The Wasted Time of Our Lives von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 17: 透明な出席 - Toumei na shusseki - Transparent Presence ------------------------------------------------------------- Um mich herum waren einige Leute - zu viele für meinen Geschmack. Sie lachten und sangen, tranken und alberten herum. Ich hörte sie nicht. Ich sah sie kaum. Ich lachte mit, doch ich wusste nicht, worüber, und eigentlich gab es auch keinen Grund zu lachen - nicht für mich. Es war bereits später Abend und ich sollte schon seit Stunden fröhlich meinen neununddreißigsten Geburtstag mit meinen engsten Freunden zusammen feiern, doch ich konnte nicht. Er fehlte. Jedes Mal wenn die Klingel läutete, sprang ich auf, in der Hoffnung, er würde vor der Türe stehen. Doch ich musste nur wieder und wieder feststellen, dass es jemand anderes war - nicht Hyde. Mit irgendwelchen dürftigen Worten entschuldigte ich mich und verließ den Raum. Ich schloss mich in mein Badezimmer ein und genoss für einen Moment die relative Ruhe. Die johlende Menge war von hier nicht mehr so deutlich zu hören. Ich hatte meine Hände an den Waschbeckenrand gelegt, stützte meinen müden Körper darauf ab. Kühles Wasser tropfte von meinem Gesicht. Der Moment des Stillegenießens war vorbei, als ich die Augen öffnete. Ich blickte in ein schrecklich ausgelaugtes Gesicht. Es war das Bild der puren Erschöpfung. Ich war es gewohnt, Menschen etwas vorzuspielen, doch niemals zuvor musste ich das stundenlang tun, als es mir dermaßen schlecht ging. Wochen waren vergangen und Hyde hatte nicht angerufen, hatte sich auf keine Weise gemeldet. Ich hatte vor mich hin gelebt, versucht, etwas Sinnvolles zu tun, mich abzulenken - erfolglos. Ich brauchte eine Antwort. Und doch fürchtete ich sie. Es klopfte an die Badezimmertür. Ich erschrak. „Oi, Ga-chan! Du hast einen neuen Gast!“, rief Chachamaru durch die geschlossene Tür hindurch. „Komm gefälligst, um ihn zu begrüßen!“ Ich seufzte. Wieder einmal. „Ich komme!“, rief ich zurück und trocknete mir kraftlos das Gesicht ab. Nach einem weiteren Blick in den Spiegel, der mich nur abermals vor die Frage stellte, wie man nicht sehen konnte oder ob man nicht sehen wollte, dass ich mich miserabel fühlte, verließ ich das Badezimmer und ging zurück ins Wohnzimmer. Dort entdeckte ich ihn sofort - den neuen Gast, von dem Chachamaru gesprochen hatte. Er stand, mit einem Geschenk in den Händen, unsicher, noch etwas abseits von den anderen Gästen. Als er mich bemerkte, kam er lächelnd auf mich zu, schien nicht so recht zu wissen, was er mit dem Geschenk tun sollte, während er mich begrüßte. So legte er bei unserer Umarmung nur einen Arm um mich, um mit dem anderen das Geschenk festzuhalten. „Tanjoubi omedetou, Ga-chan!“, wünschte er mir und überreichte mir dann freudestrahlend das, was er in der Hand hielt. Es interessierte mich nicht, was darin war. Es interessierte mich nicht, wer um mich herum stand. Es interessierte mich nicht, wie sich alle amüsierten. Es interessierte mich nichts - außer die Antwort auf die Frage, wo Hyde gerade war. Ich wollte wissen, was er gerade tat, was er dachte und warum er es mir antat, an meinem Geburtstag nicht bei mir zu erscheinen. „Arigatou.“, meinte ich gezwungen an Leehom gewandt. „Schön, dass du noch gekommen bist. Ich dachte schon, du schaffst es nicht mehr.“ „Sorry, dass ich erst so spät komme, aber ich konnte den Termin wirklich nicht absagen.“, entschuldigte er sich aufrichtig. „Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Mir reicht es, dass du überhaupt noch gekommen bist.“ ~Ja, mir reicht es... Mir ist das alles zu viel. Ich will hier raus. Ich will eine Antwort, Hyde...~ ~Ich bin so ein Egoist...~ Wieder einmal stand ich vor seiner Tür. Ich wusste, das sollte ich nicht. Doch ich hatte es nicht länger ertragen, zu Hause zu sitzen, alleine, unfähig, an etwas anderes zu denken als an ihn. Ich hatte es nicht mehr ausgehalten, darauf zu warten, dass er sich meldete. Und ich hatte die Hoffnung aufgegeben, dass er es jemals tun würde. Die Tür bewegte sich. Sie entfernte sich von mir. Ihr Gesicht zeigte ein Lächeln. „Gakuto-san! Schön, dass du mal wieder vorbeischaust! Komm doch rein!“, bot sie mir höflich an. Sie schien sich zu freuen, mich zu sehen. Sie würde mich hassen, wenn sie wüsste, weshalb ich hier war. „Haido-chan ist in seinem Arbeitszimmer.“, ließ sie mich wissen und schloss die Tür hinter mir. Sie war noch vollkommen ahnungslos. Ich bemerkte, dass sie keinen Gipsarm mehr hatte. Es erleichterte mich aus irgendeinem Grund. Vielleicht hatte es ebenso wie bei Hyde auch bei mir Schuldgefühle ausgelöst, sie verletzt zu sehen - unangebrachte Schuldgefühle. „Arigatou.“, meinte ich nur lakonisch und machte mich auf den Weg zu benanntem Zimmer. Die Tür war geschlossen. Ich hatte das Gefühl, auf eine Wand zu treffen. Zaghaft klopfte ich und lauschte. Es kam keine Antwort. Ich tat es noch ein zweites Mal - nichts. ~Er hat mich kommen hören...~ Ich öffnete nun einfach die Tür und erblickte Hyde, der mit dem Rücken zu mir auf seinem Schreibtischstuhl saß und lustlos in einer Zeitschrift blätterte. Er hatte kein Licht angeschaltet, dabei war es durch das trübe Wetter ziemlich dunkel im Raum. Er wirkte düster - sowohl der Raum als auch Hyde als auch die Atmosphäre. „Hai-chan...“, versuchte ich es leise, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch seine Reaktion war nur ein genervtes Seufzen. Es versetzte mir einen unglaublich tiefen Stich. Er wollte mich nicht sehen. Meine bloße Anwesenheit schien seine Laune verdorben zu haben. ~Vielleicht hätte ich doch nicht kommen sollen...~, dachte ich niedergeschlagen. „Es tut mir leid, Hai-chan...“, begann ich so leise, dass ich es nicht für nötig hielt, die Türe hinter mir zu schließen. „Es tut mir so wahnsinnig leid... Ich wollte dich nicht vor solch eine Entscheidung stellen... aber ich konnte nicht anders... Ich war verzweifelt... Ich bin verzweifelt...“ Schweigen. Selbst das stetige Geräusch des Regens wurde ruhiger. Es dauerte etliche Sekunden, bis Hyde mit einem weiteren Seufzen antwortete. Ein weiterer Stich, noch stärker als der erste. Ich schloss die Augen, hoffend, dass das alles nur ein Traum war. Doch ich wusste, kein Traum hätte solchen Schmerz bieten können. „Hai-chan...“ Meine Stimme brach ab. Ich wollte nicht vor ihm weinen, nicht, wenn er so kalt zu mir war, nicht, wenn er in diesem Haus war, nicht, wenn wir nicht alleine waren. Nicht einen Blick hatte er mir geschenkt. Ich konnte seine Gleichgültigkeit nicht länger ertragen. Ich musste fort. Irgendwohin, egal wo, Hauptsache fort von hier, fort von dieser Gleichgültigkeit, fort von diesem Schmerz. Ich warf noch einen letzten Blick auf die kleine Gestalt, die für mich so unerreichbar fern war und wandte mich um, lief durch die Tür, ohne sie auch nur zu schließen, steuerte auf die Haustüre zu und verließ durch sie das Haus, das ich nie wieder betreten wollte. Der Regen spülte mich davon. Er erschrak, als ihn etwas an der Schulter berührte. Er wandte seinen Kopf zur Seite und erblickte Megumi, die ihn mit gerunzelter Stirn anblickte. Er nahm die Kopfhörer aus seinen Ohren und sah sie fragend an. „Warum ist Gakuto-chan denn so schnell schon wieder gegangen? Er ist doch gerade erst gekommen. War irgendwas?“, fragte Megumi besorgt. „Gackt war hier?! - Wann?! Wo?!“, keuchte er atemlos. „Bis eben. Ich habe ihn gerade noch aus der Tür gehen sehen.“, teilte sie ihm mit. Panik breitete sich in Hyde aus. Was war passiert? Wo war Gackt gewesen? Warum war er wieder gegangen, ohne ein Wort mit ihm zu wechseln? Der Drang, Gackt nachzulaufen, war überwältigend. „Habt ihr euch denn g?“, begann Megumi, als Hyde an ihr vorbeistürmte, sie beinahe noch zur Seite gestoßen hätte, wäre sie nicht im letzten Augenblick selbst aus dem Weg gegangen. „Was?!“, brachte sie noch verwirrt hervor, doch Hyde hörte sie ohnehin nicht mehr. Er rannte zur Tür hinaus, ohne sich Jacke, ohne sich Schuhe anzuziehen. Auch die Mühe, die Haustüre zu schließen, machte er sich nicht. Es war ihm alles egal, nur nicht das, das gerade das Haus verlassen hatte. Und genau das wollte er jetzt zurückholen. Seine nackten Füße flogen unglaublich schnell über den vom Regen durchnässten Teer. Unachtsam lief er auf die Straße. Nichts als Gackts Wagen im Blick. Nichts als Gackt selbst im Sinn. Nichts als Angst in sich. Die Panik trieb ihn voran. Als Gackts Wagen hinter einer Kurve verschwand, setzte sein Herz einen Schlag aus. Seine Beine wurden von selbst schneller; er spürte sie nicht mehr. Als er selbst die Kurve hinter sich gelassen hatte, hatte er den schwarzen Jaguar aus den Augen verloren. Und doch hörte er nicht auf zu laufen, konnte es nicht. Der Regen prasselte erbarmungslos auf ihn nieder. Doch er spürte ihn nicht. An einer Kreuzung blickte er sich hastig nach allen Seiten um und lief geradeaus weiter, bis er registrierte, dass er das Gesuchte für einen kurzen Augenblick links von sich hatte sehen können. Er versuchte abzubremsen, anzuhalten, doch er schaffte es nicht sofort, konnte die Laufrichtung nur abändern, steuerte somit auf ein Schaufenster zu, stieß sich von diesem mit einem lauten Knall ab, sodass die Leute in dem Geschäft erschrocken aufschauten. Doch es war ihm egal. Er rannte über den Gehweg, wieder auf die Straße; ein Fahrzeug hupte. Hyde war sich nicht bewusst, dass er der Auslöser dafür war. Er befand sich in seiner eigenen Welt, in der nur eine Gefahr drohte: Gackt zu verlieren. Er sah ihn, den schwarzen Jaguar. Er hielt an einer roten Ampel. Das war seine Chance, wohl seine einzige. Er zögerte nicht, rannte auf den Wagen zu. Wenige Meter entfernt hörte Hyde das Geräusch eines anfahrenden Autos. ~Nein!~, dachte er entsetzt, beschleunigte noch ein letztes Mal und fing sich mit lautem Geräusch mit beiden Händen an der Beifahrerscheibe ab, wodurch er Gackts erschrockenen Blick zu sich herumfahren ließ. Seine geweiteten Augen starrten in Hydes nasses Gesicht. Es war nicht auszumachen, ob nur der Regen des Himmels oder auch der seiner Augen es überflutet hatte. Langsam drangen die lauten Hupgeräusche an meine Ohren. Ich löste meinen Blick von Hydes Gestalt und fuhr um die Kurve, an den Straßenrand, um auszusteigen. Für einen grausamen Moment musste Hyde gedacht haben, dass ich einfach davonfahren würde, denn seine Augen hatten sich erneut geweitet. Doch jetzt, als ich auf ihn zukam, brach er erleichtert in meinen Armen zusammen. „Ga-chan... Ga... chan...“, keuchte er und klammerte sich an mir fest. Er war völlig außer Atem und vollkommen durchnässt. Er musste mir die ganze Strecke hinterhergelaufen sein. Erst jetzt bemerkte ich, dass er barfuß war. „Komm...“, bat ich ihn. „Komm... Wir fahren zu mir...“ Ich wollte aus dieser Menschenmenge, fort von all den Geräuschen, ihn aus der Kälte bringen, und mit ihm alleine sein. Ich hatte so viele Fragen, doch ich wusste, dass wir sie nicht hier klären sollten. Also half ich Hyde in den Wagen, schloss seine Tür und stieg selbst schnell ein. Ich warf einen besorgten Blick zu ihm. Er war am Ende. Ich startete den Wagen. Ich wollte so schnell es ging nach Hause, an einen Ort, an dem wir ungestört und ungesehen sein würden. Ich war hin und her gerissen zwischen einer waghalsigen Fahrweise, die uns am schnellsten an unser Ziel bringen würde, und einer vernünftigen, die uns - und vor allem ihn - sicher dorthin brächte. Ich erschrak, als etwas meinen Bauch streifte. Es war Hydes Arm, den er, wie auch seinen anderen, um mich legte. Überrascht blickte ich zu ihm hinunter. Er hatte die Augen geschlossen, atmete hörbar. Ich nahm eine Hand vom Lenkrad und streichelte ihm beruhigend über den Rücken. Da bemerkte ich, dass er sich nicht angeschnallt hatte. Und schon hatte ich mich für die Vernunft entschieden. Ich warf einen Blick auf die noch leicht zitternde Gestalt neben mir, bevor ich ausstieg. Als ich um den Wagen herum lief, kam mir Hyde allerdings schon entgegen, dabei wollte ich ihm doch zumindest meine Schuhe geben, dass er nicht barfuß über den kalten Boden gehen musste. Er war jedoch schneller als ich selbst am Fahrstuhl, ging hinein und drückte den Knopf für den siebten Stock. Als sich die Fahrstuhltüren schlossen, wurde ich plötzlich nach hinten gestoßen und gegen sie gedrückt. Stürmisch hatte er mich in die Arme geschlossen. Es schien, als hätte er nur darauf gewartet, dass sich diese Türen schlossen. Noch nie hatte er mich so verzweifelt umarmt. Ich zog ihn fest an mich, wollte ihn ebenfalls nicht mehr loslassen. „Ich... habe dich so vermisst...“, flüsterte er mit einer so zerbrechlichen Stimme, dass es mir wehtat. Als Erwiderung ließ ich meine Hände seinen nun wieder stark bebenden Körper entlang fahren, durch seine Haare, über seinen mit Gänsehaut überzogenen Nacken, den kalten Rücken hinunter und wieder hinauf, um ihn erneut fest an mich zu pressen. Ich hatte das Gefühl, dass sein Zittern jedoch nichts mehr mit der Kälte zu tun hatte. „Es tut mir so leid, dass ich das von dir verlangt habe... Ich...“ Ich wollte mein Verhalten erklären, doch ich konnte es nicht. Ich konnte nicht mehr nachvollziehen, wie ich diese wochenlange Einsamkeit und den Entzug des Zusammenseins unserer heimlichen Beziehung vorziehen konnte, die es mir erlaubte, zumindest ab und zu in seiner Nähe sein zu dürfen. „Das ist doch jetzt egal...“, klagte Hyde, als wollte er etwas anderes, als über dieses Thema zu reden. „Lass uns...“, begann er, als der Fahrstuhl im siebten Stock angelangt war, und sein Satz endete in einem Kuss, der uns in den siebten Himmel versetzte. An seinem Verhalten erkannte ich, dass es das war, was er wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)