Die Entscheidung von _Delacroix_ ================================================================================ Die Entscheidung ---------------- Die Entscheidung Ich wollte lieber meinen Hund nach einer Krähe bellen hören, Als einen Mann schwören, dass er mich liebe. (William Shakespeare; „Viel Lärm um Nichts“) Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck musterte Bellatrix Black das schmutzige Glas mit dem weißlich schimmernden Inhalt, das soeben wenig elegant vor ihrer Nase abgestellt worden war. Eine kleine Pfütze hatte sich bereits auf dem völlig verstaubten Tisch angesammelt und selbst bei der spärlichen Belichtung des Schankraumes ahnte die schwarzhaarige Hexe mit den dunklen Augen und dem müden Blick, dass sie den Inhalt dieses Glases besser nicht trinken würde. Vermutlich war der Wein bereits restlos überlagert. 'Wieso habe ich mich nur überreden lassen, dich hier zu treffen?' Angewidert musterte sie den schmuddeligen, hageren Barkeeper der ihr bereits beim Eintreten einen Blick zugeworfen hatte, als würde er sie am liebsten sofort wieder hinauswerfen. Natürlich hatte er es nicht versucht, aber Bellatrix hatte die Abscheu in seinen Augen sehr deutlich wahrgenommen. Ihren Mantel würde sie heute Abend verbrennen. Bei all dem Dreck um sie herum, würde sie das gute Stück sicher nicht retten können. Seufzend starrte sie auf die völlig verdreckte Fensterscheibe, durch die kaum ein Lichtstrahl dringen konnte und wartete. Eine Spinne krabbelte fröhlich durch ihr Blickfeld und webte unermüdlich weiter an ihrem Netz. Ein weiteres in der Sammlung, welche die Wand bereits schmückte. Gedankenverloren strich sie über ihren Unterarm. Es brannte noch immer, aber endlich hatte sie das Gefühl ein Teil von etwas Größerem zu sein. Sie würde alles bekommen, was sie sich je gewünscht hatte. Dieses eine Mal war es egal, dass sie nur eine Frau war. Dieses eine Mal würde ihr niemand Schwäche vorwerfen. Dieses eine Mal durfte sie kämpfen und sie würde es mit Stolz tun. Eine Bewegung riss Bellatrix aus ihren Gedanken und für den Bruchteil einer Sekunde erwartete sie, dass ihre Verabredung endlich eingetroffen war, doch sie irrte sich. Eine einzelne Stubenfliege hatte den Weg zu ihrem Glas gefunden und umkreiste es hoffnungsvoll. Wenigstens einer Kreatur schien das widerliche Gebräu zu schmecken. Plötzlich knarrte die Tür und ein Schatten zeichnete sich in dem licht durchfluteten Rahmen ab. Er war größer als sie es in Erinnerung hatte und auch wenn sie sein Gesicht nicht sehen konnte, vermutete sie, dass er lächelte. Nicht so ein nettes, falsches Lächeln, wie es ihre kleine Schwester Narcissa perfektioniert hatte und das ihr jedes Mal die Galle aufsteigen ließ, sondern ein wissendes Lächeln voller Bösartigkeit, dass zu versprechen schien, dass ein jeder nur ein Teil seines neuesten Planes war. Eine Schachfigur in seinem Spiel und wer konnte schon ahnen welche Figur er als nächstes zu opfern gedachte? „Du kommst spät“, Bellatrix legte all ihre Abscheu in diesen einen Satz. An einem Ort wie diesem war in ihren Augen jeder Smalltalk überflüssig. Rodolphus lächelte, während er sich ihr gegenüber niederließ und dem Barkeeper ein heiseres „Feuerwhisky“ entgegen bellte. „Sag nicht, du hast mich deshalb hierher bestellt um dich vor meinen Augen zu besaufen.“ Verärgert begann Bellatrix eine Strähne ihres schwarzen Haares um ihre Finger zu wickeln. Bereits zu Schulzeiten hatte sie versucht sich diese, in ihren Augen äußerst verräterische, Angewohnheit ab zu gewöhnen, doch sie hatte es nie geschafft. „Ich wollte dich sehen.“ Rodolphus Worte waren leise gewesen, doch sie hatte sie sehr wohl wahrgenommen. Er hatte noch nie viel gesprochen. Vielleicht hatte sie sein Brief deshalb so beeindruckt, dass sie mitten in der Woche aufgebrochen war um bereits um 11 Uhr morgens in der dreckigsten Kneipe von Hogsmeade, dem „Eberkopf“, zu erscheinen, wo selbst der der stärkste Drink nach Ziege stank und vermutlich auch so schmeckte. „Warum?“ Sie bemühte sich nicht zu interessiert zu klingen, doch in Wahrheit war ihre Neugierde längst geweckt. „Ich habe gehört, du hast es bekommen und ich wollte dir gratulieren.“ Überrascht fiel ihr Blick auf ihren rechten Unterarm: „Es war nur eine Frage der Zeit. Viele haben es.“ 'Hat er es auch?' Überrascht von ihren eigenen Gedanken musterte sie den Magier vor sich. Rodolphus wirkte müder als er es früher gewesen war, doch er hielt die spöttische Maske nach wie vor perfekt aufrecht. Vermutlich würde er sogar noch lächeln, wenn sie ihm jetzt ihren Elfenwein ins Gesicht schütten und hinaus stolzieren würde. Wahrscheinlich würde er ihr einfach die Rechnung für die Reinigung schicken. Natürlich mit einem Lächeln doch ohne ein böses Wort. „-eigentlich komme ich auch nicht deshalb.“ Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie den Faden verloren hatte. Sie konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, was er gesagt hatte. Selbst in der dreckigsten Kneipe konnte sie sich einen solchen Fauxpas eigentlich nicht leisten. „Warum dann?“ Seine Augenbraue wanderte nach oben. Hatte er ihr Zögern bemerkt? Ahnte er, dass sie sich nicht entsinnen konnte, worüber er gesprochen hatte? Plötzlich schienen die dreckigen Wände sie zu erdrücken und der Gestank nach Ziege wurde überwältigend. „Weißt du... Es wird geredet.“ Ein weiteres dreckiges Glas wurde auf den Tisch geknallt, der die Prozedur mit einem Ächzen beantwortete. Es war unmöglich die Farbe des dampfenden Gebräus zu bestimmen, doch Rodolphus schien all das nicht zu schrecken. Ohne eine Gesichtsregung griff er nach dem undurchsichtigen Gebilde und setzte es an die Lippen. 'Hoffentlich kippt er nicht um.' Besorgt betrachtete Bellatrix das inzwischen offensichtlich leere Glas. Sollte sie ihn fragen ob es ihm gut ging? Sollte sie in Erwägung ziehen mit ihm nach St. Mungos zu apparieren, damit er dort entgiftet werden konnte? „Worüber?“ Chance verpasst. „Über dich.“ Klang seine Stimme kratziger als sonst. War das die Auswirkung des Gebräus? Bellatrix bemühte sich ihre alte Fassung zurückzugewinnen. „Was sagen sie?“ „Vieles.“ Der dunkelhaarige Magier lachte. Es war kein lautes Lachen und es klang auch nicht sonderlich fröhlich, aber er lachte und Bellatrix fühlte sich unsicherer als zuvor. „Rodolphus!“ Ihre Stimme war laut und fordernd, doch außer dem Alten hinter dem Tresen war niemand im Raum und wer würde dem Säufer schon glauben? Schließlich glich es bereits einem Wunder, dass sie diese Kneipe überhaupt betreten hatte. „Sie nennen dich Blutsverräterin und sie sagen es läge dir nichts an der Familie.“ Rodolphus lächelte noch immer. Zu gern hätte sie ihm in diesem Moment das Nasenbein gebrochen. Nur um zu sehen, ob Schmerz ihm das widerliche Lächeln aus dem Gesicht zu wischen vermochte. „Das ist eine Lüge!“ Bellatrix bemühte sich nicht zu schreien, doch ihre Aufregung war kaum zu übersehen. „Natürlich nicht.“ Er zeigte keine Spur von Angst, während er sprach: „Das habe ich ihnen auch gesagt, aber sie wollen Beweise. Sie wollen, dass du endlich deinen Platz in der Gesellschaft einnimmst.“ „Das geht dieses Pack garnichts an!“ Bellatrix war aufgesprungen und hatte die Fäuste so sehr zusammengeballt, dass ihre Nägel sich in das Fleisch gruben. Durch das Kreischen aufmerksam geworden, blickte der Barkeeper zu ihr herüber und schüttelte den Kopf. „Darum bin ich hier. Ich will dir ein Angebot unterbreiten.“ Noch immer wirkte Rodolphus kein bisschen eingeschüchtert. Im Gegenteil hätte sie seinen Zustand beschreiben sollen, hätte sie vermutlich auf 'amüsiert' getippt. „Ein Angebot?“ Skeptisch musterte Bellatrix ihren Gesprächspartner. Keine Regung verriet ihr worauf er hinaus wollte. Er war gut. Ihrer Schwester konnte sie ihre Ziele stets in den Augen ablesen. Bellatrix seufzte ergeben und gab nach: „Ich höre.“ „Tun wir uns zusammen. Wir könnten den Schein wahren, Bellatrix. Es ist mir egal ob du ihn liebst oder irgendjemand anders. Du kannst tun was du willst, aber zusammen könnten wir vieles erreichen.“ Auf einmal wirkte er schrecklich nervös auf sie. Wieder und wieder leckte er über seine Lippen und seine Augen wanderten ohne ein festes Ziel im Raum um her, welcher nun wirklich nicht mit Dekoration glänzen konnte. „Du schlägst mir vor-“ „Ja, das tue ich. Eine Scheinehe. Keine Gefühle, kein Geturtel, keine Gerüchte.“ „Du bringst mich in dieses Rattenloch um mir das vorzuschlagen?“ Entgeistert starrte sie Rodolphus an und lies sich wieder auf ihren Stuhl fallen. Vielleicht hätte sie auch Feuerwhisky bestellen sollen. „Heutzutage haben die Wände Ohren und wer würde ihm schon glauben?“ Sein Blick glitt zu dem mürrischen alten Mann und Bellatrix sah ihre eigene Vermutung bestätigt. „Überleg es dir.“ Wortlos erhob er sich und schritt mit einer Staubwolke in Richtung Tür. Was versprach er sich von dieser Aktion? Wollte er ihr Erbe? War das Geld der Familie Black der Auslöser oder war dort etwas anderes? Konnte es sein, dass er wirklich so dumm war sie zu lieben? Bellatrix unterdrückte ein verächtliches Schnauben. Doch auf der anderen Seite- Was konnte sie schon verlieren? „Rodolphus!“ In ihren Ohren klang ihre Stimme viel zu hoch: „J-Ja.“ Vielleicht würde sie lernen ihn zu lieben. Vielleicht würde sie eines Tages glücklich werden und selbst wenn nicht, würde sie ihrer Bestimmung folgen. Ihrer Bestimmung als Frau und ihrer Bestimmung als Mitglied der Familie Black und solange er keine Liebe erwartete, hatte sie nicht das schlechteste Los gezogen. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)