Assoziatives Schreiben von Technomage ================================================================================ Kapitel 5: Satz 10: Eisentanz ----------------------------- Er gab sich ernsthaft Mühe und schien nicht zu begreifen, was für einen lächerlichen Anblick er bot, als er die ungelenken Beine und Hüften in verzweifelter Bemühung anmutig zu bewegen versuchte. Das Schwarzlicht und der stroboskopische Flackerschein tanzen um ihn herum, genau wie die sich mechanisch weich wiegende Menschenmasse, der es im Gegensatz zu ihm mit offenbar spielerischer Leichtigkeit gelang. Auch der Boden und die Wände tanzten zitternd im Rhythmus des großen Generators, doch er schaffte es nicht recht die Schwingungen aufzunehmen und wieder unverfälscht abzugeben, denn er versuchte sie zu verstehen, statt sie durch sich hindurch fließen zu lassen. Alles um ihn herum war wandlungsfähige Luft oder ein Vakuum, während er wie ein Prisma mittendrin schwebte. Ein Frauenkörper, halbnackt bis auf wenige dunkle Flächen und phosphoreszierende Linien und nur ein Schemen im Dunkel, pendelte ihren Körper im Takt der Oszillation umher und durchschnitt den Raum wie ein menschliches Glühwürmchen. Andere Leiber im großen Uhrwerk, unterschiedlich wie Dämonen und Blumen, zeichneten neben ihr und um sie herum ihre Bahnen und sie kreisten umeinander im System einer Struktur, die ihm fremd und erstaunlich war. Als er versuchte die Laufrichtung der einzelnen Zahnräder zu verstehen, um selbst eins zu werden, stieß er noch ungeschickter mit der bebenden und behänden Routine der anderen zusammen. Einzelne abfällige Blicke, wie ein Knirschen in der Mechanik, bevor er resignierend die Tanzfläche verließ und sich in die tieferen Schatten zurücklehnte. Mit einem bestiefelten Fuß an die Wand gestützt, sortierten seine Augen die Bewegungen, welche aus der Distanz nicht minder systematisch wirkten, als aus unmittelbarer Nähe der Berührung. Immer wieder drehten sich Menschen als neue Elemente in den Kreislauf hinein und passten, als wären sie an eben dieser Stelle so dringend nötig gewesen. Es schien Leerläufe zu geben, die er nicht erkennen konnte, so sehr er sich auch bemühte. Als das Stechen seiner Gedanken begann zu Kopfschmerzen zu werden, gab er die Analyse auf und sank gegen die Wand nieder und hinein ins Schauen. Wie die Minuten verstrichen waren, konnte er sich kaum noch erinnern, als sein aufsaugender Blick die fließende Starre des Gebildes, flüssigem Stahl gleich, in sich aufnahm. Verloren hinter den eisernen Gitterstäben seiner gefangenen Augen, tanzte sein Blick mit den wispernden Falten der Röcke und dem demütigen Kreisen der Hüften, bis hinauf zu den schlängelnd sich räkelnden, unberührten Armen. In diesem großen, lebendigen Körper war jeder einzelne Körper ein Organismus, unterworfen unter die gewaltige Anziehungskraft, und behielt doch selbst eine eiserne Gravitation. Er versank Stunden im Bestaunen der kosmischen Symmetrie, ohne wieder einen Versuch zu wagen, sich darin einzupassen, bis die innere Uhr ihm befahl, dass bald der Morgen grauen würde und die monochrome Ordnung mit seinen klärenden Strahlen zerreißen. Er hob sich auf die tauben Beine und schüttelte den Staub von der Kleidung, bevor die Füße ihn in weitem Bogen am Rand des Ziffernblatts entlang um das große Uhrwerk herum trugen und er sich unbemerkt zur Tür ins Freie hinausstahl. Abschließend-unqualifizierte Äußerungen: Nicht viel zu sagen dieses Mal. Sehr kurz, sehr assoziativ. Ein Klumpen meiner Erinnerungen schwimmt auch in der Brühe und löst sich langsam darin auf. Falls jemand den Drang verspüren sollte irgendetwas hineinzuinterpretieren - was ich nicht befürworten kann -, möchte ich keine Themen wie "Außenseitertum", "Diskrepanz zwischen dem Selbst und der Gesellschaft" oder "Kritik an der Goth-Kultur" hören ;) Das wäre etwas zu einfach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)