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Pain of an angel

von

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Ein Sturm zieht auf

Der Doctor und Gallifrey führten wohl die seltsamste Beziehung, die man sich nur vorstellen konnte. Er hatte sich in seiner ersten Inkarnation für ein Leben als Abtrünniger entschieden, in seiner zweiten Inkarnation hatte man ihn nach Gallifrey zurückbeordert, nur um ihn kurzerhand auf der Erde ins Exil zu verbannen. Man hatte ihn gehasst, verabscheut, zum Präsidenten von Gallifrey gewählt, er war wieder zu seinem Leben als Abtrünniger zurückgekehrt, man hatte ihn gebraucht und wieder zurückgeholt, man hatte ihn wieder zum Präsidenten erklärt, er war kurzerhand davor geflohen, hatte wieder als Abtrünniger gelebt und wäre beinahe von seinen eigenen Leuten exekutiert worden. Offiziell war er ein Ausgestoßener, ein Abtrünniger, ein Krimineller, inoffiziell war er ein Held. Man hasste ihn dafür, dass er immer wieder gegen die obersten Regeln der Time Lords verstieß, dem Gesetzt des nicht einmischens, doch gleichzeitig mussten sie auch anerkennen, wie oft er nicht nur das Universum, sondern auch Gallifrey an sich gerettet hatte. Wie gesagt, der Doctor und seine Heimat führten eine sehr ungewöhnliche Beziehung.
 

Doch in letzter Zeit schien sich das Verhältnis auf beiden Seiten zu bessern. Zumindest ein wenig. Seitdem sein alter Companion und treue Freundin Romana Präsident von Gallifrey geworden war, konnte der Doctor endlich wieder auf seinen Planeten zurück kehren, ohne befürchten zu müssen, dass man ihn inhaftierte, verbannte, exekutierte oder, was vielleicht noch schlimmer war, wieder zum Präsidenten erklärte. Die anderen Time Lords hatten langsam angefangen sich anzugewöhnen, ihn einfach in Ruhe zu lassen. Es brachte ja sowieso nichts. Egal wie oft der Doctor auch regenerierte, in seinen beiden Herzen blieb er immer ein überzeugter Rebell mit unerschütterlicher Überzeugung, dass die Time Lords sich etwas zu wenig einmischten. Es gab jedoch einen Hoffnungsschimmer am Horizont. Der achte Doctor schien etwas kooperativer zu sein als seine vorherigen Leben, was seine Einstellung zu Gallifrey betraf. Es war sogar das Wunder geschehen, dass der berühmt berüchtigte Doctor kurze Zeit Vorlesungen an der Time Lord Academy gehalten hatte. Gut, er war mehr oder weniger dazu gezwungen worden, doch alle seine Lesungen waren überfüllt gewesen. Zu dem Zeitpunkt hatte er auf Gallifrey festgesessen, da seine TARDIS überholt werden musste, und um der drohenden Langeweile zu entgehen, hatte er sich dazu bereit erklärt, den angehenden Time Lords etwas über Quantenphysik, Quantenmathematik und, zu seiner persönlichen Freude, irdische Geschichte beizubringen. Zu seinem Verdruss hatten diese Vorlesungen jedoch immer unter den wachsamen Augen des Gesetzes statgefunden, nur für den Fall, das mit ihm, wie es auf der Erde so schön hieß, die Pferde durchgingen. Man konnte nicht riskieren, dass ein abtrünniger Time Lord der Zukunft von Gallifrey Flausen in den Kopf setzte.
 

Nun jedoch lag der Doctor, wie schon sooft in seinem Leben, unter der TARDIS Konsole und versuchte einige durchgebrannte Schaltkreise zu ersetzen. Von draußen peitschte ein kräftiger Sturm gegen die Türen der blauen Notrufbox, das schaurige Heulen übertönte das leise Summen der Maschinen. Es war sein Pech, dass er mitten in einem jener furchtbaren Herbststürme materialisiert war, die scheinbar Ewigkeiten andauerten. Er saß jetzt schon seit drei Stunden hier fest. Da kam er nach Monaten endlich wieder auf die Erde und was war? Er saß fest. Er konnte nicht einmal an einen anderen Ort zu einer anderen Zeit reisen, da er sich vorgenommen hatte, einen alten Freund zu besuchen. Und es war wichtig, dass er ihn heute besuchte, denn heute würde sein alter Freund Brigadier Alastair Gordon Lethbridge-Stewart eine Auszeichnung für Verdienste für das Königreich erhalten.
 

„Der gute, alte Alastair.“ Lächelnd betätigte der Doctor seinen Überschallschrauber. „Es ist eine ganze Weile her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Wann war das gewesen, aus seiner Sicht?“ Er überlegte angestrengt. „Ah ja, Cricket und Sellerie. Damals war er Lehrer. Das dürfte von seiner Zeitlinie jetzt drei Jahre her sein. Es wird schön sein, ihn wieder zu sehen …“ Er stutzte, dann runzelte er die Stirn. „Doctor, du solltest wirklich aufhören mit dir selbst zu reden. Selbstgespräche sind ein Anzeichen für Verrücktheit.“ Nach einem weiteren Dreh mit seinem Überschallschrauber kam er wieder unter der Konsole hervor. „Deine Schaltkreise sind jetzt wieder in Ordnung, mein altes Mädchen. Und ausnahmsweise genau zum richtigen Augenblick. Der Sturm lässt nach.“ Freudig glitt sein Blick zur Türe, von der ein immer schwächer werdendes Fauchen an seine Ohren drang. In diesem Augenblick, als er seine TARDIS verließ und auf ein aufgeweichtes Feld trat, konnte er nicht wissen, dass sich eine andere Art von Sturm zusammenzubrauen begann, ein Sturm der schlimmer war als alles, was es je gegeben hatte und je geben wird.

Sauggeräusche erfüllten die Luft, als der Doctor über das Feld stapfte. Der Himmel war mit dunklen, stürmischen Wolken behangen, die sich unheilvoll vor ihm auftürmten. Der noch immer schneidende Wind zerrte an ihm. Es war kalt, viel kälter, als es hätte sein dürfen. Die Luft roch nach Winter. „Habe ich mich etwa in der Zeit vertan?“ Der Doctor runzelte die Stirn. Es sollte ende Oktober sein, doch irgendwie hatte er das Gefühl, als wäre es ende November. Oh dear, das war nicht gut. Dabei hatte er Alastair doch als erster gratulieren wollen. Aber vielleicht hatte er ja Glück und es war einfach nur kälter als gewöhnlich. Und wenn nicht … Nun ja, besser spät als gar nicht.
 

In der Ferne begannen Glocken zu Leuten. Ihr dumpfer Schlag hallte über das weite Land hinweg, getrieben vom eisigen Sturm. Der Doctor hatte sich einen wirklich ungemütlichen Tag für seinen Besuch ausgesucht. Er freute sich schon auf den Tee, den er nachher mit Alastair und seiner Frau trinken würde. Es gab doch nicht über einen schönen heißen Tee und einen schönen Plausch mit alten Bekannten, um diesem furchtbaren Wetter zu entgehen.
 

Das richtige Haus war schnell gefunden und er klingelte. Doch niemand rührte sich. Er klingelte noch einmal, doch alles, was ihm antwortete, war Stille. Scheinbar war niemand zu Hause. Einen Moment überlegte er, ob er die Tür mit seinem Überschallschrauber öffnen sollte, wie es einige seiner vorherigen selbst sicher getan hätten, doch er zögerte. Noch immer erfüllte ein lauter Glockenklang die Luft, ein Glockenklang, den er schon einmal gehört hatte. Das musste schon sehr lange her sein.
 

„AUA!“ Ein fürchterlicher Schrei erfüllte plötzlich die Luft und jemand fing bitterlich zu weinen an.
 

Der Doctor drehte sich um. Ein kleines Mädchen, vielleicht vier oder fünf Jahre

alt, war mit ihrem Fahrrad umgekippt, umgeworfen von einer plötzlichen Sturmböe. Dicke Tränen rollten ihr übers Gesicht, als sie wimmernd auf der Straße kauerte. Besorgt eilte der Doctor aus sie zu. „Hast du dir weh getan?“
 

Sie schüttelte schniefend den Kopf, doch dann nickte sie, ohne ein Wort zu sagen.

Der Doctor musterte sie aufmerksam. Sie mochte noch ein kleines Kind sein, doch es war bereits jetzt zu sehen, dass sie einmal Männerherzen brechen würde. Ihre blonden Haare wurden vom Wind zerzaust, Tränen schimmerten in ihren kristallblauen Augen, konnten aber nicht den Blick auf einen lebenslustigen, abenteuerlustigen Geist verbergen. Sie hatte sich das Knie aufgeschürft, doch es war nur ein Kratzer, der bald verheilen würde. „Tut es sehr weh?“
 

Wieder ein Nicken.
 

Er lächelte sie freundlich an, dann, ganz plötzlich, begann er in seiner Jackentasche herumzukramen. „Wo habe ich es denn? … Nein, nicht hier … Hier auch nicht … Nein … Das Stethoskop? Oh dear, dass hatte ich dem guten Sir Arthur schon längst wieder zurück geben sollen … Nein, dass ist es auch nicht … Nein, doch! Moment, das habe ich schon überall gesucht … Ah! Da ist es ja!“ Strahlend zog er ein Pflaster aus seiner Tasche und klebte ihr es kurzerhand auf den Kratzer. „So, jetzt tut es doch bestimmt nicht mehr weh, oder?“
 

„Oh doch. Ganz dolle“, schniefte die Kleine mit tellergroßen Augen.
 

Gespielt enttäuscht sah der Doctor sie an. „Wirklich? Und ich dachte immer, ich wäre gut darin in Wunden zu heilen. Da werde ich es wohl anders angehen müssen. Keine Sorge. Das bekommen wir schon wieder hin. Du wirst gleich garantiert kein Aua mehr haben. Das verspreche ich dir.“ Er hielt ihr seine offene Hand vor die Nase, schloss sie zur Faust und als er sie wieder öffnete, lag etwas zum Naschen in ihr. „Willst du ein Jelly Baby? Das beste Heilmittel auf dem ganzen Planeten!“
 

Das Mädchen gluckste vergnügt. Gerade als sie ihre Hand nach dem Jelly Baby ausstrecken wollte, wurde sie plötzlich von diesem lustigen Mann weggerissen.
 

„Lassen Sie meine Tochter in Ruhe!“, fauchte eine mollige Frau ihn an. Ihre Augen sprühten vor Zorn. Noch bevor er irgendetwas erwidern konnte, schnappte sie sich das leicht verbeulte Fahrrad und eilte von dannen. Das kleine Mädchen winkte ihm zum Abschied zu und er winkte schmunzelnd zurück. Er konnte nur noch ein belehrendes „Rose, du sollst ni-“ hören, bevor der Rest ihrer Worte vom Wind verweht wurden … und übertönt von dem noch immer anhaltenden Glockenklang. Der Doctor erstarrte. Mit plötzlicher Klarheit wusste er wieder, woher er diese Glocken kannte. Die Kloster Glocken! Das war schlecht, das war mehr als nur schlecht, das war … Warum schlugen sie eigentlich? Mit gerunzelter Stirn sah der Doctor sich aufmerksam in der Straße um. Doch hier war nichts, nichts, was auf irgendetwas ungewöhnliches hindeutete. Alles schien völlig normal zu sein. Aber das konnte nicht sein. Wenn die Klosterglocken läuteten, dann bedeutete es sehr große Gefahr, wirklich, wirklich, große Gefahr. „Oh nein, nein, nein, nein, nein!“ Ohne weiteres Zögern rannte er zur TARDIS zurück, riss ihre Türen auf und stürmte zur Konsole. Dumpfe Glockenschläge erfüllten das Schiff. Ja, es kam eindeutig aus dem Klosterraum. Aber wovor wollten sie warnen? Fieberhaft suchend, betrachtete er seine Instrumente, doch es wurde nichts angezeigt. Alles war in völliger Ordnung. Nur am Rande bemerkte er, dass er sich nicht nur um einen Monat, sondern gleich um mehrere Jahre vertan hatte. Er war im Jahre 1991 gelandet, der 30. Oktober, um genau zu sein. Vielleicht hätte er ja doch einen Blick auf die Anzeigen werfen sollen, anstatt sich gleich unter die Konsole zu legen. Aber das war jetzt nebensächlich.
 

„Was ist es?“, murmelte er mit rasenden Gedanken. „Wovor willst du mich warnen? Hoffentlich nicht schon wieder vor einer bevorstehenden Regeneration?“ Das war schon einmal schlimm gewesen. Damals, als er noch einen furchtbaren Lockenkopf gehabt hatte und ständig mit einem elend langen Schal unterwegs gewesen war. Damals war er von einem Gerüst gestürzt. Es war kein angenehmes Sterben, aber es war der richtige Moment gewesen. Dennoch wollte er so eine Erfahrung nicht noch einmal machen. „Komm schon, altes Mädchen. Was ist es?“ Doch er erhielt keine Antwort. Nichts schien ungewöhnlich zu sein. Vielleicht war der Klosterraum kaputt? Ein Fehler in der Konfiguration? Er hatte doch gewusst, dass es keine gute Idee gewesen war, die Techniker auf Gallifrey an seine TARDIS zu lassen! Sie hatten seinem geliebten Mädchen irgendetwas angetan! So sehr er sich auch wünschte, so wusste er tief in seinem inneren, dass es nicht stimmte. Er hätte einen Fehler sofort erkannt, doch es war keiner ausfindig zu machen. Am besten war es wohl, wenn er nach Gallifrey zurückkehrte. Hatte er das gerade wirklich gedacht? Oh dear, er wurde wirklich langsam alt. Wenn er nicht aufpasste, fühlte er sich am ende dort noch häuslich. Plötzlich fiel ihm etwas anderes auf, etwas, was ihn schon vorher hätte auffallen müssen. Bisher hatte er die Klosterglocke noch nie außerhalb der TARDIS gehört. Was immer es auch war, vor dem sie ihn warnen wollte, es musste wirklich übel sein.
 

Mit vor Besorgnis gerunzelter Stirn aktivierte er seine TARDIS und verschwand mit ihr in der Vortex. Wenn er gehofft hatte, die Glocke so zum verstummen zu bringen, so hatte er sich deutlich geirrt. Noch immer erfüllte ihr dumpfer, warnender Schlag das Innere des Schiffes. Der Doctor seufzte, dann machte er sich auf den Weg zum Klosterraum. Sein Verstand raste. Bevorstehende Regeneration? Sehr schwerwiegendes Paradoxon, Weltuntergang, Untergang des Universums, Manipulation eines historischen Ereignisses mit ungeahnten Nachwirkungen, Funktionsstörungen, schlechte Laune der TARDIS, Manipulationen bei der Reparatur, Wartungsfehler, Aufmerksamkeitssyndrom, Zusammenbruch der Realität, störender Eingriff in die Realität, Zusammenprall verschiedener Zeitzonen? Was immer es auch war, keine der ihm einfallenden Möglichkeiten war wirklich erfreulich. Grübelnd fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Denk nach Doctor, denk nach. Vor was will man dich warnen?“
 

Ein furchtbarer Knall ließ die TARDIS plötzlich erbeben, ein ohrenbetäubendes Heulen erfüllte die Luft. Es war, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggerissen werden. Er stürzte, rollte über den Boden und blieb einen Moment benommen liegen, bevor plötzlich ein markerschütterndes Kreischen die Luft erfüllte. Die TARDIS zitterte, unfähig aufzuhören. Ein weiterer Knall, eine weitere Explosion. Mühsam stemmte sich der Doctor wieder auf die Beine. Alles drehte sich um ihn. So schnell er konnte stolperte er in den Kontrollraum zurück. Das blanke Entsetzen packte ihn. Fassungslos stand er da, unfähig sich zu bewegen und eine Sekunde lang, eine scheinbar endlose Sekunde lang, starrte er die brennende Konsole an. Das war nicht möglich. Das konnte nicht sein. Nicht innerhalb der Vortex. Eine weitere Erschütterung brachte ihn ins Taumeln und mit einen Schlag zurück in die Wirklichkeit. „Nein, nein, nein, nein, nein!“ Mit einem Satz stand er an der Steuerkonsole, die Funken und Flammen ignorierend, die ihm entgegen schlugen. Seine Hände flogen förmlich über die Instrumente hinweg, doch das, was er von seiner Anzeige ablas, war vollkommen unmöglich.

Eine weitere Explosion erschütterte die TARDIS. Funken sprühten. Beißender Qualm erfüllte die Luft. Der Doctor hustete, seine Lungen brannten, doch im nächsten Moment hämmerte er mit der Faust auf den Knopf für den Kommunikationsaufbau.

„Hört sofort auf!“ Er schrie, um dem furchtbaren Lärm gewachsen zu sein, der in seinen Ohren dröhnte. „Warum habt ihr das Feue-“ Ein lauter Knall, etwas zerbrach und der Doctor spürte, wie ihn irgendetwas zu Boden riss. Er schrie, eher aus Überraschung als aus Schmerz und im nächsten Moment stand er wieder auf den Beinen. Flammen schlugen ihm entgegen, die Instrumente fauchten fürchterlich. Der Doctor hastete zu seinem Feuerlöscher, riss ihn von der Verankerung und sprang dem Feuer entgegen. Alles war wie in einem Traum, ein Albtraum. Es konnte einfach nicht sein. Er stand inmitten in einem Inferno. Die TARDIS brannte, eine furchtbare Hitze schlug ihm ins Gesicht und draußen, innerhalb der Vortex, war ein Schiff, dass das Feuer auf ihn eröffnet hatte und auf einmal wusste er den Grund für das verhängnisvolle Leuten der Klosterglocke. Nur wie war das Möglich? Nur den Time Lords war es möglich, so etwas zu bewerkstelligen und er weigerte sich vorzustellen, dass ein Time Lord ihn auf solch niederträchtige Weise angreifen würde.
 

Kaum hatte er das Feuer unter Kontrolle bekommen, versuchte er auch schon wieder eine Verbindung aufzubauen. „Warum schießt ihr auf mich?“, brüllte er gegen das ohrenbetäubende Kreischen der gepeinigten TARDIS an. „Hier spricht der Doctor! Was wollt ihr von mir?“ Er rechnete nicht wirklich damit eine Antwort zu erhalten, aber er musste herausfinden, wer ihn angriff. Und das möglichst bevor ihm seine geliebte TARDIS um die Ohren flog. Seine Augen begannen plötzlich zu funkeln. Mit einem grimmigen Lächeln betätigte er die TARDIS Konsole. Er konnte spüren, wie sie ächzend dematerialisierte und fast in der selben Sekunde auf dem feindlichen Schiff wieder materialisierte. Liebevoll tätschelte der Doctor sein geliebtes Schiff, dann stapfte er wütend auf die Türe zu. Er riss sie auf und erstarrte. Das Blut gefror in seinen Adern, die verhängnisvollen Schläge der Klosterglocke in jeder Faser seines Körpers spürend. Er war wie gelähmt, unfähig, seinen Blick von dem abzuwenden, was sich ihm offenbarte. Panik regte sich in ihm, ein stummer Schrei erfüllte seine Seele, ungläubige Kälte ließ seine Herzen zu schlagen vergessen. Vor ihm, eingehüllt in unheilvolles Dämmerlicht, standen unverkennbar zwei …
 

„… Daleks …“ Die Worte waren kaum mehr als ein fassungsloses Flüstern, doch sie hallten hart von den sterilen Wänden wieder.
 

„DER DOCTOR IST EINGETROFFEN!“, erklang plötzlich die metallische Stimme des ersten Daleks.
 

Die Lichter des zweiten Daleks flammten auf, als sein Auge auf den Time Lord fiel, der sie fassungslos anstarrte. „ELEMINIEREN!!!“ Der Doctor, der größte Feind der Daleks. Der Feind, der schon immer da gewesen war, seit dem Anbeginn der Daleks, war eingetroffen. Sie schossen, entschlossen, ihn endgültig zu vernichten. Doch bevor die tödlichen Schüsse den Doctor erreichen konnte, schlugen ihm die Türen krachend vor der Nase zu und das laute Geräusch einer dematerialisierenden TARDIS erfüllte die Luft.
 

Als sich die Türen wieder öffneten, wurde er bereits erwartet.
 

„So schnell sieht man sich wieder, Doctor.“
 

Der Doctor blinzelte einen Moment verwirrt, dann verzog das Gesicht, als er begriff, wo er sich befand. Er war auf jeden Fall nicht mehr an Bord des Dalekschiffes, sondern auf Gallifrey, wie die rotweißen Uniformen der Männer, die ihn bereits erwartet hatten, bewiesen. Vor ihm stand Commander Maxil, Mitglied der Wachen des Kapitols. Die beiden verstanden sich nicht besonders gut, was besonders daran liegen mochte, dass Maxil ihn einmal niedergeschossen hatte. Außerdem hatte der Commander unangenehme Ähnlichkeiten mit seiner sechsten Inkarnation. Die gleichen blond gelockten Haare, die gleichen Augen … nur in Sachen Kleidungsfrage unterschieden sie sich gewaltig. Aber Maxil war nicht alleine. Neben ihm stand ein weiterer Wächter, zusammen mit drei Technikern, und dahinter, unübersehbar, stand Lady Präsident Romana.
 

„Romana!“
 

„Wir haben ein Notsignal deiner TARDIS aufgefangen und dich mit dem eingebauten Rückrufsystem hier her geholt.“ Sie hob eine Augenbraue als sie den Qualm bemerkte, der hinter ihm aus der TARDIS quoll, während die Techniker hinein eilten „Wie es scheint keine Sekunde zu spät.“ Sie klang ernst, alarmierend ernst, doch der Doctor nahm es gar nicht war.
 

Fassungslos starrte er sie an. „Eingebautes Rückrufsystem? Seit wann habe ich ein Rückrufsystem?!“
 

Maxil grinste hämisch. „Seit deinem letzten Besuch hier.“
 

„Wir hielten es für angebracht“, erklärte Romana. „Und wie es scheint, hat es sich ausgezahlt.“
 

Der Doctor konnte es nicht fassen. Romana hatte ohne sein Wissen veranlasst, dass ein Rückrufprogramm in seine TARDIS eingebaut worden war? Seine Romana? Seine Romana, die mit ihm gereist war, vor so langer Zeit, und die ihm ein so guter Freund geworden war, obwohl es ihm damals überhaupt nicht gepasst hatte, dass man sie ihm als Babysitter aufgebrummt hatte? Sie hätte ihm ruhig vertrauen können! Vor allem jetzt, wo sich sein Verhältnis zu Gallifrey langsam gebessert hatte! Hatte sie etwa von ihm erwartet, dass er wieder verschwinden und sich vor seinen eigenen Leuten verstecken würde? Hatte sie etwa Angst, ihn nicht einfangen zu können, wenn er mal wieder etwas angestellt hatte? Er war zutiefst verletzt, auch wenn es ihm wohlmöglich das Leben gerettet hatte. „Das hättest du mir sagen müssen“, knurrte er beleidigt.
 

„Dafür ist jetzt keine Zeit, Doctor.“
 

„Einfach etwas in meine TARDIS einbauen! Was hast du dir dabei gedacht?“
 

„Doctor, ich muss mit dir reden.“
 

„Ohne mich zu fragen?!“
 

„Es ist wirklich wichtig!“
 

„Du hättest es mir sagen müssen! Denkst du etwa, dass du mir nicht mehr vertrauen kannst? Von dir hätte ich mehr erwartet, Romana!“
 

„DOCTOR!“
 

Er verstummte und sah in ihr ernstes Gesicht. Sie hatte recht. Im Moment gab es wirklich wichtigere Dinge als diesen kleinen Vertrauensbruch. „Du hast recht. Entschuldige.“
 

„Komm mit.“ Sie wandte sich um und schritt davon, nicht ohne den Umherstehenden mit einem Blick zu signalisieren, dass sie mit ihm alleine sein wollte.
 

Einen Moment blieb der Doctor stehen und musterte sie. Sie musste jetzt in ihrer dritten oder vierten Inkarnation sein, doch hinter ihrem neuen Gesicht, den blond gewellten Haaren und dunklen Augen konnte er in ihr immer noch die Frau erkennen, die er damals kennen gelernt hatte, mit der Ausnahme, dass man ihr anmerkte, dass sie der Präsident von Gallifrey war. Er folgte ihr. Eine ganze Weile sagte keiner von ihnen etwas. Erst als sich der Gang leerte und sie alleine waren, warf ihm Romana einen aufmerksamen Seitenblick zu.
 

„Was ist passiert?“, fragte sie ihn. Ihre Stimme klang unnatürlich angespannt.

„Ich wurde angegriffen.“ Der Blick des Doctors verfinsterte sich. „Innerhalb der Vortex.“ Wenn er erwartet hatte, dass Romana angesichts dieser Nachricht entsetzt oder überrascht sein würde, so wurde er enttäuscht. Und genau das beunruhigte ihn zutiefst. Er sah sie an, ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos, doch er kannte sie gut genug um zu erkennen, dass sie sich innerlich verkrampfte. „Du wirkst nicht überrascht.“
 

„Nein, bin ich nicht.“ Eine Weile schwieg sie, dann erreichten sie eine Tür, vor der zwei Wachen standen und sofort Haltung annahmen, als sie Romana erkannten. Kaum hatten die beiden den Raum betreten, der sich als ihr Arbeitsquartier entpupte, verschränkte sie die Arme hinter dem Rücken und sah dem Doctor sehr ernst in die Augen. „Du bist der Dritte, der innerhalb der Vortex angegriffen wurde.“
 

„Der Dritte? Was soll das heißen, der dritte?“ Er wusste, was das bedeutete, doch er wollte es sich nicht eingestehen. Er hatte immer noch die größten Schwierigkeiten zu begreifen, dass es die Daleks waren, die das getan hatten. Wie war das nur möglich? Sie besaßen gar nicht die Mittel dazu! Nicht, nachdem er ihre Entwicklung um 1.000 Jahre zurückgeworfen hatte.
 

„Das heißt, dass du der dritte bist, der in der Vortex angegriffen wurde.“
 

„Ich weiß, was das heißt.“
 

Sie hob eine Augenbraue. Für einen kurzen Augenblick schien ihre Lippen amüsiert zu zucken, doch es konnte auch nur eine Einbildung sein. Ihr Blick hatte sich nicht verändert. „Du bist der erste, der es nach Gallifrey zurückgeschafft hat.“
 

Irgendetwas verkrampfte sich in ihm. „Der einzige? Du hattest zwei weitere TARDISE da draußen, die abgeschossen wurden?“
 

„Vor ihrer Zerstörung waren sie noch in der Lage ein Warnsignal zu senden. Doctor, da du den Angriff überstanden hast, was ist geschehen?“
 

Der Doctor antwortete nicht gleich. Ein Schatten legte sich über sein Gesicht, der Schatten einer furchtbaren Vorahnung und des Unglaubens. „Ich wurde angegriffen und habe beschlossen, meinen Angreifern einen kleinen Höflichkeitsbesuch abzustatten. In dem Moment, als ich sie erkannte, habt ihr mich zurückgeholt.“
 

„Wer waren sie?“ Als er sie ansah, spürte sie, wie ein eisiger Schauer über ihren Rücken jagte.
 

„Daleks.“
 

„Das ist unmöglich.“
 

Er lächelte grimmig. „Glaub mir, Romana. Die Wesen, die mich beschossen haben, waren Daleks. Aber wie kommen sie zu dieser Technik? Sie scheinen irgendwie fähig zu sein, in die Vortex einzutreten, aber sie können es nicht kontrollieren, andernfalls wären sie schon längst hier auf Gallifrey gelandet.“ Nachdenklich raufte er sich die Haare, dann begann er im Zimmer auf und ab zu laufen. Sein Verstand raste. „Mal von vorne. Ich hörte die Klosterglocke außerhalb der TARDIS, kehrte zur TARDIS zurück, dematerialisierte und wurde just in dem Moment attackiert, als ich mir den Klosterraum näher ansehen wollte. Ich habe vergeblich versucht Kontakt herzustellen, bin auf das feindliche Schiff materialisiert und wurde von zwei Dalaks angegriffen, genau in dem Moment, als ihr mich zurückgerufen habt. Die TARDIS muss das Notsignal von sich aus abgeschickt haben … Aber wie? Was bezwecken sie damit?“ Mit gerunzelter Stirn blieb er stehen, dann schüttelte er den Kopf und begann weiter herumzutigern. Romana wartete geduldig, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. „Daleks in der Vortex, die, wenn sich ihnen die Möglichkeit bietet, TARDISE angreifen. Das ist verrückt, selbst für einen Dalek. Sie haben gar nicht die Technologie dazu! Wie können sie -?“ Ein schrecklicher Gedanke kam ihm in den Sinn. Daleks in der Vortex. Das könnte schreckliche Ausmaße annehmen und verliehen ihnen eine Macht, die beängstigender war als alles, was der Doctor bisher erlebt hatte. Das war unmöglich. Wenn sie lernten, wie die Time Lords durch Raum und Zeit zu reisen, war die Sicherheit des Universums in Gefahr! Sie könnten die Geschichte verändern, sie könnten ganze Universen versklaven, sie könnten- „Nein. Nein, dass darf nicht sein.“ Er wurde bleich. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht, seine Herzen krampften sich schmerzhaft zusammen. Daleks in der Vortex, Daleks, die TARDISE angriffen, Daleks, die es vielleicht geschafft hatten oder kurz davor standen, durch die Zeit zu reisen … Sie hatten ihn angegriffen, sie hatten zwei weitere Zeitkapseln angegriffen und zerstört … Seine Gedanken wanderten in eine Richtung, die ihn in Panik versetzte. Wie versteinert stand er da, den Blick ins leere gerichtet. Seine Gedanken überschlugen sich, suchten verzweifelt eine andere Lösung, eine andere Antwort, doch er gelangte immer wieder zum selben Schluss.
 

Wenn man Kinder von Gallifrey fragte, was das schlimmste wäre, was dem Universum passieren könnte, würden alle die gleiche Antwort geben: Time War. Jeder wusste davon, jeder wusste von Kindesbeinen an, das es nichts schlimmeres gab. Früher, in den dunklen Zeiten Gallifreys, hatte es schon einmal Time Wars gegeben, doch die Zeiten lagen schon lange zurück, sehr lange, doch noch immer reichte der bloße Gedanke daran aus, selbst die ältesten Time Lords in Panik zu versetzten. Und hier stand er, der Doctor, vollkommen fassungslos und zog diese schlimmste aller Befürchtungen in Betracht. Er wollte es nicht, doch der Gedanke drängte sich ihm mit gnadenloser Härte auf, ohne sich von ihm vertreiben zu lassen. Und er wusste auch warum, er wusste nur zu gut, warum ausgerechnet diese Vorstellung seinen Verstand erfüllte. Doch er sprach es nicht aus. Die Worte waren zu furchtbar, zu erschreckend, um ausgesprochen zu werden. Doch ein Bild formte sich vor seinem Blick, ein Bild von sich selbst, wie er in einem Nebel auf dem Planeten Skaro stand. Seine Stimme schien aus seltsam weiter Ferne zu kommen, als er reden begann: „Du bist lange mit mir gereist, Romana, aber ich habe dir nie davon erzählt. Vielleicht weißt du es, wenn nicht damals, dann vielleicht jetzt, nun, da du Lady Präsident bist … Die Time Lords haben mich einmal nach Skaro geschickt, dass war nicht lange bevor wir uns beide kennen gelernt haben. Sie hatten etwas gesehen, etwas so schreckliches, dass sie dazu zwang, drastische Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Sie sahen die Daleks, wie sie alles Leben im Universum vernichteten und zu den dominanten Kreaturen des Universums wurden. Sie sahen Kampfschiffe, Hunderte, Tausende, Millionen Kampfschiffe, die das ganze Universum endgültig vernichteten … Sie schickten mich nach Skaro mit einem Auftrag. Wenn möglich, sollte ich die Erschaffung der Daleks verhindern; sie ausrotten, bevor sie überhaupt zu existieren begannen. Ansonsten sollte ich einen Weg finden, ihre Entwicklung so zu verändern, dass sie weniger aggressiv werden würden. Außerdem sollte ich ihre Schwachstellen herausfinden.“ Er schwieg. Romana sagte nicht, sondern gab ihm die Gelegenheit, sich zu sammeln. Er wandte sich zu ihr um. Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos, doch in seinen Augen lag ein beunruhigender Schatten. „Doch leider lief nicht alles so, wie ich es geplant hatte. Ich war nur in der Lage, ihre Geschichte um etwa 1.000 Jahre zurückzusetzen. Später fand ich heraus, dass die Daleks herausgefunden hatten, dass die Time Lords mich geschickt hatten, um ihre Existenz auszulöschen oder zu verändern. Daraufhin planten sie mit Duplikaten von mir und meinen damaligen Begleitern den Hohen Rat von Gallifrey zu ermorden. Davros war der Drahtzieher.“ Er sah Romana an und in ihren Augen konnte er erkennen, dass sie zum gleichen Schluss gekommen war wie er. Die Daleks wollten Rache. „Sie haben damals Zeitkorridore zum Reisen verwendet.“ Zeitkorridore …. Erschaffen durch Wurmlöcher in der Time Vortex. Eine sehr niedrige Form der Zeit-Technologie. Könnten sie …? Der Doctor schüttelte den Kopf. Nein. Das hätten die Time Lords längst bemerkt. „Wie lange geht das schon so?“
 

Romana, die sich an ihren Schreibtisch gesetzt hatte, schüttelte den Kopf. „Noch nicht lange, aber gleichzeitig auch schon viel zu lange. Wir müssen die Daleks stoppen und herausfinden, was sie wirklich vorhaben. Ich will, dass du auf ihr Schiff zurück kehrst.“
 

„Ich?“
 

„Du hast die meisten Erfahrungen mit Daleks.“
 

„Sobald ich einen Fuß aus der TARDIS setzte, werden sie mich töten.“
 

„Das hat dich noch nie gestört.“
 

Er lächelte. „Das stimmt.“
 

„Ich will, dass du in Erfahrung bringst, woher die Daleks die Technologie haben, in die Vortex einzudringen und unsere Zeitkapseln zu zerstören und ich will, dass du dieses Dalekschiff zerstörst. Wir dürfen nicht zulassen, dass es dort weiter Schaden anrichtet und, was noch schlimmer ist, irgendwann nach Gallifrey gelangt.“
 

Romana hatte recht. Die Daleks durften niemals Gallifrey erreichen. Er war der mächtigste Planet im ganzen Universum, die Heimat der Time Lords. Es hatte noch nie eine nicht von hier stammende Rasse gegeben, die diesen Planeten betreten hatte, wenn man einmal von seinen Companions absah … und den Sontarans. Es gab nur einen Weg, wie man Gallifrey erreichen konnte: durch die Vortex. Die temporalen Sperren waren zu stark um auf eine andere Weise hier her zu gelangen. Die Time Lords würden jeden Versuch sofort bemerken und im Keim ersticken. Das war ihre Art. Sie vernichteten die Gefahr, bevor sie existieren konnte, zum Wohle des gesamten Universums. Doch in diesem Fall konnten sie es nicht, denn sie waren gescheitert … er war gescheitert.
 

Der Doctor sah Romana ernst an, dann nickte er langsam. „Natürlich, Madam Präsident.“ Er konnte sehen, wie sie sich ein wenig entspannte, doch zugleich wirkte sie mit einem mal sehr müde. Es war nicht leicht, der Präsident von Gallifrey zu sein.
 

„Sehr gut. Sobald die Techniker deine TARDIS wieder repariert haben, wirst du dich auf den Weg machen.“ Sie zögerte einen Moment, so als schien sie nicht zu wissen, wie sie das, was sie als nächstes zu sagen hatte, formulieren sollte. Doch dann raffte sie sich auf. „Maxil wird dich begleiten.“
 

Ungläubig sah der Doctor Romana an. „Das ist doch ein Scherz.“
 

„Nein, Doctor. Ich werde dich nicht alleine zu den Daleks schicken. Ich weiß, dass du mit ihnen fertig werden kannst, aber ich kann die Möglichkeit, dass dir etwas zustoßen könnte, nicht außer acht lassen. Maxil wird dich beschützen und dir helfen so gut er kann.“
 

Ungläubig hob der Doctor eine Augenbraue. „Du bist dir darüber im klaren, dass wir zwei … nicht gerade Freunde sind?“
 

Sie nickte. „Dessen bin ich mir bewusst, aber eine Situation wie diese erlaubt es nicht, auf persönliche Abneigungen Rücksicht zu nehmen.“
 

Das leuchtete ein, auch wenn es ihm überhaupt nicht gefiel. „Aber muss es denn unbedingt Maxil sein? Was ist mit Andred? Oder mit Damon? Gut, er ist Techniker, aber Techniker kann man immer gebrauchen. Oder-!“ Seine Augen begannen zu strahlen, als ihm ein brillanter Gedanke durch den Sinn kam. Er stützte sich auf den Tisch in der Zimmermitte und lächelte Romana warm an. „Oder mit mir?“
 

Verdutzt sah sie ihn an, dann schüttelte sie den Kopf. Sie versuchte es zu verbergen, doch der Doctor war sich sicher, dass sie für einen kurzen Moment gelächelt hatte. „Ich bin die Lady Präsident von Gallifrey. Ich kann hier nicht weg, selbst wenn ich wollte.“
 

„Ach komm schon Romana. Du, ich, die TARDIS, die Daleks … Wie in alten Zeiten.“
 

Wenn Romana etwas an dieser Version des Doctors nicht leiden konnte, dann war es sein mehr als nur charmantes Lächeln und der lebensfrohe Glanz in seinen Augen, der immer auf sie abzufärben schien, wenn sie ihn an sah. So wie jetzt. Die Welt konnte untergehen, doch die Sorge, die ihn eben noch belastet hatte, war einem energischem Tatendrang gewichen. Er war halt der Doctor, immer bereit, sich in die nächst besten Schwierigkeiten zu stürzen. Aber dieses mal konnte sie nicht mit ihm gehen. „Ich kann nicht.“
 

„Ach, komm schon Romana! Ich sehe doch, dass dir das gefallen würde. Es ist nicht gut, den ganzen Tag auf dem Stuhl des Präsidenten zu sitzen. Glaube mir, ich weiß wovon ich rede. Das war einmal mein Stuhl gewesen.“
 

Diesmal lächelte sie wirklich. „Ja, ich weiß. Die Time Lords werden nie vergessen, wie du dafür gesorgt hast, dass die Sontarans Gallifrey betreten konnten.“
 

Unschuldig lächelnd zuckte er mit den Schultern. „Das war notwenig um Gallifrey zu retten.“
 

„Es war eine sehr unorthodoxe Methode.“
 

Der Doctor grinste. „Aber sie hat funktioniert.“
 

„Ja, das hat sie. Wie so oft, wenn du dich einmischt. Und beim zweiten mal bist du davongelaufen.“
 

„Die beste Entscheidung meines Lebens.“ Einen Moment lächelte er still vor sich hin, dann umrundete er den Tisch und kniete sich vor Romana nieder. „Romana. Habe ich dich jemals um etwas gebeten, was irgendwie gefährlich war?“ Vielsagend hob sie eine Augenbraue. „Habe ich dich je um etwas gebeten, was dir zutiefst wiederstrebte?“ Die zweite Augenbraue erhob sich in die Höhe und er ergab sich. „Okay, okay. Vielleicht habe ich das, aber es hat dir Spaß gemacht.“ Sie grinste und seine Augen funkelten voller Freude. „Komm schon, Romana. Ein letztes mal. Nur wir beide gegen die Daleks.“
 

Romana beugte sich vor. Ihr Gesicht näherte sich seinem. Er konnte ihren heißen, prickelnden Atem spüren, konnte einen leichten Hauch von Rose riechen, der von ihr ausging. „Ich kann nicht.“ Doch sie wirkte wenig überzeugend.
 


 

„Ich fass es nicht, dass du mich dazu überredet hast.“
 

Der Doctor grinste zufrieden, als er an die dürftig reparierte Konsole seiner TARDIS trat. Das Wissen, dass vor den blauen Türen der als Notrufbox getarnten Zeitmaschine ein aufgebrachter Maxil und ein fassungsloser Kanzler stand, erhellten seine Laune zusätzlich. Doch am meisten freute er sich über die Gegenwart von Romana, die ihr bestes gab, ihre Freude wieder hier zu sein, zu verbergen. Sie konnte ihm nichts vor machen. Er kannte sie dafür viel zu gut. Wenn sie wirklich nicht hätte mitkommen wollen, hätte sie es nur zu befehlen brauchen, doch das hatte sie nicht getan und er war dankbar dafür. Wenn er den Daleks begegnen musste, dann hatte er lieber jemanden an seiner Seite, dem er vertrauen konnte und es gab niemanden, abgesehen vielleicht von Susan, die ihn vor so langer Zeit verlassen hatte, dem er so sehr vertraute wie Romana. Sie war etwas besonderes, ein Diamant in einem Haufen lauter trüber Perlen. Sie war nicht wie die anderen verstaubten Time Lords, aber sie war auch nicht wie die rebellischen Abtrünnigen wie er einer war. Sie war etwas genau dazwischen, eine perfekte Balance zwischen den beiden Seiten. Sie tat Gallifrey gut und wenn jemand den Planeten retten sollte, dann war sie es und nicht er. Er war alt, sie jung und sie hatte das richtige Feuer in ihren Herzen. Wenn jemand den drohenden Sturm verhindern konnte, dann sie.
 

„Manchmal wüsste ich gerne, was in deinem Kopf vor sich geht“, sagte Romana, als sie an seine Seite trat. „Und fang jetzt nicht an zu grinsen.“
 

„Ich hatte nicht vor zu grinsen.“
 

„Lügner.“ Sie schmunzelte, so wie er.
 

„Es ist schön, dich wieder hier zu haben“, sagte der Doctor und bevor sie etwas erwidern konnte, ließ er die TARDIS in die Vortex eintreten. „Jetzt heißt es warten.“
 

„Wann kamen sie das letzte mal?“
 

„Nach nur wenigen Minuten.“ Daraufhin trat eine erwartungsvolle Stille ein. Niemand sagte etwas. Schweigend genossen beide die stille Anwesenheit des jeweils anderen. Dann, ganz plötzlich, erfüllte eine heftige Explosion die TARDIS. Sofort war der Doctor bei der Arbeit. Seine Hände flogen nur so über die Kontrollen, von einer grimmigen Entschlossenheit gefasst, sein geliebtes Mädchen vor so viel Schaden wie nur möglich zu bewahren. Sie hatte heute schon zu viel durchmachen müssen. „Halte noch ein wenig aus, bald hast du es überstanden.“ Mit diesen Worten und begleitet von den warnenden Glockenklängen der Klosterglocke, materialisierte die TARDIS in einer stillen Ecke des Dalekschiffes. Niemand war anwesend, als sich knirschend die Türen der Notrufbox öffneten und zwei Gestallten geschwind daraus hervorschlüpften. Sie mussten sich beeilen und dieses mal, so nahm sich der Doctor fest vor, würde er nicht scheitern. Er und Romana würden die Daleks aufhalten, sie mussten sie aufhalten.
 

Bereits zwei Gänge weiter durchschnitt eine ihnen wohlbekannte, blecherne Stimme die Luft. „DIE TARDIS IST VERSCHWUNDEN. WIR MÜSSEN DEN DOCTOR FINDEN.“
 

Der Doctor und Romana warfen sich einen kurzen Blick zu. Es war keine Überraschung, dass die Daleks annahmen, dass er hier war, aber es war auch nicht gerade hilfreich für ihr Vorhaben.
 

„ES GIBT KEIN ZEICHEN, DAS DER DOCTOR HIER IST“, erklang die Stimme eines weiteren Daleks.
 

„DER DOCTOR IST HIER“, antwortete der erste. „DER DOCTOR REIST IN EINER BLAUEN TADIS. DAS EBEN WAR EINE BLAUE TARDIS. ER WAR SCHON EINMAL HIER.“
 

Fest an die Wand gepresst, sahen die beiden Time Lords, wie die beiden Daleks den Gang entlang rollten. Ihre metallene Hülle schimmerte golden im spärlichen Licht der Deckenlampen, die lange Schatten an die Wände warfen. Zum Glück für die beiden Eindringlinge, die in einem solchen Schatten Schutz gefunden hatten.
 

„UND ER IST ENTKOMMEN“, bemerkte der zweite Dalek.
 

Der erste Dalek drehte ihm sein Auge zu. „DAS WIRD NICHT WIEDER VORKOMMEN. DER DOCTOR IST EIN FEIND DER DALEKS. DER DOCTOR MUSS ELIMINIERT WERDEN. WIR MÜSSEN DEN DOCTOR FINDEN.“
 

Der zweite Dalek blieb stehen, nicht unweit der beiden Time Lords entfernt, die sich merklich verkrampften. Sie durften auf keinen Fall entdeckt werden, doch sie konnten auch nicht verschwinden, denn sonst hätte man sie sofort bemerkt. Sie saßen in der Falle. Ihre Herzen klopften beinahe verräterisch laut in ihren Brüsten.
 

„DER DOCTOR IST NICHT UNSER PRIMÄRES ZIEL.“
 

Einen Moment glaubte der Doctor, sich verhört zu haben. Nicht das primäre Ziel? Er war das primäre Ziel seit dem die Daleks erschaffen worden waren! Der Staatsfeind Nr. 1, wie die Amerikaner sagen würden. Er war da gewesen, seit dem Anbeginn der Zeit, wie ein dunkler Schatten, jeder Zeit bereit, über sie herein zu brechen. Sie fürchteten ihn, unter ihrem Wahnsinn hatten sie Angst. Jede Rasse im gesamten Universum war von einer Urangst befallen. Manche fürchteten sich vor Feuer, manche vor der Dunkelheit, manche vor dem eigenen selbst. Seit dem Anbeginn ihrer Zeit fürchteten die DAleks ihn, den Doctor! Und er war einfach ersetzt worden?! So absurd es auch war, der Doctor fühlte sich zutiefst gekränkt.
 

„DER DOCTOR IST EIN TIME LORD“, fuhr der zweite Dalek fort. „DIE TIME LORDS HABEN VERSUCHT, UNSERE EXISTENZ ZU ZERSTÖREN. DIE TIME LORDS SIND EIN FEIND DER DALEKS. SIE MÜSSEN ELIMINIERT WERDEN.“
 

Der Doctor spürte, wie etwas in ihm schlagartig gefror. Er hatte es vermutet, so grausam die Vorstellung auch sein mochte, so hatte er die Möglichkeit nicht aus seinen Überlegungen verbannen können. Sie hatte sich ihm förmlich aufgedrungen. Er war alt, viel älter als es sich ein Mensch niemals hätte erträumen können, er hatte mehr gesehen als die meisten Lebewesen je zuvor und auf all seinen Reisen hatte er festgestellt, dass er eine Fähigkeit hatte, die ihn bis heute immer mit einem gewissen Stolz erfüllt hatte. Er mochte zwar hin und wieder einige Fehler in seinem Leben begangen haben, doch mit dem, was er sagte oder dachte, hatte er immer recht gehabt. Immer. Doch in diesem Moment, als die Worte des Daleks bedeutungsschwer in der Luft hingen, wünschte er sich zum ersten mal wirklich in seinem Leben, dass er falsch lag. Sein Blick glitt langsam zu Romana und in ihren Augen sah er etwas, von dem er wusste, dass er der einzige war, dem sie so etwas jemals freiwillig zeigen würde. Sie hatte Angst. Sie war der Präsident von Gallifrey und sie hatte soeben erfahren, dass die Leute, die sie schützen sollte, eliminiert werden sollten. Allein der Gedanke war absurd und doch, so bitter er auch war, schien er Realität zu werden. Sie mussten die Daleks aufhalten. Selbst wenn es sie ihre Leben kosten sollte. Der Doctor und Romana sahen sich an und dann, in einem stillen Einverständnis, nickten sie.
 

„DER DOCTOR IST EIN TIME LORD UND DER DOCTOR IST HIER“, entgegnete der erste Dalek. Klang er ein wenig ungeduldig? „DER DOCTOR WIRD ELIMINIERT WERDEN, DOCH FÜR DEN RUHM DER DALEKS SOLL DER UNTERGANG VON GALLIFREY MIT DER ELIMINIERUNG UNSERES GRÖßTEN FEINDES BEGINNEN. FINDE DEN DOCTOR! DANACH ELIMINIEREN WIR DIE TIME LORDS.“ Er setzte sich wieder in Bewegung und sein Gefährte folgte ihm. „WIR WERDEN BALD DAS UNIVERSUM REGIEREN!“
 

Sie waren Größenwahnsinnig geworden. Vollkommen verrückt. Gallifrey vernichten? Die Time Lords eliminieren? Das Universum regieren? Daleks als die dominierende Spezies … Die Time Lords hatten es kommen sehen … und sie hatten ihn geschickt, um es zu verhindern. Er hatte versagt. Er hatte ihre Entwicklung um tausend Jahre zurückgeworfen, doch es hatte nichts genützt. Jetzt waren die Daleks in der Vortex, bereit, das zu tun, was er hätte verhindern sollen. Und was hatte er noch zu Harry und Sarah Jane gesagt? Das aus dem Überleben etwas Gutes entstehen würde? Wie dumm er doch damals gewesen war!
 

Der Doctor spürte, wie ihm jemand vorsichtig eine Hand auf die Schulter legte, doch er reagierte nicht.
 

„Wir müssen sie aufhalten“, hörte er Romanas Stimme hinter sich, doch sie schien aus weiter Ferne zu kommen. „Komm, Doctor. Beeilen wir uns.“
 

Sie hatten fast die Kommandobrücke erreicht, als der Doctor, einer plötzlichen Eingebung folgend, Romana packte und in einen dunklen Gang hinein stieß. Keinen Moment zu früh, denn just in diesem Augenblick, als er ihr folgen wollte, kamen plötzlich zwei Daleks um die Ecke. Überrascht blieben sie stehen, falls sie überhaupt so etwas wie überrascht sein konnten. Eine fürchterliche Stille lag in der Luft, niemand rührte sich. Die Daleks starrten ihn an, er starrte trotzig zurück. Er musste sie ablenken. Er musste Romana Zeit verschaffen, damit sie tun konnte, wozu sie her gekommen waren.
 

„DER DOCTOR!“, rief der Dalek, der ihm am nächsten war.
 

„Habt ihr jemand anderen erwartet?“, fragte der Doctor unbekümmert und trat auf die beiden zu, die ein wenig vor ihm zurück wichen. „Nettes Schiff. Ich muss sagen, dass ich ein wenig überrascht bin, euch hier zu sehen.“
 

„DU WIRST DORT STEHEN BLEIBEN“, donnerte der zweite Dalek. „WIR WERDEN DICH ELIMINIEREN!“
 

Schmunzelnd schüttelte der Doctor den Kopf. „Den Satz habe ich schon so oft gehört, das es mir schwer fällt, ihm zu glauben. Tut mir leid.“ Er konnte spüren, wie die Luft zu brennen schien. Seine Nackenhaare sträubten sich. Er konnte sehen, wie sich die Waffen der Daleks sich auf ihn richteten, bereit, ihn endgültig niederzustrecken. Doch er rührte sich nicht. Er stand da wie ein Felsen und sah sie an. Er würde keinen Millimeter von der Stelle weichen, nicht, solange sich noch Romana in seiner Nähe befand. „Wie habt ihr es geschafft, in die Vortex zu gelangen?“
 

„DAS IST NICHT WICHTIG“, antwortete der erste Dalek.
 

„DU WIRST ELIMINIERT WERDEN“, drohte der zweite.
 

„Ja, das habe ich schon gehört. Aber bevor ich eliminiert werde, habe ich doch wohl das Recht zu erfahren, wie ihr so weit gekommen seid, findet ihr nicht auch? Immerhin verbindet uns eine sehr lange Geschichte.“ Der Doctor liebte Klischees. Er wusste, dass in jedem Erdenfilm der Bösewicht nun anfangen würde mit seinen dunklen Plänen zu prahlen, was dem Helden die Gelegenheit geben würde, die Welt zu retten, doch leider schienen die Daleks solche Filme nie geguckt zu haben. Die Lampen auf ihrem Kopf blinkten, als sie wieder zum Sprechen ansetzten.
 

„DU WIRST MIT UNS KOMMEN!“
 

„BEIM GERINGSTEN FLUCHTVERSUCH WIRST DU ELIMINIERT WERDEN.“
 

Langsam konnte es der Doctor wirklich nicht mehr hören. Sie nahmen ihn in ihre Mitte und führten ihn ab. Er konnte nur hoffen, dass Romana das Richtige tun würde.
 

„DER DOCTOR IST ALSO WIRKLICH GEKOMMEN“, ertönte die Stimme des Supreme Daleks, kaum das er die Kommandobrücke erreicht hatte. „WIR WUSSTEN, DASS DU KOMMEN WÜRDEST.“
 

Der Doctor antwortete nicht gleich, sondern sah sich aufmerksam um. Außer dem schwarzen Supreme Dalek und seinen zwei Bewachern war die Brücke leer. Auf einem Bildschirm war die Vortex zu erkennen, durch die das Schiff reiste, ohne eine Möglichkeit, sie zu verlassen. Zumindest hoffte der Doctor das. Es war eine Sache, die Fähigkeit zu besitzen in die Vortex einzudringen, aber eine völlig andere, aus ihr kontrolliert auch wieder herauszukommen. Wenn die Daleks tatsächlich die Möglichkeit besaßen durch die Zeit zu reisen, dann würde die Zukunft wahrlich finster aussehen. Kein Wunder, dass der warnende Klang der Klosterglocke noch immer nicht verstummt war. „Ja, ich bin hier. So wie ich immer hier bin, um euch aufzuhalten.“
 

„SEIT DEM ANBEGINN DER ZEIT BIST DU UNSER FEIND, DOCH HEUTE WIRST DU UNS GEHORCHEN.“
 

Verwirrt runzelte der Doctor die Stirn. „Warum sollte ich?“
 

„WEIL WIR ES VON DIR VERLANGEN.“
 

Das war nicht gerade ein überzeugendes Argument, eigentlich war es nicht einmal ein Argument, doch in diesem Augenblick war er für alles dankbar, was ihm half, dieses Gespräch möglichst lange in Gang zu halten und, wenn möglich, nebenbei auch noch herauszufinden, wie sie hier her gekommen waren. Irgendwo in sich drinnen ahnte er bereits, was sie von ihm wollten. Doch er würde es niemals tun. „Und was, wenn ich fragen darf, wäre das?“
 

„DU WIRST UNS NACH GALLIFREY BRINGEN.“
 

„Nach Gallifrey?“, fragte der Doctor gespielt ungläubig. „Warum sollte ich euch nach Gallifrey bringen? Dort gibt es nicht. Es ist ein furchtbar langweiliger Planet. Und staubig. Und damit meine ich nicht nur die Wüste. Ich kann mir schöne Orte vorstellen, die man besuchen könnte.“ Die Erde zum Beispiel, doch das musste er den Daleks nicht unbedingt sagen. „Wie wäre es mit Raxacoricofallapatorius?“ Er konnte spüren, wie sich die Waffe des sich hinter ihm befindenden Daleks in den Rücken bohrte. „War nur ein Vorschlag.“
 

Der Supreme Dalek rollte auf ihn zu. „DU WIRST UNS NACH GALLIFREY BRINGEN“, wiederholte er drohend.
 

„Und was dann?“, fragte der Doctor. „Wenn ich euch nach Gallifrey bringe, was wollt ihr dann tun? Die Time Lords würden euch sofort vernichten.“
 

„DU WIRST UNS NACH GALLIFREY BRINGEN. DU WIRST UNS ZEIGEN, WIE WIR DAHIN KOMMEN. DU WIRST GEHORCHEN.“
 

Es wurde kalt auf dem Schiff. Die Temperatur schien schlagartig abzunehmen. Ihm fröstelte es, doch er wusste, dass diese Kälte aus seinem inneren zu dringen schien. Sie wollten nach Gallifrey, trotz des Wissens, dass man sie sofort zerstören würde. Aber vielleicht wollten sie genau das. Vielleicht wollten sie den Time Lords Angst machen, ihnen zeigen, dass sie sich nicht mehr hinter ihrem selbst erschaffenen Schild verstecken konnten. Das hier, so wurde im klar, war ein Selbstmordkommando, aber ein kontrolliertes, ein überwachtes. Man wollte, dass er sie nach Gallifrey brachte. So würden sie erfahren, wie man kontrolliert aus der Vortex wieder austreten konnte. Sie würden erfahren, wo Gallifrey lag. So würden sie in das Geheimnis des Zeitreisens eingeweiht werden. Auf seinem Heimatplaneten würden sie dann dieses Schiff vernichten und mit ihm würden alle Time Lords, die sich in ihrer Nähe befanden, brennen, ohne zu wissen, was über sie gekommen war. Und sie würden sich fürchten. Solch ein plötzlicher Angriff auf Gallifrey würde sie in Panik versetzen. Es würde den Doctor nicht einmal wundern, wenn irgendwo auf Skaro Davros saß, in seinem rollenden Stuhl, und dem Spektakel lachend zusehen würde. Was kümmerten ihn schon ein paar Daleks, wenn man solches Wissen serviert bekommen würde? Und selbst wenn sie Gallifrey nicht erreichen sollten, so konnten sie immer noch ahnungslose TARDISE vernichten, oder, sobald sie nicht mehr ganz so ahnungslos waren, auf Gallifrey festhalten.

Der Gedanke allein war schon abscheulich genug und der Doctor spürte den bitteren Geschmack von Galle in seinem Mund. Das hier musste ein Traum sein, ein furchtbarer Albtraum. „Selbst wenn ich wollte, könnte ich es nicht.“
 

„ERKLÄRE DICH!“, donnerte der Supreme Dalek ungeduldig.
 

Ohne auf seine Feinde zu achten, begann der Doctor mit hinterm Rücken verschränkten Armen auf und ab zu gehen. Jegliche Aufmerksamkeit war auf ihn gerichtet und so bemerkte niemand die Gestalt, die sich zur Hauptkonsole schlich. „Das hier ist keine TARDIS. Ich kann nichts steuern, was ich nicht kenne. Woher soll ich wissen, wie ihr reist? Ich könnte überall landen. Ich könnte das Schiff vernichten. Ich könnte in einem ausbrechenden Vulkan landen. Versehentlich bei einem Live Konzert von Elvis reinplatzen. Mit dem nächstbesten Asteroiden kollidieren.“
 

Die Daleks schwiegen einen Moment, schienen über ihn nachzudenken. Sie wussten, dass man ihm nicht trauen konnte, aber sie brauchten ihn. Sie befanden sich in einer Zweckmühle, aber nur, das wusste er, weil sie noch nicht Romana entdeckt hatten, die an den Konsolen herumhantierte. Sie wäre das perfekte Druckmittel. „Es sei denn natürlich“, fuhr der Doctor fort, „ihr sagt mir, was ich wissen muss. Dann, und vielleicht auch nur dann, werde ich entscheiden, was ich tun werde.“
 

„DU WIRST GEHORCHEN“, sagte der zweite Dalek. „DU WIRST TUN, WAS MAN VON DIR VERLANGT.“
 

„Ich kann nicht!“ War denn das so schwer zu verstehen? Er wandte sich wieder zum Supreme Dalek um, wobei er sah, wie Romana sich vorsichtig wieder von der Konsole zurück zog. „Es liegt bei dir.“
 

„WARUM SOLLTEN WIR DIR TRAUEN?“
 

„Weil, wenn ich euch nach Gallifrey bringe, ihr sofort vernichtet werdet und ich nicht sagen kann, dass es mir etwas ausmachen würde.“ Auf eine sehr abstrakte Weise, die ihn selbst überraschte, schien der Dalek damit zufrieden zu sein. War wohl nicht der intelligenteste seiner Spezies. Kein Wunder, dass man auf ihn verzichten konnte.
 

„WIR HABEN EINE TARDIS.“
 

„Ihr habt WAS?!“, entfuhr es dem Doctor ungläubig. „Lügner! Ihr habt keine TARDIS.“ Seine Worte hatten seinen Mund kaum verlassen, da wusste er, dass das nicht stimmte. Es gab eine Möglichkeit, eine Möglichkeit, die er längst vergessen hatte. „Die TARDIS des Masters.“ Das erklärte so einiges.
 

„DAS IST KORREKT.“
 

Jetzt wusste er, was er wissen musste und es betrübte ihn. Für einen kurzen Moment spürte er die Last seines Alters auf seinen Schultern ruhen, jedes einzelne Jahrhundert. Wie viele waren es jetzt? Er hatte längst den Überblick verloren, aber so, wie er sich in diesem Augenblick fühlte, mussten es tausende sein. Er fühlte sich entsetzlich müde, doch im nächsten Moment brannte ein entschlossenes Feuer in seiner Brust. „Ihr wollt einen Krieg heraufbeschwören.“ Aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, wie Romana ihm das Zeichen gab, dass er sich gefälligst beeilen sollte.
 

„DIE TIME LORDS WERDEN ELIMINIERT WERDEN UND DU WIRST UNS DABEI HELFEN“, befahl der Supreme Dalek.
 

„DU WIRST UNS IN DEN KAMPF FÜHREN“, sagte der erste Dalek.
 

Der Zweite stimmte ihm zu. „DU WIRST GEHORCHEN, GEHORCHEN, GEHORCHEN!“
 

„Nein.“ Drei glotzende Augen schienen den Doctor zu durchbohren.
 

„ERKLÄRE DICH!“
 

„Ich werde euch nicht führen. Ihr werdet Gallifrey niemals erreichen, nicht, solange ich noch am leben bin. Ihr habt es bis in die Vortex geschafft, aber ich werde nicht zulassen, dass ihr auch nur noch einen Schritt weiter kommt.“ Drohend trat er auf den Supreme Dalek zu, der kaum merklich vor ihm zurück wich. „Ich werde euch aufhalten. Jeden einzelnen von euch. Ich werde nicht zulassen, dass ihr das Universum in einen sinnlosen Krieg stürzt.“
 

„Doctor!“, schrie Romana drängend. Die Daleks wirbelten herum und verschafften dem Doctor so die Zeit, die er benötigte, um die Beine in die Hand zu nehmen. Ohne weiter darüber nachzudenken, stürmte er los.
 

„DER DOCTOR VERSUCHT ZU ENTKOMMEN!“, dröhnte es hinter ihm und plötzlich erfüllte zischendes Speerfeuer die Luft. „ELIMINIEREN!!!“
 

Der Doctor packte Romana und zerrte sie hinter sich her. „Was hast du gemacht?“, fragte er sie keuchend.
 

„Selbstzerstörung“, antwortete sie knapp, viel zu sehr darauf bedacht, nicht erschossen zu werden.
 

„Wie viel Zeit bleibt uns noch?“ Ein Blick in ihre Augen reichte aus um ihn wissen zu lassen, dass er so viel geredet hatte, dass es jetzt sehr eng werden würde, was ihn dazu beflügelte noch schneller zu rennen. Plötzlich zerriss eine ohrenbetäubende Explosion die Luft hinter ihnen. Der Boden des Schiffes erbebte, Hitze jagte durch die Korridore. Ein weiterer Knall, begleitet von einem schrecklichen Zischen und einem markerschütternden Quietschen, so als wäre irgendein Metall aus der Wand gerissen worden. Genau als der Doctor und Romana die TARDIS erreichten, die Türe hinter sich zu knallten und ein vertrautes VWORP, VWORP die Luft erfüllte, wurde das Dalekschiff von einem furchtbaren Flammeninferno in zwei gerissen.
 

Es herrschte eine furchtbar bedrückende Stille in den hohen Hallen des Konzils. Alle saßen sie an einem großen, runden Tisch, doch fast alle Plätze waren frei. Zwei Kardinäle flankierten Lady Präsident Romanadvoratrelundar, der gegenüber der Castellan und der Lord Kanzler saßen, die sich sehr ernste Blicke zuwarfen. Der Doctor saß, mit vor der Brust verschränkten Armen und gerunzelter Stirn genau zwischen ihnen, wohl wissend, dass er hier eigentlich nichts zu suchen hatte, aber dennoch hier sein musste. Das hier war eine kurzfristig einberufene, geheime Notfallsitzung. Der Doctor hatte ihnen vor noch nicht all zu langer Zeit berichtet, was geschehen war. Natürlich hatten sie ihm nicht geglaubt, vielleicht hätte er es nicht einmal selber geglaubt, wenn er nicht dabei gewesen wäre. Sie hatten lange diskutiert und herumüberlegt, doch dann hatte sich betrübten Schweigen über sie gelegt, als sie langsam begonnen hatten die Wahrheit zu begreifen, doch bisher hatte sie niemand ausgesprochen. Alle wussten, dass diese Worte, sollten sie jemals einen Mund verlassen, wie ein drohendes Unheil über ihren Köpfen hängen würde, doch sie wussten auch, dass es jemand sagen musste. Alle sahen sie sich in die Augen, nur um dann den Blicken des anderen auszuweichen. Schließlich räusperte sich der Castellan.
 

„Wie viele Schiffe verfügen über die Fähigkeit die Vortex zu erreichen?“
 

„Das Schiff, welches wir zerstört haben“, begann Romana, „war ein Prototyp, doch es ist mehr als nur wahrscheinlich, dass es noch viel mehr von ihnen gibt.“ Einen Moment suchte sie den Blick des Doctors, so als erhoffte sie Kraft aus seinen blauen Augen zu schöpfen und als sie redete, redete sie nur zu ihm, obwohl beide wussten, dass ihre folgenden Worte an sie alle gerichtet waren. „Die Daleks hatten vor, uns mit einem Kamikazeangriff zu überraschen. Das ist nicht die übliche Vorgehensweise eines Daleks, was darauf schließen lässt, dass sie begonnen haben, andere Rassen in Ihresgleichen zu verwandeln, um sich neue Strategien anzueignen. Das macht sie unvorhersehbar, weil wir so nicht wissen können, was sie als nächstes planen. Wir wissen jedoch so viel: Zwei unserer TARDISE wurden in der Vortex angegriffen und wahrscheinlich zerstört. Obwohl der Doctor und ich in der Lage waren, das besagte Schiff zu zerstören, müssen wir damit rechnen, dass sich noch mehr Schiffe von ihnen in der Vortex befinden. Wenn dem so ist, können wir fürs erste nicht mehr unsere TARDISE verwenden. Die Möglichkeit, dass sie ebenfalls zerstört werden oder schlimmer noch, ihre Piloten gefangen genommen werden, ist zu groß. Wir können uns nicht erlauben, dass noch mehr Geheimnisse an die Daleks fallen. Uns bleibt nur die Möglichkeit, uns von der Außenwelt abzuschotten, zumindest so lange, bis wir uns ein genaueres Bild von unserer Lage verschaffen können. Die Daleks werden versuchen, nach Gallifrey zu gelangen. Wenn ihnen das nicht gelingen sollte, und es wird ihnen nicht gelingen, werden sie sich verschiedene, strategische Punkte in Raum und Zeit angreifen, in denen eine Veränderung katastrophale Auswirkungen auf uns haben wird.“ Es war erschreckend ruhig im Raum. Niemand wagte es zu atmen, niemand wagte es auch nur einen Moment den Blick von Romana abzuwenden, deren Gesicht völlig ausdruckslos war, was ihr beinahe so etwas wie Ehrfurcht einbrachte, angesichts dessen, was sie gerade zu verkünden hatte. „Nicht nur die Daleks werden unsere Feinde sein, nein, sie werden versuchen, die Zeit an sich zu unserem Feind zu machen, denn das ist die einzige Möglichkeit für sie, wie sie ihr Ziel, uns zu vernichten und die dominante Spezies im Universum zu werden, in die Tat umsetzen zu können. Das lässt sich nun nicht mehr verhindern.“ Einen Moment schwieg Romana, den Blick immer noch nach Stärke suchend auf den Doctor gerichtet, den er ihr wortlos erwiderte. Er wusste, wie schwer ihr die nächsten Worte fallen würde, doch er wusste auch, dass er sie ihr nicht abnehmen konnte. Sie musste es aussprechen, hier und jetzt. Sie musste es sagen. Langsam erhob sich Romana von ihrem Stuhl und betrachtete jeden einzelnen im Raum mit einem gewichtigen Blick. Einige Momente verstrichen, in denen sie sich zur Ordnung rief, doch dann, mit gefasster Stimme, sagte sie: „Wir befinden uns im Krieg.“
 

Kurze Zeit später verließen sie den Raum, jeder mit einer wichtigen Aufgabe vertraut, jeder mit dem Wissen, dass es einen Krieg vorzubereiten gab. Nur zwei blieben zurück.
 

Romana, nun alleine mit dem Time Lord, der ihr am meisten etwas bedeutete, sank mit bleichem Gesicht auf ihren Stuhl zurück. Sie hatte Angst, Angst, die sie sich als Präsident von Gallifrey nicht leisten durfte, doch jetzt, nur mit dem Doctor an ihrer Seite, war sie einfach nur eine Time Lady, eine Time Lady, die wusste, dass sie gerade eine der wichtigsten Entscheidungen in der Geschichte von Gallifrey gefällt hatte. Sie musste es tun, dass wusste sie, doch ein fürchterliches Gefühl hatte von ihren Herzen Besitz ergriffen.
 

Der Doctor saß noch immer auf seinem Platz, doch nun, wo er seine alte Freundin so niedergeschlagen auf ihrem Stuhl sitzen sah, erhob er sich langsam, trat auf sie zu und legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter. „Sie werden nicht gewinnen, Romana“, sagte er ihr mit einfühlsamer Stimme.
 

Blinzelnd sah sie zu ihm auf. In seinem Blick lag feste Entschlossenheit. Sie wusste, dass sie sich immer auf ihn verlassen konnte. Er würde alles dafür tun, um die Daleks aufzuhalten. Wenn es jemanden gab, der diesen Krieg daran hindern konnte auszuarten, dann war es dieser Mann, den sie mehr achtete als irgendjemand sonst. „Du scheinst dir sicher zu sein.“
 

Der Doctor lächelte. Es war sein typisches ’eher sterbe ich als zuzulassen, dass irgendjemand meinen Freunden etwas antut’ Lächeln, dass ihr schon so oft Mut gemacht hatte, welches jedoch seine Feinde oft mit ’er hält sich für besser als wir’ übersetzten. Doch Romana wusste es besser und sie erwiderte sein Lächeln, obwohl ihr nicht wirklich danach zumute war. „Ich bin mir sicher, Fred“, sagte er, woraufhin sie kurz lachen musste. „Ich werde nicht zulassen, dass sie diesen Krieg gewinnen werden. Ich werde sie aufhalten, egal was ich dafür tun muss. Das verspreche ich dir. Du hast mein Wort darauf. Ich werde dich beschützen, dich und jeden hier auf Gallifrey.“
 

„Ich wusste nicht, dass wir dir so wichtig sind.“
 

Die Augen des Doctors funkelten. „Nun, sagen wir, dass mir dieser alte Planet mit seinen verstaubten Bewohnern doch ein wenig am Herzen liegt, besonders da du hier endlich für die längst nötigen Veränderungen sorgst … Du bist eine fabelhafte Präsidentin, Romana.“
 

Langsam schüttelte sie den Kopf. „Eine fabelhafte Präsidentin hatte es nicht so weit kommen lassen.“
 

Einen Moment sah der Doctor sie an, dann packte er sie sanft an den Schultern und zwang sie aufzustehen, so das sie sich fest in die Augen sehen konnten. „Du bist die richtige Frau für diese Angelegenheit. Glaube mir. Ich weiß, wovon ich rede.“
 

„Aber-“
 

„Kein Aber. Du weißt doch, dass man dummen alten Männern nicht widersprechen soll“, meinte er schmunzelnd und zwinkerte ihr zu, „denn sie haben immer recht. Wir werden das hier durchstehen. Gemeinsam. Du kannst dich auf mich verlassen.“ Und mit diesen Worten schloss er sie fest in seine Arme. „Das verspreche ich dir.“
 

„Oh, Doctor. Irgendwann wirst du einmal deine Versprechen nicht mehr halten Können. Ich hoffe nur, dass es nicht dieses mal ist.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Die_BMF
2009-05-19T22:40:03+00:00 20.05.2009 00:40
MMMMMM!
Ich kann Mir Gut vorstehllen das der Time Wars würglich so Standt gefunden hat!
Op Romana mit den Letzten Satz inde Sie gesagst: "„Oh, Doctor. Irgendwann wirst du einmal deine Versprechen nicht mehr halten Können. Ich hoffe nur, dass es nicht dieses mal ist.“" hat Recht hat, würd sich ja noch in diesen FF von Dir noch Raus stellen!?

Dieses Kapitel ist wieder so was Super toll gewürden, das es einfach der Hammer! LOL!
Ich bin schon sehr gespannd wie es weiter gehen würd in diesen FF von Dir!?

So, Ich muss jetzt ins Bettchen schlafen gehn! LOL!
Werde das Andere Kapitel Morgen weiter Lesen!

G. L. G.

Sailormoon-fan


Von: abgemeldet
2008-12-03T18:48:48+00:00 03.12.2008 19:48
MEHR WANN GEHTS WEITER????????


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