Mein Tischnachbar ist ein Idiot! von Skeru_Seven ================================================================================ Kapitel 12: ------------ „Er hat was?“ Tanja starrte Johannes überrascht an und vergaß dabei fast zu atmen. „Und du verarschst mich auch nicht?“ „Nein, natürlich nicht.“ Genervt klopfte er mit den Fingern auf die Tischplatte. Warum glaubte sie ihm eigentlich nie etwas sofort? Zugegeben, das Meiste klang einfach unglaubwürdig, aber es stimmte trotzdem. „Er hat mir tatsächlich das Ohr abgeflennt.“ „Was für ein Loser“, entschied Tanja. „Wahrscheinlich kommt er heute auch nicht, immerhin hat er sich total vor dir blamiert. So viel zum Thema 'Ich bin viel cooler als ihr es jemals sein werdet‘, das nächste Mal lachst du ihn bitte aus.“ „Wer lacht wen aus?“ Neugierig trippelte Lisa zu ihnen und wartete auf eine großartige Erklärung. Wie so oft konnte ihre Hoffnung auf neue Klatschgeschichten nicht im Zaum halten und musste unbedingt wissen, um was es ging, selbst wenn man nur sein Hausaufgabenheft zuhause liegen gelassen hatte. „Ach nichts“, wehrte Johannes automatisch ab; sie würde es sowieso früh genug mitbekommen, wenn Tanja es ihr schadenfroh erzählten. „Wir lästern nur gerade über meinen Nachbarn, stimmts?“ Er warf Tanja einen auffordernden Blick zu, damit sie nicht irgendetwas ganz anderes sagte und glücklicherweise ließ sie sich auch darauf ein. „Ja, genau, über seinen Nachbarn, der hat auch voll eine Schraube locker.“ Das stimmte sogar, denn welcher normale Mensch versuchte, im Winter seinen Rasen zu mähen? Nur Herr Katzenberg von nebenan. „Ach so, ich dachte, es wäre was Interessantes.“ Enttäuscht suchte Lisa die nächste Sensation dieses Tages bei einer Traube anderer Schüler und Tanja tippte Johannes ärgerlich gegen die Stirn. „Was sollte das denn? Das wäre die Gelegenheit gewesen, Tobi doof dastehen zulassen, sozusagen als kleine Rache für seine dauernde Blödheit.“ „Theoretisch schon, aber dann befinde ich mich ja auf demselben Niveau wie er und darauf kann ich verzichten.“ Außerdem hätte Tobi noch ein zusätzliches Motiv, ihm den Tag zu verderben, also sollte man besser aufpassen, was man weitererzählte und was nicht. „Wenn du meinst.“ Unzufrieden strich sich Tanja eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich bezweifel zwar, dass man überhaupt Tobis sprachliches und geistiges Niveau erreichen kann, aber egal. Wenn du unbedingt sozial sein willst, kann ich nichts daran ändern, obwohl er es ja verdient hätte.“ „Wer hat was verdient?“ „Lisa, mach die Fliege, das verstehst du eh nicht“, verscheuchte Tanja ihre penetrante Sitznachbarin, flüsterte etwas von „Aufdringlicher Mensch ohne Beschäftigung“ und fing an, ihre Schulhefte auf Johannes‘ Tisch zu verteilen, schließlich wollte sie heute ein weiteres Mal hier sitzen. „Hast du keinen eigenen Platz?“, knurrte plötzlich jemand hinter ihr und Tanja drehte sich freudestrahlend um. „Hallo Kindergartenkind, hast du dich endlich wieder beruhigt?“ Einen Moment lang blickte Tobi sie verständnislos an, bis ihm dämmerte, was sie damit gemeint hatte und wütend fegte er ihre Sachen auf den Boden. „Das soll wohl nein heißen“, vermutete Tanja schnippisch und sammelte ihre herum liegenden Stifte auf. „Das kannst du aber auch netter ausdrücken.“ Johannes sah Tobi an, dass dieser sich nicht entscheiden konnte, welchen von ihnen beiden er als erstes zur Schnecke machen sollte. Zwei auf einmal schaffte nicht einmal ein wild gewordener Tobi. Bevor es allerdings zu einem riesigen Massaker kommen konnte, betrat Frau Schaffner den Raum und musterte irritiert Tanja, die immer noch mit ihren Stiften beschäftigt war und Tobi, dem es der maßen die Sprache wegen Tanjas Andeutungen verschlagen hatte, dass er einfach nur dastand und Todesblicke verteilte. „Was hast du dir dabei gedacht?“ „Es tut mir Leid, aber er regt mich halt mir seiner Unintelligenz total auf, das musste sein.“ Wenig schuldbewusst hockte Tanja neben Johannes in der ersten großen Pause auf einer Bank auf dem Schulhof und löffelte ihren Schokoladenpudding. „Es kann nicht sein, dass er die ganze Zeit macht, was er will und du dir alles gefallen lässt.“ „Lass mich doch, nun ist er noch schlechter gelaunt als sonst.“ Die ganzen vergangenen zwei Schulstunden war Johannes mit Radiergummis, Papierschnipselchen und sogar einer Schere bombardiert worden, weil Tobi ihm nicht vor der ganzen Klasse eine scheuern konnte, aber vielleicht überlegte er es sich noch anders, wer wusste das? „Mann Jo, du bist ein Junge, also wehr dich! Sogar Tobis kleine Schwester kann sich gegen ihn durchsetzten, oder? Du würdest es auch hinbekommen, wenn du es nur versuchen würdest.“ „Ich will das aber gar nicht.“ „Bist du seit neustem Pazifist oder was?“ Seufzend tauchte sie ihren Löffel in die süße Masse. „Schlag ihn ein einziges Mal, dann merkt er, dass er sich nicht alles leisten kann, bitte. Oder soll ich das für dich tun?“ „Nein, ist schon gut.“ Wie peinlich, nun musste er sich auch noch von einem Mädchen beschützen lassen, das ärgerte ihn, obwohl es Tanja war, die sich wirklich nichts gefallen ließ, falls es sie störte. „Da bist du ja.“ Das momentane Hauptthema der beiden stapfte auf Johannes zu, packte ihn grob am Arm und riss ihn hinter sich her ohne darauf zu achten, dass sein Opfer dabei fast hinfiel. Wäre ihm auch relativ egal gewesen, so wie Johannes ihn einschätzte. Tanja blickte ihnen mit hochgezogenen Augenbrauen hinterher, griff aber nicht ein, vielleicht lernte Johannes nun endlich sich zu behaupten gegen den Zwerg Tobi. „Was soll das denn? Lass mich los“, beschwerte sich Johannes, wurde allerdings erstklassig ignoriert, bis sie in einem weniger bevölkerten Teil des Hofes ankamen, Tobi ihn als erstes die bekannten 50 Beleidigungen an den Kopf warf und danach großartigerweise erklärte, was er eigentlich wollte. „Du bist ein verdammtes Arschloch, was willst du noch alles weitererzählen?“ Bei diesen Worten schüttelte Tobi Johannes einmal kräftig durch und dieser kam sich ziemlich doof vor, da er im Moment wirklich keine Lust hatte, sich mit dem Nervkind zu beschäftigen. Wieso durfte er nicht in Ruhe seine Pause genießen? „Was hab ich denn alles weitererzählt? Außer deine kleine Eskapade gestern am Telefon nichts, an das ich mich erinnere.“ „Bist du über Nacht verblödet oder was?“, keifte Tobi. „Du musstest doch vor allen sagen, dass Sarah vermutet, ich würde auf dich stehen. Deshalb hat mich Nadja verlassen, also bist du dran schuld.“ Gegen seinen Willen musste Johannes laut loslachen, das war die schlechteste Begründung, die er je in seinem Leben gehört hatte und dermaßen weit hergeholt wie es nur ging. Dann war er theoretisch auch an Tobis Intelligenzlosigkeit und an Tanjas Haarfarbe schuld. Wie lächerlich. „Hör auf damit, das ist nicht witzig!“ Das Geschüttel begann wieder und je mehr Johannes lachte, desto heftiger wurde es, bis ihm langsam schlecht wurde. „Dann lass dir das nächste Mal was Besseres einfallen, sonst kauft man dir echt gar nichts ab.“ Ob das jemals jemand tat? Gute Frage, immerhin redete er hier mit Tobias Lohr, dem glaubte man besser nicht viel. „Du bist so scheiße!“ Inzwischen völlig gereizt und wütend – also eigentlich wie immer – ging Tobi auf ihn los und verpasste ihm eine Ohrfeige, doch dieses Mal schlug Johannes zurück, was seinen Tischnachbar derart überraschte, dass er ihn einfach mit offenem Mund anstarrte. „Das hast du davon, fühlst du dich jetzt cool, weil du einen Grund hast, mich noch mal zu schlagen?“ „Du glaubst doch die ganze Zeit, dass du besser bist als ich. Und das nur, weil du ein Stückchen größer bist.“ „Dann wachs halt oder lern, mit deinen Komplexen umzugehen.“ Bald konnte er ein Buch schreiben, auf welche 5000 Arten man Tobi zum Explodieren brachte, vielleicht würde das sogar jemand kaufen, die Leute gaben heutzutage für jeden Müll Geld aus. Außerdem hätte ein gewisses gefährliches Kleinkind dadurch die Chance, endlich einzusehen, wie affig es sich in eigentlich jeder Lage seines Lebens benahm, wäre im Moment gar nicht so schlecht für Johannes, da Tobi sich nicht mehr zurückhielt, ihm zuerst die Brille von der Nase fegte und dann munter auf ihn einschlug. Nur heute mit dem Unterschied, dass sein Opfer im geringen Maß Gegenwehr betrieb. Das konnte noch heiter werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)