Soundless Fire of Heaven von Kruemelchen (~2. Platz beim Wettbewerb~) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Weit in der Ferne lag – nahe zu unerreichbar schien es – Nebelstadt. Der Leuchtturm nur gab Auskunft über dessen Existenz, zu weit weg lagen doch jene Inseln. Vergessen und doch belebt. Von weit her konnte man noch einen leisen, vibrierenden Laut der Schiffe vernehmen, die in Nebelstadt Ein- und Auszug hielten. Hin und wieder fuhren solche Schiffe auch dicht bei diesen Insel vorbei, Touristenschiffe, die die so verlassenen Inseln – die Korages – aus der doch so nahen Ferne betrachten wollten. Noch nie hatten sie bemerkt, dass es hier noch Leben gab, zurückgezogen und verabscheut von jenen, die auf Eglysyas lebten. Die Korages lagen schon beinahe außerhalb Eglysyas Grenzen, gehörten aber dennoch nicht dazu, weder zu einem anderen Kontinent. Wie bedrückend es doch war – jedes mal aufs Neue – mit anzusehen, wie diese Touristenschiffe sich näherten, die Passagiere Fotos schossen und die Schiffe dann wieder kehrt machten. Vielleicht wussten sie doch von dem Leben dieser Inseln, dass hier schlummerte, nur darauf wartend doch endlich Rache zu nehmen an alle denen, die sie so viele Generationen lang gequält hatten. Vielleicht war dieses Wissen der Grund, weshalb sie die Inseln nicht betraten. Doch was hatten sie schon zu befürchten? Sie waren viel mehr, waren stärker, organisierter. Könnten alles hier aus einander schlagen, zerstören. Auch den letzten ruhenden Frieden, weit weg von Eglysyas, zerstören. Sie betraten die Inseln einfach nicht! Zu groß war ihre Angst wahrscheinlich auf jene zu treffen, die sie am meisten fürchteten. Hier, wo die Wellen frei und wild gegen die Klippen peitschten und Leben sich ja vielleicht frei entwickelte. Jeder von ihnen, der sich fürchtete die Korages zu betreten, fürchtete sich vor ihnen, vor dem Feuer, vor der Macht. Unmöglich dass sie es wussten, dass es hier dieses gefürchtete Leben gab. Die Inseln würden nicht mehr existieren, würden von ihnen zerstört werden. Einfach nicht mehr geben. Nicht mehr diese urwäldlichen Planzen, deren Blätter zwei Meter lang waren und diese sich vom trockenen, teilweise verrusten, graubraunen Boden hin zum Himmel streckten. Nicht mehr die Wetranbäume, deren Stämme mehrere hunderte von Metern lang waren, die Borke weit aufgerissen, bräunlich mit Moos überwachsen. Diese gewaltigen Äste, die unter dem Gewicht der palmenartigen, sechs Meter langen Blätter sich nach unten bogen, bis kurz über den Boden. Der riesige Farn, der um diese Bäume herum wuchs, zwanzig Meter große Ungetüme! Alles hier, wäre nicht mehr, diese gigantischen Bäume – nicht nur die Wetranbäume. Riesige andere Bäume gab es hier, die sich in diesen Wäldern behaupteten und über dem üppigen Boden weit oben in den Himmel ragten, den Lichtdurchfall fast unmöglich machten. Verachtung hatten sie schon immer diesen Inseln geschenkt, gefürchtet die Vulkane mit ihren damaligen Ausbrüchen, die heute jedoch verstummt waren. Ein Schleier der Einöde hatte sich schon bereits vor dem Krieg über die Korages gelegen – heute war es eine Isolation. Die Pokémon dieser Inseln wussten rein gar nichts mehr über das, was sich auf Eglysyas seit je her ereignet hatte. Es gab zwei oder drei, die hin und wieder hier her kamen, Besuche abstatteten, weil sie sich einfach mit jenen dieser Insel befreundet waren, da sie ursprünglich von hier kamen. Wer dachte, die Pokémon auf den Korages würden unter freiem Himmel schlafen, irrten sich. Über die Jahre wurden Höhlen ausgegraben, an steilen Berghängen der Vulkane. Die Wege, um zur besagten Dorfmitte zu kommen, waren schmal und jeder falscher Schritt könnte bedeuten, dass man stürzte – tief. Die Steinwände waren mit Moos überwachsen und die Wege waren Äste, die sich seltsamer Weise genau unter den Höhleneingängen lang schlängelten – niemand hatte ihren Fluss des Wachsens beeinträchtigt, zumindest nicht bewusst. Irgendwo sollte es auch einen alten Tempel geben – den Tempel des Kores. Warum er so hieß, wusste niemand so Recht. Doch was man wusste war, dass man dieses Tempel nur finden könnte, wenn sich etwas ereignen würde. Etwas bedeutsames, das vielleicht endlich die Rachsucht stillte. Im Tempel sollte noch jemand leben. Jemand, der alles über ihn und seine Geheimnisse und auch über das Kommende wusste. Aber wie wahrscheinlich war es, dass dieser Tempel wirklich existierte? Pokémon waren von je her ausgezogen und hatten nach ihm gesucht, auf jeder Insel der Korages! Was würde sich wohl ereignen, wenn er zum Vorschein käme? Konnten die Bewohner der Inseln wirklich so naiv seien und glauben, dass es heißen würde, dass sie keine Probleme mehr haben würden? Dass bald alles vorbei sei? Lächerlich! Verhasst und verabscheut, so lebten sie doch alle hier. Und sie wollten es ja auch so, das war deutlich zu spüren. Jene Gefürchteten, die hier lebten, waren die Feuerpokémon. Stolz lebten sie hier ihr leben, versteckt vor den anderen. Das Feuer der Rache loderte immer noch in ihnen, jene zu rächen, die damals gequält wurden. Jeder der hier lebte, musste so tun, als hätte er die gleiche Einstellung. Und hier lag das eigentliche Problem: Ich, eines dieser verabscheuten Feuerpokémon, wollte hier nicht leben, wollte die anderen nicht bekämpfen! Frieden, ja, das sollte herrschen. Mehr nicht. Kampf, Verachtung und Rache hatten noch nie zum eigentlichen Ziel geführt. Und so würde es auch dieses Mal laufen, so lief es schon beim ersten Anlauf. Und das nicht ohne Grund. Es war bestimmt damals, vor gut 40 Jahren, die einzige Lösung, die die Feuerpokémon gesehen haben. Doch wieso konnte man als Feuerpokémon 40 Jahre später nicht sich einfach überwinden und vergessen was war und versuchen, Frieden zu schließen? War es wirklich so schwer geworden? Wer war verbissener von den beiden Seiten? Wahrscheinlich waren es tatsächlich die Verstoßenen, die nicht einsehen wollten, dass sie verloren hatten. Als das Flamara damals den Rückzug angeordnet hatte, hatte es wohl seinen Fehler erkannt. Wer wusste schon, wo er sich heute aufhielt? Der große, mächtige Anführer! Noch nicht einmal seinen Namen kennen wir. Sycra und Jack, von den beiden wissen wir. Sie führten damals hauptsächlich die Feuerpokémon zusammen mit dem Flamara an. Ihnen unterstanden, soweit es bekannt war, einige andere, höherrangige Pokémon – wenn man sie als höherrangig bezeichnen durfte. Die einzige, wichtige Regel, nach der hier gelebt wurde, war, dass man sich niemanden der anderen zeigen durfte. Das war die Regel, die an mir nagte und mich immer wieder ins Alleinsein stürzte, mich nahe zu isolierte. Auf einmal brauste der Wind, ließ die Blätter rascheln, fuhr mir durch mein seichtes, samtartiges Fell und ließ mich erschaudern. Die langen palmenartigen Blätter wogen leicht im Wind, ließen die Schatten auf dem Boden bewegen, sich verändern. Die Äste knarrten, bewegten sich mit dem Wind, ließen alles unheimlich lebendig wirken. Das Licht des Mondes fiel durch die dichten Baumkronen nur schwach, brachte das Meer in der Ferne zum glitzern, spiegelte sich darin wieder. Ich gähnte sichtlich müde und legte meine kurzen, spitzen Ohren an. War es wirklich schon wieder Zeit zu schlafen? Wenn ich hier auf den Klippen war und nachdachte, verflog die Zeit beinahe unmerklich. Noch einen letzten Blick schenkte ich dem Leuchtturm Nebelstadts in der Ferne, der nur wage zu erkennen war. Ein trauriges Lächeln stahl sich auf meine Lippen – wie gerne wäre ich doch dort drüben, drüben auf dem Festland. Stattdessen saß ich hier fest, musste schweigen über meine Träume, alles verschweigen. Ich machte kehrt, ging tiefer in den Wald hinein, hin zu den anderen Pokémon, die hier lebten und legte mich in meiner Höhle hin. Sie war nicht sehr groß, aber das machte nichts. Mit der Zeit hatte ich Blätter, Federn und andere Dinge gesammelt und mir daraus so etwas wie ein Bett gemacht. Sogar einige Stofftücher besaß ich. Auf die war ich besonders stolz, denn sie kamen vom Festland. Wahrscheinlich hatte einer der Passagiere der Schiffe ihn versehentlich verloren und er wurde dann hier, zu meinen Glück, angespült. Morgen würde ein Tag wie jeder andere werden; aufstehen, zu den Klippen gehen und in die Ferne starren. Mehr tat ich nicht, Tag ein und aus. Die anderen hielten mich zum größten Teil schon für verrückt, aber das sollte mir egal sein. Mit einem leisen Seufzer schloss ich meine Augen und schlief endlich ein. Kapitel 1: Intuition? --------------------- Lärm kleiner, spielender Kinder drang schon in den frühen Morgenstunden in meine Ohren und weckte mich. Wahrscheinlich tobten die Kleinen mal wieder durch den Wald, so wie meistens, und spielten fangen oder verstecken. Gähnend erhob ich mich schließlich, streckte meine tauben Gliedmaßen, um wenigstens ein wenig Leben in diese zu bekommen. Wie ich doch dieses Gefühl hasste in meinen Beinen – kribbelnd, nahe zu zum verrückt werden! Das Wetter studierend, verließ ich meine Höhle und begann langsam den Weg hinab zu gehen. Es war ein schöner Tag, soweit es zu sehen war, immerhin ließen die Bäume nicht allzu viel sehen. Es lag einem aber nahe heute zu denken, dass die Sonne scheinen würde und keine einzige Wolke den Himmel trübte. In guten vier Stunden würde die Sonne ihren höchsten Punkt erreichen und auf die Inseln niederstrahlen als ob es keine Probleme gab. Ich sah hinab in die so genannte Dorfmitte, nur, um dort Maurice zu finden. Er war ein Glutexo und ein Freund meiner. Aufgeweckt und fröhlich, das beschrieb ihn gut. Seine reptilienartige, schuppige Haut war ein helles, nahe zu strahlendes Orange, das den Charm einer aufgehenden, afrikanischen Sonne hatte, eher untypisch für ein Glutexo. Von seinem Brustkorb her, bis hin zu seiner Schwanzspitze, waren seine Schuppen hellgrau. So waren auch seine Krallen, eisblau seine Augen. Alles in allem war er ein netter Geselle, ungefähr in meinem Alter – also gerade so als erwachsener zu bezeichnen. Langsam setzte ich meine Füße – einen nach den anderen – auf dem Ast nach vorne. Vorsichtig tastete ich mich so den schmalen Weg hinab zu Maurice. „Hey Maurice“, grüßte ich ihn, er nickte mir aber nur kurz zu. Wer wusste schon, was er mal wieder vorhatte. Ich stieß ein leises Lachen aus, drehte mich von ihm weg und ging in Richtung der Klippen. Je mehr ich mich ihnen näherte, umso lauter wurde das Rauschen des Meeres, dessen Wellen auf den Hängen der Klippen brachen. Bevor die Klippen aber überhaupt in Sicht kamen, stellte sich mir jemand in den Weg. Es war kein anderer als Gregor. Er war ein außergewöhnlich großes Hundemon und wurde gleichzeitig als Anführer auf diesen Inseln angesehen. Um seinen Hals trug er eine Kette gebunden, deren Anhänger ein kleiner Feuerstein war. Was wollte er wohl dieses Mal von mir? Wahrscheinlich nutzte er mal wieder die Gelegenheit um auf mir herum zu hacken, was man normalerweise nicht von einem 'Anführer' erwartet hätte. Er lächelte, zeigte dabei seine Zähne. „Wo führt denn dein Weg dich heute hin, Zwerg, eh?“, fragte er mich und der spöttische Unterton war nicht zu überhören, „Ach, nein! Antworte lieber nicht und verschone mich mit deiner Stimme. So wie wir unseren kleinen Einzelgänger kennen, verkrümelt er sich mal wieder zu den Klippen um seine absurden Träumen nachzugehen.“ Er ging auf mich zu und hob seinen Kopf verächtlich. „Ich sage dir, pass auf! Bei einem falschen Schritt, hab ich dich!“, zischte er mir zu. Seinem warmen Atem blies er dabei in mein Gesicht. Ich legte meine Ohren an, ihm signalisierend, dass ich ihn gehört hatte, und ging dann weiter. Wieso konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen, so wie jeder andere Bewohner der Korages? Mit den Jahren wurden selbst die täglichen, beißenden Kommentare Gregors zur Routine. Wenn ich ihn kurz vor den Klippen nicht traf, war das meist beängstigend – wenn man das denn so nennen durfte. In den normalen Fällen, in denen er nicht auf mich traf, war er sehr wahrscheinlich bei irgendwelchen Weibchen, die ihn entweder wegen seiner Größe oder seines Ranges umgaben. Als ich an ihm vorbei schritt, ließ ich mich nicht weiter auf sein in Missfallen verzogenes Gesicht ein. Endlich konnte ich sehen, dass sich der Wald lichtete, was hieß, dass ich es bald zu den Klippen geschafft hatte. Ich spürte immer mehr Sand unter meinen Füßen anstatt des grasigen, mit Moos überwucherten Waldboden. Sobald ich den Wald verließ, begann die Sonne mein kurzes Fell zu erwärmen und die salzige Meeresluft peitschte mit ins Gesicht. Sogleich legte ich mich an ein Klippenstück, dass über das Meer ragte. Ich liebte diesen Klippenabschnitt; die Hänge waren schon durch das Salzwasser verkalkt und auch der Boden hier war an vielen Stellen nahezu weiß durch das Meer und seine, bei Stürmen über die Klippen rauschenden, Wellen. Der Himmel war, wie ich angenommen hatte, ungetrübt, hellblau schien er auf einen hinab. Während das Meer einem mit seinem Rauschen beruhigte, faszinierte einen die Weite der Sicht, die sich einem bot. Das Meer glitzerte einem entgegen und in der Ferne stand der Leuchtturm Nebelstadts. Man konnte auch einige Berge hinter diesem sehen, ebenso wie die Hochhäuser der Stadt selber. Abends konnte man dieses wunderbare Bild nicht mehr sehen, da sich nachts, so wie es aussah, dichte Nebelschwaden um Nebelstadt und seine Umgebung legten – so etwas hatte man es uns auch erzählt, wenn jemand von drüber hier gewesen war. Plötzlich bebte die Erde, brachte selbst einige der gigantischen Bäume ins schwanken. Ich sprang auf. Schnell lief ich in den Wald zurück, mich kurz noch einmal umwendend. Ich konnte noch gerade sehen, wie das Klippenstück, auf dem ich gelegen hatte, hinab ins Meer fiel. Was war das gewesen? Noch nie in der Geschichte der Korages, seit dem die Vulkane inaktiv waren, hatte es so etwas gegeben! Mich durchfuhr eine schreckliche Idee: Was, wenn einer der Vulkane wieder aktiv werden würde? Aus dem Wald her konnte man schon hören, dass die anderen ebenso aufgebracht waren. Besonders konnte man die kleinen Kinder heraus hören, fand ich. „Tare!“, schrie jemand meinen Namen. Als hätte man es sich nicht denken können, kam Maurice durch Büsche hindurch geschlüpft. Völlig außer Atem stammelte er: „Gott...sei...Dank! Du lebst!“ „Nein, ich tue nur so“, gab ich leicht sarkastisch zurück. Ich sprach nicht oft und auch nicht sehr viel. Nur das Nötigste. Einige fanden es gut, da sie wussten, sie konnten mir Dinge anvertrauen und ich würde sie nie aussprechen. Andere hingegen sagten, dass mich eines Tages dieses viele Schweigen ins Verderben oder die totale Isolation stürzen würde. Als ob es nicht schon so wäre! Nein, was würde einem denn die Idee geben? Maurice gab mir einen 'Lass-es-so-sarkastisch-zu-sein'-Blick und sprach dann weiter, nun wieder völlig bei Atem: „Wie auch immer. Das Beben hast du ja mitbekommen, oder?“ Ich nickte. „Gut. Was aber einige der Ältesten sagen, ist, dass dieses Beben nicht durch die Vulkane ausgelöst worden war!“ Während er mir das erzählte, gestikulierte er wie wild mit seinen Armen und seine Miene verzog sich in Horror. Mit einem relativ gleichgültigen Gesichtsausdruck sah ich ihn an. Was sollte ich jetzt mit der Information anfangen? Ändern würde sich doch nichts an der Tatsache, dass es hier ein Erdbeben gegeben hatte. Als Maurice meinen Gesichtsausdruck sah, wurde er offensichtlich wütend. Er schnaufte und fing an etwas vor sich her zu murmeln. Wahrscheinlich sprach er gerade irgendwelche Flüche über mich und meine Art aus. Aber was sollte ich machen? Ich war ein Igelavar, dass sich bisher eher weniger um die Belange anderer gekümmert hatte, auch, wenn ich es gut zu überspielen wusste. Als der Tag sich dann dem Ende neigte, legte sich auch der Tumult wieder. Alles lief seinen gewohnten Lauf weiter – beinahe. Die Ältesten – und somit Weisesten – sprachen gemeinsam über eine mögliche Erklärung für das Beben. Dieses verdammte Beben! Nun war die doch regelrechte Ruhe, die man vorher nicht wirklich bemerkt hatte, verschwunden. Die kleinen Kinder waren noch bis spät in die Nacht wach, da sie sich fürchteten. Erzählten einem etwas, von wegen, falls es noch ein Beben gäbe, sie es miterleben wollten und man sie ja nicht einfach der Gefahren herunterfallender Steine von den Steinwänden der Höhlen aussetzen konnte. Und ob man das konnte! Am liebsten hätte ich in dieser Nacht diese gesamte Gesellschaft eingesperrt, die meinte, noch über das Beben sprechen zu müssen. Wieso konnten sie die Dinge nicht so hinnehmen, wie sie waren? Es war total unüberlegt von ihnen. Mit diesem Verhalten brachten sie alle Bewohner der Korages in Pure Aufruhr. Wir, die die nicht über dieses sonderbare Ereignis des Tages sprachen, lagen gerade bei einem Feuer abseits der Höhlen. Was? Ich, der Außenseiter auch? Ja, sogar jemand wie ich gesellte sich dann doch zu diesen hier. Es war schon zu dunkel, als das dichte Gebüsch des Waldes zu durchqueren, hin zu den Klippen. Außerdem konnte man nicht wissen, ob nicht doch noch etwas abfallen würde, wenn man es betrat. Also zog ich es vor bei den anderen zu liegen und ihnen bei ihren doch relativ langweiligen Gesprächen zu zuhören. Unter anderem sprachen sie über alltägliche Belange, wie, zum Beispiel, Futtersuche. Wieso war ich gleich noch einmal hier? Unser Feuerplatz lag außerhalb im Wald auf einer Lichtung. Die Blätter raschelten leise im Wind und düstere Wolken zogen am Himmel vorüber, verdeckten teilweise den Mond, der heute nicht mehr so kraftvoll zu scheinen schien, wie er es sonst tat. Ob ein Beben auch Auswirkungen auf die Naturgegebenheiten haben konnte? Wenn ja, hatte unseres auf jeden Fall den Mond eingeschüchtert! Ich musste bei dieser verrückten Vorstellung schmunzeln. Eigentlich wäre das die perfekte Gruselgeschichte für die Kleinen gewesen, jedoch war es unangebracht im Angesicht der Angst, die einige von ihnen so schon hatten. Plötzlich hörte man einen Schrei. Einige Pokémon, die am Feuer saßen, sprangen erschrocken auf, während andere fast bleich wurden. Der Schrei kam aus dem Wald. „Was sollen wir jetzt tun?“, fragte ein aufgebrachtes Rattikarl, während es im Kreis lief. Was war das hier? Die Apokalypse, oder was? Hätte ich das ausgesprochen, hätte man mich für meinen Sarkasmus mal wieder am liebsten gesteinigt. Man musste bedenken: Fast immer, wenn ich etwas sagte, war es ironisch oder sarkastisch. Aber ich konnte mir nicht helfen, ich war so und daran würde sich wahrscheinlich auch nichts mehr ändern. Jedenfalls nicht so schnell. „Beruhigt euch, verdammt, ja?!“, brachte ich nach einigen Minuten, in denen ich aufgebrachten Pokémon dabei zusehen musste, wie sie wie verrückt umher rannten, raus. Verwunderte Gesichter der verschiedensten Pokémon sahen mich nun entweder erschrocken oder doch erstaunt an. Ich legte nur meine Ohren an und deutete mit einer Kopfbewegung Richtung Wald und begab mich in diesen. Hinter mir war Gemurmel zu hören und kurz darauf konnte ich hören, wie einige mir folgten. Sollte ich mich nun darüber freuen, dass mich einige begleiteten oder nicht? Wohl eher nicht, stand für mich fest. Woher wusste ich eigentlich, wo ich lang musste? Einfach nach Intuition zu laufen war sicherlich nicht das, was die anderen von mir erwarteten, oder? Aber irgendwie, ich konnte mir nicht erklären wie, sagte mir etwas, dass ich meiner Intuition vertrauen sollte. Es klag so absurd! Der Wald wurde dichter und die, die mir folgten wurden auch immer weniger, bis ich am Ende doch ganz alleine unterwegs war. Dann begann sich der Wald wieder zu lichten und ich glaubte meinen Augen nicht! Konnte das wirklich sein? Vor mir, geschützt durch die Schatten der Wolken, befand sich ein Tempel. Hohe weißliche Säulen stemmten große Platten in die Höhe. Schlicht und einfach war er gebaut. Eine Treppe führte zu einer Tür in den großen Wandplatten des Tempels. Konnte dies der Tempel des Kores sein? Das war unmöglich, aber sonst gab es keine Tempel, die irgendwo erwähnt wurden. Meine Neugier brachte mich dazu, dem Tempel näher zu kommen. Je näher ich kam, desto deutlicher wurde, dass es der Tempel des Kores sein musste! Auf einmal spürte ich jemanden hinter mir stehen. Sein Schatten fiel auf mich, was mich erkennen ließ, dass er deutlich größer war als ich. Angst durchzog mich als ich diesen Jemand schnaufen hörte. Ich drehte mich zögerlich aber dennoch schnell um und erstarrte mit in Horror verzogener Miene. Kapitel 2: Geheimnisse Part 1 ----------------------------- Große blaue Augen sahen mich erbost an. Meine Gliedmaßen fühlten sich wie taub an, so, als ob sich ein lähmender Schleier der Angst über mich gelegt hatte. Wieso musste mir das passieren und wieso war ich hier? Große, kräftige Füße mit langen, scharfen Krallen waren in den Boden eingesackt unter dem enormen Gewicht, dass sich auf diese drückte. Mächtige, grünlich blaue Flügel waren weit ausgespannt und der Kopf nach vorne gesenkt. Die langen Krallen an den Armen, welche es leicht angewinkelt vor dem Körper trug, waren nur die Spitze des Eisberges. Die Hörner auf seinem Kopf waren schon abgenutzt, so, wie man es wohl erwartete, wenn man erst einmal erkannte, wie alt das Glurak sein musste. Richtig, ein Glurak stand vor mir, bereit mich anzugreifen. Konnte das Leben nicht schöner sein? Das hatte man davon, wenn man sich dazu reißen ließ, sich um Dinge kümmern zu wollen, die einen nichts angingen. Andere würden jetzt wahrscheinlich weglaufen und das weite suchen, weil sie schnell genug waren, aber ich hatte diese Geschwindigkeit nicht. Super. Was hatte ich auch schon zu verlieren? Vielleicht hatte mich genau dieses Wissen hier hin gebracht. Es sollte so sein, genau! Wie schön man sich doch alles reden konnte, ohne es selber zu merken. Ein kräftiges Schnaufen des Gluraks sollte mich wohl zurückfahren lassen, was es aber nur kaum merklich tat. Man, ich war doch mutiger als ich dachte! Schönrednerei wieder. Ein lautes, dumpfes Stampfen der großen, muskolösen Beine auf dem Boden ließen diesen ein wenig beben. Konnte es der Grund für die Erdbeben gewesen sein? Im Grunde wäre es eine simple Erklärung, immerhin gab es hier keine Gluraks und auch sonst keine so großen Pokémon. Und dieses Glurak war mindestens 5 mal so groß wie ich! Nun standen wir hier bestimmt schon 5 Minuten so, dem anderen bloß in die Augen schauend. Während es mich bösartig ansah, versuchte ich zwanghaft eine Lösung zu finden, die mich hier halbwegs lebend heraus kommen ließ. „Ah!“, ertönte plötzlich wieder der Schrei von vorhin. Diesmal jedoch war es mehr ein Schrei der Freude? Sogar das Glurak sah sich um. Es schien die Stimme allerdings zu kennen, denn ein kleines Lächeln hatte sich in seinem Gesicht gebildet. „Elli!“, rief das Glurak. Seine Stimme war tief und vibrierend, erfüllte den sonst so leer scheinenden Wald. Und wer war diese Elli? Ratlos sah ich mich um und versuchte etwas in der Richtung, in die das Glurak sah, zu erkennen. Und tatsächlich. Langsam kam etwas näher. Eine weiße Wolke? Jetzt war ich total verrückt geworden! Ganz ruhig, ganz ruhig! Das musste eine einfache Erklärung haben. Wolken konnten doch nicht einfach so auf einen zu fliegen, richtig? Wieso lief ich eigentlich nicht weg? Immerhin war das Glurak jetzt sichtlich abgelenkt und vielleicht würde es mein Verschwinden gar nicht bemerken! Langsam ging ich einige Schritte seitwärts, nur, um dann wieder die Aufmerksamkeit des Gluraks auf mich zu ziehen. Aus seinen Augenwinkeln sah es mich drohend an und zur Bekräftigung dieser Aussage schlug es mit seinem kräftigen Schwanz genau vor mir auf den Boden. Nun hatte ich nichts mehr zu verlieren, also setzte ich mich einfach hin. Dann wandte ich mich der Wolke wieder zu, die nun eine mehr zu erkennende Gestalt angenommen hatte. Links und rechts an dieser 'Wolke' konnte man wolkenartige Flügel erkennen. Und nun erkannte ich das Pokémon auch: ein Altaria! Es dauerte nicht lange, da landete das Altaria vor uns. Sofort konnte sogar ich erkennen, dass dieses Altaria ein Mädchen war. Sie hatte große, tiefgrüne Augen. Unter ihren wolkenartigen, weißen Federn kamen hellorangene Füße zum Vorschein – die gleiche Farbe, die ihr Schnabel hatte. Ihre Schwanz- und Kopffedern, sowie Hals und Kopf waren in einem leichten bläulichen Ton, der von ein wenig violett unterspielt wurde. Und irgendwie gefiel mir die Art, wie ich sie ansehen musste nicht. Was war nur los mit mir? Schnell schüttelte ich diese Gedanken wieder ab, in dem ich mich dem Gespräch zuwand, welches die beiden vor mir führten. „Was hast du denn, eh?“, fragte das Altaria, das wohl diese Elli war, in einem recht überraschten Ton. „Ach, sei doch ruhig. Du weißt, was mein Job ist!“, gab das Glurak trotzig zurück. Missbilligend seufzte das Altaria: „Ray, du bist viel zu stur! Wer weiß, vielleicht ist er nützlich.“ Sie sprachen über mich. Super. Blieb nur noch die Frage, was der Job des Gluraks, das wohl Ray hieß, war. Musste ich mir Sorgen machen? Wieso denn nur, ich konnte mir keinen Grund ausmalen, warum. Wirklich nicht! Ok, doch, aber ich liebte es nun einmal mir Dinge einzureden. „Hm“, brummte Ray nur und beäugte mich aus seinen Augenwinkeln skeptisch, „Fein! Dann geht’s halt nach deiner Nase!“ „Ja!“, freute sich Elli – fast wie ein kleines Kind. „So, was machen wir jetzt mit dir?“, wandte sie sich mir zu, „Wie heißt du?“ Wieso sollte ich ihr Antworten? Ich sah darin überhaupt keinen Sinn. Außerdem, was sollte ich mir davon versprechen können – gar nichts, rein gar nichts. Dann fiel mein Blick wieder auf Ray und ich bemerkte, dass ich vielleicht doch antworten sollte. Man konnte ja nie wissen, was er sonst mit mir machen würde. „Tare.“ Kurz, knapp und knackig. Bloß nicht zu viel sprechen lieber Tare! Du könntest ja noch sozial werden. „Aw! Was für ein süßer Name!“, schrie Elli vollkommen fröhlich aus, „Und nicht nur sein Name ist süß!“ Mir und Ray entgleisten jegliche Gesichtszüge. Das war doch nicht ihr ernst? Wie konnte man so sein? Ich meine, ich kannte vieler solcher Mädchen, die so bei Gregor reagierten, aber niemals, aber auch wirklich nie, hatte jemand so bei mir reagiert. Das Schlimme war: Es gefiel mir irgendwie. Ich wusste nicht, wie sich es anfühlte, wenn jemand einen mochte. Ok, Maurice mochte mich auch, aber wir waren Freunde. Da war das etwas anderes – außerdem war er ein Junge. Plötzlich fühlte ich etwas weiches auf meinem Rücken und erschrocken sprang ich auf. Schnell versuchte ich auf meinen Rücken zu sehen – gelang mir allerdings nicht wirklich, aber ich konnte ein kleines Stück Weiß sehen. Elli. Wo war ich hier nur rein geraten? Ich seufzte schwer; das könnte noch etwas werden. Solange das Glurak sich nicht doch umentschied, würde ich ja wenigstens lebend hier heraus kommen! „Weißt du, Tare“, begann Elli, auf meinem Rücken sitzend, „Du darfst niemandem von dem Tempel erzählen, ja?“ Ich nickte. Eine andere Wahl hatte ich ja wohl auch nicht und Rays eisiger Blick verriet nichts Gutes. Erleichter seufzte Elli: „Gut. Dann hätten wir das erst einmal geklärt.“ Damit erhob sie sich in die Luft. Endlich! Mein armer Rücken. „Sag mal, Tare, hast du dein Feuer eigentlich immer an?“, es war Ray. Ich sah verwundert zu ihm auf. Was sollte diese Frage? Es konnte ihm doch total egal sein. Nur um mir keinen Ärger einzuhandeln nickte ich. Danach herrschte Stille. Eine seltsame und bedrückende Stille. Noch nicht einmal Elli wagte es ein Geräusch zu machen. Hatte ich eine falsche Antwort gegeben? War denn etwas falsch daran, dass ich es immer an hatte? Sie wären nicht die ersten, die mir das nicht glauben würden. Es gab viele, die mir nicht glauben konnten, dass ich es die ganze Zeit an hatte, sogar wenn ich schlief brannte es. Ich wusste nicht, was alle hatten. War das etwas besonderes? Machte es mich zu etwas anderem? Allem Anschein nach schon. Der Wind nahm langsam zu. Die Blätter bewegten sich mit dem zunehmenden Wind und raschelten. Die Wolkendecke am Himmel zog immer schneller voran. Jetzt fehlte nur noch eines: Regen. Und wie auf Knopfdruck fielen die ersten Tropfen. Super. Als die Tropfen mein Feuer berührten, zischte es immer wieder kurz, bis es dann zu einem andauernden Geräusch wurde durch den zunehmenden Regen. Ich legte meine Ohren stark an. Das hier alles war ja wohl nicht war! Erst wollte ein Glurak einen scheinbar töten und nun regnete es. Schlussendlich wandte ich mich zum Gehen. Ich hatte ihnen schon versprochen, niemandem etwas zu erzählen, also konnte ich doch auch gehen, oder? Als ich gerade einige Meter von Ray und Elli entfernt war, stoppte Ray mich: „Warte. Bleib doch bis es aufhört zu regnen hier.“ Ich war überrascht. Wieso schlug ausgerechnet er mir das vor? Ich drehte mich erneut um und ging zurück zu den beiden. Bevor ich durch den Regen zurück gehen musste, blieb ich lieber bei den beiden. „Komm, Tare!“, rief Elli mir vom Eingang des Tempels aus zu. Es klang fast gesungen. Trotzdem ging ich zum Eingang und betrat nur zögerlich den Tempel. Wenn dieser Tempel schon immer da gewesen wäre, hätte man ihn schon lange entdeckt gehabt, aber das wurde er nicht. Also hatte ich eine Frage, die ich dann auch noch stellte: „Der Tempel war nicht immer hier, oder?“ Erstaunt sah Ray mich an. War es, weil ich einen kompletten Satz gesagt hatte, oder doch, weil es ihn erschrak, dass ich das wusste. „Um ehrlich zu sein, nein. Aber das ist eine andere Geschichte, die keine Rolle spielt“, versuchte er mich abzuspeisen. Oh, das konnte er vergessen. „Das glaube ich dir nicht“, gab ich monoton zurück, während ich versuchte Elli zu ignorieren, die ständig um meinen Kopf kreiste und versuchte meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Ray sah mich ausdruckslos an: „Komm mit.“ Er bog in einen Gang ein und ich folgte ihm ohne große Worte. Dennoch bemerkte ich, dass Elli weiter geradeaus geflogen war. Wahrscheinlich würde sie in wenigen Sekunden auftauchen. Da lag ich falsch. Nach kurzer Zeit hielt Ray an. Wir waren in einem großen Saal angekommen. An den Wänden waren Schriftzeichen und Malereien und alles schien in einem dunklen Licht. Was das wohl alles hieß? Die Neugierde gewann und ich blickte Ray, der neben mir war, fragend an. Er bemerkte meinen Blick schnell und seufzte. Was hatte das nur alles zu bedeuten? Schließlich begann er: „Hör gut zu, Tare: Vor einiger Zeit,einige Jahrzehnte bevor der Krieg ausbrach, fand ich diesen Tempel. 3 Pokémon hatten mich hierher geleitet und mir begebracht, die Schriften zu lesen.“ Er machte eine kurze Pause, scheinbar, um nichts zu vergessen. „Sie sagten mir, ich wäre der Hüter des Tempels – damit deuteten sie damals auf eine bestimmte Stelle hier an der Wand“, er deutete auf einige Wörter an der Wand, „Hier steht: Du, Beschützer des Tempel, schütze ihn mit deinem Leben. Wer ihn findet, muss sterben oder dem Zorne unserer erlegen. Der einzige Ausweg für ihn könnte sein, zu fliehen oder schwören niemanden von diesem zu erzählen. Sollte er verstoßen, soll der 'Silberne Himmel' ihn haben oder das, was ihm am liebsten ist.“ Er sah mich eindringlich an und sofort wusste ich, was er wollte. Er hatte mir das vorgelesen, damit ich verstand, warum ich niemanden hiervon erzählen sollte. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Was, wenn ich in irgend einer Art und Weise dagegen verstieß? Ich mochte mir es gar nicht ausmalen. Blieb jetzt nur noch die Frage, was dieser 'Silberne Himmel' war. „Was ist-“, begann ich, wurde aber von Ray unterbrochen. „Leise. Sie darf das nicht wissen“, er sprach von Elli. Aber warum nicht? „Der Silberne Himmel“, begann er schwermütig, „Es ist ein Pokémon. Es hegt einen Hass gegen jeden, der sich widersetzt und ich möchte nicht, dass sie sich unnötig verrückt macht.“ Viel helfen tat er mir nicht. Ich wurde nur noch verwirrter als zuvor. Warum erzählte er mir das? Es war wirklich zum verrückt werden. Früher wäre ich gar nicht umgedreht bei seinem Angebot, doch irgendwas hatte mich hier behalten wollen. Vielleicht war es auch nur die Neugierde gewesen, die wissen wollte, was sich hinter den großen Mauern des Tempels verbarg. „Es hat aufgehört zu regnen“, konnte man Elli hinter uns flüstern hören. Sie hatte uns gehört und sie hörte sich verletzt an. Was kümmerte es mich überhaupt? Sie war doch nur irgendein Altaria, dass ich erst seit ungefähr einer halben Stunde kannte! Außerdem würde ich sie wohl nie wieder sehen, wenn ich erst einmal gegangen war. Aber warum berührte mich es dann so sehr, dass sie verletzt war? Ray und ich drehten und langsam um, Ray ziemlich geschockt. „Elli!“, rief er aus, „Was hast du gehört?“ Das war scheinbar zu viel für das doch recht junge Altaria. Tränen sammelten sich in ihren Augen und sie warf Ray alles mögliche an den Kopf, wie 'Idiot', 'Lügner' und 'Warum?'. Auf ihre Frage hin, sah Ray sie nur beschämt an. Er fühlte sich scheinbar schuldig für diese ganze Situation. Aber er konnte ja nichts dafür; wäre ich nicht losgegangen, wäre ich nicht hier und Elli hätte es nie herausgefunden. „Ich gehe...“, seufzte Ray schlussendlich und erhob sich. Er verschwand in dem dunklen Gang, durch den wir in den Raum gelang waren. Elli sah mich fragend an. Wahrscheinlich wunderte sie sich, warum ich noch hier war. Das wunderte mich auch. Normal müsste ich meine Chance nutzen und abhauen, aber irgendwie konnte ich sie nicht einfach so hier lassen, oder? Ich meinte, sie war wirklich traurig und würde scheinbar am liebsten die ganze Zeit lang weinen, aber der Anblick alleine schon konnte sensiblen Pokémon bestimmt das Herz brechen. Aber ich war doch keiner von ihnen, oder war ich es doch? So wirklich die Chance, darüber nachzudenken, hatte ich noch nie gehabt und würde ich vielleicht auch nie haben. Aber das kümmerte mich gerade recht wenig. Viel wichtiger, oder interessanter, fand ich, heraus zu finden, warum es Elli so sehr verletzt hatte. Und dafür würde ich auch noch länger hier bleiben, mich vermisste sowieso niemand, oder? Kapitel 3: Geheimnisse Part 2 ----------------------------- Es vergingen einige Minuten, in denen Elli und ich uns nur ansahen. Mein Gesichts von Ausdruckslosigkeit geprägt, während sie den Tränen nahe war. „Was machst du noch hier?“, murmelte sie dann. „Ich weiß es nicht“, antwortete ich und senkte meinen Blick. Was ich hier noch machte? Ich wusste es doch auch nicht! Nach meiner Antwort hatte sich eine Stille über uns gelegt, welche einen zu erdrücken schien. Mit jeder verstreichenden Sekunde wurde ich nervöser und angespannter als je zuvor in meinem Leben. Mein ganzes Leben über hatte ich mich vor solchen Situationen bewahren können und musste mich nie um solche Gefühlen kümmern, die, wir ich fand, ziemlich nervig waren. Wie konnten andere nur behaupten, ich wüsste nicht, was es hieße zu leben? Ich meinte, wer wollte mir ernsthaft verkaufen, dass solche Situationen einem das Leben erfüllten? Ich konnte – so dachte ich zumindest – darauf verzichten. Das Leben konnte man auch so leben, ohne Angst und Besorgnis um andere und auch ohne jemanden zu lieben. So dachte ich schon immer, so lange ich mich erinnern konnte. Die Neugierde war wohl das einzige, das mich dazu zwang, hin und wieder gegen meinen Charakter zu handeln – so sagten die anderen. Woher wollten die eigentlich wissen, dass ich nicht auch mich um jemanden kümmern und sorgen könnte, so wie sie es taten? Ich wollte es nur nicht. Was war da schon bei? „Dann geh“, flüsterte Elli und schreckte mich somit aus meinen Gedanken. Ich hatte sie tatsächlich beinahe vergessen. Mittlerweile bahnten sich Tränen ihren Weg über ihr Gesicht und tropften an ihren Schnabelspitze herab, da sie ihren Kopf nach vorne gesenkt hatte, wahrscheinlich um es zu meiden, dass ich sie weinen sah. Innerlich tat sie mir wirklich Leid, aber es ging mich nichts an. Vielleicht war es das Beste, wenn ich nun ging und sie alleine ließ, sie wollte es scheinbar so. Ich respektierte die Wünsche anderer in solchen Dingen zu gerne, doch als ich mich in Bewegung setzte, wurde mir etwas mulmig zu mute. Sollte ich wirklich gehen und sie hier so alleine zurücklassen, während sie sich um ihren Verstand heulte? So herzlos konnte noch nicht einmal ich spielen, der, der seit Jahren beinahe ein Einzelgänger war. Das es nur beinahe so war, verdankte ich Maurice, dem ich nun die Schuld gab, dass ich hier blieb bei Elli. Sie schien in dem Moment, wo ich doch wieder inne hielt, erleichtert zu sein. Als sie sich dann zu mir umwandte, spürte ich, wie sich eine ungewohnte Wärme in mir ausbreitete. Das ganze war doch zu verwirrend für mich. Elli lächelte dankbar. Sie wollte doch nicht alleine sein. Aber woher wusste sie, dass ich nicht einfach nur inne hielt, um mich zu verabschieden oder sie zu verletzen? Es war schon alles etas seltsam. Ich setzte mich neben sie und fragte: „Was verletzt dich so?“ Sie antwortete nicht sofort, zögerte und wandte ihr Gesicht von mir ab. Es war ihr deutlich anzusehen, dass es ihr unangenehm war, darüber zusprechen – besonders mit einem Fremden muss das unangenehm gewesen sein. Sie kannte mich kaum und doch fragte ich einfach so in ihr Leben hinein. Es ging mich nichts an und es kümmerte mich doch eigentlich auch nicht. Eigentlich. „Ray, er“, begann Elli, als sie sich halbwegs von ihren Tränen erholt hatte, „Er sagte damals zu mir, mir würde nichts passieren, wenn ich jemanden davon erzählen würde. Er nahm mich damals auf hier zu sich, trotzdem musste ich ihm versprechen niemanden davon zu erzählen. Und ich tat es auch nie, wieso auch? Ray sagte, er kannte meine Mutter, aber sie habe mich hier zurückgelassen, ohne ihm ihr Wort zu geben.“ Sie stoppte und holte tief Luft: „Jetzt weiß ich, was mit ihr wohl geschehen ist. Sie hat es wahrscheinlich weitererzählt und musste nun sterben.“ Sie lächelte traurig dem Boden entgegen und mied Blickkontakt. Als ob ich Blickkontakt je aufbauen würde, aber ihr Gesicht war von mir weg gedreht. Diese Aktion weckte meine Neugier nur aufs Neue und ich wollte wissen, wieso sie das dachte. Elli schien meinen Blick förmlich zu spüren und nach einiger Zeit blickte sie mich kurz an. Das erwies sich als ein Fehler, denn sie kam mir mit ihrem Gesicht zu nahe. Sofort zuckte ich zurück und fiel rückwärts mit einem dumpfen Laut auf den Boden. Während ich mich wieder aufrichtete, konnte ich sehen, wie sich ein leichter Rotschimmer auf Ellis Gesicht legte und sie beschämt lächelte. Dass das ausgerechnet mir passierte, war doch absehbar gewesen. Kaum war man einmal etwas anders, schon strafte einen das Leben. Wenigstens weinte Elli nicht mehr. Unwillkürlich musst auch ich leicht lächeln. Ihr beschämtest Lächeln war einfach zu herzerwärmend. Natürlich beunruhigte mich es schon etwas, dass mir niemand sagen konnte, was dieser 'Silberne Himmel' war und, dass Ray es Elli verschwiegen hatte. Aber ändern konnte ich daran auch nichts. Hoffen, dass mir nichts geschehen würde, dass war das einzige, was ich konnte. „Entschuldigung, Tare“, hörte ich Elli dann beschämt lachen. Sie brauchte sich nicht zu entschuldigen, immerhin konnte sie ja nicht ahnen, dass mich meine Neugierde so weit getrieben hatte, dass ich näher an sie heran gegangen war. Ich hatte mich einfach nur der plötzlichen Nähe ihres Gesichts erschrocken und war umgefallen. Das war es. „Du hast keine Schuld“, zwang ich mich dann zu sagen, „wirklich nicht.“ Und wieder lächelte sie und das warme Gefühl überkam mich erneut. So langsam gewöhnte ich mich daran. Sie schaute zu mir auf und nickte zögerlich. Auf einmal konnten wir einen Ruf hören. Wir sahen uns fragend an und dann erneut, dieses mal deutlicher zu hören: „Elli! Tare!“ Es war Ray, der nach uns rief. Sofort erhob sich Elli und ich folgte ihr schnell, da ich mich wahrscheinlich sonst verlaufen hätte. Wir kamen in einem anderen Raum an, den man, ähnlich wie den anderen Raum, durch einen langen Gang erreichen konnte. Dieses Mal war der Gang jedoch hell erleuchtet, in den verschiedensten Farben. Ray schien völlig außer sich zu sein. Ständig murmelte er unverständliche Dinge vor sich her, die weder ich noch Elli verstanden. „Verdammt, Ray!“, rief Elli ungeduldig aus, „Was ist passiert?“ „Die Kugel! Weg!“, gab Ray panisch zur Antwort. Während ich nur verwirrt zwischen den beiden hin und her sah, blickte Elli Ray entsetzt an: „Wie? Das ist unmöglich!“ „Scheinbar nicht. Ich dachte es auch, zumal selbst ich nicht in der Lage war es zu berühren“, gab er trotzig von sich, während er leicht beschämt zu Boden sah. Dafür, dass er doch sehr alt war, benahm er sich wie ein Kleinkind. Was auch immer es mit dieser Kugel auf sich hatte, es schien nichts Gutes zu verheißen, dass sie weg war. Dann raffte ich mich doch zusammen und fragte: „Was ist denn mit der Kugel? Ich meine...“ Ich verstummte gegen Ende, da ich selber nicht wusste wie ich fortfahren sollte, ohne seltsam zu klingen. Die beiden sahen mich an, als ob ich erst jetzt bei ihnen aufgetaucht wäre. Hatten sie wirklich vergessen, dass ich auch hier war? Vielen Dank. Dass man mich vergessen konnte, war mir klar, aber während ich zwischen zwei Pokémon saß? Das war bald schon wieder absurd, oder? „Also“, begann Ray etwas irritiert, „die Kugel ist die Kugel eines Dragonirs, das sich damals, sofern ich es richtig weiß, für diesen Tempel und seine Fähigkeit auftauchen und verschwinden zu können, opferte. Nur wenn diese Kugel hier an ihrem Platz ist, sind diese Fähigkeiten freisetzbar.“ Damit beendete Ray die Kurzfassung – so empfand ich es. Ich nickte nur kurz als Zeichen, dass ich es soweit verstanden hatte. Was war denn so schlimm daran, wenn der Tempel nicht einfach verschwinden und auftauchen konnte, wie vorher? „Es ist schlimmer, als du es dir vorstellen kannst, Tare“, gab Elli von sich. Ihre Stimme bebte und es überraschte mich, dass sie das sagte. Konnte man es mir ansehen, dass ich ihre Aufregung nicht verstand? Wieder sah ich zwischen Ray und Elli hin und her, die sich beide einen erbitterten Kampf im Staren lieferten. Ellis Blick voller Vorwürfe und Entsetzen und Rays voll Reue und Scham. Wenn man den Ernst der Lage – so wie ich – nicht verstand, konnte man diese Situation wirklich lustig finden. Ein altes Glurak lässt sich von einem jungen Altaria etwas sagen. Aber ohne dieses junge Altaria würde ich auch wahrscheinlich nicht mehr leben, so, wie ich es vorhin, als wir noch draußen waren, heraushören konnte. „Ihr beiden seit kindisch“, gab ich dann nach weiter Minuten genervt von mir, „Davon kommt diese Kugel doch auch nicht wieder!“ Beide schienen aus ihre Starre zu erwachen und sahen mich wieder einmal an. Ray nickte: „Ja, du hast recht. Komm Elli, wir müssen die Kugel wieder finden. So schwer kann es doch nicht werden, oder?“ Sehr sicher hörte er sich gegen Ende nicht mehr an. Unsicherheit und auch Angst hatten sich in seiner Stimme niedergelassen und gaben selbst mir, als Außenstehender, ein mulmiges Gefühl. „Ich weiß nicht. Ich kenne mich hier doch auch nicht wirklich aus“, antwortete Elli hoffnungslos und dann schien ihr etwas einzufallen. Was das wohl sein konnte? Ihr Blick richtete sich zu mir und ich wusste, was kommen würde. Und sie fragte es, fragte, ob ich ihnen helfen könne die Kugel zu finden, ihnen helfen könne auf der Insel sich nicht zu verlaufen. Aber sicher doch! Ich hatte auch nichts besseres geplant. Widerwillen nickte ich nach einigen Minuten der Bettelei. Ihre grünen Augen waren einfach zu schön, um ihnen zu widersprechen. Schön? Jetzt hatte mich es erwischt. Ich war definitiv krank! Was für ein Geschwafel. Gut, dass sie nicht Gedanken lesen konnte. „Dann kommt“, seufzte ich, ging wieder in den Gang und hinaus aus dem Tempel, Ray und Elli dicht hinter mir. Als wir den Tempel verließen, hatte es tatsächlich aufgehört zu regnen. Es stieg einem ein feuchter, frischer Waldgeruch in die Nase und man konnte noch Wasser von den Bäumen tropfen hören. Auf dem Boden hatten sich teilweise Pfützen gesammelt, in denen sich der Mond, der nun klar schien, wieder spiegelten. Keine Wolke trübte den vorher noch so dunklen Himmel und die Sterne waren auch wieder zu sehen. Ich hörte mich um, in der Hoffnung, vielleicht irgendein Geräusch zu hören, das hier nicht sein sollte. Nichts. Umsehen würde mir wohl auch nichts bringen und auf feuchtem Boden eine Spur finden? Wohl eher nicht. Langsam trotte ich erst einmal los; vielleicht fand sich ja doch noch etwas. Und tatsächlich entdeckte ich einige Pfotenabdrücke von einem scheinbar kleinen und leichten Pokémon stammten. Sie waren kaum sichtbar und schmal und liefen in Richtung Klippen. Die Klippen. Da war es doch gerade viel zu gefährlich nach dem Erdbeben! Sofort begann ich zu laufen. Ich wusste nicht, was mich trieb, aber ich wusste, wenn dieses Pokémon die Kugel hatte und es zu dicht an den Rand ginge, es abstürzen wurde. Zumal der Erdboden nun auch noch rutschig und aufgeweicht durch den Regen war. Wenn es abstürzen würde, würde nicht nur es, sondern auch diese Kugel für immer verloren gehen in den Tiefen den Meeres. Wir kamen dem Meer immer dichter. Rauschend und peitschend empfingen uns die ersten Wellen, die an den Klippen brachen. Als ich aus dem Wald trat, blieb ich stehen und sah mich um. Links von mir war der Leuchtturm Nebenstadts mal wieder zu sehen, leuchtend. Mein Blick wanderte nach Rechts und tatsächlich entdeckte ich jemanden. Ein rosanes Pokémon am Rande der Klippen. Ich sah Ray und Elli einmal prüfend an und ging dann langsam zu dem Pokémon herüber. Als ich näher kam, drehte es sich erschrocken um, und ich konnte erkennen, dass es ein Psiana war. Sein Fell war in einem für Psiana typischen Rosaton. Von den Ohrenspitzen bis hin zur Hälfte der Ohren waren weinrot. Die Haare, die von dem Gesicht abstanden, waren ebenfalls bis zu Hälfte weinrot, ebenso die Vorderbeine. Die Pfoten der Hinterbeine hatten den gleichen Rotton. Die Augen waren ein etwas dunkleres Rot und der Stein auf der Stirn des Psianas war dunkelblau. Zwischen seinen gespaltenen Schwanzenden konnte ich eine blaue, leuchtende Kugel erkennen. Das war wohl die Kugel, nach der Ray und Elli suchten. Das Psiana sah mich nicht gerade so an, als ob es mir die Kugel ohne jegliche Probleme geben würde, aber das sollte nicht meine Aufgabe sein. Wie auf Kommando mischten sich Elli und Ray ein. „Gib mir die Kugel zurück. Sofort!“, befahl Ray in einem harschen Ton und breitete drohend seine Flügel aus, „Du wirst es bereuen, wenn du es nicht tust!“ Das Psiana sah ihn gleichgültig an. Es schien, als ob es sich daran nicht stören würde. „Was willst du überhaupt hier? Und, wer bist du?“, wollte nun eine völlig hysterische Elli wissen. Wieder keine Reaktion. Irgendwie erinnerte das Psiana mich ein wenig an mich selber, nur mit dem kleinen Unterschied, dass dieses Psiana deutlich älter war. Ziemlich alt. Auf einmal blickte mich das Psiana erbost an. Was hatte ich denn getan? Oh, ich glaubte, ich wusste es. Es war ja ein Psychopokémon, wie konnte ich das vergessen? Schlecht für mich, nicht? „Ah!“, schrie Elli aufgelöst, „Gib sofort die Kugel zurück, oder du wirst etwas erleben!“ An der Stelle des Psianas, würde ich einfach nur perplex sein. Auch ich könnte keine Angst in der Situation empfinden. Ich wusste auch nicht, wieso, aber irgendwie strahlte Elli nicht die Stärke aus wie, zum Beispiel, Ray es tat. „Hm“, begann das Psiana dann doch, „Zuerst einmal: Mein Name ist Malika. Und ihr seit?“ „Ich bin Ray“, antwortete Ray ruhig und zugleich genervt, „Das etwas aufgelöste Altaria hier ist Elli, und das Igelavar heißt Tare.“ Erst jetzt fiel mir auf, dass das Psiana weiblich war. Konnte man mir es wirklich übel nehmen? „Warum ich hier bin?“, lachte Malika etwas ironisch, „Das seht ihr doch, oder seit ihr blind? Ich bin im Auftrag hier um diese Kugel zu holen und wehe ihr versucht mich zu hindern!“ Der blaue Stein auf ihrem Kopf, und auch ihre Augen, begann zu leuchten und schon fand ich mich in einer schwebenden Position wieder. Super. Konfusion. Ich spürte, wie meine Flamme langsam kleiner wurde und das gefiel mir gar nicht. Ich rang mich zu einem Flammenwurf durch, der mich aus den Fängen der Konfusion befreite, während Elli und Ray damit Probleme hatten sich zu befreien. Ich ging hinüber zu Malika und beobachtete sie dabei, wie sie ihren Spaß daran hatte, die beiden dort oben herum schweben zu lassen. „Warum bist du wirklich hier?“, fragte ich dann schließlich, da diese Frage doch an mir nagte. Warum war sie hier und was wollte sie mit der Kugel? Sie musste kurz auflachen: „Du bist nicht so dumm, wie deine Freunde hier, oder?“ „Das sind nicht wirklich meine Freunde“, gab ich missbilligend zurück. Sie waren es nicht, oder? Immerhin kannte ich sie doch erst seit kurzer Zeit. „Oh“, gab sie als Antwort, „Wie dem auch sei; Ich bin hier, weil ich fliehen musste erst einmal. Ich hatte von jemanden gesagt bekommen, dass ich hier her könne.“ „Und was machst du dann mit der Kugel?“, dumme Neugierde. Konnte sie mich nicht einmal in Frieden lassen? „Ach die. Ich weiß auch nicht, irgendwie hatte sie etwas anziehendes an sich, wahrscheinlich liegt das an ihren Kräften“, ich sah sie verwundert an, woraufhin sie nur lachte, „Ja, ich habe schon von dem Tempel des Kores gehört und ich kenne mich mit seiner Geschichte gut aus. Ebenso mit der Kugel.“ „Die beiden da“, dabei deutete ich auf Elli und Ray, welche mittlerweile nur noch genervte Gesichtsausdrücke hatten, „meinen, sie brauchen die Kugel wegen dem Tempel, damit er verschwinden und auftauchen kann wie zuvor auch“ Sie nickte. Sie wusste es und trotzdem wollte sie sie mitnehmen? Auf einmal stoppte sie ihre Attacke und ließ die beiden unsanft zu Boden kommen. Ray und Elli waren außer sich, aber bevor einer der beiden auch nur etwas sagen konnte, sagte Malika etwas: „Ich werde euch erzählen, warum ich der Meinung bin, dass es an der Zeit ist, die Kugel zu zerstören!“ Ray und Elli sahen sie beide mit weiten Augen an. Selbst ich war geschockt. Wieso wollte sie die Kugel zerstören? Malika war mehr als nur rätselhaft. „Dafür sollten wir aber in den Tempel gehen“, fügte sie dann noch an, „Es ist ein Geheimnis, dass die Außenwelt nicht zu hören bekommen sollte. Noch nicht jetzt, sie werden Zeit brauchen um es zu verstehen, warum es so kommen muss. Versprecht ihr mir, es niemanden zu erzählen? Das Geheimnis, dass alles verändern kann?“ Sie sah uns alle eindringlich an und wir nickten alle zögerlich. „Du bist uns wirklich eine Erklärung schuldig...Wächterin der Kugel“, antwortete Ray ehrwürdig, während er Malika den Weg frei machte. Sie lachte leise: „Also hast du mich doch wieder erkannt?“ Kapitel 4: Kompromiss --------------------- Wir folgten Malika durch den Wald zurück zum Tempel. Was hatte Ray eigentlich damit gemeint, als er Malika 'Wächterin der Kugel' nannte? Wahrscheinlich würde sie es gleich erklären, zumindest hoffte ich so. Als wir nach einiger Zeit den Tempel erreichten, waren wieder einige Wolken aufgezogen. Große, sich türmende Wolken. Dunkel und sie ließen nichts Gutes ahnen. Ein Gewitter würde, wenn es gut kam, aufziehen, vielleicht auch ein Sturm. Ohne es zu bemerken, war ich stehen geblieben und nun rief mich Elli vom Tempeleingang her: „Tare, kommst du heute noch?“ Nein Elli, ich bevorzugte es in einem Gewitter draußen zu stehen! Natürlich kam ich. Langsam trottete ich zu ihr hinüber und wir folgten dann Malika und Ray weiter, die schon ein ganzes Stück tiefer im Tempel waren. Einmal rechts herum und dann eine Treppe hinab. Am Ende kamen wir in einen Raum, der, wie der andere, in dem Ray und ich zuvor gewesen waren, mit Schriften und Malereien versehen war, nur schien er in einem hellen Licht und an den Wänden leuchteten einige Kristalle in verschiedenen, hellen Farben. In der Mitte dieses Raumes stand eine Art Tisch. Er war aus grauem Stein gemeißelt und auf der Oberfläche waren zehn Einkerbungen. Neun davon waren um den Zehnten herum angeordnet, und die Neun waren, im Gegensatz zum Zehnten, nicht rundlich, sondern kantig und ungleichmäßig. Die kugelförmige Einkerbung hatte die Größe, so schien es mir zumindest, der Kugel. Malika stellte sich neben den Tisch und hielt die Kugel, die immer noch zwischen ihrer gespaltenen Rute festgeklemmt war, über diesen. Dann ließ sie sie fallen und sie landete in der Mitte des Tisches: in der zehnten Einkerbung. „Das ist der Tisch des Dragonirs, das sich geopfert hat. Hier wird die Kugel zerstört werden, ob es jedem passt oder nicht“, sprach Malika ruhig, „Es gibt einen Grund, weshalb ich dieses tun muss und auch mir fällt es nicht leicht. Mew kam im Auftrag zu mir und berichtete mir, dass Arceus es so will, also wird es so geschehen. Und als Wächterin der Kugel ist es meine Pflicht dafür zu sorgen, dass sie wirklich zerstört wird und nicht nur verschwindet.“ Nicht nur ich, sondern auch Elli, wir beide sahen Malika verwirrt an, während Rays Gesicht wie versteinert wirkte. Keine Emotion hatte sich auf sein Gesicht gewagt seit wir den Tempel wieder betreten hatten. „Wieso?“, platzte es jetzt aus Elli, „Ich verstehe das einfach nicht!“ Sie jammerte. Warum wusste ich nicht und wollte ich es überhaupt wissen? Irgendwas in mir nagte an meinem Charakter, wollte, dass ich mich öffnete, aber das würde nicht geschehen, dafür würde ich doch irgendwie sorgen können, oder? Malika seufzte dann: „Ich bin nicht in der Position, diese Frage zu beantworten. Es tut mir Leid, wirklich. Aber um zum Punkt zurück zu kehren: Es gibt 2 Möglichkeiten, die Kugel zu zerstören, beide unangenehm.“ „Die erste Möglichkeit ist, den Silbernen Himmel zu rufen. Wahrscheinlich wisst ihr schon, wie und welches das zur Konsequenz tragen würde“, sie lächelte uns bedrückt an, so, als ob auch sie dieses nicht tun wollte, „Die Zweite besteht darin, die 9 Entwicklungssteine zu finden und hier in diesen Tisch einzusetzen. Auf der Insel gibt es von jedem nur einen einzigen.“ Ah, was für Informationen! Viel helfen tat mir das nicht und was interessierte es mich überhaupt, immerhin hatte ich doch nichts mit ihnen zu tun. Blieb nur noch zu klären, warum ich dann hier war. Augenblicklich lag Ellis Blick auf mir, das spürte ich. Ich wagte es nicht, den Blick von Malika zu wenden, denn ich wusste, was sie wollte. Sie würde fragen, ob ich ihnen helfen würden. Was würde das bringen? Es war ja nicht so, als ob ich nicht wollte, nein! Wer käme nur auf die Idee? Natürlich bräuchten sie meine Hilfe vielleicht, da weder Elli noch Ray sich hier auskannten, aber dennoch wollte ich nicht. Ich konnte doch nicht einfach! Die Korages waren groß, keine Frage. Konnte man aber allen Ernstes annehmen, dass diese Steine nach all der Zeit noch existierten? Was, wenn einer dicht am Wasser damals schon war und nun abgetragen war? Niemand konnte das sagen, nicht mit Sicherheit. Es wäre reine Zeitverschwendung nach diesen Steinen zu suchen. Sollten sie doch lieber gleich den Silbernen Himmel rufen. Nur leider gab es ja den einen Haken dabei. Einer würde mit großer Wahrscheinlichkeit sterben, das stand fest. Immer noch hatte Elli ihren Blick nicht von mir gelöst und ich gab mich geschlagen. „Was?“, fragte ich sie genervt, während mein Blick Malika nicht verließ. „Ich dachte“, begann Elli etwas zaghaft, „vielleicht würdest du uns ja helfen! Ich meine, bei dem Finden der Steine!“ Ich verneinte, in dem ich den Kopf schüttelte, und mich endlich zum Gehen wandte. Vor der Treppe blieb ich kurz stehen, wagte es aber nicht zurück zu blicken. Vielleicht sollte ich doch umkehren, immerhin hatte ich nichts zu verlieren, oder? Trotzdem ging ich weiter, die Treppe hinauf und aus dem Tempel. Ein Grollen war in der Nähe zu vernehmen. Ich blickte in den Himmel, der schwarzgräulich durch die dichte Wolkendecke gefärbt war. Schnell setzte ich mich in Bewegung, um unnötige Gespräche mit Elli zu meiden, die ich aus dem Inneren des Tempels mit Ray streiten hören konnte. „Lass mich gehen Ray!“, schrie sie laut. Eine kurze Pause legte ihre Stimme ein, wahrscheinlich sprach Ray normal, im Gegensatz zu Elli, deren Temperament mit ihr durch zu gehen schien. Vielleicht war ich zu kalt gewesen? „Das ist einfach nicht fair!“, das war das Letzte, das ich noch gerade so hören konnte, bevor ich weit genug weg war, um auch wieder ein angemessenes Tempo zu laufen. Ein Blitz erleuchtete den Wolkenhimmel und sendete ein lautes, tiefes Grollen hinterher. Der Wind nahm zu und die Blätter wurden von den Bäumen gezogen, wehten um die Bäume und Büsche. Viele der gewaltigen Äste wogen mit dem Wind. Und dann kam es, wie es kommen musste: Es begann zu regnen. Schon wieder. Doch mein Schritt beschleunigte sich nicht. Sollte ich doch nass werden! Die Höhlen erreichte ich erst, als die Sonne schon langsam begann im Osten wieder aufzugehen. Das Gewitter wütete immer noch, doch war es schon weiter gezogen, bedeckte doch nur noch den Himmel in westlicher Richtung. Plötzlich, als ich dachte, ich hätte das Dorf friedlich erreicht, sprang mir jemand in den Weg. „Kommen wir auch mal wieder zurück, Zwerg?“, zischte Gregor, als er seinen Kopf arrogant nach oben hielt und aus den Augenwinkeln auf mich hinab blickte. Ich antwortete nicht, was ihn nur wütend machte und er schlussendlich einmal verächtlich schnaufte. Dann drehte er sich mit Schwung um und mir fiel seine Kette in die Augen. Der Feuerstein, der daran hing, reflektierte das Licht eines neuen Blitzes. Und dann fiel es mir ein! Wenn das, was Malika gesagt hatte, wahr war, dann würden sie nicht alle Steine zusammen kriegen, da einer hier war – um Gregors Hals. Als Gregor außer Sichtweite war, seufzte ich. Was sollte ich tun? Die Drei unnötige Zeit verschwenden lassen oder umkehren und ihnen davon erzählen. Und auf einmal, als ob sie es wusste, war sie da; Malika. Umdrehen brauchte ich mich nicht einmal, um sie zu erkennen. Wahrscheinlich war sie hier, um mich zu fragen, warum ich einfach so gegangen war, aber mir war nicht nach reden zu mute. Ohne mich auch nur einmal umzudrehen, setzte ich meinen Weg fort, um kurz danach endlich meine Höhle zu erreichen. Als ich so mein Bett sah, überkam mich endlich die Müdigkeit und ich schlief ein. Am nächsten Morgen gab es ein unsanftes Erwachen. Maurice war in meine Höhle gestürzt und schrie: „Mein Gott, Tare! Du kannst doch nicht einfach die ganze Nacht wegbleiben! Es gibt Pokémon hier, die machen sich so etwas wie Sorgen, S-o-r-g-e-n, verstehst du?“ Müde sah ich ihn an und gähnte: „Nein.“ Oh, wie er kochte! Er stampfte einmal kräftig mit seinem rechten Fuß auf den Erdboden und wirbelte dabei einigen Sand auf. „Du bist echt unmöglich“, keifte er, „Übrigens, da unten ist so ein Psiana, das will mit dir spr-“ „Malika?“, entfuhr es mir ungewollt. Ungläubig sah ich Maurice an, bis ich mich dann schließlich selber davon überzeugte, als ich zum Höhleneingang ging und den Hang hinab sah. Dort, in der Dorfmitte saß sie tatsächlich. Neben ihr Gregor, der unentwegt irgendwelche Fragen stellte, während sie nur mit eisernen Blick mich fixierte. Langsam stieg ich den Ast zur Dorfmitte hinab, stetig wissend, dass Malikas Blick auf mir ruhte. Es verunsicherte mich schon in einer Art und Weise, da auch ich nicht wusste, was auf mich zu kommen würde. Maurice war währenddessen hinter mir, sein Blick ruhte ebenfalls auf mir, doch eher mehr ein Blick der puren Verwirrung. Der Ärmste hatte einfach keine Idee, was jemand, der noch nicht einmal zum Dorf gehörte, von mir wollen könnte. Und dann wandte Gregor seinen Blick von Malika ab und sah mich mit einem fiesen Grinsen an. Was hatte sie ihm erzählt, was sie vorhatte? Trotz alledem blieb ich nicht stehen, sondern ging weiter, bis ich direkt vor Malika stand. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich nicht ein Stück verändert. „Komm mit, sofort!“, befahl sie mir dann in einem schroffen Ton, der selbst Gregor dazu brachte, zusammen zu zucken. Ich versteckte es so gut wie möglich und folgte ihr, wie gewohnt, mit neutralem Ausdruck. Vielleicht hätte man es in meinen Augen sehen könne, die Angst vor dem, was sie vielleicht mit mir anstellen würde. Weit außerhalb des Dorfes, fern jeglicher Pokémon, stoppte sie dann und drehte sich zu mir um. „Du wirst uns den Feuerstein besorgen, ob es dir passt oder nicht!“, gab sie eisig kund, „Ich werde meine Aufgabe nicht von so jemanden durchkreuzen lassen. Er weiß genau, was er dort trägt, was für eine Auswirkung er auf die Geschehnisse haben wird. Er weiß es!“ Sie verfiel in eine Art Panik und sah sich wirr um. „Tare, du musst uns helfen!“, ein verzweifelter Hilfeschrei, so klang es. War es denn wirklich so notwendig? Konnte sie ihn sich nicht selber holen, immerhin war sie viel stärker als ich, oder? Und dann rang ich mich durch, sie zu fragen: „Warum holst du dir den Stein nicht selber? Immerhin bist du doch stärker als er!“ Sie sah mich an, eindringlich, bittend, eisern. Sie wusste, dass sie es machen könnte, aber sie würde es nicht tun – dessen war ich mir sicher. „Es geht hier nicht nur um den Stein! Er weiß wer ich bin, verstehst du? Er könnte mich aus der Reserve locken, mich dazu bringen etwas über den Tempel zu sagen. Und du kennst die Konsequenzen“, ihre Stimme bebte, sie fürchtete ihre Aufgabe nicht vollbringen zu können. Womöglich ihre Letzte als Wächterin. „Gut“, seufzte ich schließlich, „Aber nur, wenn du mir danach hilfst von den Inseln auf das Festland zu kommen!“ Geistesabwesend nickte sie erst einmal, bis sie scheinbar realisierte, was ich forderte. „Du willst was?“, schrie sie mich fassungslos an, „Warum in Arceus Namen willst du die Inseln verlassen? Hier lebst du in Sicherheit! Sei froh, dass du so ein Leben leben kannst.“ Ich schüttelte als Antwort nur den Kopf. Oh nein, dieses hier war kein Leben. Nicht für mich. Ich gehörte hier nicht hin und ich wollte fort. Fort, endlich fort! „Ich will so ein Leben aber nicht leben! Fern von all den Gründen für den Krieg. Ich will es wissen, wissen ob es wirklich so schlimm früher war und ob es nicht hätte anders laufen können! Und – das ist viel wichtiger – will ich herausfinden was mit meinen Eltern geschehen ist, kann das wirklich niemand verstehen?“, gab ich aufgelöst von mir und seit langem stiegen mir wieder Tränen in die Augen. „Ich will den Hass verstehen können!“, erklärte ich, meine Stimme bebend, zitternd, „Was trieb sie dazu? Hier, hier ist kein Leben für mich zu finden. Ein Einzelgänger, ja, so bin ich. Was soll ich noch hier? Sag es mir!“ Malika sah mich an. Mit so einer Antwort hatte sie wohl nicht gerechnet gehabt. Was würde sie wohl nun sagen? Vielleicht würde sie mich für meinen Leichtsinn auslachen, meinen Standpunkt – so wie all die anderen – als falsch abtun. „Ich verstehe“, erwiderte sie dann in einem neutralen Ton, „Begib dich aber nicht in zu große Gefahr, nur, um den Stein zu bekommen. Tot kommst du nicht mehr aufs Festland.“ Ich nickte nur. Es war verständlich. Würde ich sterben, könnte ich nie das Festland betreten. Es war ein Kompromiss, den keiner von uns brechen zu wagte. Ich blickte hinauf in die Baumkronen, die leicht im Wind wogen. Es wirkte doch zu friedlich, wie immer. Nie konnte es so sein, wie es wirklich war. Sie sagte zwar, sie verstand mich, aber das glaubte ich ihr kaum. Wie sollte sie verstehen können, was ich fühlte? Niemand konnte das, aber man konnte es einsehen! Keiner von ihnen konnte sich in meine Lage versetzen, meine Gefühle verstehen. Elli. Wieso kam sie mir gerade jetzt in den Kopf? Ihre fröhliche Art hatte mich in ihren Bann gezogen, aber das konnte ich nicht an mich kommen lassen, oder? Meinen Weg fortsetzten, einsam und eisern. Anders würde es nicht werden. Dafür würde ich sorgen! Doch konnte ich ihre Tränen nicht vergessen, dass, was ihr widerfahren war. Dass, von dem sie nicht wusste, dass es so geschehen war. Warum musste ausgerechnet ich dort gewesen sein? Und dieses seltsame Gefühl, diese Wärme die mich durchflutet hatte. Was war das? Ich kannte es nicht und ein ungutes Gefühl überkam mich wie ein Blitz, der einen traf, unangekündigt. Tödlich. Liebe – aber nein! Das konnte nicht sein. Wie, ich meinte, ich? Unmöglich, ein Widerspruch in seiner Selbst. Ich war ein Einzelgänger und kannte dieses Gefühl noch nicht einmal und überhaupt hatte ich Elli doch nur für einige Stunden gesehen, kennen gelernt – oder nicht? Plötzlich wurde ich meiner Gedanken entrissen, als Malika sich räusperte: „Tare? Hörst du mir überhaupt zu?“ Ich musste verlegen lachen. Nein, ich hatte tatsächlich nicht ein einziges Wort gehört. „Nein, tut mir Leid“, kam es kleinlich von mir, „Könntest du es wiederholen?“ Sie nickte: „Also-“ Sie wurde von einem gewaltigen Flammenwurf unterbrochen, von dem wir beide getroffen wurden. Ich blickte auf und erstarrte. Das durfte nicht wahr sein! Kapitel 5: Achtung, heiß! ------------------------- Nicht genug, dass wir von einem sehr starken Flammenwurf getroffen worden waren, nein! Dort vor uns, einfach so, stand ein Magmar. Hier gab es keine Magmar mehr seitdem die Vulkane inaktiv geworden waren. Sie hatten sich zurück gezogen, hatten sich andere Vulkane gesucht. Oder so hatte man es hier erzählt. Wer wusste denn schon wirklich, wie viel von all dem, das hier erzählt wurde, wahr war? Niemand würde ich sagen. Niemand. Es gab eine Erzählung, eine Sage. In dieser hieß es, dass Magmar geboren werden würden im Inneren von Vulkanen, die aktiv waren. Sie würden jeden angreifen, von denen sie glaubten, sie wollten den Vulkanen Schaden fügen. Erstens, waren die Vulkane der Korages doch schon seit langer Zeit inaktiv. Zweitens, warum griff es uns dann an? Dann, auf einmal, fiel es mir ein. Die Zerstörung der Kugel, sie musste etwas damit zu tun haben. Bestimmt, da war ich mir sicher. Kurz sah ich zu Malika hinüber, die sich aufrichtete und sich schüttelte, um den Dreck und den Ruß aus ihrem Fell zu bekommen. Ganz gelang ihr das nicht. Und bevor sie auch nur fortfahren konnte, griff das Magmar erneut an; dieses Mal mit Feuersturm. Ich sah schon das Schlimmste kommen, als Malika versuchte, mit Sternenschauer gegenzuhalten. Viele kleine goldene Sterne, die aus dem Nichts auftauchten, und der Wucht des Feuersturms nicht standhalten konnten. Ich entschloss mich, ihr mit meinem Flammenwurf zu helfen, während sie die Attacke wechselte; Psystrahl. Gemeinsam, wahrscheinlich aber eher wegen Malikas Psychoattacke, schafften wir es dann, den Feuersturm abzuwenden und trafen das Magmar mit unser beider Attacken. Oh, wie sauer das Magmar wurde. Es raste geradewegs auf mich zu, seine eine Faust beginnend zu leuchten. Hell und blendend. Es war Power-Punch. Und ehe ich mich versah, verspürte ich auch schon einen starken Schlag in meiner Seite, der mich in einen der umliegenden Bäume schleuderte. So blieb ich dort liegen, nicht fähig meine Augen wieder zu öffnen. Ich kämpfte sonst nie, es war einfach zu ungewohnt für mich. Malika rief meinen Namen, bevor ich endgültig das Bewusstsein verlor. Als ich wieder aufwachte, bemerkte ich, dass ich in einer Höhle lag. Wie war ich hierher gekommen? Neben mir saß Malika zusammen mit dem Magmar. Meine Augen wurden groß, wieso war das Magmar hier? „Endlich“, gab Malika dann erleichtert von sich, „Ich dachte schon, du würdest erst morgen aufwachen.“ Fragend blickte zwischen ihr und dem Magmar hin und her. Wer war dieses Magmar? „Mein Name ist Fuoco“, kam es dann von dem Magmar, „Ich hätte nicht so aggressiv sein sollen, aber mit hatte jemand gesagt, dass ihr die Vulkane zerstören wollt.“ Daraufhin lachte Malika nur angespannt: „Ach nein. Das muss ein Missverständnis sein!“ Wieso war sie so angespannt? Die Vernichtung der Kugel würde doch nicht die Vulkane zerstören, oder? So viel Macht konnte doch selbst die Kugel eines Dragonirs nicht haben! Aber wer wusste das schon so genau? Malika hatte nie erwähnt, was geschehen würde, außer, dass der Tempel seine Kräfte verlieren würde. Vielleicht war selbst das gelogen! Immerhin - fiel es mir plötzlich ein – hatte sie mich schon einmal belogen. Sie sagte doch, sie musste fliehen! Lüge! Warum war mir das nicht früher eingefallen? Vollidiot. „Wer hat dir das denn erzählt?“, fragte ich dann aus heiterem Himmel Fuoco. Fuoco war, wenn mich doch nicht alles täuschte, weiblich. Ihre Augen waren hellblau, ansonsten sah alles für mich nach einem normalem Magmar aus – soweit ich das beurteilen durfte. Große, rote Stacheln aus dem Rücken wachsend, eine heiß lodernde Flamme an der Schwanzspitze und zwei solcher auf dem Kopf. Hände mit 5 scharfen Krallen dran. „Ach das“, winkte Fuoco dann ab, „So ein Sengo. Seine Hände und so waren so ein komisches, helles Blau. Keine Ahnung. Sein restliches Fell hatte so einen sehr leichten Grünstich, wenn du verstehst, was ich meine. Ach und ja! Es hatte eine Narbe über dem einen Auge, also über dem, wo nicht so dieses Blaue war!“ Ich sah sie etwas seltsam an. Gut, mit der Beschreibung konnte ich etwas anfangen, aber die Art, wie sie dieses erzählte. Einfach komisch. Und dann fügte sie an: „Er wirkte ziemlich gestresst, so als ob ihn jemand zwingen würde, oder verfolgen! Oh Arceus, was, wenn er eigentlich nur Zuflucht gesucht hatte und sich vor mir so erschreckt hatte?“ Ja klar! Als ob ein Sengo, das – erwähnte ich es schon? – zu Gregor gehört, Schutz suchen müsste! Diese Behauptung war herrlich! Herrlich, wahrhaftig. Malika sah mich von der Seite an. Wahrscheinlich wollte sie nur wissen, warum ich denn wissen wollte, wie es aussah. „Mach dir da keine Sorgen“, bemerkte ich monoton, „dieses Sengo hat keine Zuflucht gesucht. Das hat es nicht nötig.“ „Huch? Woher willst du denn das wissen?“, gab sie bissig zur Antwort. Fuoco sah mich wütend an, so, als ob ich gerade das Schlimmste auf Erden ihr angetan hätte. „Daher“, gab ich dann kurz zurück, was sie nur noch rasender machte. Sie stampfte stark auf und ihre Augen verformten sich zu kleinen Schlitzen, die mich böse anfunkelten. „Was fällt dir eigentlich ein so mit mir zu reden! Du glaubst wohl, du kannst dir alles erlauben“, schnaubte, nein schrie sie. Ich war bemüht nicht zu lachen, denn diese Szene war einfach zu komisch. Selbst Ellis Ausbruch, als wir auf Malika getroffen waren, konnte das nicht übertreffen. Und dann setzte ich noch einen drauf: „Ja, natürlich kann ich das.“ Ich sah schon, wie sie ausholte, um mir einen erneuten, kraftvollen Hieb zu verpassen, als Malika eingriff: „Genug nun!“ Sie sah uns beide grimmig, wütend und drohend an. Sie hatte ihre Ohren angelegt und war sichtlich genervt von unserem Verhalten. Vermutlich aber eher von meinem, da auch ich einfach hätte eine normale Antwort hätte geben können. Aber was sollte ich tun? Es kam einfach so raus! „Tare, du kennst dieses Sengo also?“, fragte Malika mich, welches ich nur mit einem Nicken bestätigte, „Gut. Vielleicht sollte ich mich diesen Sengos annehmen und du sorgst dafür, dass wir diesen Stein bekommen!“ Gegen Ende wurde ihre Stimme immer lauter, bis sie mich schließlich anschrie. „Ist ja gut“, erwiderte ich leicht eingeschüchtert, „Aber ich glaube nicht, dass du das Sengo finden wirst.“ Sie sah mich fragend an, wollte wohl wissen, wieso sie es nicht finden könnte. Ich seufzte, musste ich denn wirklich so viel sprechen heute? „Das Sengo gehört zu Gregors Leuten. Und Gregors Leute sieht jeder vielleicht ein oder zweimal im Leben. Es kommt alles andere als oft vor, dass man sie antrifft. Und wenn er raus bekommt, dass das Sengo seine Aufgabe allem Anschein nach nicht erfüllt hat, wird man es höchstens tot auffinden“, klärte ich Malika dann auf. Ich hoffte wirklich inständig, dass sie nicht noch mehr Fragen auf ihrer Seele liegen hatte. Und das schien auch so zu sein. Sie sah mich nur völlig perplex an, als habe ich ihr gerade das Schlimmste der Welt offenbart. Nun lag mir noch eine Frage nahe zu stellen, wie sollte ich, ein Igelaver, das noch nicht einmal dem Power-Punch eines einfachen Magmars standhalten konnte, Gregor seine Kette abnehmen? Konnte Malika dieses wirklich von mir erwarten? Plötzlich hörte ich jemanden meinen Namen voller Freude rufen: „Tare!“ Langsam drehte ich meinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme zu kommen schien und entdeckte wieder diese kleine, weiße Wolke, die ich in der letzten Nacht das erste Mal gesehen hatte: Elli. Ein kleines, unmerkliches Lächeln stahl sich auf meine Lippen, nur, um dann genau so schnell wieder zu verschwinden, wie es gekommen war. Wie sollte ich Elli gegenüber treten, hatte ich doch meine Frage von vorher noch nicht einmal für mich geklärt? Würde sie mich nicht gleich fragen, warum ich einfach verschwunden war, abgehauen? Aber sie konnte es mir nicht vorwerfen, nicht so, dass mich ein schlechtes Gewissen plagen würde. Nein. Ich hatte nichts falsch gemacht, nur gegangen war ich, und das stand mir zu. Schließlich gehörte ich nicht zu ihnen – oder tat ich es doch schon? Hatte ich nicht durch mein Versprechen, niemanden von dem Tempel zu erzählen, mich an sie gebunden? Schnell verwarf ich diesen Gedanken. Nein, niemals. Ich würde nie zu irgendjemanden gehören, genauso wenig würde ich jemals jemanden lieben. Unmöglich – was hatte ich mir vorhin nur gedacht! Lächerlich. Dann erreichte Elli uns drei. Mit einem fröhlichen, strahlenden Lächeln begrüßte sie uns alle, wurde ihr dann noch schnell Fuoco vorgestellt. Dann wandte sie sich mir zu, ihr Lächeln verflog und statt diesem blieb ein finsterer Blick. Ihre sonst so großen, grünen, lebensfrohen Augen zogen sich eng zusammen. Und es kam, wie es kommen musste: Sie schrie mich an: „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Einfach so abzuhauen! Du bist wirklich unmöglich, Tare. Und ich dachte, du würdest uns wirklich helfen, so, wie du uns geholfen hattest die Kugel zu finden! Wie konnte ich mich nur so in dir täuschen? Kein Wunder, dass du in deinem Dorf ein Einzelgänger bist.“ Als sie das Letzte sagte, wurden ihre Augen groß vor Schreck. Das hatte gesessen. Es war ja nicht so, als ob ich das nicht wüsste, aber das von einem Außenstehenden hören zu müssen, der mich kaum kannte, war wirklich verletzender als die Wahrheit ihrer selbst. Wie ein Dolch bohrte sich dieser letzte Satz in mich und genau dieses zeugte mein Blick; ich sah verletzt aus. Niedergetrampelt, getroffen. „T-Tare! Ich meinte das nicht so! Ich-“, begann sie sich zu rechtfertigen, bevor ich ihr harsch ins Wort fiel. „Mir egal“, meine Stimme war kälter, distanzierter als sonst. Ohne weiter auf sie einzugehen, wandte ich mich schnell Malika zu: „Bis wann soll ich den Stein haben?“ „So schnell es dir möglich ist, Tare“, erwiderte Malika. Sie sah mich mitfühlend an und ich nickte ihr kurz zu. Dann begann ich erneut zu gehen. Ellis Proteste im Hintergrund versuchte ich zu ignorieren, aber mit jedem Schritt, den ich ging, wurde mein Herz schwerer und es fühlte sich so an, als hätte sich ein feuchter Lumpen in meinem Hals eingenistet. Schwer und unerträglich. Ich kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, endlich ihre Rufe nicht mehr zu hören. Aber das half nichts. Geschlagen blieb ich stehen. Was war nur mit mir los? Sie hatte gerade meine empfindlichste Stelle irgendwie getroffen, auch wenn ich gar nicht gewusst hatte, dass diese meine Schwachstelle war. Woher hätte ich es auch wissen sollen? Es gab so zu sagen ja nie Außenstehende, die so etwas sagten. Die, die es sagten, waren Dorfbewohner und kannten michin irgendeiner Art und Weise immer. Aber Elli? Nein, sie konnte mich nicht einschätzen, wie auch? „Tare?“, neben mir ertönte Ellis Stimme. Leise und um Verzeihung flehend. Aus den Augenwinkeln blickte ich sie an. An ihren Augenrändern sammelten sich schon Tränen und das brach mir das Herz. Warum, warum nur? Ich verstand mich einfach nicht mehr. Wie sollte man wissen, was mit einem los war, wenn man sich noch nicht einmal verstand? Gar nicht. Richtig! Schließlich seufzte ich: „Ist schon in Ordnung.“ Ich mied jeden Augenkontakt – dem hätte ich nicht standhalten können. Was sollte ich jetzt tun? Ich konnte Elli schon förmlich erneut fragen hören! Und dann tat sie es. Die stellte sich vor mich, wahrscheinlich um sicher zu gehen, dass ich nicht so einfach aus der Höhle verschwand und fragte: „Könntest du uns nicht wenigstens ein wenig helfen?“ „Er hilft schon. Er besorgt den Feuerstein“, bevor ich überhaupt antworten konnte, war Malika für mich eingesprungen und erzählte gleichgültig von ihrem Plan, „Einer aus seinem Dorf hat den Stein, deswegen wird er ihn holen. Dafür wird er von mir aufs Festland gebracht.“ Ellis Augen weiteten sich und sie sah fassungslos zwischen mir und Malika her. Wahrscheinlich konnte sie es nicht verstehen, dass ich hier fort wollte. „Was?“, fiepste sie dann wie ein kleines, junges Pokémon, „Das kann doch nicht dein Ernst sein Tare! Warum?“ „Das geht dich nichts an, Elli. Nun lass mich bitte meinen Part machen!“, es kam aggressiver und genervter herüber, als ich es eigentlich gedacht hatte, doch machte ich mir nicht mehr viel daraus. Ich wollte gerade weiter gehen, als Fuoco mich dieses Mal hinderte: „He Tare! Warte mal eben. Könntet ihr drei nicht eben mit zum Vulkan kommen? Es könnte ein Problem geben.“ Gegen Ende wurde ihre Stimme leicht bebend, so als ob sie eine schlechte Vorahnung wegen etwas hätte. Ich antwortete, indem ich mich umdrehte und zu ihnen zurück ging, gefolgt von Elli. „Ach“, begann Elli dann an Malika gewandt, „Ray und ich haben schon 3 der Steine gefunden!“ „Doch so schnell?“, erwiderte Malika erstaunt. Auch ich war erstaunt, immerhin war diese Insel groß, keine Frage. „Ja, die Beschreibungen der Orte, an denen die Steine seien sollen, sind wirklich hilfreich, weist du, Malika“, gab Elli fröhlich kund., worauf Malika nur nickte. „Wir sollten Fuoco lieber folgen“, murrte ich, während ich besagter schon schnellen Fußes folgte. So wenig wie möglich mit Elli reden, das war mein persönliches Ziel nun. Sie verwirrte mich mit ihrer Art einfach viel zu sehr. Außerdem, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie – selbst wenn ich sie mögen würde – sie auch so denken würde? Gering. Sehr gering. Es vergingen ungefähr eine halbe Stunde, dann begann Elli an herum zu jammern: „Sind wir denn nun bald da? Immerhin muss ich Ray weiterhin helfen, die Steine zu finden!“ Wie wahr, wie wahr. Warum ging sie nicht einfach? Ich meinte, niemand hielt sie hier – besonders bei mir. Sie war einfach nicht zu verstehen, oder? Sollte ich wirklich deren mächtig seien und gleichzeitig mich selber verstehen? Ich glaubte, ich musste erst einmal bei mir selber beginnen. Welchen großen Sinn hegte denn die Idee, zuerst einmal andere zu verstehen? Nicht sehr viel in meinen Augen. Vielleicht würde es nun auch nichts mehr bringen, zu beginnen, mich selber verstehen zu wollen. Würde ich am Ende überhaupt hier lebend aus der Geschichte herauskommen? Einen Kampf mit Gregor, der stand mir ja noch im weitesten Sinne bevor. Und wieder musste ich mich fragen: Was hatte sich Malika eigentlich dabei gedacht? Sie könnte bestimmt auch nicht ihren Part der Abmachung halten! Wie sollte sie das auch, immerhin verlangte ich das beinahe Unmögliche von ihr. Mich auf das Festland bringen, hoffentlich schaffte sie das, wenn ich denn erst einmal den Stein von Gregor hatte. Dann sprach Malika in einem genervten Ton mit Elli: „Dann geh doch. Wenn du nicht mit willst, musst du nicht mit!“ Fuoco und ich blieben abrupt beim Bemerken des Tones stehen und drehten uns um. Ich konnte nur noch sehen wie Elli mit Tränen in den Augen davon flog. Und wieder suchte mich so ein seltsames Gefühl heim. Mein Brustkorb fühlte sich schwer an und meine Atmung wurde flach und kaum merklich. Schnell wandte ich mich ab, um nicht weiter das sich entfernende Altaria sehen zu müssen. Es tat weh, zu wissen, dass sie wieder einmal weinte, auch, wenn mich dieses Mal nicht einmal im geringsten Sinne die Schuld treffen konnte. Konsequenzen sollte ihr überstürzter Abgang aber haben. Als wir am Vulkan ankamen, spürte ich die unglaubliche Hitze, von denen wir Feuerpokémon dieser Insel nur gehört hatten. Sie war unerbittlich und die Umgebung um ihn herum schien zu flackern. Es war eine enorme Intensität. Auf einmal schoss eine Fontäne von Lava aus dem Vulkan, zwar nur eine kleine, aber sie war da. Steine flogen durch die Luft und hätten uns beinahe getroffen, hätte Malika nicht Schutzschild eingesetzt hätte. Die Steine prallten an dem grünblauen Schild ab, während die wenige Lava darum herum floss. Ich bemerkte, dass Malika anfing immer schwerer zu atmen. Wahrscheinlich bekam ihr die Hitze nicht so. Selbst für mich, ein Feuerpokémon, war es enorm war. „Wie ich gedacht hatte“, stellte Fuoco dann fest, „es war nur ein Ablenkungsmanöver. Ich hätte nicht gehen dürfen!“ „Wie meinst du das?“, fragten Malika und ich gleichzeitig. Fuoco sah uns ernst an und erklärte dann: „Dies Hitze ist nicht normal. Noch nicht einmal für einen Vulkan! Der Feuerstein! Habt ihr ihn noch nicht gefunden gehabt?“ Es klang verzweifelt, als sie dieses fragte. Was konnte nur los sein? Ich sah zu Malika und auf ihrem Gesicht spiegelte sich blankes Entsetzten wieder. „Nein“, murmelte sie, „Gregor! Das würde er nicht tun, nein....“ Und dann brach sie zusammen. Fuoco reagierte schnell und fing sie auf. Die Lava hatte zum Glück schon aufgehört zu fließen, so brauchten wir keine Todesangst zu haben. Fragend sah ich Fuoco an, bis sie dann endlich nachgab und sagte: „Im Vulkan gibt es einen Altar. Es wird gesagt, dass wenn man einen Feuerstein auf diesen lege, würden die Vulkane der Korages wieder zum Leben erweckt werden. Und anhand von Malikas Reaktion würde ich sagen, dass dieser Gregor im Besitz des Feuersteins der Insel war, richtig?“ Beschämt sah ich zu Boden. Oh, ich fühlte mich schuldig. Wäre ich doch gleich zu Gregor gegangen! Aber selbst dann hätte ich nichts dagegen mehr unternehmen können. Es wäre schon zu spät gewesen, wenn man beachtete, dass Fuoco auch erst einmal Malika und mich hatte finden müssen. „He, Zwerg!“, mich durchflutete bei dieser Stimme eine unglaubliche Angst. Gregor war hier, Malika ohnmächtig und die Hitze schlug einem auf den Magen. Zögerlich wandte ich mich zu Gregor um, nur, um ihn triumphierend grinsen zu sehen. Auf dem Vulkanrand stand er und blickte auf uns hinab. „Siehst du“, begann er, während er langsam den Vulkan hinab stieg, „wenn man auf der falschen Seite ist, hat man verloren. Und nun könnt ihr nie eure kleine, lächerliche Aufgabe erfüllen!“ Er lachte nahe zu hysterisch und es war dann, dass Malika wieder zu Bewusstsein kam. „Du!“, knurrte Malika drohend, ihre Zähne aufeinander pressend, „Das wirst du noch bereuen!“ Gregor jedoch winkte nur ab: „Aber bitte, ich kämpfe nicht mit Frauen.“ „Schlechte, sehr schlechte Ausrede!“, schrie Malika nun, ihre Augen hell leuchtetend, immer heller werdend. Dann begannen sie blau zu leuchten, in einem Blau, dass einen erblinden lassen konnte. Ebenso erleuchtete ihr Stein und was dann kam, traf uns alle. Ein großer, blauer Strahl jagte von Malikas Stein auf Gregor zu, und es war eben dieser Strahl, der eine enorme Druckwelle freisetzte, die Fuoco und mich wegschleuderte. Nur schwer schafften wir es, nicht mit der Stärke der Druckwelle gegen einen der Bäume zu fliegen. Krampfhaft krallten wir uns in den Boden, während ein Schrei von Schmerz geprägt ausgestoßen wurde. Doch ich wusste, dass es so schnell nicht zu Ende sein würde. Das war nicht Gregors Art, so einfach sich treffen zu lassen. Und auch der Schrei, nein, das war nicht er gewesen. Als ich mein Gleichgewicht wieder gefunden hatte, sah ich erst zu Malika, sie erschöpft schnaubte und dann dorthin, wo man eigentlich Gregor vermutet hätte. Doch dort war er nicht. „Ah!“ Elli! Mir wurde mulmig und mein Herz begann zu rasen, zu schmerzen. Nicht schon wieder! Wo war sie? Mein Blick schweifte panisch umher. Er würde sich nicht wagen! „Tare! Malika!“, ihre Stimme war gedämpft und das flackern der Umgebung machte das Auffinden ihrer nicht einfacher. „Elli?“, fragte ich dann so laut es mir möglich war. Die Hitze machte mir zu schaffen, es war eindeutig zu heiß hier. „Tare, hilf mir! Gr-“, dann erlosch ihre Stimme, so, als ob jemand ihr den Schnabel zu hielt. Und damit stand es für mich fest: Er hatte es gewagt! Mir fiel nur eine Möglichkeit ein, Gregor Elli gehen zu lassen. Und eh, einer müsste es sagen, nun, nach der Zerstörung des Steines. „Gregor“, rief ich mit voller Stimme, „Sie hat mit dem Tempel der Kores und den Steinen nichts zu tun!“ „Ach nein?“, ertönte Gregors Stimme mit einem belustigten Unterton und ich bemerkte, was ich gesagt hatte und ebenso Malika, die mich fassungslos anstarrte. Es war doch eh schon zu spät! Der Feuerstein war zerstört und damit blieb nur ein Weg, den Stein zu zerstören; der Silberne Himmel. „Hier, nimm sie!“, rief Gregor mir zu, den ich nun endlich in einer der Baumkronen ausmachen konnte. Ich wollte gar nicht wissen, wie er dort hin gekommen war. Wirklich nicht. „Tare“, schrie Elli weinerlich, völlig aufgelöst, „Warum hast du das gesagt?“ Ich sah sie nur kurz traurig an, schüttelte meinen Kopf und wandte mich dann Malika zu: „Nimm Elli mit und hol die Kugel. Das hier ist etwas, das ich regeln muss! Los!“ Meine Augen waren mit Tränen gefüllt und ich hörte, wie die beiden flohen. Fuoco blieb bei mir und sagte: „Oh nein, das ist nicht nur deine Sache. Auch meine, also, Teamwork?“ „Teamwork“, nickte ich ihr zu. Oh Gregor, du würdest das bereuen! Kapitel 6: Kampf um alles Part 1 -------------------------------- Schon lange war ich nicht mehr so sauer gewesen. Um ehrlich zu sein noch nie. Wieso war ich nur so aufgebracht? Konnte es doch sein, dass ich Elli mochte? Vielleicht. Nun war aber kein guter Zeitpunkt um darüber nachzudenken. Aber irgendwas stimmte nicht. Gregor würde nie ohne jemanden aus seinem Fußvolk kämpfen. Niemals. Und nun blieb auch immer noch die Frage, wer Malikas Attacke eingesteckt hatte. Oder war es doch nur Ellis Schrei gewesen? Ich war mich nicht sicher. Gregor schien dieses zu bemerken und stellte fest: „Glaubst du wirklich, ich würde mich oder einen meiner Leute von solch einer Attacke treffen lassen? Lächerlich, Zwerg. Es war der Schrei deiner kleinen Freundin!“ Er lachte dann und das machte mich rasend. Er hatte ihr weh getan? Das würde er büßen, oh ja. Das würde er. Fuoco und ich sahen uns kurz an, bevor Fuoco begann ihn anzugreifen. Ihre Faust leuchtete erneut auf, so wie sie es bei unserem ersten Zusammentreffen getan hatte. Power-Punch. Ob das so viel gegen ihn ausrichten würde? Bevor sie Gregor auch nur annähernd erreichen konnte, kam jemand ihr in den Weg. Es war ein Rizeros. Was mich jedoch mehr beunruhigte war, dass diese Rizeros als Zeichen, dass es zu Gregor gehörte, keine Narbe hatte, sondern zwei rote Punkte oberhalb der Augen. Ich hatte Gregor schon einmal mit jemanden über die Bedeutung sprechen hören. Und es traf mich. Das hier würde kein gutes Ende nehmen können. Diese roten Punkte bedeuteten, dass es zu den Besten von Gregor gehörte und auch keine Furcht zeigte, jemandes Leben zu beenden. „Wie ihr seht, bin ich nicht alleine“, es war so offensichtlich, dass Gregor seinen Spaß daran fand, „Zuerst einmal müsst ihr euch gegen den guten Derrek behaupten. Mal sehen, wie viele meiner Leute bis dahin angekommen sind.“ Fuoco hatte trotz seiner atemberaubenden Rede ihre Attacke nicht gestoppt und war nun kurz davor Derrek mit dieser Attacke zu treffen. Meine Zweifel stiegen ins Unermessliche. Bitte, wir mussten es so lange schaffen, bis Malika und Elli mit der Kugel wieder zurück waren. Was würde eigentlich geschehen, wenn der Silberne Himmel vor den beiden eintraf? Das würde mein Ende bedeuten, wenn ich nicht eh schon am Ende zu diesem Zeitpunkt stand. Fuoco nahm all ihre Kraft zusammen und konzentrierte sich auf diese eine Attacke, während Derrek nicht mal daran zu denken schien, auszuweichen. Und dann traf sie, aber sie wurde von der Wucht ihrer eigenen Attacke zurück geschleudert, während er kaum etwas gespürt zu haben schien. Ein bösartiges Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, während er Anlauf nahm und auf Fuoco zustürmte. Mir fiel auf, dass sein Horn um ein vielfaches wuchs und mir kam diese Attacke bekannt vor. Vielender. „Fuoco“, rief ich besagter besorgt zu, „Spring hoch. Sehr hoch!“ Bevor sie jedoch dieses befolgen konnte, war Derrek auch schon bei ihr und rammte sein gewaltiges Horn nun in ihren Magen, sie nach oben in die Luft werfend. Was konnte ich nur tun? Ich war doch kein guter Kämpfer, zumal solch eine Attacke mich bestimmt schon längst bewusstlos geschlagen hätte, während Fuoco sich nun wieder aufrichtete. Zwar hielt sie sich ihren Magen und stöhnte unter Schmerzen, doch sie stand. „So leicht kriegt ihr mich nicht klein“, stellte sie dann entschlossen fest, „Das hier ist mein Vulkan. Schon seit Jahren!“ Sie keuchte und hatte Schwierigkeiten, aufrecht stehen zu bleiben. Sie war wild entschlossen, so schien es, ihren Vulkan bis aufs Letzte zu verteidigen. Oder zu rächen? Da war ich mir mal wieder nicht sicher. „Wenn du es so willst“, lachte Derrek dann und begab sich wieder in Kampfstellung. Ich musste Fuoco unterstützen! Alleine könnte sie es nicht schaffen, niemals. Das hier war einer von Gregors Leuten und die waren skrupellos. Ich wusste, wovon ich sprach. Natürlich glaubten mir die Bewohner dieser Inseln nie, wenn ich ihnen sagte, dass Gregor und seine Leute am Verschwinden einiger Pokémon schuld waren. Sie meinten, ich wäre doch eh verrückt und man brauchte mir und meinen Hirngespinsten keine Beachtung zu schenken. Ja, so war es doch schon immer gewesen. Aber mir blieb immer noch die Frage, wie ich Fuoco helfen sollte! Sie wiederum gab mir einen Blick, der mir sagte, ich sollte mich nicht um Derrek kümmern, den würde sie schon irgendwie schaffen. Selbst wenn ich es ihr nicht wirklich glaubte, dass sie das schaffen würde, so verstand ich es doch deutlich, dass sie mich gegen Gregor gehen sehen wollte. Was sollte ich tun? Sie konnte gegen Derrek nicht alleine gewinnen. So hatte sie noch nicht einmal die Chance zu überleben. Nein, selbst wenn ich helfen würde, das würde nur alles hinauszögern. Aber immer noch besser, als dass sie sofort dem Tod begegnete. Soviel Zeit wie möglich totschlagen, das war, was wir mussten. Malika und Elli mussten erst zurück kehren. Sie mussten. Entschlossen stellte ich mich neben Fuoco, die mich überrascht anblickte. „Du sollst dich hier nicht mehr einmischen, Tare!“, flüsterte sie mir harsch zu, „Kämpfe lieber gegen Gregor!“ Ich schüttelte nur abwesend meinen Kopf: „Nein. Nein, glaub mir. Es ist besser so.“ Ich konzentrierte mich auf Derrek, dem ein siegessicheres Grinsen im Gesicht stand. Aber er hatte ja recht damit. So sehr recht. „Tare, Tare“, lachte Gregor mir von seinem Platz aus zu, „Du bist ein erbärmlicher Kämpfer. Gib doch lieber gleich auf!“ Den finsteren Blick, den ich ihm zuwarf, ignorierte er, als er Derrek ein Zeichen gab, wieder anzugreifen. Er rammte seine gewaltigen Klauen in den steinernen Vulkanboden und riss ein großes Stück Gestein heraus. Dann warf er es hoch und Angst überkam mich. War es das wofür ich es hielt? Schnell sah ich zu Fuoco herüber, die eine ernste Miene hatte und jeden von Derreks Schritten beobachtend. Zu unterschätzen traute sie sich ihn nicht mehr, nachdem er sie mit einer Attacke, die ihr eigentlich kaum etwas anhaben dürfte, ziemlich zu schaffen gemacht hatte. Als Derrek hoch sprang, dem Stein entgegen, und seine Faust mit diesem kollidierte, zersprang dieser. Schnell nahm er nach einander die kleineren Stücken und begann sie nach uns zu werfen. Also doch, Felswurf. Selbst wenn ich selber nicht viel Erfahrung im Kämpfen hatte, so hatte ich doch viele Kämpfe beobachten können. Fuoco und ich versuchten den Steinen auszuweichen. Sie nutzte ihre Sprungkraft, die unnatürlich hoch war und ich quälte mich unten am Boden ab. Dann, als ich dachte, er hätte keine Steine mehr, sah ich nach oben und sah einen größeren Stein direkt über mir. Ohne es wirklich zu registrieren, setzte ich Ruckzuckhieb ein, um dem Stein doch noch zu entkommen. Ich wusste gar nicht, dass ich diese Attacke konnte! Man lernt doch immer wieder etwas Neues. „He, he“, schnaubte Derrek dann, „Dein kleines Tänzchen ist noch nicht vorbei, mein Kleiner!“ Mir lief ein Schauer purer Angst durch die Knochen, als ich Derreks Stimme hinter mir vernahm. „Tare, weg da!“, rief Fuoco mir zu und ich tat, wie mir befohlen. Das ließ ich mir sicherlich nicht zweimal sagen. Um es so schnell wie möglich von diesem Rizeros fort zu schaffen, setzte ich erneut Ruckzuckhieb ein. Als ich für Fuoco scheinbar weit genug weg war, schlug sie konzentriert, mit geschlossenen Augen, mit der Faust auf den Boden. Ich hielt inne und fragte mich, was nun kommen würde. Ihr Schlag hatte noch nicht einmal einen Kratzer auf dem Erdboden hinterlassen! Derrek schien das auch zu interessieren, denn er starrte skeptisch auf Fuoco, die immer noch ihre Faust auf dem Boden hatte, Augen immer noch geschlossen. Plötzlich brummte es unter der Erde und mein Blick wanderte schnell zu Derrek, der genau in jenem Moment vom Erdboden in die Luft geschleudert wurde. Steine flogen hinter her und trafen ihn in der Luft. An der Stelle, wo er gestanden hatte, ragten große Säulen aus Gestein empor. Die Attacke war mir definitiv neu. Derrek landetet mit einer enormen Kraft auf dem Vulkan, dennoch auf seinen Füßen. Seine Augen hatten sich zu kleinen, kaum als offen zu bezeichneten Schlitzen verformt, die Fuoco mit Hass anglänzten. „Schöne Eruption“, knirschte Derrek, „Aber leider nicht mehr mit voller Stärke!“ Fuoco zuckte zusammen. Eruption hieß also diese Attacke. Wenigstens hatte sie Derrek einigen, wenn auch kleinen, Schaden angerichtet und zögerte Zeit hinaus. Vielleicht würden wir es ja schaffen, irgendwie. Zwar meinte ich damit nicht, Derrek zu besiegen, aber auf Elli und Malika zu warten. Plötzlich ergriff auch mich die Kampflust, auch wenn ich wusste, dass ich nichts ausrichten konnte. Ich lief auf Derrek zu, meine Geschwindigkeit immer mehr zunehmend. Dann sprang ich ab, eine meine vorderen Pfoten begann weißbläulich zu leuchten und so schnellte ich auf Derrek hinab. Mit dieser leuchtenden Klaue versetzte ich ihm einen Schlag, genau ins Gesicht. Scheinbar war dort seine Schwachstelle, damit hatte ich nicht gerechnet. Er stöhnte auf, als ich ihn traf, und wich zurück. Niemand hätte gerechnet, dass Derrek empfindsam im Gesicht war. „Du!“, knurrte er mich an, als er mich im Nacken packte, nach hinten über seine Schulter zog und nach vorne weg warf. Schon als er mich so hart am Nacken gepackt hatte, musste ich unter Schmerzen aufstöhnen. Als er mich dann allerdings noch warf und ich somit auf dem Boden unsanft landete, waren die Schmerzen noch größer. Ein unangenehmer Schmerz breitete sich in meinem Nacken aus und ich bemerkt, als ich mich aufrichtete, dass ich dort bluten musste, denn unter mir, auf dem Boden, war Blut. Und mit Mal verstärkte sich der Schmerz und wurde beinahe unerträglich, bis ich dann schließlich wieder zu Boden sank. Alles um mich herum verschwamm und ich fand mich in einer Art Trance wieder. „Jetzt nicht schlapp machen, Tare!“, rief Fuoco mir zu, „Reiß dich zusammen! Denk daran, für was du das hier tust!“ Sie klang verzweifelt. Wollte sie mich wirklich dabei haben? Neben ihr kämpfend oder hatte der Schmerz schon meine Sinne mehr benebelt als ich gedacht hatte? Wofür machte ich das hier? Ach genau; Elli. Aber warum? Warum tat ich das für sie? Ausgerechnet für sie! Bisher war sie mir doch nur auf die Nerven gegangen und hatte mich in etwas hinein gezogen, so dass ich nun hier lag. Mochte ich sie wirklich oder war das nur Einbildung? „Verdammt, Tare!“, schrie Fuoco mich mit voller Verzweiflung an, „Komm zu dir!“ Ich kniff meine Augen zusammen. Nein, ich wollte nicht. Wieso ließ sie mich nicht einfach liegen. Schlafen, ja schlafen wäre gut. Bitte, lass mich, bitte. Bitte – Nein! Ich riss meine Augen auf und ich traf wieder auf die Realität. „Nein!“, rief ich dann aus, was sowohl Fuoco, als auch Derrek und Gregor erschrecken ließ. Nein, ich konnte mich nicht so einfach geschlagen geben! Selbst wenn ich früher oder später dem Silbernen Himmel unterliegen würde, so war dieser Kampf doch das, woran die Hoffnung Malikas klammerte. Ich spürte es, wobei sie doch wahrscheinlich jetzt erst beim Tempel ankamen. Aber es hing hiervon ab. Entweder ließ ich die Hoffnung der Drei beim Tempel einfach so zerstören, indem ich mich jetzt schon meinen Schicksal unterwarf oder ich kämpfte. Beides erschien mir nicht wirklich sinnvoll, aber einmal in meinem Leben wollte ich mich sinnvoll einbringen. „Ein einziges, verdammtes Mal“, zischte ich, als ich mich langsam wieder aufrichtete, „Das ist noch nicht vorbei, Gregor!“ Sein Augen weiteten sich bei diesen Worten und in seinen Augen spiegelte sich Ungläubigkeit wieder. Nein, er hatte nicht damit gerechnet, dass ich mich wieder aufrichten könnte. Niemand hätte das von diesen Inseln. Begeistert und voller Kampflust rief Fuoco dann aus: „So ist es richtig! Zeigen wir denen, wo's lang geht!“ Ein Nicken meinerseits zeigte ihr, dass ich ihr zustimmte. Dann sah ich zu Gregor und Derrek hinauf. Die Hitze, die uns doch am Anfang so zu schaffen gemacht hatte, hatte sie verzogen. Auch, wenn ich das für äußerst seltsam hielt. Derrek schien nur noch wütender als zuvor. „Meister, nehmt acht“, sagte er dann zu Gregor grinsend, welches von einem Grinsen seines Meisters beantwortet wurde. Dann nahm das Rizeros Anlauf, kam aber nie auch nur zu nah an uns, sprang hinauf und meine Gedanken rasten. Was hatte er gemeint, als er sagte, Gregor solle sich in acht nehmen? Was hatte er vor? Meine Augen verließen nie Derrek und als er begann, zu fallen, mit nur einem Bein ausgestreckt, erkannte Fuoco sein Vorhaben. „Erdbeben“, murrte sie unter Angst, die Augen nachdenklich zusammen gebracht, „Spring, wenn ich es dir sage.“ Das war so einfach gesagt! Ich war nicht der beste Springer, auch, wenn der Sprung vorhin weit über meine Fähigkeiten gegangen war. Vielleicht konnte ich es ja. Derrek näherte sich immer mehr dem Boden, seine Geschwindigkeit immer mehr steigernd. „Jetzt!“, rief Fuoco aus und sprang weit nach oben, gerade, als Derrek den Boden berührte. Ich tat es ihr gleich, doch dadurch, dass ich nicht so hoch springen konnte wie sie, landete ich noch während des Erdbebens auf dem Boden. Risse hatten sich überall im Boden um den Vulkan gebildet und Steinplatten ragten aus dem Boden empor. Eine dieser Steinplatten schob sich bei dem Beben über mich. Ich wusste nicht so recht, wie ich damit umgehen sollte, da sie mich ja eigentlich nicht wirklich berührte, mich aber dennoch von jeglicher Bewegung abhielt. Aber mir sollte geholfen werden! Ja, wirklich. „Blue, da bist du ja endlich!“, lachte Derrek bösartig, „Kannst ja gleich unserem kleinen Freund dort unter der Platte heraus helfen!“ „Mit Vergnügen“, konnte ich Blue antworten hören und ich wusste sofort, wer das war. Zwar hatte ich seinen Namen nicht gewusst, so kannte ich doch seine Stimme. Das war das Sengo, das Fuoco diese Lüge aufgetischt hatte. Und dann spürte ich, wie sich die Steinplatte auf mich niederdrückte und dann zersprang. Mittlerweile wusste ich nicht, welcher Schmerz nun größer war: die Wunde an meinem Hals oder die Tatsache, dass gerade eine Steinplatte auf meinem Rücken zersprengt wurde. Keuchend drehte ich mich um und sah dort Blue stehen, der mich nur überheblich angrinste. Ohne weiter nachzudenken, raste ich auf ihm zu, meine eine Klaue dabei wieder aufleuchtend. Schon wieder war es die Attacke, fiel mir auf. Aber es war mir egal. Mit der Kraft, die ich noch hatte, rammte ich meine Klaue dieses mal in den Körper des Sengos. Als ich sie wieder heraus zog, bemerkte ich erst, wie skrupellos ich gewesen war. Was hatte mich nur dazu gebracht, ihn so zu verletzen, dass er nun eine tiefe Wunde in seiner einen Schulter hatte? Horror packte mich und ich wich, angeekelt von mir selber, zurück. Das hatte ich nicht getan! Das konnte doch nicht sein. Verdammt, seit wann hatte ich Krallen in meinen Pfoten! Blues anderer Arm wanderte zu seiner Schulter und er fasste sie behutsam an, nur, um scheinbar sicher zu stellen, dass er wirklich blutete. Der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich schlagartig von geschockt und schmerzvoll zu purer Rage. Dann begann er zu knurren, bedrohend und nichts Gutes verheißend. Langsam wich ich mehr und mehr zurück, immer die geschockten Augen der anderen auf mir ruhend. „Das hätte ich dir nie zugetraut, Zwerg“, gab Gregor dann anfangs achtungsvoll zu, was sich aber wieder in Arroganz verlor, „Nichts desto trotz wird Blue dich besiegen. Ein Wunder, dass du überhaupt noch stehen kannst.“ Wieder dieses triumphale Grinsen. Nein, dieses Mal gönnte ich ihm nicht das Recht, sich schon als Sieger zu sehen. „Das werden wir noch sehen“, knurrte ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, was ihn zu überraschen schien. „Tare“, sprach Fuoco dann anerkennend, „Du nimmst Blue, ich werde versuchen, dass ich mit Derrek fertig werde.“ Man konnte ihrer Stimme entnehmen, dass sie während des Kampfes herausgefunden hatte, dass sie nur heraus zögern konnte, aber nicht gewinnen. Wieder nickte ich nur, mich dann Blue zuwendend. Dieser lachte dann: „Weißt du eigentlich, dass deine kleine Freundin den Tempel nie erreicht hat?“ Fragend sah ich ihn an, bis ich dann verstand, was er meinte. Lüge. Das war eine Lüge. Malika war bei ihr und würde dafür Sorgen, dass sie zurück kommen würden mit der Kugel. Oder? Konnte er Recht haben? Nein, er durfte nicht. Er durfte einfach nicht. Wie schon einmal zuvor, wurde mein Brustkorb schwer und es schien schier unmöglich zu atmen ohne ihn dabei zu zerstören. Ich gab es auf, ja, ich mochte Elli. Ziemlich sogar. Ohne auch nur ein Wort von mir zu geben, öffnete ich meinen Mund, nur, um einen Flammenwurf los zu lassen, genau auf die verletzte Schulter gerichtet. Leider bemerkte er dies schnell genug und sprang aus dem Weg. Wut entfachte in seinen Augen und im nächsten Moment schnellte er auf mich zu, seine beiden Klauen weißbläulich leuchtend, so wie es meine eine getan hatte. Was sollte ich nun tun? Zum Ausweichen war es definitiv zu spät. Meine Gedanken rasten, danach suchend, welche Attacke mir noch helfen konnte. Dann fiel mir eine ein, die einzige Attacke, die mir einfiel, die keinen eigenen Angriff verbarg. Rauchwolke. In meinem Maul sammelte sich schnell der Rauch und gerade, als ich diesen abfeuerte, war Blue hoch gesprungen, so dass auch ich mich aufrichtete, dafür sorgend, dass der Rauch ihn die Sicht nahm. Leider half mir das nichts mehr. Ich spürte nur noch, wie er seine leuchtenden Klauen über meinen Bauch zog, die beiden dabei kreuzend. Kreuzschere. Wider Erwarten entstand keine Wunde, dafür aber ein unvorstellbarer Schmerz, der mich durchzog. Durch die Wuchte der Attacke wurde ich nach hinten geschleudert, auf meinen Rücken. Ich keuchte schwer und für einen Moment konnte ich nicht atmen. Die Augen starr nach oben gerichtet, keinen Ausdruck in ihnen. Mein Keuchen wurde schwerer und ich schnaufte, endlich die Kraft aufbringend aufzustehen. Ich schwankte, taumelte unter den Schmerzen. Beide Augen waren nun fest zusammengekniffen und ich stieß schnelle, unregelmäßige Atemzüge aus. „Ah“, stöhnte ich, langsam mein Gleichgewicht wieder findend. Dann öffnete ich meine Augen und sah zu Blue, der schon sein siegessicheres, dunkles Grinsen aufgelegt hatte. Ebenso hatte Gregor dieses, jedoch ruhte sein Blick nicht auf mir, sondern weiter daneben. Langsam, zögerlich und unsicher folgte ich seinem Blick und konnte gerade sahen, wie Derrek Fuoco im Nacken packte, wie er es bei mir zuvor schon einmal getan hatte. Dann hob er sie über seine Schulter und warf sie mit viel mehr Kraft fort, genau gegen einen Baum. Sie schrie nur einmal laut auf, stöhnte unter den Schmerzen. Tränen entwichen ihren Augen, sie wollte aufstehen, weiter kämpfen, dass war mir klar, doch sie rührte sich nicht vom Fleck. Nur ihr sich unregelmäßig senkender und steigender Brustkorb verriet, dass sie noch lebte. War nun alles vorbei? Gegen zwei könnte ich mich nie, noch nicht einmal, wenn ich komplett bei Kräften wäre, durchsetzen. Mein Herz ging schnell, rasend schlug es gegen meinen schmerzenden Brustkorb und mein Kopf hob und senkte sich mit jedem Atemzug. Mein Blick wurde leer und starrte ins Nichts, genau zwischen Derrek und Blue hindurch. War es das wirklich wert gewesen? Zwei Leben für das Zerstören einer Kugel? Hätte ich mich nie in Bewegung gesetzt, dann würde ich nun gemütlich auf den Klippen liegen und den Leuchtturm ansehen und träumen. Was hätte ich doch jetzt dafür gegeben, dem Ganzen hier zu entfliehen und meiner Einsamkeit weiter nach zu gehen. Stattdessen stand ich am Ende. Fuoco war mehr als nur bewusstlos. Wer wusste schon, ob sie überhaupt noch einmal aufwachen würde! Aber nun was auch alles egal. Lange würde ich es nicht mehr durchhalten. Selbst wenn Derrek und Blue mich nicht angreifen würden, würde ich sterben. Das war mir bewusst. Ich wandte mich von Fuoco ab und sah nun das Rizeros und das Sengo wieder an. Beide blickten noch mit einem arroganten und miesen Grinsen zu Fuoco. Wieder sammelte sich Rauch in meinem Maul, für eine weitere Rauchwolken-Attacke. Und so kam es dann auch. Eine große, schwarzgraue Kugel schoss aus meinem Maul, genau auf den Boden vor den beiden und der Rauch verteilte sich. Dieses nutze ich schnell. Durch meinen Ruckzuckhieb angetrieben, schoss ich in den Rauch hinein. Ich streifte Blue an der Seite seiner verletzen Schulter und hörte diesen aufstöhnen. Schnell drehte ich um und sprang so hoch ich konnte in die Luft, als der Rauch begann sich zu lichten. Mit meinen unteren Pfoten voran flog ich auf Blue zu und traf ihn mit einem Doppelkick. Meine Augen wanderten schnell umher auf der Suche nach Derrek, der, wie ich feststellen musste, sich neben Gregor gesellt hatte und den Kampf – wahrscheinlich in seinen Augen eher eine Show – betrachtete. Blue hatte sich schon wieder aufgerichtet und schnellte auf mich zu. Auf halben Weg begann er um mich im Kreis herum zu laufen und auf einmal war er nicht nur einmal da, sondern mehrfach; er setzte Doppelteam ein. Panik packte mich und ich schoss wahllos mit meinem Flammenwurf auf seine Doppelgänger, in der Hoffnung ihn zu finden. Ohne Erfolg. Wo war er? Wo? Ich stoppte den Flammenwurf und drehte mich in alle Richtungen um. Er musste hier irgendwo sein. Irgendwo, ich wusste es. Er konnte doch nicht einfach verschwinden! Das würde er auch nicht, nicht, ohne mich zu erledigt zu haben. Nein, so war Gregors Gefolge nicht. Niemals. Nach einigen Minuten gab ich meine sinnlose Suche auf und seufzte. Für einen kurzen Augenblick schloss ich meine Augen und versuchte den Schmerz zu ignorieren, den ich sowohl im Nacken, als auch in der Magengegend verspürte. Als das geglückt schien, kam die Angst um Elli wieder. Blues Worte ließen mir keine Ruhe, obwohl ich doch wissen müsste, dass ihr unter Malikas Obhut nichts geschehen würde. Ich wusste es. Auf einmal hörte ich ein knackendes Geräusch, so, als ob jemand einen Ast zertreten hatte. Sofort öffneten sich meine Augen und suchten die Gegend wieder ab. Außer Gregor und Derrek, die immer noch dem Vulkanrand nahe waren, war niemand zu sehen. Für mich zumindest. Meine Augen hafteten auf Gregor, der für einen kurzen Augenblick nach oben in die Baumkronen sah. Augenblicklich folgte mein Blick dem seinen und tatsächlich, über mir war Blue, der schon dabei auf mich zu zu fallen. Beide seiner Klauen leuchteten wieder wie zuvor. Er wollte also noch einmal Kreuzschere einsetzen und mit seiner Geschwindigkeit könnte mir das den Rest geben. Kraft sammelnd, richtete ich mich auf und entließ einen möglichst starken Flammenwurf, dem er nicht mehr ausweichen konnte. Der Flammenwurf traf ihn genau auf dem Brustkorb und stoppte seinen Sturzflug auf mich. Einige Meter von mir fiel er zu Boden und den Aufprall hatte er nicht abfedern können. Mit dem Kopf zuerst landete er und fiel dann auf seinen Rücken, alle vier Gliedmaßen von sich gestreckt. Blut floss immer noch aus seiner Schulter und er röchelte und hustete. Er spuckte Blut und der Ausdruck in seinen Augen war leer, als er mit letzter Kraft noch sagte: „Tut mir Leid, Gregor. Ich habe versagt.“ Dann lag er dort, keine einzige Bewegung mehr wahrzunehmen, sein Kopf seitlich liegend. Gregor schnaubte verächtlich: „Schwächling! Noch nicht einmal gegen dich konnte er sich behaupten.“ Verachtung und Missfallen klangen in seiner Stimme wieder, während er mich hasserfüllt ansah. „Gregor!“, ertönte plötzlich eine Stimme, die ich kannte. Von der Seite her trat ein Tropius aus dem Dorf heran, das den Namen Syne hatte. Mir würdigte er nicht eines Blickes, während er zu Gregor hinauf stieg. Dann sagte er ehrwürdig: „Verzeih, dass ich erst jetzt eintreffe.“ „Nicht weiter schlimm, Syne“, lachte Gregor, „Das Beste kommt ja erst noch. Derrek, los!“ Erst jetzt drehte Syne sich um und erkannte mich. Mich, wie ich dort schnaufend, keuchend stand und versuchte meinen Blick nicht zu senken, da der Schmerz in meinem Nacken so groß war. Ich hatte nicht gewusste, dass Syne zu Gregor gehörte. Man hätte es auch nicht vermutet, da er nirgendwo eine Kennzeichnung hatte. Er sah aus wie ein gewöhnliches Tropius, mit den Früchten unter seinem Hals wachsend und all dem. Was ihn besonders im Dorf kennzeichnete, war, dass sein linkes Auge blau und das rechte braun war. Es war noch nicht einmal untypisch, dass sich hier Pflanzenpokémon herum trieben, auch, wenn man dieses eher nicht vermutete. Als er realisierte, wer ich war, weiteten sich seine Augen. Sein Blick wanderte blitzartig von mir, zu Fuoco hinter mir, dann zu Blue neben mir und dann wieder zu mir. Zu schade auch, dass ich nicht Zeit hatte, ihm alles zu erklären! „He, Kleiner!“, rief Derrek sauer aus, „Was glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du es wagst, einen meiner Freunde zu töten!“ Tobend stieß er seine Faust in den Boden und wiederholte das Spiel mit dem Felswurf erneut. Er warf den Brocken nach oben, folgte ihm, aber er sprang über diesen hinaus und schlug von oben zu, so dass es begann Steine – wenn man es so wollte – zu regnen. Völlig hilflos begann ich mit Ruckzuckhieb, wie schon einmal, den Steinen auszuweichen. Dieses Mal war es aber deutlich schwieriger. Nicht nur war ich verletzt, sondern kamen die Steine nicht durch einen kontrollieren Wurf Derreks. Gerade, als ich dachte, es sei vorbei, warf er einen Stein, den er anscheinen während meines – wie hatte er es noch genannt? - Tänzchens genommen hatte. Und dieser Stein traf mich an einem meiner Hinterbeine so stark, dass ich unter Schmerzen aufschrie und hinfiel. Fühlte es sich so an, wenn man starb? Elend, traurig und zugleich wütend auf sich selbst? Schmerzen durchzogen meinen ganzen Körper und ich krächzte: „Noch lebe ich. Ich werde nicht aufgeben!“ Mein Atem ging schwer und unregelmäßig. Am liebsten hätte ich meine Augen geschlossen und wäre entschlafen, nie wieder aufgewacht. Aber ich konnte nicht und ich wusste nicht wieso. Ich begann, Elli die Schuld zu geben. Die Schuld, dass ich hier überhaupt erst gelandet war. Aber ich wusste, dass sie keine Schuld traf. Es war die Neugierde, die mich zum Tempel getrieben hatte und mich dazu gebracht hatte, ihnen zu helfen, Malika mitsamt der Kugel zu finden. Betrachtete man es, hatte sich mein Leben seit der letzten Nacht komplett geändert. Nie, nie im Leben hätte ich auch nur daran gedacht, zu kämpfen. Nun kämpfte ich und hatte Blue umgebracht. Mehr ungewollt als gewollt. Aber ich hatte es getan. Stöhnen richtete ich mich dann wieder auf, auch, wenn die Schmerzen schier unerträglich schienen. Drei überraschte Gesichter blickten mich an, wobei Gregors eher amüsiert wirkte. „Tapfer, Zwerg“, lobte er mich dann mit sarkastischem Unterton, „Ein Wunder doch, dass du noch lebst!“ Ja, das war es wirklich. Da konnte ich ihm noch nicht einmal widersprechen, so gerne ich wollte. „Tz, lächerlich“, fuhr Derrek mich dann an, sichtlich mein noch vorhandenes Leben hassend. Ich konnte nicht anders, als zurück zu knurren: „Was? Möchtest du nicht noch ein wenig Spaß mit mir haben?“ Das hörte sich aus meiner Position gesehen so falsch an. Natürlich wollte er das. Hier ein wenig zustechen, dann dort. Warum eigentlich nicht! Genau da hätte ich mich selber schlagen können, wäre ich nicht eh schon am Ende. „Gerne“, lachte Derrek dann arrogant, während er sich in Kampfposition begab, auch, wenn ich dieses nicht tat. Die Kraft fehlte mir dazu, mich unnötigen Bewegungen auszusetzen. „Nicht“, keuchte dann jemand von weiter hinten, und ich konnte darauf schwören, als ich mich umdrehte, dass nicht nur ich überrascht war. Dort, an einem der Bäume, stand Fuoco, keuchend. Das war unerwartet. Sehr unerwartet. Während meines ganzen Kampfes hatte ich vollkommen vergessen, dass sie nicht sicher tot war. Und das war eindeutig der Beweis, dass sie noch lebte. „Schön zu sehen, dass du noch lebst, Tare“, lächelte sie mich halbherzig an. Danke, dass sie mir wirklich nichts zutraute. Aber es war ja auch nicht verwunderlich. Ich hätte an ihrer Stelle auch gedacht, dass ich schon zehn mal tot sein müsste, da sie mich schon mit einem einzigen Power-Punch bewusstlos geschlagen hatte. Mit der gleichen Halbherzigkeit lächelte ich zurück, bevor ich Derrek wütend ausrufen hörte: „Ha, noch mehr Spaß für mich. Ich habe dich einmal bewusstlos geschlagen und dieses Mal wird mir der Fehler nicht unterlaufen!“ Mir lief ein ungutes Gefühl durch den Körper. Ich wusste, was er mit 'Fehler' meinte. Dieses Mal würde er sicher stellen, dass sie tot sei. Und dann raste er auch schon an mir vorbei. Ich seufzte schweren Herzens. Einerseits war es gut, andererseits auch schlecht. Gut, weil es mehr Zeit verschaffte und ich mich auch ein wenig erholen konnte, so lange Gregor nicht die Idee bekam und Syne auf mich loshetzte. Aber schlecht, da Fuoco nun sterben würde, was sie auch zu wissen schien. In ihren Augen spiegelte sich sowohl Angst, als auch wilde Entschlossenheit wider. Und da bemerkte ich es, es war noch nicht zu Ende. Nicht jetzt. Vielleicht würden wir beide zugrunde gehen, aber mit dem Gewissen, geholfen zu haben. Es war ein seltsames Gefühl, dass mich in jenem Moment beschlich. Fremd und eigenartig. Erleichterung. Erleichterung, zu wissen, dass man nützlich war. Ich schüttelte meinen Kopf, um den Gedanken los zu werden; jetzt war nicht die Zeit für so etwas. Meine Gesichtszüge wurden etwas sanfter, waren sie doch vorher noch durch die Schmerzen und das Elend verkrampft. Vielleicht war gerade nicht die Zeit dazu, aber trotzdem fühlte es sich gut an. Jedoch schien Derrek nichts dergleichen zu verspüren, was kein Wunder war. Ein lauter, siegessicher Schrei ertönte von ihm und schon war er kurz vor Fuoco, die versuchte ihm und seiner Vielender-Attacke auszuweichen. Vergebens. Abermals wurde sie von dem gigantischen Horn getroffen. Doch sie wurde nicht hoch geworfen, viel mehr rammte Derrek sie gegen den Baum, sein Horn in ihren Magen eindringend. Fuoco keuchte, röchelte und spuckte Blut. Ohne wirklich nachzudenken, lief ich los und feuerte einen Flammenwurf auf Derrek ab. Damit schien er nicht gerechnet zu haben, denn total perplex wich er von Fuoco zurück und sah sich um. Da sah ich als meine Chance. Schnell setzte ich Ruckzuckhieb ein und raste in Derrek hinein. Durch den Aufprall fiel ich zurück. Unregelmäßig und schwer waren keine Ausdrücke mehr, die meine Atmung beschrieben. Meine Beine konnten mich kaum noch halten und ich schwankte immer mehr. Gelandet war ich ein wenig vor Fuoco, die mich ausdruckslos anstarrte. Sie hielt sich ihren Magen, aus dem das Blut nur so heraus floss. Ich würde ihr so gerne helfen, aber ich konnte nicht. Mein Blick schweifte zu Gregor, der, wie immer, überheblich und siegessicher grinste. Aber von Syne fehlte jede Spur. Das war, worum ich mich nun sorgte. Leider blieb mir keine Zeit, mich umzusehen. „Tare, pass' auf!“, rief Fuoco mir zu. Langsam wandte ich meinen Blick zu Derrek, der mich wutentbrannt ansah. „Du!“, knirschte er, „Du wagst es wirklich!“ Dann lief er auf mich zu, sein Horn erneut wachsend und ich konnte nicht ausweichen. Ich war zu schwach und die Angst hatte Kontrolle über mich erworben in jenem Augenblick. Meine Augen weit geöffnet und immer noch wankend sah ich schon meinen Tod kommen. Derrek senkte seinen Kopf, damit sein Horn mich auch traf. Mein Herz schlug wie wild und die Geschehnisse von der vergangenen Nacht bis jetzt zogen an mir vorbei. Vor allem aber dominierte Elli diese Erinnerungen, auch wenn ich nur wenige Worte mit ihr gewechselt hatte. Als er fast bei mir war, kniff ich meine Augen zusammen. Tränen sammelten sich hinter meinen zusammengekniffen Augen. Heiße, brennende Tränen der Reue. Ja, ich bereute, wie ich mein leben geführt hatte. Genau in diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als alles anders gemacht zu haben. Dann öffnete ich meinen Augen doch wieder, Derrek in die Augen blickend, dem Schicksal entgegen, das man mir bereitgelegt hatte. Tränen liefen mein Gesicht hinunter und die Flammen auf meinem Kopf und über meinen Beinen gaben ihre letzte Wärme ab, als ich mich auf einen Schmerz gefasst machte, der nie kam. Mitten in seiner Attacke wurde Derrek von irgendetwas aufgehalten, das ich nicht ausmachen konnte. Mein Umfeld war nur noch ein verschwommenes Bild von Farben. Als ich die Tränen gestoppt hatte, glaubte ich meinen Augen, zum zigsten mal an diesem Tag nicht. Damit hatte weder ich, noch einer der anderen Anwesenden gerechnet. Wirklich nicht. Kapitel 7: Kampf um alles Part 2 -------------------------------- Lange, starke Ranken hatten Derrek nach oben gehoben und somit in seiner Attacke gestoppt. Wütend schlug und trat er um sich, in der Hoffnung, sich befreien zu können. Mein Blick folgten den Ranken, die von niemand anderen als Syne ausgingen. Es dauerte einige Sekunden, bis ich das wirklich wahr nahm. Warum half Syne mir? Er war doch einer von Gregors Leuten! Wahrscheinlich war das nur ein hinterhältiger Plan Gregors, um mich in Sicherheit zu wiegen, damit er dann zuschlagen konnte. So sah ich dann zu Gregor, auch, wenn meine Schmerzen mich kaum bewegen ließen. Ich musste hinsehen. Aber statt grinsend fand ich ihn knurrend vor. Ein wütender Ausdruck gab sein ganzer Körper her. Er fletschte seine Zähne und presste zwischen diesen hervor: „Was fällt dir eigentlich ein! Das du es dich wagst, dem Zwerg zu helfen, ist ein Verrat, Syne. Ich hoffe, du weißt, wo du dich nun hinein begeben hast!“ „Ja, das weiß ich nun!“, gab Syne bissig zurück. Seine Stimme bebte vor Anspannung und dann fügte er noch an: „Ich weiß nun endlich, dass Tare Recht hatte, was dich anbelangt!“ Ja, Syne war einer der Dorfbewohner, denen ich das gesagt hatte. Ihm hatte ich es gesagt, nachdem ein Freund von ihm, ein Lorblatt, verschwunden war. Gregors Augen weiteten sich vor Schock. „Du!“, knurrte er. Dann hörte ich Derrek ausrufen: „Lass mich runter, du grünes Blattgestell!“ Wäre ich nicht in einer so miesen Lage gewesen, hätte das bestimmt selbst mich zum lachen gebracht. Aber hier und jetzt konnte sich noch nicht einmal ein Schmunzeln den Weg auf mein Gesicht finden. „Wie du willst“, erwiderte Syne und im nächsten Moment sah ich auch schon Derrek auf Gregor zu fliegen. Seit wann konnte Derrek fliegen? Das hier musste alles nur ein seltsamer Traum sein. Nur ein Traum. Wie sollte man sich das sonst erklären? Ja, ein Traum, aus dem ich wieder erwachen würde. „Ein Traum, nur ein Traum“, murmelte ich dann leicht lächelnd, als Derrek Gregor traf. Dieser, bekam ich noch mit, jaulte unter Schmerzen auf. Langsam schloss ich meine Augen. „Lass mich aufwachen, lass mich. Bitte“, meine Stimme zitterte und wirkte kaum real für mich. Wie ein seichter Hauch aus einem fremden Land, fern ab. Meine Gedanken spielten verrückt und alles begann so irreal zu wirken, wie noch nie zuvor etwas für mich gewirkt hatte. Langsam verlor sich der Schmerz in dieser Irrealität und ich hörte auf diesen zu spüren. Ein entspanntes, glückliches Lächeln wanderte auf mein Gesicht, als ich murmelte: „Ein Traum. Die Schmerzen, einfach weg. Lass mich gehen, bitte. Aufwachen...“ Plötzlich verstummt ich und schlug meine Augen auf. Schmerzen durchzogen meinen Körper, als mir bewusst wurde, dass das kein Traum war. Nein, es war keiner. Mit aller Kraft versuchte ich mich aufzurichten. Förmlich konnte ich sie spüren, die erstaunten Blicke der anderen. Wieder einmal tat ich etwas, womit sie nicht gerechnet hatten. Ich zitterte, schwankte und schnaubte. Spüren konnte ich es, ja der Silberne Himmel. Er kam näher, immer näher. Wo blieben Malika und Elli nur. „Bitte kommt“, keuchte ich dann, nur für mich hörbar. Mein Blick erhob sich vom Boden und ich erblickte Gregor, der mich mit einer Verachtung ansah, die noch nie so sehr in seinen Augen zu sehen gewesen war. Derrek und Syne hatten in ihrem Kampf inne gehalten. Eine von Synes Ranken umfasste Derreks Körper, während dieser die andere mit seinen Krallen gepackt hatte. „Oh, sieh mal einer an“, lachte Gregor dann spöttisch, „Da möchte wohl einer sein Ende früher haben! Aber sag mal, Zwerg, warum tust du das noch? Es ist doch eh schon zu spät, die Kugel könnt ihr nicht mehr zerstören.“ Es klang so, als ob er nichts von der zweiten Möglichkeit wusste. Wusste er es wirklich nicht, oder wollte er mich reinlegen? „Der Tempel des Kores hat viele Geheimnisse und somit auch verschiedene Wege. Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist“, meine Antwort war mehr ein Flüstern, ein seichter Hauch. Fuoco, die sich immer noch, wie mir auffiel, als sie neben mich trat, den Magen hielt, sagte dann: „Es gibt immer einen anderen Weg, Gregor. Zeit scheint still zu stehen, wenn Tod ist nah. Träume werden wahr, wenn das Unmögliche durchstanden-“ „Und Reue sich zeigen, wenn Tod umgangen“, beendete eine Stimme für Fuoco. Es war Malika, die endlich eingetroffen war. Erleichterung überkam mich. Endlich. Langsam fielen meine Augen erneut zu, mich in wohltuende Dunkelheit hüllend. „Was meint ihr damit?“, hörte ich Gregor verwundert, aber auch gleichzeitig wütend fragen. Ihn musste es schier auf die Nerven gehen, dass sein Plan wahrscheinlich nicht aufgehen würde. Malika lachte leicht: „Das wirst du dann schon merken!“ Dann öffnete ich meine Augen wieder. Erschwerlich und träge nur gingen sie wieder auf. Ich wollte nicht, sie wollten nicht. Wozu strengte ich mich dann überhaupt so an? „Tare?“, oh ja, genau. Um Elli, Malika und Ray nicht zu enttäuschen. Insbesondere Elli nicht, so sehr ich diese Tatsache auch hasste. „Tare?“, erneut hörte ich die Stimme fragen. Es war Elli. Ich konnte hören, sie stand genau vor mir, doch konnte ich sie nicht sehen, meine Augen waren geöffnet, es war hell. Doch trotzdem war alles verschwommen und die Schemen der Pokémon, hier beim Vulkan, waren nur schwer zu erkennen. Ich weinte, schon wieder. Das Feuer auf mir gab seinen letzten Funken und dann war es aus. Das erste Mal seit ich denken konnte. Ich schnaubte verächtlich über mich selber. Wieso war ich nur so schwach, dass nun nach all den Jahren meine Flamme erlosch? Noch stand ich, also gab es keinen Grund für sie zu vergehen. Wut, Wut über mich selber breitete sich in mir aus und entfachte meine Flamme wieder. Ich blinzelte einige Male, dann konnte ich wieder normal sehen. Vor mir stand Elli. Tränen aus ihren Augen laufen, schluchzend und mit gesenktem Kopf. „Tare?“, erklang ihre Stimme erneut und sie hob ihren Kopf wieder. Ich sah sie nicht an, sah an ihr vorbei, hin zu Syne und Derrek, die noch immer in der vorherigen Position verweilten. Wahrscheinlich warteten sie auf ein Zeichen, welches das auch immer sein mochte. Meine Wut gab mir wieder Kraft und ohne auch nur ein Wort zu sagen lief ich los, hin zu Derrek und Syne. Meine eine Klaue begann abermals zu leuchten und irgendwie kam mir endlich der Name der Attacke in den Kopf; Zermalmklaue. Syne grinste mich an, schon seitdem ich den ersten Schritt in deren Richtung getan hatte. Geradewegs lief ich auf Derrek zu, der sein Gesicht einfach von mir abwandte. Dieses schien Syne bemerkt zu haben und, kurz bevor ich bei den beiden war, zog er seine eine Ranke, die von Derrek festgehalten wurde, ruckartig zurück, nur, um diese dann gegen Derreks Kopf schnellen zu lassen und ebenso seinen Kopf mir zu zuwenden. Dann sprang ich mit aller Kraft ab und stürzte auf Derrek nieder, meine Klaue quer über sein Gesicht ziehend. Ich landete etwas unsicher, sah Derrek an und sah Blut von seinem Gesicht laufen. „Stirb!“, rief er dann aus, lief auf mich zu und packte mich im Nacken. Über seine Schulter und dann wieder nach vorne weggeworfen. Ich kniff meine Augen zusammen, doch der Aufprall kam nie. „Es reicht.“ Es war Malika, ihre Stimme erbost. Zögerlich öffnete ich meine Augen, nur, um mich dann schwebend, umgeben von einer blauen Schicht, wieder fand. Malika setzte Konfusion ein. Dann ließ sie mich auf den Boden nieder, bevor sie sprach: „Lasst mich das regeln.“ Dabei blickte sie zwischen Fuoco, Syne und mir hin und her. „Ihr seit geschwächt, du und Fuoco“, sagte sie zu mir. Nein, wirklich? Darauf wäre ich nie gekommen. Bitte, die paar Wunden! Fuoco ging es doch bestimmt bestens mit einer tiefen, blutenden Wunde im Magen! Ich schüttelte meinen Kopf, dann sagte ich, etwas belustigt von ihrer Fürsorge: „Als ob das noch etwas nützen würde. Der Tod steht uns beiden eh in der Tür, grüßend und einen sehr willkommen heißend. Wieso ihn nicht eintreten lassen?“ Auf dieses hin lagen so einige geschockte und ungläubige Blicke auf mir. Die von Syne, Malika und Elli. Gregor und Derrek grinsten sich nur gegenseitig an und ich bemerkte augenblicklich wieso. Dort, hinter ihnen im Wald, kamen einige andere Pokémon. Zwei oder drei. Das konnte man in dem Moment noch nicht sagen, dafür waren sie zu weit weg. „Tare?“, Ellis Stimmt lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die etwas näheren Umstände. Kurz blickte ich sie an und ihr Augen leuchteten freudig auf, da ich endliche eine Reaktion gezeigt hatte. Diese Freude verlor sich allerdings schnell, als ich sie nur stumm anstarrte, dann meinen Blick abwandte und wieder auf Derrek und Gregor starrte. „Du bist wirklich unmöglich“, sagte Malika dann mit bitterem Unterton, „Wohl wahr, dass für dich in deiner Postion der Tod als Ziel dieser ganzen Misere hier steht, doch wer weiß, wie es enden wird. Niemand, oder?“ „Er ist da und wird nicht gehen, bis ich komme. Ob durch Kampf oder einfach durch Aufgeben. Er kommt und nimmt mich und Fuoco mit sich“, gab ich trocken zurück und in meinen Augenwinkeln konnte ich Elli zusammen zucken sehen. „Sag so etwas doch nicht!“, schrie sich mich dann an, „Wieso bist du nur so pessimistisch?“ „Lass ihn, Elli“, erwiderte Malika traurig, „Wäre er pessimistisch, würde er schon lange nicht mehr stehen.“ Für mich klang das wie eine Frage, also nickte ich, nur, um ihr zu zeigen, dass sie recht hatte. Noch immer haftete mein Blick auf dem Rizeros und Hundemon, deren Grinsen noch nicht verschwunden war. „He, Zwerg!“, rief Gregor dann aus, „Wieso hat deine kleine Freundin denn die Kugel geholt?“ Es klang spöttisch, so spöttisch. Ich zog die Luft scharf ein und dabei entstand ein seltsames, schneidenes Geräusch. Verächtlich schnaufte ich und ging einige Schritte auf die beiden zu: „Wie gesagt, man weiß nie!“ „Wie du meinst, Tare.“ Das war eines der wenigen Male, bei denen er mich bei meinem Namen nannte. Mich überkam ein ungutes Gefühl. Jedes Mal, wenn er mich bei meinem Namen genannt hatte, war danach etwas Schreckliches geschehen. Nicht immer war es so schlimm gewesen, meist noch nicht einmal für mich, aber dennoch. Es machte ihm Spaß, mich wissen zu lassen, dass er wieder jemanden von den Inseln verschwinden lassen würde, sprich, ihn umbrachte oder besser gesagt umbringen ließ. Ja, welch ein Leben man doch hier leben konnte, wenn man als Anführer der Bewohner jener Inseln gesehen wurde. Ruhm gebührte ihm und niemand würde je einem für verrückt Erklärten glauben. Das Ganze war ein unaufhaltsamer Kreis. Teuflisch, tückisch. Ich presste meine Zähne zusammen und mir fielen auch wieder die Schatten von vorher ein. Mein Blick schnellte in die Richtung, wo ich sie zuletzt gesehen hatten und nun waren sie dichter. Viel dichter. Drei waren es, soviel stand fest. Das eine sehr groß, die anderen kleiner, deutlich kleiner. Wenn mich nicht alles täuschte waren das ein Stahlos, ein Ampharos und ein Tyracroc. „He, he, Tare! Schau lieber auf mich“, gab Derrek von sich, der schon dabei war, auf mich zu zulaufen. Bevor ich auch nur ansatzweise reagieren konnte, war Elli vor mich geflogen und hatte eine weißbläulich leuchtende Kugel um uns erschaffen, während ihr Körper in derselben weißbläulichen Art leuchtete. Das war Bodyguard. Damit hätte ich nicht gerechnet gehabt, dass sie diese Attacke konnte. Wer wusste, was in Elli noch für Attacken schlummerten! „Nicht mit mir in der Nähe!“, rief Elli nun wütend aus, „Du wirst noch bereuen, überhaupt auch nur eine deiner Klauen auf ihm gehabt zu haben!“ Dann brach sie den Bodyguard und holte tief Luft. Gebannt beobachtete ich das Geschehen. Was würde nun passieren? Elli öffnete ihren Schnabel und aus diesem schoss ein gewaltiger, grüngelber Strahl, direkt auf Derrek zu. Feuerodem? War die Attacke nicht eine mächtige Attacke? Wieso konnte Elli diese? Feuerodem traf das Rizeros genau im Magen und schleuderte es zurück, hin zu Gregor, der begonnen hatte zu Knurren. „Nicht schlecht“, sprach Malika anerkennend zu Elli. Dann rutschte mir eine Frage heraus, und ich wusste noch nicht einmal wieso: „Wo ist eigentlich Ray?“ Malika und Elli warfen mir einen bitteren Blick zu, der mich erschaudern ließ. Vielleicht hätte ich dieses Frage nicht stellen dürfen. Es war nur einfach unerklärlich für mich, warum er nicht auch kam, um zu helfen. Ich wollte es nicht verstehen. Leider konnte ich mich nicht länger meinen Gedanken widmen, denn nun waren die drei Pokémon eingetroffen. Und tatsächlich waren es ein Stahlos, ein Ampharos und ein Tyracroc. Allesamt hatten sie eine Narbe über dem linken Auge, was sie unverkennbar zu einem von Gregors Leuten machte. Wenn mich nicht alles täuschte, war das Ampharos weiblich und die beiden anderen männlich. „Wenn ich euch vorstellen darf“, grinst Gregor dann, „Das Ampharos hier ist Flap, eine sehr treue Seele, die mich nicht enttäuschen mag.“ Darauf erhielt er als Erwiderung ein triumphales Grinsen von Flap, dann fuhr er fort: „Und dieses Stahlos hier ist Recoil. Vielleicht nicht der Hellste, dafür aber stark. Und zuletzt noch Lave, das Tyracroc. Er wird es sich zur persönlichen Aufgabe machen, dich, Tare, zu besiegen und seinen Freund zu rächen!“ Meine Augen fixierten sich auf dem Tyracroc, Lave. Ein Wasserpokémon, konnte es noch besser kommen? Irgendwas musste doch noch kommen, also wirklich! Nun war ich aber enttäuscht von Gregor. „Wenn du glaubst, Typvorteil allein wird hier reichen, Gregor“, keuchte Fuoco, „Nein, der wird dir nicht reichen. Du spielst ab jetzt in einer anderen Liga, der Liga des Tempels. Eine Wächterin ist hier, vielleicht auch zwei. Sicher kann ich mir nicht sein, aber vielleicht, nur vielleicht.“ Ich bemerkte, wie Gregors Gesichtsausdruck sich rasch von triumphal zu entsetzt veränderte. Fuocos Gerede machte für mich keinen Sinn, nein, wirklich nicht. Malika war eine Wächterin, ja, das wusste ich. Die Wächterin der Kugel, aber sonst war hier keiner. Oder? „Oh, Fuoco. Ich würde doch nie glauben, dass das alleine ausreichen würde. Aber wie du sehen kannst, ist Lave nicht alleine“, gab Gregor dann von sich und deutete mit einer Kopfbewegung den Pokémon neben sich an, anzugreifen. Das Ampharos und das Stahlos griffen auch gleich sofort an. Recoil stürzte sich auf Syne mit einer Eisenschweif-Attacke, die Syne noch im letzten Moment mit einem Rankenhieb blockierte. Flaps eine Faust leuchtete Gelb und Funken sprühten aus dieser. Er wollte Donnerschlag einsetzten, aber gegen wen? Er lief auf mich zu, aber wieso? Erst als ich Elli an mit vorbei fliegen sah, begriff ich, dass das Ampharos Elli angreifen wollte. Ellis Flügel leuchteten weiß und sie nahm immer mehr an Geschwindigkeit zu. Ich musste ihren Kampffähigkeiten jetzt vertrauen, denn ich bezweifelte, dass Lave Rücksicht nehmen würde. Mein Blick wanderte zu besagtem Tyracroc, dass sich noch nicht einen Zentimeter, so schien es, bewegt hatte. War hatte Lave nur vor? Aus den Augenwinkeln konnte ich noch sehen, wie Derrek sich auf Fuoco stürzte, die völlig überrascht war. Es war ein spitzer Schrei, den man von ihr vernehmen konnte. Voller Schmerz. Keiner mochte sich in diesem Moment umdrehen, und doch tat ich es. Derrek hatte sich auf Fuoco geschmissen, Bodycheck eingesetzt. Mit seinem ganzen, enorm großen Gewicht hatte er sie zwischen sich und dem steinigen Boden eingeklemmt. „Naiv“, hörte ich plötzlich jemanden hinter mir sagen und ich bereute augenblicklich, dass ich mich abgewandt hatte. Mir blieb keine Zeit, mich umzudrehen. Ich spürte nur noch, wie die Krallen einer Klaue Laves sich in meinen Rücken drückten und er seine Klaue einmal quer über meinen Rücken zog. Ich schrie laut auf, schmerzerfüllt, wie der von Fuoco zuvor. Meine Augen waren weit aufgerissen und ich zog die Luft um mich scharf ein. Meine Zähne bohrten sich in meine Unterlippe, um mich vom weiteren Schreien aufzuhalten. Schnell drehte ich mich um. Der Boden war mit Blut überströmt. Blutete ich so stark? Nein, tat ich nicht. So tief hatte er seine Krallen nicht in meinen Rücken gerammt. Wahrscheinlich, um mich mehr leiden zu lassen. Aber wo kam dann das ganze Blut her? Verwirrt sah ich mich um, bis ich die wunde in Laves Gesicht bemerkt. Sein Blick haftete auf Malika, die den Rücken uns zugewandt hatte. Bei ihrer einen Pfote war Blut auf dem Boden, sie hatte das getan. „Fuoco hat recht“, sagte sie dann, während sie sich umdrehte, „Hier ist noch ein Wächter unter uns. Derjenige weiß es nicht, nein. Es ist auch irrelevant zu wissen. Was ich weiß ist, dass alles anders enden wird, als wir dachten.“ Dann lief sie los, zwischen Lave und mir durch und geradewegs auf Derrek zu. Auf einmal schwebte Derrek in der Luft, sie setzte mal wieder Konfusion ein. „Hier bin ich, Tare“, zischte Lave gefährlich und mein Blick fixierte ihn erneut. Was meinte Malika nur? Wenn ich sie doch nur verstehen würde. Ich lief los, auf ihn zu und ehe er reagieren konnte, biss ich auch schon in seinen rechten Arm. Er begann in zu schütteln, um mich loszuwerden, aber das ließ mich nur noch fester zu beißen. Immer fester und fester. Als er nachließ zu schütteln, ließ auch ich los. Wütend sah er mich an, Verachtung in seinen Augen wie in Gregors. Lachend schüttelte das Tyracroc seinen Kopf: „Du willst es nicht anders.“ Langsam hatte ich begonnen, mich von ihm zu entfernen. Sicher war nun einmal sicher. Ich knurrte, machte mich auf alles gefasst. Noch nicht einmal ahnen konnte ich, was passieren würde. Er stand einfach nur da und sah mich erst wütend, dann ausdruckslos an. Es verwirrte mich, von Sekunde zu Sekunde immer mehr. Was sollte ich nur machen? Ein seufzten entfuhr mir. Wieso befand ich mich noch einmal hier? Ach genau, weil ich einmal in meinem Leben etwas Sinnvolles tun wollte. Ich opferte mich, damit Malika ihre Aufgabe erfüllen konnte. Zwar wusste ich den Sinn ihrer Aufgabe nicht, doch sah ich Sinn in dem, was ich tat. Es war schon eine gewisse Erfahrung, die ich bekam, an nur einem einzigen Tag. Das hier würde sich nie wiederholen, nie mehr ein Kampf. Nein, nicht für mich. Für Malika und Elli bestimmt, aber weder für mich, noch für Fuoco. Mein Blick härtete sich und dann reichte es mir. Meine Flammen wuchsen vor Wut über meine Verwirrung. Wieso war ich nur so wütend? Ich verstand mich nicht und das machte mich nur noch wütender. Immer mehr und mehr und dann ließ ich einen Flammenwurf frei, wie noch nie zuvor. Lave schien darauf gewartet zu haben, denn er konterte mit einem enormen Wasserstrahl, wahrscheinlich Hydropumpe. Zu stark war der Strahl doch für eine Aquaknarre. Jetzt durfte ich nicht nachlassen. Immer mehr Feuer entwich meinem Maul, während immer mehr Wasser das Maul des Tyracrocs verließ. Mit jeder Sekunde, in der das Wasser und das Feuer aufeinander trafen, entstand Wasserdampf. Mehr und mehr, bis es wie eine Welle von Nebel über uns hing, versperrte uns schlussendlich die Sicht. „Verdammt, Lave!“, hörte ich Gregor fluchen, „Du hattest einen Befehl. Das ist sicherlich nicht dein Befehl!“ Seine Stimme bebte vor Wut. Bestimmt konnte er auch nicht mehr sehen durch den dichten Nebel. „Tut mir Leid“, entgegnete das Tyracroc ihm dann, „Ich werde trotzdem nicht versagen, so, wie Blue!“ „Das hoffe ich“, war das letzte, was Gregor noch sagte, dann war es ruhig. Die anderen schienen auch ihren Kampf unterbrochen zu haben, weil sie nichts sehen konnten. Irgendwie hatte der Nebel etwas Beruhigendes. Man konnte zwar nichts sehen, aber man wusste, dass es den anderen nicht anders erging. Auch sie würden Schwierigkeiten haben. Es könnte nun für einige Minuten so friedlich sein, aber mich plagte eine einzige Frage: Wie sollte ich mich gegen ein Tyracroc beweisen, das auch noch Hydropumpe konnte? Ewig könnte ich das Abwehrspiel mit meinem Flammenwurf nicht durchhalten, dafür war ich nicht geschaffen worden. Was würden anderen tun? Man sagte ja, Angriff wäre die beste Verteidigung, aber stimmte das in diesem Fall? Ich musste, und würde, es versuchen. Viel mehr blieb mir eh nicht mehr übrig. Wo war eigentlich mein ganzer Schmerz hin? Waren die Schmerzen wirklich schon so unerträglich und dauerhaft gewesen, dass sie einfach verschwanden? Es war wirklich ein Rätsel, das sich mir doch noch auftat. Plötzlich musste ich husten, ein kratzendes und krächzendes Geräusch kam aus meinem Mund, gefolgt von einer Flüssigkeit. Ich sah nach unten auf den Boden, um herauszufinden, was ich ausgespuckt hatte, und entdeckte Blut. So langsam ging es wirklich mit mir dem Ende zu. Nicht nur spürte ich meinen Wunden nicht mehr, sondern spuckte ich auch noch Blut. Vielleicht war das das Resultat von Blues Kreuzschere auf meinem Brustkorb. Man konnte nur vermuten. Dann hörte ich Elli ausrufen: „Mir reicht es!“ Und auf einmal wurde der Nebel weggeblasen. Schnell riskierte ich einen Blick in Richtung Elli, und sah sie, wie sie mit ihren Flügeln schlug und somit den Nebel beseitigte. Einerseits konnte man nun endlich wieder sehen, andererseits musste ich nun auch wieder kämpfen. Mir wäre es lieber gewesen, zu warten, bis er sich auf natürliche Weise aufgelöst hätte, das hätte so einige Zeit gedauert. Wieso mochte ich dieses Altaria eigentlich noch einmal? Wahrscheinlich gab es dafür noch nicht einmal Gründe, es war einfach so. Nervig. Schnell wand ich mich Lave wieder zu, der auch schon wieder grinste. Irgendwie schien dieses Grinsen unter Gregors Leuten sehr verbreitet. Vielleicht gab es ja einen Kurs, eine Art Ausbildung, wo sie das Grinsen richtig lernten! Absurd, oder? Aber die Idee war doch was wert! Vielleicht ließ sich Gregor ja von mir beraten. Sicherlich. Plötzlich konnte man ein spitzes Kreischen vernehmen, dass ruckartig auftauchte. Wie eine Druckwelle traf es mich und schob mich ein wenig von Lave weg. Meine Ohren waren angelegt und meine Augen zusammengekniffen, in der Hoffnung, den Kreideschrei Laves ignorieren zu können. Vergebens. Er hörte einfach nicht auf, ihn einzusetzen und ging sogar noch einen Ton höher. Ich biss mir erneut auf die Lippen. So fest, dass sie begannen zu bluten. Es war doch zum verrückt werden! Ich durfte mich nicht so unterkriegen lassen, nein! Endlich hörte er auf und ich sah ihn an. Ich lief los, wieder einmal Zermalmklaue einsetzend. Meine leuchtende Klaue erhoben, sprang ich ab, auf Lave zu, und presste meine Klaue gegen seinen Magen. Meine Klaue rutschte jedoch ab und somit zog ich eine Wunde quer über seinen Bauch. Sie war nicht wirklich tief, aber dafür schien es ihm große, sehr große Schmerzen zu bereiten, denn er brach zusammen. Da lag er dann, auf dem Boden liegend und den Magen unter Schmerzen haltend. Ausdruckslos sah ich auf ihn hinab. Das hatte ich getan, mal wieder. Wenn das hier alles vorbei war, niemals müsste ich wieder kämpfen. Mein Atem ging unregelmäßig und mein Kopf senkte und hob sich immer stärker mit jedem Atemzug. Ich begann zu zittern, als der Wind zunahm und eine eiskalte Brise über uns hinweg blies. Der Himmel begann sich zu verdunkeln und alle hielten in ihrem Kampf inne. „Nur noch ein wenig“, sagte Malika dann, mehr an mich gewandt, „Nicht mehr lange. Gebt jetzt nicht auf!“ Und damit stürzte sie auf Gregor zu, der das überhaupt nicht hatte kommen sehen. Sie setzte Konfusion auf ihn ein und rief dann aus: „Noch einmal entkommst du der uralten Attacke nicht. Man entkommt nur einmal meiner Psyklage, glaube mir, Gregor!“ Die Augen des Hundemon weiteten sich geschockt und in ihnen spiegelte sich pure Angst wieder. Dennoch änderte er seine Haltung nicht. Noch immer knurrte er, nun mehr, um seine Angst zu überspielen. Ich konnte nur vermuten, dass diese Psyklage, die Attacke war, die Malika einmal zuvor eingesetzt hatte. Mein Blick wanderte zu Lave, der keuchend am Boden lag. „Und so etwas gehört zu Gregors Leuten“, gab ich dann abwertend von mir, „Selbst Blue war stärker.“ Dann drehte ich mich um und lief, lief schnell hinter einen der umstehenden Bäume. Ich deutete Fuoco, Elli und Syne an, es mir gleich zu tun. Ich wusste nicht, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Druckwelle dieses Mal stärker sein würde. Lave raffte sich auf und lief auch hinter einen der Bäume. Das Gleiche tat Flap, Recoil jedoch rief nur aus: „Schwächlinge! Als ob eine Attacke, die nicht gegen uns gerichtet ist, uns schaden könnte! Verräter seid ihr! Den Meister einer Attacke auszusetzen!“ Während er das gesagt hatte, hatten Malikas Augen begonnen zu leuchten, ebenso ihr Stein. Kurz bevor sie diesen Strahl abfeuerte, schmiss sich Recoil zwischen Gregor und Malika und wurde von der Attacke getroffen. Was dann geschah, konnte ich nur ahnen. Schnell hatte ich meinen Kopf wieder hinter den Baum gezogen, und tatsächlich, die Äste der Bäume knirschten unter der Kraft der Druckwelle und die Bäume wankten leicht. Man konnte Recoil unter Schmerzen aufschreien hören, ebenso Gregor. Vermutlich war Recoil von der Kraft der Attacke auf Gregor geflogen. Dann hörten die Bäume auf, sich zu bewegen und ich begab mich wieder hinter dem Baum hervor. Dort lag das Stahlos, auf dem Boden und Blut lief aus seinem Maul, das offen stand. Seine Augen waren nur noch einen Spalt weit geöffnet und er keuchte schwer. „Tut mir Leid, Meister“, war das letzte, was er sagte, bevor seine Augen sich schlossen, seine Atmung stoppte und seine Glieder sich entspannten. Er war tot. Malika fauchte wütend. Ihr war das Ganze scheinbar zu wider. „Sinnloses Opfer!“, presste sie hervor, „Lebend lasse ich dich nicht diesen Ort verlassen, glaube mir, Gregor!“ Ihre Augen hatten nicht aufgehört zu leuchten, ihre Ohren waren stark angelegt und ihr Nackenfell sträubte sich. Gregor wich einige Schritte von ihr zurück, seine Ohren ebenfalls angelegt, Horror in seinen Augen erkennbar. „Mache nie einen Wächter wütend“, sprach Fuoco dann, die zusammen mit den anderen neben mich getreten war. Überraschender Weise griffen Gregors Leute uns nicht einmal an, sondern sahen nur zu Boden. Dann fragte Flap: „Wieso ist das so?“ „Man sagt sich, Wächter haben die Fähigkeit, zwei uralte Attacke zu benutzen. Eine erfahren sie mit der Erfahrung der Zeit“, antwortete Fuoco schwer atmend, „Doch die andere kann nur durch starke Emotionen und Druck, so sagte man, freigesetzt werden. Unwissentlich werden die Wächter sie einsetzten und diese zweite Attacke soll, so heißt es ebenfalls, unberechenbar sein. Eine Attacke-“ „-die die Kraft hat, die Zeit zu stoppen, den Tod zu umgehen. Aber auch die Kraft hat, den Tod zu senden, selbst zu den Legendären. Unabwendbar für jeden, gegen die sie gerichtet ist“, beendete Derrek leicht keuchend. Viel half mir das nicht. Was meinten sie damit? Unabwendbar? Es war einfach unverständlich für mich. Ein Einzelgänger, der sich nie mit Legenden und Sagen beschäftigt hat. Wie sollte ich auch es verstehen können. Legendäre Pokémon den Tod senden? Das klag für meine Ohren so unendlich falsch. Absurd. „Ray meinte, dass sei eine Lüge. Er selbst habe trotz all der Zeit nicht eine Attacke erfahren“, gab Elli dann etwas enttäuscht von sich, „Aber vielleicht ist mit der Erfahrung der Zeit etwas anderes gemeint, als man vermuten würde.“ „Ja“, nickte Fuoco dann, bevor sie sich Gregors Leuten zu wandte, „Warum greift ihr uns nicht mehr an? Furcht vor Malika oder Einsicht? Und wagt es nicht, zu lügen!“ Die drei Angesprochenen sahen sich an. Dann trat Lave hervor und sagte: „Was mit den beiden ist, weiß ich nicht, aber ich habe etwas eingesehen.“ „Und das wäre?“, fragte ich leicht ungläubig. „Das es keine Rolle spielt, auf welcher Seite ich nun bin“, gab er zurück, „Dann bin ich lieber auf der, die nur ihre Aufgabe erfüllen wollen, als auf der, die nur ihren Spaß am Kämpfen und Morden haben.“ Das Funkeln in seinen Augen reichte mir, um ihm zu glauben. Ich nickte ihm zu, bevor Flap dann sagte: „Tz, natürlich habe ich es eingesehen, dass es falsch war, euch zu bekämpfen!“ Ihre Stimme klang nicht so, als ob sie das gerne aussprach und in Fuocos Augen leuchtete Wut auf. „Du wagst es, mich anzulügen!“, rief Fuoco erbost auf, und das nächste, was sie tat, war einen Feuersturm auf das ahnungslose Ampharos zu feuern. Flap schrie auf und als die Flammen erloschen, lag sie auf dem Boden, jammernd. Derrek schüttelte nur den Kopf: „Ich verweigere mich dazu zu äußern. Du weißt, wie ich hierzu stehe.“ Dann wandte er sich ab und beobachtete weiter das Geschehen zwischen Malika und Gregor. „Komm, Malika, wir wollen doch nichts unüberlegtes tun“, versuchte Gregor Besagte zu beruhigen, was aber das Gegenteil zu bewirken schien. Um Malika entstand eine violett leuchtende Aura, die selbst auf mich weit weg von Malika beängstigend wirkte. Gestein begann sich aus dem Boden zu lösen und schwebte um Malika. „Nein“, keuchte Fuoco, „Wir müssen sie aufhalten! Die Attacke wird unser nicht verschonen!“ Ihre Stimme war angsterfüllt und panisch blickte sie uns an. Aber wie sollten wir das tun? Uns vor sie stürzen? Wohl eher nicht. Also tat ich das, was ich für am besten hielt, und rief Malika zu: „Malika, nicht! Ist es das wert?“ Und tatsächlich schien ich zu ihr durchzudringen, denn für einen Moment löste sich die Aura auf und die Steine fielen zu Boden. „I-ich weiß es nicht“, stammelte sie dann verwirrt, „Es ist nur- er. Ach, was weiß ich!“ Damit drehte sie sich zu uns um und sah uns fragend an. Sie wusste wirklich nicht, was sie tun sollte. Aber nun hatte sie erst einmal das Schlimmste abgewendet. Zum Glück und unser aller Erleichterung. Auf einmal war ein lautes, ohrenbetäubendes Grollen aus den Wolken zu vernehmen. Der Himmel verdunkelte sich mit Mal immer mehr und grelle, weiße Blitze jagten einander im Himmel, immer gefolgt von einem tiefen Donner. Der Wind nahm stark zu und es war ein unangenehmer, kalter Wind, der einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Die Blätter der mächtigen Bäume wurden aus ihrem Halt gerissen und flogen wild umher. Sand wurde aufgewirbelt und selbst einige kleine Steine lösten sich von der Erde. Irgendwie breitete sich ein mehr als ungutes Gefühl in mir aus und mein Blick wanderte zu Malika, deren Gesichtsausdruck versteinert schien. Schier unendlicher Horror spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider und er schien nicht weichen zu wollen. Elli war neben Malika zu Boden gegangen und sah sie fragen an. „Malika, ist es das?“, rief sie dann gegen den Wind an und erhielt als Antwort nur ein Nicken Malikas. Dann schlug ein Blitz in einen der Bäume ein und dieser begann augenblicklich zu brennen. Lichterloh brannte er in wenigen Minuten nieder, aber das Feuer schlug nicht über. Nun zeichnete auch Fuocos und Derreks Horror und Angst vor dem Kommenden. „Könntet ihr mir bitte sagen, was hier geschieht!“, rief ich dann wütend aus. Mir reichte es, dass langsam alle Angst bekamen und ich noch nicht einmal wusste, was um mich herum geschah. Selbst Flap, die sich von Fuocos Feuersturm nur schwer erholt hatte, und auch Lave schienen zu wissen, was hier geschah, nur mir sagte man es einfach nicht. Das machte mich wütend. „Genau, so ungern ich dem Zwerg Recht gebe! Ich will ebenso wissen, was hier geschieht!“, knurrte Gregor. Er wusste auch nicht, was geschah? Das hielt ich für unwahrscheinlich. Aber andererseits würde er mir niemals Recht geben, wenn er es wüsste. „Du weißt es, Tare!“, rief Malika mir dann, endlich aus ihrer Starre erwacht, zu, „Du weißt es, glaube mir. Denk nach, warum wir die Kugel geholt haben!“ In ihrer Stimme schwelgte ein bitterer Unterton mit, der mir nicht entging. Ebenso wenig entging mir Ellis trauriger Blick und endlich traf eine Idee meinen Kopf. Mein Blick wanderte gen Himmel, wo die Blitze immer greller ihre Spuren zogen und somit die dunkle Wolkendecke erhellten. Ich atmete tief ein. Gleich würde ich dem selbst erschaffen Leid entgegentreten müssen, dem Silbernen Himmel und dieses Pokémon würde sicher keine Gnade walten lassen. Komischer Weise verspürte ich keine Angst vor dem nahenden Tode, der mir baldig gegenüber stehen würde. Im Gegenteil. Große Erleichterung über kam mich, sogar ein wenig Frohsinn. Bald sollte das hier alles ein Ende nehmen. Ein Ende, das mich endlich erlösen würde von der Insel, fort von hier. Zwar auf einem anderen Wege als ich es zuvor wollte, doch ich konnte hier fort. Und so fand ein Lächeln seinen Weg, langsam und zögerlich, auf meine Lippen und mein Gesichtsausdruck wurde deutlich weicher. Nicht länger wirkten die Blitze so unangenehm grell. Sie waren mehr warme Lichtstrahlen für mich, immer mehr meine Erlösung ankündigend. Und auch der Donner, das laute, angsteinflößende Grollen, hörte sich mehr wie eine Melodie an, die mir die Freude selbst ankündigte. Nur am Rande nahm ich Malika war, die versuchte, mich zurück aus meinem Traum zu holen. Sie rief meinen Namen, ebenso tat es Elli, doch das wirkte viel einladender. „Verdammt, Tare!“, hörte ich Fuoco furios ausrufen und dann spürte ich einen Schlag im Nacken. Sofort verschwand das Lächeln von meinen Lippen und zurück blieb ein finsterer Blick des Missgefallen. „Was?“, knurrte ich völlig unbewusst und sofort sah ich die anderen erschrocken und gleichzeitig reuevoll an. Ich sah auf den Boden und murmelte dann: „Tut mir Leid. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.“ Die Schmerzen hatten mich gepackt, als Fuoco zugeschlagen hatte. Das hatte sie wahrscheinlich nicht beabsichtigt, nur, mich zurück zu holen. „Mir auch Tare“, keuchte Fuoco dann, während sie begann stark zu schwanken, „Ich musste nur noch den letzten Dienst erweisen, dich hier in der Realität zu erhalten, damit ich endlich gehen kann.“ Dann fiel sie zu Boden und regte sich nicht mehr. Kein einziger Atemzug mehr war sichtbar und ich wandte meinen Blick ab, nachdem ich noch zu ihrem leblosen Körper sagte: „Danke.“ Auf einmal erleuchtete der ganze Himmel in einem hellen, gleißenden Licht, der einen dazu zwang, die Augen zu schließen. Schnell wand ich mein Gesicht dem Boden zu, in der Hoffnung, nicht all zu sehr geblendet zu werden. Ein hoher Laut erfüllte die Gegend. Ein warmer, einhüllender Laut, der einem das Herz hätte aufgehen lassen können, wenn man nicht wusste, von wem dieser Laut stammen musste. Schweren Herzens öffnete ich dann, als das Licht meines Empfinden nach nicht mehr so grell war, meine Augen wieder und erblickte, hoch oben am Himmel noch, ein Dragonir, dass majestätischer nicht seien konnte. Ein langes, großes, weißes Horn saß auf dem Kopf des Dragonirs. Die flügelähnlichen, ausgefransten Federohren waren lang und erschienen in einer rosigen Farbe, während die Kugel an der Kehle in einem dunklen blaugrauen, leicht violetten, Ton leuchtete. Das, was normal, soweit ich das wusste, bei einem Dragonir blau war, war bei diesem in einem hellen gräulichen Blau. „Silver“, hörte ich Malika neben mir keuchen, „Es ist also wahr, was man über dich sagt.“ Es war mehr ein Flüstern und dennoch schien des Dragonir, dass scheinbar Silver hieß, sie zu hören und flog direkt auf sie zu, nur, um dann direkt vor ihr zum Stehen zu kommen. „An Gerüchten ist immer etwas Wahres, Wächterin“, entgegnete das Dragonir in einer warmen, ruhigen Stimme. Silver war eindeutig weiblich und auch ihre blauen Augen waren sehr feminin, das hätte ich aber vorher nicht der Entfernung wegen erkennen können. „Ich weiß“, seufzte Malika darauf hin, „Doch ich hätte gewünscht, es wäre nicht du. Nun wird das Ganze hier schwieriger, als es sein müsste.“ Dann deutete Malika zu Elli, um deren Hals die Kugel hing und schlagartig wurden Silvers warme Gesichtszüge eiskalt und hart. Ich verstand nicht, von was die beiden dort redeten. Es blieb mir ein Rätsel, ebenso, ob dieses Dragonir der so genannte Silberne Himmel war. Und wahrscheinlich würde man es mir noch nicht einmal von alleine erzählen. „Malika“, sagte das Dragonir dann ernst, „Niemals. Das letzte Andenken kann nicht auch noch zerstört werden! Denkt denn keiner an mich, was ich durchmachte zu jener Zeit, dass mich dazu trieb, seinen Platz einzunehmen? Nichts hat man mir gelassen, noch nicht einmal das, was uns als Familie hätte auch ohne ihn weiter leben lassen!“ Ihre Stimme bebte und gegen Ende schrie sie. „Beruhige dich, Silver“, sprach Malika auf sie ein, „Was geschehen muss, muss geschehen. Und du weißt, es wird geschehen.“ Für einen Moment herrschte Ruhe und Malika sah in den Himmel, dessen Wolkendecke sich aufgelöst hatte. Zurück war leicht rotorangener Abendhimmel geblieben. Es dämmerte also tatsächlich schon. Dann sprach Malika auf einmal weiter: „Man kann den Lauf der Dinge nicht ändern. Alles was geschieht, geschieht, weil es geschehen muss. So war es auch damals, Silver. Alles hier hat seine Gründe und kein Opfer soll umsonst gebracht sein. Verstehst du?“ Bedrückt blickte Angesprochene Malika an und nickte dann zögernd: „Ja, ich verstehe, was du meinst, aber bedenke, Wächter können mit dem Geschehen spielen, es ändern.“ Ihr Blick wanderte zu mir und ich zuckte zusammen. Nicht, weil ich mich vor ihrem Blick fürchtete oder vor dem, was sie mit mir tun würde, wohl eher mehr wegen des Ausdruckes in ihren Augen. Diese Reue, dieses Bedauern, dass sich in ihnen widerspiegelte. Es ergriff sogar meine Seele. Sie sah so verletzt und reuevoll aus. Aber wie konnte man verletzt und doch reuevoll sein? Was hatte dieses Pokémon so verletzt, dass es das mit nur einem Blick übermitteln konnte. Ihr Blick veränderte sich wieder, wurde erneut weicher und dann schließlich sagte sie: „Du hättest das nicht tun sollen. Nicht du. Du warst für mehr bestimmt und dennoch hast du dich mit dem Lauf der Zeit angelegt und es so kommen lassen, wie es nun ist. Du stehst dort, keine Angst in deinen Augen. Du wartest nur noch auf die Erlösung durch den Himmel, doch so einfach geht das nicht.“ Das verwirrte mich zu sehr. Was meinte sie nun damit schon wieder? Konnte man sich nicht einmal klar ausdrücken, wenn man zu mir sprach? Es war doch immer wieder schön, nicht zu wissen, was diejenigen meinten, wenn sie mit einem sprachen! Wirklich. Silver seufzte: „Du hast den Silbernen Himmel gerufen, doch er kam nicht, denn dafür musst du Angst haben, den Himmel fürchten. Doch so, wie du hier stehst, wird er nicht kommen können, ewig eingeschlossen bleiben und somit kann auch die Kugel nicht zerstört werden.“ „Jetzt hör mir mal zu, du aufgeblasenes Dragonir! Sag dem Silbernen Himmel, er soll hierher kommen, damit ich mal ein Wörtchen mit ihm reden kann!“, rief Elli erbost aus, die neben Malika am toben war. „Elli, sei lieber ruhig und rede nicht so mit Silver!“, redete Malika vergebens auf sie ein, ohne Erfolg. Ich sah, wie Silver ebenfalls wütend zu Elli sah und die beiden sich tödliche Blick zuwarfen. Und ich dachte, Silver wäre vernünftig. Falsch. „Sei ruhig!“, schrie Silver dann und ihre Augen begannen zu leuchten, „Niemand spricht in diesem Ton mit mir. Niemand! Das du es wagst!“ Langsam stieg sie in die Luft und sah auf Elli hinab, bis sie dann fort fuhr: „Noch nicht einmal das Recht dazu hat jemand! Du bist eine Schande für Drachenpokémon, du verdienst es nicht eines zu sein!“ Nun hatte auch ihre Kugel begonnen zu leuchten und Silver stieß einen hohen Schrei aus, der einen durchbohrte. „Wie konntest du es wagen, so mit mir zu sprechen?“, fragte Silver nun irritiert, „Mit mir? Du weißt noch nicht einmal, wem du gegenüber stehst!“ Sie flog unruhig im Himmel umher, immer schnellere Kreise ziehend, wahrscheinlich in der Hoffnung sich zu beruhigen. Und dann leuchteten meine Augen für den Bruchteil einer Sekunde in einem hellen grün, als ich eine Vermutung bekam, wer sie war. „Bist du es? Bist du die Erlösung? Muss ich dich fürchten unter allen Drachen? Bist du der-“,ich stockte bei meinem Ausruf, „Bist du der Silberne Himmel?“ Kapitel 8: Desaster ------------------- Silver hielt in ihren Bewegungen inne und sah hinab zu mir. Erstaunen zierte ihr Gesicht, dennoch wich die Wut aus ihren Augen nicht. So verstrichen Minuten, vielleicht auch nur Sekunden, in denen wir uns ansahen und ich auf eine Antwort wartete. Währenddessen fiel mir auf, dass Flap und Lave verschwunden waren. Wohin sie waren, war mir nicht aufgefallen. Es war fast, als wären sie nie da gewesen. Keine Spuren waren von ihnen geblieben, nur die Erinnerung an den kurzen Kampf zwischen Lave und mir. Derrek und Syne standen etwas abseits, mit ersten Mienen schauten sie zu Silver auf, vielleicht ebenso auf eine Antwort wartend. Es war nur eine Frage, eine Theorie, die sehr gut falsch sein konnte. Nur ein Streich, der mir mein Verstand spielte. Vielleicht hatte ich auch nur schon zu viel Blut verloren und die Realität versiegte langsam unter den Schmerzen. Auch das war nur eine Theorie. Wer konnte mir schon sagen, ob, dass das Licht mich noch einmal bescheinen würde, wäre die Sonne erst einmal komplett verschwunden. Noch sendete sie ihre warme Flut von Sonnenstrahlen durch das dichte Geäst der Bäume. Es war dann, dass ich die Zerstörung unserer Kämpfe sah. Äste waren abgebrochen und Blätter, grüne, aber auch verbrannte, lagen auf dem staubigen, sandigen Boden. Mein Blick landete auf Fuoco, die schon lange ihren letzten Atemzug getan hatte, ebenso wie Recoil. Ein Opfer für Gregor. Warum war er so dumm gewesen? Und es war auch dann, dass ich sah, wie Gregor versuchte sich fort zu schleichen. Halb abgewandt war er schon von uns, aber so leicht sollte er nicht gehen dürfen. Nein, das würde ich nicht zulassen. Fuoco war wegen ihm Tod, wenn auch nur wegen der Treue Derreks zu jenem Zeitpunkt. „Gregor!“, rief ich laut aus und meine Stimme hallte in dem ruhigen Wald wider. Erschrocken für das Hundemon zu mir um, seine Augen geweitet aus selbigen Grund. Ich spürte, wie die Blicke der anderen auf mir verharrten, mich gerade zu fragten, warum ich ihn gerufen hatte. Ohne mir die Mühe zu machen, noch mehr zu sprechen, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Silver zu, deren Augen und Kugel, wie ich feststellte, aufgehört hatten zu leuchten. Sie sah mich mit einem weichen, traurigen Gesichtsausdruck an und auf ihren Lippen lag ein ebenso trauriges Lächeln. Sie wollte etwas sagen, vielleicht auf meine Frage antworteten, aber sie kam nicht dazu. „Ihr habt gerufen?“, ertönt Rays Stimme hinter mir. Kälter, als ich sie kennen gelernt hatte. Ich drehte mich nicht um, sah nur, wie Silvers Blick kurz zu Ray wanderte und dann wieder auf mir lag. Silver und Ray gerufen? Das machte für meine Ohren keinen Sinn. Weshalb sollte Silver Ray rufen, so dass er zuvor auch nicht mit Malika und Elli gekommen war? Die Skepsis spiegelte sich dann auf meinem Gesicht wider, als sie Ray auch noch antwortete: „Ja, habe ich. Du weißt, wie zu benehmen, nicht?“ „Ja“, antwortete Ray nüchtern, flog über uns hinweg und landete unter Silver, um sich dann Malika und den anderen zu zuwenden, „Ihr habt hier nichts verloren. Geht, bevor ich euch dazu bringen muss, was relativ unangenehm für euch werden könnte.“ Verwirrung? Nein, überhaupt nicht. Nun löste mein Blick sich doch von Silver und wanderte zu den anderen. Malika hatte einen unlesbaren Gesichtsausdruck, während sie zwischen Ray und Silver ins Nichts zu starren schien. Elli hingegen kochte mal wieder. Vielleicht konnte man ihren Ausbruch ja abzählen, bis er kam? Doch bevor ich auch nur weiter über diese seltsame Idee nachdenken konnte, kam der Ausbruch auch schon: „Was soll das heißen, Ray? Wir sind doch Freunde! Wieso solltest du uns verletzten?“ Danach breitete sich wieder Stille aus. Stille, die uns zu verschlingen vermochte mit der Unannehmlichkeit, die sie mit sich trug. Es war nahezu unheimlich, wie erdrückend es einem doch vorkam, einfach nur dort zu stehen und nichts zu sagen zu wissen. Ray sah Elli nur stumm an, keine Emotionen wagten ihren Weg auf sein Gesicht, während Silver langsam zum Boden glitt und sich vor mir auftürmte. Ihren Kopf hatte sie an ihren Körper angezogen, damit sie auf mich hinab blicken konnte, ohne ihre Höhe zu ändern. Ich kam mit klein vor, kleiner als ich eh schon zwischen all den großen Bäumen war. Es war ein seltsames Gefühl, einem Dragonir gegenüber zu stehen und dessen Blick zu erwidern, zumal meine Frage noch immer eine unbeantwortete war. Während Silver und ich und ansahen, murrte Elli noch immer über Rays Drohung, die sie nicht verstand, ebenso wenig tat ich es. Elli stürzte sich wütend auf Ray. Das war mal ein Anblick! Malika mischte sich in die Streiterei der beiden genervt ein, als sie die beiden mit Konfusion voneinander trennte. „Es reicht“, fauchte sie dann, wandte sich Ray zu, „Wir werden nicht, ich wiederhole, nicht gehen! Du kannst mir nicht drohen, nur, weil du größer bist wie ich es bin!“ Danach war Ruhe. Einige Sekunden verstrichen danach, bis Silver dann kurz ihre Augen schloss, nur, um sie dann wieder zu öffnen und etwas seufzend von sich zu geben: „Kannst du allen Ernstes den Tod vor deinem Leben wählen? Erkläre mir, wieso?“ Man konnte deutlich hören, wie ernst sie diese Frage meinte. Sie verstand mich in meinem Handeln nicht. Verständlich. „Alles hat seine Gründe“, gab ich zurück, „Ich werde nicht aufgeben, bis der Silberne Himmel erschienen ist. Vielleicht bist du es, irgendwo tief in dir, doch du willst es nicht zeigen. Ist das so?“ „Du fragst zu viel, Igelavar“, ertönte Rays erzürnte Stimme, der neben Silver getreten war. „Fragen sind relevant für das Leben, Ray“, schaltete sich Malika ein, „Ohne Fragen wären wir nicht hier und würden unter solchen Umständen leben. Das sollte dir bewusst sein, zumal es doch dich betrifft.“ Das Glurak jedoch schnaubte nur verächtlich: „Du hast keine Ahnung von was du redest, Wächterin. Das Leben ist ein Spiel, meine Liebe. Man sollte wissen, auf welcher der Seiten man zu stehen hat!“ Das erschien mir so sehr nicht nach dem Ray, den ich die Nacht kennengelernt hatte. Wieso benahm er sich so seltsam? Besser, was ist mit ihm geschehen? „Aber Ray!“, brachte Elli geschockt hervor, „Wieso?“ Doch sie sollte keine Antwort erhalten, denn Silver sprach wieder: „Genug. Ray, es ist in Ordnung. Er darf das. Nur zu dir, Tare. Du hattest die Frage schon einmal gestellt, ob ich der Silberne Himmel sei. Die Frage liegt aber darin, was der Silberne Himmel ist, oder nicht?“ Ihr Blick wandte sich dem Himmel zu, an dem einige Wolken vorüber zogen, die von den Sonnenstrahlen der Sonne Orange und Rosa erschienen. Ich legte meinen Kopf leicht schief, verstand ich doch mal wieder nicht, was man mir sagen wollte. Versuchen tat ich es wirklich, doch wie meinte sie es? Der Silberne Himmel. Ray sagte doch, er käme, wenn man den Tempel gesehen hatte und über ihn dann sprach, mehr, als was normale Pokémon wissen konnten. Warum konnte man mir nicht einmal vernünftig eine klare Antwort geben? Nein, Pokémon meinten, sie könnten einfach verwirrende Dinge sagen und mich durcheinander bringen. Hatten sie ihren Spaß daran? Wahrscheinlich. „Wie meinst du das?“, fragte Elli neugierig, ihre Wut auf Silver scheinbar wie vergessen. Sofort wandte Silver ihren Blick wieder dem Altaria zu, um dann als Antwort den Kopf zu schütteln: „Es ist von keinem Belangen, Elli, richtig?“ Elli nickte nur ein wenig beleidigt. „Du willst wirklich wissen, was oder wer der so genannte Silberne Himmel ist, Tare?“, wandte sich Silver schlussendlich an mich und ich bestätigte dieses mit einem Nicken. „Nun gut“, kam es relativ nüchtern, „Vor gut 50 Jahren, kurz bevor der Krieg zwischen Feuer und Eglysyas ausbrach, beschlossen die Legendären endlich auf eine alte Sage einzugehen. In dieser Sage wurde schon damals der Krieg voraus gesagt, aber auch die Opferung zum Schutze des Tempels des Kores wurde damit verkündet. Das Dragonir müsse eine Gefährtin sowie ein Ei haben. Und zu jener Zeit kam nur ein Dragonirpärchen in Frage-“ „Das waren Silver und ihr Gefährte“, unterbrach Malika das Dragonir, welches wenig überrascht schien, „Das Ei jedoch, so sagte es die Sage, müsste man dem Pärchen wegnehmen und in ein Dorf geben, ohne gesehen zu werden. So wurde es auch getan. Silvers Gefährte wurde dann geopfert, seine Kugel aufbewahrt und in ihr die Kraft eingeschlossen, die der Tempel noch hat.“ „Was ist mit dem Ei nun geschehen?“, fragte, zu sicherlich nicht meiner Überraschung, Elli, deren Stimme von Erstaunen und Ungläubigkeit geprägt war. „Es muss erst vor einigen Jahren – vielleicht so vor sieben Jahren – in ein Dorf gegeben worden seien, denn soweit ich weiß“, brachte Malika sich wieder ein, ihre Stimme ernst, „hat man es mit einem Bann belegt, dass es halt erst Jahrzehnte nach dessen Legung zur Schlüpfen kommen könnte. Wo Silvers Kind sich befindet, wissen noch nicht einmal wir Wärter, noch die Boten der Legendären.“ „Davon habe ich schon einmal gehört“, bemerkte Derrek, der dichter zu uns getreten war, eine nahezu gleichgültige Miene widerspiegelnd. „Trotzdem hast du meine Frage nicht beantwortet“, warf ich dann ein. Verdammt, ich wollte eine Antwort! „Sei ruhig!“, warf Ray mir dann mit erzürntem Ausdruck vor, „Du hast keinerlei Recht so zu sprechen mit einer Wächterin!“ Gut zu wissen, dass Silver auch eine Wächterin war. Auch, wenn mich noch immer wunderte, was genau Wächter waren und was sie taten. Rays Art, sie war so schrecklich. Er benahm sich nicht, wie das Glurak, dass mich hatte gehen lassen mit einem nicht ausgesprochenen Versprechen, welches ich doch gebrochen hatte. Vielleicht war es dies, das ihn so störte? Konnte er denn nicht verstehen, dass ich nur ein einziges Mal in meinem Leben helfen wollte? Niemand schien mich wirklich zu verstehen, nur Malika war es, die mich nicht mehr hinderte, ebenso Fuoco, die mich noch einmal zurück geholt hatte, bevor ich doch entschlafen wäre. Nun stand ich doch hier und war dem vermeintlichen Silbernen Himmel gegenüber. Natürlich wusste ich immer noch nicht, was der Silberne Himmel war – vielleicht war es ja der Name, den sie als Wächter trug? Dann ertönte Malika, ihre Stimme bebte, offensichtlich vor Wut und Enttäuschung: „Sei du ruhig, Ray! Du hast genauso wenig Recht, so mit Tare zu sprechen! Sollte Silver nicht besser wissen, wer mit ihr so zu sprechen hat? So glaube ich zumindest es zu wissen, was ihr als Wächterin zusteht. Tare, verzeih Ray sein Benehmen, ja?“ Sie sah mich so seltsam an, nicht wirklich einzuordnen. Einerseits war es fröhlich, auf seine ganz eigene Art, und, doch andererseits erbost. Seltsam? Nein, überhaupt nicht! Nicht nur, dass ich deren ganzes Gerede von Wächtern nicht verstand, so verstand ich noch weniger, warum ich Ray vergeben sollte. Wofür, bitte? „Eine Frage“, brachte ich dann heraus, von meinen ganzen wirren Gedanken gestört, „Was genau ist nun eigentlich ein Wächter?“ Mir reichte es einfach. Wenn man schon die ganze Zeit darüber sprechen musste, so konnte man doch den Gefallen erweisen und mich aufklären, oder? „Es gibt unterschiedliche Wächter“, begann Malika, keine Anzeichen in ihrer Stimme, dass sie mich nicht ernst nahm. Dann übernahm Silver für sie: „Es gibt die, die für kleine Dinge, die schon recht groß sind und hier zu Lande zu vollbringen sind. Malika zum Beispiel, die Wächterin der Kugel, und Ray, der Wächter des Kores-Tempel. Auch ich bin einer, wie Ray ja in seiner ungezügelten Unhöflichkeit heraus brachte. Ich gehöre zu jenen Wächtern, die über einen bestimmten Typen wachen, ich über die Drachenpokémon.“ Ja, natürlich. Das half so sehr, ich konnte vor Wissen und Erleuchtung nicht mehr einen klaren Gedanken fassen. Schon seltsam, dass sie glaubten, solch eine magere Antwort würde mich aufklären über die anscheinend komplizierten Vorgänge zwischen den Legendären und den Wächterpokémon. Nach dem Gesprochenen sagte mal wieder niemand etwas. Je öfter diese Stille in solchen Situationen kam, desto mehr störte und bedrückte sie mich. „Und um endlich deine Frage zu beantworten“, brach Silver dann jene Stille, „Der Silberne Himmel wird immer der Wächter der Drachenpokémon in Sagen genannt. Also ja, ich bin dieser Silberne Himmel.“ Also hatte ich Recht. Recht mit meiner Vermutung, sie sei der Silberne Himmel. Wie aber kam es, dass sie sagte, ich müsse sie fürchten um den Silbernen Himmel endgültig zu rufen? Vorhin, als Elli sie so wütend gemacht hatte, hatten ihre Augen ja aufgeleuchtet, so wie es die von Malika getan hatten, bevor sie eine der alten Attacken einsetzte. Wäre es an dem Punkt auch zu solch einer Attacke gekommen? Es machte alles nur so wenig Sinn. „Und wieso kannst du die Kugel dann nicht einfach zerstören?“, fragte Elli dann irritiert. Wenigstens eine, die scheinbar wusste, was ich gerne fragen würde. „Wie ich sagte, er“, damit deutete das Dragonir auch mich, „muss mich fürchten, andernfalls gibt es kaum eine Möglichkeit meine Kräfte frei zusetzten. Und selbst dann ist es nicht garantiert, dass ich die Kugel zerstören würde.“ „Wie du sagtest, es gibt kaum eine Möglichkeit, da du gelernt hast, dich zu beherrschen. Mehr oder weniger. Aber die Furcht an sich macht dich nur wütend, Silver, das darfst du nie vergessen“, erwiderte Malika, „Und deshalb muss man dich nicht fürchten, man muss dich wütend machen.“ Also, ja. Das bestätigte doch meine Vermutung, dass so etwas, wie Malikas Attacke geschehen wäre, hätte Silver sich nicht wieder beruhigt. Sie hatte gelernt, sich zu beherrschen? Das war auch etwas, dass ich nicht wirklich verstand. Immerhin hatte Elli noch nicht einmal viel gegen sie aufgebracht, und dennoch war sie so rasend geworden. Da wollte ich wirklich nicht wissen, wie sie damals war, als sie sich noch nicht 'beherrschen' konnte. Da wäre ich bestimmt schon lange tot. „He, Zwerg“, rief Gregor mir zu, „Ich glaube, dem bist du nicht gewachsen! Du und jemanden wütend machen, der ein Wächter ist? Träum' weiter, Kleiner.“ Es klang so spöttisch und hämisch, dass es mich rasend machte. Ein seltsames Unbehagen breitete sich in mir aus und mein Körper schien mir fremd. Es war fast so, als wolle ein Fremder die Kontrolle übernehmen, aber, nein, dass durfte er nicht. Ich kniff meine Augen fest zusammen und zog meinen Kopf dicht an meinen Brustkorb. Dann schüttelte ich ihn heftig, versuchte diese fremde Macht aus mir heraus zu bekommen. „Was ist denn los mit dir, Tare? Hat es dir die Sprache verschlagen? Ach, ich vergaß, du redest ja ungern“,ganz klar konnte ich hören, wie er näher kam. Schon beinahe konnte ich es sehen, wie er den Kopf, arrogant und selbstsicher wie er war, in die Höhe hob und mich noch mehr von oben herab betrachtete. Es war schlimm zu wissen, dass man nichts tun konnte, ihn nur reden lassen konnte. Zumal das seltsame Gefühl in mir immer größer und mächtiger wurde. Ich spürte, wie ich meine Krallen in den sandigen, leicht steinigen Erdboden drückte. „Komm schon, Zwerg, ich weiß doch, dass du wütend bist. Los, greif mich an!“, seine provokative Stimme drang wie ein schreckliches, Unheil vorhersagendes Grollen in meine Ohren, das das Gefühl in mir nur noch vergrößerte und mächtiger werden ließ. „Nein!“, schrie ich, meinen Kopf noch stärker an meinen Brustkorb pressend, „Nein! Das werde ich nicht, Gregor!“ Ich schnaufte und auf einmal spürte ich einen bohrenden Schmerz in meiner Seite. Erschrocken riss ich meinen Augen auf und entdeckte neben mir Gregor, der mir in die Seite biss. Er ließ los und sah mich herausfordernd an: „Ach ja? Wenn du mich nicht angreifst, tue ich es eben! Selbst wenn du es nicht weißt, ich habe bemerkt, was du bist. Das ist der einzige Grund, weshalb Silver dich noch nicht getötet hat!“ Danach herrschte eine Stille, die unerträglich war. In einigen Augen spiegelte sich Horror und Verwirrung wider, in den anderen Reue, Bedauern, Trauer. Ich schüttelte meine Kopf, noch immer hatte mich dieses seltsame, mich scheinbar auffressende Gefühl nicht verlassen. Klar denken konnte ich kaum noch, schaute mich nur ratlos um. Ich war verwirrt. Was war ich denn, dass mich Silver nicht umbrachte? Plötzlich schnürte sich mir der Hals zu, ein schweres, grausames Gefühl breitete sich in mir aus und mein Atem wurde immer schwerer. Der Schmerz der Bisswunde durchzog meinen Körper wie ein Blitz mit jedem Atemzug, den ich mit großer Mühe durch meinen Hals sog. Mein Blick wurde trüb, milchig und meine Beine schienen taub zu werden. „Tare!“, hörte ich Elli rufen. Es klag so fern, so irreal. Langsam schlossen sich meine Augen, die Schreie der anderen wurden immer leiser für mich, immer schwerer wahr zu nehmen, aber ich wusste, sie waren da. Nur, ich konnte mich nicht mehr halten. Fuoco, es tat mir Leid. Ich verlor mich nun doch, die Erschöpfung und der Schmerz holten mich ein. Ich taumelte zu Seite, hob schüttelnd meinen Kopf, meine Augen zusammengekniffen. Tränen, heiße, brennende Tränen flossen aus diesen Augen. Wie Feuer brannten sie auf meinen kurzem Fell, dass völlig verschmutzt und blutverschmiert sein musste. War das wirklich alles real? Konnte das alles geschehen sein, und, geschah es gerade noch? Konnte mich mich jetzt gehen lassen, Fuoco einfach so enttäuschen? Sie hatte mich schon einmal aus meiner Trance befreit, konnte ich es nicht auch selber? Wieso nicht? Ich war doch schon über mich hinausgewachsen heute, warum nicht noch einmal? Eine Lösung musste es geben, konnte mich doch nicht einfach von dieser seltsamen Macht übernehmen lassen. Vereinzelt drangen Rufe wie „Töten“, „Wächter“ und „Schicksal“ zu mir durch. Was hatten diese Wort zu bedeuten? Töten. Hatte das Gregor gerufen? Langsam versagte mein Gehör und die Stimmen um mich herum verschmolzen ineinander wie zwei Flüsse die ineinander überliefen. Am Ende waren sie eins und nicht mehr unterscheidbar. So war es auch mit den wild durcheinander geworfenen Stimmen der Pokémon am Vulkan. Mein Atem wurde mit der Zeit zu einem schleifenden, zischenden Geräusch, dass sich wie sägen anhörte. Und dann, von einem plötzlichen, schrillen Schrei erschrocken, riss ich meine Augen auf. Irritiert sah ich mich um, um den Grund für den Schrei zu entdecken und erblickte, wie Gregor Elli gerade in ihren Flügel biss. „Tare, nein“, hörte ich Malika zu mir sagen, „Beruhige dich, bitte!“ Wieso? Wieso sollte ich? Es machte mich doch einfach nur so wütend, so rasend vor Wut. Warum sollte ich also nicht einfach diese Wut mich übernehmen lassen, diesem seltsamen Gefühl einfach die Kontrolle überlassen? „Verstehe es doch“, murmelte sie und sah mich bedrückt an. Ich konnte nur schroff und kalt erwidern: „Was soll ich verstehen? Wie soll ich es verstehen, wenn niemand mir hier sagt, was ich bin, dass Silver mich noch nicht getötet hat? Was bin ich?“ Nachdem ich das gefragt hatte, hörte man nur noch, wie Gregor einmal aufheulte und Elli zu Malika flog, nur, um sich dann neben dieser nieder zu lassen. Elli sah mich nur kurz an, blickte dann betrübt den Boden an. Meine Augen verließen die von Malika nicht eine Sekunde. Man konnte mir nicht ewig die Wahrheit verschweigen, nein, dass konnte man doch nicht tun! „Tare, du bist anders“, antwortete mir zu meiner Überraschung Silver, die in jenem Moment hinter Malika und Elli glitt, „Anders, verstehst du? Du bist kein normales Pokémon, glaube mir. Wieso, wieso, sag es mir, hast du mich gerufen? Nur, um eine dämliche Kugel zerstören zulassen? Dafür opfert man doch nicht sein Leben, Tare!“ Sie war aufgebracht und fassungslos sah sie mich an. „Nein, antworte mir auf meine Frage! Antworte mir! Oder du Malika!“ Ich war anders? Nein, wirklich? Darauf wäre ich ja nie gekommen, nie! Nein, wirklich nicht. „Wie anders?“, schrie ich Silver dann an, die erschrocken zusammen fuhr, „Wie anders? Was meinst du mit anders? WAS bin ich?“ Ich schnaufte und schüttelte mal wieder meinen Kopf, das Gefühl wollte mich noch immer überwältigen. Nein, es würde es nicht schaffen. Wer wusste schon, was sich mit diesem Gefühl verbarg? Es war stärker als die Wut selber und doch fühlte es sich an wie Wut. „Tare“, begann Malika dann leise, was meine Aufmerksamkeit auf sie lenkte, „Du bist ein-“ „Nein! Er hat es nicht verdient, es zu erfahren!“, unterbrach Gregor Malika harsch. Ich drehte mich zu ihm um, den stechenden Schmerz in meiner Seite ignorieren und rief aus: „Sprech' so nicht mit ihr!“ Das Gefühl wütete wie ein Sturm in mir und ich verlor die Kontrolle über meiner selbst. Ein winziger Teil von mir kämpfte noch dagegen an. Dieser Teil brachte mich dazu, meinen Kopf hektisch und in ruckartigen Bewegungen zu heben und zu senken. „Tare!“, hörte ich schwach Ellis flehende, verängstigte Stimme. Es musste schrecklich aussehen, was dort mit mir geschah. Die Bewegungen meines Kopfes mussten auf andere unnatürlich wirken. Ich hörte mich röcheln, oder wer war das? Meine Augen waren fest zugepresst, mein Kopf verharrte seitlich an meinen Körper herangezogend. „Es ist nicht mehr Herr seiner Sinne, Malika!“, konnte ich noch Silver sagen hören, bevor ich spürte, wie mich eine Klaue im Nacken packte. „Was zum-?“, ich riss meine Augen auf. Nein, ich sah nicht mehr normal. Alles schien so grün und ich blinzelte einige Male, das Gefühl in mir noch immer nicht besiegt, „Wieso?“ Ich keuchte, als ich wieder auf den Boden fallen gelassen wurde. Verwirrt sah ich hinauf. Über mir stand Derrek, sein Gesicht ernst, dann sagte er: „Beherrsche dich, Tare. Sonst kommt die Wahrheit auf dich niedergeschossen, härter als sie sein müsste und könnte großes Unheil über dich und alle anderen bringen.“ Ich verstand ihn nicht, nickte aber dennoch. Mich beherrschen, das konnte doch nicht so schwer sein, oder? „Oh, habe ich jetzt keinen Spaß mit dem kleinen Zwerg?“, versuchte Gregor mich zu provozieren. Nein, nicht provozieren lassen, das durfte ich nun nicht mehr. Warum, war mir in jenem Moment relativ. Ich konnte mich nicht so gehen lassen, seltsamer Gefühl in mir hin oder her. So konnte es ja auch nicht weiter gehen. Und dann fiel mir etwas ein: Ich musste Silver wütend machen, um ihre Kräfte frei zusetzten. „Silver?“, fragte ich sie, ein gleichgültiger Blick auf meinem Gesicht platziert, „Ich halte nicht viel von dir. Weißt du, wenn du wirklich der Silberne Himmel wärst, warum tust du nicht einfach deine Aufgabe und tötest mich?“ Ich konnte sehen, wie Silvers Gesichtsausdruck langsam von verwundert zu zornig überging. Dann fuhr ich fort: „Ich meine, es ist doch deine Aufgabe, immerhin habe ich trotz meines Versprechens über den Tempel des Kores geredet!“ Elli und Malika, die vor Silver standen, sahen mich mit gemischten Gesichtsausdrücken an. Einerseits traurig und wissend, aber doch verängstigt und fassungslos. Sie hatten wohl nicht damit gerechnet, dass ich mich doch noch so gegen Silver auflegen würde, nur, um sie wütend zu machen. „Und du sollst der Wächter der Drachenpokémon sein? Erbärmlich, wenn du mich fragst! Kannst du denn noch nicht einmal eine Aufgabe vernünftig erfüllen oder hast du einfach nur zu große Angst?“ Meine Wort schienen sich wie lange, scharfe Krallen in ihr Herz zu bohren und der Zorn in ihrem Gesicht wurde mit jedem Wort mehr. Als ich ansetzten wollte, um weiter zu machen, schaltete sich Ray: „Sei ruhig!“ Dann sprang er in die Luft und flog auf mich zu, bereit mich mit einer ausgestreckten Klaue zu packen. Doch auf einmal wurde er von einer Aura umgeben, die von Malikas Konfusions-Attacke ausging. Demnach müsste es eine blaue Hülle sein, die ihn umgab, immer noch schien mir alles hier grün zu sein, was mich doch noch irritierte. Dann setzte ich endlich wieder an: „Und ich soll einen Wächter wie dich fürchten? Nie mehr in meinem Leben!“ Und das reicht. Ihre Augen hatten schon vor einiger Zeit begonnen zu leuchten, ebenso die Kugel an ihrem Hals. Aber auch die Kugeln, die gegen Schwanzende zu finden waren, leuchteten. „Du wirst noch bereuen, diese gesagt zu haben!“, presste Silver hervor. Dann stieß sie einen lauten, schrillen Ton aus, der jeden zusammen zucken ließ. „Was soll das werden, Wächter?“, fragte Gregor spöttisch, „Willst du, dass wir taub werden?“ Silver hatte sich in die Luft erhoben und schnaubte verächtlich. Dann flog sie mit einer enormen Geschwindigkeit auf Gregor zu und wickelte ihn mit ihrem Schwanzende ein. „Nein“, zischte sie in einer bebenden, dröhnenden Stimme, „das, mein Lieber, wird dein Ende sein!“ Sie zog die Schlinge um Gregor enger, der unter Schmerzen jaulte. Vergebens biss das Hundemon in Silvers Schwanz, in der Hoffnung, sie würde ihn loslassen, als sie den Vulkan hinauf flog. Und tatsächlich: Als sie gerade den Rand des Vulkans erreichten, ließ sie ihn, regelrecht sanft, zu Boden. Gregor stand nur da, zitternd und jammernd, wahrscheinlich um sein Leben flehend, das konnte man nicht mehr verstehen. Ohne noch länger zu zögern schlug Silver ihren Schwanz gegen Gregor, der daraufhin über den Vulkanrand fiel. Ein schmerzverzerrter Schrei war noch zu hören, bevor sich erneut eine Stille über die Umgebung legte. Es war merklich dunkler geworden, doch wirklich etwas darüber sagen konnte ich noch nicht sehr viel, da ich nur langsam wieder in normalen Farben sehen konnte. „Los, sag es ihm, Wächterin der Kugel“, dröhnte Silvers Stimme in meine Ohren. Malika sah mich an und sagte dann: „Tare, du bist auch ein Wächter. Du bist sogar, soweit ich es einschätzen kann, auf einer Ebene mit Silver! Verstehst du, was das heißt?“ Ja, ein einziges Mal verstand ich, was man mir sagen wollte. Sie wollte mir damit sagen, dass ich der so genannte Wächter der Feuerpokémon bin. Aber wie? Ich, ein einfaches, schwaches Igelavar, dass eh kurz vor seinem Ende stand. War das auch der Grund, für dieses seltsame Gefühl, dass mich noch immer nicht verließ, noch immer in mir wütete und versuchte mir den Verstand zu nehmen, mich zu überwältigen? „Nun weiß er es und nun ist das ein annehmbarer Kampf zu nennen“, bohrte sich Silvers laute Stimme in mein Gehör, „Auch, wenn die Kräfte ungleich verteilt sein mögen!“ „Silver, nein! Das kannst du nicht tun, nicht als Kampf!“, rief Malika erschrocken aus. Ich und ein Kampf gegen Silver? Lächerlich. Das könnte man nie Kampf nennen, nur, weil ich nun wusste, dass ich angeblich ein Wächter wäre, hieß nicht, dass ich solche Kräfte plötzlich hatte. Sicherlich nicht. „Es spielt in diesem Spiel hier keine Rolle mehr. Er hat es herausgefordert, er wollte es so haben und dann soll es auch so kommen!“, schrie Silver, ihre leuchtenden Augen auf mir haftend. Auf einmal begann Silvers Horn zu leuchten. Mittlerweile war meine Sicht wieder normal geworden und ich erkannte, dass die Farben von oben, wo es rot leuchtete, nach unten hin, wo es grün leuchtete, in einander überliefen. Und in selbigen Farben sprühten Funken von dem Horn. Dann erhob das Dragonir sich in die Luft und schoss auf mich zu. „Drachendorn, die alte Drachen-Attacke“, murmelte Malika leicht verängstigt. Das war dann wohl das Ende. Ich hob meinen Kopf und blickt Silver an, die sich mir immer mehr näherte. Kurz bevor sie mich erreichte kniff ich meine Augen zusammen, den stechenden, tödlichen Schmerz erwartend. Doch er kam nicht. Stattdessen ertönte ein krächzender Schmerzschrei direkt vor mir. Ich riss meine Augen auf. Nein, nein, das durfte nicht wahr sein. Meine Augen waren vor Schock geweitet und mein Blick trübte sich rasch, bis ich dann abermals die brennenden, salzigen Tränen über mein Fell rasen fühlte. Ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete und ich glaubte, ich müsse mich über geben. Wieso? Wieso hatte sie das getan? Fassungslos und geschockt tat ich einige Schritte zurück, hoffend, dass das ganze nur ein Trick meiner selbst war und es nur ein Traum war. Ich sah das Blut, das zu Boden tropfte, sah, wie sich ihre Federn voll mit ihrem eigenen Blut sogen. Ich konnte es nicht verstehen, wieso Elli sich zwischen mich und Silver geschmissen hatte, bis ich entdeckte, dass Silver mit ihrer Attacke auch die Kugel durchbohrt hatte. Silvers Augen verloren augenblicklich, als Blut in ihr Gesicht tropfte, ihre leuchtende Wirkung und sie zog erschrocken ihr Horn aus Elli. Elli keuchte und taumelte seitlich. Tränen liefen ihr Gesicht hinab, dessen Augen fest zusammengekniffen waren. „Elli“, flüsterte ich nur, als ich zu ihr lief. Ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Es tat so weh, sie so zu sehen. Hatte es wirklich so kommen müssen? Die Kugel, die in der Mitte durchstoßen war, begann zu leuchten und sich langsam aufzulösen, während ich mich neben Elli setzte. „He“, flüsterte sie leicht lachend, als sie ihre Augen schwach öffnete, „Danke, dass du Malika doch noch geholfen hast, Tare. Und ich wollte dir noch sagen, dass ich dich wirklich mag, auch wenn es vielleicht nicht so wirkte.“ Und dann entspannte sich ihr Körper, ein ruhiger Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht. Der Kopf leicht schief zur Seite geneigt und die Flügel von sich gestreckt. In ihrem Brustkorb die Wunde, die ihr Silver zugefügt hatte, blutverschmiert ihre Federn. Warum musste es sie treffen? Und alles war meine Schuld, meine und die meiner Stimme! „Du bist Schuld, Silver“, presste ich dann wütend und enttäuscht hervor, während ich mich zu besagtem Dragonir umdreht, „Du alleine! Du hast sie umgebracht, ohne Grund!“ Die Wut kam wieder und das Gefühl ergriff mich. Es wirkte fast so, als würde ich das geschehen von einem anderen Standpunkt aus betrachten. Meine Augen leuchteten in einem hellen, giftigen Grün, während meine Flammen an Größe und Hitze zu nahmen. Der Erdboden bebte leicht, kleine Risse bildeten sich in diesem Boden. Lava quoll aus jenen Rissen und, nur leicht. Dann rüttelte die Erde, meine Krallen drückten sich in den Erdboden, während Lava um mich herum floss. War das wirklich ich, der solch eine Kraft freisetzte? Konnte das ich sein, oder war ich tatsächlich ein Wächter und war außer Kontrolle geraten? Ich konnte sehen, wie Syne Ellis Körper mit seinen Ranken hoch hob und so vor der Lava schützte, während er und Derrek weiter in den Wald flohen. Auf einmal schossen Lavafontänen aus der Erde empor, während diese fremde Macht meinen Körper dazu brachte, seine Krallen noch fester in den Erdboden zu verankern. Die Lava die an meinen Beinen lang floss schien keine Wirkung zu haben. Malika und Silver schienen sich mit Schutzschild und Bodyguard zu schützen, während Lava und Gestein sie attackierte. Ray flog oberhalb des Geschehens, bis er scheinbar etwas für sich bechloss und sich auf meinen Körper stürzte, ihn aus dem Lavastrom riss und gegen einen Baum rammte. Dann wurde alles schwarz. Epilog: Epilog -------------- Ich fühlte mich so schwach. Wo war ich? Alles war schwarz und meine Augen ließen sich nicht öffnen. Mein Kopf schmerzte stark und nur langsam kam die Erinnerung wieder. Elli war tot, ich war ein Wächter und die Kugel war zerstört worden. Aber wie lange war das her? Es kam mir vor, als hätte ich Jahre geschlafen. Schlaff und träge fühlte sich mein Körper. Und nicht nur der: Augen und Ohren taten nicht ihren Dienst nicht mehr, konnte ich meine Augen noch nicht einmal öffnen. Ich hatte mich wohl mit dem, was zuletzt geschehen war, zu sehr verausgabt. Noch immer konnte ich mir nicht erklären, wie ich solch eine enorme Kraft in mir haben konnte, war ich doch immer ein Schwächling gewesen, der nie kämpfte. Leicht drehte ich meinen Kopf zur Seite und spürte einen Schmerz mich durchziehen. Er ging von meinem Hals aus, von der Wunde, die Derrek mir zugefügt hatte. Eigentlich war es nun ganz gut, dass ich nicht sah, wo ich war oder wer bei mir war. Ich konnte einfach nachdenken und mir noch einmal alles vor Augen halten. Noch immer schien es mir so irreal. Wie konnte so etwas nur geschehen sein? Und, wie würden die Dorfbewohner Gregors Tod verkraften? Die Ärmsten. Ja, und wie sie mir Leid taten. Ob Malika ihr versprechen dennoch halten würde, mich nach Eglysyas zu bringen? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich war sie schon verschwunden in der Zeit, in der ich hier einfach nur lag und nichts tat. Mich noch nicht einmal zu bemühen meine Augen zu öffnen, nein, das tat ich nicht. Am liebsten würde ich es vorziehen, ewig in dieser Finsternis zu verweilen und nachzudenken. Es gab noch so vieles, über das ich hatte nie nachdenken können. Oder? Zum Beispiel, warum ich eigentlich so ein Einzelgänger war. Genau! Eigentlich hatte ich doch keinen Grund dazu, oder? Es war ja nicht so, als ob die Dorfbewohner mich von Anbeginn verstoßen hatten. Es war doch ich gewesen, der sie mied. Aber das änderte auch nichts mehr. Nichts würde es ändern. War ich nicht auch nun der Grund, dass drei Pokémon, nein vier Pokémon tot waren? Elli, Fuoco, Gregor und Blue. Blue getötet durch meiner selbst. Wäre es nie geschehen, hätte ich nie vermutet, dass ich zu solchem je fähig seien könnte. Nie. Gregor, er tat mir nicht Leid. Er war dort nun gut aufbewahrt, wo er war. Im Jenseits, fern von uns und der lebenden Welt. Und doch war sein Tod meine Schuld. Ich hatte Silver vollen Wissens in diesen Zustand versetzt. Fuoco war durch Wunden gestorben, hatte mich doch auch teils beschützt. Fast hätte ich doch tatsächlich Recoil vergessen. Das tat mir aber wirklich Leid. Und Elli. Ihr Tod schmerzte mich besonders, hatte ich mir doch kurz zuvor erst eingestanden, dass ich sie mochte, obwohl ich sie nicht einmal einen Tag kannte. Ich hatte die volle Schuld an ihrem Tod und den Schmerz, der mich wegen diesen Gewissens heimsuchte, war unerträglich. Wie konnte es nur so sehr schmerzen, jemanden zu verlieren, den man doch kaum kannte? „Tare?“, drang leise eine Stimme zu mir durch, „Bist du endlich wach?“ Ich kannte sie, oder etwa nicht? War das nicht Malikas Stimme? Und tatsächlich, als ich mir endlich die Mühe machte meine müden Augen zu öffnen sah ich das Psiana vor mir stehen. Ein schwaches Grummeln meinerseits ließ sie leicht und doch traurig lächeln, während ihr Blick von mir zum Boden vor ihren Pfoten wanderte. Malika war offensichtlich bei mir geblieben, hier – wie ich erkennen konnte – in meiner Höhle. Jetzt konnte sie mir ja Antworten geben, was geschehen war, nachdem ich scheinbar das Bewusstsein verloren hatte. Endlich Antworten. Mit halb geöffneten Augen sah ich Malika drohend an, als sie versuchte, sich meiner Frage zu entziehen, die sie förmlich schon hören konnte, auch wenn sie noch nicht ausgesprochen war. Sollte ich reden? Die Fragen aussprechen, oder würde es genügen, ihr einen fragenden Blick zu schenken? Ich wollte doch nicht, dass noch einmal jemand wegen mir stirbt, weil ich etwas falsches sagte. Besonders nicht Pokémon, die ich mochte, und doch war es geschehen. Und nun stand für mich fest, dass ich nur noch mit jenen Pokémon reden würde, denen ich vertrauen konnte und auch nur dann, wenn ich mir sicher war, dass es nicht Negatives zu folgen hätte. Ich hatte mit meiner Provokation, die aus meinem Munde zu Silver drang, Ellis Leben gehen lassen und das war unverzeihlich. Noch immer saß der Schmerz tief in meiner Brust, tief in meinem Herzen. Wahrscheinlich ein Schmerz, den ich nie mehr vergessen werden könnt. Nie mehr. Ich hustete, so dass Malika mich wieder ansah. Sofort nutzte ich dieses um ihr einen fragenden Blick zu schenken, dem sie nur unter Mühe stand hielt. Aber langsam wurde ich ungeduldig, sehr ungeduldig. Malika sollte sprechen, jetzt! „Malika“, knurrte ich schwach, „Erzähl mir alles, das geschehen ist!“ „Ist ja gut“, gab sie bitter zurück, bevor sie endlich begann, „Also, du weißt, dass du außer Kontrolle geraten bist, oder?“ Fragend sah sie mich an, welches ich nur mit einem genervten Nicken meinerseits bejahte. „Syne und Derrek haben Ellis Körper in Sicherheit gebracht, da sie wussten, dass Silver nun sehr vieles zu bedauern hätte und das Mindeste, das sie tun konnte, war, Elli den letzten Frieden auf einem speziellen Friedhof für Drachenpokémon zu geben. Das war sie ihr schuldig, nachdem sie ihr Horn mit dem Blut eines Unschuldigen verunreinigt hatte.“ „Nicht, dass es nicht schlimm genug ist, dass überhaupt Blut dieses berührt hat, aber was macht es so schlimm, dass es das Blut eines Unschuldigen ist?“, fragte ich Malika, neugierig, wie ich doch war. Das Psiana mir gegenüber lachte nur bitter und antwortete dann: „Sie gilt als einziger Wächter, der die Fähigkeit hat, selbst in der unkontrollierten Phase eines Wächters Schuld von Unschuld unterscheiden zu können. Doch hier bewies sich nun einmal, dass selbst dieses ihr nichts nützte, wenn sich ihr ein Unschuldiger in den Weg stellte.“ Ich nickte nur traurig und blickte zu Boden. Die Stille war erdrückend und besser war meine Stimmung auch nicht. Traurig, bedrückt, enttäuscht. Enttäuscht? Ja, nun war ich auch enttäuscht, dass Silver diesen Fehler begannen hatte und solch eine Kraft in jene Attacke gesteckt hatte, dass sie Elli nach nur wenigen Sekunden das Leben nahm. „Malika?“, ertönte eine sanfte und leise Stimme vom Höhleneingang, Malikas und mein Blick wanderten eben zu jenem und entdeckten ein Pokémon. Es war klein und sein gesamter Körper in einem zarten Rosa. Außerdem hatte es deutlich länger Beine, auf denen es stand, als die Arme lang waren. Man konnte sagen, es hatte Ärmchen. Der Schwanz des Pokémon war lang und dünn, formte er sich doch am Ende zu einer Ellipse. Die hellblauen Augen hafteten auf Malika, die seufzte. „Mew? Was machst du hier?“, fragte Malika recht nüchtern, als sie das Pokémon, das offensichtlich nun Mew war, ansah. „Das weißt du“, entgegnete Mew, „Deine Aufgabe ist erfüllt und nun bin ich hier, um dich zurück zu bringen.“ Ich sah, wie Malika zusammen zuckte, ihre Ohren anlegte und dann leicht bissig zurück gab: „Und was, wenn ich nicht zurück nach Eglysyas will?“ Ihre Stimme bebte und ihre Augen hatten sich zu kleinen Schlitzen zusammen gezogen. „Du weißt auch, dass dir das nicht gestattet ist“, seufzte Mew mit geschlossenen Augen, als es zu Malika hinüber schwebte, „Ob du willst oder nicht, ich werde dich nun zurück bringen!“ Dann legte Mew eine seiner kleinen Hände auf Malikas Kopf, die ihre Augen zusammen kniff, und doch entwich eine Tränen ihren Augen. „Tut mir Leid, Tare“, flüsterte sie noch, als die beiden begannen sich aufzulösen. Dann waren sie fort. Ich hatte nicht gedacht, dass man sich noch leerer fühlen konnte. Aber ich tat es. Ich fühlte mich so leer und verletzt wie noch nie in meinem Leben. Malika, sie konnte nichts tun, konnte sich Mew nicht widersetzten. Ob sie mich mitgenommen hätte sonst, so, wie wir es abgemacht hatten? War es das, dass ihr Leid tat? Es war doch zum verrückt werden! Und hier einfach nur herumliegen wollte ich auch nicht mehr. Also versuchte ich mich mit Mühe aufzurichten, was nach den ersten misslungenen Versuchen unter Schmerzen auch gelang. Schmerz durchzog mich und ich stöhnte auf. Das hatte ich davon, mich in etwas zu stürzen, für das ich nicht gemacht worden war, in meinen Augen. Langsam trottete ich aus meiner Höhle, die Beine schleifend, kaum über dem Boden bei jedem Schritt den ich tat. Es war schwer für mich den Weg hinab zu steigen. Die neugierigen Blicke der Pokémon, sie durchbohrten mich gerade zu und doch ignorierte ich sie alle, meinen Weg fort schleifend auf zu den Klippen. Endlich könnte ich mich wieder entspannen. Dachte ich, bevor Maurice kam. „Tare“, rief er mir zu, als er zu mir her sprintete, „Was ist passiert?“ Ausdruckslos, leer sah ich ihn an. Nein, ich würde ihm nicht antworten, ich würde niemandem antworten. Es war es nicht mehr wert, niemals mehr. Kein Wort würde meine Lippen mehr verlassen, nicht noch einmal einen undenklichen Schaden verursachen. Und so drehte ich mich einfach von dem Glutexo, das eigentlich mein Freund war, ab und trottete aus dem so genannten Dorf hinaus, zu den Klippen. Es kostete mich viel Zeit, bis ich sie erreichte. Alles schien wie immer; der Leuchtturm, die See. Wäre nicht der Schmerz und die Leere in mir, könnte ich es vergessen. All die schrecklichen Ereignisse eines Tages, der nun mehr in der Vergangenheit lag. „Tare“, ertönte eine tiefe, warme Stimme hinter mir. Es bedurfte nicht meiner sich umzudrehen, um zu erkennen, dass es Ray war: „Höre mir zu. Mein Handeln war, wie soll ich es sagen, inakzeptabel. Und um es dir wieder gleich zu machen, biete ich dir etwas an.“ Wider all meiner Vorsätze ihn zu ignorieren, mich nicht umzudrehen, tat ich es doch. Fragend und skeptisch sah ich ihn an, während ich meinen Kopf schief legte. „Ich möchte dir anbieten, dich nach Eglysyas zu bringen.“ Ja, nun hatte er definitiv meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Natürlich konnte das ganze ein Trick seiner sein, aber was hatte ich nun noch zu verlieren? Also nickte ich. Ray senkte seinen Blick beschämt, traurig. Vielleicht fühlte er sich verantwortlich? Er war es aber nicht, dass war etwas, das er wissen sollte, ich ihm aber nicht klar machen würde. Dann beugte sich das Glurak hinab und deutete mir an, auf seinen Rücken zu steigen, welches ich auch tat. Dann hob er ab, seinen Weg über das Meer fliegend. Mein Blick war noch einige Minuten nach hinten gewandt, wo ich Maurice aus dem Wald laufen sehen konnte. Er war mir gefolgt. Ich seufzte schwer. Ich würde meinen wohl einzigen Freund nie wieder sehen. Aber das sollte gut so sein, so sollte es sein. Oder nicht? Es dämmerte schon, als wir das Festland erreichten. Ray ging neben einem großen Wald nieder. Wie klein die Bäume hier doch erschienen. „Lebe Wohl, Igelavar“, nickte Ray mir zu, bevor er sich wieder erhob und zurück zu den Korages ansetzte. Ich konnte mir denken, warum er mich nicht beim Namen genannte hatte. Traurige Abschiede waren weder mein, noch scheinbar sein Stil. Und so war es doch auch gut, oder? Ich lachte leise zu mir selber, während ich meinen Blick endgültig vom Meer löste und in den Wald hinein trat. „Ich sehe, da folgte jemand schneller, als gedacht“, hörte ich jemanden hinter mir lachen. Augenblicklich hellte sich mein Gesicht auf. Malika. Schnell drehte ich mich um, ein leichtes, kaum merkliches Lächeln auf meinen Lippen. Ich konnte trotz der Dunkelheit des Waldes Malikas Augen leuchten sehen. „Du brauchst mir nichts versuchen, zu erklären. Ich habe es schon bemerkt, bevor ich gegangen war. Du willst nicht mehr reden, das ist verständlich“, sprach sie mir verständnisvoll zu, „Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du sprechen, glaube mir, Tare.“ Ich zuckte nur gleichgültig. Ganz recht wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Aber wenn sie meinte, dass sagen zu müssen, sollte sie es so tun. „Komm nun, Tare“, sagte Malika, die einige Schritte tiefer in den Wald gegangen war, „Außer natürlich, du möchtest alleine durch Eglysyas irren.“ Zweimal brauchte sie mir nicht anzudeuten, ihr zu folgen. Und so tat ich das in meinen Augen einzig vernünftige und folgte ihr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)