Von A bis Z von abgemeldet (Ein Alphabet der Liebe) ================================================================================ Kapitel 8: H wie Hölle [korrigiert~♥] ------------------------------------- H wie Hölle Nachdem ich zu Hause angekommen war und mir kurz die Schuhe ausgezogen hatte, um in die Küche gehen zu können, wurde ich von einem überaus wütenden Finsterling mit bösen Blicken aufgespießt. In aller Ruhe und mir keiner Schuld bewusst setzte ich mich auf meinen Platz vor einen Teller mit dampfenden Essen. „Dankeschön, dass ich wegen dir vor Hunger fast krepiert wäre!“, raunzte er auch schon los, kaum dass mein Allerwertester die Sitzfläche des Stuhls berührt hatte. „Bitte, bitte, immer wieder gerne!“, parierte ich kühlen Kopfes; Pas und Zakis Anwesenheit gaben mir ein Gefühl der Stärke, das dieser Mistkerl nicht so leicht zerstören konnte. So machte ich mich völlig ungerührt über mein Essen her und beachtete weder das warnende Zähneknirschen Kashiwazakis, noch die erstaunten Blicke, die der – ehemals? – heiße Posten und mein Vater miteinander tauschten. Direkt nach dem Abendessen, das wir größtenteils in Schweigen verbracht hatte, - es hatte leckere Frühlingsrollen und Reis mit Currysoße gegeben; wieder etwas, das ich über alles liebte – stand Zaki auf, sammelte die halbwegs leeren Teller – dem Finsterling hatte es nicht so geschmeckt, was ich natürlich nicht mit einem feixenden Grinsen zur Kenntnis genommen hatte – und das Besteck ein und trug sie zur Spüle, bevor er begann, sie abzuwaschen. Ich sprang auf und brachte die Pfannen und Schüsseln, in denen das Essen gewesen war, ebenfalls zum Waschbecken. Er bedankte sich mit einem unglaublich lieben Lächeln – bei dem ich mich unwillkürlich fragen musste, wen ich eigentlich lieber mochte: Zaki oder Zetsây? Sie waren beide so unglaublich nett und gutaussehend, trieben mich zwar mit einigen ihrer Aktionen in den Wahnsinn, aber war es nicht so, dass kleine Konflikte der Beziehung den gewissen Kick gaben? Fast schon befriedigt grinsend wandte ich mich von dem heißen Posten ab und wollte schon die Küche verlassen, um mich mal wieder auf un...mein Zimmer zu verdrücken, als mein Vater mich plötzlich wieder zurückrief. „Warte, Rei! Ich dachte eigentlich, wir könnten heute eventuell einen kleinen Spielabend machen. Geh bitte noch nicht.“ Och nöö… Mein Blick fiel sofort auf das düstere Gesicht des Finsterlings und genauso schnell wollte ich mich auch unter dem Vorwand, noch viel zu viele Hausaufgaben erledigen zu müssen, ablehnen; dann allerdings registrierte ich den fast flehenden Blick von Paps. Ja, er sehnte sich wirklich sehr nach einem normalen Familienleben und vermutlich würde es sowohl ihm als auch mir ziemlich schwer fallen, mir zu verzeihen, dass ich ihm trotz dieses Wissens so einfach den Wunsch hatte abschlagen können. Ein wenig verzweifelt, da ich völlig überfordert war, stöhnte ich auf. „Na schön…ich mache mit.“, versprach ich. „Soll ich schon mal ein paar Spiele holen gehen?“ „Ja!“ Auf einen Schlag wieder total fröhlich zählte er die Spiele auf, die er haben wollte und entließ mich dann mit einer kleinen Geste zur ‚Arbeit’. Leise vor mich hinseufzend machte ich mich ins Wohnzimmer auf, wo ich einen der Schränke aufzog, um nach den Sachen zu suchen. Es war schon lange her, dass wir eine solche Aktion gehabt hatten, dementsprechend weit nach hinten waren die Spiele auch gerutscht. Doch schließlich schaffte ich es doch, sie hervorzuziehen, beugte mich etwas zu ihnen runter und schnupperte aus irgendeinem unbewussten Antrieb meiner Neugier daran. Es roch ein wenig abgestanden, aber die Erinnerungen, die dabei in mich hochkamen, zauberten ein verträumtes Lächeln auf mein Gesicht. Einige dieser Spiele hatte ich früher sogar auch mit Joshua und Zack gespielt. Hatte das Spaß gemacht! Sogar die Situationen, in denen Joshua mich nach Herzenslust geärgert hatte, hatte ich doch irgendwie genossen. Natürlich vor allem dann, wenn Zack mir dann heldenhaft zur Hilfe gekommen war. Eigentlich doch gar keine so schlechte Idee von meinem Paps. Vielleicht ließ sich dieser Spielabend ja regelmäßig durchführen; jedes zweite Wochenende, oder so ähnlich vielleicht. „Rei! Kommst du?“, erschallte es plötzlich durchs ganze Haus und ich beeilte mich, die Sachen, die ich kurz abgestellt hatte, wieder einzusammeln. „Ja–haa~! Bin schon unterwegs!“, lautete meine gebrüllte Antwort. „Mach endlich hinne, Mann!“, war die genervte Kashiwazakis. Belustigt musste ich feststellen, dass er mich ja gar nicht so schlimm finden konnte, wenn er mich schon als Mann anerkannte. Dass seine Aussage eigentlich nicht konkret auf mein Geschlecht bezogen war, wusste ich zwar, ignorierte es aber vollkommen. Wenigstens heute wollte ich mir nicht meine gute Laune verderben lassen. Was für ein naiver Wunsch! Dennoch summte ich munter vor mich hin, als ich zurück in die Küche ging, damit wir mit dem Spaß beginnen konnten. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Verdrossen sah ich auf die Würfel, die vor mir auf dem Tisch lagen, hinab. Aber egal, wie sehr ich mich auch darauf konzentrierte, sie mit meinen telepathischen Fähigkeiten zu beeinflussen, sie gehorchten lieber der weltlichen Schwerkraft und blieben an Ort und Stelle liegen, so wie sie waren. Und sie waren ganz eindeutig gegen meine Wenigkeit. Dabei hatte sogar ich mindestens ein kleines Anrecht auf Glück, oder? Wir hatten gerade ein kleines Würfelspielchen gemacht, um zu entscheiden, wer mit wem in eine Mannschaft kommen sollte, damit jeder wirklich die gleiche Chance hatte zu gewinnen und es am Ende keine Streitigkeiten gab. Nun jedoch saßen wir zu dritt da, starrten auf die Würfel und ahnten, dass sie der Grund für einen Krieg direkt am Anfang sein konnten. Nur der dumme Finsterling saß mal wieder mit einem selbstgefälligen Grinsen da und blickte von einem zum anderen. „Na, dann ist doch alles klar!“, meinte er plötzlich und sein Grinsen wurde fies. „Rei und ich sind in einem Team und wir werden euch locker plattmachen! Hat irgendjemand ein Problem damit?“ „Ja! HIER!“, schrie es in mir, aber nicht der kleinste Laut wich von meinen Lippen. Ein paar Augenblicke später – Pa und Zaki hatten mir bis jetzt bloß vorsichtige und betroffene Blicke zugeworfen, allerdings nicht wirklich protestiert – straffte ich mich, nickte Kashiwazaki fest entschlossen zu und erwiderte: „Na, dann mal los! Du bist der Erste, der rät!“ Manchmal musste man eben seinen Stolz hinunterschlucken und sich ruhig verhalten. Aber dann sollte man wenigstens die Kontrolle bewahren, wenn’s möglich war. Mit einem süffisanten Grinsen drückte ich ihm eine schwarze Augenbinde an die Brust, wartete ab, bis er sie – natürlich nicht, ohne vorher noch mal ausgiebig das Gesicht verzogen zu haben; denn ein Schwuler hatte ihn angepackt! Oh Gott! – übergezogen hatte, dann schob ich das Kästchen, in dem sich die Düfte befanden, auf unsere Gegner zu, damit sie den Duft, den der Finsterling als erstes erraten sollte, auswählen konnten. Eine Weile berieten sie sich stumm mit Fingerzeig, dann wurde mir auch schon ein Döschen in die Hand gedrückt. Kamille. Oh, das war ja richtig einfach. Das musste sogar dieser Hohlkopf erraten können. Diesen Hintergedanken hatten die Beiden auch, wie mir ihr Lächeln zeigte. Also hielt ich es meinem Partner auf Zeit unter die Nase. „Fang an.“ Augenblicklich konnten wir sehen, wie er tief einatmete, um möglichst viel von dem Duft aufzuschnappen. „Hmm…das ist bestimmt…ja…“ Er schnupperte ein weiteres Mal, dann hellte Erkenntnis seine Züge auf. „Aah~! Apfel!“ Vor Fassungslosigkeit klappte Zaki der Mund auf, gleichzeitig klatschte ich mir gegen die Stirn. „Falsch! Es ist keine Frucht, du Vollhorst!“, fauchte ich und handelte mir einen vielsagenden Blick von meinem Vater ein. Ja, ich hatte nicht vergessen, dass man pro Geruch nur einen Tipp abgeben durfte. Er brauchte gar nicht so zu gucken! Oh Mann, kaum war ich mit diesem blöden Mistkerl in einer Mannschaft, wurde ich auch schon unglaublich aggressiv! Vor Wut leise schnaubend wandte ich mich von dem Vollpfosten ab und wartete auf seine nächste haltlose Vermutung. Er hatte fünf Versuche; wenn er es dann nicht geschafft hatte, ging der Punkt an die andere Gruppe. Und wir konnten keinen höheren Schwierigkeitsgrad für sie auswählen, sondern mussten immer mindestens auf der gleichen Stufe, wenn nicht sogar darunter, wählen. Ach, verdammt! „Erdbeere?“ „Nein.“ „Pfirsich?“ „Nein.“ „Birne?“ „Verdammte Scheiße, ich hab dir gesagt, es ist keine Frucht!“ Fast wäre ich aufgesprungen und hätte ihn für seine Dummheit erwürgt, aber eine Hand, die mir sanft über den Oberschenkel strich, hielt mich zurück. Sie schien zu sagen: „Ach, komm. Mach dir nichts draus. Er ist nun mal so, da kann man nichts gegen machen, Außerdem ist das Ganze doch nur ein Spiel~“ Ich löste meinen mordlustigen Blick von dem Finsterling und lächelte dessen Zwillingsbruder schüchtern zu. „Kamille!“, kam es da plötzlich wie aus einer Pistole geschossen. „Richtig.“, antwortete Paps und schrieb für unsere Gruppe einen Punkt auf. Einen mickrigen Punkt, den wir nur durch eine…schwere Geburt erlangt hatten, aber immerhin ein Punkt. Ich sah wieder zu Kashiwazaki, der gerade die Augenbinde abnahm und sie an seinen Bruder weiterreichte; wieder mit diesem widerlichen Grinsen natürlich. Schön, vielleicht hatte er den Duft erraten. Trotzdem war ich auch weiterhin der Meinung, dass sein IQ, sollte er eben jenen einmal testen lassen, einen negativen Wert haben würde. So beruhigte es mein Gemüt auch nicht gerade, dass Zaki schon beim ersten Versuch den Duft, den mein Erzfeind, ohne mich zu fragen, ausgesucht hatte, erriet, obwohl das wirklich der schwierigste zugelassene war. Die Augenbinde wanderte zu mir weiter. Mit einem etwas mulmigen Gefühl in der Magengegend verknotete ich den Stoff hinter meinem Kopf, anschließend wurde mir ein Döschen gereicht. Neugierig schnupperte ich daran – und verzog prompt das Gesicht. Oh Gott, roch das merkwürdig! Ja, das Spiel war alt, aber wir hatten vorhin noch ein paar Düfte ausgetestet und es war keiner dabei gewesen, der so…der so abartig gestunken hatte! „Kann ich vielleicht einen anderen haben?“, fragte ich also und streckte das Döschen von mir weg. „Das Zeug stinkt erbärmlich.“ Es wurde mir aus der Hand genommen, ich hörte, wie daran gerochen wurde, dann ein zweistimmiges Seufzen. „Rei, das bildest du dir nur ein.“, meinte mein Vater und ich hörte Plastik über den Küchentisch schaben. „Es riecht wirklich ganz normal.“, bestätigte dann auch noch Zaki. „Das redest du dir anscheinend wirklich nur ein. Oder du magst den Geruch einfach nicht. Das könnte natürlich auch sein. Probier es einfach noch mal.“ Wären diese Einschätzungen von Kashiwazaki gekommen, hätte ich ohne zu zögern behaupten können, dass er da eine Lüge von sich gab und mir einfach diesen Punkt nicht gönnte. Paps und Zaki waren dahingegen nicht solche Menschen. Die würden nicht mal im Traum an einen solchen Betrug denken. Außerdem war der Finsterling mit mir in einer Mannschaft und ich war mir sicher, dass er sich nicht sozusagen selbst schaden wollte, nur weil er mich nicht ausstehen konnte. Also fügte ich mich meinem Schicksal und roch ein weiteres Mal an dem Döschen. Mir wurde schlecht. „Äh…“ Ich suchte nach einem Geruch, der passen könnte und den ich dann auch noch nicht mochte. Leider fielen mir bei der ersten Kategorie nicht gerade viele ein und bei der zweiten dementsprechend noch weniger. „Wie…wie wäre es mit…ähm…Lavendel?“, rätselte ich und versuchte, meinen Mitspielern hoffnungsvolle Blicke durch die Augenbinde zuzuwerfen. „Nein. Aber eine Pflanze dieser Art, ja.“ Wow. Was für ein praktischer Tipp. Was denn für eine Art? Hielt dieser Blödmann mich für einen Gärtner, oder was?! Etwas in mir war wieder kurz davor zu explodieren, aber ich beherrschte mich und fuhr stattdessen mit meinem Ratespielchen fort. „Kamille?“ „Nein, auch nicht.“ „Äh…Vergissmeinnicht?“ Langsam verzweifelte ich und das konnte man auch meiner Stimme deutlich anhören. „Nein. Also echt, selber nichts können und dann mit anderen meckern. Ist klar!“ „Myrre?“ „Ne–…oh…ja!“ Erleichtert riss ich mir den Stoff von den Augen und sofort verschwand die Unsicherheit, die meine – glücklicherweise vorübergehende – Blindheit mit sich gebracht hatte. Aufatmend sah ich zu dem Finsterling hinüber, dessen Blick geradezu an mir klebte. Mir war nicht ganz klar, was er sagen wollte, sicher war aber, dass er mein Verhalten von vorhin missbilligte und deshalb eine Entschuldigung haben wollte. Aber da dachte ich gar nicht dran, schließlich war ich ja trotzdem um einen ganzen Versuch besser gewesen. Dass es nur Zufall gewesen war, dass ich das Richtige gesagt hatte, ließ ich einfach mal schnell unter den Tisch fallen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Wir spielten noch ein paar Stunden weiter, wechselten zwischendurch das Spiel und machten damit weiter, doch irgendwann – es war schon weit nach ein Uhr morgens – verscheuchte Paps uns mit den Worten „Morgen ist auch noch ein Tag und ich alter Herr brauche dringend meinen Schönheitsschlaf.“ aus dem Wohnzimmer. Völlig erschöpft, aber immer noch aufgekratzt stürmte ich die Treppen nach oben und ins Bad. „Erster!“, rief ich noch, dann knallte ich auch schon die Tür zu und schloss ab. Jetzt wollte ich so schnell wie möglich schlafen gehen, damit ich morgen möglichst früh aufwachte und einen Termin für ein Date mit Zetsây vereinbaren konnte. Am liebsten war mir natürlich direkt der morgige Tag, aber ich wollte ihm nicht zu viel abverlangen, deshalb beschloss ich, lieber ihn den Tag aussuchen zu lassen. Besser wirken tat das allemal. Hibbelig wusch ich mich, putzte mir die Zähne und schlüpfte dann in meine Schlafshorts und in ein dazu passendes Shirt, bevor ich „Frei!“ brüllend das Bad verließ. Kashiwazaki wartete schon auf dem Flur mit seinem üblichen Gesichtsausdruck, der einfach zum Reinschlagen war. Mein Körper war schließlich keine Zitrone, in die man einfach reinbeißen und dann so gucken konnte! Ich selbst sah ihm dann aber doch noch einen Augenblick hinterher, nachdem er sich ohne ein Wort an mir vorbeigezwängt hatte. Wie nett! Ich wollte gerade mein Zimmer betreten, als Paps die Treppe hinaufgestapft kam. Ein wenig überrascht sah ich ihn an. Normalerweise genehmigte er sich gerne noch ein Gläschen, bevor er sich schlafen legte, um das Wochenende einzuläuten. Was machte er also hier? „Aah…gut, dass ich dich erwische~“ Okay, er war also schon mal wegen mir hier oben. Schön. „Ja, Paps? Was ist los?“ Ein wenig besorgt musterte ich meinen Vater. Er schnaufte ganz schön, obwohl es nach hier oben gerade mal zwanzig Stufen waren. Hoffentlich besserte sich das bald. Ansonsten würde ich ihn zu einem Arzt schicken müssen und das würde für uns beide recht unangenehm werden. Wenn ich ihn bat, sich doch mal untersuchen zu lassen, schimpfte er immer wüst vor sich hin. „Jetzt hör endlich auf, dir Sorgen um mich zu machen! Mit mir ist alles in bester Ordnung. Ich brauche keinen Arzt. Und untersteh dich, mich weiter wie einen senilen, alten Sack zu behandeln. Ich weiß, was gut oder schlecht für mich ist. Ich kann das sehr wohl unterscheiden, hörst du? Ooh…verdreh jetzt nicht die Augen, Bürschchen! Mach dir mal lieber Sorgen um dich selbst. Du bist ja ganz blass und abgemagert! Bist du dir sicher, dass du nicht magersüchtig geworden bist?!“ Die letzte Frage war eigentlich völliger Mumpitz, da er mir jeden Tag reichlich Essen kochte und dafür sorgte, dass ich auch wirklich alles aufaß. Was konnte ich denn dafür, dass mein Stoffwechsel so gut war, dass ich, egal, was ich in mich hineinfraß, immer ein Spargeltarzan blieb? „Ich habe gehört, dass du eine kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Fahrrad hattest…alles okay mit dir?“ Häh? Verdutzt sah ich Paps an, versuchte zuzuordnen, was er da gerade sagte. Wann hatte ich denn einen Unfall mit einem Fahrrad gebaut…? Er schien mir meine Ratlosigkeit anzumerken, denn er half meinen Gedanken mit einem „Na, heute Nachmittag. Erinnerst du dich gar nicht?“ auf den Sprung. Es machte Klick. „Aah ja, stimmt, das hatte ich fast vergessen! Ja, doch, soweit geht’s mir ganz gut. Natürlich, wenn ich das schon fast wieder vergessen hatte~!“ Also wirklich, nur ich konnte so dumm sein, meine Ausrede für die Demolierungen an meinem Körper zu vergessen! Ich musste mir unbedingt demnächst ein Memo anschaffen, das man direkt im Kopf installieren konnte und das einen immer an alles erinnerte, sobald auch nur das kleinste Stichwort dazu fiel. Gab’s so was überhaupt schon? Wäre ja ganz praktisch. Nicht nur für den Alltag, sondern auch für Klausuren und Prüfungen. Hmm… Wahrscheinlich eher nicht. Aber… Ob man wohl auch für die reine Idee ein Patent anmelden konnte? „Wirklich? Die Kratzer hier sehen nicht gerade nett aus. Und der blaue Fleck da an deinem Arm…oh Gott, Rei, bist du dir sicher, dass der nicht gebrochen ist, oder so? Was ist, wenn du eine Blutvergiftung davon bekommst?“ „Ja, ganz sicher. Er tut kaum noch weh.“ Um meine Aussage zu bestätigen, wedelte ich strahlend mit meinem Arm herum. Nein, dieser Arm tat wirklich nicht weh. Das größere Problem, das ich hatte, war mein Bauch. Beim Umziehen hatte ich entdeckt, dass er an der einen Seite wirklich blau angelaufen war. Meinem Rücken war es auch nicht sehr viel besser ergangen. Und an meinem Kopf hatte ich sogar eine kleine Beule gefunden, die allerdings glücklicherweise von meinen Haaren verdeckt wurde. Das konnte gleich beim Einschlafen echt heiter werden. Na ja… „Außerdem kann man von einem blauen Fleck unmöglich eine Blutvergiftung bekommen, da müsste schon eine offene Wunde her…“ Plötzlich wurden mir ein Paket mit Pflastern in die Hand gedrückt und ich sah meinen Pa ziemlich verwirrt an. „Was soll ich damit?“ „Die sind für deine Kratzer. Ist ja nicht mit anzusehen! Nachher verblutest du mir noch daran!“ Grinsend verdrehte ich die Augen. Diese Kratzer waren so oberflächlich, dass kaum einer von ihnen überhaupt ein richtiges Tröpfchen Blut abgegeben hatte und wenn, so hatte sich schon längst eine Kruste gebildet, aber die Sorge meines Vaters verdrängte nun mal alle Logik aus seinem Kopf. Aber genau das machte ihn ja so liebenswert. „Danke, Paps.“ Ich umarmte ihn, drückte ein kleines Küsschen auf seine Wange und musste mir ein übertriebenes Ächzen verkneifen, als er mich an sich presste. Manchmal wurde ich das Gefühl nicht los, dass er eher eine Tochter als einen Sohn in mir sah. Das würde zumindest einiges erklären, vor allem dieses übervorsichtige Gehabe, wenn es um mich ging. Mit den Pflastern in der Hand kuschelte ich mich noch ein bisschen enger an ihn und musste schmunzeln, als mir ein Gedanke kam. Es würde ihn bestimmt irre glücklich machen, wenn ich mir eins von diesen Dingern ins Gesicht klatschte. Dann erkannte er vielleicht endlich, dass ich seine Sorge um mich zu schätzen wusste. Nun ja, jetzt hieß es erst mal schmusen. Fünf Minuten später – ich hatte Paps schon eine gute Nacht gewünscht und saß in meinem Zimmer – änderte ich meine Einstellung. Die Pflaster lagen vor mir ausgebreitet auf dem Schreibtisch und grinsten mich an. Einige von ihnen waren gelb, die anderen grün und wieder andere rot oder blau. Sogar zwei, drei pinke Klebestreifen fanden sich unter ihnen. Kurz: Vor mir lag ein wahres Sammelsurium an bunten Pflastern. Das alleine wäre aber nicht mal schlimm gewesen, die hautfarbenen fand ich sowieso ein bisschen langweilig. Aber… Ich wurde von allen, wirklich von allen Pflastern her angegrinst! Und zwar von Fabelwesen oder anderen komischen Dingen, die ihre Grimassen zogen und sich teilweise in – nett ausgedrückt – recht merkwürdigen Posen befanden. Ziemlich entsetzt starrte ich diese Dinger an, während ich mich fragte, wo zum Henker mein Vater dieses Zeug ausgegraben hatte. Ich wusste, dass sie teilweise noch aus meiner Kindheit stammten, an einige der Muster erinnerte ich mich, aber…wir bestimmt noch irgendwo die normalen, unifarbenen Pflaster?! Nein, so lieb ich ihn auch hatte, diese Schmach konnte ich nicht einfach so über mich ergehen lassen. Morgen war zwar Wochenende und so würde garantiert niemand aus meiner Schule etwas davon mitbekommen, aber wenn Kashiwazaki mich so sah…und wenn ich mich mit Zetsây treffen wollte… Nein, nein und nochmals nein! Auf gar keinen Fall! „Kann ich dir helfen?“ Ich schrak hoch und die Hälfte der Pflaster, die ich gerade so schön vor mir ausgebreitet liegen hatte, flatterte dem Boden entgegen. Oh nein, die Zwillinge hatte ich vollkommen vergessen! Die durften das doch auch nicht sehen! Ganz bestimmt nicht der olle Finsterling! Wie gut, dass der noch im Bad war. „Nein, nein, alles in Ordnung, danke.“, beeilte ich mich zu sagen, doch Zaki hatte sich schon neben mich auf den Boden gehockt und sammelte die Pflaster auf. Nervös schielte ich zu ihm hin, während ich ihm half, wollte sehen, wie er auf die Motive reagierte. Versehentlich berührten sich unsere Hände, Wärme schoss meinen Arm hinauf. Oh je… Mein Blick huschte wieder zurück nach unten zu unseren fleißigen Fingern, dann erneut zu Zakis Gesicht. Es zeigte keinerlei Regung, die darauf hindeutete, dass er irgendetwas mitbekommen hatte. Plötzlich sah er auf und lächelte mich liebevoll an. „So. Fertig~“, sagte er und verstaute seine gesammelten Pflaster gemeinsam mit meinen in der Packung, bevor er sich daran machte, die restlichen, die noch auf dem Tisch herumlagen, ebenfalls zu verpacken. Währenddessen rappelte ich mich vorsichtig auf. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war mir etwas schwindelig. Ob das an der Beule lag? Hoffentlich nicht, ich hatte keine Lust auf eine Gehirnerschütterung. Als er fertig war, legte Zaki die Verpackung zurück auf meinen Schreibtisch und betrachtete sie leicht grinsend. „Weißt du noch?“, begann er nach einer kleinen Pause. „Immer, wenn wir hier gewesen sind und uns wehgetan hatten, haben wir diese Pflaster bekommen. Ich hab sie immer gemocht, aber mein Bruder…er hat sie geradezu vergöttert. Manchmal habe ich ihn dabei erwischt, wie er sich absichtlich wehgetan hat, nur um eins von diesen Dingern zu bekommen…“ Er strich zärtlich über das Bild, das auf dem kleinen Karton prangte und ließ mich sein wunderschönes Lächeln sehen. Langsam nickte ich, war völlig in seinen Bann geraten und versuchte gleichzeitig, mich daran zu erinnern, wann das passiert war, wovon er geredet hatte. Ich fand leider nichts. Keiner der Zwillinge hatte sich mir je als auffälliger Liebhaber dieser Pflaster oder Masochist gezeigt. Na ja, vielleicht hat er es einfach gut vor allen verheimlicht und nur Zaki hat es mitbekommen, weil sie sich damals noch so nahe standen. Zuzutrauen wäre es dem Finsterling jedenfalls… Wir schwiegen eine Weile lang gemeinsam und starrten die Packung an. Dann erhob er seine Stimme wieder mit einem Räuspern. „Sag mal…würdest du dich eigentlich freuen, wenn du…sozusagen die alten Zeiten wieder aufleben lassen könntest?“ „Eh?“ „Ich meine…“ Er druckste ein wenig herum, war sich ganz offensichtlich nicht zu hundert Prozent sicher, was er sagen sollte. „Wie wäre es, wenn du die alten Zwillinge wieder zurückbekommen könntest? Würde dir das gefallen? Also, wenn wir unser altes Verhalten wieder annehmen würden?“ Ich verstand nicht genau, was er von mir wollte, also zuckte ich mit den Schultern. „Mir ist das eigentlich egal, weißt du? Dein Bruder ist immer noch der gleiche Mistkerl wie damals und du immer noch mein lieber Beschützer. Auch wenn die Sachen, die der Finsterling zurzeit macht, gemeiner sind als früher, ich…was ist?“ Aus Zakis Augen hatte erst pure Verwirrung gesprochen, aber jetzt breitete sich ein verschmitztes Grinsen auf seinen Gesichtszügen aus. „Finsterling? So nennst du also meinen Bruder? Ich hatte also doch recht, du hast ihm wirklich schon einen Spitznamen verpasst! Hab ich auch einen?“ Mir klappte immer wieder der Mund auf und zu und je länger er redete, desto röter wurde ich. Das mit den Spitznamen hatte doch keiner herausfinden sollen! Erst recht nicht die Beiden! Und dann war da auch noch dieser Blick, dem ich ausgesetzt war, während er mir immer näher kam. So unergründlich neugierig und…und…! Ich war versucht zurückzuweichen, die Flucht zu ergreifen, doch meine Füße schienen plötzlich am Boden festgetackert zu sein. Es knisterte zwischen uns, ich konnte es spüren und hören. Vielleicht sollte ich doch besser nicht mit Zetsây, sondern mit ihm…? Ich streckte vorsichtig meine Hand nach Zakis aus, wollte sie schon ergreifen, als plötzlich die Tür mit einem lauten Krachen gegen die Wand knallte und der Finsterling uns wütend anfunkelte. „Wenn ihr rummachen wollt, dann tut es gefälligst woanders und so, dass niemand es ertragen muss!“, fauchte er und stapfte unterdessen auf uns zu, zerrte mich von seinem Bruder weg und schob mich in Richtung Tür. „Ich will jetzt hier schlafen!“ „Lass ihn los.“, erwiderte der heiße Posten – oh Gott, er durfte wirklich nie erfahren, wie ich ihn insgeheim nannte! – ganz ruhig. Er tat nichts anderes, folgte uns nicht einmal. Vielleicht wusste er, dass Kashiwazaki mir jetzt nichts antun würde. „Warum sollte ich denn dein kleines Schätzchen freigeben, hm? Nur, damit ihr es hier nach Herzenslust treiben könnt? Am liebsten noch, wenn ich danebenliege, oder was? Ich hab dir schon mal gesagt, was ich davon halte, also komm bloß nicht auf die Idee, es zu tun!“ „Gib doch endlich mal auf; wenn wir es wollen, kannst du uns eh nicht aufhalten.“ Ich wurde unsanft hinter den Finsterling verfrachtet, als dieser einen Schritt nach vorne machte und seine Hände zu Fäusten ballte. „Wetten doch?“, knurrte er so animalisch, dass ich mich ernsthaft fragte, ob er sich gleich in eine zähnefletschende Bestie verwandeln würde. Vielleicht in ein Wölfchen… „Nein. Ganz bestimmt nicht.“, gab sein Zwilling immer noch die Ruhe selbst zurück. Doch sogar in seinen Augen funkelte es mittlerweile gefährlich. Aus Angst, sie könnten gleich anfangen, sich gegenseitig zu verprügeln – das sollte hin und wieder ja tatsächlich auch innerhalb von Zwillingspärchen passieren –, trat ich zwischen sie, sah erst Zaki, dann seinem Bruder fest in die Augen. „Jungs. Es ist doch jetzt vollkommen irrelevant, wer was, wo und mit wem macht, oder? Außerdem ist meine Einrichtung nicht allzu stabil. Also…lasst uns lieber schlafen gehen. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag…“ Ich hoffte, dass sie meinen letzten Satz nicht als Aufforderung dazu sahen, sich morgen früh direkt nach dem Aufstehen eins auf die Mütze zu geben, und verschränkte die Arme, während mein Blick immer noch auf dem Finsterling ruhte. Dieser bestätigte mir mal wieder, dass er seinen Spitznamen völlig zu Recht trug, denn sein Gesichtsausdruck ließ mich das Gefühl haben, dass hinter seiner Stirn alle Dunkelheit der Welt gelagert war, als er mit den Zähnen knirschte und ganz offensichtlich versuchte, mich ganz allein mit seinen Blicken dazu zu bewegen, zur Seite zu gehen, damit er sich seinen Bruder vornehmen konnte. Doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht, sodass er sich schließlich mit einem wütenden Schnauben von mir abwandte und aus dem Zimmer stürmte. Erleichtert drehte ich mich zu Zaki um, dessen Augenbraue wegen des Verhaltens seines Bruders ganz weit oben gelandet war. Als er bemerkte, dass ich ihn ansah, entspannten sich seine Gesichtszüge ein wenig und er lächelte. „Tut mir echt Leid, Rei.“, entschuldigte er sich leise, seufzte dabei und sein Lächeln verrutschte kaum merklich. „Mein Bruder hat sich in letzter Zeit ganz schön geändert. Bitte sieh’s ihm nicht nach; ich glaube, er hat das mit Papa noch nicht ganz verkraftet…“ Seine Augen hafteten um Verzeihung heischend an den Meinen und ich…ich… Anstatt ihn zu trösten und ihm zu sagen, wie Leid mir der Tod seines Vaters tat, bekam ich innerlich einen Kreischanfall. Ich hätte echt nie gedacht, dass ein beinahe ausgewachsener Kerl so süß Papa sagen konnte! Und das dann auch noch, ohne zu übertreiben… Mir entwich ein leises Ächzen, als ich versuchte mich zusammenzureißen. Und mal wieder war versuchen genau das richtige Wort. Damit er nicht bemerkte, wie sehr es mich freute, dass ich endlich mal einen kleinen Schwachpunkt, an dem ich ihn unterstützen konnte, bei ihm gefunden hatte, lief ich eilends zu ihm hin und schlang meine Arme um seinen warmen Oberkörper. „Mach dir nichts draus, ja? Wir…kriegen das schon irgendwie hin…“, nuschelte ich ein wenig verschämt und drückte ihn liebevoll an mich. „Mhmm…“ Er hielt mich weiterhin fest und schien auch nicht die Absicht zu haben, in absehbarer Zeit wieder loszulassen, aber das störte mich nicht. Warum auch? Wenn ich so endlich mal jemandem helfen konnte und ausnahmsweise nicht derjenige war, der sich an jemanden klammern musste… Die Zeit verging und irgendwann gelang es mir nicht mehr, mein aufsteigendes Gähnen zu unterdrücken. Sofort löste Zaki sich ein Stückchen von mir und musterte mich besorgt. „Sorry, ich hab ganz vergessen, wie müde du sein musst…“ „Ach, das ist doch kein Proble–hääm…“ Wieder musste ich gähnen, was in Verbindung mit meinen Worten recht komisch anzuhören war. Das Ergebnis war jedenfalls ein Grinsen seitens des heißen Postens. „Na los, Abmarsch ins Bett. Wie du gerade schon gesagt hast: morgen ist auch noch ein Tag.“, scheuchte er mich auf mein Bett zu, während ich zur gleichen Zeit unartikuliert vor mich hinmaulte. Erst als er mich auf die Matratze drückte und zudecken wollte, wurden meine Worte etwas klarer. „Mensch, Zaki, ich bin wirklich noch nicht so müde…“ „Sprach er und gähnte. Außerdem sieht man’s dir doch sogar hier schon an.“ Er gab mir einen sanften Nasenstüber und griff zum zweiten Mal nach der Decke. Und ein zweites Mal versuchte ich, ihn davon abzuhalten. „Jetzt warte doch mal! Lass mich ausreden~! Kann ich…kann ich denn dann nicht wenigstens bei dir im Bett schlafen? Ich meine…das ist dir doch sicher auch lieber, jetzt, nachdem du dich mit dem Fi…mit deinem Zwilling zerstritten hast. Oder?“ Das letzte Wort hängte ich mehr als nur zaghaft hintendran, schließlich hatten einige Zwillinge eine so starke Bindung untereinander, dass sie sich keine zwei Minuten nach ihrem Streit wieder prächtig verstanden. Ich war mir nicht ganz sicher, ob das bei ihnen genauso war. Sie wirkten ja öfters so, als wären sie grundsätzlicher verschiedener Meinungen. „Äh…wenn du das unbedingt möchtest…“, erwiderte Zaki immer noch ein wenig bedeppert und half mir aus meinen Federn hoch. Ich grinste zufrieden, als ich mich neben ihn auf das Doppelklappbett legte und an ihn kuschelte. Jetzt hatte ich sogar gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, denn ich hatte wen zum Kuscheln und wusste außerdem, dass sie unmöglich in der Nacht eine Prügelei anzetteln konnten, ohne dass ich es merkte. Meine Erleichterung war so vollkommen, dass ich mich schnell entspannte, meine blöden blauen Flecke vergaß und einschlief. Ich merkte nicht einmal mehr, wie sich der Finsterling ins Zimmer zurückstahl und sich ebenfalls schlafen legte. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Am nächsten Morgen wurde ich von dem erbarmungslosen Klingeln meines Weckers geweckt. Ich tastete nach meinem Nachtschränkchen und wollte ihn gerade mit einem saftigen Schlag ruhig stellen, als ich bemerkte, dass das, was ich da ertastet hatte, gar nicht mein Wecker war. Dafür war das unbekannte Objekt einfach zu warm… Endlich erinnerte ich mich, dass ich ja eigentlich nicht in meinem Bett lag, wie sollte ich also an den Wecker gekommen sein? Meinen Anflug der Unlogik verscheuchend stellte ich fest, dass es der heldenhafte Zwilling sein musste, dem ich soeben beinahe eine geklatscht hatte. „Sorry, Zaki, lass dich nicht stören, ich mach das Ding nur mal kurz aus.“, nuschelte ich also verpennt, rollte mich auf die andere Seite, von der das elende Gebimmel kam und… fiel nicht aus dem Bett, wie ich es geplant hatte, sondern lag ebenfalls auf etwas warmen. „Boah…welcher Saftsack war das…?“, erklang es prompt und ein bisschen gedämpft unter mir. Mir entwich ein erschrockenes Quietschen. Noch nie war ich so schnell so hellwach gewesen. Nichts wäre mir lieber gewesen, als auf der Stelle von seinem Körper zu flüchten, doch seine Hand in meinem Nacken hielt mich auf, sodass ich mit wachsendem Entsetzen nur mit ansehen konnte, wie er blinzelte und dann langsam die Augen öffnete. Einen Augenblick lang starrten wir uns an – in diesem Moment glaubte ich, wahnsinnig zu werden, weil mein Herz vor Nervosität und Angst den Versuch zu flüchten unternahm -, dann verzog Kashiwazaki angewidert das Gesicht. „Was machst du Schwuchtel denn auf mir? Wolltest du mich etwa im Schlaf überfallen? Da hatte ich ja echt Glück, dass ich aufgewacht bin, bevor du dein widerliches Vorhaben in die Tat umgesetzt hast… Du benutzt mich doch hoffentlich nicht als Wichsvorlage, oder?“ Während er so vor sich hinlaberte, wuchs in mir das Verlangen, ihm mal aufs gründlichste die Fresse zu polieren. Echt erstaunlich, wie redselig man(n) doch morgens sein konnte… Aber was der konnte, konnte ich schon lange. Der gestrige Abend hatte mir endlich ein wenig mehr Mut gegeben, um mich gegen diesen Mistkerl aufzulehnen. „Aber natürlich, Kashi–Schätzchen. Sogar drei Mal am Tag, morgens, mittags und abends. Und wenn ich zwischendurch noch mal Appetit bekomme auf mehr, mach ich’s auch dann.“, erwiderte ich zuckersüß. „Du bist ja so unwiderstehlich, dass ich an gar nichts anderes mehr denken kann! Gib’s mir…ah~!“ Das lüsterne Stöhnen am Ende machte die Mischung perfekt, denn er glotzte mich nur noch an. Meine kleine Vorstellung schien ihm doch tatsächlich die Sprache verschlagen zu haben! Mit einem zufriedenen Gefühl im Bauch und so aufreizend, wie es ging, stand ich auf, um den Wecker endlich auszuschalten. Er hätte in ein, zwei Minuten sowieso ganz von alleine damit aufgehört, unsere Gehörgänge zu malträtieren, doch diese Chance nutzte ich nur zu gerne, um wie diese Verkäuferin aus dem Chinaimbiss kackendreist mit meinem Hintern vor seiner Nase herumzuwackeln. Diesen herrlichen Anblick verdiente er sich zwar eigentlich nicht, aber da es ihn sowieso eher anwiderte als anmachte~! Breit grinsend wandte ich mich wieder dem angeekelt aus der Wäsche guckenden Kashiwazaki zu, der daraufhin seinen Kopf schüttelte und aufstand. „Ehrlich…diesen Mist tu ich mir nicht mehr an…!“, grummelte er noch, dann war er auch schon aus dem Zimmer geflüchtet. Mein Grinsen wurde noch breiter, als ich ihm dabei zusah. Ich hatte ihn so sehr aus der Fassung gebracht, dass er sich nicht mal mehr einen verächtlichen Kommentar hatte ausdenken können. Ich war wirklich stolz auf mich. Nachdem die Tür sich hinter dem Finsterling geschlossen hatte, kroch ich wieder zurück ins Bett und rückte diesmal ein bisschen näher an den guten Zwilling heran. Der hatte anscheinend nichts von unserem kleinen Schlagabtausch mitbekommen, denn er schlief immer noch – so viel zu meiner Angst, sie könnten früher als ich aufstehen und sich dann verprügeln – und lag genauso da wie vorher, soweit ich das beurteilen konnte. Hmm…schade eigentlich. Ich hätte echt gerne gewusst, was er dazu sagt, dass ich sozusagen seinen Bruder in die Schranken gewiesen habe. Na ja…ist ja jetzt auch egal~ Ich schmiegte mich vorsichtig an seinen warmen Körper, um ihn nicht aufzuwecken und schlang noch behutsamer meine Arme um ihn. Es tat meiner lädierten Seele so gut, endlich mal wieder jemanden zu haben, mit dem ich einfach so im Bett liegen und kuscheln konnte… „Das war echt nicht nett von dir. Der arme Junge wird jetzt für den Rest seines Lebens ein Trauma haben.“, kam es gerade, als ich die Augen schließen und wieder schlafen wollte, von meinem Kuscheltier. Erschrocken sah ich ihn an. „Oh…haben wir dich geweckt? Tut mir Leid, ich –“ „Ach, mach dir keinen Kopf. Dieses Wecker–Dings war ja nicht zu überhören. Hast du vielleicht schon mal daran gedacht, dir etwas zuzulegen, das irgendwie angenehmer klingelt?“ Er lachte leise; ein Laut, von dem ich gar nicht genug bekommen konnte, wie ich dabei erstaunt feststellte. „Und dann auch noch eine Hand, die mein Gesicht so sanft massiert…ja, doch, von so etwas wird man wach, keine Sorge~“ Seine letzten Worte machten die Stimmung, die er bis dahin aufgebaut hatte, unwiderruflich kaputt und trieben mir die Schamesröte ins Gesicht. „Ich…das…also…sorry…“ „Hab ich gesagt, dass es mir nicht gefallen hat?“ „Wem gefällt es denn schon, so unsanft geweckt zu werden?“ „Oh nein, das war nicht unsanft. Im Gegenteil. Ich sagte doch schon, dass du mir das Gesicht massiert hast.“ Skeptisch musterte ich Zaki. Hatte der Kerl sie noch alle? Der treudoofe Blick, den er mir schenkte, sprach jedenfalls nicht dafür. Es verwirrte mich, ihn so zu sehen. Normalerweise benahm er sich ja ganz anders, so vernünftig und unnahbar. Aber jetzt… Ob das vielleicht daran lag, was gestern Abend passiert war? Er hatte ja praktisch zugegeben, dass er mit mir schlafen wollte… Langsam errötend wagte ich einen Blick zu ihm hinauf. Nein…das hatte ich bestimmt nur falsch verstanden… Und was, wenn doch? Was würde ich tun?, schoss es unsicher durch meine Gedanken. Sofort gebot ich dieser Stimme zu schweigen. Das war einfach zu unwahrscheinlich, um darüber nachzudenken. Doch ein kleines Gefühlschaos tief in mir verborgen verriet mir, was ich tun würde… „Was meinst du? Was macht er gerade?“, begann Zaki unvermittelt und verwirrte mich damit wohl zum zehntausendsten Mal. „Wie? Wer?“ „Na, mein Bruder. Er ist sicher nicht davon begeistert, dass du so plötzlich nicht mehr klein beigibst.“ Sogar er klang ein wenig schadenfroh, was mich auf der Stelle breit grinsen ließ. „Ach, ich glaub, dafür war es mal an der Zeit.“, antwortete ich und gönnte mir zur Belohnung ein Anschmiegen mit der Wange an seinen Arm. Und da er nichts dagegen tat, verharrte ich auch gleich in dieser Stellung. „Und du? Findest du das auch so schlimm?“ „Was? Ich?“ Er lachte ehrlich belustigt auf. „Mir hat das sogar richtig gut gefallen. Du hättest sein Gesicht sehen müssen, als du mit deinem Hintern gewackelt hast. Himmlisch! Ich dachte schon, dem fallen gleich die Augen aus dem Kopf. Nein, wirklich, so hat das ausgesehen. Und dein Gesichtsausdruck mutiert gerade zu seinem. Ehrlich!“ Der heiße Posten machte eine kleine Pause, damit wir uns beide auslachen konnten. „Nee, aber jetzt mal ganz im Ernst~“, fuhr er irgendwann fort, während er mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte. „Ich denke, diese Erfahrung hat ihm mal ganz gut getan. Vielleicht hätte es mehr gebracht, wenn du ihn nach Strich und Faden zusammengefaltet hättest, aber das war schon mal ein Anfang.“ „Findest du?“, fragte ich verlegen und überlegte, was ich tun konnte, damit wir uns jetzt schon ein wenig näher kamen. Vielleicht ein schüchternes Küsschen auf die Wange…? Nein, das war zu auffällig. Wenn er nichts von mir wollte, konnte das womöglich sehr unangenehm enden. „Ja klar! Es kann sein, dass du es schaffst, dass er dich in Ruhe lässt, weil er sieht, dass das bei dir nichts mehr bringt.“ Seine Worte waren wohl aufmunternd gemeint, doch sie ließen ein merkwürdiges Gefühl in mir aufsteigen. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wohl wäre, denn der Finsterling mich nicht mehr belästigte, doch es funktionierte nicht wirklich. Die Vorstellung, diesen Kerl nett lächelnd vor mir stehen zu haben, war einfach zu absurd, ja geradezu unmöglich. Da fiel eher eine grün–schwarz gestreifte Giraffe in mein Klo! Der einzige der beiden, der so schön lächeln konnte, war Zaki und daran änderte nicht mal die Tatsache, dass die Zwillinge wirklich gleich aussahen, etwas, da sie so völlig unterschiedliche Menschen waren. Außerdem konnte Kashiwazaki einfach nicht lächeln. Das war schon längst bewiesen worden. Das sah ja grauenhaft aus, wenn er so vor sich hingrinste! Plötzlich hörte ich neben mir tiefe, gleichmäßige Atemzüge. Erstaunt sah ich meinen Nebenmann an. War der etwa wieder eingeschlafen? Als er auf ein kleines Stupsen meinerseits nicht reagierte, schloss ich daraus, dass dem tatsächlich so war, kuschelte mich erneut an ihn und schloss die Augen, um ebenfalls noch ein kleines Nickerchen zu machen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Als ich meine Augen zum zweiten Mal öffnete, war es gerade mal zwanzig nach zehn. Ein leises Seufzen entwich meiner Kehle. Noch so früh? Vielleicht sollte ich doch noch eine Runde pennen…, überlegte ich mir und wollte schon zur Tat schreiten, als mir auffiel, dass ich irgendwie unbequem lag. Nicht wirklich unbequem in dem Sinne, aber…Die Härte von Knochen und Muskeln im Rücken war auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Vor allem, wenn diese ganz besonders fest auf den blauen Fleck, der dort irgendwo im Verborgenen herumturnte, drückte. „Aua…“, murmelte ich ganz leise, während ich mehrere Versuche unternahm, mich in eine angenehmere Stellung zu verfrachten. Als ich endlich den perfekten Platz – an seiner Brust – gefunden hatte und die Augen schließen wollte, rutschte ich wieder unfreiwillig an eine andere Stelle – etwas tiefer – und spürte, wie mir ein paar Strähnen aus der Stirn gestrichen wurden. „Na, auch schon wach, Kleiner?“ Och nöö…ich hatte doch noch ein Weilchen so unbemerkt kuscheln wollen… „Mhmm…“ Anstatt mich lautstark über die verflossene Chance zu beschweren, reagierte ich ein wenig sehr verpennt auf seine Frage und machte mir nicht einmal die Mühe zu blinzeln. „Willst du noch weiterschlafen?“ „Mhmm~!“ Diesmal ließ ich meine Antwort ein wenig nachdrücklicher klingen; das würde ihn bestimmt davon abhalten, mich jetzt schon aus dem Bett zu schleifen. Und es würde ihn garantiert auch noch dazu bringen, noch etwas mehr mit mir zu kuscheln. Leider war dieses garantiert anscheinend doch nicht so garantierend, denn er begann, sich vorsichtig von mir zu lösen und rappelte sich anschließend auf. „Ah~, dann lass ich dich mal besser allein. Nachher stör ich dich noch. Ich bin nun mal nicht der Typ, der lange ruhig liegen bleiben kann. Das ist eher was für meinen Bruder. Träum noch was Süßes~!“ Und schon war er weg. Ließ mich einfach so völlig verwirrt zurück. Ich starrte die Tür immer noch an; auch nachdem schon mehr als fünf Minuten vergangen waren, konnte ich meinen Blick nicht von ihr lösen. Was zum…? War das mit dem „nicht lange ruhig liegen bleiben können“ jetzt ein sehr gut verstecktes Angebot gewesen oder bildete ich mir das mal wieder nur ein? Und was wollte er mit der Anspielung auf seinen Bruder erreichen? Musste ich befürchten, dass er ihn und mich sozusagen miteinander versöhnen und ihn mir deswegen schmackhaft machen wollte? Musste ich jetzt Angst haben?! Stumm vor mich hingrübelnd kaute ich an meinen Fingernägeln – eine Angewohnheit, von der ich eigentlich gedacht hatte, dass ich sie abgelegt hatte, nachdem Takashi mir einmal die Fingerspitzen so sehr verwöhnt hatte, dass ich dachte, dass sie mir vor Lust gleich wegschmelzen würden. Aber augenscheinlich war dem nicht so. Wie es sich auch bei vielen anderen Sachen, die ich für etwas vollkommen anderes gehalten hatte, herausgestellt hatte. Es dauerte nicht allzu lange, bis es mir zu doof war, einfach nur so herumzuliegen. Meine Wärmequelle war weg, das Klappbett allein war zu unbequem und wenn alle schon im Haus herumsprangen, war es irgendwie blöd, wenn ich als Einziger noch liegen blieb. Außerdem konnte ich jetzt eh nicht mehr einschlafen, dafür war ich mittlerweile zu wach. Also kroch ich unter der Decke hervor, streckte mich ausgiebig und verließ laut gähnend mein Zimmer. Sofort schlug mir ein angenehmer Duft entgegen, den ich jedoch nicht auf Anhieb zuordnen konnte. Ob Paps ein neues Rezept gefunden hatte? Neugierig eilte ich die Treppen hinunter, machte davor nur noch kurz einen Abstecher ins Bad, um zu kontrollieren, ob der Schlaf irgendwelche negativ zu beurteilende Spuren an mir hinterlassen hatte – hier hatte ich endlich mal Glück –, und riss dann die Tür zur Küche auf. Fast augenblicklich wurde der Geruch nach Essen intensiver. Und ich sah etwas, das mich wieder zurückstolpern ließ. Zwei schwarze Haarschöpfe waren auf der selben Höhe über unseren Herd gebeugt, während mein Vater nicht einmal ansatzweise in dem Raum zu sehen war. Hoffentlich hatte er sich bloß für den Moment in der Abstellkammer versteckt und die Zwillinge nicht… „Was zum–?!“, entfuhr es mir, meine Hand hatte ich fest um die Klinke geschlossen. Sie drehten sich zu mir um, der eine lächelnd, der andere finster dreinschauend, sodass ich sie sehr leicht unterscheiden konnte. „Ach, bist du doch schon aufgestanden?“, fragte Zaki, legte etwas zur Seite, das ich nicht erkennen konnte, und kam auf mich zu. „Ja~“, erwiderte ich und versuchte gleichzeitig, einen Blick auf ihr Werk zu werfen, allerdings versperrte mir auf der einen Seite Zaki selbst und auf der anderen Seite sein Zwillingsbruder die Aussicht. „Was macht ihr da…?“ „Das geht dich nichts an.“ und „Frühstück für dich!“ waren ihre liebreizenden Antworten, die gleichzeitig aus ihren Mündern geschossen kamen. Es dauerte einen Augenblick, bis ich beide Aussagen tatsächlich verstanden hatte – das lag natürlich nicht daran, dass ich einfach zu blöd war, sondern vielmehr daran, dass es recht schwierig war, zwei verschiedene Sätze von ein und derselben Stimme zu trennen –, doch das verminderte mein Erstaunen nicht im Geringsten, es verstärkte dieses sogar wohl eher. Diese Beiden wollten für mich Frühstück machen? Für mich und nicht für uns alle drei? Und der Finsterling machte mit? Hatte ich eigentlich irgendetwas nicht mitbekommen? Hatten wir heute Gegenteiltag? Völlig konfus starrte ich die Brüder an. Nein…das konnten sie nicht wirklich ernst meinen… Doch der Ausdruck in ihren Augen sagte mir, dass dem wohl doch so war. Bei Kashiwazaki zeichnete sich sogar schon der erste Schimmer von Wut ab. Wahrscheinlich reagierte ich nicht so, wie er es sich gewünscht hatte. Aber was war denn die Reaktion, die er haben wollte? Halt! Stopp! Sitz! Platz! Aus! Ecke! Schäm dich, Rei! Seit wann interessiert es dich, was dieser Mistkerl will? Viel interessanter wäre es doch, genau zu wissen, was er auf gar keinen Fall will! Und was das ist, weiß ich ja zumindest so ungefähr… „Ehrlich? Für mich? Das ist aber echt lieb von euch~!“, säuselte ich lächelnd und drückte Zaki einen Kuss auf die Wange. Dann war sein Bruder an der Reihe. Als ich auf ihn zuging und sah, wie er ein Schrittchen zurück machte, wurde mein Grinsen breiter, in meinem Inneren sogar diabolisch. Ich wusste, dass er mir unmöglich entkommen konnte, da hinter ihm der Herd stand und ich direkt vor ihm. Selbst zur Seite konnte er nicht ausweichen, weil er dafür an mir vorbeimusste. Und so ein Küsschen war leicht auf eine Wange zu drücken… „Bleib bloß weg von mir, du kleine Schwuchtel~!“, knurrte der Finsterling, als ich schon fast seinen Körper berührte. „Aber warum denn, Großer? Ich will mich doch nur bedanken.“ „Das kannst du dir sparen. Du hast dich schon bei meinem Bruder bedankt, also ging das direkt auf mich über. Sieh mal, da hab ich schon Ausschlag.“, zischte er und deutete auf die völlig makellose Haut seiner Wange, was ich als Anlass sah, noch einen draufzusetzen. „Och, bitte~! Ich will nicht, dass es zu unpersönlich wird und du…du hast es mir immer noch nicht richtig gemacht~!“ Ich siegte auf ganzer Linie. Hinter mir hörte ich ein unterdrücktes Prusten und genoss indessen das starre Entsetzen, das Kashiwazakis Gesicht verzog. Es war zu köstlich, einfach nur himmlisch und ich liebte mein Leben dafür, dass es mir Zaki als Unterstützung gegeben hatte. Ansonsten hätte ich die Sekunden, die bis jetzt vergangen waren, ganz bestimmt nicht überlebt. Und noch weniger die nach dem Kuss, den ich jetzt auch noch auf seiner Wange platzierte. Es störte mich nicht einmal wirklich, dass er sich daraufhin die betroffene Stelle hastig mit der Hand abwischte und sich diese dann noch schneller demonstrativ abwusch. Noch weniger schmerzte mich da also das angeekelte Gesicht – das er sich vielleicht mal antackern sollte, so oft trug er es schon – und sein Kommentar, als er fluchtartig die Küche verließ. „Bah, du bist so abscheulich~!“ Nachdem ich meinen triumphierenden Blick endlich von der Tür, hinter der er verschwunden war, gelöst hatte, fiel er auf Zaki, der breit zurückgrinste. „Wenn ihm schon nichts anderes einfällt, heißt das, dass du ihn wirklich voll aus der Bahn geworfen hast.“, verkündete er, nahm mich kurz in den Arm und strich mir über die Haare. „Ich weiß, er ist mein Bruder, aber du machst du machst das wirklich gut. Es freut mich, dass er dich nicht mehr so fertigmachen kann wie am Anfang.“ „Ach, das hab ich doch alles nur dir zu verdanken. Wenn–“ „Papperlapapp! Natürlich liegt das nicht an mir. Wer hat ihn denn gerade so runtergeputzt? Du oder ich?“ Oh Mann, das mit dem Runterputzen hörte sich so negativ an. Manchmal sollte eben sogar Zaki etwas an seiner Wortwahl feilen. „Äh, danke…“ Ich wusste nicht so recht, was ich dazu sagen sollte, also beließ ich es bei dieser sehr sparsam ausgefallenen Antwort und wollte wieder einen kleinen Annäherungsversuch starten, indem ich mich an seine Brust schmiegte, als mir ein unangenehmer Geruch in die Nase stach. Das war ja eklig, roch es etwa nach Angebranntem? Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Oh Gott– „– das Essen!“, rief Zaki im gleichen Augenblick aus, was ich dachte. Und schon war es aus mit der Kuschelaktion. Wir fuhren auseinander, jeder suchte hektisch nach irgendetwas. Im Endeffekt zog ich die Pfanne mit bloßen Händen vom Herd und er kippte parallel dazu ein Glas Wasser über das Ganze. Was hatte er wohl eher kühlen wollen: das Essen oder meine Hände? Ein wenig bedröppelt starrten wir kurz auf das, was mal mein Frühstück hatte werden sollen. Soeben wurde der letzte Rest des guten Geruchs von einem Windstoß des schlechten verdrängt. Deprimierend. Mein Magen knurrte leise und traurig. „Weißt du, wo Paps ist?“, fragte ich schnell, um dieses Geräusch von meiner Stimme zu übertönen. „Er meinte, er müsse heute doch zur Arbeit. Wir sollten was zum Frühstück für dich machen, damit du ihm nicht verhungerst.“ Als könnte ich nicht selber kochen! Ich lernte doch dauernd von meinem Vater, warum wollte er also nicht, dass ich mir etwas selber machte? Gut, es ging fast genauso oft schief, aber trotzdem. Das war Diskriminierung! Zur Not hätte ich mir ja immer noch ein Brot selber schmieren können. So etwas lernte man heutzutage doch schon im Kindergarten. Ich musste plötzlich grinsen. Oder wie die Engländer so schön sagten: Kindergarden! So eine große Herausforderung war das also nicht. Jedoch gab es noch etwas anderes, das mir ein bisschen zusetzte. Ich hatte mich so sehr gefreut, dass die Zwillinge mal von sich aus so etwas Süßes taten, und jetzt? Nach dem, was der Finsterling mir einmal gesagt hatte, würden sie es eh nicht wagen, sich in irgendeiner Weise gegen meinen Vater zu stellen. Also konnte es sein, dass sie es nicht einmal freiwillig gemacht hatten. Trotzdem wurde mein Grinsen wieder ein wenig breiter. Die Vorstellung, dass irgendjemand wirklich Angst vor Paps haben sollte, war nur zu absurd. Auf einmal verschwand die Pfanne mit dem angebrannten Zeug darin aus meinem Blickfeld. Verwirrt sah ich mit an, wie eine neue Pfanne, in die drei, vier Eier, etwas Schinken, Salz und Pfeffer, ein komisches Gewürz, dessen Namen ich vergessen hatte, und noch zig andere Dinge wanderten, an dessen Stelle gesetzt wurde. „Äh…Zaki?“, gab ich ziemlich unsicher von mir, während ich die bunte Mixtur äußerst skeptisch musterte. Ei mit Sahne…? „Ja?“ „Was tust du da?“ „Ich hab das eine Frühstück total verbockt, also mache ich dir jetzt ein neues. Ist doch logisch.“, erklärte er fröhlich. „Aha…“ Mich überzeugte seine Fröhlichkeit nicht wirklich. Immer noch misstrauisch beäugte ich das nun brutzelnde Gemisch. Auf einige dieser Kombinationen musste man erst mal kommen… Ob das wirklich schmeckte? Na, ich weiß nicht… Er briet die Zutaten in der Pfanne stillschweigend weiter, sah sie hochkonzentriert an, als denke er darüber nach, ob er nicht irgendetwas vergessen hatte. Und ich machte mit. Nur dass ich nicht darüber nachdachte, was für das Essen noch wichtig war, sondern darüber, was zum Henker ich jetzt sagen sollte. Ich mochte es gar nicht, andere anzuschweigen, aber ohne Thema draufloszulabern war auch nicht unbedingt mein Ding… Aaaah~! „Tut das eigentlich noch sehr weh?“ Was? Verdutzt sah ich Zaki an. Was sollte mir wehtun? Als ich die Frage laut stellte, zuckte er mit den Schultern, löste seinen Blick allerdings immer noch nicht von dem Essen. „Na…die ganzen blauen Flecke…und so…“ Bitte?! „Woher–?“ „Ja, ich weiß, das war vielleicht nicht ganz richtig, aber du hast plötzlich im Schlaf so einen schmerzerfüllten Laut von dir gegeben. Und später ist das noch mal passiert. Und noch mal. Und zwar immer, wenn du auf einer bestimmten Stelle lagst. Da…musste ich einfach mal nachsehen. Tut mir echt Leid, wenn dir das unangenehm ist, ich tu’s auch nie wieder.“, brach es so hastig aus ihm heraus, dass ich Mühe hatte, ihm zu folgen. Moment mal…verstehe ich ihn richtig? Ich und schmerzerfüllte Laute? Im Schlaf? Aber ich zähle doch nicht zu den Schlafwandlern. Ach, als ob das irgendwas mit Schlafwandeln zu tun hätte! Der Körper reagiert nun mal auf Schmerzen, das ist doch ganz normal… „Ach, du…das ist doch kein Problem. Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen…“, wisperte ich und nestelte verlegen an meinen Haaren herum. Er hatte meinen Körper halb nackt gesehen. Er hatte meinen Körper halb nackt gesehen! Ob ihm das wohl gefallen– Halt! Stopp! Aus! Sitz! Platz! Ecke! Schäm dich, Rei! Woran denkst du denn schon wieder?, schrie ich mich in Gedanken selbst an und schüttelte wild mit dem Kopf. Es gefiel mir nur, dass Zaki sich um mich sorgte und meinen Schmerzen deswegen unbedingt auf den Grund hatte gehen wollen. Und nicht, dass er die Möglichkeit gehabt hatte, meinen Körper zu begaffen. Was er zu hundert Prozent nicht einmal gemacht hatte, dafür war er doch viel zu anständig! Es war zum Aus–der–Haut–fahren! „Gegen was für ein Fahrrad bist du eigentlich gerannt?“ „Häh? Fahrrad?“ „Na, das Fahrrad von gestern. Das wegen dem du die ganzen blauen Flecke hast. Wie sah das aus? Und saß noch jemand oben drauf?“ „Ääh…“ Der Groschen fiel mal wieder nur pfennigweise, bis mir schließlich doch noch auffiel, dass ich genau das gestern als Ausrede benutzt hatte. Nur ich konnte so dämlich sein und eine Entschuldigung gleich zwei Mal hintereinander vergessen. „Also, weißt du, Zaki…“ Ich dehnte meine Worte etwas, damit ich mehr Zeit zum Nachdenken hatte. „Eigentlich...erinnere ich mich gar nicht mehr so genau an das, was passiert ist. Es ging ja alles so schnell. Aber ich weiß noch, dass es groß war. Groß und schwer, ja. Es ist nicht gefahren, es hatte sich sogar eine Katze im Korb bequem gemacht. Und dann…tja…also, ich war ziemlich blöd und hab nicht nach vorne geschaut. Und dann war das Ding auf einmal im Weg und ich einen Augenblick später darunter begraben. Sah bestimmt ulkig aus, wie ich da lag… Bescheuert, oder?“ Seine Augenbraue war in die Höhe gewandert, während ich gesprochen hatte. „Sicher, dass das ein Fahrrad und kein Mofa war?“, fragte er sofort, nachdem ich geendet hatte und musterte mich mit sichtlicher Besorgnis in den Augen. „Groß und schwer hört sich nämlich viel eher danach an. Und die blauen Flecke sehen auch mehr nach so einem Ding aus als nach einem stinknormalen Fahrrad.“ Aah…! Warum hatte ich nicht früher daran gedacht?! „Na ja, also…ich glaube, da hing eine schwere Tasche dran. Du kennst diese komischen Doppeltaschen doch, oder?“ „Ja, klar…“, erwiderte er langsam. Ich lächelte ihn schüchtern an, während sein prüfender Blick an meinem Gesicht haftete. „Ja, klar…“ Unvermittelt erklang ein Vibrieren und er grinste mich halb entschuldigend, halb verschmitzt an, bevor er ein Handy aus seiner Hosentasche hervorzog und einen Anruf annahm. „Ja?“ Ich hörte, wie eine aufgeregte Stimme auf ihn einredete, was sie allerdings sagte, verstand ich nicht. Ich sah nur, dass sein Gesicht ein wenig versteinerte, folglich war es keine gute Nachricht. „Ja…nein…klar…ja, natürlich. Bin sofort da.“, sagte er an den Sprecher am anderen Ende der Leitung gerichtet und legte auch schon auf. Auf meinen fragenden Blick hin zuckte er mit den Schultern und sein Grinsen wurde eindeutig entschuldigend. „Anscheinend hat ein Kollege von mir Ärger mit dem Exfreund seiner jetzigen Perle und braucht einen Streitschlichter. Ich bin so schnell wie möglich zurück, ja? Und dann unternehmen wir zusammen etwas.“ Überrascht, aber ziemlich erfreut ließ ich diesmal zu, dass seine Hand meine Haare durcheinander brachte, bevor er aus der Küche verschwand und ich nur wenige Augenblicke später auch schon die Haustür ins Schloss fallen hörte. Da ging er also hin, mein edler Prinz. Obwohl, edler Ritter passte ein wenig besser. Dann war ich also die Prinzessin…äh, nein, der holde Prinz! Nun ebenfalls grinsend schüttelte ich den Kopf und wandte mich dem Essen zu, das bisher noch unberührt in der Pfanne vor sich hingebrutzelt hatte. Mal schauen, ob das was geworden ist., dachte ich mir, schnappte mir einer Gabel und spießte damit mein erstes Opfer auf. Nachdem ich es einer eingehenden Musterung unterzogen hatte, probierte ich ein bisschen. Augenblicklich weiteten sich meine Augen, mein Mund klappte mir halb auf und ich starrte das restliche Zeug an. Das sollte ich essen? War der wahnsinnig? Dieses…das konnte man doch nicht essen! Egal, wer diese Sünde begehen wollte, er konnte bestimmt nicht würdig genug sein! Das war schlichtweg und einfach der Himmel im Mund! Mir entwich ein genüssliches Stöhnen, als ich meinem Mund einen weiteren Happen gönnte. „Lecker~“ Ich verbrachte die nächsten Minuten immer mit der gleichen Abfolge: einen Happen nehmen, genießerisch aufstöhnen und dann nach dem nächsten Bissen haschen, obwohl ich selbst diese Tat als wahrhaftige Schande ansah. Ich versuchte sogar noch, das Ganze in die Länge zu ziehen, indem ich so lange wie möglich auf einem Stückchen herumkaute, aber irgendwann war die Pfanne doch leer und mir blieb nichts anderes übrig, als auf das leere Ding hinunterzustarren. Doch ich blieb nicht lange so, sondern wusch sie im Schnelldurchlauf ab, steckte sie in den Schrank und ging aus der Küche, um mir in meinem Zimmer frische Anziehsachen zu holen – was etwas länger dauerte, da ich mich im Hinblick auf den folgenden Tag einfach nicht entscheiden konnte – und dann ins Bad zu huschen. Dort zog ich mich schnell aus und wollte unter die Dusche springen, als mein Augenmerk durch Zufall auf den Spiegel fiel – und eben da erstarrte. Okay. Schwimmbadbesuche sind mindestens für die nächsten zehn Jahre eindeutig gestrichen! Der blaue Fleck an meinem Bauch sah übel aus. Wirklich übel. Wenn ich gedacht hatte, dass es nicht schlimmer kommen konnte als bei dem Flatschen von Kashiwazaki letztens, so hatte ich hier den unmissverständlichen Gegenbeweis. Das war nicht mal mehr übel, vielmehr außerordentlich übel! Ich hatte das Gefühl, dass man mir fast auf die Eingeweide schauen konnte, so schlimm war es! Ich erschauerte und wandte mich von diesem schrecklichen Anblick ab, nur um mich gleich darauf wieder so zu dem Spiegel zu drehen, damit ich den Schaden, der sich auf meinem Rücken befand, auch betrachten konnte. Allein schon das Anschauen tat weh. Blau…grün…violett…rot gepunktet…oh, da war sogar schon ein bisschen gelb. Der Finsterling hatte echt Glück mit seiner Wange gehabt. Das waren wahrscheinlich nur so zehn Quadratzentimeter gewesen von seiner Gesamtoberfläche von wahrscheinlich zwei Quadratmetern. Aber bei mir sah es so aus, als wäre mindestens die Hälfte meiner mickrigen anderthalb Quadratmeter demoliert. Wie gut, dass von blauen Flecken keine Narben zurückbleiben konnten, sonst hätte ich mich nie wieder vor anderen ausziehen können. Und ich hätte zu hundert Prozent einen Mord begangen. Sogar Dane hatte mal Glück, auch wenn ich es ihm das absolut gegönnt hätte. Seufzend wollte ich mich von diesem potenziellen Augenkrebsauslöser abwenden, den Kopf einfach nach vorne drehen, als sich plötzlich zwei kräftige Arme um meinen Körper schlangen und warmer Atem an meinem Hals mir den Weg zurück versperrte. Ich schloss die Augen. Zaki war aber schnell zurückgekommen… „Na…betrachtest du deine kleinen Mankos?“, raunte er mir ins Ohr, während er mich zur gleichen Zeit langsam in Richtung Dusche schob. Oha, meinte er etwa so etwas mit „gemeinsam etwas unternehmen“? Also ich hatte da ja nichts gegen… „Na ja…es sieht auf jeden Fall nicht gut aus…was meinst du, wie lange wird es etwa dauern, wenn bis das alles hier verheilt ist?“ Ich spürte, wie er mit den Schultern zuckte, dann strich wieder sein Atem über meine Haut. „Normalerweise braucht so was nur zwei Wochen, aber bei so einer Größe…vielleicht vier, fünf Wochen? Ich bin kein Arzt, der das beurteilen könnte. Mein armer, armer Kleiner~“ Nein. Ich atmete tief durch und beschloss, dass es sicherer war, meine Augen doch wieder zu öffnen. Dieser Unterton… „…wo du deinen Körper doch so sehr brauchst, um meinen Bruder endlich verführen zu können~“ „Oh Gott!“, entfuhr es mir und ich versuchte prompt, mich loszureißen. Nein, nein, nein, wie hatte ich das nur vergessen können?! Aaah! Dieses Arschloch! „Nanu? Was versuchst du denn da? Gerade bist du doch noch so anschmiegsam gewesen.“ Ich gab keine Antwort, der Kerl wusste eh, woran meine Abwehr lag. „Ach, es passt dir nicht, dass ich nicht mein Bruder bin, natürlich. Sag mal, bist du wirklich so niveaulos und lässt dich von jedem ficken, der gut aussieht, oder machst du nur einen auf Schlampe?“ Mein erschrockenes Japsen und mein absolut wütender Blick brachten Kashiwazaki bloß zum Lachen. Verdammt, dieser Typ nahm mich gar nicht ernst! „Nein. Ich lasse mich nur auf Leute ein, die ich sehr, sehr, sehr gerne mag!“ Sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass das so ziemlich das Falscheste, was ich hätte sagen können, gewesen war. Scheiße. Sein Gesicht wurde erst unglaublich finster, dann meinte er ganz sachlich: „Du magst meinen Bruder also mehr als mich?“ „JA! Was für eine intelligente Folgerung!“, gab ich patzig zurück, hätte mich aber im darauffolgenden Augenblick am liebsten geohrfeigt, denn in seinen Augen begann es, angriffslustig zu funkeln. „Und warum?“ „Na…“ Ich nahm einfach das erstbeste, das mir einfiel. „Er ist viel netter zu mir als du. Und er hilft mir, wenn ich ihn brauche…“ Das Lachen, das schon aus seiner Kehle erklang, bevor ich meine Entgegnung überhaupt beendet hatte, jagte mir einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter, so gefühllos und gleichzeitig schadenfroh klang es. Überhaupt zitterte ich am ganzen Körper, weil mir so kalt war. Wo blieb meine warme Dusche?! „Wo war er denn dann gestern~?“ Seine Stimme klang wie die süßeste Versuchung und doch trieb sie mir erbarmungslos die reine Panik in die Glieder. „Bei deinem Unfall mit dem Fahrrad…“ „Was? Das hätte er doch gar nicht wissen können! Schließlich war das…Zufall…und…“ „Ach, komm schon, mir kannst du doch die Wahrheit sagen. Ich weiß es eh längst. Schließlich war ich ja dabei.“ „Und warum hast du mir dann nicht hochgeholfen?“, startete ich meinen letzten, dafür umso verzweifelteren Versuch, mich da noch irgendwie rauszureiten und an meiner Ausrede festzuhalten. „Ich mein, so eine volle Fahrradtasche ist nicht gerade das Leichteste. Ein bisschen Hilfe hätte ich schon gebrauchen können.“ „Ja, ja. Tut mir unglaublich Leid, aber zu diesem Zeitpunkt standst du leider nicht unter meinem Schutz. Warum hätte ich dich also vor einer simplen Fahrradtasche, alias Dane Baker, retten sollen, hm?“ Dieses miese Arschloch! Er hat das doch mitbekommen, aber wa– Ich stockte, mein fassungsloser Blick füllte sich mit Wut, als ich nach oben zu dem Finsterling sah. Er wusste sofort, was ich sagen wollte. „Jupp. Ich habe zugeschaut. War schon recht lustig, dir dabei zuzusehen, wie du versucht hast, vor ihm wegzulaufen. Warum streckst du eigentlich bei ihm den Hintern weiter raus als bei mir? Ach ja, er hat dich ja mal vor einiger Zeit glauben lassen, er stünde ebenfalls auf Kerle. Und? War er denn gut?“ Meine Gesichtsfarbe wechselte hin und her, von rot nach weiß, wieder zu rot zurück, dann zwischendurch zu einem Hauch von grün und dann wieder zurück zu rot. Mir war kotzübel und außer meinem Blut stiegen mir noch andere Dinge in den Kopf. Und zwar ziemlich detaillierte Bilder, wie dieses Scheusal im Kochtopf der Hölle schmorte, während ich am Rand stand und große Felsbrocken ganz zufällig auf ihn drauf fallen ließ. Oh ja, das war gut… „Das…geht dich ja wohl gar nichts an!“, fauchte ich, als ich mich wieder halbwegs gefangen hatte, und verschränkte meine Arme vor der Brust, damit mein Erzfeind nicht bemerken konnte, wie sehr meine Hände zitterten. „Findest du?“, hauchte er mir zu und schnitt mir mit einem fast beiläufigen Schritt zur Seite den Fluchtweg ab. „Da bin ich aber anderer Meinung. Aber wenn du nicht willst, dann…komm her~“ „Wozu?“ „Du lässt dich eh von allem nehmen, was drei Beine hat, also kannst du dich auch mit mir vorlieb nehmen.“ „Vergiss es!“ „Stell dir doch einfach vor, ich wäre mein hochwohlgeborenes Brüderchen. Wenn du willst, gebe ich mir sogar die Mühe, mich so wie er zu benehmen. Och bitte, Rei. Es tut mir wirklich unheimlich Leid. Bitte verzeih…Darf ich dich vielleicht berühren, umarmen? Mach dir nichts aus diesem Vollhonk von einem Bruder; der ist es doch nicht wert, dass du dich so über ihn aufregst. Und–“ „Du Arschloch!“, schrie ich, geschockt über die Sicherheit, mit der er Zaki nachgeahmt hatte. Das Aussehen, die Mimik, die Stimmlage, alles hatte gepasst. Nur der hasserfüllte Ausdruck in seinen Augen und das höhnische Grinsen, das sich nun dazugesellte, passten nicht zu seinem heldenhaften Bruder. „Aber was ist denn, Süßer? Gefällt es dir nicht, dass ich es wage, meinen von dir hochverehrten Bruder zu imitieren? Na, und sag jetzt bloß nicht, meine Vorstellung wäre nicht absolut originalgetreu gewesen.“ „Hör auf!“ Mittlerweile brüllte ich mir fast die Seele aus dem Leib. Kashiwazaki war zu seinem eigenen Ich zurückgekehrt und kam mit einem sehr merkwürdigen Mienenspiel immer näher auf mich zu, wie ich erschrocken feststellte. „Rei–chan, willst du mich nicht zum Abschied umarmen?“, kam es da auf einmal von dem gutaussehenden Monster vor mir und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Das…genau das hatte Zack bei jedem Abschied zu mir gesagt! Sogar die Betonung stimmte! Dieser Kerl ist total durchgeknallt! Völlig wahnsinnig! Hilfe! Kann nicht mal irgendjemand das Atomwaffenschutzprogramm, das FBI oder zumindest die örtliche Polizei informieren, damit sie kommen und ihn den Männern in den weißen Kitteln überreichen können? Der braucht unbedingt eine von diesen Hab–mich–lieb–Jacken! „Rei–chan, du bist so süß~“, wisperte der Finsterling wieder mit seiner Kleiner–Junge– Stimme von vorhin und streckte eine Hand nach mir aus, um mich zu berühren. Ängstlich wich ich zurück und schlug nach seiner Hand. „Fass mich nicht an, du–“ Weiter kam ich nicht, denn auf einmal wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Mir blieb nicht mal mehr die Zeit, ein erschrockenes Krächzen von mir zu geben, als ich auch schon mit voller Wucht auf die Kante unserer Dusche knallte. Augenblicklich fing mein Kopf an, zu dröhnen, zu pochen, wütend zu hämmern. „Uhn~“ Zur gleichen Zeit hörte ich dieselbe Stimme „Oh Gott, Rei!“ und „Verdammte Scheiße!“ rufen, mehr bekam ich nicht mehr mit, denn mein Bewusstsein sprengte sich mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit von meinem Körper ab und wollte so schnell auch nicht mehr wiederkommen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz H wie Hölle – Ende Weiter geht’s in: I wie Intoleranz Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)