Der ewige Schlaf
Ich sah mich auf der Straße kurz um und ging dann Richtung Stadtgrenze. Immer wieder sah ich mich suchend um, aber Kostja folgte mir nicht. Irgendwie stimmte es mich traurig. Immer war er bei mir gewesen, in den vergangenen Monaten, hatte diese tiefe Leere, die Leandro's Tod in mein Herz gerissen hatte, gefült. Plötzlich war er nicht mehr bei mir.
Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich daran, umzukehren und mich bei ihm zu entschuldigen, aber dazu war es jetzt zu spät. Ich hatte seine Gefühle verletzt und konnte nicht zurück.
Mit der Zeit lichteten sich die Häuserreihen, bis ich irgendwann auch das letzte Gebäude hinter mit ließ. Das Morgenrot brannte auf meiner Haut wie Säure. Ich beachtete den Schmerz nicht, ging weiter dem Sonnenaufgang entgegen.
Wie lange hatte ich mich nach diesem Anblick gesehnt? Heute würde ich zum letzten Mal die Sonne erblicken. Der Gedanke stimte mich etwas traurig. In den Bäumen begannen die ersten Vögel zu zwitschern. Ich atmete tief durch, genoss die kalte Morgenluft. Mein Atem dampfte in der Kälte.
Die Haut schälte sich von meinem Körper, der Schmerz wurde unerträglich, trotzdem schleppte ich mich weiter, mobilisierte alle meine Kräfte.
Was hatte ich mir nur dabei gedacht, auf diese Art sterben zu wollen? Ich hatte geglaubt, es würde schnell gehen und kaum weh tun, aber da hatte ich mich geirrt. Ich wünschte mich in Kostja's Arme... Ich .liebte ihn doch so sehr... Was hatte ich nur getan...
Kraftlos brach ich im tiefen Schnee zusammen. Die Kälte brachte kaum Linderung yauf meiner verbrannten Haut. Schmerz betäubte alle meine Sinne... Dann kam das Nichts, die Dunkelheit, die auf mich hinab stürzte. Ganz plötzlich war der Schmerz vergangen - Stille umgab mich, hüllte mich in ihr kühlendes Tuch und hob mich empor in den Himmel. Ich fühlte mich so unendlich leicht und frei...
