Phänomenal Egal von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- «Zwar lieg ich nachts stundenlang wach und denk an dich, Doch in Wirklichkeit liebe ich dich nicht» Unruhig wälzte er sich im Bett herum. Er konnte einfach nicht schlafen. Jedes Mal, wenn er seine Augen schloss, sah er sie vor sich. Ihr Lächeln, ihre Stimme, ihr Gesicht, ja ihre ganze Erscheinung verfolgte ihn in seinen Träumen wie ein Geist. Es war schon die dritte Nacht, in der er kaum ein Auge schließen konnte ohne an sie zu denken. Und das obwohl er sich nicht einmal erklären konnte, weshalb sie ihn und seine Gedanken heimsuchte. Sie war ihm doch sonst so egal. Wenn er ehrlich war, fand er sie noch nicht einmal besonders hübsch, geschweige denn sympathisch. Seufzend starrte der Musiker an die Decke seines Hotelzimmers. Vielleicht würde es helfen, eine Schlaftablette zu nehmen? Obwohl, ein Schluck Wasser würde bestimmt auch reichen um einen klaren Kopf zu bekommen. Er setzte sich im Bett auf und tastete auf dem Nachtschränkchen nach dem Lichtschalter, doch er konnte seine Wasserflasche nicht finden. Nachdenklich fuhr er sich durchs Haar, bis ihm einfiel, dass er sie mittags im Wagen gelassen hatte. Rasch hüpfte Farin aus seinem Bett, warf sich den Mantel über und betrat so lautlos wie möglich den ersten Hotelflur… «Eigentlich bist du mir egal Eigentlich bist du nicht mein Typ Und auf jeden Fall bin ich nicht in dich verliebt» „Jan? Wo willst du hin?“ Rodrigo streckte seinen Kopf aus der Tür nebenan, mit verschlafenem Blick und zerzausten Haaren. „Ich geh nur schnell was aus meinem Auto holen.“ erwiderte Jan und klingelte mit dem Schlüsselbund. Er setzte sein fröhlichstes Lächeln auf, so als wäre es das Normalste auf der Welt mitten in der Nacht noch aus dem Haus zu gehen um unwichtige Kleinigkeiten zu erledigen. Doch dafür kannte Rod seinen Bandkollegen zu gut. „Ja sicher. Komm leg dich wieder hin.“ Der Bassist rieb sich den Schlaf aus den Augen und versperrte den Ausgang mit dem Fuß. Farin jedoch, der Rod um einiges überragte, schob seinen Freund einfach beiseite und trat hinaus in den finsteren Hotelflur. Wenige Minuten später stand er vor seinem Auto, schlüpfte ins Innere und nahm hinter dem Lenkrad Platz. Unschlüssig schaute er sich um. Was hatte er noch einmal gesucht? Seine Wasserflasche, stimmt. Der Gitarrist warf einen Blick ins Handschuhfach, drehte sich auch zur Rückbank um. Nichts. Schließlich fand er sie zu seinen Füßen, neben dem Gaspedal. Sofort schraubte er sie auf und nahm einen Schluck, bevor er wieder aus dem Wagen stieg. Beim Schließen der Tür zögerte er kurz. Eigentlich hatte er einen unpraktischen Parkplatz erwischt. Wo er doch schon hier war, könnte er doch auch noch schnell woanders parken. Also setzte er sich erneut ins Auto, startete den Motor und fuhr etwas näher ans Hotel. Sein Blick fiel auf die Tankanzeige. Fast leer. Ohne lange darüber nachzudenken lenkte er den Wagen um. Wenn er schon fuhr, konnte er ja auch noch schnell tanken fahren. Wenigstens gab es nachts keine langen Schlangen. «Ich steh zwar ab und zu einfach so vor deiner Tür Doch im Prinzip will ich gar nichts von dir Dein Foto hängst wirklich nur zufällig hier Im Prinzip will ich gar nichts von dir» So fuhr er also um zwei Uhr morgens mit seinem Wagen durch die menschenleeren Straßen, mit ungewaschenen, zerzausten Haaren, blasser Haut und tiefen Augenringen. Den Mantel, den er einfach über den Schlafanzug gezogen hatte, trug er offen und die kalte Nachtluft, die durch das offene Fenster der Beifahrertür eindrang ließ ihn frösteln. Doch Jan schien es gar nicht zu bemerken, genauso wenig wie die Tatsache, dass er weder Schuhe, noch Socken anhatte. Er realisierte noch, wie er in einen Stadtteil fuhr, den er nur zu gut kannte und dann in eine Straße einbog, in der er schon zu oft gewesen war. Leise zählte er die Hausnummern und verlangsamte unbewusst seine Fahrt, als er sich ihrem Haus näherte. Wenn er schon hier wäre könnte er ja auch kurz anhalten und „Hallo“ sagen, schoss es ihm durch den Kopf und tatsächlich ließ er den Wagen ausrollen, stieg aus und ging gedankenverloren die Stufen zu ihrer Haustür hinauf. Eine Weile, er wusste nicht wie lange, stand er einfach nur vor der gläsernen Tür. Sein Finger lag auf dem kühlen Metall der Klingel, doch er konnte sich nicht überwinden zu zudrücken. Er starrte mit undeutbarem Blick zu den dunkeln Fenstern ihrer Wohnung herauf, zugleich fürchtend wie hoffend, dass sie ihn bemerkte und an die Haustür kommen würde. Nervös knisterte er mit dem Foto in seiner Hand. Völlig vertieft in seine Gedanken, nahm er den Wagen hinter sich gar nicht mehr wahr, der nun mit quietschenden Bremsen vor ihrem Haus hielt. «Du bist nur Luft für mich Ganz unwichtig Total banal Ich nehm dich gar nicht wahr Du bist mir einfach Phänomenal egal» Zwei Männer stürzten aus dem Wagen und schauten sich um, beruhigten sich allerdings wieder als einer von ihnen Farin entdeckte und den anderen darauf hinwies. Zusammen näherten sie sich ihrem Freund langsam und zaghaft. „Jan? Bist du das?“ Farin fuhr herum als er die Stimme seines Kollegen vernahm. Bela seufzte auf und folgte Rod das kleine Treppchen zur Haustür hinauf. „Was machst du hier Jan?“ Rod versuchte den Gitarristen am Arm zu ziehen, doch dieser bewegte sich kein Stück, stattdessen starrte er Bela mit leerem Blick an. „Was macht ihr hier?“ Bela langte nun auch nach Farins Arm, doch auch er konnte seinen Freund nicht vom Fleck bewegen. „Rod hat dich gesehen als du was aus dem Auto holen wolltest. Als du nicht wiederkamst haben wir uns Sorgen gemacht und sind mit dem Wagen los.“ Der Schlagzeuger schaute zum Fenster hoch. „Ich wusste schon wo du hinwillst.“ Jan schüttelte energisch den Kopf und riss beide Arme los. „Gar nichts weißt du!“ Rod wich erschrocken einen Schritt zurück. „Ich wollte nur Wasser holen und dann zur Tankstelle und…“ Mit einem Mal spürte der Gitarrist die Kälte in seinen Füßen. Zitternd schlang er den Mantel enger um sich. „Aber Jan.“ Bela seufzte erneut auf. „Dein ganzes Zimmer ist voll Wasserflaschen. Und die nächste Tankstelle ist doch gleich neben dem Hotel.“ Er streckte seinem Freund die Hand hin. Rod war schon zurück zum Auto gegangen und ließ den Motor an. „Außerdem ist dein Tank noch ganz voll. Du warst erst heute Morgen tanken. Weißt du nicht mehr?“ Farin deutete ein Kopfschütteln an. Doch weniger als Widerspruch sondern viel mehr begriff er nicht was hier geschah. „Aber ich wollte doch nur…“ Der Schlagzeuger führte ihn mit sanftem aber bestimmendem Druck zu den Autos. „Sieh es endlich ein Jan. Es ist aus. Sie hat einen anderen.“ „Aber sie interessiert mich doch gar nicht…“ murmelte Farin und schaute Bela entgeistert an. Dieser wiederum blickte seinem Gegenüber eindringlich in die Augen. „Hör endlich auf damit Jan. Gib zu das du sie noch liebst, niemand wird dir einen Vorwurf machen. Gesteh es dir endlich ein. Aber hör auf dir selbst etwas vorzumachen.“ Der Blick des Gitarristen schweifte ab. Wortlos und wiederstandlos ließ er sich von seinen beiden Bandkollegen ins Auto führen, ihr Foto, welches er die ganze Zeit mit der Hand umklammert hatte, fest an sich drückend. «Und auf jeden Fall bin ich fast gar nicht in dich verliebt» Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)