Frühlingsgefühle von Noleen (Vaughn X Chelsea -FF) ================================================================================ Kapitel 3: Fürsorge ------------------- Vorwort (Sry, dass das so lange gedauert hat… =_= Ich habe vor Monaten begonnen, das Kapitel zu schreiben, aber seltsamerweise nie vollendet *hüstel*.) Ich denke, dass das Kapitel für sich selbst spricht. Leider ist die Handlung – meiner Meinung nach – etwas abgehackt beschrieben XD *hüstel*. Na ja, aber ich glaube, am Ende des Kapitels weiß man, worauf das Ganze hinausläuft ^_^. ___________________________________________________________________________________ Fürsorge Mit dem Donnerstag kam der letzte Tag, den ich auf dieser Insel verbringen würde – zumindest für diese Woche. Ich war mir auch nicht sicher, ob ich auch nur einen weiteren Tag hier ausgehalten hätte. Es war nicht so, als ob ich die Insel nicht mochte. Ich hasste sie. Mein Inneres fühlte sich an, als ob sich irgendjemand einen Spaß daraus gemacht hatte, meine Gefühle zu vermischen und sich schließlich noch in meine ungewöhnlichen Gedanken einzunisten. Das Schlimmste daran war, dass ich es nicht aufhalten konnte. Eigentlich war daran nur eine einzige Person schuld – und wenn ich nur an sie dachte, wollte ich mich am liebsten selbst schlagen. Ich wusste absolut nicht, was mich geritten hatte. Je schneller ich von dieser Insel verschwinden würde, desto besser war es wohl. Ich betrachte meine aufgeschürften Hände und leckte sie sorgfältig ab. Es kümmerte mich schon gar nicht mehr – ich war solche Verletzungen während meiner Arbeit gewöhnt. Glücklicherweise konnte ich mich allerdings nun um die Tiere bei Mirabelle kümmern. Wie hart auch die Arbeit sein mochte – ich genoss es jedes Mal aufs Neue, die Tiere zu pflegen und mit ihnen zu reden. Ich steckte meine Handschuhe in die Hosentaschen und lief bedacht zu einer Kuh herüber, die sich in einer Ecke zurückgezogen hatte. Sie sah mich mit großen Augen an und rührte sich nicht. Ich lächelte ganz leicht, streckte einen Arm aus und streichelte sie ganz sanft, um ihre Angst zu nehmen. Die Kuh trat behutsam ein Stück näher zu mir und ließ sich ruhig von mir streicheln. „Braves Mädchen“, murmelte ich und tätschelte sie weiter. Gegen Mittag stattete ich Chens Laden einen Besuch ab. Ich suchte nicht die Konversation mit ihm – mein Magen sehnte sich lediglich nach etwas Essbarem. In meiner Hosentasche befanden sich dreihundert Münzen, die ich nach meiner Arbeit in Mirabelles Laden erhalten hatte. Es war eine recht geringe Summe, doch ich konnte dankbar dafür sein, dass ich überhaupt genug hatte, um mir etwas zu Essen zu kaufen. Ich konnte nichts außer den Kleidern an mir als mein Eigentum bezeichnen; ich lebte von der Situation und dem Zufall und das wenige Geld, das ich besaß, gab ich für das tägliche Überleben aus. Aber anders war ich es nicht gewöhnt – und in gewisser Weise gefiel es mir wohl sogar. Schließlich wollte ich nicht genauso verweichlichen wie die ganzen anderen Menschen, die sich in ihrem Wohlstand wälzten oder mit ihrem nervigen Optimismus tänzelnd durch die Gegend flitzten. Die Arbeit zuvor hat leichte Schürfwunden auf meinen Handflächen hinterlassen, aber ich ignorierte diese Tatsache so gut wie es ging. Natürlich konnte ich nicht leugnen, dass mich die brennenden Wunden nicht bei der Arbeit behindert hätten, jedoch konnte ich zu niemandem gehen und ihre Hilfe erbitten. Ich brauchte auch niemanden – wozu auch? Die lächerlich vorgetäuschte Fürsorge würde mir auch nicht helfen, meine Arbeit zu erledigen. Verdammt, ich wollte einfach nur meine Ruhe. Vor Chens Laden blieb ich stehen und wollte gerade die Tür öffnen, als Charlie aus der Tür stürmte. Gekonnt wich ich ihm aus und anstatt sich bei mir zu entschuldigen, sah er mich nur einen Moment lang ausdruckslos an und stürmte dann sofort weiter Richtung Strand. Hmpf – wie auch immer. Mich interessierte es sowieso nicht, ob die Bewohner dieser Insel mich mochten oder nicht. Kaum nachdem ich den Laden betreten hatte, begrüßte mich bereits Chen, der direkt hinter dem Tresen einige neue Waren aufreihte. „Guten Tag, Vaughn – heute schon hart gearbeitet?“ Er setzte ein freundliches Lächeln auf und brummte leise, das sich wie ein leichtes Lachen anhörte. Doch für mich klang es schon fast nach Spott – oder auch Neid. Ja, ich arbeitete hart – viel härter als er und ich war so verdammt stolz darauf. „Natürlich – wie immer.“ Ich konnte nicht vermeiden, dass ich spöttisch klang, aber es war mir auch egal. „Hast du irgendetwas essbares hier?“ Chen kratzte sich an seinem Bart und zog dann mehrere Tafeln Schokolade aus einer Schublade hervor. „Isst du so etwas?“, fragte er leicht verwirrt und gleichzeitig entschuldigend. „Ich warte immer noch auf eine neue Lieferung, ansonsten kann ich leider nichts entbehren.“ Skeptisch beäugte ich die Schokolade in Chens großer Hand, doch dann gab ich resigniert auf. Schön – alles war besser, als bei Mirabelle und Julia zu speisen. „Wie viel?“ „Ich gebe dir alle Tafeln für dreihundert Goldmünzen – das ist ein faires Angebot, finde ich.“ „Angenommen.“ Ich griff in meine Hosentasche und zog meinen heutigen Arbeitslohn hervor und legte ihn wortlos auf den Tresen. Chen reichte mir die Schokolade und fixierte einen kurzen Moment meine leicht blutenden Handflächen. Ich wandte meinen Blick von ihm ab und steckte die Schokolade schnell in die Hosentasche. „Vaughn? Bist du sicher, dass du nicht einen Verband möchtest?“, fragte Chen ein wenig besorgt. „Nein – ich bin es nicht anders gewöhnt“, erwiderte ich schroff und schritt bereits zur Tür und hinaus. Ich konnte diese Fürsorge einfach nicht ausstehen – mir wurde schon fast schlecht bei dem Gedanke daran. Warum ließen mich nicht einfach alle in Ruhe? Ich lief in den Ostteil der Insel und ließ mich auf einer großen Wiese nieder. Hier im Ostteil der Insel standen einige leere Gebäude, doch ich war mir nicht so sicher, ob sie jemals wieder bewohnt werden würden. Es gab so viele Dinge, an denen es auf der Insel mangelte; und ich würde nichts dagegen unternehmen. Aber es war nicht mein Problem. Ich zog die Schokolade hervor, die aufgrund meiner Körpertemperatur bereits begonnen hatte zu schmelzen und schob mir davon einen kleinen Teil in den Mund. Hoffentlich würde ich morgen früh bereits wieder genug Geld besitzen, um direkt nach der Überfahrt zum Festland etwas Anständiges zum Essen kaufen zu können. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich den Hunger bis zum Abend verdrängen konnte, aber danach würde ich mich vermutlich wieder einmal notgedrungen auf meinem Schlafplatz wälzen vor Hunger. Die Sonne brannte über mir am Himmel und ich widerstand dem plötzlichen Impuls, mich wahrhaftig der Wärme hinzugeben. Ich zog meinen Cowboyhut wieder bis über das Gesicht, biss mir auf die Lippe und ignorierte den immer größer werdenden Schmerz meiner Handflächen. Wen kümmerte es schon, wenn sich die Wunde entzünden würde? Es war wirklich völlig nebensächlich. Ich würde weiterarbeiten und weiterleben, egal wie groß der Schmerz auch war – so war es bisher immer gewesen. Es gab so viele Dinge, die mich mehr schmerzten, als nur eine leichte körperliche Wunde. Es gab so viel… So viele Dinge, die immer noch nach Jahren in meinem Kopf verankert waren und so sehr ich mir auch wünschte, endlich alles vergessen zu können, so blieben die Erinnerungen standhaft. Das war meine Schwäche und mein Verderben. Ich konnte einfach nicht abstreiten, dass ich mein pessimistisches Denken nie aufgrund meiner Erinnerungen ablegen könnte. Aber vielleicht war dies auch zu meinem Vorteil – wenn man sein Herz verschloss, dann konnte man nicht verletzt werden. Und es hatte funktioniert – bis ich auf diese gottverdammte Insel kam. Ich hörte leise, bedachtsame Schritte, die immer näher auf mich zu kamen. Welcher Trottel es auch immer wagte, mich wieder einmal bei meiner Pause zu stören, konnte schon einmal sein Testament schreiben. Ich wollte mich bereits aufsetzen und die Person wütend anfunkeln, als ein Windhauch mir einen leichten Vanilleduft zu spielte. Mein Herzschlag nahm so rapide zu, dass ich am liebsten laut über mich selbst geflucht hätte, aber ich verkniff es mir im letzten Moment und beschränkte mich darauf, auf meine Lippe zu beißen und meine Hände zu Fäusten zu ballen. „Vaughn?“, fragte eine sanfte Stimme. Warum konnte sich nicht ein Erdloch auftun und mich mit sich reißen? „Was ist denn?“, schnauzte ich unfreundlich zurück, ohne meinen Hut vom Gesicht zu heben. Ich konnte einfach nicht in das freundliche Gesicht sehen – weil ich wusste, irgendetwas in mir würde schmerzen… Chelsea antwortete mir nicht. Einen kurzen Moment hegte ich die Hoffnung, sie würde vielleicht bald wieder von hier verschwinden, doch als zwei kleine Hände die meinen ergriffen, wusste ich, dass das nicht der Fall sein würde. Abrupt setzte ich mich auf und entzog ihr wieder meine Hände, die bei ihrer Berührung gleichzeitig brannten und – wofür ich mich in diesem Moment selbst hasste – sich angenehm anfühlten. „Vaughn“, sagte Chelsea behutsam. „Zeig mir bitte deine Hand und nimm diesen Hut von deinem Gesicht. Ich möchte gerne der Person in die Augen sehen, wenn ich mit ihr rede.“ „Ich aber nicht“, antwortete ich schroff, aber zu meiner Überraschung setzte ich den Hut ab. Ich hob den Kopf und sah in ein Paar tiefblaue Augen, die mich besorgt musterten. „Charlie hat mir erzählt, dass du verletzt bist“, fuhr sie fort, ohne ihren Blick von mir abzuwenden. „Er wusste, du würdest dich nicht darum kümmern, deswegen ist er sofort zu mir gerannt. Ich war gerade beim Angeln, als er mir davon berichtete.“ „Und?“, gab ich zurück. „Ich brauch keine Fürsorge – in Wahrheit kümmert es doch niemanden, wenn ich verletzt bin.“ „Mich kümmert es.“ Sie sah mich mit so einem intensiven Blick an, dass ich das Gesicht von ihr abwenden musste, weil ich mir nicht sicher sein konnte, dass ich nicht soeben rot angelaufen war. Ich hasste sie, obwohl ich sie nicht hassen konnte. Es war einfach nur… schrecklich. Chelsea griff wieder meine Hände und ich zuckte auf, jedoch wand ich mich nicht mehr aus ihrem Griff. Sie drehte meine Hände um und betrachtete aufmerksam die aufgeschürften Handflächen. „Die Wunde wird sich bald entzünden. Wieso hast du sie nicht gereinigt?“, fuhr sie mich wütend an und ich sah sie fassungslos an. Sie war die erste, die so mit mir redete. Die erste, seit langem, die sich so gegen mich stellte. „Warte hier“, wies sie mich an und stand schnell auf und lief Richtung Fluss, der östlich von der Wiese floss. Ich betrachtete meine Handflächen, die nun nicht mehr so stark nach ihrer Berührung zu schmerzen schienen als zuvor… Chelsea setzte sich wieder neben mich und zückte ein Leinentuch, das sie in das kalte Wasser des Flusses getaucht hatte. Sie ergriff meine Hände wieder und wir beide schwiegen, während sie mir vorsichtig die Wunden säuberte. Und wie sie es tat, mit dieser Bedachtsamkeit und Fürsorge, erweckte nicht nur leichten Respekt zu ihr, sondern auch ein anderes Gefühl, das ich am liebsten nicht kennen wollte. Als sie fertig war, begann sie ihr rotes Kopftuch zu lösen, wickelte damit eine Hand von mir ein und für die zweite zog sie ein blaues Taschentuch aus ihrer Hosentasche. „So“, beendete sie ihre Erste Hilfe und betrachtete ihr Werk einen Moment lang, bevor sie sich mir zuwandte. „Nun tut es schon nicht mehr so weh, nicht wahr…?“ „Nein, danke“, murmelte ich leise und war überrascht von mir selbst, dass es mich dieses mal keine Überwindung kostete, meiner Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. „Versprich mir bitte, dass du besser auf dich Acht gibst. Wenn du dich zu sehr verletzt und nicht mehr arbeiten kannst, wer soll sich dann um die Tiere kümmern? Mirabelle und Julia wären sicherlich leicht damit überfordert.“ Sie lächelte leicht und sah mich jedoch auffordernd an, um mir das Versprechen zu entlocken. „Das stimmt“, pflichtete ich ihr ergeben bei, „Ich werde auf mich aufpassen. Ich verspreche es.“ „Gut.“ Sie strahlte mich an und stand dann vom Boden auf. „Du wirst morgen mit der Fähre zurück auf das Festland fahren, nicht wahr…?“ Sie fragte es mit einer gewissen Traurigkeit in der Stimme, die mich vollkommen irritierte. „Ja, aber keine ganze Woche.“ „Das ist… schön. Dann sehen wir uns also nächste Woche wieder.“ „Und was ist mit deinem Kopftuch?“, fragte ich sie verwundert. Bisher hatte ich immer den Eindruck gehabt, dass dieses Tuch eine besondere Bedeutung für sie hatte, Chelsea jedoch schüttelte nur leicht den Kopf. „Gib es mir einfach nächste Woche zurück, wenn deine Wunden verheilt sind. Ich möchte schließlich nicht, dass sich deine Hände entzünden.“ Sie wandte sich von mir ab und ging einige Schritte von mir weg, bevor sie über ihre Schulter hinweg zu mir zurücksah. „Ich muss weiterarbeiten. Ich wünsche dir noch viel Spaß… und gib bitte auf dich Acht.“ Mit diesen Worten lief sie wieder zurück Richtung Westteil der Insel und das letzte, das ich von ihr sah und dachte, bevor ich meinen Cowboyhut wieder auf meinen Kopf setzte, war, dass ihre braunen Haare, die im Wind wehten, noch schöner waren als sonst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)