Süße Versuchung II von abgemeldet (Hochzeit mit Todesfolge) ================================================================================ Kapitel 13: Identisches Erinnerungsbild --------------------------------------- Es hatte zu regnen begonnen. Leise prasselte der Niederschlag gegen die kalte Scheibe des Bogenfensters und lief in ungleichmäßigen Schlangenlinien das Glas hinab. Die beiden standen immer noch dort, hatten ihre Gläser Rotwein bereits ausgetrunken, machten aber keine Anstalten sich zu rühren oder zu sprechen. Tenten hallten seine Worte noch durch den Kopf, fesselten sie und ließen sie nicht mehr los. Tausend Fragen blieben für den Moment unbeantwortet, doch sie wagte es nicht nur eine auszusprechen. Neji war fünfzehn als Hides Mutter getötet wurde. Wieso wusste sie nichts von diesem Anschlag? Sie machte sich Vorwürfe, dass sie ihn so schlecht kannte. Doch eine Frage drang nach außen und ihre Stimme klang ungewohnt fern: „Wieso musst du Hide beistehen?“ Er schwieg erst, sah hoch zum Himmel und seufzte. „Weil ich das gesehen habe was sie auch gesehen hatte. Sie war dabei als es geschah.“ Tenten verlor fast ihren Atem. Hide hatte den Tod ihrer eigenen Mutter mit ansehen müssen? Welch schreckliche Vorstellung. Plötzlich spürte Tenten tiefes Mitgefühl. Wenn sie das doch nur früher gewusst hätte, vielleicht hätte sie dann Kiyoshis Schwester mit ganz anderen Augen gesehen. „Ich habe ihre Mutter nicht alleine beschützt, aber Hide und ich sind die einzigen die entkommen konnten. Alle anderen sind gefallen.“ Er schwieg und es fühlte sich seltsam bedrückend an. „Ich bin eigentlich der Einzige, der versteht was sie gesehen hat. Ich fühle dasselbe wie sie.“ „Das wusste ich nicht“, versuchte sich das Mädchen zu entschuldigen, doch ihr Freund unterbrach sie. „Es war nicht dein Fehler. Aber ich kann verstehen, dass Hide mit niemand anderen drüber reden kann. Ich habe die Bilder verinnerlicht, doch ich kann schneller dieses Thema verarbeiten. Bei meinem Vater war es dasselbe.“ Tenten wollte eigentlich nicht, dass Neji sich wieder an seinen Vater erinnerte, dafür war es doch zu traurig. Eigentlich wollte sie momentan nur an fröhliche Dinge denken, immerhin heirateten sie bald. „Ich verstehe das“, sagte sie und sah zu Boden. Beiden war sichtlich der Appetit vergangen, deswegen stellte sie die Gläser auf einen der langen Tische und ließen das Hochzeitsessen auf einzelne ihrer Lieblingsspeisen fallen. Dennoch setzten sie sich an den Tisch, nicht um zu essen, sondern einfach um Zeit füreinander zu haben. „Verstehst du deswegen, warum ich nicht will, dass du mit Hide einen Kleinkrieg anfängst?“, fragte er etwas vorwurfsvoll. „Ja, schon, aber dennoch bin ich nicht alleine Schuld an dem Desaster.“ „Aber du bist auch nicht unschuldig.“ Er schob seinen Stuhl dichter zu ihren. „Du musst nicht ihre beste Freundin werden, ich möchte doch nur, dass ihr nicht sofort aufeinander losgeht, wenn ihr euch das nächste Mal seht.“ „Ich werde mein Möglichstes tun. War Kiyoshi bei diesem Anschlag auch dabei?“ „Nein, alle weitere Anwesenden sind ermordet worden“, wiederholte er. Sie nickte und hing etwas ihren Gedanken nach. „Schläfst du heute Nacht bei mir?“, fragte Neji und strich über ihre Wange. Sie wusste was dies hieß, willigte aber dennoch ein. Ihre Ängste hatte sie nun komplett überwunden, aber dennoch war es immer anders und aufregend und jedes Mal schlug ihr Herz schneller. „Ohne Hintergedanken. Ich möchte dich einfach nur bei mir haben“, fügte er schnell hinzu. „Mir wäre auch mit Hintergedanken recht“, sagte sie sichtlich verlegen. Ihr war es immer noch unangenehm zu sagen, dass sie Lust hatte. Plötzlich klopfte es an der großen Tür des Saales und Neji stand auf und öffnete. „Hiashi hat mir gesagt, dass du hier bist“, entschuldigte Kiyoshi sich sofort und nickte freundlich Tenten zu. „Störe ich?“ „Eigentlich schon“, sagte Neji und funkelte seinen besten Freund böse an. „Was willst du?“ „Wenn du willst, kannst du mitessen“, bot das Mädchen lächelnd an, stand auf und stellte sich neben Neji. „Es ist genug für das ganze Anwesen da.“ „Nein danke“, lehnte er höflich ab. „Ich wollte nur kurz mit Neji reden. Ginge das?“ „Kurz“, murrte Neji und küsste Tenten auf die Wange. „Probier doch schon mal etwas Neues von den Nachspeisen aus. Vielleicht schmeckt es dir ja, Liebes.“ Zusammen mit Kiyoshi ging Neji nach draußen in den Flur. Er schloss die Tür hinter sich, damit seine Verlobte nicht mithören konnte. „Was ist?“ Er klang ungewohnt kalt, aber war ihm das zu verübeln? Immerhin hatte sich sein bester Freund in seine Verlobte verliebt und das Schlimmste war eigentlich, dass er dies wusste. „Es geht um Tenten“, begann Kiyoshi, wusste aber scheinbar nicht recht was er genau sagen sollte, denn er druckste ungewohnt rum. Eigentlich war er ein offener Mensch, der das sagte was er dachte, doch anscheinend war dieses Thema für ihn zu heikel. „Sag es einfach“, versuchte ihn sein Freund zu helfen. Er hasste es, wenn man nicht zum Punkt kam, deswegen war es ihm auch im Großen und Ganzem egal um was es sich genau handelte. „Es tut mir leid, dass ich dich belogen habe“, fing er an, brach ab und suchte nach den richtigen Worten. „Ich liebe Tenten nicht wirklich.“ Neji stutzte. „Wieso erzählst du dann so einen Unfug?“ „Weil ich genau weiß, dass du bei jedem anderen Mädchen mir Mut zugesprochen hättest, dass ich es versuchen sollte.“ „Wahrscheinlich.“ „Aber meine Gefühle für dieses Mädchen sind einseitig und ausweglos. Ich darf sie einfach nicht lieben.“ „Hast du dich in eine Angestellte verliebt?“, hakte Neji höflich nach. „Nein, um Gottes Willen. Noch viel Schlimmer. Ich kann es dir einfach nicht sagen.“ Plötzlich waren Schritte auf dem Gang zu hören und Neji hörte das dumpfe Klackern von Holzschuhen. „Neji“, rief Hide und kam auf die beiden zu. „Tenten ist sicher bei dir, nicht?“, fragte sie und war etwas außer Atem. „Ich habe sie überall gesucht, aber Hiashi war der letzte, bei dem ich nachgefragt habe. Ich wollte das Oberhaupt eigentlich nicht stören, aber immerhin war es ein voller Erfolg ihn zu fragen.“ „Weswegen willst du Tenten denn sprechen?“, fragte Neji und war nicht ganz sicher, ob dies seine Freundin überhaupt wollte. „Nicht ich. Ich bin nur der Bote. Ich frage mich wirklich, warum wir Personal haben, wenn ich den Nachrichtenübermittler spielen muss.“ „Hide“, seufzte Neji und bat sie so zum Punkt zu kommen. „Oh, ich vergaß. Hisa sucht Tenten. Sie wolle, dass Tenten noch mal etwas Benimmunterricht bekommt. Aber diesmal alleine. Könntest du ihr das sagen?“ Sie lächelte stolz über den gelungenen Auftrag. „Natürlich“, murmelte Neji, auch wenn er sich nicht sicher war, ob Tenten darüber erfreut wäre. Aber schaden konnte es nicht. „Und ihr sollt morgen außerdem noch Tanzunterricht bekommen, nur etwas kürzer als letzte Mal. Das war alles denk ich.“ Sie rieb sich am Kopf und legte die Stirn in Falten. „Sie sollten nicht immer die Person schicken die sich schlecht Dinge merken kann“, sagte sie und lachte. „Ich werde es weitergeben“, antwortete Neji und verbeugte sich ein Stück. Über den Tanzunterricht war er nicht sonderlich begeistert, aber das gehörte genauso dazu. Immerhin heiratete man nur einmal. Hide verbeugte sich ebenfalls kurz und sah dann zu ihrem Bruder. „Vater will dich auch noch sprechen. Es geht mal wieder um deine Malerei“, fügte sie bitter hinzu. Kiyoshis Gesichtsausdruck wurde steifer. „Okay“, gab er bloß als Antwort. „Ich muss wieder weiter“, sagte Hide und ihr Gesicht hellte sich wieder auf. „Viel Spaß noch beim Probeessen.“ Sie verneigte sich noch einmal flüchtig und schritt dann den Flur wieder entlang. „Was er wohl jetzt schon wieder von mir will“, nuschelte Kiyoshi und meinte damit seinen Vater. „Du wolltest mir etwas erzählen“, erinnerte Neji ihn. „Ach ja. Es ist einfach zu verwirrend, ich versteh es ja selbst kaum.“ „Du bist in Hide verliebt?“, half Neji ihm. Ihm war die Abwesenheit von seinem besten Freund gerade aufgefallen und auch, dass er so einen seltsam verträumten Blick aufgesetzt hatte. „Woher-?“ „Kein Angst. Man merkt es bloß, wenn man dich so gut kennt wie ich. Hide sieht so etwas nicht, dafür ist sie viel zu engherzig.“ „Ich weiß doch selbst, dass es unsinnig ist, aber ich kann es nicht ändern. Außerdem ist es eh mehr ein anhimmeln als lieben.“ „Dennoch ist es falsch. Kiyoshi, sie ist deine Schwester.“ „Ich weiß, deswegen habe ich dir ja auch gesagt, dass ich Tenten liebe.“ Er seufzte schwer und die Fröhlichkeit, die er sonst ausstrahlte, war verblasst. „Was willst du nun tun?“ „Nichts. Sie mir aus dem Kopf schlagen und mich vielleicht neu verlieben.“ „Das wäre wohl das Beste.“ „Danke, dass du mich nicht dafür verurteilst. Ich sehe sie mit anderen Augen, sie ist für mich manchmal keine Schwester, eher eine Seelenpartnerin. Das, was Tenten für dich ist.“ Vielleicht hatte er Recht. Jeder brauchte ein Gegenstück, jemanden der komplett anders war als man selbst. Doch was tat man, wenn man sich ausgerechnet in einen Menschen verliebte, den man nicht lieben durfte? War diese Liebe dann weniger wert? „Ich wünschte, ich könne es ungeschehen machen“, flüsterte Kiyoshi in die Stille hinein. Man konnte die Liebe weder einfangen noch steuern. Sie war einfach da und wenn man einmal in ihrem Bann war, konnte man sich schwer davon befreien. Die Liebe fängt einen immer ein, egal wie schnell man versucht davor zu fliehen, denn ohne Liebe wäre unser Leben Grau in Grau. Ohne Liebe wären wir eine leblose Hülle. Doch konnte und sollte man für eine Liebe kämpfen die bereits zu Beginn ausweglos war? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)