Junk von Remy (Ich bin doch nur Abfall) ================================================================================ Kapitel 6: Pancakes ------------------- Kapitel 6 - Pancakes Benjamin's PoV Mit dem Kopf auf den auf der Tischplatte verschränkten Armen liegend sah Michael mir zu, wie ich uns ein paar Pancakes machte. Interessiert, wie ein kleines Kind wirkte er schon fast. Zumindest von seinen leuchtenden Augen zu schließen. Das sich doch jemand auf etwas von mir gekochtes überhaupt freuen konnte? "Magst du Pfannkuchen?", fragte ich, als ich mich kurz zu ihm wendete. Sofort begann er zu nicken. "Hatte ich nur schon lange nicht mehr", fügte er noch zu seiner Kopfbewegung hinzu. "Ich hoffe doch mal, sie schmecken dir dann auch." Leicht lächelte ich. Ich spürte regelrecht, wie er mich unentwegt ansieht. Leicht biss ich mir auf die Unterlippe. Eigentlich hasse ich es, wenn man mich die ganze Zeit anstarrt. Das hat mich bei den Mädchen früher in der Schule schon genervt. Immer trauten sie sich nur mir zweideutige Blicke zuzuwerfen. Nur herkommen und mich ansprechen wollten nur die wenigsten von ihnen. Nur wegen den kleinen Gerüchten, die über mich verbreitet wurden. Und die wurden geglaubt. Von viel zu vielen. Hätte man sich eigentlich denken können. Doch irgendwie wollte ich das manchmal schon gar nicht. Meine Ruhe war mir wirklich oft viel lieber. Und jetzt war es immer noch so. Unter Leuten war ich nie sehr gerne. Irgendwann gewöhnte man sich auch daran. Ein Seufzen verließ meine Kehle, da legten sich auf einmal zwei Arme um meine Taille. "Wenn du nicht aufpasst, verbrennen sie", säuselte mir Michael ins Ohr und nahm mir kurzer Hand die Pfanne ab. Mit einer lockeren Handbewegung konnte er den Pancake wenden. So hatte ich es bis jetzt noch nie geschafft. Nur ein paar Minuten später saßen wir zu Zweit am Küchentisch. Michael stürzte sich gerade so auf die Pfannkuchen. Wie so ein ausgehungertes Tier. Ich sah ihm im ersten Moment nur zu. Bis er etwas verwirrt zu mir aufblickte. "Hast du keinen Hunger?", fragte er und linste schon hungrig auf meinen Teller. "Äh, eigentlich schon." Zaghaft begann ich auch zu essen. Es war doch wirklich schon eine ganze Weile her, dass mir jemand gegenüber saß. Die letzte Freundin hatte ich wohl vor zwei Jahren. Vielleicht war es auch schon länger her. Seit dem hatte ich es auch gar nicht mehr versucht mit irgendjemanden zusammen zu kommen. Es ging bei mir sowieso alles schief. Ich war nicht für Beziehungen einfach nicht geschaffen. Vielleicht auch einfach nicht für Frauen. Aber eigentlich wollte ich nur eine Pause für ein Jahr einlegen. Jetzt waren es zwei. Und gerade in dem Moment begann es mir etwas auszumachen. Ich hatte sonst nie jemanden gebraucht. Alleine war ich ohnehin öfters besser dran. So musste ich mich zumindest nie mit jemand streiten. Auf einmal wendete Michael etwas verlegen den Kopf ab. "Ist was?", fragte ich und hob verwirrt eine Augenbraue. Er sah wieder zu mir. Einen Blick aufgelegt, wie ein scheues Reh. "Könntest du aufhören mich so anzustarren." Störte ihn das wirklich so sehr? Von seinen Freiern wurde er doch sicherlich auch unentwegt angesehen. Machte ihm das auch etwas aus? Oder hatte er sich da dann mit Drogen zugepumpt? Wenn würde es nicht wundern? Irgendwann musste man wohl an einen Punkt kommen, an dem es keinen Spaß mehr machte, andauernd so oft mit verschiedenen Kerlen Sex zu haben. Es konnte einem nur zu viel werden. Gerade bei einem zerbrechlichen Ding, wie er es war. Er hatte doch kaum ein Gramm Fett auf den Knochen und dann ließ er sich einfach so immer wieder durchnehmen. Bildlich konnte ich mir gut genug vorstellen, wie brutal diese Kerle werden konnten. Es interessierte sie doch nicht, was danach mit dem Stricher war, mit dem sie es getrieben hatten. Dann war es nicht mehr ihre Angelegenheit, sondern seine. Er biss sich nervös auf die Unterlippe. Erst als ich meinen Blick nach unten wandern ließ, konnte er sich wieder entspannen. Nur weiter essen wollte er jetzt wohl nicht mehr. Der Hunger war ihm wohl vergangen. "Jetzt hast wohl du keinen Hunger mehr", meinte ich um irgendwie auf ein Gesprächsthema zu kommen. Doch er antwortete nicht. Stand nur langsam auf und stapfte an mir vorbei. Da hielt ich ihn aber schon am Handgelenk fest. "Wo willst du hin?", fragte ich. Es schien so, als ob er einen Moment überlegen würde, bevor er etwas erwiderte. "Wieder ins Bett." Sein Blick schweifte zu mir. Er war etwas rot im Gesicht. Vorsichtig legte ich eine Hand auf seine rechte Wange. Er war warm. Etwas zu warm. "Ich komm mit rüber!", bestimmte ich einfach. Ohne dass er sich wirklich wehrte, hob ich ihn hoch. Er zischte nur: "Ich könnte selber laufen!" Dabei kniff er die Augen wütend zu Schlitzen zusammen. "Kann schon sein", erwiderte ich trotzig. Es machte mir gar nichts aus, dass er sauer war. Und als er wohl im Bett war kam es ihm auch besser so vor. Er rollte sich zusammen. Versuchte sich regelrecht so klein wie nur irgendwie möglich zu machen. "Soll ich dir noch irgendwas holen?" Mit großen Augen blickte er mich zuerst an. Schüttelte dann aber trotzdem den Kopf. "Jetzt nicht", meinte er schließlich. Sah wieder weg. "Du solltest dir das aber schon gleich überlegen. Ich muss gleich wieder los." Doch er schüttelt wieder den Kopf. Sah dann aber langsam zu mir auf. Ich fuhr ihm kurz durch das rote Haar, was ihm im ersten Moment nur zusammen zucken lässt. Abrupt zog ich die Hand wieder zurück. Aber er entspannte sich auch bald wieder. "Ich hol dir trotzdem noch was zum Trinken", meinte ich schließlich. Michael erwiderte zwar nichts, aber dennoch stapfte ich in die Küche um ihm zumindest ein Glas Wasser zu holen. Würde wohl nur nicht reichen, bis ich wieder heim kommen würde. Das ich später Feierabend hatte kam in den letzten paar Wochen ohnehin viel zu oft vor. "Ich bin dann weg", meinte ich nur noch zu ihm, als ich das Glas auf den Nachttisch stellte. Er hatte sich aus seiner Embryonen-Haltung wieder halbwegs gerade hingelegt und blickte jetzt wieder langsam zu mir auf. Man sah ihm die Sucht wirklich an. Fast weiße Haut, die wie Porzellan wirkte. Rot unterlaufene Augen, als ob er tagelang nicht geschlafen hätte. Genau das deutete sein Blick auch ziemlich an. Und wie verdammt dünner doch war. Er wirkte dadurch so zerbrechlich. Wie ein Schmetterling. "Spielst du mit mir, wenn du wiederkommst?", fragte Michael, als ich schon fast zur Zimmertür hinaus war. Langsam wendete ich mich wieder zu ihm um und blickte ihn verwirrt an. "Was willst du denn 'spielen'?" Er hatte sich erneut aufgesetzt. So ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen. Dadurch war meine Frage eigentlich dumm. Michael krabbelte bis zur Bettkante, wo er unterwürfig den Kopf hängen ließ. "Sicher nicht", murmelte ich. Anders würde ich mir das sicher heute auch nicht mehr überlegen. Doch ich könnte meine Meinung vielleicht noch ändern. Dafür müsste es dann aber auch einen sehr guten Grund geben. "Benjamin?" Ich schob mir gerade eine der verbrannten Pommes in den Mund, als meine Chefin auf mich zukam. Ich wusste, dass ich das durfte. Alles, was man nicht mehr verkaufen konnte, durften wir essen. Würde sonst ohnehin nur weggeworfen werden. Also wäre sie wohl nicht deswegen zu mir gekommen. "Da ist ein Kerl für dich da." Ich hob zuerst nur etwas verwirrt eine Augenbraue. Nickte dann aber auch knapp und wollte an ihr vorbei stapfen. "Wenn du zu lange brauchst, musst du wieder länger bleiben!", meinte sie noch zu mir, bevor ich mich aus der Küche - wenn man es so bezeichnen wollte - des Fast-Food-Restaurants ging und mir dabei noch etwas die Haare richtete. Ich ließ die lästige Schütze, die noch vor ein paar Sekunden sich stramm um meine Hüfte schnürte unter eine der Kassen wandern und blickte mich etwas verwirrt in dem Verkaufsraum um. Da kam aber auch schon ein Mann mittleren Alters auf mich zu. "Sind Sie Mr. Valentine", fragte mich der Braunhaarige und hielt mir die Hand hin. "Äh, ja", erwiderte ich nur und entgegnete die Begrüßung. "Und was kann ich für Sie tun?" Etwas verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf. Irgendwie sah der Kerl so aus, als ob er ein hohes Tier in irgendeiner Firma wäre. Nicht gerade jemand, der sich hier oft herumtrieb zumindest. Dafür saß der Anzug zu perfekt und die Krawatte um einiges zu gerade. "Mein Name ist Parker. Ich hab in einer kleinen Bildergalerie eines ihrer Bilder entdeckt." - Ich zwinkerte völlig irritiert. Hatte dieser Freak sie doch wirklich mit ausgestellt. - "Na ja, eigentlich war es meine Frau. ... Und sie würde sich dafür interessieren." Im ersten Moment viel mir dazu wirklich gar nichts ein. Das diesen 'Müll' doch wirklich jemand wollte? Ich selbst konnte meine Bilder nicht ausstehen. Immer fand ich mindestens einen Makel daran. Und dann wurden es meistens auch immer mehr. Das ich sie überhaupt dem Besitzer dieser Galerie gegeben hatte war ein Wundern. "Äh ja und weiter?", fragte ich etwas verwirrt. Mit meinen 25 Jahren und dem gut zwei Dutzend selbst gemalter Bilder hatte ich nicht viel Erfahrung damit sie auch nur irgendwie zu verkaufen. Wenn der gute Mann das überhaupt wollte. "Na ja, meine Frau wollte eines der Bilder erst kaufen, aber eigentlich ... na ja, sie will nicht unbedingt eines mit einem Mädchen." Da verstand ich auch schon. "Ein Typ", murmelte ich nur kaum hörbar. Aber laut genug das es Mr. Parker mitbekam. "Ganz genau. Vielleicht würde sich da was einrichten lassen. Ich verzog leicht angewidert das Gesicht. Unbedingt große Lust hatte ich darauf nicht. Kunst hin oder her, es musste doch dann mir auch irgendwie gefallen. Da zückte der Herr aber auf einmal ein Scheckbuch. "Was halten sie von 5 als Anzahlung." Ich ließ die Schultern hängen. "5 Doller?", fragte ich etwas verwirrt. Parker hatte noch einen Stift aus seiner Mantelinnentasche herausgeholt und wollte gerade auf dem Papier ansetzen. Doch da hob er noch einmal den Blick. "Eigentlich dachte ich eher an 5.000." Leicht zog er eine Augenbraue hoch und sah mich irritiert an. Mir stockte der Atem. "5-... 5.000 ... Doller", flüsterte ich. Das war verdammt viel für mich. Er reichte mir den Cheque. Dabei hatte ich eigentlich noch gar nicht zugestimmt. Und dennoch nahm ich ihn einfach entgegen. War doch im Grunde scheißegal, was ich malte. Solange ich von dem Kerl dafür Geld bekam. "Ich geb ihnen meine Adresse", meinte ich und suchte unter einer der Kassen nach einem Zettel und vielleicht einem Stift. Gelegentlich konnte man das sogar da finden. Etwas verlegen kratze ich mich dann schon am Hinterkopf, als ich Mr. Parker schließlich nur eine Serviette mit meiner Adresse darauf geschrieben geben konnte. Aber wir waren hier auch nicht in einem Luxus-Restaurant. Schon kurz darauf hatte ich mich auch von ihm verabschiedet. Einmal, dass ich wirklich nicht zu lange gebraucht hatte, wenn mich schon die Chefin wegen irgendetwas aus dieser versifften Küche holte. Könnte ich zumindest, wie geplant, zu Michael. Wirklich allein lassen wollte ich ihn ja nicht. Schon heute Morgen nicht. Weiß Gott, was der noch anstellen könnte. Aber wer weiß, ob er überhaupt noch aus dem Bett war. Im Höchstfall um sich vielleicht noch einen der Pancakes zu holen. Die hatten ihm ja scheinbar geschmeckt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)