Distance von Myobie (Tränen der Vernunft ItaxSaku) ================================================================================ Zweifel ------- „Wenn du dich schon vor mir umbringen willst, versetz dir wenigstens einen Stich ins Herz oder ramm dir das Kunai in den Rachen.“ Ein plötzlicher Stich durchzog ihren Körper, als sie diese eisige Stimme hörte. Gänsehaut zog sich in feinen Strichen über ihren Körper und ihr Gehirn hatte nur ein Bild, das sie dieser Stimme zuordnen konnte. Itachi Uchiha. Woher? Keine Ahnung. Mehr brachte ihr Kopf nicht zustande, zu tief war es mit den Selbsterlösungsgedanken seines Trägers beschäftigt. Nicht einmal den Kopf nach oben schnellen und dem Feind ins Angesicht blicken konnte sie. So erschöpft, so müde, so hingerissen von dem ihr entgegen lächelnden Kunai war sie bereits. Wortlos drehte sie das grau glänzende Metall in ihrer rechten Hand, die durch Erschöpfung zu zittern begann. Fast wäre es ihr in den Schoss gefallen, doch im letzten Moment packte sie fest zu und schnitt sich dank der scharfen Klinge in das zarte Fleisch. Die Waffe hatte sich im Fall wohl gedreht. Zittrig nahm sie nun ihre andere verletzte Hand hinzu, dessen Schmerz sie einfach zu übergehen verstand, und drehte das kleine, wertlose Stück ´letzen Endes´ in ihrer Hand, sodass die Spitze nun auf ihr Herz zielte. Nur eine klitzekleine Handbewegung und es wäre zu Ende, endgültig, doch irgendetwas hielt sie davon ab, diese letzte Bewegung zu vollziehen. Stumpfe Augen, die ihren Glanz längst verloren zu haben schienen, blickten kurz auf und direkt in die unnatürlichen Augen ihres Gegenüber. Ja, ihr Gehirn hatte ein richtiges Bild geformt. Dort saß er, in einer fast geraden Linie ihr gegenüber, vielleicht drei oder vier Meter entfernt und beobachtete sie, wie sie sich umbrachte. Ihr Leben aushauchte, nichts der Nachwelt überlassen wollte. Immer noch direkt in Itachis Augen blickend, blind, ihrem eigenen letzten Stoß beizuwohnen, führte sie das eiserne Metall näher an ihr Herz, doch erschwerte das ständige Zittern ihrer Hand ihre Aktion. Würde sie nicht beim ersten Mal ihr Ziel treffen, würde sie qualvoll zu Tode gehen und wie es mit ihrem Glück zurzeit auszusehen vermochte, war das gar kein gutes Zeichen. Wahrscheinlich hatte sich das Glücksklee, der Marienkäfer, der Schornsteinfeger, das kleine Glücksschweinchen oder was auch immer ihr Glück bereitet hatte, nach der Jo-nin Prüfung für immer aus dem Staub gemacht. Noch mal wollte es sich diese Strapazen wahrscheinlich nicht mehr antun. Viel zu viel Arbeit, Sakura vom Unglück fern zu halten. Wie man genau an dieser Situation erkennen konnte… Was hatte Ino sie doch damals so gehasst, weil sie die Prüfung bestanden hatte und die blonde Konoha-Frau nicht. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie Ino mit ihrem Übertemperament förmlich Flammen um sich gebildet hatte und gar nichts mehr mit ihr reden wollte, als alles entschieden war. Leicht lächelnd schloss Sakura ihre Augen und lehnte sich hinterrücks an den Baum, der sie mit weiterer Kälte beschenkte. Reichte denn kein Itachi Uchiha dazu? Sie musste an die vielen schönen Tag im Ichirakus denken, die sie zusammen mit dem Dauerhunger in Person verbracht hatte. Wie sich eines Tages Hinata, Kiba und Shino zu ihnen gesellt hatten. Viele Bilder waren in ihrem Kopf hängen geblieben, die sie gerade aus ihrem Gedächtnis kramte und wie eine Diashow vor ihrem inneren Auge abspielte. Auf einem war Naruto gerade eine viel zu große Portion Ramen am herunterschlucken -wenn man es überhaupt schlucken nennen konnte-, während sie und Kiba ihm lustige Perücken aufgesetzt hatten. Auf einem anderen… „Wird das heute noch was oder sitze ich vergeblich hier?“, holte sie eine dunkle, raue Stimme aus ihren Gedanken zurück und wieder wurde sie sich bewusst, wo sie eigentlich war… „Was wäre… wenn ich es nicht tun würde?“ Ihr stumpfer Blick fraß sich in die emotionslosen Seelenspiegel Itachis. Selbst bei dieser überraschenden Frage zeigte er keinen Funken an Emotion. Es stimmte also, was man sich über ihn erzählte… Ein kleines Lächeln stahl sich auf das Gesicht der Konouchi, als sie wortlos die Waffe aus ihrer Hand fallen ließ und wie in Zeitlupe versuchte, durch qualvolle Schmerzen in fast all ihrer Gliedmaßen aufzustehen. Nach Ewigkeiten, wie es ihr schien, hatte sie es geschafft und stützte sich an den Baum. “Was wäre, wenn ich es nicht tue? Beendest du es dann, mein wertloses Leben?“ Ihr Gesicht verzehrte sich zu einer schrecklichen Grimasse. „Oder werde ich es eines Tages bereuen, es nicht getan zu haben? Mein Leben ist zu Ende, ich bin verbannt, gejagt von meinen eigenen Freunden. Mir bleibt nichts mehr vom Leben, eigentlich. Aber was ist, wenn ich mich nun umbringe und sie mich doch eines Tages zurück haben möchten? Wenn mein Schicksal darin besteht, neue Freunde zu finden, weit weg von Konoha? Dann darf ich mein Leben nicht einfach so beenden, nein. Oder ist gerade das der Sinn meines Lebens? Alles zu verlieren? Sag du es mir, bitte.“ Das letzte Wort flüsterte sie nur in die Nacht hinein, als wolle sie nicht, dass der Uchiha es vernahm. Und doch hallte dieses eine Wort laut in ihren Ohren wieder. Itachi so etwas entgegen zu werfen war der totale Humbug, das wusste sie selbst. Wie verzweifelt sie sein musste, ihn um so etwas zu bitten, die Frage auf ihr Schicksal zu beantworten. Den großen Bruder Sasukes, der abgehauen war, weil er sein Schicksal nicht kannte. Itachi Uchiha, einen Klanmörder, wie konnte sie sich an seine Antwort fesseln -die sie eh nie bekommen würde- obwohl sie ihn nicht kannte, ihn verabscheute, ihn am liebsten umbringen würde. Ein starkes Kribbeln durchzog ihren Bauch und dann ihren Brustkorb, das jeden Schmerz wett machte. War es Hass auf ihre letzte Hoffnung? Sie wusste es nicht, wollte sie es überhaupt wissen? Itachi jedoch blickte sie einfach nur an, wie sie da verkrümmt an dem Baumstamm Halt suchte. Halt, um nicht umzukippen, doch gleichzeitig den Halt, den sie in ihm zu suchen vermochte. Als wäre er gerade nicht Zeuge dieser Szene, stand er einfach auf und wandte sich zum Gehen. „Nein“, schrie eine viel zu schrille Stimme seinen lautlosen Schritten hinterher, als er wirklich zu Gehen begonnen hatte. Verzweifelt blickte die Rosahaarige auf seinen Rücken, irgendwie war er doch kleiner als sie gedacht hatte… „Wenn du der Versuchung noch nicht nachgegeben hast, wenn ich wieder komme, beantworte ich dir deine Frage vielleicht.“ Und mit diesen Worten war er auch schon verschwunden, jedoch nicht, bevor er einen kleinen Ring in seiner Hosentasche verstaut hatte. Unheimlich, wie sie das manchmal konnten, die, die alles in ihrem Leben erreicht hatten… --- „Tsunade, gib mir einen Auftrag, sonst renne ich ihr doch noch hinterher.“ Naruto war mit Höchstgeschwindigkeit in das Zimmer der Hokage gesprintet und hatte es anscheinend nicht nötig, vorher anzuklopfen, wie man es eigentlich tat. „Ich weiß sie ist ne Verräterin, obwohl ich ihr das niemals zugetraut hätte, doch ich vermiss sie jetzt schon. Oba-chan, bitttttttteeeeee.“, quengelte er sofort weiter, bevor die Hokage überhaupt ihre Feder von dem weißen Blatt Papier lösen konnte, das vor ihr lag. Überrascht hob sie ihren Kopf und sah den orangefarben gekleideten Chaosninja an. Sie war es zwar gewöhnt, von ihm Oba-chan genannt zu werden -obwohl er das eigentlich gar nicht durfte und sie sich jedes Mal beherrschen musste, ihn nicht sofort wieder hochkant aus dem Zimmer zu werfen- war es dieses Mal jedoch anders. Sie war es auch gewöhnt, das er einfach so die Tür aufriss, ohne auf die Förmlichkeiten zu achten und ebenso einfach einen Auftrag zugesteckt bekommen wollte, doch irgendwie fehlte ihr heute trotzdem etwas von seiner wibbeligen Art. Irgendetwas war heute anders, das spürte sie sofort, doch konnte sie sich den Grund für sein Verhalten bereits denken. „Es war auch für mich nicht leicht, Sakura davon zu jagen Naruto, doch es musste sein. Sie ist eine Verräterin! Trotzdem gehe ich meinem Alltag nach, ich habe zu tun und momentan keine Aufträge zu vergeben. Wir leben in ruhigen Zeiten Naruto.“ Doch das stimmte nicht ganz, das wusste sie selbst. Seit zwei Tagen warf sie sich praktisch in die Arbeit, wie Dagobert Duck in seinen Geldspeicher, während der ganze Schrank mit gefüllten Sakeflaschen vollgestopft war. Shizune hatte am Morgen schon gar keinen Nachschub mehr gebracht, da kein Platz für weitere Flaschen vorhanden war. „Sie war dir eine sehr gute Freundin Naruto und mir eine gute Schülerin, doch du musst sie nun vergessen.“, fügte sie nach kurzem Schweigen besänftigend hinzu. „Du weißt, was sie getan hat!“, sagte sie nun nicht mehr ganz so sanft und brach ihre Feder fast zwischen den geballten Händen in zwei. „Ich will trotzdem Auftrag.“, warf der Blonde sofort mürrig ein und verschränkte seine Arme vor der Brust. Wie er so da stand, mit gezogener Schnute und trotzdem erhobenen Kopfes, hätte man sich sofort auf den Boden werfen können und sich kugeln vor lachen, doch das tat niemand. „Es gibt aber keinen Auftrag für dich und jetzt raus, sonst machst du Bekanntschaft mit dem Fenster.“, donnerte die Hokage sofort los und zeigte mit warnendem Finger auf die Tür. „Ich weiß, wie du dich fühlst, doch du brauchst Ruhe.“, fügte sie in Gedanken hinzu, als der Blonde schweißgebadet beide Füße in die Hände nahm und schneller verschwunden war, als er in dem Büro erschienen war. --- Schwach hob und senkte sich ihr Brustkorb. Das leise Atmen ging im Chor der Vögel unter, die hoch oben in den Baumkronen und auf den darunterliegenden Ästen jeden Morgen ihr fröhliches Lied anstimmten. Sie konnte es bereits auswendig… In den ersten Tagen hatte sie leise mitgesummt, wollte die Vögel doch nicht bei ihrer Übung stören. Doch mittlerweile war sie zu schwach dazu. Wer besser werden wollte, der musste eben üben, das kannte sie nur zu gut. Das hätte sie jetzt auch am liebsten getan, einfach ihre Flügel auseinandergefaltet und zu dem bunten Haufen hinauf geflogen, um mit ihnen ein Lied zu trällern. Doch brachte sie das nicht fertig, all ihre Kraft hatte sie verlassen. Jeder noch so schwache Atemzug, der sie am Leben hielt, bereitete ihr unendliche Schmerzen und sog sie immer weiter aus. Nicht mehr lange und ihre Lebensenergie war ausgesaugt, vollkommen verschwunden. Hätte sie das vorher gewusst, sie hätte das graue Stück Metall in ihr Herz gerammt… Hätte sie gewusst, wie es enden würde, hätte sie es schon vor zwölf endlosen Tagen getan, als sie genau an dieser Stelle an den dicken Baum gelehnt dagesessen hatte und ihm gegenüber gestanden hatte. Das war nun ganze zwölf Tage her, doch sie wollte eine Antwort. Hatte er nicht gesagt, er gäbe ihr eine, wenn sie noch lebe, wenn er wiederkomme? Wo war er, der große Itachi Uchiha? Zorn stieg in ihr auf, flachte aber sofort wieder ab. Sie hatte keine Kraft mehr, überhaupt noch etwas zu empfinden. Seit acht Tagen hatte sie schon nichts mehr gegessen, sie spürte ihre Haut, die ohne den Fleischübergang gegen ihre Rippen schlug. Sie musste einfach aussehen wie eine Leiche. Sie war bereits fast eine. Verwechseln würde das wohl jeder. Sie freute sich jetzt schon auf die Nacht, in der es endlich wieder regnen würde, jetzt schon hatte sie wieder unendlichen Durst. Ihre Lippen waren rau und schon teilweise aufgeplatzt, ihre Finger knochig und zu nichts mehr zu gebrauchen und ihr wertvollster Besitz, der Ring, war zu allem Überfluss auch noch nicht mehr da. Sie hatte ihn verloren, ihr letztes Stück ´Eltern´. Was hatte sie sich eigentlich eingeredet, als sie meine, sie wolle warten? Das war doch der größte Schwachsinn, den sie beschließen konnte! Wäre sie in der Lage, sich selbst zu ohrfeigen, sie hätte es getan. Dabei wollte sie sich doch gar nicht selbst bemitleiden… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)