Die Abenteuer von Mr. Bär und Mr. Baguette von Wollfisch ================================================================================ Kapitel 20: Vom Hellsehen ------------------------- Mr. Baguette war froh. Sein geliebter Hamster und seine Freunde waren in Sicherheit. Zumindest weit mehr als er selbst, aber das war in diesem Moment nicht allzu schwierig zu bewerkstelligen. Lieber in den Klauen einer Banshee als in einer brennenden Mühle. Plötzlich knackte es ein drittes Mal, diesmal viel lauter als die beiden Male vorher und Mr. Baguette sah wie sich der Rest des Daches und sämtliche Mauern gleichzeitig auf ihn zubewegten. Er schloss die Augen und dachte an Käse. Camembert, Brie... In just jenem Moment in dem ihn ein brennender Balken treffen würde, klappte unter ihm der Boden weg. Das Gewicht der Mühle, jetzt nicht mehr verteilt auf Wände und Decke, krachte mit aller Gewalt durch die Bodendielen. Es platschte laut und zischte als brennendes Holz auf kaltes Wasser traf. Die Mühle war nicht nur an einem Fluss erbaut worden, nein, sie führte quer über ihn drüber. All das bemerkte Mr. Baguette zwar nicht, aber es rettete ihm den Schnurrbart.1 Mit mehr Glück als Verstand ruderte er ein paar mal mit den Armen und wurde so jeweils um ein paar Zentimeter von dicken, herabstürzenden Holzbalken verfehlt. Dann zog ihn die Strömung Flussabwärts. Er packte seine Mütze, hielt sie mit beiden Händen fest auf den Kopf gepresst und rief „Oh mon DIÖÖÖÖ!“ als es schnell bergab ging. Über ihm zog ein hübscher Himmel voller kleiner Wölkchen vorbei. Schwer zu glauben dass sie bis eben noch in solchen Schwierigkeiten gesteckt hatten. Mr. Baguette fand, die Sache entwickelte sich ganz gut. Allerdings wusste er auch noch nichts vom Wasserfall. Flip Flop hockte immer noch im Gras und starrte zu den brennenden Überresten hinauf. Er schniefte kurz. Er hatte Mr. Baguette echt gemocht. Ganz im Gegensatz zu Mr. Bär. Und jetzt war er allein mit dem. Fast. „Warum musste er das auch sagen? Der Hamster ist kein Problem, aber ausgerechnet der Bär!“ Er kräuselte die Schnurrhaare und wandte sich Cremé Brühlee zu. Die hockte fiepend neben ihm und schaute noch verwirrter aus als sonst. Abwechselnd taxierte ihr Hamsterblick den brennenden Bretterhaufen und einen leeren Platz neben ihr. Weiter oben auf dem Hügel ließen die Dorfbewohner ihre Mistgabeln und Fackeln sinken und hoben die Bierkrüge, die zur Feier des Tages herbeigeschafft worden waren. Die lärmende Menge schob sich zurück in Richtung Tal. Flip Flop schaute ihnen unschlüssig nach. Was sollte er nun tun? Als Ratte konnte er nicht viel ausrichten. Und wenn er wartete bis es dunkel wurde hatte er immer noch das Problem mit Onkel Dave. Im Augenblick legte er nicht einmal Wert darauf Stanley zu suchen. Er brauchte nun wirklich nicht auch noch einen Wolf der dauernd aus reinem Reflex nach ihm schnappte. Es gab nur noch eine einzige Person die er nun um Hilfe bitten konnte. Und das behagte ihm ganz und gar nicht. Mr. Bär segelte durch die Luft. Der Wind in seinem Pelz lies ihn ziemlich fluffig aussehen, die Fliegen zwischen seinen nicht-vorhandenen Zähnen verliehen ihm allerdings den Charme eines Stofftieres, dass 20 Jahre lang unter einer Parkbank gelegen hatte. Dieser Eindruck wurde von seinem Gesichtsausdruck noch unterstützt. „Heda Mopsgesicht! Lass mich sofort runter!!“ Steffi schaute in seine Richtung und lächelte wie ein alter Putzlumpen mit scharfen Zähnen. „Ach was, ich habe große Pläne mit dir.“ „Das kannst du nicht machen!! Die Spinner sind alle immer noch in der Mühle und die BRENNT!!“ „Und?“ „Ich will DAS SEHEN!!“ Mr. Bär wand sich hin und her, aber da hätte er auch versuchen können aus einem Schraubstock zu entkommen. Für ihre knochige Statur konnte die Banshee verflucht fest zupacken. Stanley hockte auf einem Baum und schaute unschlüssig nach unten. Die Banshee hatte ihn gleich nachdem sie ihn aus der Mühle gezogen hatte losgelassen. Er war sich noch nicht so sicher, ob es nun Glück oder Pech war, dass er nicht zu Boden gestürzt war. Immerhin war er ein Wolf und kein Affe. Er hatte nie Ambitionen verspürt klettern zu lernen. Außerdem spukte ihm noch immer dieser eine Satz seines Großvaters im Kopf herum: „Runter kommen sie alle!“ Ein eder, der sich vor ihnen auf einem Baum geflüchtet hatte, war früher oder später doch runtergefallen. Stanley hörte ein lautes Rauschen und Platschen. Er reckte den Kopf noch ein bisschen weiter vor, gerade so viel, wie ihm seine Angst vor dem Aufprall gestattete. Er sah unter sich den Fluss. In ihm trieben ein ein paar glimmende Stücke von Holzbalken. Er überlegte kurz, ob es sich lohnte doch zu springen, aber baden hatte er auch noch nie leiden können. Außerdem war da noch der Wasserfall, keine drei Meilen Flussabwärts. Ein ohrenbetäubendes Krachen riss ihn jäh aus seinen Gedanken. Hinter ihm, nur ein kleines Stück bergauf stürzte die Mühle in sich zusammen. „Wow, gut das ich schon draußen bin.“ dachte er. Entfernt hörte er ein „Oh mon Diööööö“ im Wind. Er schaute wieder nach unten und entdeckte Mr. Baguette, der gerade an ihm vorbei trieb. „Hallo! Kannst du mich hier runterholen?“ rief Stanley. „Ah, Bonjour!“ rief Mr. Baguette. „Exküse moi, aber es sieht so aus, als muss isch weiter! Adiöööööö!!“ 2. Als die Sonne bereits hoch am Himmel stand, hatte Flip Flop sein Ziel erreicht. Es hatte länger gedauert, als er gehofft hatte. Immerhin musste er Cremé Brühlee mitschleppen, die alle Nase lang stehen blieb um Kiefernadeln auf dem Boden zu zählen. Und sie änderte auch recht oft die Laufrichtung. Es war als ob ihr jemand von innen gegen die Zähne klopfen würde. So klang es jedenfalls. Flip Flop hatte auch öfter das Gefühl eine quitschige Stimme zu hören die irgendwelche Befehle von sich gab. Es erinnerte ihn an ein gewisses Heimchen, dass vor nicht allzu langer Zeit sein „Gast“ gewesen war. „Mach mal den Mund auf.“ Cremé Brühlee schaute ihn stumpfsinnig an. Flip Flop seufzte. Dann packte er der armen Hamsterdame so tief ins Maul, dass seine Pfote fast am anderen Ende wieder rausgekommen wäre. Dachte jedenfalls Cremé Brühlee. Zwischen Zahlen und noch mehr Zahlen. Schließlich zog er ein kleines Heimchen hervor. Er hatte es an den Fühlern erwischt und es schimpfte als ob es drei Meter groß wäre. „Du wagst es den angehenden Herrscher der Welt so rüde an den unantastbaren Fühlern zu packen! Du Wurm! Du Ratte!! Ich werde dich Moores lehren du Sohn einer Radkappe!“ „Aha.“ sagte Flip Flop und musterte seine Entdeckung ausgiebig. Neben ihm stand Dr. Seestern und lächelte. „Soll ich dir erklären dir erklären wie Heimchen funktionieren?“ „Äh, ein andermal vielleicht.“ „Bist du sicher, ich weiß das nämlich weil...“ „Ganz sicher.“ Dr. Seestern verzog beleidigt die Lippen, kriegte sich aber sofort wieder ein. Sein Wesen war nicht dazu geschaffen länger als zwei Sekunden zu schmollen. „Du bist es, nicht? Das Heimchen das ich in L.A. getroffen habe.“ „Wenn schon, dann habe ICH dich getroffen. Und ich erinnere mich nicht an jeden unbedeutenden kleinen Wicht, der eins mein Untertan war. So viele waren es schon.“ „Jaaaah, klar.“ Flip Flop schüttelte den Kopf und im Affekt auch das Heimchen. Erdpferds Protest ging einfach unter. „Im Grunde hab ich für sowas jetzt keine Zeit.“ Er setzte dazu an, Erdpferd bis ins nächste Gebüsch zu werfen, auf dass Cremé Brühlee ein wenig schneller geradeaus gehen mochte, jedoch hielt in irgendetwas davon ab. Irgendetwas war Erdpferd selbst, der sich mit seinen Fühlern an Flip Flops Pfote krallte. „Hm... kannst du nützlich sein?“ „Nützlich? NÜTZLICH??? Du Produkt einer Teewurst, wie redest du mit mir, dem Herrscher allen Lebens?? Ich bin das nützlichste Lebewesen auf der ganzen Welt, ich bin so nützlich, ich nütze nur mir selbst. Alles andere wäre auch kompletter Schwachsinn.“ „Aha. Du kannst Milch geben? Oder Eier legen? Nein, warte... dich kann man fressen?“ „Ich bin kein niederes Säugetier so wie du!!“ „Ich kann dich aufessen. Du schmeckst bestimmt nicht schlechter als der Müll den ich sonst so finde.“ Flip Flop hob Erdpferd über seinen Kopf und sperrte das Maul auf. „Warte!! Der kleine Rest an Überlebensinstinkt, der tief in den Zellen des Heimchens schlummerte erwachte mit einen Glockenschlag. „Friss mich nicht, ich kann helfen!“ „Wobei? Du kannst meinen Magen füllen, das würde helfen.“ „Ich weiß von deiner Mission!“ „Woher? Ach, du hast uns also gehört.“ „Du willst den großen Stoffsack retten. Auch er war einst mein Untertan.“ Erdpferds Gedächtnis kramte all die Informationen heraus, die es in seinem mentalen Schrank unter *Hat nichts mit mir zu tun, ist unwichtig* abgelegt hatte. Diese klemmende Schublade wurde durch den Anblick scharfer Rattenzähne urplötzlich geöffnet. „Mr. Bär? Nein, eigentlich will ich ihn nicht retten. Aber ich hab das Gefühl, dass bin ich Mr. Baguette schuldig.“ „Wem?“ „Dem Typ mit dem Schnurrbart.“ „Ach ja. Kein Untertan. Kein Interesse.“ „Du kannst also helfen?“ „Ich? Der Herrscher allen... ähm, ja.“ „Wie?“ Flip Flop setze Erdpferd auf dem Boden ab und neigte den Kopf zu ihm runter. Erdpferd bemerkte nervös wie in dieses kleine rote Auge fixierte wie einen Imbiss. „Ich.... ich.... also.... ich weiß es noch nicht.“ „Mahlzeit!“ flötete Flip Flop und schnappte zu. Erdpferd entging einem tragischen Ende nur um Haaresbreite. „Ich kann es heraus finden! Ob du mich jetzt frisst oder später, was spielt das für eine Rolle für dich?“ Der Heimchenverstand arbeitete wirklich auf Hochtouren. Noch ein bisschen mehr und er hätte die Erdumlaufbahn verlassen um in andere Sphären abzudriften. Ihm wurde schon ganz schwindelig. „Hm...“ Flip Flop überlegte. Was konnte er mit einem Heimchen anfangen? Es war klein genug um in ihr Ohr zu kriechen. Ob das was brachte? Hörte sie auf die Stimmen in ihrem Kopf? „Also gut, ich nehme dich mit. Du kannst dich gleich beweisen, wir sind schon fast da.“ Er schaute sich um und entdeckte im hellen Licht des Nachmittags die Hütte im Sumpf. Weißer Nebel waberte umher und kümmerte sich nicht um physikalische Gegebenheiten. Das Sonnenlicht, das auf den Nebel traf wurde trübe und stumpf. „Wenn wir da drin sind, fasst ja nichts an. Besonders nicht die Gurkengläser!“ Ach, wem sagte er das? Einem neurotischen Hamster, einem größenwahnsinnigen Heimchen und einem Seestern der ihm sicher gleich erklären wollte, wie Gurken funktionieren. Das alles konnte nur mächtig schief gehen. Eine Hexe verhandelt doch nicht mit einer Ratte. In diesem Moment wünschte er, er hätte Stanley doch mitgenommen. Kurz nachdem die Mühle zusammengebrochen war, hatte er sich auf den Weg gemacht und war dabei auch an jenem Baum vorbei gekommen, auf dem der arme Werwolfvampir hockte und winselte wie ein Hund vor der Tür einer Metzgerei. „Hey, Kumpel! Was freu ich mich dich zu sehen! Kannst du mir runterhelfen?“ Er setzte einen herzerweichenden Dackelblick auf. Der zog allerdings nur bei Frauen mittleren Alters. „Ich wüsste nicht wie.“ Flip Flop hatte die kleinen pelzigen Schultern gezuckt. Jetzt hatte er ihn ja doch gefunden, ganz ohne Suchen. Aber er konnte ihm wohl tatsächlich nicht weiter helfen. „Kannst du nicht runterklettern?“ „Seh ich so aus?“ „Wie wär's wenn du dich mal in deine Menschenform bequemst. Mit Händen.“ „Ah, ich rutsche sicher ab! Kannst du nicht Mr. Baguette holen. Er kann mich bestimmt auffangen.“ „Stanley, ich muss dir was sagen... Mr. Baguette ist tot. Weißt du, vorhin als die Mühle...“ Stanley meint daraufhin: „Ich hab ihn doch gerade noch gesehen!“ „Ja, es kam so plötzlich.“ „Nein, ich meine er ist noch am Leben.“ „Ach, er wird immer ein französisch eingerichtetes Café in unseren Herzen haben.“ Flip Flop seufzte. „Du verstehst nicht was ich meine, er...“ „Ja, solange wir an ihn denken, lebt er weiter. „Aber... ah, vergiss es, ich sag's dir später. Und jetzt?“ „Tut mir leid Stanley, in dieser Gestalt werde ich dir kaum helfen können. Ich kann auch nicht warten bis die Sonne untergeht, denk an Onkel Dave.“ „Was hast du denn vor?“ „Ich bin mir noch nicht sicher. Ich denke ich werde einer älteren Dame einen Besuch abstatten.“ „Du lässt mich hier allein für ein Kaffeekränzchen?“ „Ganz so ist das nun auch wieder nicht. Sei nicht sauer, komm nach wenn du's runter geschafft hast, ich bitte dich. Du findest uns im Sumpf.“ Ja, so war das mit Stanley. Offenbar hatte er es bisher nicht einrichten können. 3. Unterdessen amüsierte man sich im Schloss der Banshee prächtig. Wobei „man“ nur Steffi war. Mr. Bär hatte keinerlei Spaß. Das war nichts Neues, hatte aber eine ganz neue Dimension erreicht. Die passte ihm so gar nicht in den Kram. „Du siehst so süüüüß aus!“ Steffi hüpfte um Mr. Bär herum wie eine Dreijährige um ein Hundebaby. Sie hielt eine Kamera in den Klauen und knipste so wahllos wie ein Stalker vor offenem Fenster. Mr. Bär trug eine hellgelbe Latzhose mit Blümchenmuster auf der Brusttasche sowie auf den beiden Taschen am Gesäß. Dazu trug er ein rosa T-Shirt mit kleinen Rüschen dran. Steffi hatte ihm noch dazu einen Strohhut mit Plastiksonnenblume dran aufgesetzt und ihm eine kleine blaue Gießkanne an die Pfote gebunden. Er sah wie die Altkleidersammlung in Barbie-Stadt. Jede Faser seines Selbst strebte danach sich aufzulösen in einem möglichst ekelhaften Schleim. Leider neigten Teddybären nicht dazu eine derartige Fähigkeit mitzubringen. Er versuchte es auch mit spontaner Selbstentzündung, aber das konnten wohl nur Organismen die aus Proteinen bestanden. Er dachte zurück an die Mühle und fühlte blanken Neid auf das Ende der anderen. Zu allem Überfluss konnte er seine Gefühle nicht einmal in Worte kleiden. Nicht, dass es ihm an dazu gehörigen Worten gefehlt hätte, nein, Steffi hatte ihm in weiser Voraussicht (und nach zahlreichen Schimpf -Triaden) den Mund zugenähnt. Für Mr. Bär eine mehr als unwillkommene Erfahrung. „Oh, die Fotos werden so gut! Als nächstes zieh ich dir das Matrosenkleidchen an“! Mr. Bärs Augen sprühten nur so vor Hass. Seine Innere Stimme brüllte Dinge in seinen Watteschädel, die einen Teufel hätten erröten lassen. Steffi hingegen lächelte bloß selig. Endlich hatte sie etwas, mit dem sie einen Beitrag für ihren Lieblingskalender leisten konnte. *12 Monate voll bäriger Spaß.* Es war die Art von Kalender, die für Leute produziert wurden, die glaubten ihre Stofftiere würden nachts lebendig werden... und ihnen bei der Gartenarbeit helfen. 4. Als Mr. Baguette die Augen aufschlug sah er zuerst nur einen schwach leuchtenden Schein, der sich kurz darauf als hell prasselndes Feuer entpuppte. Ruckartig schoss sein Oberkörper hoch, doch sein Kopf kollidierte schmerzhaft mit einem sehr massiven Stück Holz. Er sank stöhnend zurück. Leichte Schläge auf den Denkvermögen erhöhen eben den Hinterkopf. Das Feuer im Kamin blieb davon natürlich völlig unbeeindruckt. Mr. Baguette lag im unteren Teil eines Hochbettes das aussah, als ob es einem geistesgestörten Kind gehören würde. Kleine Wimpel mit Knoblauchmotiv hingen daran und jemand hatte eine Superheldenfigur die schwer nach Batman aussah an die Zimmerwand gepinselt. Allerdings war sie von einem großen roten Kreis umrandet und dick durchgestrichen. Darunter stand in krakeliger Schrift: „Vampirfreunde NEIN DANKE!“ Mr. Baguette fragte sich gerade, wie er nun in diese Lage gekommen war. Das letzte an das er sich erinnerte war ein sehr lautes Rauschen gewesen. „Ei gudde, biste wach? Kommt net oft vor, des Leudde en Sturz de Wasserfall nunner so gut überstehe. Oh, du west aber schon no wer de bist, ne? Des wär ja jetzt sonst'n schöne käs, wie in so ner billischen Soap, oh je, du hast den Gedächtnis verlore, du arme Kerl. Isch werd disch natürlich hesche und pflesche – damit du mir den ganzes Erbe überschreibe dust, denn schpäter wirste du disch erinnern das du so'n schteinreiche Babbsack, äh, isch mein Graf bist und du wirste es mir zu Gude halde, dass isch mich um disch gekümmert hab, obwohl isch natüüüüürlich kene Peil hatte wer du bist- denkste jedenfalls. Hahah. Ähm... wo war isch? Des dud mer leid, bei dumm Gesabbel. Isch krisch nur so selten Besuch, da überschlag isch mich manchmal. Es is einfach net so befriedischend mit de Topfpflanzen zu babbeln. Wobei dat denen ja wirklich gud tun soll, isch meine, det liest man doch so, ne? Mei Tulpe Charlotta hat mer bisher aber noch nie geantwortet. Haha, neee, das wäre auch verrückt. Obwohl isch'er so viel Pflesche angedeihe lasse, nur das Beste für de hübsche Charlotta, teurer Dünger aus Diamantenstaub un so... oh weh, ich tue es schon wieder, ne? In einem Sessel vor dem Feuer saß ein kleiner alter Mann. Er trug enorm viele Lagen Kleidung übereinander und hatte sich gleich drei verschiedenfarbige Schals um den Hals gebunden. Außer seinem Gesicht und seinen Händen, die einen Becher mit dampfender Flüssigkeit hielten, war von seiner Haut nichts zu sehen. Er lächelte etwas geistesabwesend, schien aber ansonsten noch recht fit zu sein. „Ähm... wo bin isch hIer?“ Mr. Baguette stand vorsichtig auf und behielt die Decke des Hochbettes dabei misstrauisch im Auge. Sie könnte ihn ja jederzeit wieder anfallen. Langsam und voller Bedacht stellte er zuerst die Füße auf den Teppich und beäugte dabei weiterhin das Holz über ihm. Mit einem schnellen Ruck stand er auf, drehte sich um und sagte: „HAH!!“ zum Bett. Plötzlich hatte er das Gefühl nicht ganz auf der Höhe zu sein. „Ei, du bist hier im Walpurgistal. Im Westende Transblubbiens. Schöne Geschend, wenn ma blind is. Isch leb hier nu schon seit fufzisch Jahren. Seit isch den Wasserfall nunnergefalle bin, nach meim Kampf!! Ich sach dir, des waren Zeiten, isch hatte wirklisch a Mission. Isch war so knapp devor se zu erfülle un dann...“ „Seit 50 Jahren?? Oh mon diöö..!“ „Des kannste glaube. Isch erinnere misch net gern daran zurück, weißt de... obwohl, willst de de Geschischt hören? Also, es war emal vor langer Zeit, da war isch noch en junge Bursch, schtattlisch, voller Saft un Kraft, isch war so gut in allem, isch hätte...“ „Verseiung, aber, isch würde gerne wissen, wer Sie sind... in kursen Worten Silvoupläis. Isch muss gleisch gehen... oh mon diö, das war unhÖflisch von mir. Aber isch muss doch Mr. Bär retten.“ „Mr. Bär? Det klingt komisch. Ich bin de Herr von Hellsehen. Vielleicht hast de schon emal von mir gehört?“ „Bedaure.“ Mr. Baguette sah den geknickten Blick des alten Mannes und korrigierte sich noch schnell: „Aber isch komme nischt von hIer. Nischt mal ansatzweise.“ „Nun, isch bin ne lokale Berühmtheit,einmal da...hm, isch lege auch de Tarotkarten. Willste wisse was de Zukunft bringt?“ „Ähm, isch danke Ihnen sehr für alles, aber isch muss jetzt wirklisch gehen.“ Mr. Baguettes Schnurrbart tastete sich schon mal Richtung Ausgang. „Ach, de junge Leud von heud, ham ed immer so eilisch. Isch weiß noch, damals als isch jung war...“ Mr. Baguette seufzte leise. Sein Alter war zweistellig, begann mit einer 4 und endete mit einer 2. Das ist definitiv nicht mehr jung. „...da war isch'n sehr erfolgreischer Jäscher. Wambire hab isch gejagt und vernischtet, wo immer isch se gekrischt hab. Nur Enen, den konnt isch net kleinkrische...“ Mr. Baguettes Aufmerksamkeit, normalerweise in einen Schrank mit Knäckebrot gesperrt, schnellte nach vorne, durch die Schranktür und machte Männchen. „Vampirjäger?“ „Ei ja, mein beste Tache. Hab 200 für jedn Schtaubbeudel gekriescht. Bis der Babbsack, der „Dave“ hier ufftauchte. Des hat ma men ganse schöne Erfolchssträhne kaputt gemacht. „Was ist passiert?“ „Ey, isch war net stark nuch. Der hat misch damals arch durch de Mangel gedreht. Ne komische Redewendung, dursch de Mangel gedreht. Wär mir dat wirklisch passiert, isch würde heud wohl anners ausschaun... ganz platt und ausgequetscht...“ „Sie hAben mit Blaah!s Onkel gekämpft?“ Mr. Baguette war schwer beeindruckt. „Was is ein Blaah!? Klingt wie ne Krankheit. Oh, warum biste hier im Krankenhuus? Ach, isch hab Blaah! Hm, isch wa damals wirklisch in Top-Form, isch hatte alles bedacht... nur nich, dass er misch am Tage angreifen würd, de feige Hund.“ „?? Isch dachte das sei nischt möglisch?“ „Dacht isch auch min Kamerad. Nu, er truch so'n Amulett um de Hals. Et machte, dass er sisch am Tach auch so beweche kann wie mir. Des Amulett von Amulett.“ Mr. Baguette ging langsam ein Licht auf. Ganz langsam. „Isch konnt es ihm damals im Kampf entreiße, isch stürzte in de Fluss, des Amulett mit mir. Isch hatt gehofft, er würd zu Staub zerfalle, aber so enfach war det dann wohl doch net. Er hat'n bisschen angefange zu qualme um denn schnell de Rückzuck anzutrete. Aber er is noch immer da drauße. Schreiben se jedenfalls de lokalen Boulevardblätter. Es war men größter Triumph ihm des Amulett weg zu grapsche, aber gleichschzeitig mene bitterste Niederlache, denn isch konnt trotzdem net gewinne. Ach jeeeh. „Wir hAben das Amulett gefunden.“ sagte Mr. Baguette und dachte kurz zurück. „Dann fiel es in den Fluss.“ „Ne, des kann net sein. Des Amulett hat dieses Haus noch nie verlasse, genausowenisch wie isch. Wenn de Dave schpitz krischt, des isch am Lewe bin und des Amulett noch bei mir in den Bude, net auszudenke!!“ Vom Hellsehen strafte seine ganze Erscheinung. Er sah ein bisschen aus wie ein Gockel auf einem Misthaufen... der plötzlich in sich zusammenfällt. „Es muss hier irschendwo sein!“ Er ging durch die Hütte, murmelte und schnaufte und griff schließlich in eine Dose auf der „Cookies“ stand. Dann förderte seine Hand neben einigen Krümeln auch ein leuchtend rotes Amulett zu Tage. Es sah dem Exemplar aus Steffis Turm unheimlich ähnlich. „Eine... Fälschung!“ rief Mr. Baguette. „Du hast wohl'n Rad ab?! Des Schnuggelsche is so escht wie mene Nasenhaare!“ „Oh, nischt dieses Amulett. Welches wir gefunden hAtten... es war nischt echt!“ 5. Im Schloss von Onkel Dave ging es in der Zwischenzeit nicht sehr feierlich zu. Stinksauer brütet er in seinem Sarg vor sich hin. Sein Gemüt war so hitzig, man hätte auf dem Sargdeckel Spiegeleier braten können. Er hatte die Schnauze voll von allem was in Transblubbien kreuchte und fleuchte, vor allem von seinem Neffen und dessen haarigen Vater. Es wurde endlich Zeit für eine richtige Schreckensherrschaft. Bei Anbruch der Nacht würde er sie alle vom Angesicht der Erde tilgen. Er hatte einen Plan, er hatte ein Motiv, er hatte die MACHT. Und er hatte schon vor ein paar Jahren Transblubbien für ein hohes Sümmchen versichern lassen. Vernichtung und Geld verdienen. Schönes Ding. 1. Die Fußnote: Es rettete ihm nicht nur den Schnurrbart sondern auch das Leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)