Harry Christmas Everyone von Glasschmetterling (Weihnachts-One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 23: Mit leichtem Schritt -------------------------------- Pairing: Hermine Granger/Millicent Bulstrode, gewünscht von Vivianne 23. Mit leichtem Schritt Hermine Granger wollte eigentlich nichts anderes, als nach Hause zu apparieren, sich in ihr Bett fallen zu lassen und zu schlafen – im Idealfall tief und lange – und sich nicht auf einer Party, die langweilig angefangen hatte und dann stetig im Niveau abgesunken war, die Beine in den Bauch zu stehen. Leider hatte sie in der Hinsicht keine Wahl – als eines der dienstjüngsten Mitglieder der Abteilung für magische Strafverfolgung hatte sie natürlich bei der Einteilung der Dienste für die Weihnachtsfeier den Schwarzen Peter gezogen und war dafür zuständig, nach dem Ende der Party aufzuräumen und das Büro wieder in einen halbwegs geordneten Zustand zu bringen, damit am Montag alles seinen geregelten Gang gehen konnte. Als Hermine den Plan gesehen hatte, hatte sie das nicht besonders gestört, immerhin war ihre Abteilung nicht gerade dafür bekannt, aus besonders wilden Partygängern zu bestehen, im Gegenteil – ihre Kollegen gehörten mit zu den langweiligsten Menschen, die Hermine je getroffen hatte. Oder zumindest hatte sie das gedacht. Hermine seufzte tief und genehmigte sich einen Schluck aus ihrer Tasse mit Tee, das einzige alkoholfreie Getränk, das an diesem Abend ausgeschenkt wurde, und warf einen Blick auf die Tanzfläche, wo nun, um fünf Uhr morgens, noch immer Mr Weatherly, sicher über hundert und normalerweise vollkommen humorlos, mit Mrs Featherwhite tanzte, dass Hermine im Kopf schon die Erste-Hilfe-Zauber durchging. Einige ihrer Kollegen, ebenfalls bereits sehr angetrunken, standen um sie herum und feuerten sie an, die Gläser noch in der Hand, und Hermine verzog das Gesicht. Nach allem, was sie bis jetzt aufgeschnappt hatte, war das hier ein jährliches Ritual der Abteilung, bei dem alle ihre überschüssigen Energien abbauen konnten, um den Rest des Jahres so trocken und bürokratisch wie der zweite Unterausschuss des Vorstands der Union der unionierten Kobold-Verwaltungsfachangestellten zu sein, mit dem Hermine im letzten Monat wegen einer Angleichung der Rechtsnormen verhandelt hatte. „Am liebsten würde ich mich auch betrinken, aber Haushaltszauber und Alkohol vertragen sich nicht so wirklich.“ Hermine wandte den Kopf, als sie die resignierte Stimme neben sich hörte, und erblickte Millicent Bulstrode, ihre Kollegin, die gemeinsam mit ihr im Sommer ihren Dienst angetreten hatte und nun unter demselben Los litt wie Hermine auch – bis zum Schluss hierbleiben zu müssen und danach aufzuräumen. So wenig Hermine die ehemalige Slytherin auch mochte, so anstrengend die Zusammenarbeit mit ihr normalerweise auch war – keine von ihnen hatte den Tag in Lockharts Duellierclub vergessen, als Millicent Hermine in den Schwitzkasten genommen hatte – heute waren sie sich einig in ihrem Leiden. „Was meinst du, was mich abhält?“, fragte Hermine düster, und Millicent lachte, bevor sie an ihrem Butterbier nippte, um es weiter zu strecken. „Nicht die anregenden Gespräche oder das Niveau der Gesellschaft, da bin ich mir sicher.“ Hermine nickte langsam. „Meinst du, wir können sie langsam rauswerfen?“ Millicent schüttelte den Kopf und deutete in die Menge. „Der Chef ist noch hier, und ich will ihm ehrlich gesagt nicht erklären müssen, dass er jetzt wirklich genug Feuerwhiskey hatte und aufhören soll, alle fünfzehn Minuten zum Kotzen in die Kaffeeküche zu verschwinden.“ Hermine verzog das Gesicht. „Ugh, wirklich?“ „Wirklich.“ Auch wenn Hermine normalerweise alles, was ihre Kollegin sagte, mit großem Misstrauen betrachtete, nun war ihr Tonfall so angeekelte, dass sie ihr jedes Wort glaubte, und im Kopf übte sie schon mal die Reinigungszauber, die sie von Mrs Weasley aufgeschnappt hatte und die sie mit zugehaltener Nase ausführen konnte. „Ich wäre ja schon zufrieden, wenn sie wenigstens Celestina Warbeck ausschalten würden – diese Frau hat eine Stimme wie ein Reibeisen, und in diesem Fall ist das eine Beleidigung für jedes Reibeisen in der magischen Welt... die haben sicher besseren Geschmack als sie. Wenn ich noch einmal Ein Kessel voller heißer, starker Liebe hören muss, dann kotze ich.“ Hermine, die von langen Sommerferien in Mrs Weasleys Küche gestählt war, konnte trotz der kruden Wortwahl trotzdem nicht anders, als ihr zuzustimmen, was ihr an diesem Abend öfter passiert war als in den sechs Monaten, in denen sie nun schon zusammen mit Millicent arbeitete. Vielleicht steckte ja Absicht hinter dieser Party, eine Art verquerer Teambildungsmaßnahme? Der Gedanke starb, bevor er richtig Form angenommen hatte, als Mr Dancingbloom, der Abteilungsleiter und Hermines und Millicents Vorgesetzter, vom geplünderten Buffet zur Tanzfläche zurückstolperte und dabei laut fluchend einen randvollen Kelch Punsch samt Früchten über seinem einst blütenweißen Festumhang verteilte. Nein... sie war in der Gesellschaft von Verrückten gelandet, und Millicent war die einzige andere neben ihr, die bei klarem Verstand war. Anstatt einen Reinigungszauber zu sprechen wie jeder anständige Zauberer es getan hatte, kaschierte Mr Dancingbloom sein Missgeschick, indem er eine der Stechpalmengirlanden wie eine Stola um seinen Hals schlang und über seine Brust hängen ließ, trotz der Kratzer, die er sich damit selbst zufügte, und Hermine seufzte tief. Dieser Abend war jetzt schon zu lang, und sie befürchtete, dass er noch viel schlimmer werden würde. Der letzte Gast, den sie verabschiedeten, war Mr Farthingworth, der Leiter des Postaustauschdienstes mit dem Aurorenbüro, der um sieben Uhr morgens von seiner übernächtigten Frau im Atrium des Zaubereiministeriums abgeholt wurde, dann hatten Hermine und Millicent ihre Abteilung endlich wieder für sich... oder zumindest das, was davon übrig war. Ihre Kollegen hatten ganze Arbeit dabei geleistet, das Stockwerk zu verwüsten, von der Kaffeeküche, über deren Zustand Millicent ihr bereits berichtet hatte, bis hin zu den Toiletten, die deprimierenderweise ähnlich aussahen. Hermine seufzte. Auch wenn sie an einer großen Anzahl an Quidditch-Siegesfeiern im Gryffindor-Turm teilgenommen hatte, hatte sie keine Ahnung, wie man die Überreste einer feuchtfröhlichen Party am besten beseitigte, und sie sah sich ein bisschen verloren in dem Chaos um, in dem sich auch irgendwo ihr Schreibtisch versteckte. Millicent hingegen machte sich zielstrebig auf den Weg zum noch immer schnulzige Melodien vor sich hindüdelnden magischen Radio und zückte ihren Zauberstab. „Hast du was dagegen, wenn ich andere Musik anmache? Meine Ohren brauchen die Erholung.“ Hermine bedeutete ihr, zu tun, wie ihr beliebte, und rieb sich die verquollenen Augen, während ihr übermüdetes Gehirn beschloss, dass Kaffee eine gute Idee wäre, falls sie die Kaffeemaschine finden konnte. Einen Moment später zuckte sie allerdings zusammen, als die Melodie eines bekannten Rocksongs laut und klar durch den Raum schallte – eines Muggelrocksongs! Millicent reagierte auf ihr ungläubiges Starren allerdings nur mit einem Augenrollen. „Was? Du willst doch nicht etwa behaupten, das magische Programm hätte dir besser gefallen, oder?“ „Eigentlich nicht...“ Um genau zu sein, hatte Hermine die Nase gestrichen voll von Celestina Warbeck und hätte alles lieber gehört als noch einen Song von ihr, aber dass Millicent in ihrer Abneigung so weit ging, stattdessen lieber Muggelmusik zu hören, überraschte sie dann doch. „Aber was?“ Millicent wandte sich um und machte ein paar wütende Schritte auf Hermine zu, bevor sie bemerkte, dass sie noch immer ihren Zauberstab trug und ihn hastig wegsteckte. „Aber Slytherin-Kinder wachsen immer als perfekte Kopien ihrer Eltern auf? Aber Slytherins lehnen sich nie gegen die Reinblüter-Tradition auf? Aber Slytherins haben nie eine rebellische Phase? Blödsinn.“ Hermine nickte stumm, mehr aus Scham, weil sie das Offensichtliche wieder einmal nicht gesehen hatte, als aus wirklicher Zustimmung, und Millicent rollte mit den Augen. „Und fang jetzt bloß nicht an, meine beste Freundin zu spielen, nur weil du Schuldgefühle hast – das ist noch schlimmer als diese kaum verhohlene Gryffindor-Überheblichkeit.“ Sie wandte sich ab und begann, herumliegende Butterbierflaschen einzusammeln und auf einem der Schreibtische zu stapeln, während Hermine versuchte, zu verstehen, was gerade passiert war und was das für ihre zukünftige Zusammenarbeit bedeutete. So wütend und... verletzt?... Millcent auch geklungen hatte, ihr kurzer, einseitiger Ausbruch hatte Hermine mehr über sie verraten, als die sechs Monate, die sie nun zusammenarbeiteten. Näher waren sie nie daran vorbeigeschrammt, über private Themen zu sprechen, auch wenn Hermine nichts von sich preisgegeben hatte, und als sie sich ihrer Kollegin dabei anschloss, erst einmal den herumliegenden Müll zu beseitigen, wirkte die Stille zwischen ihnen anders als sonst... entspannter, kollegialer, nicht mehr so wütend und von alten Ressentiments vergiftet. Und abgesehen davon musste Hermine zugeben, dass der Sender, den Millicent ausgewählt hatte, nicht einmal schlecht war und sie den größten Teil der Songs, die gespielt wurden, tatsächlich mochte. Als der Muggel-Moderator die Acht-Uhr-Nachrichten und den Wetterbericht für London verlas, streckte Millicent sich und steckte ihren Zauberstab weg. Zumindest die Büroräume hatten sie mit der Hilfe von Magie wieder in einen präsentablen Zustand gebracht, und vor der Glastür konnten sie bereits die Schatten der ersten unermüdlichen Ministeriumsmitarbeiter vorbeihuschen sehen, die auch an einem Samstag im Dezember nicht zu Hause blieben, sondern zur Arbeit kamen. „Pause?“, fragte Hermine, und Millicent nickte. „Klingt nach einer guten Idee. Möchtest du Kaffee?“ Ein paar Minuten später wehte der Duft des frisch aufgebrühten Pulvers durch das Büro und Hermine schlang dankbar ihre Finger um die Tasse, die Millicent ihr reichte, während der Moderator ihnen fröhlich einen Guten Morgen wünschte und vermutete, dass sie alle gerade beim Frühstück saßen. „Schön wärs“, murmelte Hermine, während sie sehnsüchtig an die kleine, gemütliche Küche der Wohnung dachte, die sie mit Ron teilte, und stattdessen an einem übriggebliebenen, trockenen Scone knabberte, von dem sie hoffte, keiner ihrer Kollegen hätte ihn zuvor in der Hand gehabt. Millicent gab sich mit ihrem schwarzen Kaffee zufrieden und stützte ihren Kopf mit ihrem Arm ab, während sie in die Ferne starrte und dem Radiomoderator dabei zuhörte, wie er die aktuelle politische Situation in Großbritannien diskutierte. Hermine runzelte die Stirn. „Verstehst du eigentlich, wovon er redet?“ „Ein bisschen. Am Anfang war ich natürlich vollkommen ahnungslos, aber ich glaube, das sind alle Teenager bis zu einem gewissen Grad, wenn sie zum ersten Mal mit Politik konfrontiert werden. Jetzt kenne ich zumindest die wichtigsten Parteien und Politiker...“ Hermine nickte langsam. Durch die viele Zeit, die sie zuerst in Hogwarts und dann in der Zaubererwelt verbracht hatte, fühlte sie sich ähnlich, und wenn sie bei ihrer Familie zu Hause war und ihre Verwandten über Politik diskutierten, fühlte sie sich meistens erschreckend ahnungslos, ein Gefühl, das sie nicht mochte und das sie so schnell wie möglich beheben wollte. Immerhin sollte sie in drei Jahren bereits selbst wählen, und bis dahin musste sie doch wissen, was sie tat! „Wahrscheinlich, ja... und mittlerweile hab ich das Gefühl, mehr in der Zaubererwelt zu Hause zu sein als in der Muggelwelt, also geht es mir nicht anders.“ Millicent zuckte mit den Schultern. „Es geht nichts darüber, seinen Horizont zu erweitern.“ Die Aussage, so beiläufig gesagt, überzeugte Hermine, dass Millicent von mehr sprach, als an der Oberfläche ersichtlich war, und ihr übermüdetes Gehirn nahm die Herausforderung an und begann, zu überlegen, als ihre Kollegin weitersprach. „Und ein Gutes hatte es, dass ich nicht so war, wie meine Eltern mich haben wollten... ich bin nicht mit Greg verlobt. Immerhin kann man dem edlen, reinblütigen Haus Goyle ein Mädchen wie mich nicht antun.“ Hermine verschluckte sich fast an ihrem Kaffee. „Greg? Du meinst Gregory Goyle?“ Millicent richtete sich aus ihrer halb liegenden Position auf, als sie zu husten begann, um ihr zu helfen, wenn nötig, und sank erst wieder in ihren Stuhl zurück, als Hermine sich erholt hatte. „Ja. Unsere Eltern meinten, wir würden ein wunderbares Paar abgeben...“ Der Sarkasmus tropfte nur so aus ihrer Stimme. „Ich hab ihnen aus naheliegenden Gründen widersprochen und ihnen erklärt, dass ich kein Interesse an ihm habe. Gar keins, niemals.“ Hermine konnte nur zu gut verstehen, wieso – während weder Gregory noch Millicent besondere Schönheiten war, besaß Millicent einige Eigenschaften, die ihrem Slytherin-Kollegen vollkommen abgingen, unter anderem Fleiß, Kompetenz und ein funktionierendes Gehirn. Und für jede denkende Frau wäre es eine Strafe, Mrs Goyle zu werden. „Zum Glück“, antwortete Hermine, und Millicent lächelte sie an – zum ersten Mal. „Finde ich auch.“ Sie nahm den letzten Schluck aus ihrer Kaffeetasse und stand auf. „Ich glaube, wir sollten weitermachen, oder?“ Hermine nickte, und während sie den Rest des Büros aufräumten, glaubte sie, dass Millicent sich mit mehr Elan als sonst bewegte, und definitiv mehr lächelte, während sie die Weihnachtslieder im Radio mitsummte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)