Die Aussage des Bräutigams
Es sind noch lange nicht alle Hinweise da....
Seine Lordschaft fühlt sich provoziert - da kann noch allerlei passieren.
5. Die Aussage des Bräutigams
Sakura hatte ihren Bericht nur Sekunden beendet, als der Hundeprinz einen Schritt auf sie zutrat. Noch zutiefst erschreckt von dem mörderischen Lächeln, das sie gerade gesehen hatte, verneigte sie sich, so tief sie konnte. Sie hatte doch weder etwas getan, noch gesagt….
Dann begriff sie erst, dass jemand vor dem Zimmer war, und schob eilig die Tür. Der Diener dort warf sich zu Boden.
„Nun?“
Der Dämon schluckte unwillkürlich bei dieser eisigen Anrede: „Fürst Ashinomaki schickt Eurer Lordschaft dieses Schreiben…“ Er gab es Sakura, ohne zu wagen, sich aufzurichten, die es nahm und aufstand, nur, um sich vor Sesshoumaru wieder niederzuknien und es ihm zu reichen.
Dieser öffnete ein wenig verwundert.
„Josho Tsuwano wurde mir soeben angekündigt. Ich wäre Euch zutiefst verbunden, würdet Ihr in seiner Gegenwart nichts über die Morde verlauten lassen. Wenn ich Euch bitten dürfte, den Prinzen zu empfangen? Bitte, folgt meinem Diener.“
Hm. Im Tagebuch Kaizumis hatte dieser bereits erwähnt, dass der Prinz neugierig auf seine Braut sei. War er darum gekommen?
„Sakura.“ Und da diese aufsah: „Komm. – Führe mich zu Fürst Ashinomaki.“ Dies galt dem Dämon, der eilig aufstand.
Sakura folgte. Sie war neugierig, was er herausgefunden hatte, aber auch, was in diesem Brief gestanden hatte. Nun, immerhin sollte sie anwesend sein. Da würde sie doch etwas mitbekommen können.
Im Zimmer des Fürsten wandte ein junger Wolfsdämon in vornehmer Rüstung neugierig den Kopf, als Sesshoumaru eintrat, verneigte sich aber höflich. Hinter ihm kniete sein Diener, das war eindeutig. Fürst Ashinomaki neigte ebenfalls den Kopf:
„Lord Sesshoumaru, darf ich Euch Lord Josho vorstellen, den Erben des Hauses Tsuwano?“
Der Wolf verneigte sich erneut: „Ich bin überaus erfreut, den Erben der westlichen Länder kennen zu lernen. Ein unerwartetes Vergnügen.“
„In der Tat.“
Sakura hätte fast unschicklich aufgesehen. Seit wann hielt sich Lord Sesshoumaru an höfische Regeln? Aber seine Handbewegung sorgte dafür, dass sie sich neben die Tür kniete, während sich der Hundeprinz rechts neben dem Hausherrn niederließ – ein eindeutiger Hinweis darauf, dass er sich für ranghöher als den Gast hielt. Nun, dachte sie, er war es wohl auch. Sie verstand nicht viel von dämonischen Energien, aber nach dem, was sie bei dem Treffen der ranghöchsten Dämonen gesehen hatte, war Lord Sesshoumaru trotz seiner Jugend gleich hinter seinem Vater, was Macht betraf. Lord Josho war dagegen nur mit einem der anderen verwandt, wohl mit Fürst Tamahato. Prinzessin Tokushima sollte da behutsam sein. Obwohl, was war das mit magischen Fähigkeiten gewesen? Sie hatte keine Ahnung, ob er so etwas besaß. Sie musterte verstohlen den Wolfsprinzen. Er sah, zumindest in ihren Augen, nicht so schlecht aus. Sein Diener war in seinem Alter, anscheinend auch ein Mitglied dieser Dämonenart.
„Ich erwähnte gerade dem Fürsten gegenüber“, erklärte Josho Sesshoumaru: „Dass ich nach den Erzählungen Kaizumis neugierig auf Prinzessin Toskushima geworden bin. Mit Einverständnis meines verehrten Vaters kam ich darum hierher, um die Besprechungen selbst beenden zu können. - Übrigens: Kaizumi. Es wäre mir eine Freude, ihn wieder an den Verhandlungen teilhaben zu lassen. Ein sehr geschickter Mann, muss ich sagen.“
„Danke“, erwiderte Fürst Ashinomaki langsam: „Leider ist er…unpässlich und kann im Moment nicht an derartigen Verhandlungen teilnehmen. Aber es freut mich, dass Ihr einen so guten Eindruck von ihm hattet. – War Eure Reise nicht gefährlich?“
„Verehrter Fürst, auch Kaizumi reiste nur mit einem Diener. Das ist unauffälliger, als würde ich mit einem Tross herkommen. So kommen…übel wollende Zeitgenossen nicht auf die Idee, es mit einem Prinzen zu tun zu haben. Arita, mein Diener…“ Er machte eine leichte Handbewegung zu diesem, der sich eilig vorneigte: „War auch schon auf der Reise durch ganz Japan bei mir. Er wäre im Notfall, falls ich mich nicht selbst schützen könnte, ein ausgezeichnet geübter Leibwächter.“
„Natürlich“, erwiderte der Fürst hastig: „Ich zweifelte gewiss nicht an Eurer Fähigkeit, Euch verteidigen zu können. Ich bitte um Entschuldigung.“ Einem so vornehmen Dämonenprinzen auch nur anzudeuten, dass er hilflos sei, war nicht gerade geschickt. „Ich würde mir wünschen, dass Ihr heute Abend an dem Empfang teilnehmt, den ich zu Ehren Lord Sesshoumarus zu geben beabsichtige. Meine Nichte Tokushima wird anwesend sein.“ Und sich hoffentlich zusammennehmen. Aber das sagte er lieber nicht.
„Das ist ein ausgezeichnetes Argument.“ Der Wolfsdämon lächelte ein wenig. „Ich danke für Eure Gastfreundschaft, Fürst Ashinomaki.“
Sesshoumaru betrachtete ihn nachdenklich. Kaizumis Beschreibung stimmte: dieser Prinz besaß höfisches Benehmen und schien gebildet zu sein. Allerdings wagte er zu bezweifeln, dass der gegen Tokushima auch nur den Hauch einer Chance hatte. Falls die Ehe wirklich zustande kam, hätte er beschwören können, wer in der nächsten Generation den Tsuwano-Clan leiten würde. Andererseits: was sollte Tokushima außer ihrer allgemeinen Abneigung gegen alle männlichen Wesen, gegen ihn einzuwenden haben? Er war reich, mächtig und schien sowohl Bildung als auch gutes Benehmen zu besitzen. Ob er in weiblichen Augen attraktiv aussah, würde ihm sicher Sakura sagen können.
„Ist die Lage bei Euch im Norden im Moment ruhig?“ fragte er.
Josho schien erstaunt, meinte dann jedoch: „Oh, Ihr hörtet von unseren Problemen mit den Drachen? Nein, das hat sich ein wenig beruhigt. Es gab Verhandlungen, nun, seien wir ehrlich, mein verehrter Vater zahlte einiges, aber damit war der Drachenfürst zufrieden.“
„Tribut an die Drachen?“ Die Verächtlichkeit in der Stimme war messerscharf.
Der Wolf warf unwillkürlich etwas den Kopf zurück, sagte allerdings ruhig: „Wie Ihr meint. Aber ein Krieg hätte mehr Opfer gekostet, auch an dämonischem Leben. Und in einem Jahr, wenn der Friedensvertrag ausläuft, werden wir besser vorbereitet sein.“
„Oh, ein Krieg mit Drachen?“ Fürst Ashinomaki hatte davon nichts gehört: „Das…“
„Ihr braucht Euch keine Gedanken um die Sicherheit Eurer Nichte zu machen“, erklärte Josho eilig: „Wie ich schon sagte, wir werden besser vorbereitet sein.“
„Natürlich, natürlich. Ich wollte Euch oder Euren Vater nicht beleidigen. Ich habe Kyuu...ich hebe meinen Haushofmeister angewiesen, Euch ein Gästezimmer bereit zu machen, falls Ihr Euch von der Reise erholen wollt.“
„Das habe ich nicht nötig, aber danke für Eure Gastfreundschaft, Fürst. - Arita…“ Er sah zu seinem Diener: „Soll bereits dorthin gehen. Ich würde gern unverzüglich weiter über Prinzessin Tokushima und ihre Mitgift verhandeln…“
„Wie Ihr wünscht.“ Fürst Ashinomaki war erleichtert. Der Wolfsprinz schien wirklich Interesse an seiner Nichte zu haben. Kaizumi hatte gute Arbeit geleistet. Der arme Kaizumi. Er klatschte. Dem Dämon, der hereinkam, befahl er, Arita zu dem Gästezimmer seines Herrn zu bringen.
Sesshoumaru dachte kurz nach. Er sah eigentlich keinerlei Notwendigkeit an Heiratsverhandlungen teilzunehmen, die ihn nichts angingen. Es war wichtiger, die Morde aufzuklären. So äußerte er: „Wir werden uns heute Abend auf dem Empfang sehen, Lord Josho.“ Und erhob sich.
„Danke, Lord Sesshoumaru“, meinte der Fürst, der zu Recht annahm, dass der Hundeprinz weiter ermitteln wollte: „Ich bin Euch sehr verbunden.“
„Wir werden uns heute Abend sehen, Lord Sesshoumaru.“ Josho neigte formgewandt den Kopf, als der Erbe der westlichen Gebiete an ihm vorbeiging.
Sakura folgte eilig, wenn auch etwas überrascht. Sie hatte den Prinzen nie zuvor so höflich, ja, höfisch, erlebt. Waren die Tsuwanos wirklich eine so mächtige Familie? Aber das konnte sie ihn ja wohl kaum fragen.
In seinem Zimmer meinte er: „Du hast Hunger?“
„Ja, Lord Sesshoumaru.“ Seit wann dachte er denn daran?
„Hole dir etwas.“
„Danke, Lord Sesshoumaru.“ Erleichtert machte sie sich auf den Weg. Es waren gewiss achtzehn Stunden, dass sie zuletzt etwas zu sich genommen hatte. Sie war es gewohnt, aber das machte es nicht einfacher.
Auf dem Weg zurück stellte sie fest, dass Fürst Ashinomaki Lord Josho den Raum neben Lord Sesshoumaru gegeben hatte, da sie in dort Arita stehen sah. Nun, eigentlich war das nicht verwunderlich, besaß das Schloss sicher nicht allzu viele Gästezimmer. Der Wolfsdämon schloss soeben die Tür.
Als sie das Zimmer ihres Herrn betrat, verneigte sie sich tief, ehe sie sich hinkniete. Immerhin waren Yoko, die Leiterin der weiblichen Dienstboten, und Kyuu, ihr Kollege, hier. Beide beachteten sie verständlicherweise nicht. Der Prinz warf ihr auch nur einen raschen Blick zu, ehe er zu den beiden Hundedämonen meinte:
„Weiter.“
„Nun, das war alles, Lord Sesshoumaru“, antwortete Kyuu. „Niemand kann genau sagen, ob und wann sich Basho mit jemandem unterhalten hat, kurz bevor er starb. Aber um diese Zeit laufen die Essensvorbereitungen, jeder hat viel zu tun, oder zieht sich in sein Zimmer zurück, um selbst etwas zu sich zu nehmen. Mit Verlaub gesagt, darum pflegte Basho auch um diese Tageszeit zu baden. Kaizumi benötigte ihn dann sicher nicht.“
„Nur eine einzige Dienerin;“ erklärte Yoko: „Meint sich erinnern zu können, dass sich ein männlicher Dämon mit Basho unterhielt, als sie über den Hof ging. Aber sie konnte keinen Namen sagen, oder auch nur, wo er arbeitet. Ihr fiel es nur auf, sagte sie, weil Basho bereits nur ein Handtuch umhatte, der andere aber vollständig bekleidet war. Dieser Kontrast war es, der sie hinblicken ließ. Mehr wusste sie nicht.“
Schade, dachte Sakura. Denn das war doch vermutlich der Mörder gewesen, oder?
„Wo ist Lord Josho untergebracht, Kyuu?“
„Im Zimmer neben Euch, Lord Sesshoumaru.“
„Ihr könnt gehen.“ Der Hundeprinz drehte sich um und sah aus dem Fenster, ohne abzuwarten, dass sich die beiden noch einmal vor ihm verneigten.
Falls sich Prinzessin Tokushima mit einem mehr oder weniger unbekleideten Diener unterhalten hätte, wäre es wohl aufgefallen. War sie damit aus der Reihe der Verdächtigen? Nein. Sie hätte nur abwarten müssen, bis das Gespräch beendet war, und ihm dann folgen müssen.
Sachlich bleiben, mahnte er sich. Die Tatsache, dass er in ihr nur zu gern die Mörderin sehen würde, sollte seine Objektivität nicht beeinflussen.
„Sakura, Lord Josho…ist er gut aussehend?“
„Ich nehme es an, Lord Sesshoumaru.“
„Gegen eine Ehe wäre nichts vorzubringen?“
„Ich bin keine Dämonin“, wandte sie ein: „Aber er erschien mir recht freundlich.“
„Du hast Neigis Antrag abgelehnt.“
Er wusste es? Hoffentlich nicht den Grund, warum ihr Lehrer ihr so helfen wollte. „Ja, Lord Sesshoumaru.“
„Weil er ein Dämon ist.“
Sie schwieg.
Er drehte sich um und musterte sie genau. Sie hatte wohl Angst, wenn sie das bejahte, könne er das als Beleidigung seiner Art auslegen und sie strafen. Ihr Herz schlug so schnell. So drehte er sich wieder zum Fenster. Das erleichterte Aufatmen entging ihm nicht.
Sakura war froh, dass er nicht nachhakte. Wie hätte sie ihm erklären sollen, dass sie nicht mit einem anderen Mann verheiratet sein wollte, sei er auch ein Dämon, weil sie Angst hatte, immer an ihn denken zu müssen? Das hatte sie Neigi allerdings auch nicht gesagt, nur gemeint, sie wisse nicht, ob sie überhaupt je heiraten wolle. Ihr Lehrer hatte nur genickt und ruhig erklärt, sie müsse das wissen. Und sie fürchtete noch immer, ihn doch beleidigt zu haben, auch, wenn er sich nichts anmerken ließ.
Sie musste daran denken, dass sie zu Kekko gesagt hatte, sie wisse, dass sie ihre Augen nie zu einem Dämonenprinzen erheben dürfte…und doch wagte sie es, sich etwas aufzurichten das weiche Fell über seiner Schulter zu betrachten, das lange, seidige Haar.
Wunschträume.
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Arme Sakura.
Im nächsten Kapitel findet der Empfang statt: Prinzessin Tokushima läuft in Anwesenheit zweier Prinzen zu neuer Hochform auf.
bye
hotep