Zum Inhalt der Seite

Das Auge des Ra (J&S)

"Wüstensand"
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Men-nefer

Begleitmusik: http://de.youtube.com/watch?v=VByD7EiW2ms Yugioh Egypt AMV – Spirited Away
 

Kapitel 4

Men-nefer
 

Jono lehnte sich tiefer in die Kissen zurück, auf denen er saß, und versuchte sein Gähnen zu unterdrücken. Das Abendessen selbst war lange vorüber und hatte seinen Magen mehr als gefüllt. Zidanta, für die Organisation des Ganzen zuständig, hatte sich nicht lumpen lassen. Er hatte von den Dienern auffahren lassen, was die Vorräte zu bieten hatten, ohne jedoch aus den Augen zu verlieren, dass ihnen noch mehrere Marschtage bevorstanden. Mit den Gesprächen verhielt es sich ähnlich wie am Vortag. Zidanta und Isis führten eine lebhafte Diskussion, heute um die verschiedenen Götterkulte, in die sich Lubarna und Anitta nur gelegentlich einmischten. Mehr als einmal hatten sie versucht, auch Seth mehr mit einzubeziehen, doch dieser machte ihnen mit wenigen abweisend-kalten Blicken klar, dass er keinerlei Unterhaltung wünschte. Jono bemerkte mit einer gewissen Genugtuung, dass er immer noch schmollte.

Im Lauf des Abends wich diese Genugtuung leider immer mehr der Erkenntnis, dass Seth ihm den Verlust seines Pferdes mehr als übel nahm und noch viel mehr all das, was damit in Zusammenhang stand. Erst nach und nach wurde Jono die ganze Tragweite seiner Bitte bewusst, ihn an das scheuende Pferd heranzulassen und es ihm im Falle des Erfolgs zu überlassen. Seths Männer waren nicht in der Lage gewesen, Rotauge zu beruhigen und herauszufinden, was ihn so wild machte – und das vor Mitgliedern der hethitischen Armee. Und dann kam er, nun selbst für einen Hethiter gehalten, und vollbrachte, was selbst Tanefer nicht gelungen war. Besser hätte man den Gästen aus dem Norden kaum die Unfähigkeit (auch wenn es sich in diesem Fall nur um einen dummen Unfall handelte) des ägyptischen Militärs vor Augen führen können. So würden sie es jedenfalls sehen. Der Vorfall würde Lubarna und Anitta nur in ihrer Annahme bestärken, dass Kemet zu schwach war, um sich noch lange der Hethiter zu erwehren. So würde es bald auf einen neuen Krieg hinauslaufen. Dabei hatte Zidanta ihn damit beauftragt, ihm zu helfen, einen Friedensvertrag auszuhandeln. Wie sollte das gehen, wenn ausgerechnet ein so ein-flussreicher Hohepriester wie Seth seinetwegen tödlich beleidigt war?

Während Jono darüber grübelte, wie er die Wogen möglichst schnell und elegant glätten konnte, merkte er nicht, mit was für einer Geschwindigkeit er seinen Becher leerte. Bier und Wein flossen, von ihm unbeachtet, beständig seine Kehle hinab und ließen seinen Kopf mit der Zeit immer leichter, die Probleme immer kleiner werden.

„Ihr solltet nicht so viel trinken, Euer Hoheit“, sagte Marik leise zu ihm, als er eine Schale mit Dattelkernen abräumte.

„W-wie hast du ... m-mich gerade genannt?“, lallte Jono. „Hi hi ... ich un Prinz ... das is ’n guter Witz. Ich bin doch nur –“

„Hoheit scheinen dem Bier heute etwas zu ausgiebig zugesprochen zu haben“, unterbrach ihn Zidanta.

„Wer, ich? Nööö ...“

Jono erhob sich schwankend und deutete mit dem Zeigefinger auf Seth.

„Jetz will ich Euch mal was sagen ...“

Ein grimmiger Blick traf ihn, während Marik ihn, auf Zidantas Zeichen hin, zu packen versuchte. Jono, nicht mehr ganz Herr seiner Gliedmaßen, beugte sich zu Seth und tippte gegen seine Brust.

„Ihr habt ... süße blaue Augen.“

Seth zog die Augenbrauen hoch, zugegebenermaßen etwas perplex über diese Aussage. Er hatte mit einem Schwall von Beleidigungen gerechnet, aber das ... Dann begann Jono zu kichern, albern und hoch wie ein kleines Mädchen. Seths Miene verfinsterte sich noch mehr. Die drei hethitischen Fürsten verfielen nun in einen Wirbel aus Entschuldigungen, Marik ergriff die Gelegenheit und zog Jono aus dem Zelt, bevor er weitere Dinge von sich geben konnte, die er später bereute. Ein dicker Schwall kalten Wassers brachte wieder etwas Klarheit in Jonos von Alkohol vernebelten Kopf.

„Puh, ist das nass. Was soll das, Marik?“

„Ihr wart knapp davor, Euch und damit unseren Auftrag zu verraten. So eine Unvernunft, Euch zu betrinken, wo so viel auf dem Spiel steht.“

„Betrunken? Ist mir gar nicht aufgefallen“, meinte Jono.

„Das habe ich gemerkt“, brummte Marik.

Der junge Diener führte ihn über Umwege von den Wasservorräten zu seinem Zelt, um die Wachen nicht auf sie aufmerksam zu machen. Erst als sich die Zeltplane hinter ihnen geschlossen hatte, sagte er wieder etwas.

„Man hätte fast meinen können, Prinz Kails Geist sei in Euch gefahren.“

„Wieso das?“

Jono gähnte und fuhr sich durchs Haar. Hatte der Alkohol seine Müdigkeit unterdrückt, kam sie jetzt in doppelter und dreifacher Stärke zurück.

„Er trank gern mal mehr, als gut für ihn war und genoss die schönen Dinge des Lebens. Es hätte nur noch gefehlt, dass Ihr zu singen anfangt. Und genau das hätte uns womöglich wieder verraten.“

Jonos Gesicht war ein einziges Bild von Unverständnis.

„Kennt Ihr etwa hethitische Trinklieder?“, half ihm sein Diener auf die Sprünge.

„Oh ... nein.“

Jono ließ sich auf seinem Bett nieder und streckte sich aus. Er konnte kaum noch die Augen offen halten.

„Da hätte ich nicht dran gedacht“, murmelte er noch, dann rollte er sich wie ein Tier auf seinem Lager zusammen und war gleich darauf eingeschlafen. Marik schüttelte grinsend den Kopf.

„Wie Kail“, flüsterte er.

Das unbekümmerte, sorglose Verhalten, seine vielen Ausschweifungen waren es gewesen, die seinen Vater dazu veranlasst hatten, ihn mit auf die Reise nach Kemet zu schicken. Der König hoffte, dass diese Zeit seinen Sohn ein ernsthafteres Verhalten lehrte. Seth ahnte natürlich nichts von diesem Wunsch und fragte sich eher, wie man diesen verwöhnten Bengel auf solch eine wichtige Mission schicken konnte.
 

Die verbleibenden Tage ihrer Reise wurden für Jono in mehrfacher Hinsicht zu einer Odyssee. Die Nachwirkungen seines kleinen Ein-Mann-Gelages spürte er noch bis zum Nachmittag und der Aufenthalt auf einem schaukelnden Pferderücken begünstigte seinen Zustand nicht unbedingt. Weder Marik noch Zidanta nahmen darauf Rücksicht und fuhren in ihren Unterweisungen unbeirrt fort. Die beiden nahmen ihren Schützling dermaßen in Anspruch, dass Jono sogar begann, von den Vokabeln zu träumen, die Marik ihm vorbetete.

Am Morgen des dritten Tages, nachdem aus Jono dem Ägypter Kail der Hethiterprinz geworden war, ließen sie die Wüste hinter sich und erreichten das fruchtbare Gebiet des Nil. Jono kam es wie ein Wunder vor, nach all den Tagen in der staubigen Wüstenhitze plötzlich Grün zu sehen, so weit das Auge reichte. In einem kleinen Dorf wurden ein letztes Mal die Nahrungs- und Wasservorräte aufgefüllt, dann ging es auf den letzten Abschnitt ihrer Reise.

Zwei Tage später kamen die Mauern der Stadt Men-nefer in Sicht und ließen die Soldaten, gleich welchem der beiden Völker sie angehörten, vor Freude jubeln. Seth schickte einen Reiter voraus, um ihre Ankunft anzukündigen.

Men-nefer war die Hauptstadt des Reiches Kemet, Residenzstadt des mächtigen Pharao. Im Osten, woher sie kamen, erhob sich an den Ufern des Nil der Haupthafen Peru-nefer, auf der anderen Seite des großen Flusses befanden sich die Nekropolen, die Totenstädte. Süden und Norden wurden von zwei imposanten Tempeln beherrscht, die den Göttinnen Hathor und Neith geweiht waren. Das Zentrum der Stadt wurde vom königlichen Palast dominiert, an welchen sich eine Militärgarnison anschloss.

Unweit der Stadtgrenze ließen Seth und Zidanta halten und ein paar Zelte aufschlagen. Diener wurden losgeschickt, um frisches Nilwasser zu besorgen.

„Was soll das denn werden?“, beschwerte sich Jono leise bei Marik. „Wir sind doch fast da!“

„Ja, aber wollt Ihr so, wie Ihr seid, in die Stadt des großen Pharao einreiten?“, gab Marik zurück und musterte Jono von oben bis unten.

Wieder einmal musste Jono Marik Recht geben. Es war ihnen anzusehen, dass sie seit der Morgenwäsche noch einige Wegstunden hinter sich gebracht hatten. Während sich Soldaten und Diener wie üblich draußen wuschen, zogen sich die Herrschaften in ihre Zelte zurück, um sich zurechtzumachen. Als Jono herauskam, trug er über seinem weiten, hellen Umhang mehrere aus Gold und Edelsteinen gefertigte Ketten. Erst dachte er, Marik habe übertrieben, ihn so herauszuputzen. Ein Blick durch das Lager belehrte ihn eines Besseren. Lubarna, Anitta und Zidanta waren alle drei ähnlich gekleidet und die Ägypter hatten ebenfalls keinen Grund, sich hinter ihnen zu verstecken.

Der Zug formierte sich neu und mischte sich dabei. Die ägyptischen Soldaten bildeten Vor- und Nachhut, Seth, Jono, Isis, Zidanta, Anitta, Lubarna und Taneres setzten sich direkt hinter den ersten Männern an die Spitze. Dieses Mal ließ sich Isis nicht davon abbringen, auf einem Pferd zu sitzen und die ihrer Meinung nach unbequeme Sänfte ihren Dienerinnen zu überlassen. Die Dienerschaft der beiden Gruppen und das zahlreiche Gepäck bekamen den Mittelteil des Zuges zugewiesen.

Jono hatte in seinem bisherigen Leben nie die Gelegenheit gehabt, nach Men-nefer zu kommen, auch wenn sein Vater mindestens einmal im Jahr in die Hauptstadt reiste. Jono hatte kaum die Stadttore passiert, da war er sich bereits sicher, dass er dieses erste Mal niemals vergessen würde, denn so, wie er sie sah, hatte sein Vater die Stadt gewiss nie erblickt. Der Anblick, der sich ihm bot, war für ihn schier überwältigend. An den Rändern der langen Hauptstraße, an deren Ende in einiger Entfernung der Palast lag, drängelten sich die Menschen, um einen Blick auf die Ankömmlinge zu erhaschen. Zidantas Miene war angespannt, als er sein Pferd neben Seth über die Straße lenkte. Er wusste nicht, wie die Leute auf ihn und seine Männer reagieren würden, schließlich hatten sie der Bevölkerung Kemets in den vergangenen Jahren manches Mal arg zugesetzt. Seine Befürchtungen schmolzen dahin, als sich Jubelrufe erhoben. Zunächst galten sie nur Seth und Isis, doch dann mischten sich auch Willkommensrufe für die Hethiter hinein, die verrieten, dass sich die Menschen von ihnen eine friedliche Lösung des Konfliktes erhofften. Blumen wurden geworfen, von irgendwo fing Jono eine Lotosblüte auf und winkte damit fröhlich der Menge entgegen. Er genoss den langsamen, festlichen Einzug in die Stadt unter den Klängen von Trommeln und anderen Instrumenten, denn er war sich sicher, dass dies das erste und letzte Mal sein würde, dass ihm ein solcher Empfang bereitet wurde.

„Pah, jämmerlich“, ließ sich Lubarna leise an Jonos linker Seite vernehmen. „In Hattusa hätten sie uns einen besseren Empfang bereitet. Und das werden sie ... wenn wir von unserer nächsten Schlacht gegen die Ägypter heimkehren.“

Jono schluckte und fragte sich, warum der König jemanden mit einer Friedensmission beauftragte, der so offensichtlich den Krieg wollte. Im nächsten Augenblick wurden seine Gedanken vom Palast abgelenkt, dem sie sich nun näherten. Er konnte die von einer weißen Mauer umschlossene Anlage nur gigantisch nennen.

„Euer Hoheit, starrt den Palast des Pharao nicht so überrascht an“, raunte Zidanta ihm zu. „Er ist auch nicht viel größer als der Palast Eures Vaters.“

Jono bemühte sich daraufhin, eine etwas gleichgültigere Miene aufzusetzen, als sei er an den Pomp und diese Größenordnungen seit Kindesbeinen gewöhnt. Dennoch war er von der Pracht überwältigt, die sich vor ihm auftat.

In einem der Vorhöfe stiegen sie von den Pferden. Die Diener beeilten sich, das Gepäck von den Rücken der Tiere zu nehmen, damit sie in die Ställe geführt werden konnten.

Seth übernahm die Führung des Zuges. Es ging durch mehrere Vorhöfe und über eine Allee von Sphinx-Statuen. Über eine große Treppe betraten sie schließlich den Hauptbereich des Palastes. Vor dem Thronsaal wurden sie gebeten zu warten. Minuten vergingen, ohne dass etwas geschah. Die Gäste wurden allmählich unruhig und ihre Diener hatten damit zu tun, die Tiere ruhig zu halten, die dem Pharao als Geschenk übergeben werden sollten. Anitta wollte sich gerade bei Seth und Isis über das ungebührliche Verhalten ihres Herrschers beschweren, als sich die mit Gold beschlagenen hohen Flügeltüren vor ihnen öffneten.

„Der große Priester Seth und die große Priesterin Isis, zurückgekehrt von ihrer Reise nach Hut-waret! Seine Königliche Hoheit Prinz Kail aus dem fernen Reich Hatti mit den Fürsten Zidanta, Anitta und Lubarna und ihrem Gefolge!“

Es fiel Jono nicht leicht, weiterhin eine unbeteiligte Miene zu machen, als er den Blick durch den Thronsaal schweifen ließ. Seine Ausmaße waren riesig, er schätzte, dass ihr ganzes Haus in Zawtj hier hineingepasst hätte. Hohe, von Hieroglyphen und bunten Malereien überzogene Säulen stützten die Decke und eine Galerie ab, die sich auf den beiden Längsseiten des Saales befand und mit Soldaten besetzt war. Die späte Nachmittagssonne, die durch die großzügig bemessenen, nur von zarten Vorhängen verhüllten Fenster fiel, ließ die Farben des Raumes noch mehr strahlen und tauchte alles in einen goldenen Schimmer.

An den Seiten drängten sich die Höflinge und warfen neugierige, teils etwas ängstliche Blicke auf die Besucher, die sich langsam dem Thron am anderen Ende des Saales näherten. Dieser stand ein Stück erhöht, auf einer Estrade mit drei Stufen, zu deren Seiten je zwei Männer Aufstellung genommen hatten. Der eine Mann links vom Pharao trug sein dunkles Haar kurz geschnitten und hatte einen strengen Gesichtsausdruck. Er hielt eine goldene Waage in der Hand. Der Mann hinter ihm hatte seinen Schädel glatt rasiert und auch die in Schwarz aufgetragenen heiligen Zeichen sowie das goldene Ankh um seinen Hals wiesen ihn klar als Priester aus. Sein Gegenüber trug ein von einem goldenen Reif gehaltenes Tuch auf dem Kopf. Um seinen Hals baumelte ein großer Ring, in dessen Zentrum sich eine Pyramide befand. Der letzte der vier war weitaus älter als die anderen. Jono zuckte unwillkürlich zusammen, als ihn das goldene Auge streifte, das er anstatt des linken Auges trug.

Den jungen (falschen) Prinzen schüttelte es innerlich. Auch ohne sie je zu Gesicht bekommen zu haben, wusste er, dass dort vorne die anderen Hüter der Millenniumsgegenstände standen. Wie eine Schutzmauer umringten sie den jungen Pharao, der seine Besucher interessiert musterte. Zu seiner Rechten stand ein kleiner, ebenfalls älterer Mann, dessen Haare unter seinem hohen violetten Hut ergraut waren.

Als Jonos Blick richtig auf den Herrscher Kemets fiel, musste er sich das Grinsen verkneifen. Er hatte immer gedacht, er habe mit seinem Blondschopf eine ungewöhnliche Haarfarbe, doch das war nichts gegen die Haartracht seines Gastgebers. Golden wie die Mittagssonne, rot wie die Karneole seines Halskragens und schwarz wie die Tusche der Schreiber. Um seinen Hals hing der siebte Millenniumsgegenstand, das Puzzle.

Wenigstens haben wir eins gemeinsam, dachte Jono, als er den Herrn von Ober- und Unterkemet betrachtete. Wir sind beide noch nicht lange im Amt.

Der Pharao war erst vor knapp zwei Monaten in einer ganztätigen, großen Zeremonie gekrönt worden, nachdem sein Vater Akunamkanon in einer siebzigtätigen Prozedur mumifiziert worden und seine Seele zu den Göttern aufgestiegen war. Momentan war Pharao Atemu noch wie ein unbeschriebenes Stück Papyrus. Ein Papyrus, der darauf wartete, seine Heldentaten aufzuzeichnen und ihm einen Platz in der Geschichte zu sichern. Denn nur jene, die Großes vollbrachten, würden nicht in Vergessenheit geraten und vom Sand der Zeit verschlungen werden.

Einige Meter vor den Priestern kam der Zug zum Stillstand. Seth und Isis verbeugten sich vor ihrem Herrn. Auch die Hethiter verneigten sich, jedoch lange nicht so tief wie ihre Diener, die mit ihren Nasen-spitzen fast den Fußboden berührten. Jono musste den Impuls unterdrücken, es ihnen nachzutun, denn unter gewöhnlichen Umständen wäre seine Reverenz vor dem Pharao ebenso tief ausgefallen.

„Mein Pharao, wir sind aus Hut-waret zurückgekehrt“, sagte Seth.

„Ich freue mich, euch beide wiederzusehen.“

Atemu bedeutete den beiden aufzustehen und ihre Plätze bei den anderen Hütern einzunehmen.

„Prinz Kail, es freut mich sehr, auch Euch und Eure Begleiter in meinem Palast begrüßen zu können“, fuhr Atemu fort und machte eine kurze Handbewegung, dass sie sich erheben durften. „Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise.“

„Die hatten wir in der Tat, großer Pharao“, antwortete Jono ganz so, wie Zidanta es ihm beigebracht hatte. „Mein Vater, Großkönig Muwatalli der Zweite, entbietet Euch seine Grüße und die besten Wünsche zu Eurer Thronbesteigung. Er sendet Euch diese Geschenke als Zeichen seiner Freundschaft und seines Wunsches nach einem baldigen Frieden zwischen unseren beiden Reichen.“

Lubarna winkte die Diener heran, die nacheinander vortraten und mit einer tiefen Verbeugung vor dem Pharao die Geschenke, Gold und Silber, Schmuck, Vasen und Krüge, wertvolle Öle und anderes ausbreiteten. Zidantas Nerven beruhigten sich etwas. Es war gar nicht leicht gewesen, Jono diese Worte so einzubläuen, dass sie ihm flüssig von den Lippen kamen, als hätte er nie anders gesprochen. Die vornehme Sprache des Hofes hatte ihre hundert und tausend kleinen Feinheiten, die es zu beachten galt.

„Diesen Wunsch teile ich, wie mein Vater, aus tiefstem Herzen, Prinz Kail und ich danke Euch und Eurem Vater für die Geschenke. Ich nehme an, die lange Reise hat Euch ermüdet. Meine Diener werden Euch und Eure Begleiter zu Euren Gemächern bringen, wo Ihr Euch ein wenig ausruhen könnt.“

Die ausländischen Gäste verbeugten sich ein weiteres Mal und zogen sich, den Blick halb zum Pharao, halb zum Boden gerichtet, rückwärts gehend zurück. Erst als sie den Saal zur Hälfte durchquert hatten, drehten sie sich um. Zidanta nickte Jono mit einem leichten Lächeln auf den Lippen anerkennend zu.

„Gut gemacht, Euer Hoheit“, murmelte er so, dass nur Jono es hören konnte.

„Königliche Hoheit“, ein Mann mit einer aus schwarzem Haar geflochtenen Perücke verbeugte sich vor Jono. „Ich bin der Oberaufseher der Diener des Göttlichen, Sennefer. Bitte folgt mir, ich werde Euch in Eure Quartiere bringen.“

Jono kam es vor, als führe Sennefer sie einmal quer durch den ganzen Palast. Er zählte nicht die Türen, an denen sie vorüber kamen oder die Flure, durch die sie gingen. Was ihm jedoch auffiel, waren die vielen Wachen, die an nahezu jeder Ecke postiert waren oder, die Krummsäbel immer griffbereit, durch die Gänge patrouillierten. Anscheinend war Seine Majestät nicht nur gastfreundlich, sondern den Gästen gegenüber auch vorsichtig.

Scheinbar nach einer Ewigkeit erreichten sie endlich den Gästetrakt, wo sie sich vorläufig von Anitta, Lubarna und Zidanta verabschiedeten. Vor einer Flügeltür, an deren Seiten steinerne Löwen Wache hielten und die mit goldenen Sternen und Hieroglyphen bemalt war, blieb Sennefer stehen und öffnete.

„Seine Majestät hat angeordnet, Euch in den schönsten Räumen des Gästetraktes unterzubringen, Euer Hoheit.“

Dieses Mal konnte Jono seine Bewunderung beim besten Willen nicht mehr verstecken, als er eintrat. Sein Mund klappte auf, die Augen wurden groß. Er hatte mit einigem gerechnet, aber das ... Das Haus, das Jonos Vater vor einigen Jahren hatte bauen lassen, weil ihm das alte für seine Position zu schäbig vorgekommen war, besaß eine edle Ausstattung und wäre sogar eines adligen Herrn würdig gewesen, doch mit dem Palast konnte es sich nicht messen, bei weitem nicht. Jede Ecke, ja jeder Stein strahlte aus, dass dies das Zuhause einer göttlichen Majestät war. Der bloße Gedanke, einmal auch nur die gleiche Luft wie der Herr der beiden Länder zu atmen, hätte Jonos Träume früher weit überstiegen. Und nun war es ihm sogar vergönnt, für einige Zeit unter seinem Dach zu wohnen. Schade, dass er nie nach Zawtj zurückkehren und seinen Freunden davon berichten konnte. Sie wären vor Neid erblasst.

Die Mauern waren als Grundierung weiß getüncht und mit Szenen aus der ägyptischen Mythologie und dem Alltag des Landes Kemet bemalt. Nicht weniger Sorgfalt hatten die Künstler und Steinmetze bei der Bearbeitung der Säulen aufgewandt.

„Seid Ihr mit Euren Gemächern zufrieden, Königliche Hoheit?“, erkundigte sich Sennefer, als Jono nichts sagte.

„Wie ... Oh ja, sehr zufrieden.“

„Solltet Ihr irgendeinen Wunsch haben, so zögert bitte nicht, ihn auszusprechen, ich werde mich sofort darum kümmern.“

Damit ließ Sennefer ihn allein und schloss die Tür hinter sich. Jono ließ sich auf einen Stuhl fallen.

„Das nenne ich mal ein Zimmer.“

„Mein Herr.“ Marik verbeugte sich zum Gruß. „Während Ihr darauf gewartet habt, vom Pharao empfangen zu werden, habe ich mir erlaubt, Euer Gepäck in Eure Gemächer bringen zu lassen und die Zimmer für Euch einzurichten.“

„Gut. Ähm ... die Zimmer? Ich dachte, das hier –“

Marik lachte leise.

„Ihr seid ein guter Schüler, aber in manchen Dingen doch etwas naiv, wenn ich das so sagen darf. Ein einzelnes Zimmer, das mag für die Kinder reicherer Bürger angehen, aber nicht für einen Prinzen. Im Palast in Hattusa nennt Ihr acht Zimmer Euer Eigen. Kommt, ich führe Euch herum.“

Die Räume, die Sennefer Jono zugewiesen hatte, waren mehr als großzügig bemessen. Dem Wohn- sowie dem Schlafzimmer war jeweils ein Vorraum vorgelagert, in dem Besucher warten konnten. Marik hatte ein Zimmer für sich, um seinem Herrn jederzeit zur Verfügung stehen zu können. Ein großes Bad und ein Ankleidezimmer komplettierten die Gemächer. Bei den kostbaren Möbeln, die in den Räumen standen, schienen sich die besten Handwerker Kemets die Klinke in die Hand gegeben zu haben. Die Gemächer waren nach Südwesten ausgerichtet und die Fenster boten, ebenso wie der große Balkon, einen atemberaubenden Blick auf den Nil und seine Ufer.

Jono gestattete sich nur einen kurzen Blick hinaus, denn etwas anderes fesselte viel mehr seine Aufmerksamkeit, das den Mittelpunkt seines Schlafzimmers bildete. Gestützt auf Löwenpranken, stand auf einem Podest ein breites, mit frischem Leinen bezogenes Bett. Fußseite und Pfosten waren aufwändig mit Abbildungen der Göttinnen Isis und Neith verziert.

Ein Grinsen glitt über Jonos Gesicht und bevor Marik auch nur irgendetwas sagen oder tun konnte, hatte sich sein Herr schon mit Anlauf und vollem Schwung auf das Bett fallen lassen.

„Aber Euer Hoheit!“

„Was ist denn?“, fragte Jono und sah aus den zerwühlten Laken auf.

„Benehmt Euch bitte“, sagte Marik und hob ein heruntergefallenes Kissen auf.

„Och ... darf ich denn keinen Spaß haben?“

„Doch, schon, aber –“

„Dann hast du sicher nichts gegen eine kleine Kissenschlacht!“, rief Jono, packte das erstbeste Kissen und schleuderte es Marik entgegen.

„Hey, das ...“ Marik wehrte ein zweites Kissen ab. „Na wartet!“

Die Luft füllte sich mit vielen kleinen Federn.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ryuichi-Sakuma-
2008-11-10T03:48:31+00:00 10.11.2008 04:48
Mal wider ein echt Geiles Kapi *smilie*
Macht echt Fun deine FF zu lesen mir gefällt sie echt SEHR gut *knuddel*
Und Gott sei Dank ist alles problemlos gelaufen *smilie* das hatt Jono echt klasse gemacht (^-^~)
Nun machen Jono und Marik auch noch nee kissenschlacht das gehört sich zwahr nicht für einen Prinzen aber spaß muß ja auch mal sein *lächel*

Gruß: Ryuichi-Sakuma-
(^-~)/
Von:  Sathi
2008-10-24T09:41:20+00:00 24.10.2008 11:41
*gg*
schon wieda erste :P jaa ich hab so langsam talent dafür^^°

jaq das kapi iss wie immer super super schön geworden vor allem am anfang jono leicht angetrunken?!
*fg*
geht ja gar nich xD
un zum schluss die kleine kissenschlacht fand ich auch süß gemacht super super super meine liebe mach so weiter


Zurück