die Möglichkeit, in seinen eigenen Augen angemessen zu reagieren - und zu töten. „Nein, nein“, sagte Hane eilig: „Nicht so, wie du dir das denkst…das ist nicht einmal zwischen jedem der Paare des Mirtal der Fall. Wie ich schon erwähnte, wird man zur Cassana durch Geburt, zum Raglah durch Wahl. Omra und ich haben uns verliebt, haben eine Tochter, aber das ist nicht bei jedem so. Viele sind einfach nur Partner, um des Stammes Willen. Aber durch diese Zeremonie entsteht die magische Verbundenheit, die den Stamm schützt. Und in diesem Fall euch berechtigt, zur Grotte der Quelle des Lebens zu gehen. Und zu einigen anderen Dingen.“ Magische Verbundenheit…. Unwillkürlich sahen sich die Halbbrüder an. Noch vor wenigen Tagen hätten sie sich auf ihre Art allein für diesen Vorschlag „bedankt“. Aber nach der missglückten Fusion des Sphinx erschien ihnen irgendeine angebliche mystische Verbundenheit, die sie jederzeit ignorieren konnten, als harmlos. Immerhin hatten sie sehr deutlich lernen müssen, dass sie wirklich die Hälfte ihres Blutes teilten. Da Sesshoumaru den Kopf abwandte, dolmetschte Inuyasha das: „Dauert das lange? Wir wollen endlich die Scheiden baden.“ „Nein. Ihr Halbbrüder teilt sowieso einen guten Teil eures Blutes, seid bereits miteinander verbunden. Und ihr werdet keinen Stamm durch Frieden und Krieg führen. So kann ich gewisse Teile der Zeremonie auslassen. Es wird wirklich nicht lange dauern. Die Krieger und Omra helfen dabei, dann bleiben sie zurück.“ Sie zögerte. Aber alles, was es noch zu sagen gab, würde sie besser erst erwähnen, wenn die Zeremonie vorbei war. Nur dann waren die beiden in der Lage, die enorme Wichtigkeit der Tatsache zu verstehen, dass sie die Auserwählten waren, da war sie sicher. Jede magische und mystische Ausbildung, die sie erhalten hatte, deutete darauf hin. So meinte sie nur noch: „Die Höhle der Zeremonie liegt am Fuß des Gebirges. Wir müssen noch einige Zeit wandern, es zu erreichen. Danach werde ich euch jeweils erklären, was nun wichtig ist.“ Stunden später erreichte die Gruppe den Rand des Mirtal. Im Norden vor ihnen stieg ein Gebirge auf, das sich quer über den Horizont erstreckte, massiv, hoch und schroff. Hane blieb stehen: „Die Schattenberge, wie wir sie nennen. Sie begrenzen das Land des Sommers nach Norden. Jenseits ist das Land des Winters mit Schnee und Eis – und viel Wasser.“ Sie ging weiter. „Ihr könnt es nicht von da holen?“ fragte Inuyasha: „Das ist ja wirklich…“ „Nein. Der Weg ist zu weit. Das Wasser wäre nicht mehr trinkbar. Aber wir handeln mit den Schneeleuten dort. Sie nehmen unsere Miwos. Und sie geben uns andere Dinge, wenn hier die kühlere Jahreszeit ist, sogar Eis.“ „He? Wasser geht nicht, aber Eis?“ Hane lächelte ein wenig: „Du hast dir nie Gedanken darüber machen müssen, nicht wahr, Inuyasha? Eis taut, wenn es warm ist, ja. Aber in der Luft des Gebirges ist es viel kühler als im Mirtal, so dass das Eis erst zu schmilzen beginnt, wenn die Sandwürmer niedersteigen. Das Eis ist gut verpackt, aber es wird dennoch zu Wasser. Wenn der Stamm eine solche Karawane erwartet, ziehen wir bis hierher, um sie zu erwarten. Und alle fangen dann das schmelzende Eis auf – gewöhnlich reicht das Wasser daraus für zwei Wochen. Es ist gutes Wasser, sehr klar.“ Und das waren die Quellen im Gebiet des Stammes durchaus nicht alle. „Es lohnt sich daher, die Gefahren der Berge auf sich zu nehmen.“ „Und die wären?“ „Eben Eis und Schnee im Winter, Lawinen aus Schnee oder Geröll. Und nicht zu vergessen, den Herrn der Echsen. – Aber dieser geht oft auf Bedingungshandel ein.“ „Ach ja, die Bedingungshandel.“ Der Hanyou hatte davon schon genug erlebt, seit er auf die Insel gekommen war. Eine mehr als eigenartige Sitte, wie er fand. Aber dadurch verhinderten die so unterschiedlichen Völker wohl dauernde Kriege. „Und das macht ihr auch mit den Leuten aus dem Winterland?“ „Ja. Sie können keine Haustiere züchten und die Wolle unserer Miwos hält sie warm. Wir tauschen, so oft es geht. Wenn es Schwierigkeiten gibt, geht der Raglah einen Bedingungshandel ein. So ist es.“ Dieser hatte mit seinen Kriegern aufgeschlossen, nickte nun aber nur. Die Hüterin des Wassers hatte hier die Leitung übernommen. Sie deutete voran: „Dort. Die Grotte, in der die Quelle des Lebens liegt, ist weit oben auf dem Berg.“ Auch das noch, aber immerhin, dachte Inuyasha. Das sah wirklich so aus, als ob diese dämliche Reise mit seinem sturen Halbbruder bald ein Ende finden würde. Obwohl die nicht so schlimm gewesen war, wie er am Anfang vermutet hätte. Nun gut, auf dieses reizende Fusionserlebnis oder die Kämpfe in der Seelenarena hätte er locker verzichten können, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie sich dadurch näher gekommen waren. Sicher, sie würden nie Freunde werden, aber sie waren wohl keine Feinde mehr, die sich mit dem Schwert in der Hand gegenüberstanden. Hane ging weiter: „Aber zunächst müssen wir in die Zeremonienhöhle. Nur noch einige Minuten.“ Die Berge waren weiter entfernt, schätzte Sesshoumaru. Wo war hier die Höhle oder die Quelle? Aber das würde sie am besten wissen. Hoffentlich ging es nun schnell. Am liebsten hätte er durchgegriffen, auf diese letzte Zeremonie und Bedingung verzichtet, aber er vermutete, dass sich Hane und ihre Stammesangehörigen lieber in Stücke schneiden lassen würden, als ausgerechnet bei der Quelle des Lebens einen mystischen Fehler zu begehen. So blieb wohl keine Alternative. – Und dort vorn lag ein großer Felsen, als habe ihn ein Riese von den Bergen bis hierher geschleudert. Seine empfindliche Nase zeigte ihm Feuchtigkeit an. Dort…..? In der Tat zeigte sich auf der dem Wind abgewandten Seite des Monolithen ein schmaler Spalt, gerade groß genug für eine Person. Hane griff hinein und nahm eine Fackel heraus, zündete sie an, ehe sie sie ihrem Partner weiterreichte und sich selbst eine zweite nahm. „Ich gehe mit den beiden voraus, Omra“, sagte sie: „Folgt uns in einigen Minuten.“ Sie trat in den Spalt und verschwand. Sesshoumaru bemerkte, dass ihm sein Halbbruder in ungewohnter Höflichkeit den Vortritt überließ und folgte ihr. In dem Stein lag ein Loch im Boden, das tief in die Erde führte. Die Cassana war wohl die Leiter hinab gestiegen. Er sparte sich das und setzte mit einem eleganten Sprung die fast zwanzig Meter hinunter, wo Hane bereits weitere Fackeln anzündete, der Hanyou schloss sich ihm unverzüglich an. Die Halbbrüder fanden sich in einer steinernen Grotte wieder, in deren Hintergrund eine Quelle mit schwefelhaltigem Wasser lag. Eimer verrieten, dass die Stammesangehörigen wohl hierher kamen, um das Wasser zu schöpfen. Hane sah zu ihnen: „Zum Ablauf der Zeremonie. Wir führen euch ein, dann erfolgt der Verbindungsritus. – Ich höre Omra und die Krieger kommen. Bitte geht zu der Quelle und kleidet euch aus. Dort werdet ihr baden. Die Krieger werden euch behilflich sein. Danach werde ich bereits in der Lage sein, alles abzuschließen. Und kann euch dann auch die letzten Dinge sagen, die mit der Quelle des Lebens in Verbindung stehen, und die nur eine Cassana und ein Raglah erfahren dürfen.“ Einig in der Meinung, diese dämliche Zeremonie so rasch wie möglich hinter sich zu bringen, traten die Hundebrüder an den Rand der Quelle. Inuyasha warf einen unbehaglichen Blick zurück, aber da sich Hane abgewandt hatte und anscheinend irgendwelche Dinge suchte, zog er Schwert und Scheide aus dem Gürtel und legte sie ab. Was sollte es. Omra und die Krieger waren ebenso Männer, wie sein Halbbruder ja wohl auch. Und die Cassana schien auch nicht weiter interessiert. Schamgefühl war da eigentlich nicht am Platze. Seit wann neigte er zu so etwas…wenn es nicht gerade um Kagome ging? Ein äußerst rascher Seitenblick verriet ihm, dass der Hundeyoukai anscheinend weniger Probleme hatte – nun gut, wer kannte auch einen Dämon, der sich schämte? Das war wohl eine äußerst menschliche Eigenschaft. Sesshoumaru, wie auch immer der das geschafft hatte, stand bereits nackt bis auf das Schulterfell bis zur Taille im kalten Quellwasser. Dieses hatte er nun mehrfach um die Schulter gewickelt, so auch den linken Armstumpf verbergend. Seltsamerweise überkam den Hanyou ein eigenartiges Gefühl. „Nein“, dachte er trotzig: „Der Mistkerl wollte mich umbringen. Und das hat ihm zu Recht einen Arm gekostet. Ich hätte ihm auch mehr abhauen können.“ Um sein Unbehagen zu verbergen, beeilte er sich, ebenfalls in das kühle Nass zu steigen, zumal er sah, dass Omra und die Krieger bereits in die Grotte kletterten. Der Raglah nickte, als er die beiden sah: „Gut. Die Krieger werden euch nun waschen. Ihr braucht, ja, sollt ihnen nicht helfen. Ich werde mit Hane die weitere Zeremonie vorbereiten. Wie gesagt, wir werden uns beeilen. Ich verstehe, dass ihr mit solchen Dingen nicht gerechnet habt. Aber das ist nun einmal so.“ Und war nicht zu ändern, sollte ihnen die Cassana den Weg zur Quelle des Lebens zeigen. So stand Sesshoumaru ruhig, als zwei der Wüstenkrieger auf seine Seite der Quelle traten, ließ sich ohne jedes innere Widerstreben berühren. Inuyasha zögerte mehr. Seit ihn in seinen Kindertagen seine Mutter so abgewaschen hatte, hatte dies niemand mehr getan. Erneut fühlte er ein gewisses Schamgefühl, verdrängte es aber rasch. Immerhin wollte er sich nicht blamieren. Und sein Halbbruder tat erfolgreich so, als sei er eine derartige Dienstleistung gewohnt. So bemühte sich auch der Hanyou um eine gelassene Miene, versuchte eher zu erkennen, was die Hüterin des Wassers da heranbrachte. Omra trug ebenfalls etwas – einen Dolch. Er legte ihn auf einem größeren Stein ab, wo Hane bereits zwei kleine Schalen und eine größere abgestellt hatte, nun mit etwas begann, was eindeutig ein Gebet in einer uralten Sprache war. Und keiner der Hundebrüder bezweifelte, dass dies eine Anrufung an das Wasser war. Allerdings hatten sie keine Ahnung, was das kalte Bad und die Waschung hier für Folgen haben sollten. Weder der Youkai noch der Hanyou spürten irgendeine Veränderung in sich. Nun gut, dachten sie in seltener Eintracht, das war eben etwas, worauf die Wüstenkrieger Wert legten, was aber wohl schlicht keinen Sinn machte. Die Männer beendeten die rituelle Waschung und traten zurück. Omra nickte: „Ich danke euch. Ihr könnt gehen.“ Als die Krieger ohne ein Wort erneut die Leiter emporstiegen, blickte er zu den Gästen: „Nun kommt zu uns.“ Er wartete, bis die unbekleideten Halbbrüder vor dem Stein standen, durch nichts ihr Unbehagen erkennen gebend: „Während Hane die uralten Beschwörungsformeln spricht, erkläre ich euch, was ihr tun müsst. Das Ritual der Verbindung besteht darin, dass einer von euch zunächst diesen Dolch nimmt und dem anderen eine Verletzung zufügt, aus der Blut austritt. Am besten am Unterarm. Das Blut wird in einer dieser kleinen Schalen aufgefangen. Dann geschieht das wechselseitig. Euer beiden Verletzungen werden miteinander verbunden, ebenso euer Blut gemischt. Dies trinkt ihr.“ Eine Form der Blutsbrüderschaft? Inuyasha wollte bereits einwenden, dass sie doch sowieso schon mehr als genug Blut teilten, als Sesshoumaru die Hand nach dem Dolch ausstreckte, nicht willens mehr Zeit als zwingend notwendig noch auf dieser Insel zu verbringen. Hane lächelte ein wenig: „Der Raglah.“ Doch, das mussten die Auserwählten sein. Sie wurde sich immer sicherer. Sie begann, die uralten Formeln aufzusagen, während Omra den Dolch übergab. Na toll, dachte der Hanyou, während er seinen Arm ausstreckte. Der einzige Vorteil, den er erkennen konnte, war der, dass er zum ersten Mal in seinem Leben Sesshoumaru eine Verletzung zufügen konnte, ohne dass der sich auch nur verteidigen würde. Was für ein dämliches Spiel… Aber dann war es wichtiger, keine Miene zu verziehen, als der Hundeyoukai die scharfe Klinge mit ungewohnter Behutsamkeit über seine Haut zog. Der Raglah hielt eine der beiden kleinen Schüssel darunter und fing das hervorquellende Blut auf, ehe er sie der Cassana reichte. „Danke. Nur gib das Messer….“ Er wollte schon sagen: der Hüterin des Wassers, wollte dann aber den Hanyou nicht beleidigen. Überdies befolgte der ältere Halbbruder bereits die Anweisung und streckte anschließend wortlos den Arm aus. Inuyasha zögerte einen Moment, wollte sich aber nicht blamieren, So zog er das Messer behutsam über die Haut des Unterarms. Dunkelrot und schwer trat das Youkaiblut hervor – dunkler und dickflüssiger als sein eigenes. Aber so vollkommen fremd war der Geruch nicht. Omra bemühte sich, es aufzufangen, musste aber dazu den Rand der Schale über die Haut ziehen. Und er war sicher, dass eine solche Berührung gewöhnlich mit dem Tode geahndet wurde, als er die unwillkürliche Anspannung der Finger bemerkte. Zum Glück verfügte dieser Sesshoumaru über genügend Selbstbeherrschung. Hane nahm auch diese Schale und leerte den Inhalt in die größere, ehe sie ein kleines Fläschchen aufnahm, das zur Hälfte Wasser enthielt, Wasser von der Quelle des Lebens. Sie groß den Rest der wertvollen Flüssigkeit zu dem Blut und verrührte es, ohne dabei die Gebete zu unterbrechen. Omra dagegen nahm ein Band auf: „Legt nun die Verletzungen aneinander.“ Die Hundebrüder gehorchten mit ungewohnter Fügsamkeit, spürten, wie ihre Arme aneinander gebunden wurden. Erst fast eine Minute später blickte die Cassana auf: „Hier. Trinkt nun nacheinander aus dieser Schale. Blut zu Blut und das Wasser des Lebens. Einig in Gedanken, einig im Handeln.“ Das würden sie wohl nie…dachte Inuyasha prompt, ließ sich aber die Schüssel an die Lippen setzen und trank. Es schmeckte nicht so widerwärtig, wie er sich das vorgestellt hatte. Auch Sesshoumaru schluckte das Gemisch. Als Hane die Schüssel auf den Stein abstellte, löste der Raglah die Verbindung: „Ich danke euch. Nun ist eure Pflicht getan. Ihr könnt euch anziehen. Und ich werde mich verabschieden. Was nun folgt, ist allein die Sache der Hüterin des Wassers.“ Er verschwand, ohne mit irgendeinem Wort zu rechnen. Er hoffte nur, dass seine Partnerin Recht behielt, diese beiden jungen Hunde begriffen, um was es ging, dass sie wirklich die Auserwählten waren. Falls sich Hane irrte, würde es für sie tödlich werden. Die Hüterin des Wassers wandte sich höflich ab und räumte die benutzten Gegenstände weg, um den Halbbrüdern die Gelegenheit zu geben, sich anzuziehen. Als sie sich umdrehte, waren beide bereits wieder vollkommen bekleidet und bewaffnet. „Was soll das?“ erkundigte sich Inuyasha verwundert. Denn die Cassana war auf die Knie gegangen und neigte nun den Kopf: „Ich versprach, euch alles mitzuteilen, was die Quelle des Lebens betrifft. Und das, was ich nun zu sagen habe, darf nur ein Raglah, nur eine Hüterin des Wassers erfahren.“ Sie wusste, dass sie jetzt in Lebensgefahr schwebte. Aber sie musste es erklären. Es war ihre Pflicht als Cassana. Was auch immer nun geschehen würde, lag in der Hand dieser beiden. Waren sie die Auserwählten, die den Legenden nach das Wasser in das Mirtal zurückbringen würden, das Binnenmeer? Ihre Tochter hatte geschrieben, dass sie den Togol eine Quelle reinen Wassers gegeben hatten. Das war ein Hinweis. Und ebenso die Tatsache, dass der Hanyou, die reine Blutmischung aus Youkai und Mensch, die Wasserfindefähigkeit besaß. Auch nur die Chance zu bekommen, dem Land des Sommers das Wasser zu bringen, war das Risiko wert. „Ich muss euch mitteilen, dass die Quelle des Lebens dort oben in den Bergen versiegt ist.“ Schweigen. „Was?!“ war dann alles, was Inuyasha fassungslos hervorbrachte. Dann war die gesamte Reise umsonst gewesen? Oder sollte das noch eine Prüfung darstellen? Er bemerkte, dass sein Halbbruder die Hand hob und anspannte. Hane hatte es auch gesehen und schluckte in jäher Todesangst: „Die Quelle des Lebens ist verschwunden. Darum werden keine neuen Baumgeister mehr geboren. Und darum werden die Geister wohl auch krank.“ Sie hatte Mühe das auszusprechen: „Wenn ihr sie zurückbringt, das Wasser zurückbringt….“ „Ach, und wie sollen wir das machen?“ Es war ja nett, wenn einem was zugetraut wurde, aber das war doch zuviel. Außerdem war es mehr als ärgerlich, noch immer nicht am Ziel zu sein. „Ihr habt den Togol eine Quelle gegeben… Ich bin sicher, dass ihr die Auserwählten seid, von denen die Legenden sprechen…“ Wunderbar, dachte Inuyasha: das hatten sie davon, dass sie sich bis hierher durchgeschlagen hatten. Jetzt hielten die Leute sie hier für irgendetwas Besonderes. Aber er sah seitwärts. Wenn Sesshoumaru so sauer war, dass er die Cassana umbringen wollte, war er der Einzige, der ihn daran hindern konnte. Als er erkannte, dass dieser die Hand sinken ließ, fuhr er ein wenig beruhigter zu Hane fort: „Ich habe keine Lust, zu einem durchgedrehten Monster zu werden, weißt du. Und um das zu verhindern, muss die Quelle wieder her. Also, wo entspringt sie?“ „Das weiß ich nicht. Mir wurde erzählt, tief unter dem Schattengebirge liegt die eigentliche Quelle des Ursprungs. Und das Wasser steigt dann empor. Als die Erdbeben alle Quellen und Bäche versinken ließen, geschah dies wohl auch mit dieser. Ich habe das letzte Wasser, das wir noch aus der Quelle des Lebens besaßen, für eure Verbindung benutzt.“ Hane atmete unwillkürlich etwas auf. Sie hatten sie nicht im ersten Zorn getötet, das ließ sie hoffen. „Ich weiß nur, dass das Wasser der Quellen und Bäche des Mirtal aus dem Land des Winters kommen soll, aus den Bergen, wenn der Schnee schmilzt, vom Regen, der dort als Schnee fällt. Dies sagte mir der Herr der Echsen einmal, bei einem Handel.“ „Dann werden wir den eben ein wenig nachdrücklicher fragen.“ Aber der Hanyou sah seitwärts. Erfahrung aus den Abenteuern der letzten Tage hatte ihn gelehrt dass der Herr Halbbruder manchmal mehr über diese Insel wusste, als er. Sesshoumaru musterte die Cassana: „Der Herr der Echsen.“ Musste denn alles schief gehen? Aber er war niemand, der vor dem Erreichen seines Zieles umdrehte, niemand, der versagte. Er wollte Tenseigas Scheide in der Quelle des Lebens baden und genau das würde er tun. Und die von Tessaiga gleich dazu. „Ja. Er lebt hier im Gebirge, am Pass, der von uns in das Land des Winters führt. Wenn wir dort hinüber wollen, müssen wir auf seine Bedingungen eingehen. Meist will er nur Neuigkeiten, “ ergänzte sie eilig. Inuyasha entnahm dem, dass dieser Echsenherrscher mehr neugierig als gefährlich war – und dass Sesshoumaru den ebenfalls aufsuchen wollte. „Dann bring uns hin.“ ****************************** Der Herr der Echsen sollte schon im eigenen Interesse ein paar neue Informationen sagen können... Und dem Interesse des Mirtal. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)