Close the Door von -Ray- ================================================================================ Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- Close the Door Kapitel 14: Die Einsamkeit kam zurück. Selbst das umfangreiche Fernsehprogramm konnte sie nicht davon abhalten mich nach und nach wieder zu übermannen. Nach kurzer Zeit schaltete ich den Kasten aus. Ich zog meine Beine an und umschlang sie mit meinen Armen. Dann legte ich mein Kinn zwischen meine Knie und sah etwas verloren auf den ausgeschalteten Fernseher. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, bis sich die Tür erneut öffnete. Statt wie erwartet Roland zu sehen, war es Seto der den Raum betrat. Mit schnellen Schritten war er bei mir angekommen, setzte sich neben mich und hob schweigend mein Kinn ein Stück an um sich meinen Hals anzusehen. Erleichtert, nichts außer einem kleinen Bluterguss auf der linken Seite zu entdecken, schloss er die Augen und lehnte seinen Kopf gegen mein rechtes Knie. Etwas verwundert starrte ich in sein müdes Gesicht. Er hatte dunkle Ränder unter den Augen und seine Wangen wirkten seltsam eingefallen. Seto löste sich von mir, hob den Kopf und öffnete die müden Augen. „Alles okay?“ fragte er mich leise. Ich zuckte leicht mit den Schultern. „Bin mir nicht sicher…“ Er nickte verständnisvoll und zog mich in seine warmen Arme. Ich ließ es geschehen, wehrte mich nicht, fühlte mich aber auch nicht stark genug, die Umarmung zu erwidern. „Es tut mir leid…“ flüsterte er leise. Ich spürte dass er es ernst meinte. „Es ist nicht deine Schuld.“, erklärte ich ohne großen Erfolg. Er schob mich ein Stück zurück und sah mir in die Augen. „Es war meine Idee. Ich habe nicht richtig nachgedacht.“ Ich lächelte leicht. „Du und nicht nachdenken? Das passt nicht zusammen.“ Seto schmunzelte leise und zuckte mit den Schultern. „Scheint so als wäre ich doch nicht Perfekt.“ Ich erwiderte nichts sondern lächelte nur still vor mich hin. „Schön dich wieder Lächeln zu sehen.“ Bemerkte er und fuhr mir kurz durch die Haare. „Du siehst müde aus.“ „Ich weiß. Aber ich muss noch ein paar Stunden arbeiten, bevor ich Schlafen kann.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Du hast heute genug gearbeitet.“ „Machst du mir etwa Vorschriften?“ fragte er und zog die linke Augenbraue ein Stück höher. Er wirkte nicht verärgert, sondern eher belustigt. „Natürlich ist es deine Entscheidung. Andererseits…wenn ich ehrlich bin dann…“ Ich brach ab. Wusste nicht wie ich mich ausdrücken sollte. „Was ist?“ fragte er sanft nach. „Ich…wäre im Moment nur ungern allein.“ Er nickte verstehend. „Soll ich bei dir bleiben?“ Leicht zuckte ich mit den Schultern und wandte den Blick ab. „Nur wenn du das möchtest.“ Er lächelte. „Dann komm.“ Antwortete er lediglich und stand auf um nach oben zu gehen. „Ich komme gleich.“ Erklärte Seto und öffnete eine Tür auf der rechten Seite des Ganges. Ich ging stattdessen schon in mein Zimmer, zog die zu große Jeans aus und schlüpfte wieder in die bequeme Jogginghose. Den Pulli streifte ich ebenfalls ab, dann legte ich mich in mein Bett und wartete. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür leise und Seto trat ein. Er hatte sich umgezogen und trug nun ein weißes T-Shirt und eine schwarze Jogginghose wie ich. Er löschte das Licht und trat leise zum Bett. Er legte sich neben mich und deckte sich zu. -- Mir war kalt. Und ich wusste nur wenige Zentimeter von mir entfernt, lag eine wunderbare, weiche und bequeme Wärmequelle. Doch im Moment traute ich mich nicht einmal mich zu ihr um zudrehen. Es verging bestimmt eine halbe Stunde bevor ich mich zumindest schon einmal auf den Rücken drehte. Kurz schielte ich zu Seto. Dieser lag ebenfalls auf den Rücken und hatte einen Arm unter seinen Kopf gelegt. Ob das Kissen ihm wohl nicht hoch genug war? Seine Augen waren geschlossen, doch ich wusste dass er noch nicht schlief. Er schien genauso wie ich wach zu liegen. An was er wohl dachte? Vielleicht an die versäumte Arbeit, oder seinen Bruder den er heute höchstens zum Frühstück gesehen hatte. Oder dachte er vielleicht an die Schule? Ob dort etwas vorgefallen war? Vielleicht dachte er aber auch über das nach, was Roland und mir heute zugestoßen war. Ob er wohl immer noch die Schuld bei sich suchte? Wer weiß, wahrscheinlich hat er das ganze längst wieder vergessen… Nein… Das glaubte ich nicht wirklich. Warum sonst, hätte er mich vorhin in den Arm nehmen sollen? Und weshalb hätte er mich so besorgt gemustert, wenn der Vorfall mit meinem Vater ihm nicht nahe gehen würde? Aber was, wenn er mir das nur vorgespielt hatte? Um mein Vertrauen zu gewinnen? Was ist, wenn das alles nur ein Spiel ist? Er mir eigentlich gar nicht helfen möchte? Kurz schüttelte ich mit dem Kopf. Du verstrickst dich nur wieder in endlose Gedankenstrudel, aus denen du ohne Hilfe nicht herauskommst, dachte ich über mich selbst. Doch irgendwie wollten die Zweifel nicht weichen. Das Gespräch vom Vortag kam mir in den Sinn. Meine sehr direkte Frage, was er für mich empfand. Seine ausweichende Antwort darauf… Was erwartete ich eigentlich von Seto Kaiba? Nur weil ich hier wohnte und er sich um mich sorgte, hieß das noch lange nicht, dass er mich liebte. Ich meine, okay, er sagte, er würde niemanden bei sich aufnehmen, den er hasste. Doch nur weil er mich nicht hasste, bedeutete das nicht, dass er mich mochte. Was machte ich hier eigentlich? Ich wohnte bei einem Klassenkameraden, der rein zufällig der reichste Typ der Stadt ist und der mich Jahrelang in der Schule fertig gemacht hat. Für ihn war ich doch immer nur der Straßenköter gewesen, der sich wohl mal wieder im Dreck gewälzt hatte, oder das Stöckchen nicht fand. Egal was ich getan hatte, ob ich nun gute oder schlechte Noten geschrieben hatte, ob ich nun geschwänzt oder zur Schule gegangen war…ob ich freundlich oder unfreundlich gewesen war…er hatte immer nur eine abfällige Bemerkung dazu fallen lassen… Und jetzt sollte sich das verändert haben? Nur, weil er unglücklicherweise erfahren hatte, was für ein Leben ich bei meinem Vater führen musste… War das wirklich alles echt? Oder lebte ich in einer Traumwelt, die ich mir so zu Recht gesponnen hatte, wie es mir gerade in den Kram passte?! Waren meine Interpretationen von Seto Kaibas Verhalten so abwegig? Oder war das hier tatsächlich die Wirklichkeit und ich war einfach nicht in der Lage sie zu erkennen? Lag es an meinem fehlenden Vertrauen? Oder vertraute ich Seto schon viel zu sehr… Mir schwirrte der Kopf. Das alles war zu viel für mich… Also tat ich das einzige, was ich in meiner momentanen Situation noch konnte. Ich schaltete auf Flucht. Mit einem Ruck setzte ich mich auf, schwang die Beine aus dem Bett und flüchtete ins Bad. Ich schloss die Tür hinter mir und wankte zum Waschbecken. Ich schaltete das Wasser auf eiskalt und schöpfte mir eine Handvoll ins Gesicht. Es half. Mein Puls beruhigte sich und das Durcheinander in meinem Kopf nahm ab. Lange dauerte es nicht, bis ich im Nebenraum gedämpfte Schritte hörte, die sich langsam der Badezimmertür näherten. Seto klopfte leise an die Tür. „Joseph? Was ist los? Alles okay?“, fragte er leise. Schweigend ließ ich mich auf den Rand der Badewanne sinken und stützte die Ellenbogen auf meinen Knien ab. Dann legte ich meinen Kopf auf die angewinkelten Arme und schloss die Augen. „Joseph…“, ertönte erneut Setos Stimme. Wieder reagierte ich nicht. Der Herr des Hauses nahm sich mein Verhalten zum Anlass, das Bad ohne meine Erlaubnis zu betreten. „Was ist mit dir?“ fragte er erneut, als er mich entdeckte. Ich schwieg weiterhin, konnte das, was in meinem Kopf vorging sowieso nicht in Worte fassen. „Hey…“, sagte Seto sanft und setzte sich mir gegenüber auf den herunter geklappten Klodeckel. „Willst du deine Ruhe? Soll ich gehen? Ist alles Okay?“ „Ich denke nicht…“ antwortete ich schließlich leise. Er nickte. „Willst du darüber reden?“ „Ich bin mir nicht sicher.“ „Um was geht es denn?“ „Um alles? Um nichts? Sag du mir doch um was es hier geht?!“ Mit zusammengebissenen Zähnen sah ich ihn an. Er runzelte verwirrt die Stirn. „Ich verstehe nicht.“ Unruhig stand ich auf, verschränkte die Arme vor der Brust und wich seinem Blick aus. „Ich kann das nicht mehr, Seto…“ „Was meinst du?“ Er stand ebenfalls langsam auf und sah mich fragend an. „Ich verstehe das alles nicht! Ich verstehe diese Situation nicht! Und dich verstehe ich überhaupt nicht!“, klagte ich und sah ihn halb verzweifelt, halb wütend an. Seto wirkte wie die Ruhe selbst. Er steckte seine Hände in die Hosentaschen seiner Jogginghose. Selbst in diesem Outfit sah er noch aus wie der unnahbare Geschäftsmann. „Was genau an dieser Situation verstehst du nicht?“, fragte er leise. „Was verdammt noch mal soll ich hier! Warum bin ich überhaupt hier? Warum hast du mich nicht liegen lassen? Keiner hat dich gebeten mich zu retten! Du kannst mir ja nicht mal erklären, warum du mich aus diesem Loch heraus geholt hast?!“, schrie ich ihn an und trat wütend gegen den Behälter der Klobürste. Polternd fiel dieser um und landete scheppernd in der Ecke. Seto betrachtete meinen Wutausbruch mit unbewegter Miene. Gerade in diesem Moment erinnerte er mich wahnsinnig stark an den Seto Kaiba, den ich kennen gelernt hatte. Würde es immer so weiter gehen? Würde ich immer zwischen den Wolken schweben und nicht wissen, ob er nun der kalte, unberechenbare Geschäftsmann, oder der liebevolle, fürsorgliche Freund war? „Joseph…“, begann Seto doch ich unterbrach ihn zornig. „Ich will es nicht hören!“ Er nickte und schwieg. Sah mich abwartend an. Seine Reaktion verblüffte mich. Verwirrt erwiderte ich seinen Blick. Spürte wie die Wut genauso schnell verflog wie sie gekommen war. Mit einem Mal fühlte ich mich unheimlich schlecht… Ich hatte ihn angeschrien…warum hatte ich das getan? Meine Beine gaben nach. Kraftlos fiel ich auf die Knie. Meine Schultern sackten herab. Ich senkte meinen Kopf nach unten. Starrte zu Boden. Seto kniete sich neben mich und sah mich abwartend an. Vielleicht war es an der Zeit endlich den ersten Schritt in seine Richtung zu wagen, ging es mir durch den Kopf während ich bewegungslos zu Boden starrte und seine Beine in meinem Blickfeld wahrnahm. Vielleicht sollte ich nun endlich reden, ihm mein Vertrauen zeigen. Denn eigentlich war es egal wie er reagieren würde. Selbst wenn er der ganzen Welt von meinen Problemen erzählen würde, wäre es mir egal. Es gab für mich nur noch zwei Möglichkeiten. Er oder Nichts. Ich hatte nicht mehr die Kraft allein zu kämpfen. Und er war der einzige der bereit war diesen Kampf mit mir gemeinsam zu bestreiten. Also redete ich…und er hörte zu… „Meine Eltern…liebten sich früher sehr und sie liebten mich...“, flüsterte ich leise. Ich ließ mich nach hinten sinken und lehnte mich an die kalte Badewanne. Die Kühle der Kacheln in meinem Rücken tat meinem erhitzten Körper gut. „Meine Schwester…sie ist zwei Jahre jünger als ich, war unser aller Nesthäkchen. Ich wusste das sowohl meine Mutter als auch mein Vater sie über alles liebten, wahrscheinlich mehr liebten als mich, doch das störte mich nie. Denn auch ich verehrte sie abgöttisch… Als ich eingeschult wurde, fingen die Probleme an…Mein Vater verlor seine Festanstellung und fing an zu jobben. Oft wussten meine Eltern nicht, ob sie die Miete des nächsten Monats bezahlen konnten oder nicht. Meine Mutter nahm einen Nebenjob in einem Bistro an, um wenigstens für ein Festgehalt zu sorgen. Doch das Geld reichte fast nie… Mein Vater wurde krank, zwei Bandscheibenvorfälle innerhalb eines halben Jahres…er konnte monatelang nicht arbeiten und oft trank er Alkohol um die Schmerzen zu vergessen. Meine Mutter war überfordert. Ein gerade eingeschultes Kind, ein zweites, das den Kindergarten besuchte, einen kranken Ehemann, der Job… Sie veränderten sich, alle beide.“ Ich unterbrach mich. Schluckte den Kloß in meinem Hals runter und versuchte mich auf meine Worte zu konzentrieren. Ich lehnte meinen Kopf nach hinten an den Rand der Wanne und schloss die Augen. „Es fing an, ein Jahr nach der Trennung…ich war elf. Meine Mutter war weg, meine Schwester ebenfalls. Die letzten Worte meiner Mutter…die willst du nicht hören… Mein Vater verkraftete die Situation nicht. Er verfiel mehr denn je dem Alkohol. Und wurde aggressiv. Am Anfang waren es nur Gegenstände, die zu Bruch gingen. Eine zerbrochene Tasse, ein kaputter Holzstuhl…später eine eingetretene Tür… Dann war es Mika…unsere Katze…Sie war Schwanger. Als er es bemerkte, ertrank er sie in der Badewanne und schmiss sie achtlos aus dem Fenster. Ich werde dieses Bild wahrscheinlich nie vergessen. Und dann… Richtete er die Gewalt gegen mich… Es fing mit Ohrfeigen an und endete mit einem Krankenhausaufenthalt. Zumindest dachte ich das. Weißt du noch, als ich vor zwei Jahren vier Wochen gefehlt habe? Da war ich im Hospital. Gebrochenes Handgelenk, schwere Gehirnerschütterung, Schürfwunden am ganzen Körper. Danach hatte ich ein paar Monate Ruhe vor ihm. Er machte einen Entzug, kam nach sechs Wochen angeblich geheilt wieder. Es hielt nur 8 Wochen. Dann bekam er einen Anruf von meiner Mutter. Und es fing alles von vorne an… Bis jetzt. Weißt du noch, als du mich vor einem halben Jahr gefragt hast ob ich mich an meinem Knochen geschnitten habe, als ich mit dieser hässlichen Wunde an der linken Schulter im Sportunterricht auftauchte? Es war kein Knochen. Sondern sein Klappmesser. Er hatte eine zeit lang viel Spaß damit. Als er jedoch dem Hausarzt erklären musste, woher diese Schnittwunde an meiner Schulter kam, fühlte er sich bedrängt, behauptete etwas von einem Unfall und verstaute das Messer in seinem Schrank… Es ist eigentlich egal, ob er das Messer benutzte, ob er den Schlüsselbund nahm, oder mit den bloßen Fäusten zuschlug…es spielte auch keine Rolle für ihn, warum er es tat. Irgendeinen Grund fand er immer. Und ich nahm es in Kauf. Aus Angst. Aufgrund meiner Machtlosigkeit, meiner körperlichen Schwäche… Du weißt nicht wie oft ich schon darüber nachgedacht habe, das ganze einfach zu beenden. Was denkst du, warum ich immer der erste war, der bei irgendwelchen riskanten Streichen sofort „Hier, Hier!“ rief? Ich schrie nach Hilfe. Wollte raus aus diesem verdammten Loch. Es war mir egal wie. Ob ich im Knast landen würde, ins Heim müsste, oder einfach…na ja…nicht mehr da wäre...“ Kurz unterbrach ich mich, hing meinen Gedanken zu der damaligen Zeit nach… Ich war wirklich unverantwortlich gewesen. Hatte mehr Glück im Unglück gehabt. „Das einzige was ich nicht konnte, war meinen Vater verraten. Oder aussprechen was er mit mir tat. Ich konnte es nicht sagen…selbst wenn ich es wollte…ich konnte nicht darüber reden…So blöd das auch klingt!“ Verzweifelt sah ich ihn an. Tränen sammelten sich in meinen Augenwinkeln. „Ich verstehe das nicht…warum gerade du? Du bist der erste Mensch auf dieser gottverlassenen Welt, dem ich das alles erzählt habe…dabei…ist es nicht mal so das du mich magst. Okay…du hasst mich nicht, das hast du selbst gesagt. Aber zu mögen scheinst du mich auch nicht. Zumindest konntest du mir nicht sagen, was du fühlst! Was ist so schwer daran, mich gern zu haben, Seto? Sag es mir! Was stört diese Welt an mir?? Was stört DICH so sehr an mir? Sind es meine Haare? Ist es mein Aussehen? Oder mein Charakter? Bin ich ein schlechter Mensch? Erkläre es mir! Was mache ich falsch??“ Die letzten Worte hatte ich geschrien. Tränen liefen mir über meine Wangen. Ich vergrub mein Gesicht zwischen meinen Händen und schluchzte leise auf. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie so vielen Emotionen freien lauf gelassen. Doch mit diesem Ausbruch, der mich auf der einen Seite in ein tiefes Chaos der Gefühle stürzte, auf der anderen Seite mir gut tat, mir Erleichterung in meinem Inneren verschaffte, erreichte ich in diesem Moment etwas, was ich nie erwartet hätte zu verspüren. Der Druck in meinem Inneren, der sich in den letzten Jahren nach und nach aufgestaut hatte, verschwand. Ich fühlte mich zwar zu diesem Zeitpunkt wirklich scheiße! Doch andererseits verspürte ich ein Gefühl der Freiheit in mir. Tief atmete ich durch. Ich spürte wie Seto sich mir näherte. Sanft nahm er mir die Hände vom Gesicht. Er sah mir tief in die Augen. Ich sah Wärme darin, eine wohlige Wärme, doch auch Verwirrung, Unsicherheit, vielleicht sogar ein bisschen Angst. Ich erwiderte seinen Blick und spürte, wie das Chaos in meinem Inneren sich für einen Moment legte. Seto ließ meine Finger los. Hob die Hände, führte sie zu meinem Gesicht, strich mir links und rechts kurz über die Wangen, fuhr mit der rechten durch mein Haar zu meinem Nacken und verharrte mit der linken an meinem Ohr. Langsam zog er mich ein Stück näher zu sich heran. Immer noch sahen wir uns in die Augen, fixierten den Gegenüber mit unserem Blick. Versuchten unsere Gefühle durch unsere Augen auszudrücken, um dem anderen das eigene Verhalten zu erklären. Ohne Worte näherte sich Seto weiterhin meinem Gesicht. Sein Ausdruck veränderte sich. Ich entdeckte unheimlich viel Zuneigung in seinem Blick, Wärme und Geborgenheit. Ich verlor mich vollkommen in diesen tiefblauen Seen. Seto überwand die letzte Distanz, schloss die Augen und küsste mich. Sanft drückte er seine Lippen gegen meine, streichelte mit der rechten meinen Nacken und zog mich vorsichtig ein Stück näher zu sich heran. Eine Gänsehaut breitete sich dort aus, wo er mich mit seinen Fingerspitzen berührte. Er intensivierte den Kuss, strich mit seiner Zunge leicht über meine Lippen und erbat Einlass. Ich schloss ebenfalls meine Augen, ließ mich fallen. Ich öffnete meinen Mund einen Spalt breit, spürte seine Zunge, die langsam meinen Mund erkundete und gleichzeitig seine Hände, die mich näher an ihn zogen. Eine angenehme Wärme breitete sich in meinem Inneren aus. Noch nie hatte ich mich so Sicher und Geborgen gefühlt wie in diesem Moment, wo seine Lippen die Meinen berührten. Mein Puls beschleunigte sich und ich spürte meinen Herzschlag in der Brust. Plötzlich löste er sich ruckartig von mir. Verwirrt öffnete ich die Augen wieder und sah ihn fragend an. Er zog die Hände zurück und machte ein Gesicht als hätte er sich an mir verbrannt. Erschrocken weiteten sich seine Augen, Erkenntnis spiegelte sich in ihnen wieder. Unsicher wich ich ebenfalls ein Stück zurück und versuchte seine Haltung zu verstehen. „Was…ist?“ fragte ich leise mit zitternder Stimme. Er wich meinem Blick aus und sprang auf. Mit wenigen Schritten war er an der Tür angelangt, legte die Hand auf die Türklinke und verharrte einen Moment in dieser Position. Dann wandte er sich halb zu mir um und antwortete leise, kaum hörbar: „Tut mir leid. Das wollte ich nicht.“ Ohne mich noch einmal anzusehen verschwand er aus dem Raum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)