Und ich wart` nicht... von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 8: Teil 8 ----------------- UND ICH WART` NICHT… Teil 8 - - - Er küsste mich hart, und ohne Vorwarnung. Und wie lange habe ich diesen Moment herbei gesehnt. Ich habe des Nachts oft davon geträumt wie es sein würde, Orochimaru erneut zu küssen. Wie damals, in jener Nacht, als es mir noch erlaubt war von der Zukunft zu träumen. Sich küssen, die Nähe des anderen spüren und jede Menge Zeit zu haben, diesen Augenblick in seiner vollen Schönheit auszukosten. Wie weich und warm seine Lippen damals gewesen waren, voller Verlangen. Er hat meine Lippen mit seiner warmen Zunge liebkost bis ich ihm Einlass gewährte, und unsere Zungen haben miteinander gespielt, haben miteinander gekämpft, und seine Hände... Seine Hände haben durch meine Haare gekämmt, haben meine Schultern gestreichelt und meinen gesamten Körper unter Strom gesetzt, bis nichts mehr in meiner Welt existierte als das Verlangen nach ihm, und das Verlangen mich mit ihm zu vereinen und ein Teil von ihm zu werden und mich ihm ganz und gar hinzugeben... Ich hätte ihm alles versprochen, in jener Nacht. Ich hätte alles für ihn getan. So viel Zeit... Dieser Kuss war nicht wie damals. Dieser Kuss war genauso hart, genauso fordernd, doch ohne jede Hingabe. Ohne jedes Verlangen. Der Kuss war kalt, und berechnend. Und ich war der Erste, der ihn brach. „Du hast mit mir gespielt.“ sagte ich, und meine Stimme klang gelassener, als ich mich innerlich fühlte. Es war keine Frage. „Du hast die ganze Zeit mit mir gespielt, auch damals schon.“ Ich wischte mir mit meiner Hand meine Lippen ab, und dennoch blieb sein Geschmack auf ihnen haften. Ich wich einen Schritt von ihm zurück. Und für einen Augenblick wünschte ich mir, ich könnte dieses selbstgefällige Lächeln einfach aus ihm heraus prügeln. „Glaubst du denn wirklich, ich hätte so etwas wie... Gefühle für dich gehegt?“ Er betonte das Wort Gefühle mit einer Abscheu als redete er von einer ansteckenden Krankheit. „Ich dachte du hättest längst begriffen, dass mir Worte wie Freundschaft, oder Zuneigung, oder Liebe...“ Schon wieder diese Betonung. „...nicht wirklich etwas bedeuten. Wir hatten Sex miteinander, ja. Und du warst mir immer ein guter Gefährte. Und falls es dir irgendetwas bedeutet- Die Nacht mit dir hat mir wirklich gut gefallen. Aber mehr auch nicht.“ Mit diesen Worten wandte sich Orochimaru zum Gehen. Und irgendetwas in mir ging kaputt. „DAS WAR ES JETZT, ODER WIE?!“ rief ich, und schon hatte ich ihn eingeholt und an den Schultern herum gerissen. „BIST DU NUR HIERHER GEKOMMEN UM MIR DAS ZU SAGEN?!“ Meine Stimme bebte vor Wut, und ich schüttelte seine Schultern mehrere Male bevor ich ihn schließlich losließ. Schon wieder überkam mich das Bedürfnis, auf ihn einzuschlagen, ihm Schmerzen zuzufügen bis es ihm leid tat, mich so zu behandeln. Doch allein der Gedanke daran war lächerlich. Gelassen blickte Orochimaru mir in die Augen. „Weißt du Jiraiya,“ begann er, und er rieb sich theatralisch die Schultern. „Macht ist etwas wundervolles. Wenn die Menschen Angst vor dir haben, sind sie bereit so ziemlich alles für dich zu machen. Das habe ich vor langer Zeit festgestellt. Die Menschen, die ich damit beauftragte, dich zu beschatten... Kein einziger von ihnen hat mich jemals nach meinen Motiven gefragt. Und warum? Weil sie Angst vor mir haben. Und das aus gutem Grund. Aber du... Du hast keine Angst vor mir. Du denkst, die Vergangenheit macht dich unantastbar, aber da liegst du falsch.“ Er lachte leicht. Ein leichtes, überlegenes Lachen. „Warum ich hier bin willst du wissen? Ich wollte sehen, ob du nach all der Zeit... immer noch so hoffnungslos romantisch bist wie damals. Immer noch so ein herrlicher Träumer und Idealist. Und ich muss sagen, dass meine Erwartungen sogar übertroffen wurden. Du kannst die Vergangenheit nicht hinter dir lassen, und du wirst es niemals können. Du bist ein Wrack, Jiraiya. Nichts als ein gebrochener alter Mann. Von dir geht keine Gefahr aus.“ Und mit diesen Worten ließ er mich stehen. Er verschwand so schnell und lautlos wie er gekommen war. Und ich wusste, dass ich wieder alleine war, als ich seine Aura nicht mehr spürte. Und man könnte nun glauben, dass ich auf dem Boden zusammen gebrochen bin und endgültig all meine Hoffnung verloren habe. Und für einen kurzen Augenblick hätte ich genau das auch beinahe getan. So lange Zeit habe ich in dem Glauben gelebt, irgendetwas verändern zu können. Wenn ich nur fest genug daran glaubte, würde Orochimaru zu mir zurückkehren. Wenn ich nur fest genug daran glaubte, würde er das Gleiche für mich empfinden, das ich für ihn empfand. Für diese eine Nacht... Für unsere jahrelange Freundschaft war ich bereit gewesen, alles zu tun. Doch mit zunehmender Klarheit wurde mir nun bewusst, dass dieses gesamte Unterfangen nichts gewesen war als bloße Zeitverschwendung. Ich konnte Orochimaru nicht bekehren. Ich konnte ihm nicht helfen. Und alles, was er zu mir gesagt hatte war die Wahrheit. Ich war nicht dazu fähig, die Vergangenheit hinter mir zu lassen. Doch genau das musste ich tun, um meinen Verstand nicht vollends zu verlieren. Ich ging einen Schritt vorwärts. Und dann noch einen, und noch einen. Ich war wieder unterwegs, doch diesmal hatte ich ein festes Ziel. Es war nicht mehr weit bis zum Meer. Ich wollte meine Reise nicht beenden, ohne nicht einmal das Meer gesehen zu haben. Es war nicht mehr weit, ein zweistündiger Fußmarsch vielleicht. Ich konnte das Salz in der Luft bereits riechen. Vielleicht konnte ich dort meinen Frieden finden. Vielleicht konnte ich dort die Bruchstücke meiner Würde zusammen flicken und als ganzer Mensch in die Welt zurück kehren. All meine Gedanken konzentrierten sich auf dieses eine Ziel. Ich konnte mir keine anderen Gedanken mehr leisten. Ich durfte nicht in Selbstmitleid versinken und ich durfte mich auch nicht länger von Selbstvorwürfen zerreißen lassen. Ich musste nach vorne blicken, bloß noch nach vorne. Ich glaubte selbst nicht daran, dass mein Ausflug ans Meer mir irgendetwas bringen würde, doch als ich schließlich einen Hügel erklomm und sich dahinter die Weite des Ozeans auftat, fühlte ich eine innere Ruhe wie sie mir lange Zeit nicht vergönnt war. Ich atmete tief ein und wieder aus, inhalierte die frische Luft des Meeres. Vereinzelte Sonnenstrahlen brachen sich auf der Wasseroberfläche, und ein Gefühl des Friedens umgab mich. Ich schlenderte hinunter zum Strand und ließ mich nieder. Ich grub meine Hände in den weichen, feinkörnigen Sand und blickte nach vorne, beobachtete die Wellen, und die Vögel, die am Himmel kreisten. Lange Zeit blieb ich so sitzen. Ich sah die Sonne langsam sinken und schließlich untergehen, und ich sah den Mond und die ersten glitzernden Sterne in der Dunkelheit, bis der gesamte Himmel von ihnen bedeckt war. Ich konnte das Meer im Dunkeln nicht sehen, doch ich hörte das Rauschen, ein gleichmäßiges Plätschern der Wellen, die an den Strand schwappten, hin... und wieder zurück, hin... und wieder zurück, hin... und wieder... Ich merkte erst, dass ich eingeschlafen war, als ich am nächsten Morgen wieder erwachte. Gut hatte ich geschlafen im Sand. Besser als in vielen Nächten zuvor. Und keiner meiner sonstigen Träume hatte mich geplagt. Ich hob den Kopf, streckte mein Gesicht in die Sonne und musste lächeln, ohne einen besonderen Grund dafür zu haben. Eigentlich hätte ich weinen müssen. Oder verzweifeln. Orochimaru hatte es gewiss darauf angelegt. Hatte vermutlich fest damit gerechnet, dass unser Treffen mich endgültig brechen würde. Doch das Gegenteil schien eingetroffen zu sein. Nun da ich wusste, dass Orochimaru mich die ganze Zeit über belogen hatte, brauchte ich mich nicht länger mit Selbstvorwürfen zu strafen. Nun da ich wusste, dass Orochimaru nie etwas für mich empfunden hatte, konnte ich auch aufhören zu hoffen, und mich anderen Dingen zuwenden. Ich konnte ihn niemals vergessen, weil ich es nicht wollte. Ich konnte ihn niemals loslassen, weil ich es nicht wollte. Weil ich mich verzweifelt an die Vergangenheit geklammert hatte. Das erneute Treffen mit Orochimaru hatte den Bann gebrochen und die Ketten gesprengt. Ich wollte nun loslassen. Und ich konnte es auch. Ich erhob mich und verließ den Strand. Ich nahm mir vor, noch eine Weile an der Küste entlang Richtung Osten zu wandern, bis die Straße mich wieder gen Süden zog. Mein Weg führte mich durch ein kleines Fischerdorf. Es war ein Dorf wie jedes andere, und ich durchquerte es ohne es überhaupt wahrzunehmen. Als ich es schon fast wieder verlassen hatte zwang mich jedoch etwas dazu, abrupt stehen zu bleiben. Es war das Lied, das ich einst auf meiner Reise gehört und das mich seitdem nicht mehr los gelassen hatte. Das Lied, das einst ein alter Seemann mit rauer Stimme gesungen hatte, und welches mich von jenem Tag an mit Traurigkeit erfüllte, auch wenn ich die Melodie schon längst vergessen hatte. Es war dasselbe Lied und doch völlig anders. Ich suchte nach der Quelle der Musik und sah einen Fischer am Straßenrand sitzen, der gerade dabei war ein altes Netz zu flicken. Ich starrte ihn an, doch er bemerkte mich nicht. Seine Augen blickten verträumt auf das Netz hinab, und ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen. Aus seinem Mund klang das Lied nicht traurig. Aus seinem Mund klang das Lied beinahe fröhlich. Voller Sehnsucht und doch... Gesungen von einem glücklichen Menschen. Ich setzte meinen Weg fort als das Lied verstummte, und von diesem Tag an verband ich mit diesem Lied einen schönen Tag, und einen Entschluss. Und ich wart' nicht bis es Frühling wird Ich will nach Hause, geh' nach Hause Das nächste Schiff, das vor Anker geht Bringt mich nach Hause, nach Hause Zu mir Ich kehrte heim nach Konoha. Und nicht ein einziges Mal auf meinem Weg blickte ich zurück. - - - ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)