SE: Das dunkle Konsortium von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Routine --------------- Eine normale, vielleicht etwas dunkle Nacht in der Stadt. Die meisten rechtschaffenen Bürger waren bereits zu Bett gegangen, oder hatten sich unter die zahlreichen Nachtschwärmer gemischt. Die dunkel gekleidete Gestalt auf dem Dach einer kleinen Kirche gehörte weder zur einen noch zur anderen Gruppe, sondern war etwas... exotischer. Sein Äußeres deutete auf einen verirrten Trauergast hin, dazu passte jedoch das großkalibrige und lange Gewehr mit dem beeindruckenden Visier nicht- also eine Ordnungskraft? Ein Scharfschütze der eine berühmte Person bewachte? „Beruhige dich Jason!“, sagte die Person plötzlich, anscheinend zu sich selbst. „Aber sie sind schon seit zehn Minuten da drin!“, antwortete eine Stimme, die scheinbar aus dem Nichts kam. Der Junge zog sein Auge von der Linse des Visiers zurück und betrachtete eine kleine Spiegelung auf der Waffe. „Handbuch Kapitel 4: Im Einsatz sollte man immer Ruhe bewahren, Hektik führt nur zu dummen Fehlern.“, meinte er zum Spiegelbild- das übrigens nicht ihn zeigte, „Mit etwas Anderem als dem Gehirn zu denken übrigens auch.“ Das Gesicht auf dem eigentlich schwarzen Metall verzog sich. „Schon klar...du und das Handbuch- nimmst du das Ding eigentlich auch Nachts mit ins Bett?“ „Ja. Weißt du, nicht jeder hat jede Nacht eine...“ Etwas lenkte den Blick des Waffenführers von seinem Gesprächspartner ab. „Sie bewegen sich.“, sagte er ruhig, den Blick auf ein Gebäude auf der anderen Straßenseite gerichtet. „Was? Alle acht?“ Ray nickte- was flach auf dem Boden liegend gar nicht so einfach war. „Ja, sie hat es geschafft. Mach dich bereit!“ Mit schnellem Griff entledigte sich Ray seines schwarzen Sakkos. Ein graues Hemd wurde sichtbar... und ein quer darüber liegender Munitionsgürtel mit golden glänzenden Projektilen- von denen eines geschickt zwischen Ray’ Finger wanderte. Verträumt drehte er die schwere Kugel und fuhr über ihre Oberfläche. „Kaliber 50, Vollmantel mit Silbereinschlüssen...wunderschön...“, flüsterte er vor sich hin während er tief einatmete und die Augen schloss. „Ja...genial...wozu eigentlich das Silber?“, wollte sein Partner gelangweilt wissen. „Handbuch Anhang Leitsätze: ‚Sei auf alles gefasst- auch auf dein eigenes Versagen’ – Silber hat spezielle Eigenschaften, wenn wir es aus irgend einem Grund nicht schaffen unsere Seelen synchron zu halten und damit die Kugel aufzuladen... verursachen wir damit unter Umständen auch ein wenig Schaden bei diesen...Verwandelten“ Ray öffnete die Augen. Mit einem leisen Klicken wanderte das Projektil in die Waffe... es konnte beginnen. Die Hintertür der Bar flog krachend auf. Ein Mädchen eilte hinaus, um nach ein paar Metern wieder stehenzubleiben. In dieser dunklen Seitenstraße wirkte sie völlig deplaziert. „Eine hilflose Jungfrau“, sozusagen- nur das ihr aufreizendes Outfit nicht ganz zu diesem Klischee passte. „Kommt schon Jungs, trödelt nicht so rum!“, rief sie fröhlich. Zu schnell um jemanden stutzig werden zu lassen fuhr sie prüfend mit der Hand über eine kleine Ausbuchtung an ihrem Rücken. Natürlich ließen sie nicht lange auf sich warten- ungehobelte Kerle, die so gar nicht zu dem fröhlichen Mädchen passten verließen die Bar. Ihrem Lachen und Benehmen nach hatten sie bereits mehr als nur ein paar Gläschen getrunken. „Na wo isn jetzt dieser neue Club?“, wollte einer von ihnen lallend wissen. Die Antwort bestand aus einem leichten Lächeln- dann drehte sich das Mädchen wieder um: „Kommt. Mir nach!“ Rüde lachend folgten die Männer der Aufforderung. Ihre Blicke bohrten sich in den Rücken des Mädchens...na ja- nicht genau in den Rücken. Einer der Typen rempelte seinen Kollegen an: „Schon ne geile Schnitte was?“ „Ja Boss, wird noch n’ netter Abend“ Der „Boss“ grinste: „Weißt du...Alkohol macht mich immer hungrig...“ Sein Gegenüber verstand offenbar. „Schon klar...aber vorher dürfen wir noch ein bisschen Spaß haben oder?“ Ohne ein weiteres Wort kämpfte sich der heruntergekommene Typ in der Menge nach vorne. Mit einem weiteren dreckigen Grinsen streckte er die Hand nach dem Mädchen aus... Ein lautes Knallen in der Nähe gefolgt von einer Art Pfeifen ließ die Männer aufschrecken. Der Kerl, der sich das Mädchen gerade greifen wollte, stöhnte leise auf. Dort wo vorher ein ziemlich dicker Bauch gewesen war klaffte nun nur noch ein riesiges Loch...durch das man einen Einschlagskrater auf der Straße sehen konnte- wollte man sich den Magen verderben. „Scheiße Boss was war das?“, rief einer der Männer. Der Getroffene hatte sich einstweilen bereits aufgelöst. „Kiowa Gang.“, sagte das Mädchen ernst, „Es ist vorbei, wir sind hier um euch eure Seelen zu nehmen!“ Sie drehte sich um und zog ein kurzes Schwert unter ihrem Oberteil hervor. Die Gesichter der Männer verzerrten sich zu unmenschlichen Fratzen. „Los Leute...macht sie fertig!“ Rauchend sprang eine Hülse aus der Waffe. Sofort schob Ray die nächste Kugel in den Schacht. Schnell musste es gehen, sehr schnell. Wenn alles wie geplant lief würden sie ihn bald... „Hey, da stimmt was nicht!“, hörte er Jason rufen. Noch einmal drückte er den Abzug, dann stand er auf. „Verfehlt...“, fluchte er, „Los Jason, alleine schafft sie die nicht!“ Die noch rauchende Waffe begann zu leuchten und transformierte sich. Ein Junge, der etwas kleiner war als Ray materialisierte mit wütendem Gesicht. „Was sind das nur für Idioten? Auf Haruka loszugehen anstatt auf uns...“ Ray spähte über den Dachrand. Gut...ein kleiner Vorsprung. „Tja auch so haben sie es geschafft das wir aufhören müssen...und jetzt komm!“ „Na komm her Kleine!“, rief einer der Typen, und stürzte sich frontal auf das Mädchen. Mit einer fließenden Bewegung wich sie aus und benutzte das Schwert um das unvorsichtige Gangmitglied zu halbieren. Mit einem widerlichen Geräusch drang die Klinge durch sein Fleisch. Die anderen wichen erschrocken zurück...jedoch nur kurz. „Na sieh mal einer an...die Kleine denkt sie könnte es mit uns aufnehmen!“, rief derjenige, den der erste Gefallene als „Boss“ bezeichnet hatte. Sein Äußeres hatte sich am meisten verändert. Irgendwie schien er gewachsen zu sein- vor allem seine Hände wirkten nun wie Baggerschaufeln auch sein Mund war unnatürlich groß und verzogen- komplettiert wurde das ganze von der unvermeidlichen langgezogenen Zunge. „Kreist sie ein!“, befahl er. Verängstigt begab Haruka sich in Verteidigungsstellung, das kurze Schwert vor ihrem Körper in Position, sie versuchte alle im Auge zu behalten. „Wir werden das nicht schaffen, es sind zu viele.“, meinte eine leise, fast weinerliche Stimme. „Du bist keine große Hilfe Enosuke...“ „Aber wenn wir uns ergeben vielleicht lassen sie uns...“ „Ruhe jetzt!“ Die Typen lachten schon wieder. Vermutlich hatten sie noch nie jemanden mit einer Waffe streiten sehen. Langsam zog sich der Kreis immer enger zusammen. „Hey ihr Feiglinge! Findet ihr das nicht ein wenig unfair?“, rief Jason. Er und Ray waren etwas entfernt von der Szene nach einem extremen Sprint zum Stehen gekommen. „Na sieh mal an...“, meinte der „Chef“, „Wenn das nicht Rambo höchstpersönlich ist! Und einen Partner hat er auch mitgebracht...“ Auf seine Geste hin spaltete sich die Hälfte der Besessenen von der Gruppe ab und steuerte auf die Beiden Neuankömmlinge zu. Dem Mädchen verschaffte das etwas Luft. „Ganz ruhig...“, flüsterte Ray, um seinen angespannten Partner zu beruhigen. Die drei Monstrositäten kamen immer näher, einer von ihnen streckte bereits seine bekrallte Hand aus. „Noch etwas näher...JETZT!“ Ein blendendes Licht nahm kurzzeitig die Stelle von Jason ein...und verwandelte sich dann in ein beeindruckendes Gewehr, das Ray mit geschickten Händen auffing. „Sie sind zu schnell!“, wandte Jasons Stimme aus dem Nichts ein. „Ich weiß.“ Mit einem leisen Klacken löste sich einer der Munitionsgürtel von Ray’s Schulter. Viel Zeit blieb wirklich nicht mehr. Wären sie alleine gewesen, hätten diese ungehobelten Monster kein Problem dargestellt...in der derzeitigen Situation musste er jedoch auf eine größere Kraft zurückgreifen. Die Luft um Waffenmeister Ray und seine Waffe Jason herum schien zu knistern, als sie ihre „Seelenwellenlängen“ synchronisierten. Dies verlangte vor allem Kraft- und natürlich Konzentration. Bei vielen Paaren beschwor das unglaubliche Effekte herauf: eine unheimliche Vergrößerung der Waffe selbst, ein angsteinflößender Gesichtsausdruck des Meisters der sie führte(übrigens praktisch eine Krankheit unter Shibusen-Schülern) oder zumindest eine gut sichtbare magische Aura. So war es schon fast eine Besonderheit, dass sich bei diesen Beiden beinahe nichts offensichtliches Tat. Nur die Tatsache, dass Ray nun seinen Gesamten Munitionsgürtel in den Schacht an seiner Waffe stecken konnte, hätte die Anstürmenden stutzig machen können...wären sie dafür nicht viel zu mordgierig gewesen. „Konfetti-Macher.“, sagte Ray ruhig, jedoch mit vor Anstrengung geweiteten Augen- und drückte ab. Sofort schrumpfte der Munitionsgürtel um einiges. Diesmal verließ nämlich nicht nur ein Projektil die Waffe, sondern gleich eine ganze Salve. Die Wirkung...machte dem Namen der Attacke alle Ehre- jedenfalls sahen die Überreste der Verwandelten nun sogar wesentlich ekelhafter aus als ihre entstellten Körper...zum Glück verschwanden sie recht rasch. „K-Komm bloß nicht näher!“, schrie der Anführer der Feinde. Ohne besondere Überraschung stellte Ray fest, das er Haruka vor sich festhielt. Seine schaufelartige, bekrallte Hand nahe an ihrem Hals. „Sie sind gar nicht so dumm wie sie aussehen was?“, fragte Jasons Stimme. Sie schien von überall und nirgends zu kommen. „Du hast Recht“, stimmte Ray zu und hob seine Waffe, „Sie sind sogar noch dümmer!“ In diesem Moment verwandelte sich der Dolch, den das Mädchen fallengelassen hatte in einen Menschen, was den Anführer kurzzeitig verwirrte. Er lockerte seinen Griff...und wurde sofort mit einem Tritt in die Weichteile belohnt. „Uh!“, rief Jason schockiert aus- offenbar litt er irgendwie mit dem Getroffenen. „In Deckung!“, rief Ray seinen Kollegen zu und drückte den Abzug durch. Diesmal ließ er ihn nicht mehr los. Vorbei war es mit der ruhigen Nacht. Auch wenn es nicht viele Dinge geben mochte, die die Gesetzeshüter aus ihren Betten lockten- eine von großkalibrigen Projektilen durchsiebte Seitenstraße gehörte dazu. „Wie viele waren es?“, fragte Ray, während er sich die schweißnasse Stirn rieb und den blinkenden Blaulichtern in der Ferne zusah. Zum Glück war keines in ihre Richtung unterwegs. „Im Gürtel waren noch an die Hundert...“, antwortete Jason, der hinter ihm stand und in dieselbe Richtung blickte. Ray nickte. „Hoffen wir das sie sich wieder beruhigen.“, meinte er und erhob sich. Schade eigentlich das man sie nun nie wieder hierher schicken würde. Er mochte diese Stadt...besonders diese Kirche wäre für zukünftige Missionen ein sehr guter Aussichtspunkt gewesen. „Ach hier oben seid ihr!“ Beide drehten sich nach der unerwarteten Stimme um. Selbst auf diesem, nur spärlich beleuchtetem Dach strahlte Haruka in ihrem Outfit regelrecht heraus- was vor allem daran lag, dass ihre blaue „Kleidung“(wenn man das nur aus einzelnen Stoffstreifen bestehende Etwas so bezeichnen konnte) zu wenig von ihrem Körper bedeckte um das Licht zu schlucken- ganz im Gegensatz zu ihren beiden Gegenübern. „W-Wow...“,seufzte Jason leise, verstummte jedoch sofort als er Rays Blick auffing. Durch die Spiegelung in der Sonnenbrille sah er noch bedrohlicher aus. „Ich sagte ihr sollt am Treffpunkt auf uns warten.“, meinte er kalt, „Aber nein, stattdessen kommst du hier rauf...widersetzt dich schon wieder meinen Anordnungen und...“ Das Mädchen stemmte die Hände in die Hüften. „Deine Anordnungen? Glaubst du wir sind hier bei der Armee und ich...“ Ray machte einen Schritt nach vorne. „Shinigami-sama hat mich angewiesen dich mit auf diese Mission zu nehmen, damit du Erfahrung sammeln kannst. Ich und Jason sollten dich testen.“ Er drehte sich halb um und wies mit dem Finger auf die Ansammlung der Einsatzfahrzeuge in der Ferne. „Durch deine Leichtsinnigkeit und Starrköpfigkeit hast du dich selbst und uns alle in Gefahr gebracht und dieses Chaos dort verursacht. Handbuch Anhang Leitsätze: ‚Ein Fehler ist immer verzeihlich, solange er nur dir selbst Probleme macht’- du bist durchgefallen!“ Das letzte Wort schien noch einige Zeit widerzuhallen...aber vermutlich war das nur Einbildung. Ohne sie noch eines Blickes zu würdigen ging Ray an ihr vorbei zum Rand des Daches. „Komm jetzt Jason, wir gehen“, meinte er ohne sich umzudrehen, „Und gib ihr deinen Mantel, sonst ziehen wir noch mehr Aufmerksamkeit auf uns.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten verließ er das Dach mit einem beherzten Sprung. Natürlich war er zu hart gewesen. Natürlich war sie nur eine Anfängerin, aber trotzdem... „Es wird nicht wieder passieren...“, sagte er sich selbst, „Auch wenn ich dafür das Arschloch spielen muss...“ Kurz nahm er seine Sonnenbrille ab und spähte nach oben. Die Seelen der Beiden strahlten hell aus der Dunkelheit und überforderten seine Augen, die sofort zu tränen begannen. Offenbar tröstete Jason sie. „Gut, sie werden wohl erst später nachkommen“, dachte Ray. Nach ein paar Schritten in die Dunkelheit löste sich seine schemenhafte Gestalt in der Schwärze auf. Kapitel 1: Partner ------------------ Der Raum von Shinigami-sama, in Shibusen, oder der „Todesraum“ wie er von vielen Schülern und Meistern auch (scherzhaft) genannt wurde, wirkte auf die Meisten beeindruckend. Strengte sich ein Meister an, konnte er hier unglaubliche Kraftechos wahrnehmen, und den eigenartigen Kunstgeschmack von Shinigami-sama entdecken...Ray war jedoch im Moment nicht danach zumute. „Sie wollten uns sprechen, Shinigami-sama?“, fragte er, als er den Raum mit Jason , Haruka und Enosuke im Schlepptau betrat. „Uuh ja!“, rief der Shinigami fröhlich, wie immer war er gut gelaunt. „Das neue Team! Ich wollte euch nur zu eurer guten Leistung gratulieren!“ Er hob die Daumen seiner beiden riesigen Hände. „1 a Arbeit Leute!“ Man sah förmlich wie erleichtert alle waren. Jason begann sofort zu lächeln, Haruka entspannte sich etwas (sie war noch nie in diesem Raum gewesen) und Enosuke...nun er wirkte etwas weniger deprimiert. Rays Gesicht jedoch blieb ausdruckslos. „Hm? Was ist?“, wollte Shinigami-sama wissen. „Wir wurden vorzeitig entdeckt, haben eine ganze Häuserfront mit großkalibrigen Projektilen zerschossen...und eine ganze Stadt in Aufruhr versetzt...“, zählte Ray ruhig auf. „Laut Handbuck Kapitel ‚Verhalten in einer Mission’, müssen wir dafür bestraft werden.“ Jason schüttelte genervt, aber offenbar nicht überrascht den Kopf. Haruka trat nach vorne. Heute sah sie, wie Ray feststellte, relativ „normal“ aus. Jedenfalls hatte sie ihr S & M-Outfit gegen die Schuluniform von Shibusen eingetauscht- was die meisten seiner Geschlechtsgenossen freilich nicht davon abhielt, ihr immer noch gierige Blicke zu-...oder besser nachzuwerfen. „Sag mal, was soll das?“, fauchte sie ihn wütend an, „Shinigami-sama lobt uns, und DU willst, dass er uns bestraft?“ Shinigami-sama wirkte nachdenklich. „Ähm...na ja irgendwie hat er ja recht...also, welche Strafe soll ich euch geben?“ Ray ignorierte, dass Haruka sich offenbar sehr zurückhalten musste um ihn nicht anzuspringen und sah nur den Shinigami an. „Das liegt in Ihrem Ermessen Shinigami-sama.“, stellte er mit der gleichen, ruhigen Stimme fest. „Äh...wisst ihr ich habe da kaum Erfahrung Leute...“, entschuldigte sich der Todesgott und hob seine riesigen Hände, „Also...wie wäre es wenn ich einfach die Seelen dieser Gestalten selbst behalte?“ Ray nickte. „Ja, das wäre eine harte aber gerechte Strafe...“ „Na dann...machen wir das so!“, rief Shinigami-sama, offenbar erleichtert. „Gibt’s sonst noch was über das wir sprechen müssen?...“, sagte er gedankenversunken und sah an die Decke, „Ach ja! Ihr werdet natürlich weiterhin zusammenarbeiten, ich glaube beide Teams profitieren davon nicht wahr?“ Haruka kam so ruckartig näher an Ray heran, dass sogar ihre kurz gehaltenen schwarzen Haare in Aufruhr gerieten. Sie richtete ihren Zeigefinger wie eine Waffe auf Rays Kopf. „Ich soll weiter mit diesem Vorschriftsfanatiker zusammenarbeiten, der nicht mal ohne ins Handbuch reinzusehen die Toilette benutzen kann?“, rief sie vorwurfsvoll. „Immer noch besser als mit einem Anfängerpüppchen zusammengewürfelt zu werden, das sich besser mit Schminke auskennt als mit der Durchführung einer Mission...“, bemerkte Ray halblaut. „Wie war das?“, fuhr sie ihn an, „Ohne uns Beide hättet ihr diese Perversen niemals rauslocken können!“ Rays verspiegelte Brillengläser richteten sich nun doch in ihre Richtung. „Oh ja! Im Aufmerksamkeit erregen bist du sicher die Beste von uns allen! Weißt du was? Warum machst du die nächste Mission nicht einfach nackt?“, seine Stimme war nun endgültig ebenfalls in Geschrei umgeschlagen. Jason, der sich insgeheim über den Streit der beiden amüsierte, bemerkte in diesem Moment das ausdruckslose Gesicht von Shinigami-sama. „Hey!“, raunte er leise und stieß Ray mit der Schulter an. „Oh, das würde dir gefallen hm?“, verteidigte sich Haruka, die Geste nicht bemerkend. Auch Ray ignorierte die Warnung seines Partners: „Nicht unbedingt, aber zumindest hättest du dann einen kleinen Nutzen für das Team, im Gegensatz zu...“ Der Shibusen-Schüler konnte den Satz nicht mehr beenden, da Shinigami-sama genau in diesem Moment einen seiner berüchtigten „Todesschläge“ auf ihre Köpfe ausführte- natürlich waren sie nicht tödlich, aber ziemlich schmerzhaft. „Schluss jetzt mit dem Streit!“, rief der Todesgott, nun ebenfalls wütend, „Eure Teams arbeiten weiterhin zusammen, schon alleine damit ihr euch zusammenrauft! Und jetzt geht!“ So verließen die Mitglieder des ungleichen „Teams“ säuerlich den „Todesraum“. Jason betrachtete amüsiert seinen Partner, der sich immer noch den Kopf hielt. „Und wie geht’s jetzt weiter?“, wollte er wissen. Ray blieb stehen und sah jeden der Gruppe an. Jason kannte er schon seit einiger Zeit, sie hatten sich zusammengerauft und waren ein eingespieltes Team. Haruka und diese...traurige Gestalt einer Waffe hingegen waren Anfänger, blutige Anfänger. Natürlich waren in jeder Klasse von Shibusen, die unterschiedlichsten Schüler zusammengewürfelt (manche entdeckten ihre Begabung eben erst später)- aber dass ein Schüler einen anderen praktisch ausbilden musste...selbst wenn er noch so viel Erfahrung hatte... „Shinigami-sama hat befohlen, dass wir zusammenarbeiten sollen, also müssen wir das auch tun.“, seufzte er schließlich unzufrieden, „Ich schlage vor ihr beide macht heute bei unserem Training mit...vielleicht lernt ihr dabei ja sogar noch etwas.“ „Lernen? Was denn? Wie man ein dickes Regelbuch am besten auswendig lernt?“, warf Haruka wütend ein. Ray hatte keine Lust mehr sich mit ihnen zu streiten- sollten sie ihm doch alle den Buckel runterrutschen. „In zwei Stunden in der Halle“, sagte er deshalb nur gleichgültig, bevor er und Jason ihre neuen Partner hinter sich zurückließen. „Maaaan!“, rief Jason erleichtert und ließ sich auf das Sofa in der Wohnung fallen, „Am liebsten würde ich mich sofort hinlegen- keine zwei Stunden konnten wir nach der Rückkehr schlafen bevor wir zu ihm gerufen wurden!“ Ray nickte. „Und, was hälst du von unseren neuen Partnern?“, fragte er dann beiläufig, während er sich auf einen Sessel setzte. „Sind beide ganz in Ordnung finde ich...na ja, dieser Enosuke sollte vielleicht lieber als Friedhofsgärtner arbeiten...aber insgesamt hätten wir es viel schlechter treffen können.“ Der Sessel knarzte, als sich Ray etwas zurücklehnte. „Und mit ‚viel schlechter’ meinst du Haruka nehme ich mal an, oder?“, fragte er. Sein Partner spähte verträumt an die Decke. „Ja verdammt...hast du sie letzte Nacht gesehen? Im Ernst, diese Viecher taten mir schon beinahe leid, bei so einem Köder...“ Er löste seinen Blick von der Täfelung uns sah wieder Ray an. „Ach übrigens, zum Training musst du heute alleine- ich hab noch ein Date.“, fiel ihm plötzlich ein. Ray verzog das Gesicht. „Schon wieder? Mit wem?“, wollte er wissen. „Ähm...“, stotterte Jason, „Du weißt schon...die Kleine von letzter Woche...die, die so auf meinen Slang abfährt...verdammt wie...“ Ray atmete tief ein. „Sekai“, informierte er seinen ratlosen Partner, „Ist mir immer wieder ein Rätsel was die alle ausgerechnet an dir finden...“ Jason grinste abermals. „I’m just a young, unexperienced boy from England, you know?“, meinte er mit gespielter Unschuld, „Manche stehen eben drauf mir...das Land zu zeigen.“ Ray schüttelte den Kopf. „Indeed“, sagte er einsilbig, „Pass auf, dass du den Ruf deines Landes mit deinen Aktionen nicht zerstörst...“ Mit einem Ruck saß Jason wieder gerade auf dem Sofa. „Na darum brauchst DU dir ja keine Sorgen mehr zu machen ‚Mr. America’...“, ätzte er, während er sich erhob, „Ich geh dann mal, viel Spaß beim Training.“ Die Tür zu ihrer gemeinsamen Wohnung schloss sich und Ray war allein. Irgendwie bewunderte er seinen Partner, für die Leichtigkeit, mit der er sich hier zurechtgefunden hatte, obwohl er noch nicht lange hier war. Nur mit dem Finden eines Partners hatte er anfangs Schwierigkeiten...so wie er selbst, nach dem Vorfall... Nur kurz blitzte die verdrängte Erinnerung in Form eines Gesichtes in Rays Geist auf, und ließ ihn schmerzerfüllt zusammenzucken, bevor sie wieder im Dunkel seines Unterbewusstseins verschwand. „Handbuch Anhang Leitsätze: ‚Wenn dich etwas blockiert, vergiss es- kannst du es nicht vergessen, blende es aus- kannst du es nicht ausblenden, konzentriere dich nur auf das Hier und Jetzt.’“, sagte er zu sich selbst. Dann also auf zum Training und diesen Anfängern etwas beibringen...während sein fauler Partner sich wieder mal vergnügte- nun, zumindest falls es seine neue Flamme nicht störte mit dem falschen Namen angesprochen zu werden. Der Gedanke daran wischte die trüben Gedanken vollständig weg und ein vielsagendes Lächeln bildete sich auf Rays Gesicht. „Tja, mal sehen wie sich unser Paradeengländer da wieder rauswindet...“, dachte er amüsiert, während er sich auf den Weg machte. Kapitel 2: Aufeinandertreffen ----------------------------- Der Mann saß nun schon ziemlich lange in dem kleinen Lokal das direkt an einer belebten Straße lag. Langsam wurde er nervös und sah auf seine Uhr. Es war ungewöhnlich, dass seine Verabredung sich derart verspätete. „Möchten Sie noch etwas zu trinken Sir?“, riss ihn der Kellner aus seinen Gedanken. Der Anzugträger nickte nur und zeigte auf sein Glas. „Und bringen Sie mir die Speisekarte!“, fügte er seiner genervten Geste noch hinzu. Der Kellner schüttelte den Kopf, machte sich dann aber doch auf den Weg. Wie er Verspätungen hasste! Sie waren eines der vielen Dinge, die in dieser Welt nicht richtig funktionierten, in dieser Welt, die er verbessern würde... „Ich bin spät dran“, sagte eine dunkle Stimme plötzlich. Nicht im mindesten überrascht blickte der Mann von seinem Glas auf. Es war eine Spezialität seiner Verabredung, sich unbemerkt jemandem zu nähern. Selbst wenn er nicht darauf achtete nahm man ihn nicht leicht wahr- und erst recht nicht wenn er „inkognito“ war so wie heute. Er trug nicht nur eine Sonnenbrille, sondern hatte sogar seinen Halfter mit der Pistole unter einem Mantel verborgen...ungewöhnlich. Nachdem er sich nochmals im Lokal umgesehen hatte, setzte er sich dem Wartenden gegenüber. „Guten Tag...“, begann dieser und stockte, „Wie war noch gleich Ihr Name?“ „Ich habe ihn nicht genannt.“, meinte sein Gegenüber gleichgültig, „Nennen Sie mich...Red, das erinnert mich an früher.“ Der Anzugträger nickte und nahm einen Schluck aus seinem Glas. Seltsam, dass der Kellner noch nicht aufgetaucht war- entweder er verstand, dass man sie nun besser nicht unterbrach...oder er war einfach schlecht ausgebildet. „Na dann gut Mr. Red- wie Sie schon sagten sind Sie spät dran, also...“, begann er nachdem er das Glas abgesetzt hatte. „Red“ zog einen Umschlag aus der Tasche und knallte ihn lustlos auf den Tisch, wobei er seine Hand immer noch darauf gepresst hielt. „Hier, scharf und nicht verwackelt- diesmal kostet es doppelt so viel, bin diesem Chaos nur knapp entkommen!“, sagte er gereizt und sah dem Anzugträger in die Augen, bevor er die Hand wegnahm. Binnen Sekunden war der Umschlag geöffnet. Er enthielt Fotos, die der Anzugträger rasch durchblätterte. „Shi-bu-sen“, meinte er lächelnd. „Und diese Beiden haben alleine alle 6 Mitglieder dieser...Vereinigung ausgeschaltet ?“ Ein Foto wurde in die Mitte des Tisches geschoben. „Kiwowa Gang. Und nein, er ist erst später aufgetaucht...hat alles über den Haufen geschossen...“, informierte Red und griff nach dem Fotostapel. „Sie hier hat zuerst angegriffen. Schien ziemlich unerfahren zu sein.“ Der Anzugträger nickte. Ein Mädchen, etwa in demselben Alter wie der Junge auf dem ersten Foto...vielleicht etwas jünger- aber auf jeden Fall ein Neuling, „In der Gasse sind plötzlich so viele Projektile eingeschlagen...die halbe Stadt muss das mitgekriegt haben!“, fügte Red kopfschüttelnd hinzu, „Daher hatte ich einige Probleme den Schauplatz zu verlassen...um Fragen zu vermeiden musste ich...Zeugen beseitigen.“ Reds Gegenüber schien ihn nicht zu hören, er betrachtete immer noch die Fotos. „Hey! Hören Sie mir zu?“ Langsam blickte der Anzugträger auf. „Sie bekommen Ihr Geld, keine Sorge...und einen weiteren Auftrag gleich dazu.“ Eine der vielen Kampftrainingshallen in Death City, normalerweise immer relativ laut von Kampfgeschrei, Entschuldigungen der Schüler und Belehrungen der Meister...heute jedoch war es erstaunlich ruhig. „Nimm das!“, rief Haruka mit weit aufgerissenen Augen und stürmte erneut auf Ray zu. Ihr Kurzschwert schnellte so schnell nach vorne, dass seine Bewegungen in der Luft verschwammen. Ray, der ihr Ziel war, stand unbewaffnet da, seine Hände in Verteidigungshaltung erhoben. Er wartete bis die kurze Klinge ihn fast erreicht hatte...und ließ den Impuls aus der Hand entweichen. Harukas Schwertarm wurde mit einem Mal komplett abgebremst. Bewegungslos steckte die Klinge in dem leuchtenden Feld vor Rays Handfläche fest. „Gib...auf!“, brachte er gepresst heraus. „Du...kommst...nicht...durch!“ Die Umstehenden beobachteten sprachlos den jetzt schon lange andauernden Kampf. So etwas bekam man schließlich nicht alle Tage zu sehen... Einer der besten Schüler der unbewaffnet gegen eine relativ neue Schülerin kämpfte- übrigens zog sie alleine bereits die meisten der Zuschauer an. Ray wusste, dass er den Impuls nicht mehr lange aufrechterhalten konnte. Es war eben doch ein Nachteil ohne Waffe anzutreten. Dennoch wollte er sich Haruka nicht geschlagen geben. Mit letzter Kraft ging er leicht in die Knie und hebelte ihren Körper geschickt über seinen eigenen, sodass sie hinter ihm zum Liegen kam. Sofort entspannte er seine zitternde Hand und begann gequält zu atmen. „Verdammt, das war zu knapp“, dachte er erleichtert. Aus irgendeinem Grund war ihm die Idee gekommen mit den Beiden zu trainieren indem er gegen sie antrat. Und da Jason bei seinem Date war...kurz: er hatte sie einfach unterschätzt, ein unverzeihlicher Fehler. Langsam drehte er sich um. Wie erwartet nach diesem Treffer lag sie immer noch auf dem Boden, das Schwert fest umklammert, aber regungslos. Einige der zusehenden Schüler klatschten...die Meisten schwiegen aber- es war nicht schwer zu erraten auf welcher Seite sie standen... „Gib jetzt auf, es hat keinen Sinn!“, sagte Ray, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. Sie lag immer noch regungslos da. „Handbuch Anhang Leitsätze: Vertraue niemals nur deinen Augen- sie könnten dich täuschen!“, rief er sich in Erinnerung. Vermutlich war es nur eine Finte um ihn näher... „Verdammt Mann, hilf ihr doch!“, rief jemand aus der Zuschauerrunde. „Ja genau du Brutalo, kommst dir wohl gut vor, weil du ein Mädchen besiegt hast was?“ Ray seufzte. Sie hatten recht, natürlich hatten sie recht. Sie hatten sich im Kampf nichts geschenkt, und wenn er auch nur eine Sekunde die Konzentration verloren hätte, wäre er vermutlich der am Boden Liegende gewesen- mit einer Schwertwunde... Langsam ging er an sie heran. Hoffentlich war ihr nicht zu viel passiert, hoffentlich hatte er nicht zu viel Energie...Moment. Während er sich gerade bückte fielen ihm mehrere Dinge auf: Erstens: dies war ein Trainingskampf. Haruka hatte über ihre Waffe einen Aufsatz gezogen der sie stumpf machte. Zweitens: Ja, sie hatten hart gekämpft, aber ihre Kraft gezügelt. Der Impuls der sie getroffen hatte, war niemals stark genug um sie komplett auszuknocken. Seine dritte Beobachtung bildete den krönenden Abschluss: Mit einem einzigen Satz katapultierte sie sich aus der liegenden Position hoch und traf ihn mit beiden Füßen frontal, sodass nun ER derjenige war der mit dem Rücken am Boden lag. Eine Art Jubeln ging durch die Menge. „Runter von mir!“, stöhnte Ray, und versuchte sich zu befreien. Haruka lächelte und blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Willst du nicht lieber aufgeben?“, fragte sie ironisch und rückte dann mit ihrem Gesicht näher an seines heran, wobei sie das Schwert benutzte um ihn zurückzuhalten. „Na, Mr. Jefferson?“, hauchte sie. Was für eine Situation...Typen wie sein Partner Jason(der ihr vermutlich auch seinen Nachnamen verraten hatte...) hätten ihr wohl auch Positives abgewinnen können, für ihn war es momentan einfach nur unangenehm. Mit allen Aktionen, die er einsetzen durfte, würde er sich wohl nicht befreien können... „Das reicht jetzt!“, rief plötzlich jemand dazwischen. Aus seiner Position heraus nahm Ray wahr, dass jemand einige der Umstehenden beiseite schob und sich nach vorne arbeitete. „Haruka, Enosuke!“ Luft strömte in Rays Lungen als Haruka ihre Position aufgab. „Sahashi- Sensei!“, sagte sie und beugte leicht ihren Kopf. Auch Enosuke verwandelte sich zurück- wobei der Überzug der Klinge immer noch wie eine Art Mütze an seinem Kopf haftete. „Sensei!“, meinte auch er, in seinem typisch weinerlichem Ton und dem dazu passenden Gesichtsausdruck... Nur langsam kam Ray wieder auf die Beine. Seine Augen fielen auf einen alten Mann, der eine traditionelle japanische Kämpferrobe trug. Eines von jenen Dingern die ihm schon immer suspekt gewesen waren... Das war also ihr Kampfausbilder- seltsam, ihn hatte er noch nie gesehen. „Du hast dich gut geschlagen Ray“, meinte der Alte in Rays etwas überraschtes Gesicht, „Aber ich konnte den unfairen Kampf nicht mehr mitansehen.“ Seine beiden Kontrahenten schienen noch etwas kleiner zu werden. „Sensei, es tut mir leid, aber ich verstehe nicht ganz...“, Rays Miene drückte nun absolute Verwirrung aus. Gut, Nahkämpfer gegen unbewaffneten Fernkämpfer...aber er stand immerhin auf einer viel höheren Stufe...ob er vielleicht darauf hinauswollte? „Dir ist aufgefallen, dass sie dich besiegt haben, nicht wahr?“, fragte Sahashi ironisch. Ray nickte, was ihm ein Lächeln des Alten einbrachte. „Kam dir das nicht komisch vor?“, fügte er dann hinzu. Nun war es an ihm, den Kopf zu senken. „Ich habe mich täuschen lassen, war mir meines Sieges zu sicher. Das war ein unverzeihlicher Fehler und...“ Doch der Alte schüttelte nur den Kopf. „Sieh sie dir an, dann wirst du verstehen wieso du damit falsch liegst.“, belehrte er ihn. Die Aufforderung war zweideutig, aber Ray wusste was Sahashi von ihm wollte. Langsam nahm er seine Sonnenbrille ab. Wie üblich musste er seine Augen zusammenkneifen um nicht geblendet zu werden. Alles verblasste vor der strahlenden Aura einer Seele...und momentan war er praktisch in einem Ring aus blendendem Licht gefangen. Nur Haruka und Enosuke boten ein anderes Bild. IHRE Auren waren schwach und verwischt...ein Zeichen dafür, dass sie alles gegeben hatten. Alles... Es fiel ihm schwer sich weiterhin abzuschirmen, daher setzte Ray die dunklen Gläser wieder auf. „Sie haben betrogen“, meinte er knapp, „Die Beiden haben trotz unserer Abmachung ihre volle Stärke eingesetzt.“ Nun war es noch stiller als zuvor, alle schienen auf irgend ein weiteres Ereignis zu warten. Ray zuckte mit den Schultern. „Aber besiegt haben sie mich trotzdem“ „Ja genau!“, rief Haruka, „Und das obwohl du doch angeblich so ein großer Waffenmeister bist!“ Ray grinste. „Hey, ich habe euch gelobt, ihr wart um einiges besser als auf der Mission...aber gut, dieses S & M-Outfit war sicher relativ unbequem...“ „Du...“, begann Haruka, ihre Augen funkelten. Ein böser Blick von Sahashi ließ sie verstummen. „Seid stolz, dass jemand mit so viel Erfahrung euch lobt!“, fuhr er sie an, „Und kämpft in Zukunft fair, sonst komme ich vielleicht auf die Idee meine Trainingslektionen etwas anders zu gestalten!“ „Ja Sensei!“, antworteten sie im Chor. Nach diesen für eine Seite etwas unangenehmen Enthüllungen löste sich die Menge langsam auf. Die Meisten verließen die Halle, da es bereits höchste Zeit für das Mittagessen war. Übrigens war auch Sensei Sahashi unter ihnen, sodass die Drei schlussendlich wieder fast allein waren. „Hast du dich wirklich zurückgehalten?“, fragte Haruka plötzlich, während Ray gerade etwas Wasser aus einer Flasche trank. „Mit meinen Resonanzattacken? Ja“, informierte er knapp, „Ansonsten hätte ich euch verletzt.“ In ihrem Gesicht las er nun so etwas wie Enttäuschung...tss, also hatte sie tatsächlich auch noch eine andere Seite. „Handbuch Anhang Leitsätze: ‚Unterschätze nie deine eigenen Fähigkeiten’.“, meinte er lächelnd, „Ich habe viel mehr Erfahrung als ihr, außerdem war das nur ein Trainingskampf- macht euch nicht fertig!“ Besonders Enosuke schien diesen kleinen Aufbausatz dringend nötig zu haben...allerdings bezweifelte Ray, dass er bei ihm Wirkung zeigte- ein ganzes Wesen konnte man nicht ändern. „Wisst ihr was? Als Ausgleich lade ich euch zum Essen ein- ich kenne da ein b-...äh ein gutes Lokal in der Nähe“, schlug er schließlich, beim Gedanken daran, dass er heute noch nichts gegessen hatte vor. „Und womit verdienen wir die Ehre?“, wollte sie leicht sarkastisch wissen, „Oder ist das auch im Handbuch vorgeschrieben?“ Ray zuckte leicht zurück, gerade so viel, das man es nicht gleich bemerkte. „Leitsatz 63...Informationen bekommt man am schnellsten beim gemeinsamen Essen...“, meldete sein Unterbewusstsein treuherzig. Ein seltsamer Leitsatz, aber immerhin hatte Shinigami-sama selbst das Handbuch verfasst... „Nein ich wollte euch einladen, weil...“, begann er und überlegte fieberhaft, „Weil...wir ja jetzt ein Team sind, da dachte ich...als...eine Art Friedensangebot.“ „Tja, schön, dass du es einsiehst, aber dann suche ICH das Restaurant aus!“, meinte sie immer noch im gleichen Tonfall. „Komm Enosuke!“ Sie ging so schnell davon, dass sie die Beiden weit hinter sich ließ. „Sag mal...ist sie immer so?“, fragte Ray, während er zusammen mit Enosuke versuchte sie einzuholen. Der nickte. „Ja, leider...“ Ray rümpfte die Nase- auch eine Möglichkeit ein Team zusammenzustellen, zwei komplette Gegensätze...derjenige der Haruka und diese traurige Gestalt zusammengebracht hatte musste allerdings eine besonders ausgeprägte Form von schwarzem Humor gehabt haben... Nachdem sich die Tür der Trainingshalle hinter ihnen geschlossen hatte war das Gebäude endgültig leer- so schien es zumindest. Nach einigen Sekunden schob sich nämlich eine dunkle Gestalt aus einer der schlecht beleuchteten Ecken. Zufrieden grinsend stahl sie sich davon...ihre Aufgabe war erfüllt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)