Frühlingsgefühle von Noleen (Vaughn X Chelsea -FF) ================================================================================ Kapitel 2: Aller Anfang ist schwer ---------------------------------- Vorwort Ja, ich weiß – Kartoffeln haben keine Samen >////< … Da im Spiel aber nun mal nur Samenbeutel für die Feldfrüchte verkauft werden, habe ich es einfach so übernommen. Na ja xD. Wenn seltsame Formulierungen dabei sind, tut mir das sehr leid… Ich habe die erste Hälfte um 1 Uhr morgens geschrieben und die andere direkt nach der Schule – und nun werde ich mein Bettchen aufsuchen XD. __________________________________________________________________________________________ Aller Anfang ist schwer „Haben Sie ein stark belastbares Seil zum Verkauf?“, fragte ich den Inselhändler Chen, der ebenfalls einen kleinen Laden zusammen mit seinem Sohn Charlie auf der Insel besaß. Es erschien mir lächerlich, dass sich so viele Menschen um den Wiederaufbau und die Versorgung der kleinen Insel sorgten. Irgendwann würde ein Glied aus der empfindlichen Reihe tanzen und schließlich alle in den Abgrund ziehen – dessen war ich mir sicher. Welchen Sinn bestand also darin, anderen zu vertrauen, wenn es niemals eine wahre Bestätigung dafür gab? Mirabelle hatte auf mich eingeredet, dass ich meine finsteren Verschwörungstheorien für mich behalten sollte und damit hatte ich die wenigsten Probleme. Ich redete sowieso nie aus dem Nähkästchen – wieso sollte ich mir also die Mühe machen, irgendwelche Fremden vor einer großen Dummheit zu bewahren? Ich hatte genug Sorgen – sollten sie sich doch um ihren eigenen Dreck kümmern. Übermorgen würde ich die Fähre zurücknehmen und dieses optimistische Traumland für eine ganze Woche verlassen – Gott sei Dank. So langsam bekam ich das Gefühl, dass ich hier wahnsinnig werden würde. Wenn es nach mir ging, dann würde mir Wolke Sieben und das Feenland noch den Rest meines Lebens aus dem Weg gehen. „Lass mich einen Moment nachsehen, Vaughn. Etwas Geduld bitte.“ Chen ging in einen Nebenraum und ich lehnte mich an den Tresen und rückte meinen Hut etwas von meinem Gesicht weg. Der Schweiß lief mir bereits nach einer Stunde Arbeit an meiner Stirn hinab und ich versuchte ihn ein wenig mit meinen Handschuhen wegzuwischen. Wie gut sie es doch alle hatten. Einfach nur den gesamten Tag hinter dem Tresen stehen und darauf zu warten, dass die sowieso seltene Kundschaft anmarschierte – doch das war nichts für mich. Ich konnte keine Bestätigung von einer solch einfachen Tätigkeit erwarten. Nichts ging ohne Fleiß. Chen kam zurück zu mir gelaufen und hielt mir ein sehr zufriedenstellendes Seil vor die Nase. „Ich hoffe, dass du das gebrauchen kannst. Ein anderes habe ich leider nicht.“ „Es wird reichen. Wie viel?“ „Nimm es einfach Vaughn. Betrachte es als kleines Willkommensgeschenk von mir.“ Er setzte ein freundliches Lächeln auf und ich hing mir das Seil ohne ein einziges Wort um meinen Gürtel. Ich hasste diese Heuchelei – als ob nicht ohnehin schon alle Bewohner der Insel wussten, dass ich nichts mit anderen Menschen zutun haben wollte. Wieso konnten sie mich nicht in Ruhe lassen? Eine kleine Klingel ertönte oben an der Decke und ein weiterer Kunde betrat den Laden. „Guten Morgen Chen. Könntest du mir noch ein paar Samen verkaufen? Ich dachte an Kartoffeln.“ Diese Stimme. Ich brauchte mich nicht einmal umzudrehen, um zu wissen, wer hinter mir stand. Vielleicht würde sie mich ja ignorieren, wenn ich es tat. „Chelsea, wie geht es dir? Läuft es denn gut?“, fragte Chen interessiert und wandte sich strahlend ihr zu. „Danke, es läuft sehr gut. Ich habe erst heute Morgen meine ersten Feldfrüchte geerntet“, antworte sie brav und stellte sich direkt neben mich an das Tresen. Verdammt. Sie roch nach Vanille. „Hallo Vaughn“, fügte sie rasch an mich gewandt hinzu und beachtete mich nicht weiter. Ich zuckte unwillkürlich mit den Schultern und ignorierte sie wieder. „Freut mich zu hören, dass alles wunderbar läuft“, fuhr Chen fort und faltete seine Hände. „Einen Beutel Kartoffelsamen also?“ „Schlechte Wahl.“ Ohne dass ich es selbst bemerkt hatte, hörte ich, wie die Worte aus meinem Mund flossen. Ich war gewissermaßen entsetzt darüber, dass ich tatsächlich meine eigene fachkundige Meinung kundgetan und mich in das unbedeutende Leben anderer eingemischt hatte. „Wie bitte?“, fragte Chelsea völlig irritiert und ich spürte ihren fragenden Blick auf mir ruhen. Ich fixierte einen Punk an der Wand und vermied es, sie anzusehen. „Die Jahreszeit ist fast vorüber und die Kartoffeln wachsen zu langsam. Zu diesem späten Zeitpunkt sind wohl Rüben am besten geeignet“, erklärte ich. „Oh, vielen Dank“, murmelte sie überrascht. „Das habe ich nicht gewusst. Du hast meine Ernte gerettet!“ „Schon in Ordnung.“ Ich sah einen kurzen Augenblick in ihre tiefen, blauen Augen und zog dann hastig meinen Hut wieder über meine Augen. „Schönen Tag noch.“ Ich drehte auf dem Absatz um und stolzierte zur Tür hinaus. Vermutlich würden die beiden reden. Über mich. Seltsame Dinge weitererzählen und meinen Ruf als unfreundlichen Burschen schädigen. Wie auch immer – es war mir egal. Bis zur Mittagspause sortiere ich die Regale in Mirabelles Lager ein. Sie sagte, sie hätte Rückenprobleme und könne deswegen nicht die schwere Last tragen – doch für mich klang es nur wie eine faule Ausrede. Seufzend hob ich die letzte Kiste mit Tierfutter hoch und platzierte diese säuberlich neben den anderen im Regal. Meine Finger schmerzten und ich zog meine Handschuhe aus, um meine Hand zu betrachten. Sie waren rot angelaufen, doch es gab keine Verletzungen – was ein Wunder war, wenn man beachtete, dass die Kisten sehr alt waren und ich mindestens einhundert in das Regal verlagert hatte. Normalerweise hatte ich mit einem Holzsplitter in der Haut gerechnet – aber meine Handschuhe hatten offenbar ihre Pflicht erfüllt. Zufrieden und mit einem langsam knurrenden Magen verließ ich das Tiergeschäft und setzte mich abseits, kurz vor der Brücke, die zum Wald führte, mitten auf eine Wiese. Ich setzte meinen Cowboy-Hut ab und fächerte mir damit kurz Wind zu, um meine überhitzte und schweißgetränkte Haut abzukühlen. Meine Arbeit war stets hart – doch genau das brauchte ich, um nicht zu viel über mich selbst nachzudenken. Ich setzte meinen Hut wieder auf, legte mich auf das sanfte Gras und lauschte den Vögeln über mir. Etwas schob sich in mein Unterbewusstsein – etwas, das ich seit langer Zeit verschlossen hielt und an das ich mich niemals versuchte zu erinnern. Mein Magen knurrte auf und riss mich aus meinen Gedanken. Ich fluchte leise, und schlang die Arme um meinen Körper, um das stechende Gefühl des Hungers zu unterdrücken. Bis heute Abend würde ich es sicherlich aushalten und dann ausnahmsweise bei meiner Tante und meiner Cousine essen. Wie ich es hasste – hatte diese gottverdammte Insel keinen Imbiss? „Vaughn? Kann ich dich etwas fragen?“ Braune Haarsträhnen fielen mir ins Gesicht und ich bemerkte Chelsea, die sich über mich gebeugt hatte. Instinktiv wich ich zurück und setzte mich abrupt auf. „Was willst du?“, fragte ich mit einem kühlen Unterton und funkelte sie wie ein unerwünschtes Wesen an. „Tut mir leid, wenn ich dich bei deiner Pause störe… Aber könntest du mir vielleicht verraten, welches Tier ich zuerst halten soll? Du bist schließlich derjenige, der sich auf der Insel am besten damit auskennt. Ich habe Gannon nämlich bereits zum Bau eines Stalls gebeten und er ist heute fertig geworden.“ „Hmpf“, grummelte ich und sah sie skeptisch an. „Ich bezweifele, dass du der Viehzucht gewachsen bist.“ „Ich habe viel gelesen – ich glaube daran, dass ich es schaffen kann. Ansonsten wirst du und Mirabelle mir sicherlich helfen, nicht wahr?“ Wieso nahm sie so selbstverständlich an, dass ich ihr helfen würde? Hatte sie nicht bereits genug von mir gesehen und gehört? „Lesen alleine reicht nicht. Du brauchst Praxiserfahrung“, erwiderte ich schroff. „Viehzucht ist harte Arbeit – um ein guter Besitzer zu sein, musst du mit ihnen umgehen können, als seien sie Menschen.“ „Ich kann nichts dazulernen, wenn ich es nicht versuche!“ Sie schüttelte leicht den Kopf und sah mich flehend an. „Dein Rat ist mir sehr wichtig. Sag mir bitte, ob ich es zuerst mit Hühnern, Schafen oder Kühen versuchen soll!“ Ich sah sie irritiert an und zog meinen Hut schließlich mehr über mein Gesicht. Sie war… anders. Wohl die erste, die sich wirklich um meinen Rat kümmerte. „Hühner sind einfach zu halten, sie machen recht wenig Arbeit und bringen dir jeden Tag durch ihre Eier Geld – wenn auch recht wenig. Schafe sind etwas schwieriger; du musst sie jeden Tag ordentlich bürsten, ansonsten ist es nicht gewährleistet, dass die Wolle rein wird. Selbstverständlich musst du sie auch häufiger waschen. Bei den Kühen ist es fast dasselbe. Der Profit dürfte mit Kühen durch die Milch am besten sein, doch die Arbeit wird schwerer und das Futter ist etwas teurer“, sagte ich. „Oh. Meinst du, ich kann es mit einer Kuh versuchen? Ich mochte Kühe schon als kleines Kind.“ „Wenn du genug Liebe in die Versorgung deines Tiers steckst, dann dürfte es keine großen Probleme geben.“ Sie nickte nachdenklich. „Ich werde es versuchen. Wenn ich Probleme haben sollte, dann werde ich dich einfach fragen.“ Ich schwieg und betrachtete die Abschürfungen an ihrer Hand und an ihrem Knie. Offenbar gab sie sich tatsächlich große Mühe mit der Farm. Mein Magen knurrte wieder und ich schlang schnell wieder die Arme um meinen Oberkörper. Mist – das war peinlich. „Hast du Hunger, Vaughn?“, fragte mich Chelsea überrascht. „Ich habe heute noch nichts gegessen“, gestand ich. „Oh.“ Sie wühlte in ihrem Rucksack herum und zog eine Rübe heraus. „Diese habe ich noch von meiner Ernte über. Möchtest du sie haben?“ „Nein, Danke. Ich hasse Feldfrüchte.“ Meine Worte waren ungewollt schroff und ich biss mir unauffällig auf die Lippe. „Tut mir leid, das wusste ich nicht.“ Sie seufzte. „Was magst du denn stattdessen?“ „Ich bevorzuge Tierprodukte.“ Ich stand auf und vergrub meine Hände in den Hosentaschen. „Meine Pause ist vorbei. Ich muss weiter arbeiten.“ Ich drehte mich sofort um und lief über die Wiese hinweg zurück Richtung Mirabelles Tiergeschäft. Chelsea sah mir hinterher, das konnte ich genau spüren. Und es war wirklich seltsam. Der Hunger war von einem anderem, ungewohnten Gefühl gedämpft – und es machte mich krank. Ich mochte dieses Gefühl nicht und alle Erinnerungen, die damit verbunden waren. Vertrauen. Geborgenheit. All diese verräterischen Gefühle wollte ich aus meinem Inneren verbannen. Wie ich es hasste. Nach all den Jahren hatte ich geglaubt, endlich all diese Erinnerungen und Gefühle verloren zu haben; doch ich lag falsch. Warum war dieses Mädchen so anders? Normalerweise mieden mich die Leute – und selbst wenn sie Anfangs versuchten, eine freundschaftliche Beziehung zu mir aufzubauen, gaben sie es nach nur wenigen Tagen wieder auf. Ich bestand nicht auf irgendeine Freundschaft. Der einzige Freund war mein Egoismus. Zu lernen, wie man anderen Menschen half, würde mich niemals im Leben weiterbringen. Ich musste mir selbst helfen können und durfte nicht in wichtigen Situationen auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Das Leben war tückisch und hart. „Vaughn, ich habe dich schon gesucht.“ Ich sah auf. Mirabelle stand vor mir und ich musste fast erleichtert aufseufzen. Meine Arbeit. Das war genau das richtige, um auf andere Gedanken zu kommen. „Tut mir Leid. Ich werde sofort wieder mit der Arbeit anfangen.“ Ich lief an ihr vorbei, betrat den Laden und ging zurück in den Lagerraum. Mittlerweile standen wieder neue Kisten in der Ecke, die nur darauf warteten, in die Regale geordnet zu werden. Ich verdrängte den Hunger, der sich nun wieder in mein Bewusstsein eingeschlichen hatte und biss fest die Zähne zusammen. Ich brauchte keine Hilfe – niemals. Mit meiner Einsamkeit konnte ich alleine fertig werden – und ebenfalls mit meinen Gefühlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)