Zum Inhalt der Seite

Immer mehr

Wir verlieren uns mehr und mehr und mehr
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Plötzlich herrschte bedrückende Stille. Keiner der beiden Männer sagte etwas, sie starrten sich einfach nur an. Die Stimmung war gespannt wie ein Faden, der jeden Moment reissen konnte. Dem einen, dem Größeren der beiden, sprach die pure Verwirrung aus den Augen. Sein Mund war leicht geöffnet und wenn aus ihm ein Wort gekommen wäre, dann würde dies wahrscheinlich ein fragendes "was" gewesen sein. Aber er war stumm, geschockt von der Handlung des Kleineren. Jener war allerdings auch verwirrt, nur auf eine andere Art und Weise. Er fand sich seltsam und bereute seinen letzten Schritt zutiefst. Jedenfalls redete er sich das ein. Er blickte seinem Gegenüber in die Augen, um zu lesen, was dieser dachte. So gut kannten sie sich mittlerweile, sie brauchten keine Worte, sie verstanden sich blind. Oder stumm in diesem Fall. Sonst war das eine besondere Eigenschaft, auf die sie sehr stolz waren, aber in diesem Moment führte sie nur dazu, dass der Kleinere sofort sah, wie verwirrt sein Freund war. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis einer der Beiden sich fing und das Wort ergriff.

"Ehm...also...", stotterte der Kleinere, "Ich weiß ja nich, aber...". Verdammt, sonst war er doch auch nicht auf den Mund gefallen! "Vergessen wir das, 'tschuldigung...hat...hatte nichts zu bedeuten, Jan!"
 

Er schluckte und wartete gespannt auf die Reaktion seines Freundes. Dieser begann zu schmunzeln. "Kein Problem Alter, hatte schon schlechtere Küsse", lachte er. Farin überspielte die unangenehme Situation mit Humor, aber Bela wusste genau, dass im Seelenleben des Blonden immernoch die pure Verwirrung herrschte. Klar war das nicht der erste Kuss der beiden, sie hatten sich öfter einen Spaß daraus gemacht, sich in Interviews oder auf der Bühne spontan zu küssen, aber das gerade war anders und das wussten sie Beide. Der Unterschied zu ihren kleinen Showeinlagen lag darin, dass kein jubelndes Publikum vor ihnen stand, nicht einmal ihr Bassist saß lachend neben ihnen, nein, sie waren ganz alleine und das war das Problem.
 

Bela wusste ja selbst nicht einmal, warum er es getan hatte. Warum er seine Lippen sanft aufs Farins gelegt hatte und die Augen schloss. Die beiden hatten einen schönen Tag zusammen verbracht, haben geredet und gelacht, weil es in der kommenden Zeit ziemlich rar werden würde, dass sie dies tun konnten. Die Jazzfäst-Tour war zu Ende und ihre gemeinsame Band ging nun erstmalt wieder getrennte Wege. Sie wollten sich in ihre Soloaktivitäten stürtzen und würden deshalb bald nicht mehr viel Freizeit haben. Eigentlich hatte die Band die letzten 3 Monate zusammen verbracht, aber die Party bei Tourschluss fiel dieses mal aus und so beschlossen die drei, sich noch mal zu treffen, um gemeinsam die erfolgreiche Tour zu feiern. Rod musste aber leider kurzfristig absagen, weil seine Schwester in Krankenhaus lag. Die anderen Beiden verstanden dies natürlich und so unternahmen sie eben ohne Rod etwas. Der Tag war schön gewesen, für beide, denn es lag lange zurück, dass sie etwas nur zu zweit machten. Sie merkten beide, wie sehr ihnen das gefehlt hatte und umso schöner war die Zweisamkeit. Als sich Bela abends auf den Nachhauseweg machen wollte, denn er würde länger brauchen vom "Arsch der Welt", wie er Farins Dorf gerne nannte, nach Hamburg zu kommen, geschah es dann.
 

In dem kurzen Moment, in dem sie sich gegenüberstanden und sich ansahen, überkam es Bela. Es war wie ein Reflex, in diesem Moment setzte sein Gehirn einfach aus und bewahrte seinen Besitzer nicht vor dem drohenden Unheil. Farin stand währenddessen einfach nur da, erstarrt wie eine Salzsäure, und wehrte sich nicht. Er hielt seine Augen geöffnet und so entging ihm auch nicht, wie Bela sanft die Augen schloss. Er stand ruhig da, aber seine Gedanken kreisten wild in seinem Kopf umher. Der Kuss war so schnell wieder vorbei, wie er begann, aber trotzdem herrschte danach eine bedrückende Stille.
 

"Also, ich werd dich dann anrufen und ehm...dir Bescheid sagen, zu welchem deiner Konzerte ich kommen werde. Ähm...ich...ich geh dann. Also, machs gut, Alter! Und ja...Tschüss!"

Bela hatte sich schon wieder etwas gefangen und versuchte nun, so schnell es ging die Flucht zu ergreifen. Er musste weg von dieser schrecklichen Situation, er wollte es einfach vergessen. Oder besser ungeschehen machen, obwohl er nicht leugnen konnte, dass der Kuss alles andere als schlecht war. Aber für ihre Freundschaft war es besser, wenn dieser Kuss niemals gewesen wäre, das wusste er schon im ersten Moment danach.
 

"Okay...und du hältst mich mit den Arbeiten an deinem Album auf dem Laufenden, mein Lieber! Ich will ein Top-Ergebniss sehen, aber wehe es wird besser als meins! Ciao!"

Der Kleinere lachte kurz, drehte sich dann aber zur Tür und ging hinaus. Als er hörte, wie sie hinter ihm ins Schloss fiel, blieb er erst einmal kurz stehen und schloss die Augen.

Was hatte er sich nur dabei gedacht? Oder besser, warum hatte er sich nichts dabei gedacht? Farin war ein guter Freund für ihn und mehr nicht. Innerlich trauerte er zwar den alten Zeiten nach, damals, als sie noch zusammen wohnten und unzertrennlich waren. Als er Farin immer mit "Das ist Jan, mein bester Freund" vorgestellt hatte. Als sie ein Herz und eine Seele waren und sich nicht nur in Proberäumen und auf Bühnen gesehen hatten. Nach Außen hin gab er sich aber so, als würde ihm das nichts ausmachen. Er sagte, dass läge daran, dass sie einfach zu unterschiedlich waren. Wie konnte eine beste Freundschaft denn funktionieren, wenn die zwei Freunde völlig unterschiedlich Interessen hatten? Aber insgeheim wusste er, dass es völlig egal war, denn ihn und Farin verband etwas Unbeschreibliches. Von Anfang war das so gewesen, aber seit ihrer Wiedervereinigung 1993 machte es für Bela den Anschein, dass Farin diese Verbindung nicht mehr sah oder sehen wollte. Sie lebten sich ausseinander und immer, wenn Bela von einem Freund darauf angesprochen wurde, tat er es mit einem Schulterzucken ab und lies es so aussehen, als ob ihn das kalt ließe. 15 Jahre lang spielte er diese Rolle und hatte fast schon sich selbst getäuscht. Aber heute kamen all diese Gefühle wieder hoch.
 

Ihm wurde wieder klar, wie sehr er Farin vermisste, obwohl er neben ihm saß.



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Melolontha
2008-09-14T21:36:09+00:00 14.09.2008 23:36
Ah, das tut richtig weh...

Wunderbar geschrieben, dein Schreibstil gefällt mir total.
Die Geschichte an sich hat sehr viel Potential und ich bin mir sicher, so wie du schreibst- da kann das nur toll werden. <3

Ich freu mich auf jeden Fall ehrlich schon auf mehr.

LG,
Yume
Von:  YouKnowNothing
2008-09-13T17:34:14+00:00 13.09.2008 19:34
wie schön!
gefällt mir echt gut...

nur dachte ich nach dem ersten abschnitt eher, Bela hätte Farin geschlagen XD
keine ahnung, wie ich drauf kam...

egal, ich freu mich über weitere Kapitel ^^

LG Sharingan-Moerder
Von: abgemeldet
2008-09-13T12:13:55+00:00 13.09.2008 14:13
also ich finds auch wunderbar! =)
richtig gut geschrieben!
ich werde auf jeden fall weiterlesen!
bin schon echt gespannt!

vlg
Clara
Von: abgemeldet
2008-09-13T11:21:49+00:00 13.09.2008 13:21
also ich find's gut.
schöner stil und sehr gefühlsmäßig gut verpackt geschrieben.
bis zum nächsten kapi!
liebe grüße,
prinzessin
Von: abgemeldet
2008-09-13T08:49:23+00:00 13.09.2008 10:49
HalliHallo!
Ein wunderschöner Anfang, gefällt mir sehr gut.
Vor allem, da du es schaffst, diesen kleinen Moment in aller Ausführlichkeit, ohne dich dabei zigmal zu wiederholen, beschreibst.
Außerdem mag ich deinen "lockeren" Schreibstil, der macht es echt angenehm zu lesen.
Ich freu mich auf jeden Fall auf mehr.

glg
vampy


Zurück