Lost in your eyes von desertdevil6 ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Lost in your eyes V Ascon hatte die Frage nicht ganz nachvollziehen können, wusste erst nicht, was Laurin meinte, bis dieser sich vollständig vor ihm entblößte. Dummerweise war sein Blick automatisch den zarten Fingern gefolgt, sodass er jetzt genau zwischen die Beine den Kleineren starrte. Sofort beschleunigte sich sein Atem und die altbekannte Hitze wallte in ihm auf. Verlegen drehte er den Kopf zur Seite, biss sich auf die Unterlippe und versuchte seine Hormone wieder unter Kontrolle zu bekommen. War denn das die Möglichkeit!? Brauchte er den Kleinen denn nur nackt zu sehen, um dieses Verlangen zu verspüren den Jungen zu berühren?! Das konnte doch nicht normal sein! Und weshalb stellte der Silberschopf ihm solche Fragen? Besaß er denn keine Eltern, die ihn aufgeklärt hatten?! Verdammt, warum blieben diese peinlichen Sachen immer an ihm hängen, dachte er verdrießlich, während er versuchte die richtigen Worte zu finden. »Also weißt du... «, begann er mit brüchiger Stimme. »Wir Männer haben das da unten... « Er benutzte absichtlich Laurins Wortlaut, weil er sich schon denken konnte, dass der Kleinere mit irgendwelchen anderen fremdartigen Begriffen nichts anfangen konnte. »Weil wir uns damit unserer überschüssigen Körperflüssigkeit entledigen. Hauptsächlich dient es uns der Fortpflanzung. Damit haben wir mit einer Frau, manchmal auch mit einem Mann Sex, verstehst du?« Fragend sah er Laurin wieder an. Der Kleinere verzog jedoch nur nachdenklich das Gesicht, was Ascon vermuten ließ, dass er sich zu kompliziert ausgedrückt hatte. Leicht genervt und auch ein wenig peinlich berührt seufzte er auf. Wie sollte er das denn nur erklären? »Aber wie Kinder auf die Welt kommen weißt du schon, oder?« Der Kleine sah ihn aus großen Augen an und wusste nicht so recht, warum Ascon so nervös war. Das war doch eine ganz normale Frage, oder nicht? Er strich sich die Strähne hinter das Ohr, die er für die Ketten benutzt hatte und plinkerte ein paar Mal kurz mit seinen langen, hellen Wimpern, dann blieb er einfach weiterhin so sitzen und antwortete schließlich: »Nein... woher soll ich denn wissen, wie Kinder auf die Welt kommen? Und was ist Sex und wieso Frauen...? Und warum überschüssige Körperflüssigkeit? Und was ist Fort... dingsbums...?« Man konnte die Fragezeichen förmlich sehen, die ihm auf die Stirn geschrieben standen. Als er den Blick des anderen sah, rechtfertigte er sich: »Was denn... Meine Eltern sind schon früh gestorben, mir hat nie jemand was erklärt...« Beschämt senkte er den Blick und sah zu Boden, spielte dabei wieder mit den Perlen. Der Andere musste ihn bestimmt für furchtbar dumm halten... Er versuchte, nicht zu weinen und nagte weiter an seiner Lippe herum, kam sich irgendwie dämlich vor. Dabei hatte er doch ein Recht darauf zu wissen, was die ganzen Sachen waren, oder nicht? Und wenn er nicht fragte, würde es ihm nie jemand erklären. Im Moment war nur Ascon da, den er fragen konnte, und das hatte er getan, aber irgendwie war ihm jetzt ziemlich komisch zumute, er wusste selbst nicht weshalb, deswegen schwieg er erst mal wieder und ließ den Dunkelhaarigen zu Wort kommen. Bei den ganzen Fragen, die sich alle nur auf DAS eine Thema bezogen wurde ihm ganz mulmig zu Mute. Wieso musste denn gerade ER jetzt den Jungen aufklären? Er konnte doch gar nichts dafür das dessen Eltern ihren Pflichten nicht mehr hatten nachkommen können. Mist! Und die ganze Sache wäre ja auch nicht so kompliziert, wenn Laurin nicht mit gespreizten Beinen vor ihm sitzen würde. Angestrengt um Fassung ringend, fuhr er sich wie immer wenn er nicht weiter wusste durch die Haare und setzte dann zum Sprechen an. »Nun... also fangen wir ganz langsam an. Sex ist, wenn zwei Wesen miteinander verschmelzen. Es können dabei Gefühle eine Rolle spielen, dann nennt man es Liebe und wenn es einfach nur von einer Seite gewollt ist... « Er zuckte kurz mit den Schultern. »Hat der andere Part meinst Schmerzen und es ist nicht so schön wie Sex eigentlich sein sollte.« Allmählich war sein Blick wieder zu Laurins Augen zurück gewandert und er sah ihn während seiner Erklärungen fortwährend an. »Wenn sich zwei Wesen lieben, entsteht aus ihrer Verbindung oft ein Kind. Das kann passieren, ist aber nicht die Regel, denn die Zeit ist dabei auch ein wichtiger Faktor. Wir nennen das Zeugen eines Kindes Fortpflanzung, weil wir unsere Eigenschaften und Fähigkeiten weitergeben und neues Leben schaffen.« Der Schwarzhaarige machte eine Pause, ließ seine Worte wirken, um zu sehen, ob Laurin diesmal verstand was er ihm erklärte. Der Junge sog die Informationen begierig in sich auf und hing geradezu an seinen Lippen. Einerseits freute es Ascon so einen interessierten Zuhörer zu haben, andererseits wäre es ihm lieber gewesen über ein anderes Thema zu erzählen. Als er sich jedoch daran erinnerte, was Laurin noch gefragt hatte, stutzte er. »Du weißt nicht was Frauen sind?« Fragend hob er eine Augenbraue und versuchte sich gleichzeitig die anderen Wesen von dem Stamm des Jungen ins Gedächtnis zu rufen. So genau hatte er zwar nicht darauf geachtet, aber ihm war es so gewesen, als hätte er dort weibliche Wesen gesehen. Oder hatte er sich das nur eingebildet? Falls ja, war es wohl kein Wunder. Immerhin sahen die doch alle gleich aus mit ihren langen Haaren und den feinen Gesichtszügen. Da konnte man sich halt schon mal irren. Der Kleine schüttelte bei der Frage den Kopf. Zumindest kannte er den Begriff nicht. Er bemerkte, dass er noch so vieles nicht wusste und beobachtete die Bewegungen von Ascon ganz genau, erwiderte den Blick aus ruhigen, glänzenden Augen. Das meiste, was Ascon erzählt hatte, war gut für ihn zu verstehen gewesen, doch nicht alles war ihm klar. Gedankenverloren kratzte er sich am Oberschenkel und meinte verwirrt: »Aber... was ist denn Verschmelzen? Das komische, was... na ja... wo Ihr halt... in meinem Mund gewesen seid?« Er konnte sich nicht mehr an den Begriff erinnern, aber sehr wohl an das Gefühl, dass bei ihm ausgelöst worden war, als der Dunkelhaarige sich mit seiner Zunge plötzlich in seinen Mund vorgewagt hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er es schon irgendwie als Verschmelzen empfunden, weil es für ihn sehr intim gewesen war. In seinem Volk war es zwar üblich, fast nackt rumzulaufen, und niemand schämte sich dafür, deswegen war Laurin auch hier ganz unbefangen, doch so was wie Mundkontakt gab es bei ihnen normalerweise nicht, zumindest hatte er sich nicht darum gekümmert, konnte sich das nur mithilfe seiner Gefühle erklären. Und er wusste auch, dass er Ascon gerne eingelassen hatte und dass er das wahrscheinlich nie mit jemand anderem tun würde, es war einfach dieses Gefühl, das ihn beschlichen hatte... Er machte sich so seine Gedanken und noch bevor der andere eine Chance hatte zu antworten, glänzten die Augen des Kleinen wieder vor Neugier und er wollte wissen: »Woher wisst Ihr das überhaupt so genau? Hattet Ihr schon mal Sex? Und habt Ihr Kinder??« Das interessierte ihn jetzt brennend und er wollte unbedingt eine Antwort darauf haben. Es musste sehr niedlich sein, viele kleine Ascons um sich herum zu haben! Das würde er gerne mal sehen... Ungeduldig zappelte der Junge mit seinen schlanken Schenkeln und rutschte etwas auf der Decke hin und her, den Dunkelhaarigen dabei anschauend, weil er endlich eine Antwort auf seine ganzen Fragen, und besonders auf die letzte, haben wollte. Er konnte es kaum noch erwarten. Bei der letzten Frage verschluckte Ascon sich beinahe an seiner eigenen Spucke und obwohl er es versuchte zu verhindern, bildete sich ein unmerklicher Rotschimmer um seine Nase herum. Das gab es doch nicht! Jetzt wurde er sogar rot!, bemerkte er zerknirscht und schloss einen Moment die Augen um sich zu sammeln. Konnte das denn nicht endlich ein Ende haben? Ein wenig hilflos, was eigentlich gar nicht zu ihm passte, starrte er wieder die Wand an, als stünden dort die Antworten auf Laurins Fragen und er müsste sie nur ablesen. Wenn das bloß so einfach wäre... Abermals seufzte er auf. Es war ihm schon recht unangenehm jetzt auf einmal über sein Sexleben reden zu müssen. Normalerweise ging den Jungen das gar nichts an und welcher Mann redete schon gern über so etwas?! Das Herumrutschen von Laurin lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Kleineren. Es wäre jedoch besser gewesen, hätte er die Wand weiter angesehen, denn nun war er erneut Laurins körperlichen Anziehungskräften ausgesetzt. Wie von einem Magneten angezogen wanderten seine dunklen Augen über den schlanken, hellen Körper. Bevor er jedoch etwas Dummes tun konnte, griff er blindlings nach dem Stoff und drückte ihn dem Jungen in den Schritt. Dann strich er sich mit der Hand kurz über sein Gesicht, während er sich bemühte nicht dauernd einen nackten Laurin vor seinem inneren Auge zu sehen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Nach einer Weile des Zögerns besann er sich jedoch wieder auf die Fragen. »Du meinst sicherlich Küssen. Ja, das gehört auch zu den Dingen die man tut, wenn man sich gern hat. Es ist ein Zeichen dafür, das man den anderen achtet und ihm nicht weh tun möchte. Und ich weiß das so genau, weil ich schon viel herum gekommen bin und sehr viele Erfahrungen gesammelt habe. Es gibt außerdem eine Menge Bücher in denen man Informationen über diese Dinge findet.« Damit ließ er die pikanten Abschnitte seines Sexlebens gekonnt aus. Wer wusste schon, was dem Kleinen sonst noch für Fragen einfielen! »Kinder habe ich noch keine, denn ich habe meinen Seelenpartner noch nicht gefunden.« Leichte Traurigkeit beschlich ihn. Es war außerordentlich schwierig die eine Person zu finden, die zu einem passte. Zudem war es teilweise auch noch gefährlich, da er das Blut dieser Person brauchte, um feststellen zu können, ob sie es tatsächlich war. Allerdings reagierte er bei einem Test der falsch war mit dem Erscheinen seiner zweiten Persönlichkeit darauf. Das war bereits zwei mal passiert und von seinen angeblichen Seelenverwandten waren nur ein paar Fetzen übrig geblieben. Als er danach aufgewacht war, hatte er nur noch Mitleid empfinden können für die armen Kreaturen, deren Leben er ein so abruptes Ende gesetzt hatte. Letztendlich konnte er jedoch nicht wirklich etwas dafür, da ihm die Leute von einer Organisation herausgesucht worden waren, die sich extra auf das Problem seiner Rasse konzentriert hatte. Nur für ihn hatten sie noch keinen Seelenpartner gefunden, weshalb er nach den zwei Fehlschlägen den Vertrag gekündigt hatte. Und nun ging er schon eine Weile seinen Handelsgeschäften nach, wo er für solche Sachen erst recht keine Zeit hatte. Darunter litt natürlich auch sein Sexleben, da es für ihn nicht möglich war mit einem anderen außer Personen seiner eigenen Rassen oder seinem Seelenverwandten zu schlafen, da er denjenigen sonst umbringen würde. Aber das brauchte Laurin nicht zu erfahren... Der Junge nagte an seiner Unterlippe herum und nickte immer wieder zu dem Besprochenen. Er hatte den Dunkelhaarigen verwirrt angesehen, als dieser ihn wieder mit dem Stück Stoff zudeckte. Das verstand er nicht so ganz, aber er wollte nicht wieder nachfragen. Außerdem wusste er noch immer nicht, wozu genau diese Anhängsel an seinem Körper da waren, doch vielleicht würde er das ja auch noch irgendwann ganz genau erfahren, im Moment reichten ihm die Erklärungen aus. Worüber er allerdings nachdenken musste waren die Worte von Ascon, als er das komische Wort küssen erklärte. Es war schon logisch, dass der Junge dem anderen nicht wehtun wollte und ihn achtete, aber hatte er den Mann wirklich gern? Konnte er jemanden gern haben, der ihn aus seiner Heimat entführt hatte und ihn hier gefangen hielt, der ihn schon mehrmals verletzt, aber ebenso auch vor Verletzungen bewahrt hatte? Konnte er das? Scheu blickte er auf, sah ihn die Augen von Ascon und spürte ein leichtes Kribbeln in seinem Bauch, das er noch nie zuvor gespürt hatte, aber es war angenehm, verwirrte ihn nur etwas. Verwundert stellte er fest, dass er den Dunkelhaarigen wirklich gern hatte, sonst hätte er ihn sicherlich auch nicht so nahe an sich heran gelassen... Nach einigen weiteren Minuten des Überlegens gähnte er schließlich und richtete sich auf. Er hatte sehr wohl bemerkt, dass es dem Mann offenbar nicht wirklich gefiel, wenn er nichts anhatte, also tapste er auf den Sachenhaufen zu und suchte sich wortlos etwas aus, was nicht so unangenehm auf seiner Haut sein würde. Dann zog er es schweigend an und schob die Perlen zur Seite um nicht draufzutreten. Anschließend stupste er die Blume sanft mit einem Finger an, sodass sie zu Ascon hinüber schwebte und drückte ihm dann die fertigen Ketten in die Hand. »Könnt Ihr behalten...«, meinte er ein wenig verlegen. »Ich... ich brauche es nicht mehr...« Dann bedankte er sich höflich für das Erklären und tapste ins Badezimmer rüber, um ein wenig Wasser zu trinken, denn er hatte nichts mehr gegessen während der letzten Tage, er hatte einfach keine Lust dazu gehabt, weil es langweilig gewesen war. Als er zurück in das Zimmer kam, befand sich der Mann noch immer an Ort und Stelle und starrte gedankenverloren auf die Dinge, die Laurin ihm geschenkt hatte. Es war seltsam. Er war zwar verwirrt darüber, dass der kleine Silberschopf gerade ihm diese Blume zusammen mit den schimmernden Perlen geschenkt hatte, doch irgendwie war er glücklich darüber, obwohl er sich fragte, womit er das überhaupt verdient hatte. Gleichzeitig kam er sich schäbig vor, weil es die einzigen Dinge waren, die der Kleinere wirklich sein Eigentum nennen konnte. Er wollte ihm das nicht auch noch weg nehmen. Nichts desto trotz bewunderte er die Selbstlosigkeit des anderen und ihm wurde ganz warm ums Herz. Als Laurin wieder aus dem Badezimmer kam und zu ihm trat, erhob er sich und drückte die Sachen wieder in die Hände des Jungen, umschloss diese mit seinen eigenen, wobei er ernst in die wunderschönen Augen blickte. »Ich kann das nicht annehmen. Es ist das Einzige was du hast und was dich an deine Heimat erinnert. Du solltest das nicht an jemanden so schlechtes wie mich verschenken. Gib es einer Person die es wirklich verdient hat.« Damit wollte er sich schon abwenden, doch dann spürte er Laurins Hand an seinem Ärmel, die ihn zurückhielt. Der Junge sah ihn ebenso ernst an und war ganz überrascht gewesen. Kurze Zeit fehlten ihm die Worte, weil er damit überhaupt nicht gerechnet hatte, doch dann antwortete er ruhig: »Ich... ich kann doch jederzeit eine neue Blume machen, Ihr könnt sie ruhig behalten... Und nehmt wenigstens eine von den Ketten, irgendwie habt auch Ihr einen Anteil daran, denn ohne Euch hätte ich sie offenbar nicht herstellen können...« Er drückte die Dinge wieder in die Hände des anderen und hatte es genossen, als er die großen Hände des Dunkelhaarigen um seine eigenen, schlanken gespürt hatte. Und er hatte auch einen Zusammenhang gefunden, was die Perlen betraf. Bevor er Ascon getroffen hatte, war dies nie passiert, also musste es folglich etwas mit ihm zu tun haben... Außerdem war das erst nach ihrem gemeinsamen Kuss passiert... Mit großen Augen blickte er ihn lieb an und lächelte leicht und aufmunternd, hoffte, dass der Mann die Dinge annehmen würde, etwas anderes hatte er nicht, aber irgendwie hatte er vorhin eben das Bedürfnis gehabt, Ascon etwas zu schenken, er wusste selbst nicht weshalb... »Außerdem... Ihr seid doch nicht schlecht, sonst würdet Ihr mich doch nicht so... lieb behandeln...«, fügte er noch kurz darauf an weil ihm die Bemerkung des Größeren wieder eingefallen war. Der Schwarzhaarige wollte etwas darauf erwidern, kam jedoch nicht dazu. Ein unbändiger Ruck ging durch das gesamte Schiff und sofort waren Ascons Gedanken auf die Gegebenheit von vorhin fixiert. Er hatte also doch Recht gehabt. Dieser Schatten war keine Einbildung gewesen, sondern ein feindliches Schiff. Missmutig knirschte er mit den Zähnen und warf dann einen schnellen Blick auf die Manschette an seinem Unterarm auf der sich unter anderem auch eine Uhr befand. Dabei steckte er die Sachen unbewusst in die Taschen seiner Hose. Die hatten sich aber ganz schön Zeit gelassen, stellte er einen Augenblick später fest. Denn es war fast anderthalb Stunde vergangen. Möglicherweise hatten sie darauf gehofft, dass er den Tarnmodus seiner Flotte wieder aufheben würde. So dumm war er jedoch nicht. Nichts desto trotz musste er zurück auf die Brücke, um selbst das Kommando zu übernehmen und einige Sachen zu koordinieren. Ein weiteres Krachen ging durch den Flugkörper und rührte von einer größeren Detonation auf dem Schutzschild her, denn Laurin wurde dabei nach hinten geschleudert und Ascon ergriff gerade noch rechtzeitig das Handgelenk des Kleineren und zog ihn schützend an sich. »Laurin, ich muss zurück und meiner Mannschaft beistehen. Am besten, du bleibst hier. Dann kann dir nichts passieren. Setzt sich einfach wieder dort hin und verhalte dich ruhig... «, sagte er ein wenig gehetzt, weil die Zeit drängte. Die Explosionen waren schon ziemlich heftig gewesen und es war nur eine Frage der Zeit bis die Schutzschilde sich deaktivierten. Außerdem musste er unbedingt wissen, wie groß die feindliche Flotte war. Vorsichtig löste er deswegen Laurins Hände von seiner Hemdbrust, da der Kleinere sich dort richtig festgekrallt hatte und sah um Verständnis bittend auf den Jungen hinunter. Der Kleine hatte sich mächtig erschrocken, als er plötzlich den Halt verlor und nach hinten gedrückt wurde. Zum Glück griff Ascon ihn noch rechtzeitig. Der Junge klammerte sich an ihn und zitterte leicht. Sein Herz klopfte ganz schnell und sein Atem hatte sich ebenfalls beschleunigt. Zum ersten Mal spürte er so etwas wie Angst und das war ein ganz neues Gefühl, das er zuvor noch nie erlebt hatte, aber gefallen tat es ihm nicht. Deshalb wurde er auch panisch, als er ganz alleine hier bleiben sollte, er wusste doch nicht einmal, was geschehen war!! »B-bitte!«, piepste der Kleine und sah den Dunkelhaarigen aus großen Augen flehend an. »Ich... ich habe Angst alleine... Ich will hier nicht bleiben, nicht schon wieder... bitte!!« Ängstlich sah er ihn an und in seinen Augen schwammen erneut Tränen. Er zitterte am ganzen, schlanken Körper und war wie eine Klette, wollte Ascon nicht mehr los lassen, nicht jetzt, wo er diesen endlich wieder zu Gesicht bekommen hatte... Außerdem wusste er nicht was los war und passieren würde, das wollte er auf keinen Fall alleine durchstehen, er würde umkommen vor Angst!! Ascon seufzte schwer, sah aber ein, dass er Laurin nicht alleine lassen konnte. Nun ja, können tat er das schon, doch irgendwie tat es ihm leid und da der Kleinere bereits die gesamte letzte Woche mehr oder weniger einsam in diesem Zimmer gehockt hatte, griff er ihn mit den Worten »Also gut« bei der Hand und zog den Jüngeren mit sich. »Bleib immer dicht bei mir und versuch dich irgendwo fest zu halten, wenn es wieder wackelt. Vorzugsweise aber nicht an mir!«, fügte er noch hektisch an, während er mit seinem kleinen Gefangenen auf den Gang und in Richtung Aufzug stürmte. Keine Minute später erreichte er mit Laurin im Schlepptau die Brücke auf der er bereits sehnlichst erwartet wurde. Unmerklich nickte er seinem Navigator zu, drückte den Jungen, den er immer noch an der Hand hielt in einen Sitz, der nicht weit von seinem eigenen entfernt war und legte ihm die Sicherheitsgurte an. »Nur zu deinem Schutz«, erklärte er rasch, als er den leicht verängstigten Blick den Jüngeren auf sich spürte. Liebevoll strich er Laurin noch einmal über den Kopf, bevor er sich ebenfalls setzte und die Lage anhand der Daten einschätzte, die Anarel ihm soeben gereicht hatte. »Das Schutzschild hat größere Schäden verhindert. Aber lange hält es den Angriffen nicht mehr stand. Vielleicht noch zwei oder drei von den größeren Geschossen, aber länger auf keinen Fall«, informierte der junge Mann ihn geflissentlich und mit sorgenvoller Miene, die Ascon leichtes Unbehagen bereitete. »Wie viele Schiffe?«, erkundigte er sich kurz, während er aus dem Cockpit sah. »Das ist nicht sicher.« Anarel senkte den Kopf. »Wir können es nicht mit Genauigkeit sagen. Das Problem ist, dass sich der Feind zwischen den Eiskristallen versteckt. Diese sind wie kleine Prismen und vervielfältigen die Schiffe und deswegen ist es schwer einzuschätzen ob es sich nun um eines, zwei oder drei von denen handelt.« Ascon hatte verstanden. In seinem Kopf arbeitete es, während er weiter in schnellen Schritten die Liste überflog. »Was für Geschosse haben sie?« Ungeduldig richtete er seinen Blick auf den Braunhaarigen. »Das können wir auch nicht genau sagen... « »Verdammt noch mal!«, fuhr Ascon ihn an. »Was könnt ihr den überhaupt über unseren Feind sagen?!« Anarel und auch die anderen zuckten zusammen. Der Braunhaarige wusste, dass sein Käptain es nicht so meinte, aber er verstand ihn nur zu gut. Die Situation war extrem angespannt und es ging diesmal um mehr als nur ein paar kleine Angreifer. Das waren keine Mücken mehr, sondern eine ganze Heuschreckenplage! »Also gut. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um Nanobomben. Die haben eine ziemliche Durchschlagskraft. Und... « Eine unmerkliche Pause entstand. »Wenn ich das mal so in den Raum stellen darf... « Unsicher sah der junge Navigator wieder zu dem Schwarzhaarigen auf. »Ich vermute ganz stark, dass es nicht so viele Schiffe sind. Sie nutzen einfach nur den Effekt der Kristalle, der sie vervielfältigt und versuchen uns damit Angst einzujagen. Allerdings könnte meine Vermutung auch falsch sein, deswegen... « Mit einer unwirschen Handbewegung unterbrach Ascon den Braunhaarigen. »Schon gut. Ich habe verstanden. Schick die Hälfte der Spacehounds raus. Lass sie deine Vermutung überprüfen und sich dabei gleich an die Gegebenheiten gewöhnen. Und dann schalte mir die Frontlaser auf manuelle Steuerung.« Sowie er das gesagt hatte, machte sich Anarel an die Arbeit. Gleich darauf setzte Ascon sich sein Headset auf, mit dem von der Position der Laser aus uneingeschränkte Sicht in 3D-Perspektive hatte. Außerdem konnte er diese Position nach allen Richtungen hin ändern. Passend dazu befand sich am Ende der Armlehnen je ein Joystick, wie man ihn von Computerspielen her kannte, mit denen der Schwarzhaarige die Waffen steuern konnte. Der Junge, der sich nur widerstrebend hatte anschnallen lassen, weil er diesen Druck auf seiner Haut überhaupt nicht mochte, sah sich scheu aber auch neugierig um und rutschte auf dem Sitz hin und her, so weit die Gurte das zuließen. Er zitterte noch immer leicht und war unruhig, spürte er doch die Blicke der anderen, fremden Leute auf sich, und das gefiel ihm überhaupt nicht. Allerdings beobachtete er Ascon fast die gesamte Zeit und machte sich so seine Gedanken. Er verstand kaum ein Wort, was die da alle faselten, aber er spürte instinktiv die Unruhe und Nervosität, die in der Luft lag und das machte ihn unsicher. Er konnte sich zwar nicht viel vorstellen, aber er hätte es vorgezogen, jetzt lieber auf festem Boden und seinem Heimatplaneten zu sein, wo er zwar auf die Sonne achten musste, aber das war es auch schon. Das hier alles war ihm zu hoch, und ehrlich gesagt wollte er auch gar nicht wirklich wissen, was passierte, vielleicht war es ganz gut so, denn die komischen Geräte und wackelnden Bilder machten ihm Angst, er fühlte sich gänzlich unwohl, und das wurde noch durch die seltsamen Geräusche verstärkt. Nein, hier war kein Platz, wo er gerne war, vielleicht hätte er doch im Zimmer bleiben sollen, aber dann wäre er wieder alleine gewesen, und das wollte er ja nun auch wieder nicht. Wenigstens konnte er hier Ascon beobachten und sich so seine Gedanken machen, auch wenn dieser mit vollkommen anderen Dingen beschäftigt war. Ascon war hochkonzentriert. Durch das Headset konnte er die feindlichen wendigen Gleiter, die immer wieder an dem großen Schiff vorbei zischten verfolgen und abschießen. Mit der Zeit wurden es jedoch eindeutig zu viele. Er wusste gar nicht mehr, welchen von denen er zuerst anvisieren sollte. Fluchend riss er an den Steuerelementen für die Laser und gab kurz darauf ein frustriertes Schnauben von sich. Scheiße, die hatten ihn getroffen, sodass er jetzt nur noch eine Waffe hatte. Allerdings war seine Trefferquote damit fast noch genauso hoch wie mit beiden zusammen. Die restlichen Crewmitglieder hatten auch ganz schön zu tun. Immer wieder warf der Braunhaarige einen sorgenvollen Blick zu seinem Käptain, als erneut eine gewaltige Erschütterung durch den Schiffskörper ging, sodass er fast von seinem Sitz geschleudert wurde. »Verdammt!«, zischte Ascon, der dadurch kurz in seiner Konzentration unterbrochen worden war. »Die haben mir auch noch den zweiten Laser weggeschossen.« Aufgebracht riss er sich das Headset vom Kopf und sprang auf. Anarels Blick folgte ihm bedrückt. »Es sind zu viele... «, setzte er an, doch Ascon brachte ihn mit einem Wink zum Schweigen. Angestrengt sah er aus dem Frontfenster. Laurin hatte er schon längst vergessen. Er war ganz gefangen in seinen Überlegungen. Ungehalten knirschte er wieder einmal mit den Zähnen. Es musste doch einen Weg geben hier raus zu kommen. Es wurde schwierig, da sie auch noch das Problem hatten, den Eiskristallen ausweichen zu müssen. Das Kriegsschiff war einfach zu schwer und träge, um große Ausweichmanöver durchführen zu können. Dafür war es einfach nicht geschaffen. Normalerweise konnten die Spacehounds dieses Defizit ausgleichen... »Anarel, schick das zweite Geschwader raus. Wir haben nur eine Chance, wenn wir ihre Verstecksmöglichkeiten einschränken. Die Jungs sollen die Eiskristalle zerschießen. Wenn wir das Mutterschiff finden, können wir dem ganzen ein schnelles Ende setzen.« Er machte sich nicht so sehr Sorgen darum, ob sie verlieren würde. Nein, das war eher unwahrscheinlich, denn seine Flotte war eine der Größten überhaupt. Vierundzwanzig Kriegsschiffe sollte man nicht unterschätzen. Auf diesen Schiffen befanden sich jeweils über dreihundert Spacehounds, die von ausgezeichneten Piloten geflogen wurden. Mehr sorgte er sich um die Schäden die sie davon trugen. Je länger der Kampf mit diesen Luftpiraten dauerte, desto mehr Energie verschwendeten sie und das hieß, dass sie später irgendwo zwischenlanden mussten. Gedankenversunken kaute er auf seiner Unterlippe herum und suchte nach einer geeigneten Strategie. »Käptain... eine weitere Nanobombe... «, rief Anarel ihm noch warnend zu, bevor diese detonierte und das Schiff so heftig herumschleuderte, dass Ascon Mühe hatte sich fest zu halten. Trotz aller Kraftaufwendungen konnte er nicht verhindern, dass er mit dem Rücken gegen einen Steuertisch prallte. Schmerzvoll stöhnte er auf. Das Licht flackerte einen Moment, dann ging es ganz aus und wurde durch rote Leuchten ersetzt. Die sechs Crewmitglieder tippten wild auf den blinkenden Knöpfen vor sich herum, doch es brachte nichts. Diesmal konnte der Navigator sie nicht vorher warnen, als eine weitere Explosion das Schiff durchschüttelte. Sirenen gingen los, zwei der Steuerpults warfen Funken und begannen zu qualmen und obwohl seine Mannschaft versuchte ruhig zu bleiben, konnte Ascon die aufsteigende Panik fast körperlich spüren. Und er spürte noch etwas... zwar nicht ganz so deutlich, aber es war da! Suchend glitt sein Blick durch den Raum, bis er schließlich an dem silberhaarigen Jungen hängen blieb, der sich völlig verängstigt in den Sitz drückte und die Augen vor Furcht zusammen gepresst hatte und genau das war es, was er wahrgenommen hatte... Im Moment hatte er jedoch keine Zeit sich darum zu kümmern. Schnell brachte er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Problem. »Die Schutzschilde sind ausgefallen... «, hörte er einen der Männer mit fahriger Stimme rufen. »Wenn wir noch mal getroffen werden... « »Wir werden nicht noch mal getroffen!«, brüllte Ascon den Mann wütend an und unterbrach den ins Jammern übergehenden Bericht. »Diese Luftpiraten sind keine professionellen Leute, klar?! Wir haben so etwas schön öfter hinter uns, also ist das wirklich kein Grund die Nerven zu verlieren!«, schnauzte er ungehalten, auch wenn er selbst recht unruhig war, was die ganze Angelegenheit betraf. »Unser zweites Geschwader soll sich mit den Dreien der Antegra zusammentun und versuchen das Hauptschiff zu finden. Das erste Geschwader kümmert sich um die Verteidigung unseres Schiffes! Und ihr versucht die Flugbahn der Nanobombe nach zu vollziehen, um ebenfalls dieses Flugobjekt ausfindig zu machen!«, befahl er harsch und sah seine Leute nacheinander hart an, bis sie ihm verstehend zunickten. Dann wandte er sich an Laurin, der sich furchtsam in dem Sitz zusammengerollt hatte und hockte sich davor. »Hey... «, sagte er mit sanfter Stimme und strich dem Kleineren dabei beruhigend über die Wange. »Es ist alles gut. Du brauchst keine Angst zu haben.« Der Junge saß zitternd und soweit zusammengerollt in dem Sitz, wie es ging. Er merkte nicht, dass ihm die Gurte dabei in die Haut schnitten, er wollte nur noch hier weg! Leise wimmernd lauschte er auf die Geräusche um sich herum, wurde durch die Panik und Unruhe der anderen nur noch nervöser und zitterte am ganzen Körper, holte nur noch unregelmäßig Luft und kniff die Augen zusammen, um nichts mehr sehen zu müssen, denn eine Sache neben der Sonne, vor der er am meisten Angst hatte, war Feuer, und er hatte die Funken gesehen, die fast bis zu ihm geschleudert wurden. Gegen Feuer war er nämlich machtlos, und es war beinahe noch verheerender als die Sonne. Wenn erst einmal die hitzigen Funken seine Haut berührt hatten, dann war alles zu spät, das wusste er. Seine Körpertemperatur war in den Gefrierpunkt gesunken und seine Sinne vollkommen geschärft, da er andauernd Alarmsignale empfing. Doch er wusste, dass er nicht fliehen konnte, es gab nichts, wohin er gehen konnte, außerdem würde er aus den Gurten niemals wieder heraus kommen! Verzweifelte Tränen stiegen ihm in die Augen und rannen über seine kalten Wangen, bis sie auf den Boden tropften und sich in kleine, schimmernde Perlen verwandelten, die wild über den schwankenden Boden kullerten. Erst als er eine sanfte Stimme hörte, die ihm bekannt vorkam, und eine leichte Berührung an seiner Wange, die seine Körpertemperatur wieder ansteigen ließ, öffnete er scheu die Augen und blickte in die dunklen Augen des anderen, sah den gespannten Gesichtsausdruck und dachte sich seinen Teil. Der Kleine sah vollkommen hilflos aus und er wusste, dass er hier nie wieder alleine heraus kommen würde. Erneut wimmerte er leise und seine Augen hatten sich in eine goldene Farbe verwandelt, weil er panische Angst hatte. Aber er wusste nicht, was er sagen sollte, wusste er doch, dass der Dunkelhaarige sowieso alles an seinen Reaktionen und seinem Gesicht ablesen konnte. Allerdings war er dankbar dafür, dass der Mann sich wieder um ihn kümmerte, das ganze war schon schrecklich genug, zumal er so gut wie gar nichts verstanden hatte und deshalb fiepte er nur leise und versuchte, sich an ihn zu schmiegen. Er brauchte jetzt körperliche, trostspendende Nähe, um sich nicht ganz auf seine Umwelt konzentrieren zu müssen. Es hatte eine ganze Weile gedauert bis seine Worte zu dem Kleinen durchgedrungen waren und er endlich die Augen öffnete. Sie schwammen in Tränen und verwundert fing Ascon eine davon auf, die sich in seiner großen Handfläche in eine schimmernde Perle verwandelte. Erstaunen spiegelte sich in seinem Gesicht und als wäre es nicht schon außergewöhnlich genug, dass sich Laurins Tränen in wunderschöne Perlen verwandelten, bemerkte er auch noch die veränderte Augenfarbe des Kleineren. Er schaute nun nicht mehr in ruhige Dunkelblaue sondern in Goldglänzende, was ihn sehr verwirrte. Lag es nur daran, dass der Junge Angst verspürte? Das wäre eine plausible Erklärung, denn so richtig Angst hatte er ja in seiner Gegenwart noch nicht haben müssen, überlegte Ascon, während er seine Hand in den schmalen Nacken des Kleinen gleiten ließ und ihn beruhigend dort kraulte. Vielleicht hätte er Laurin in seinem Zimmer lassen sollen, dann wäre der Kleinere nicht so verängstigt worden. Aber er konnte ja nicht ahnen, dass es so schlecht für sie aussehen würde. Eine ganze Weile hockte er einfach nur vor Laurin und streichelte ihn tröstend. Um die Blicke der anderen kümmerte er sich nicht. Irgendwie waren sie ihm egal, und was sein Ansehen betraf... Er hatte sich nicht sehr verändert. Es hieß ja nicht, dass er weich wurde, nur weil er eine einzige Person bevorzugt behandelte. »Käptain?! Wir haben das Hauptschiff lokalisiert«, rief Anarel freudig aus und wies dabei auf den Monitor vor sich, was Ascon jedoch nicht sehen konnte. Ein unmerkliches Lächeln erhellte aber sein Gesicht und Erleichterung überkam ihn. »Siehst du... bald ist es vorbei«, sagte er mit zuversichtlicher Stimme an Laurin gerichtet, wischte dem Kleineren mit dem Daumen eine Träne von der Wange und ging dann zu dem jungen Navigator, um dessen Aussage zu überprüfen. »Seht ihr? Es ist ungefähr zehntausend Yards von uns entfernt.« Mit einem Finger zeichnete er die Linie zwischen ihrem und dem feindlichen Schiff auf dem Bildschirm nach. »Das heißt, die befinden sich also mitten im Kern der Eiskristallwolke?«, hakte Ascon noch einmal nach und zog die Brauen zusammen. »Ja, das ist richtig«, bestätigte Anarel nicht ohne Ascons zerknirschten Ausdruck zu bemerken. Und er wusste auch warum der Schwarzhaarige über die Information derartig missgestimmt war. »Das beinhaltet ein weiteres Problem, wie ihr sehen könnt. Wir kommen nicht mit unseren Waffen an das Hauptschiff heran. Die Kristalle stören dabei und dass wissen die Luftpiraten auch. Deswegen haben sie sich ja dieses Gebiet ausgesucht.« Ascon nickte zustimmend. Aber eines gab ihm zu denken. »Du hast doch gesagt die haben Nanobomben benutzt?«, richtete er sich an Anarel, der daraufhin bestätigend nickte. »Ja, hab ich. Warum?« Verständnislos blickte er auf. Er verstand nicht was Ascon mit der Frage bezweckte. »Wenn sie tatsächlich diese Art von Geschossen benutzt haben«, begann er zu erläutern. »Dann hätten sie das gleiche Problem wie wir. Nämlich das die Eiskristalle im Weg wäre. Demzufolge können sie die nicht benutzt haben... «, schlussfolgerte er und verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust, während er weiter den Monitor musterte. Nun hatte der junge Braunhaarige mitbekommen worum es dem anderen ging. »Ihr habt recht... «, meinte er ebenso nachdenklich, sprach jedoch seine Gedanken laut aus. »Aber wenn sie die Nanobomben mit speziellen Sensoren ausgestattet haben... sodass die Hindernisse überbrückt werden können und... nur energieausstrahlende Objekte anvisiert werden... dann wäre es gar nicht mal so problematisch.« Aufmerksam hatte Ascon zugehört. Natürlich! Das musste es sein. Warum war er nicht eher darauf gekommen?! Ganz schön gerissen diese elenden Hunde. Laurin hatte sich in Gegenwart des anderen langsam wieder beruhigt und seine dunkelblaue Augenfarbe zurück gewonnen. Dennoch schaute er noch immer ängstlich drein und atmete schnell und unregelmäßig. Das sanfte Kraulen in seinem Nacken nahm ihm allerdings ein wenig die Furcht und er sah Ascon wieder aufmerksam. Langsam hatte er sich auch wieder entrollt und leicht entspannt, aber Angst verspürte er noch immer, das sah man ihm an. Bei jeder fremden Stimme oder lauten und ungewöhnlichen Geräusch zuckte er zusammen und seine Augenfarbe wechselte ständig hin und her. Allerdings war er doch froh, nicht in seinem Zimmer eingeschlossen zu sein, weil er dort durch die Erschütterungen sicherlich durch den Raum gekullert wäre und sich verletzt hätte. Außerdem hätte er dann überhaupt nicht gewusst, was nun los war, deshalb war er schon ganz froh. Wenigstens konnte er Ascon hier beobachten und ein wenig von dessen Nähe spüren. Allerdings nervte es ihn, dass andauernd fremde Menschen zu ihm herüber starrten. Was konnte er denn dafür, dass er so außergewöhnlich war? Missmutig starrte er zurück, bis sie sich wieder ihren Aufgaben zuwandten. Der Kleine weinte inzwischen nicht mehr, doch seine Augen waren noch immer feucht und er hoffte, dass das Ganze bald ein Ende haben würde, weil lange hielt er das nicht mehr aus. Inzwischen grübelte Ascon angestrengt darüber nach, wie sie am besten vorgehen sollten. Da allerdings nicht viele Möglichkeiten übrig blieben, bestätigte er die Vorgehensweise Anarels, der einfach den Geschwadern die Aufgabe überlassen wollte. »In Ordnung. Aber gib dem Verteidigungskommando durch, dass sie uns zusätzlich die Flugbahn freischießen sollen auf Kurs 5379 Quadrant Gamma.« Umgehend wurde sein Befehl ausgeführt. Durch das Cockpit verfolgte er das Vorbeizischen der Spacehounds. Kurz darauf zersplitterten die ersten Kristalle und er spürte, wie das Schiff sich auf Grund der Wende leicht seitlich neigte. Das riesige Kriegsschiff folgte den blitzschnellen Spacehound wie eine zerstörerische Walze. Ab und zu prallten kleinere Eissplitter auf der Außenhaut ab, aber die Krafteinwirkung war so gering, das man davon nichts im Innern spürte. »Abstand zum gegnerischen Schiff fünftausend Yards«, informierte Anarel und Ascon nickte angespannt. »Gut. Geschosse bereit halten! Sowie unser Feind in Sichtweise ist, abfeuern.« Dann ging alles ganz schnell. Ein letztes Mal schossen die kleinen wendigen Gleiter an dem großen Raumschiff vorbei, zerstörten erneut eine Reihe Eiskristalle und legten damit auch die Schussbahn frei. Die Crew reagierte umgehend und ohne Zögern. Noch während zwei Mitglieder ausriefen: »Da ist es« hatte Anarel schon die Nanobomben gezündet, die nunmehr nur als zwei hell leuchtende Kugeln erkennbar waren und einen weißen Streifen hinter sich lassend auf das andere Schiff zurasten. Erwartungsvoll starrte Ascon aus dem Frontfenster. Zu seinem Erstaunen handelte es sich entgegen seiner Erwartungen um einen monströsen Frachter und nicht um ein kleines unscheinbares Piratenschiff. Argwöhnisch kniff er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Es sah recht beängstigend aus. Er hatte schon viele verschiedene Typen zu Gesicht bekommen, aber ... dieses hier war seltsam. Bevor er es sich jedoch noch weiter in seine Betrachtungen vertiefen konnte, trafen die Nanobomben mit unverwechselbarer Sicherheit ihr Ziel. Ein ohrenbetäubendes Knallen ertönte, das erst langsam in ein Grollen überging, ehe es ganz verscholl. Gleichzeitig wurde es mit einem Mal derartig hell, dass alle die Augen schließen mussten, um nicht geblendet zu werden. Als Ascon sie vorsichtig wieder öffnete, war von dem feindlichen Schiff nicht mehr übrig als ein paar verbogene Teile, die unkoordiniert im All herum schwebten. Die restlichen Gleiter, die noch todesmutig etwas zu bewirken versuchten, wurden von den Spacehounds abgeschossen, bevor diese nach und nach in den Hangar zurück kehrten und andockten. Einerseits war der Schwarzhaarige erleichtert, den Feind besiegt zu haben. Aber eines verwunderte ihn. Zum Schluss war alles viel zu schnell gegangen. Die Luftpiraten hatten vorher nicht unbedingt viel einstecken müssen, da sie erst sehr spät entdeckt worden waren. Das hieß, hätten die auch nur ein annähernd gutes Verteidigungssystem gehabt, hätten die Nanobomben das Schiff nicht gleich in Stücke gerissen. Aber vielleicht hatten die anderen gepokert und darauf gehofft durch die Eiskristalle nicht entdeckt zu werden. Immerhin wäre das eine Möglichkeit dieses abrupte Ende zu erklären ... Nun ja. Eigentlich tat es auch nichts zur Sache. Fakt war, dass sie gut aus der Sache heraus gekommen waren. Ascon seufzte. »Anarel ... hast du den Schadensbericht für die gröbsten Sachen schon?«, fragte er, um sich von seinen Gedanken ab zu lenken. Doch das, was er zu hören bekam, sorgte auch nicht dafür, dass seine Stimmung in den siebenten Himmel stieg. Eher im Gegenteil. Denn trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit gegenüber den Luftpiraten, hatten sie erheblichen Schaden genommen, wie der Vorbericht offen legte. Zwar war nur sein Schiff, die »Aakemba«, stark beschädigt worden und kaum eines der anderen, aber dazu kam noch, dass sie ein paar gute Piloten verloren hatten, was mindestens genauso ärgerlich war. Um die Spacehounds ging es ihm nicht vordergründig. Die waren schnell ersetzbar. Dagegen war die Ausbildung eines guten Piloten schwer und zeitaufwendig. Die entstandenen Lücken musste er so bald wie möglich wieder auffüllen, sonst sah es bei einem weiteren Angriff arg aus. Mit Unterbesetzung zu reisen war mehr als gefährlich, was das heutige Beispiel wieder einmal bewiesen hatte. »Ascon...?« Anarel war zu ihm getreten und sah ihn verständnisvoll an. »Wir hätten nicht mehr tun können. Dafür sind unsere Gegner diesmal zu raffiniert vorgegangen.« Er hoffte, dass er mit seinen Worten nicht zu weit gegangen war, weil ihr Käptain sich bei jedem Verlust Gedanken machte. Das war aber auch eine Seite, die er an seinem Vorgesetzten schätzte. Kein anderer Anführer hatte bisher so viel Herz gezeigt, auch wenn man es dem Schwarzhaarigen nicht ansah und ihn im ersten Moment für einen vollkommen abgebrühten und harten Kerl hielt. »Ich weiß. Trotzdem hätten wir uns schneller auf die Situation einstellen müssen. Das war kein Spiel, wird es auch nie sein. Wir sind professionell und können uns keine Fehler mehr leisten. Das nächste Mal geht es sonst nicht so glimpflich aus.« Der Braunhaarige verstand Ascons Position und auch die restlichen Crewmitglieder nickten beflissen. Anarel machte sich ja auch Gedanken und das jedes Mal wenn sie durch ungesichertes Gebiet flogen. Es stimmte zwar, dass sie eine der größten und gefürchtetesten Flotten jenseits des Omega-Systems waren, dennoch waren sich nicht unbesiegbar, selbst wenn das Gerücht verbreitet wurde. Im letzten Jahrzehnt war die Kriminalitätsrate fast um das Doppelte angestiegen und es gab immer mehr Zwischenfälle durch Luftpiraten. Gut, diesmal hatten sie nicht wirklich große Verluste einstecken müssen. Elf Spacehounds erschienen auf eine Masse von einigen tausend nicht unbedingt erheblich. Doch er war mit seinem Käptain voll einer Meinung. Denn diese Anzahl, auch wenn sie erst mal nicht wichtig erschien, war bei einem anderen Gefecht dann genau das Ausschlaggebende. Erschrocken von einem lauten Piepen fuhr Anarel aus seinen Gedanken. Fragend schaute Ascon ihn an. Die Augenbrauen des Schwarzhaarigen waren skeptisch zusammen gezogen und der junge Navigator beeilte sich an das einzige noch funktionierende Steuerpult zu kommen. Die anderen Schaltflächen waren teilweise durchgebrannt und explodiert, als sie von den Nanobomben getroffen worden waren. Konzentriert richtete er schließlich seine Aufmerksamkeit auf den Monitor. Ascon hingegen lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und beobachtete mit grimmiger Miene den Gesichtsausdruck des Braunhaarigen. Es dauerte eine Weile, bis der Jüngere sich ihm wieder zuwandte. »Ähm... « Anarel räusperte sich, wobei dem Schwarzhaarigen nicht dessen leichte Nervosität entging, die sein Gegenüber zu überspielen versuchte. leider ohne Erfolg. »Also ich... « Noch einmal holte der Braunhaarige tief Luft. »Es gibt zwei Meldungen.« Ernst sah er Ascon an, der bei diesem Blick leichtes Unwohlsein in sich aufsteigen spürte. »Die erste ist vom Hangar. Sechs von den elf vermissten Piloten hatten es anscheinend noch rechtzeitig geschafft sich mit der Rettungskapsel abzusetzen. Die Aufklärungsjäger haben sie eingesammelt.« »Aber das ist doch gut!«, meinte Ascon. »Warum machst du dabei so ein ernstes Gesicht?« »Naja... « Sicherlich war es eine gute Nachricht. Er freute sich ja auch darüber. Nur wie er seinem Käptain die zweite, weniger erfreuliche Nachricht rüberbringen sollte... »Red schon!«, wurde er dann ungeduldig von dem Schwarzhaarigen aufgefordert und fragte sich gleichzeitig, weshalb er immer diese blöde Aufgabe hatte schlechte Mitteilungen zu überbringen. Aber wie sollte er das nur anstellen? »Die Antriebssysteme haben ebenfalls Schaden genommen. Drei der Brennstäbe sind beschädigt worden, das heißt wir können nur noch mit einem viertel des Schubes fliegen. Allerdings hat der Brennstab nicht mehr 100% Leistungsfähigkeit. Bevor wir den nächsten Planeten erreichen, der von seiner technologischen Seite her so weit fortgeschritten ist, um dort neue Antriebsstäbe zu erwerben, wird der dieser den Geist aufgeben... « Vorsichtig schielte Anarel zu dem Schwarzhaarigen. Ascon indessen hatte mit wachsendem Unmut zugehört. Na das waren ja wundervolle Neuigkeiten! Nicht genug, dass er eine zweistellige Zahl Spacehounds verloren hatte, nein! Jetzt war auch noch der Antrieb im Arsch. Das kostete ihn mindestens zwei Wochen, wenn nicht sogar noch mehr. »Wir müssen doch eigentlich noch zwei oder drei auf Lager haben«, wandte er nach kurzem Schweigen ein, doch Anarel schüttelte daraufhin nur mit ernstem Gesichtsausdruck den Kopf. »Nein. Auf dem Weg durch die Ceyclon-Galaxy haben wir Zwei verbraucht. Einer war vorher schon fast leer. Die Drei, die zerstört wurden, hatten die Techniker gerade neu einmontiert.« »Verdammt!« Ärgerlich schlug Ascon mit der Faust gegen die Wand neben sich. »Die Verantwortlichen für das Antriebssystem und die Energiereserven wussten doch welche Strecken auf uns zukommen würden und wie viele Brennstäbe wir brauchen«, warf Ascon seinem Gegenüber vor, wobei er ihn aufgebracht anstarrte. »Und solche Zwischenfälle wie heute, sollten auch bei der Vorratsbeschaffung berücksichtigt werden!!« Während er den jungen Navigator anschnauzte, warf er gereizt die Hände in die Luft. »Wir hatten ja auch drei Brennstäbe auf Vorrat«, warf Anarel beschwichtigend ein. »Aber wer konnte denn ahnen, dass wir angegriffen werden und derartig Schaden nehmen?« »Ja, wer konnte das ahnen?!«, warf Ascon sarkastisch ein, bevor er sich von der Wand abstieß und begann mit mürrischer Miene durch den Raum zu tigern. Dabei wich er den herumliegenden Bruchstücken der abgesprengten Steuerungsplatten automatisch aus und verschwendete nicht einmal einen Blick daran. »Funk die anderen Schiffe an, ob die vielleicht noch Ersatz haben!«, befahl er nach einer Weile ungehalten, woraufhin Anarel sich sofort an die Arbeit machte. Abwartend verschränkte Ascon erneut die Arme vor der Brust, während er missmutig hinaus ins All blickte. Die Kristalldichte hatte sich gelichtet, sodass nur noch ab und zu einer vorbei schwebte, einen Schweif aus glitzernden Splittern hinter sich herziehend. Eigentlich waren die Kristalle schön an zu sehen, wie sie so im geringen Licht der Sterne funkelten, aber genauso gefährlich waren sie auch und er verspürte kein Bedürfnis danach diese Dinger länger als nötig um sein Schiff herum zu haben. Es wurde Zeit, dass sie hier weg kamen! »Ähm... Käptain?«, meldete sich Anarel zu Wort und holte Ascon damit aus seinen Gedanken. Dieser richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Navigator. »Zwei weitere Schiffe haben ebenfalls Schäden am Antriebssystem zu verzeichnen. Es sind gerade so viele Brennstäbe übrig, dass wir sie auf unsere Schiffe verteilen können, um wenigstens den nächsten höher entwickelten Planeten zu erreichen«, erklärte der Braunhaarige mit etwas unsicherer Stimme und wagte sich dann noch anzufügen: »Aber wir kommen nicht auf die volle Kapazität, was bedeutet, dass wir nicht im Hypermodus fliegen können.« Bei jedem von Anarels Worten sank Ascons Laune weiter unter den Nullpunkt. Konnten sie nicht mit Lichtgeschwindigkeit fliegen, hieß das, dass sie für eine vergleichsweise kurze Strecke das zehnfache an Zeit benötigten. »Zum Teufel noch mal!« Und der ganze Ärger war nur, weil diese verfluchten Geschosse mit Wärmesensoren ausgestattet waren. Sonst hätten sie nicht unbedingt den Antrieb getroffen. Aber da der ja verständlicherweise am heißesten wurde im Vergleich zum gesamten Schiff, war das die bevorzugte Trefferfläche gewesen. Daran ließ sich jetzt leider nichts mehr ändern. Deswegen sah der Schwarzhaarige auch ein, dass es nichts brachte sich weiter darüber zu ärgern. Davon kamen auch keine Brennstäbe angelaufen, obwohl man seine Wut wohl als Energiequelle hätte verwenden können, so aufgebracht wie er war. »Also, wie viele Energieröhren können denn nun besetzt werden?«, fragte er ein wenig gefasster. Anarel bemerkte den leichten Stimmungsumschwung sofort und begrüßte ihn auch mit Freuden. Die ganze Zeit hatte er schon gefürchtet, der Schwarzhaarige würde seine Wut an ihm auslassen, obwohl er das in seiner gesamten Laufbahn noch nicht einmal erlebt hatte. Ascon konnte zwar recht ungemütlich werden und hatte ein unbestreitbar heftiges Temperament, aber noch nie war er gegenüber seiner Crew oder den Mannschaftsmitgliedern handgreiflich geworden. Trotzdem fühlte er sich ein bisschen erleichtert, beantwortete die ihm gestellte Frage jedoch ohne Zögern. »Zwei Röhren können wir nutzen, wenn wir von einem der anderen Schiffe noch einen Brennstab bekommen.« Nickend nahm Ascon das zur Kenntnis. Die restlichen Mitglieder auf der Brücke hatten sich inzwischen dem Aufräumen gewidmet. Unterdessen waren zwei Techniker angerückt, die sich bereits an den Pult zu schaffen machten und versuchten diese wieder funktionstüchtig zu bekommen. So gesehen herrschte im Moment richtiges Chaos, was dem Schwarzhaarigen ebenfalls nicht gefiel. Unzufrieden schnaubend drehte er sich um. »Sieh zu, dass wir so schnell wie möglich den Brennstab bekommen. Dann teile Narus von der >Antegra< mit, dass er das Kommando über die nicht beschädigten Schiffe übernehmen soll und zurück nach >Othacaro< fliegen soll. Die anderen kommen mit uns. Und dann suche bitte nach einen relativ nahe gelegenen Planeten mit den nötigen Vorraussetzungen und nimm kurz darauf, sobald die Schäden hier... «, damit wies er auf das immer noch herumliegende abgesprengte Material der Steuerpults und warf einen Moment später einen bedeutungsvollen Blick auf die beiden Telemnar, die gerade an einer Einheit arbeiteten. » ...weitestgehend beseitigt sind.« Pflichtbewusst nickte Anarel, doch davon bekam Ascon nicht mehr mit, da er sich bereits abgewandt hatte. Für ihn war es selbstverständlich, dass seine Befehle ohne Umschweife ausgeführt wurden. Er wusste aber auch, dass auf seine Crew Verlass war. Dann ging auf den Sitz zu, auf dem Laurin saß. Den Kleinen hatte er in der ganzen Aufregung und dem Ärger völlig vergessen und er verspürte deswegen auch ein wenig ein schlechtes Gewissen. Der Junge zitterte zwar nicht mehr so stark wie das letzte Mal, als sie unter vollem Beschuss standen, aber immer noch mehr als nötig. Aus großen ängstlichen Augen blickte Laurin ihn an. Der Schwarzhaarige lächelte beruhigend, oder versuchte es zumindest und löste, bevor er vor dem Sitz in die Hocke ging sanft Laurins verkrampfte kleine Hände von den Armlehnen und umschloss sie mit seinen Großen. »Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten, hm?«, sprach er mit weicher, gedämpfter Stimme. »Es ist vorbei und dir wird nichts passieren«, versicherte er gefühlvoll, achtete jedoch darauf, dass nur der Junge ihn verstehen konnte. Seine Crew musste ja nicht alles mitbekommen. Auch wenn er sich sicher war, dass nichts nach draußen getragen wurde, so hatte er doch in gewisser Weise sein Gesicht zu wahren. Deswegen löste er die Gurte, die Laurin im Sitz gehalten hatten und half dem Kleinen langsam auf die unsicheren Beine. Sicherheitshalber hielt er den schlanken Körper mit einem Arm umfangen, damit der Junge nicht vielleicht doch wegknickte. Laurin war wie gelähmt vor Angst, die ihn seit dem Angriff befangen hatte. Er war ganz starr, weinte jedoch nicht mehr, zitterte nur stark und war verkrampft. Er bekam zunächst nicht mit, dass Ascon wieder bei ihm war, so sehr war er in seiner Angst und Unwissenheit gefangen. Obwohl er nicht viel verstanden hatte wusste er eines: So etwas wie eben wollte er nie wieder erleben! Als der Dunkelhaarige ihn abschnallte und auf die Beine stellte und ihn dabei festhielt, sank er an den starken, warmen und durch den Schweiß sehr männlich duftenden Körper des anderen zusammen und atmete noch immer heftig und unregelmäßig. Seine Augen waren jedoch nicht geschlossen, aber war er völlig verkrampft. Er hatte sich regelrecht an den anderen geklammert, wollte ihn nie wieder loslassen, denn nur bei Ascon fühlte er sich wirklich sicher, er wusste selbst nicht, warum dies so war, aber es war nun mal so. Dennoch stand er so unter Schock, dass er nicht mehr weinen konnte. Seine Augen waren noch immer goldfarben und er bemerkte auch nicht die tiefen Einschnitte der Gurte in seiner Haut, die ihn schmerzten, jedoch nicht so stark waren, dass er blutete. Aber Quetschungen waren es allemal, die so schnell nicht mehr weggehen würden, da seine zarte, hell schimmernde Haut sehr empfindlich war, gerade was Druck und Wärme anging. Seine Körpertemperatur hatte sich durch die Wärme des anderen wieder erhöht, war sie doch zuvor eiskalt gewesen, aber er konnte keinen klaren Gedanken fassen, sprach auch nicht und blieb regungslos. Da er so etwas noch nie erlebt hatte, war der Schock für ihn natürlich besonders groß und niemand konnte sagen, wann er sich wieder daraus lösen würde. Sicher war nur, dass er ohne die Stütze des Dunkelhaarigen sicher auf dem Boden zusammensinken und sich womöglich noch an den herumliegenden Metallteilen verletzen würde. Laurin hatte sich so in sich zurückgezogen, dass er nicht einmal die sanften und leisen Worte des Mannes wahrnahm, nein, seine Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere, als wäre er vollkommen erstarrt und würde nichts mehr um sich herum mitbekommen. Nachdem sie die Brücke verlassen hatten, nahm Ascon Laurin auf die Arme. Der Junge war kaum fähig gewesen selbst zu gehen und hatte sich einfach mitziehen lassen. Er hätte den Kleineren natürlich auch hinter sich her schleifen können, aber ein so herzloser Tyrann war er nun auch nicht. Aber es ärgerte ihn zugegebenermaßen, dass er sich vor dem Angriff der Luftpiraten durch den Bettelblick Laurins hatte weich kochen lassen. Für den Jungen wäre es allemal besser gewesen in dem kleinen Zimmer zu bleiben. Auch wenn er nicht gewusst hätte, was los war ... zu so einem Schock wie jetzt wäre es jedoch garantiert nicht gekommen. Deswegen machte Ascon sich Vorwürfe. Inzwischen spürte er Laurins Kopf an seiner Brust und sah auf den Kleineren hinunter. Die Augen hatte er geschlossen und die zarten Gesichtszüge wirkten zwar immer noch verzerrt, aber wesentlich entspannter als noch vor ein paar Minuten. Erleichtert atmete Ascon aus, trat vom Aufzug auf den Gang als dieser hielt und brachte den Silberschopf in sein Zimmer. Dort blieb er zögernd vor dem Bett stehen und überlegte. Laurin mochte es nicht besonders, weswegen sie bereits mehrmals aneinander geraten waren. Vielleicht war es besser, diesen Umstand zu akzeptieren ... Ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen, trug er den Jungen also in die Ecke, wo dieser sein Lager aufgeschlagen hatte und legte ihn dort behutsam auf den Decken ab. Obwohl es nicht kalt im Raum war, holte er eine zusätzliche Wolldecke aus einem der Schränke und wickelte sie um den zierlichen Körper des Jungen. Vorsichtig strich er noch eine silbrige Strähne aus dem blassen Gesicht, bevor er sich erhob. Mit einem kurzen Blick auf den schlafenden Silberschopf verließ Ascon schließlich das Zimmer. Kaum war er auf den Gang getreten, piepte ihn Anarel über den Mini PC, der an seinen Unterarm geschnallt war, an. Dieser stellte sicher, dass er immer und überall erreichbar war. Eilig tätigte er ein paar Eingaben, schnaubte dann verärgert und knirschte stark mit den Zähnen. Das konnte ja wohl kaum Anarels Ernst sein! Ungehalten fuhr er sich durch die Haare. Da er an dem ganzen Desaster jedoch sowieso nichts ändern konnte, stapfte er unzufrieden und mit einer Miene, die selbst die dunkelsten Gewitterwolken vertrieben hätte in seine eigenen Räumlichkeiten. An Schlaf war nicht zu denken. Dafür war er viel zu aufgewühlt. »Ich will verdammt noch mal endlich wissen, was das Ganze sollte!«, regte Ascon sich auf und verschränkte fordernden Blickes die Arme vor der Brust. Kühl taxierte er seinen Navigator, der händeringend nach Worten suchte. »Also... es tut mir leid«, entschuldigte sich der Braunhaarige kleinlaut. »Aber das war voraus zu sehen. Ich meine... schon als wir die Brennstäbe eingesetzt haben, wussten wir, dass wir nicht weit damit kommen würden«, versuchte er seine Entscheidung zu verteidigen. Er hatte eigenmächtig beschlossen die Schubkraft und damit auch den Energieverbrauch zu erhöhen, nachdem er die Strecke bis zu ihren Zwischenziel durchkalkuliert hatte. Er war auf ein wesentliches besseres Ergebnis gekommen, als sie nun leider am Ende hatten. Im Endeffekt hatte sie das zwei Tage gekostet. Und genau diese zwei Tage waren sie noch von »Keron«, dem Planeten, von dem sie sich die Ersatzbrennstäbe besorgen wollten entfernt. »Keron« war von allen möglichen noch der nahe liegendste Planet, der auch die entsprechenden Ersatzteile handelte. Das dort lebende Volk war zwar nicht als ein besonders Friedliebendes bekannt, doch es war ihre einzige Möglichkeit, wenn sie nicht eine halbe Ewigkeit antriebslos im All herum irren wollten. Ascon seufzte und massierte mit den Fingern die Schläfen. Er hatte Kopfschmerzen und das bereits die ganzen letzten Tage. Nur das sie von Mal zu Mal schlimmer wurden. Geschlafen hatte er auch nicht besonders viel, weil ihm das Geschehene nicht aus dem Kopf gehen wollte. Zusätzlich hatten ihn noch die Arbeiten im Hangar in Anspruch genommen, und die Spacehounds betreffend war auch noch einiges zu klären gewesen. Alles in allem hatte er kaum eine ruhige Minute gehabt. Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, erfuhr er jetzt so zu sagen als Sahnehäubchen zu seinem sowieso schon Mount Everest übersteigenden Ärger, dass sein Navigator sich mit den Energiereserven verrechnet hatte und sie im wahrsten Sinne des Wortes angearscht waren. »Tse... Entschuldigungen helfen uns nicht weiter!«, schnaubte Ascon verächtlich und schüttelte leicht den Kopf, was er jedoch sofort wieder bereute, als sich das Pochen hinter seinen Schläfen verstärkte. »Käptain?«, meldete sich dann einer der anderen Crewmitglieder zurückhaltend zu Wort. Leise räusperte er sich als Ascon seinen undurchdringlichen Blick auf ihn richtete und schlug für einen Moment die Augen nieder. »Mit der >Aakemba< kommen wir nicht weiter. Aber sie ist ja nicht das einzige Schiff das wir zur Verfügung haben«, gab der junge Telemnar zu bedenken. Ascon überlegte. »Aber die Spacehounds sind zu klein, um sie als Frachter zu benutzen. Außerdem würden sie in der Atmosphäre erheblichen Schaden nehmen, wenn nicht sogar verglühen«, meinte Anarel mit besorgniserregender Miene. »Zudem könnte bloß eine Person damit fliegen und selbst wenn wir die Geschosse entfernen, wäre kaum Platz für einen Brennstab.« Nachdenklich runzelte der Braunhaarige die Stirn und sah dabei ernst zu Ascon hinüber. Der stieß sich von der Wand ab, an der er bis jetzt gelehnt hatte und ging an den anderen vorbei zu einem der Steuerpults. Eine Zeit lang musterte er eine Zahlenkarte, und als er sich wieder umdrehte spielte ein selbstgefälliges Lächeln um seine Mundwinkel. »Richtig. Die Spacehounds sind ungeeignet, die können wir nicht benutzen«, erklärte er ruhig und gelassen und strebte wieder auf seinen Platz zurück. »Aber Paith` Vorschlag hat mich auf eine Idee gebracht. Im Hangar steht die >Starlight<, mein Handelsschiff. Wenn wir die Fracht auf der >Aakemba< verstauen, müsste genug Platz für die fehlenden Brennstäbe sein.« »Ja, genau! Daran haben wir ja noch gar nicht gedacht!« Anarel schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ich werde sofort veranlassen, dass die >Starlight< entladen wird«, sagte der Braunhaarige, während er sich schon umdrehte, um sein Vorhaben in die Tat um zu setzen. Ascon nickte bestätigend. »Ich mache mich auf den Weg zum Hangar«, meinte er sich auf dem Absatz umdrehend, denn er wollte keine Zeit verlieren. Je schneller er auf diesem Planeten war und die Brennstäbe hatte, desto rascher konnten sie zu ihrem eigentlichen Ziel aufbrechen. Laurin hatte die gesamte Zeit durchgeschlafen, so lange hatte er hier wohl noch nie geschlafen, doch als er aufwachte fühlte er sich gleich besser. Er richtete sich auf, rieb sich die Augen und sah sich verwirrt um. Nach kurzer Zeit der Orientierung merkte er, dass er sich in seinem Zimmer befand und offenbar alleine war. Ascon musste ihn hier her gebracht haben, der Kleine konnte sich noch an das schöne Gefühl erinnern, in die Arme genommen, getragen und an die breite Brust gedrückt zu werden, und er lächelte leicht. Doch das Lächeln verschwand bald wieder, als er sich aus Decken und Kleidung schälte und die hässlichen Striemen auf seiner zarten, hellen Haut sah, die durch den komischen Gurt am Sitz stammten. Er wimmerte, als er eine dunkle, tiefere Strieme berührte und ein kleiner Schmerz durch seinen Körper schoss. Sofort rappelte er sich auf, stürmte ins Bad und ließ kaltes Wasser darüber laufen. Dies half ein wenig, aber auch nicht sonderlich viel, es tat noch immer weh... Seufzend trocknete er sich ab, suchte sich neue Sachen raus, die mehr oder weniger gut für seine Haut waren und zog sie an. Dann löste er seine Frisur und kämmte die Silbersträhnen, die hell leuchteten so lange, bis sie wieder glatt und glänzend waren, anschließend steckte er sie wieder zu der Frisur zusammen und streckte sich, versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, als er erneut seine angegriffene Haut spürte, sondern versuchte, dies so gut es ging zu ignorieren. Eine Weile blieb er in Gedanken versunken in seinem aus Decken bestehenden Nest sitzen und bemerkte erst jetzt, dass Ascon ihn nicht auf das grässliche Bett gelegt hatte. Ein Lächeln huschte über seine Gesichtszüge und er musste wieder daran denken, wie lieb der Mann doch in der letzten Zeit zu ihm gewesen war, das hätte er sich vorher niemals träumen lassen und er freute sich sehr, war er doch erleichtert, dass der Dunkelhaarige so einfühlsam für ihn da gewesen war, als die Situation so bedrohlich wurde. An das Feuer wollte er sich lieber gar nicht erinnern... Aber gleichzeitig wusste Laurin auch, dass Ascon wohl sehr beschäftigt sein musste, deshalb fand er sich mit dessen Abwesenheit ab, zumal er auch nicht wirklich wusste, wie lange er nun geschlafen hatte, denn sein Zeitgefühl war verloren gegangen seit er hier als Gefangener an Bord gekommen war, daran konnte er auch nichts mehr ändern. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er die ihm so vertrauten Schritte auf seine Tür zukommen hörte und sprang auf, begrüßte Ascon mit einem strahlenden Lächeln, als dieser die Tür öffnete und eintrat. Der Kleine konnte jedoch sofort sehen, dass es diesem nicht besonders gut zu gehen schien, das konnte er in seinen Augen und an dessen Gesichtsausdruck erkennen. Noch bevor der Mann etwas sagen konnte, war Laurin auf ihn zugetreten und hatten ihn zu dem Bett gezogen, ihn mit aller Kraft draufgedrückt und leise gesagt: »Ihr seht krank aus, habt Ihr etwas mit dem Kopf?« Verwundert zog Ascon die Augenbrauen hoch, als er Laurin bereits vor der Tür wartend vorfand. Auch dessen Initiative und Entschlossenheit überraschte ihn, wo er den Kleineren doch sonst eher weinerlich und zurückhaltend in Erinnerung hatte. Einen Moment später fand er sich schon aufs Bett gedrückt wieder und konnte vor Erstaunen nur zur Bestätigung auf die Frage des Jüngeren nur nicken. Laurin nahm es ebenfalls mit einem Nicken hin und hielt den Dunkelhaarigen von weiteren Worten ab, wusste aus seiner Haltung heraus, dass dieser es eilig hatte, deshalb versuchte er auch, sich zu beeilen und legte je einen Zeigefinger auf die Schläfen des Mannes, der aus Reflex die Augen schloss. Laurin senkte seine Körpertemperatur, führte kreisende Bewegungen aus und konzentrierte sich auf den Ursprung des Schmerzes, versuchte, ihn soweit auszuschalten dass der andere nicht immer den beständigen Druck und Schmerz spüren musste. Nach wenigen Minuten löste er seine Finger wieder und sagte verlegen, den Blick senkend: »Ich... ich hoffe es hat geholfen...« Der Mann öffnete die Augen wieder und war beeindruckt. Der beständige Druck, der ihm schon in den letzten Tagen so zu schaffen gemacht hatte, war endlich weg. Kurz blieb er noch sitzen ohne sich zu rühren, dann erinnerte er sich jedoch wieder daran, weswegen er eigentlich gekommen war und erhob sich, griff den Jungen sanft am Arm und sagte: »Komm, wir müssen in den Hangar. Den Rest erzähle ich dir später, aber wir müssen uns beeilen, ich wollte schon längst dort sein.« Auf den Rest ging er zunächst nicht ein, sonst würden sie zu viel Zeit mit Reden verschwenden. Er trat mit dem Kleinen an seiner Seite aus dessen Zimmer und ließ es zu, dass Laurin nach seiner Hand griff und dicht neben ihm an seiner Seite lief, sich dabei scheu umschauend und an seiner Unterlippe nagend. Er hatte seine Körpertemperatur der des Anderen angepasst und lief in dessen Geschwindigkeit neben ihm her, verzog nur ab und zu kurz schmerzhaft das Gesicht, das er dabei jedoch abgewendet hatte, weil er nicht wollte dass Ascon das sah. Nach einigen Minuten schienen sie da zu sein, denn der Dunkelhaarige löste sich von ihm und ging auf ein paar Männer zu, um sich mit diesen zu unterhalten. Laurin folgte ihm ein paar Schritte, dann wollte er jedoch nicht stören und blieb in einigem Abstand stehen, sah sich aus großen Augen scheu um und wartete ab, was nun passieren würde. Was ihn eigentlich geritten hatte, wusste Ascon nicht zu sagen, doch seine Schritte waren von ganz allein in Richtung Laurins Zimmer gewandert. Ursprünglich wollte er den Jungen gar nicht mitnehmen, da es sicherlich keine leichte Reise werden würde. Aber auf diesem Schiff konnte er ihn auch nicht lassen, schon gar nicht ohne Bewachung. Allerdings tat es dem Kleinen vielleicht gut mal wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren. Seine Informationsquellen hatten ergeben, dass auf »Keron« eine recht üppige Vegetation herrschte, die sich nicht allzu sehr von der von Laurins Planeten unterschied. Außerdem war gerade Sonnenwende. Der Planet besaß zwei Sonnen und vier Monde. Zur Sonnenwende wurden die acht Stunden-Tage auf zwei Stunden-Tage reduziert, sodass fast ein viertel Jahr Nacht war, ein Umstand, der sich für Laurin sehr positiv darstellte. Als sie den Aufzug verließen, zog der Junge seine Hand zurück, wofür Ascon recht dankbar war. Er wollte den Jungen nicht enttäuschen, vor seinen Männern aber auch nicht allzu nachgiebig erscheinen. Ohne weiter auf Laurin zu achten ging er zu einer Gruppe Telemnar, die gerade dabei waren den Frachtraum der >Starlight< zu räumen. Unter ihnen befand sich der Kommandeur der Piloten. Er war etwas kleiner als Ascon, trug nur ein Muscleshirt und eine Tarnhose. Die Schulterlangen Haare waren lässig zurückgebunden und die graugrünen Augen leuchteten freudig auf, als er seinen Käptain auf sich zukommen sah. »Wir sind gleich fertig«, informierte er mitteilungsfreudig. »Die Fracht wurde in eine Kammer geräumt, sodass sie nicht beschädigt werden kann.« Mit einer Hand wies er auf den Raum, in den gerade wieder einer der Piloten mit einer Kiste verschwand. Zufrieden nickte Ascon. »In Ordnung... Vier deiner Männer sollen sich bereit machen. Ich möchte möglichst noch in der nächsten Stunde starten«, befahl der Schwarzhaarige in gewohnt kühlem Ton, woraufhin der andere verstehend nickte. »Kein Problem. Ich werde ihnen Bescheid geben und ... « Ein anderer Krieger kam auf sie zu, wobei er sich mit einem Arm den Schweiß von der Stirn wischte. »Wir sind fertig! Darral hat gerade die letzte Kiste entladen«, erläuterte der Mann und verbeuge sich knapp vor Ascon. Ascon nahm das wohlwollend zur Kenntnis. Na ja ... es schien sich so langsam alles zu klären. »In einer halben Stunde fliegen wir ab. Bis dahin sollten die Vier es geschafft haben auf das Schiff zu kommen.« Mit diesen Worten ließ er seinen Kommandeur stehen, gab Laurin, der etwas Abseits stand und sich mit großen Augen umsah mit einem Wink zu verstehen, dass er zu ihm kommen sollte und betrat dann zusammen mit dem Kleineren über die Laderampe das Schiff. Bei jedem Schritt gab das Metall ein dumpfes Klingen von sich, welches von den Wänden des Hangars widerhallte. Im Frachtraum bog Ascon nach links ab und strebte durch ein paar Türen, die sich automatisch kurz vor ihm öffneten. Eine Weile später hatte er das Cockpit erreicht und bedeutete Laurin, der ein bisschen verschüchtert hinter ihm stand, sich auf einen der Sitze zu setzen. Der leicht wiederwillige Blick den Jungen entging ihm nicht, doch er ignorierte ihn. Als der Silberschopf saß, lehnte er sich an das Frontpult und sah ihn schweigend an. Erst nach einer geraumen Weile erhob er die Stimme. »Wie du sicherlich mitbekommen hast, haben wir bei dem Kampf mit den Luftpiraten erheblichen Schaden genommen. Dabei sind ein paar wichtige Teile zerstört worden, ohne die wir nicht weiter fliegen können... « Er machte eine Pause, um das Gesagte wirken zu lassen. »Deswegen müssen wir mit diesem Schiff einen fremden Planeten ansteuern und diese Teile besorgen.« Langsam löste er seine Haltung und ging auf Laurin zu. »Ich nehme dich mit, wenn du willst, aber du kannst auch gerne hier bleiben. Die Entscheidung überlasse ich dir. Eines sage ich dir aber vorweg. Die Reise wird sehr anstrengend und ich kann wenig Rücksicht auf dich nehmen. Also überleg es dir gut.« Eindringlich sah er Laurin an, um ihm auch wirklich die Bedeutung und Schwere seiner Worte klar zu machen. Eigentlich war es ganz und gar nicht seine Art jemandem die Entscheidung zu überlassen. Normalerweise war es so, dass er befahl, und die anderen hatten das zu akzeptieren. Widerworte ließ er nicht zu. Bei Laurin war es eine Ausnahme, die er nicht so schnell bei einer anderen Person machen würde. Geduldig wartete er auf eine Antwort. Der Junge war dem Dunkelhaarigen auf den Wink hin ins Innere des Schiffes gefolgt und hatte sich umgesehen um zu verstehen, was hier vor sich ging. Sehr weit mussten sie nicht laufen, dann schienen sie auch schon da zu sein. Der Kleine sah die Andeutung des Mannes und setzte sich widerwillig in den Sitz, sah er doch schon auf den ersten Blick die ätzenden Gurte, die er in keiner guten Erinnerung hatte und die er möglichst auch nicht noch einmal spüren wollte. Hatte er etwas falsch gemacht? Er empfand die Dinger als Strafe, immerhin hatte die niemand anderes beim letzten Mal umgehabt... Als er jedoch bemerkte, dass Ascon nur mit ihm reden wollte, beruhigte er sich wieder etwas und blieb nicht mehr so verspannt sitzen, sondern lehnte sich sogar noch etwas zurück und streckte die schlanken Beine. Aufmerksam hörte er zu und nickte zu dem Gesprochenen, wurde aber nachdenklich, als er die eindringlichen Worte hörte, merkte er doch sehr schnell, dass der Dunkelhaarige es sehr ernst meinte. Tief in Gedanken versunken nagte er an seiner Unterlippe herum, knetete seine Finger und wusste nicht so recht, was er tun und wie er sich entscheiden sollte. Er wollte nicht alleine hier bleiben, was sollte er denn ohne Ascon? Nachher taten die anderen noch das mit ihm, wovor ihn der Mann gewarnt hatte, woran sich der Junge aber nicht mehr erinnern konnte, weil er auch gar nicht wusste, was das gewesen war. Und außerdem wusste er ja nicht, wie lange der Mann wegbleiben würde, Laurin würde es nicht aushalten, so lange ohne den Anderen zu sein, deshalb sagte er leise, aus tiefblauen Augen zu ihn aufsehend: »Ich... ich möchte nicht hier alleine bleiben... Aber wenn da Sonne ist, kann ich nicht mitkommen... Dann bin ich ganz schwach und... und würde Euch nur aufhalten...« Verlegen senkte er den Blick und nagte erneut an seiner Unterlippe herum, während er mit seinen langen Wimpern blinzelte und sich dann die Augen rieb. Irgendetwas stimmte nicht, das hatte er im Gefühl. Er hatte ein ganz eigenartiges Gefühl, irgendwie war ihm mulmig zumute und er wusste, dass er sich auf dieses Gefühl immer verlassen konnte. Also sah er wieder scheu auf und sagte leise: »Ich... Geht nicht... ich habe ein ganz ungutes Gefühl, und... und darauf kann ich mich eigentlich immer verlassen...« Unsicher sah er ihn an. Er wollte nicht, dass sich der Andere in Gefahr begab, was sollte er denn ohne ihn machen?! »Um die Sonne brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Nach meinem Wissen ist dort gerade Sonnenwende. Das bedeutet, dass du nicht länger als zwei Stunden am Tag dem Licht ausgesetzt bist«, erklärte Ascon mit einem feinen Lächeln um die Mundwinkel. Laurin war erstaunlich umsichtig und das gefiel ihm. Der Junge wollte ihn nicht aufhalten, stellte also seine eigenen Wünsche hinten an, was nicht jeder tun würde und das bescherte ihm ein seltsam warmes Gefühl, das er sich nicht erklären konnte. Allerdings zog er bei Laurins zweitem Satz die Augenbrauen zusammen und seufzte. »Hör zu, Laurin. Wir brauchen die Ersatzteile wirklich sehr dringend, sonst treiben wir ewig ziellos im Weltraum herum. Die Reise dürfte auch nicht länger als eine Woche dauern. Über die Hälfte der Zeit fliegen wir, da kannst du beruhigt schlafen. Du brauchst keine Angst zu haben. Dein Gefühl kommt sicher nur daher, dass du nicht weißt was passiert und wo es hingeht, hm?« Beruhigend sah er Laurin in die großen blauen Augen und strich ihm aufmunternd durchs Haar. Scheu senkte Laurin den Kopf und murmelte etwas, was Ascon gerade so verstehen konnte. »Uns wird schon nichts widerfahren. Und falls doch etwas geschieht... «, sagte Ascon, während er das Kinn des Kleineren mit einem Finger anhob, sodass er ihn wieder anblicken musste. »Dann werde ich dich beschützen, einverstanden?« Der Kleine sah ihn aufmerksam an, als dieser ihm den Stand der Dinge erklärte und nagte ein wenig an seiner Unterlippe herum. Er verstand, was der Mann sagte und wie wichtig es war, dennoch nagte dieses Gefühl in ihm, das ihm Unbehagen und sogar ein wenig Angst bescherte. Und er wusste, dass er diesem Gefühl trauen konnte. Allerdings sah er auch den Zwiespalt, in dem der Dunkelhaarige steckte und konnte ihn vollends verstehen. »Ich... es geht nicht um mich...«, antwortete er leise und sah Ascon eindringlich an. »Ich... ich mache mir Sorgen um Euch...« Verlegen senkte er den Blick und kaute inzwischen auf seiner Unterlippe herum, stellte dies aber bald wieder ein, weil es weh tat. Als der Mann ihm durch die Haare strich senkte er stumm den Kopf und schloss die Augen halb, genoss die Berührung sichtlich und fühlte sich wohl dabei. Er öffnete die Lippen, um noch etwas zu sagen, doch in diesem Augenblick hob Ascon sein Gesicht zu sich an und er erwiderte den Blick scheu und nickte langsam auf die Frage hin, wandte seine Augen nicht von denen des Anderen ab und versank irgendwie darin. Sie waren so faszinierend dunkel, er hatte noch nie zuvor eine solche Augenfarbe gesehen... Vor lauter Nachdenken hatte er vollkommen vergessen, seine feuchten, roten Lippen zu schließen und auch den Finger des Dunkelhaarigen an seinem Kinn nahm er nicht mehr wahr. Er sah ihm nur noch in die Augen und erwiderte den Blick offen und ehrlich und aus tiefstem Herzen, versuchte, das Gefühl zu verdrängen, das sich in ihm breit gemacht hatte und hatte sich eigentlich schon dafür entschieden. Er würde mitkommen, schon allein aus dem Grund, weil er Ascon nicht alleine der Gefahr aussetzen wollte. Die leisen Worte Laurins hatten das warme Gefühl in seinem Innern noch verstärkt. Der Blick in diese einzigartigen dunklen, blauen Augen verschlug ihm regelrecht den Atem und er nahm den Kleinen viel intensiver wahr als noch vor ein paar Sekunden. Ein leichter Duft nach frischen Blumen ging von dem Jungen aus, vermischt mit einem anderen Geruch, den er nicht deuten konnte, auf den seine Sinne jedoch stark reagierten. Sein Herzschlag beschleunigte sich und er beugte sich ein Stück näher zu Laurin, verwob ihre Blicke miteinander und zog mit einem Finger die zarte Kinnlinie des Jüngeren nach, während er langsam den Kopf senkte. Dabei beobachtete er Laurin ganz genau. Der Jüngere hatte die Augen halb geschlossen und er spürte die zierliche Hand deutlich auf seinem Oberarm ebenso wie dass der Kleine ihn sachte zu sich zog. Die samtigen Lippen waren halb geöffnet. Er spürte sogar schon Laurins warmen Atem auf seinen eigenen Lippen. Bevor er den Kleineren jedoch küssen konnte, hörte er Schritte und löste sich von Laurin, wandte den Blick ab, um sich wieder zu fangen. Aufgewühlt strich er sich durch die Haare und keinen Augenblick später traten die vier Männer ins Cockpit, die er abkommandiert hatte. Mit einem kurzen Nicken und unzufriedenem Gesichtsausdruck begrüßte er sie. Zwei von ihnen waren Piloten, die anderen beiden Krieger. Ohne Umschweife nahmen die Piloten ihre Plätze ein, während die anderen den Raum wieder verließen und sich in die kleinen Kabinen begaben. Zu sechst das Cockpit zu bevölkern brachte nichts. Laurin atmete deutlich schneller als er die zarten Berührungen des Anderen auf seiner empfindsamen Haut spürte und sog den männlichen Geruch des Mannes ein, den er so mochte. Er schloss die Augen ganz als er spürte, wie sich Ascon zu ihm hinunter beugte und drückte sich an ihn, suchte deutlich die Nähe des Dunkelhaarigen und nahm erstaunt wahr, wie entspannt er selbst doch war. Das mulmige Gefühl war fast verschwunden, und er spürte eine Wärme tief in sich, die er noch nie zuvor gespürt hatte und die er als sehr angenehm empfand. Sein Herz schlug ganz ruhig und er war so entspannt, wie schon lange nicht mehr, und das sah man ihm auch deutlich an. Umso mehr zuckte er zusammen, als er auf einmal Schritte wahr nahm. Er war ganz erschrocken und hatte sich in den Sitz gedrückt, löste den Blick von Ascon und sah niedergeschlagen zur Seite. Der Kleine wusste selbst nicht, wieso er sich auf einmal so mies fühlte, als wäre der Zauber von eben und das gute Gefühl mit einmal verschwunden, was ja auch so war, und das stimmte ihn betrübt, was er auch zeigte. Er stieß die Luft von einem Atemzug enttäuscht und laut hörbar aus und warf einen finsteren Blick auf die Gestalten, die den Raum betraten, die Schuld daran waren, dass diese wundervolle Empfindungen ein so schnelles Ende gefunden hatten. Missmutig nahm er wahr, dass einige der Personen da blieben und er somit nicht mehr alleine mit Ascon war. Vor sich hin grummelnd, was eigentlich nicht seine Art war, starrte er vor sich auf den Boden und zog die Beine an seinen Körper. Das Leuchten seiner Haare hatte nachgelassen und man sah ihm deutlich an, dass er gereizt war. Der Kleine war zum ersten Mal in seinem Leben wohl so richtig sauer, aber weder sagte noch tat er was, brütete nur missmutig vor sich hin. Genauso missgelaunt starrte Ascon vor sich hin, obwohl er sich das nicht erklären konnte. Eigentlich hätte er froh über die Störung sein müssen, weil er sonst vielleicht eine echte Dummheit begangen hätte. Der Junge brachte ihn dazu Dinge zu tun, an die er normalerweise nicht einmal denken würde. Abgesehen davon hatte er im Moment keine Zeit sich um so etwas zu kümmern. Das lenkte ihn nur von seinem Vorhaben ab. Obwohl sie so gesehen während des Fluges eh nichts zu tun hatten. Argh ... woran dachte er da nur! Vor ein paar Wochen hätte er denjenigen für verrückt erklärt, der behauptete er würde seine gefühlvolle Seite entdecken. Konsequent schob er diese Gedanken in die hinterste Ecke seines Kopfes. Darüber wollte er jetzt nicht nachdenken. Es gab andere Dinge, die seine Aufmerksamkeit forderten, auch wenn er die noch nicht entdeckt hatte. Aber es gab sie! Dann wandte er sich an die Piloten. »Wie sieht es aus? Können wir starten?«, fragte er mit hoch gezogener Augenbraue in leicht gereiztem Tonfall. »Ja, können wir. Ich warte nur noch auf die Bestätigung der Brücke«, erklärte der Größere von Beiden und setzte sich danach sein Headset wieder auf. Der andere gab bereits die Flugroute ein und Ascon kam sich irgendwie ein wenig überflüssig vor. Sicherlich hätte er das Schiff auch allein steuern können, keine Frage. Aber wozu, wenn er genug Leute hatte, die er für genau das bezahlte? Augenblicke später ging ein Ruck durch das Schiff. »Maschinen gestartet, Schub auf zehn Prozent... « Der Hebel für die unteren Antriebsdüsen wurde von dem Einen ein Stück nach unten gestellt, woraufhin die >Starlight< vom Boden abhob. Das weitere Prozedere war Ascon bekannt, weshalb er sich zu Laurin umwandte, der bockig und mit verschränkten Armen in seinem Sitz saß. Amüsiert musterte er den Kleinen, weil diese Seite der krasse Gegensatz zu vorhin war. So hatte er Laurin noch nie gesehen, aber irgendwie war der Junge niedlich... Niedlich... Zähneknirschend fuhr er sich durch die Haare. Er musste echt aufhören in diesen Bahnen von seinem Gefangenen zu denken. Und überhaupt musste er sich ein bisschen zusammenreißen. »Komm, Kleiner! Ich zeig dir das Zimmer in dem wir vorübergehend wohnen werden.« Ohne auf eine Reaktion zu warten verließ Ascon das Cockpit und trat nach kurzem in eine enge, schmale Kabine. Der Kleine war so tief in seine grummelnden Gedanken vertieft, dass er den Start kaum mitbekam. Andernfalls hätte er sich wohl verängstigt in den Sitz gekrallt und panisch drein gesehen, doch so interessierte es ihn nicht wirklich und er wurde erst aus seinen Gedanken gerissen, als er hörte, wie Ascon ihn ansprach. Laurin hob den Blick, doch da war der Dunkelhaarige schon aus dem Raum verschwunden. Missmutig sprang der Junge auf, wurde jedoch wieder ruhiger, als er zu Ascon aufholte und dicht an dessen Seite stehen blieb. Seine schlechte Laune verflog wieder, was man daran erkennen konnte, dass das kleine dunkle Zimmer, das sie gerade betreten hatten, durch seine leuchtenden Haare erhellt wurde. Neugierig sah Laurin sich um, musste aber schon bald feststellen, dass es nicht viel zu sehen gab. Neben einem kleinen Waschbecken, das sich ganz hinten befand, stand nur rechts ein schmales, unbequem aussehendes Bett und ein kleiner Schrank auf der gegenüberliegenden Seite. Viel Platz zum Gehen blieb nicht, wie der Junge feststellen musste. Hier sollten sie zu zweit wohnen?! Ungläubig blickte er Ascon aus großen Augen an und trat einen Schritt in das Zimmer. Es war ja noch viel kleiner, als es aussah, hier würde er sich nicht wohl fühlen, das wusste er. Was er brauchte waren, große, luftige Räume mit vielen Fenstern! In dem großen Schiff hatte er es nur ausgehalten, weil der Raum ziemlich groß war und zudem noch ein angrenzendes Bad hatte, aber der hier hatte ja überhaupt nichts! Unzufrieden seufzte der Kleine und ließ den Kopf ein klein wenig hängen, wobei das silbrige Leuchten seiner Haare wieder schwächer wurde. Hoffentlich war dies nicht für lange, bei so einer Einrichtung wurde man ja depressiv...! »Schau nicht so enttäuscht drein!«, sagte Ascon, als er Laurins deprimierten Gesichtsausdruck bemerkte. Er konnte doch auch nichts dafür, dass die Kabinen auf der >Starlight< so klein waren. Außerdem besaß das Schiff nur drei solcher Zimmer, was hieß, dass die anderen vier sich die übrigen Räume ebenfalls teilen mussten. Normalerweise flog er ja auch nicht mit mehr als drei Personen. »Ich kann daran nichts ändern und es ist schließlich nur für kurze Zeit«, gab er grummelnd von sich, während er sich den schweren schwarzen Umhang abnahm, die Schranktür öffnete und diesen darüber hängte. Auch den Gürtel mit seinem Schwert schnallte er ab und legte ihn ebenfalls über die Tür, sodass er nur noch in ein legeres Hemd und schwarze Hose gekleidet war. Dass der Junge ihm zusah, machte ihm nicht viel aus. Warum auch? Sie waren beide Männer, na ja, Laurin mehr oder weniger, aber er störte sich nicht daran. Der Kleine sah ihm aus großen Augen zu, und es war ihm nicht einmal peinlich. Währenddessen lauschte er auf die Worte des anderen, senkte den Blick dann doch verlegen und meinte: »Ich weiß... weiß ich doch... Deswegen habe ich ja auch nichts gesagt...« Er seufzte leise und pflanzte sich auf den schmalen Teil Boden zwischen Bett und Schrank, direkt neben Ascon. Die Tür hatte er geschlossen, damit mehr Platz war. Eigentlich würde er sich jetzt auch am liebsten ausziehen, aber er wusste, dass der Dunkelhaarige das aus irgendeinem Grund nicht mochte, also seufzte Laurin lautlos und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Der harte Boden war herrlich und kam ihm gerade recht. Er wollte dem Mann nicht die Decke wegnehmen, also senkte er seine Körpertemperatur herab, so dass ihm nicht kalt werden konnte und blickte den Dunkelhaarigen wie ein Hündchen an, das vor dem Bett seines Herrchens treu auf ihn wartete. Müde war der Junge eigentlich nicht, aber er sah, dass der Mann wohl geschafft war und etwas Schlaf vertragen konnte, deshalb wollte er ihn nicht stören und ebenfalls ein wenig dösen. »Tut Euer Kopf noch weh?«, fragte er zaghaft nach und hob den Blick, blieb aber weiterhin eingerollt und sonst regungslos liegen, legte nur den Kopf ein wenig schief und sah Ascon von unten her an. Fast wäre er über Laurin gestolpert, als er einen Schritt zurück trat. Perplex sah er auf den Kleinen hinunter und war verwundert darüber, wie sehr der Junge sich zusammenrollen konnte. Dennoch gefiel ihm das nicht sonderlich. Er wollte nicht aufwachen und dann in geistiger Umnachtung auf den Anderen drauf treten, wenn er aufstand. Die leise Frage überraschte ihn ein wenig, entspannte ihn aber auch. »Nein, es geht«, meinte er nur abwinkend, obwohl er immer noch ein unterschwelliges Pochen hinter seinen Schläfen verspürte. Aber er wollte nicht, dass der Silberschopf ihm erneut so nahe kam. Als er sich dann jedoch zum Bett umdrehte, merkte er, wie blöd, sein vorheriger Gedanke war. Laurin würde mit ihm in einem Bett schlafen, auch wenn er sich dagegen sträubte. Und da war es nun mal unvermeidlich, dass sie sich nahe kamen. Unmerklich schüttelte er den Kopf, seufzte und ging dann vor dem Kleineren in die Hocke, was der Spalt zwischen Bett und Schrank bei seiner Körpergröße gerade noch zuließ. Er war verdammt müde und das verbarg er auch nicht vor dem anderen, als er ihn ansprach. »Ich weiß, dass es dir nicht gefällt, aber du wirst mit mir in dem Bett schlafen!«, bestimmte er einfach und wenig einfühlsam, da er einfach keine Geduld mehr aufbringen konnte, wo er so nahe dran war, mal Schlaf zu kommen. Deswegen schlug er die Decke zurück, legte sich hin, hielt diese abwartend hoch und machte Laurin damit klar, dass er keinen Protest dulden würde. Der Kleine glaubte dem Mann nicht, als er dessen Worte hörte, spürte er doch ganz genau, dass es ihm noch nicht wirklich wieder sehr gut ging, aber da Ascon es offenbar ablehnte, sich helfen zu lassen, schwieg der Kleine und legte seinen Kopf wieder auf den Boden, um ihn kurz darauf erneut zu heben und verwundert aufzusehen, als der Dunkelhaarige sich auf einmal vor ihn hingehockt hatte. Bei den unerwartet harten Worten hob der Kleine die Augenbrauen. Er war mehr als nur verwundert. Wieso wollte der Mann ihn zwingen, wieder auf diesem ekelhaft weichen Ding zu schlafen, wo er doch wusste, dass es dem Kleinen nicht gut tat? Und wieso hatte er ihn dann zuvor in seinem Zimmer in die Ecke, und nicht in das Bett gelegt?! Große Fragezeichen standen auf der Stirn von Laurin, sein Blick hatte sich unwillkürlich verfinstert, und das Leuchten von seinen Haaren gleich mit. Er hatte keine Lust! Außerdem war das Teil viel zu schmal, Ascon nahm doch schon einen riesigen Teil des Bettes ein, wieso wollte er, dass der Junge bei ihm schlief, wo er es sich doch schon so gemütlich auf dem Boden gemacht hatte?! Laurin bemerkte aber, dass der Dunkelhaarige wohl schlecht gelaunt war, wenn er müde war, deshalb wagte er nicht zu widersprechen, was er unter normalen Umständen sicherlich getan hätte. Grummelnd rappelte er sich auf, rieb sich die Augen und warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf den schönen harten Boden, bevor er Ascon grimmig ansah und unter die ekelhaft weiche Decke auf das ekelhaft weiche Ding krabbelte und sich so weit an den Rand legte, wie nur irgend möglich. Normalerweise hätte er sich gerne an den starken Körper gekuschelt, doch nicht wenn er zu etwas gezwungen wurde und zudem noch bockig war! Aus Frust ließ er seine Körpertemperatur auf den Nullpunkt sinken, so dass jeder, der ihn berührte einen gewaltigen Schrecken bekam, legte sich mit dem Rücken zu dem Anderen und schloss frustriert die Augen, ohne sich mehr zu rühren. Das würde wohl wieder ziemlich unbequem werden und er würde kein Auge zutun können, das wusste der Junge jetzt schon! Obwohl... er grinste leicht, als er eine Idee hatte. Da Ascon so müde war, würde er sicherlich ziemlich schnell einschlafen, und dann konnte er ja einfach wieder auf den Boden schlüpfen. Dieser Gedanke stimmte ihn schon wieder ein wenig besser, doch das zeigte er nicht. Zufrieden beobachtete Ascon wie Laurin zu ihm unter die Decke schlüpfte. Er konnte klar und deutlich sehen, dass es dem Kleineren überhaupt nicht passte, aber er war zu geschafft, um auf die ärgerlichen Blicke zu reagieren, die ihm zugeworfen wurden. Eine Weile sah er mit an, wie der Junge sich absichtlich dicht an die Kante drängte, um ihm auch ja nicht zu nahe zu kommen. Eigentlich hätte er das klaglos hinnehmen müssen, doch es lag nicht in seiner Absicht nachher einen maulenden und rum zickenden kleinen Silberschopf an der Backe zu haben. Also schlang er einen Arm um die schmale Taille des Kleinen und zog ihn an seine Brust. Dabei nahm er erschrocken die eiskalte Haut des Jungen zur Kenntnis und war froh über seine Handlungsweise. So hatte er wenigstens einen Grund Laurin im Arm zu halten. Automatisch begann er mit einer Hand über den Oberarm des Kleinen zu reiben und versuchte so ihn aufzuwärmen. Von der Stelle arbeitete er sich immer ein kleines Stückchen weiter vor, streichelte über die zierlichen Seiten, wobei er unabsichtlich das Hemd mit hoch schob, sodass seine Finger plötzlich auf seidige, zarte Haut trafen. Und obwohl er eigentlich müde gewesen war, war diese Müdigkeit mit einem Mal wie weggeblasen und durch Neugier ersetzt worden. Forschend ließ er seine Finger weiter nach vorne gleiten, erkundete die weiche Haut von Laurins Bauch und bemerkte erfreut das leichte Zucken des Kleineren, sowie den beschleunigten Atem. Hehehe, wenn es so spät ist krieg man sich in die Haare^.^ Man ist das lustig, wir kloppen uns hier gerade und fabrizieren dauernd unmögliche Enden, damit der andere es immer schwer hat, weiterzuschreiben XDXDXD Nenene, ist echt witzig, und dann wird man noch von nem Papageien angegriffen, der damit beschäftigt ist, einen Block in Konfetti zu zerlegen *kicher* Naja, wie auch immer, ist auf jeden Fall total lustig. Wir hoffen, dass euch die Story bis hierhin gefällt und ihr uns schön viele Kommis hinterlasst *smile* Bis zum nächsten Mal!!! SusyCutexDesertdevil Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)