Schwer erziehbar von Remy (Über 100 Favos. -freu-) ================================================================================ Kapitel 35: Glücklich sein für andere ------------------------------------- Kapitel 35 – Glücklich sein für andere Sean’s PoV Sonst mochte er kein Physik, doch auf einmal wollte er ja gerade zu dahin. Er schlief mich ja jetzt fast schon hin sich her. Hatte ich irgendetwas verpasst? Leise seufzte ich, als wir im Physiksaal ankamen, wo noch überhaupt niemand war. Nicht einmal ein einziger Schüler. Wie ich es eigentlich hasste irgendwo der Erste zu sein. Man konnte sich irgendwie so nach niemand richten. Ein kleiner Mitläufer war ich manchmal ja schon. „Miller ist noch gar nicht da“, verkündete da Jamie auf einmal. Als ob mir das noch nicht aufgefallen wäre. Immerhin trudelten auch gerade erst die ersten anderen Schüler ein. Etwas unsicher rutschte ich auf dem Stuhl, auf dem ich saß, leicht hin und her. Jamie wirkte so fröhlich. Gerade so, als ob er sich auf Miller freuen würde. Langsam drehte er ja durch? Lag das vielleicht daran, dass Picco jemanden für sich gefunden hatte? Interessierte ihn deswegen vielleicht sogar mein Befinden nicht mehr? Danke, für den Blumentopf! Ich betete den Kopf auf die Tischplatte, während der Amerikaner scheinbar immer hibbeliger wurde. Gleich würde er weg springen, wie so ein Flummi. Zumindest kam es mir so vor. Irgendwie kam er mir aber auch als richtig nervös vor. Die ganze Zeit warf er immer wieder einen Blick zur Tür. „Er ist schon über fünf Minuten zu spät“, murmelte er auf einmal. Verwirrt blickte ich ihn an. „Wer?“, wollte ich wissen. Doch er antwortete nicht. Hatte er mich überhaupt gehört? „Wer?“, wiederholte ich lauter. Und sofort schweifte sein Blick zu mir. „Miller“, erwiderte er aber nur knapp und sah wieder zur Tür, die gerade geöffnet wurde. Aber es war nicht der erwartete Lehrer, der herein kam, sondern ein anderer. Unser Biologielehrer Mr. Bourdon. Auf Anhieb entglitten Jamie die Gesichtszüge. Irritiert hob ich eine Augenbraue. So etwas hätte ich jetzt nicht von ihm erwartet. „Mr. Miller ist leider erkältet, deswegen werde ich ihn vertreten. Aber Biologie.“ Ich seufzte. In Bio nahmen wir gerade eigentlich ein wirklich stinklangweiliges Thema durch. Gene. Etwas, was weniger interessant war, gab es doch gar nicht. Und dann mussten wir das jetzt auch noch machen. Immerhin hätten wir Biologie heute nochmal. „Er ist krank“, murmelte Jamie auf einmal. Wieder blickte ich ihn etwas verwirrt an. Das hatte gerade so geklungen, als ob er sich Sorgen machen würde. Das wäre aber nicht seine Art. Nicht gegenüber von Mr. Miller. „Was hast du denn?“, flüsterte ich ihm zu. Doch er blickte nur kurz zu mir und drehte seinen Kopf dann schon wieder weg. Seine Augen hafteten starr auf die Tafel gerichtet. Wahrscheinlich war aber nur irgendetwas beim Nachsitzen am Montag gewesen. Vielleicht konnte er sich ja einmal mit dem Lehrer richtig unterhalten und sie hatten sich etwas angefreundet. Das wäre ja sogar gut gewesen. Vielleicht würden sie ja dann andauernd halbwegs miteinander klar kommen. Denn so sah das manchmal nicht aus. Ein Seufzen verließ meine Kehle. Er hatte mir von diesem Abend gar nichts erzählt. Nicht was sie machen musste. Was geredet wurde. Einfach gar nichts. Irgendwie fühlte ich mich etwas ausgeschlossen von ihm. Vielleicht durften sie aber auch nicht. Es gab ja eigentlich bei so etwas eine Art Schweigepflicht. Möglicherweise wollte Miller ja, dass sie sich vertrugen und mit einander über ihr Problem redeten. Ob er aber gesagt hatte, wieso er Felix geschlagen hatte? Oder ob er über die versuchte Vergewaltigung etwas erzählt hatte? Interessieren würde mich das schon. Aber ich würde ihn deswegen nicht ausquetschen. Obwohl ich es möglicherweise doch tun könnte. Doch nicht jetzt. Vielleicht auch nicht heute. Aber sich er irgendwann. Nur eben – möglicherweise – nicht in nächster Zeit. Die Stunde verging schon fast im Schneckentempo. Dass ich hier nicht vor Langeweile starb, war so etwas wie ein Wunder. Mit dem Kopf lag ich die ganze Zeit nur auf dem Tisch. Wir mussten aber auch erst in der anderen Stunde dann mitschreiben. Jetzt wäre aber wohl für mich besser gewesen. Dann wäre ich nicht auch kurz vorm dahindösen gewesen. „Kommst du, Sean?“, meinte Jamie nur irgendwann. Er wirkte richtig geknickt. Nahm es ihn so sehr mit, dass Mr. Miller krank war? Ungewöhnlich. Etwas mühsam raffte ich mich hoch. Zu meinem Glück hatten wir jetzt Chemie. Das einzige explosive Fach. Und das wortwörtlich. Doch leider wurden wir noch kurz aufgehalten. „Hunt! Ich soll Ihnen von Mr. Miller ausrichten, dass er das Nachsitzen gleich auf heute verschieben will und Sie kurz vor dem Abendessen bei ihm sein sollen“, teilte Mr. Bourdon Jamie nämlich noch mit, als wir gerade den Raum – als welche die Letzten – verlassen wollten. Es war dem Amerikaner anzusehen, dass er sich freute und seine Laune besserte sich schlagartig auf. Lag das jetzt nur an der Information, dass er den Miller heute noch sehen würde? Aber gerade wegen dem Physiklehrer? Sonst konnte er ihn doch schon eher nicht ausstehen. Irgendwie war es so, als hätte sich das seit Montag geändert. Seit er beim Nachsitzen war. Langsam stapfte ich neben dem Schwarzhaarigen her. Ja. Er strahlte übers ganze Gesicht. Es machte ihn wirklich glücklich. So sah er so… so… hübsch aus. Doch das klang irgendwie selbst für mich dumm. Wie konnte ich ihn schon so bezeichnen. Er war doch eigentlich viel mehr. Ein Lächeln huschte über meine Lippen, da legte Jamie auf einmal seinen Arm um meine Schultern. Jamie`s PoV “Picco wirst du wohl momentan nicht haben wollen...”, flüsterte ich. Sean erwiderte erst gar nichts, sondern schüttelte mich nur von sich ab und ging einen Schritt schneller. Ich konnte zwar leicht mit ihm mithalten, aber der Ausdruck in seinem Gesicht deutete mir an, dass ich am besten die Klappe halten sollte. „Sei doch glücklich für ihn“, traute ich mich dann trotzdem irgendwann sagen. Doch da blieb Sean schon abrupt stehen. „Glücklich sein für ihn“, fauchte er mich an, „und was ist mit mir? An mich denkt er doch auch nicht!“ Das Letzte konnte ich kaum noch verstehen, da es von einem Schluchzen fast schon übertönt wurde. „Ich hab doch gesagt, dass du mich hast!“ Zärtlich legte ich die Arme um ihn. Er krallte die Finger in mein Shirt und zog sich näher zu mir. Sein Jammern wurde nur noch lauter. Vorsichtig nahm ich seinen Kopf zwischen die Hände und blickte ihn prüfend ins Gesicht. Immer noch liefen Tränen über seine Wangen. Wie konnte er nur sein schönes Antlitz damit verunstalten? Zaghaft wischte ich etwas von dem salzigen Wasser weg. Schlagartig hörte er auch auf zu weinen. So war es doch schon viel besser. „Na, geht’s wieder?“, fragte ich, als ich ihn langsam wieder los ließ. Unsicher nickte er nur und angelte sich dann meine Hand. Ganz vorsichtig drückte er sie, bis ich zu ihm blickte. Er lächelte etwas zaghaft. „Dass noch nie einer auf die Idee gekommen ist, dass wir ein Paar sein könnten…“, murmelte ich, als wir um die letzte Ecke zum Chemiesaal gebogen waren. „Vielleicht hoffen einfach ein paar, dass es nicht so ist… weil sie dich wollen.“ Er löst sich langsam von mir und ging wieder etwas schneller. Auf einmal wollte er sich wohl beeilen. Doch da sah ich schon den Grund für seine Eile. Am anderen Ende des Ganges stand Picco. Mit Max. Ich seufzte einmal. Von Mr. Daubenmerkl war noch nichts zu sehen. Deswegen lief ich noch zu ihnen. Ruppig packte ich Picco am Kragen und zog ihn ein Stück zurück. „Was ist denn?“, knurrte er mürrisch. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich antwortete. „Weißt du eigentlich, wie du ihm das Herz gebrochen hast?“, zischte ich wütend, als sich der Italiener schon wieder von mir befreit hatte. „Der Kuss“, murmelte er kleinlaut und blickte langsam zu Max, der nur stumm bei uns stand. Er wollte wohl gar nichts dazu sagen. „Es war nur, damit er es spürt…“, meinte da aber auf einmal der Blonde. Ich blickte ihn verwirrt an. Er wendete schon wieder den Blick leicht ab und richtete ihn starr auf den Boden. „Er wollte nur wissen… ob seine Liebe echt ist“, erklärte Max und sah mich wieder direkt an. Doch ich hatte mich schon zu Piccolo gewand. Der fing gerade langsam an zu nicken. „Und es ist so. Sag das bitte Sean. Mit mir wird er wohl momentan nicht reden wollen“, bat mich da schon der Italiener. Leise bejahte ich und machte auf den Hacken kehrt. Ich war mir nicht sicher, ob sie mir folgten. Es interessierte mich aber auch schon wieder nicht, als ich den Chemiesaal betreten hatte und mich langsam nach Sean umsah. Er saß zwischen Martin und Edward. Scheinbar unterhielt er sich auch ziemlich angeregt mit den beiden. Etwas zaghaft sah ich mich weiter um. Einer der wenigen freien Plätze war neben Steve frei, der hatte mir aber schon beim Reinkommen einen Blick zugeworfen, der ausdrückte, dass ich mich ja nicht zu ihm setzten sollte. Jetzt tat ich es trotzdem. Zuerst wandte ich mich nicht einmal an ihn. Doch dann drehte ich mich trotzdem kurz zu ihm und versuchte mir ein leichtes Lächeln abzumühen. „Grins nicht so dämlich!“, fauchte mich der Engländer da aber auch schon an. Scheu zog ich die Schultern hoch. Eigentlich wollte ich ja nur einmal nett sein. Oder sollte nicht eher er das sein? Da hörte ich aber schon ein Murmeln von dem mit dem hellgebleichtem Haar. Zaghaft wandte ich mich wieder zu ihm. Er hatte den Kopf auf die Tischplatte vor sich gelegt und ließ ein Seufzen laut werden. „Was… was ist denn?“, fragte ich und hob etwas irritiert eine Augenbraue. „Könntest du Sean ausrichten, dass es mir wirklich Leid tut… Ich wusste nicht was über mich kam, aber… Na ja, zumindest tut es mir leid“, flüsterte er, aber ich verstand es gut genug. Langsam nickte. „Mach ich“, gab ich schließlich leise von mir. Er sah wirklich so aus, als ob er es ernst meinen würde. Noch einmal versuchen über Sean herzufallen, würde er aber wohl auch nicht. Er wollte sich doch eigentlich ohnehin nur an mir rächen. Dass war wohl das erste Mal, dass ich wirklich die gesamte Stunde aufpasste. Sonst ließ ich mich ja viel zu leicht von irgendetwas ablenken. Doch einmal passierte es nicht so. Ich machte sogar richtige Notizen und nicht nur so sinnloses Gekritzel. Vielleicht sollte ich öfters neben Steve sitzen?… Möglicherweise aber auch lieber nicht. „Sagst du es ihm?“, fragte mich der Hellhaarige, als ich meine Sachen gerade einsammelte. Vorsichtig nickte ich nur und blickte mich dann auch schon wieder nach Sean um. Nur konnte ich den Waliser einfach nicht entdecken. „Sean ist schon mit Edward und Martin raus“, meinte da auf einmal Steve zu mir. Ich bedankte mich knapp bei ihm und lief dann auch aus dem Raum. Zu Biologie musste ich. Da war ich mir sicher. Doch auf dem ganzen Weg bis dahin lief mir Sean nicht über den Weg. Dabei rannte ich. Verwirrt blickte ich mich um, als ich den Biologieraum betrat. Das waren doch keine Zehnklässler. Die gingen doch kaum in die Achte. Hatte ich mich jetzt doch verrannt? Hatten wir gar kein Biologie? Da fiel es mir erst ein. Es war doch erst Mittwoch. In der sechsten Stunde hatten wir da Mathe. Irgendwie war ich auf Donnerstag. Wieso nur? So schnell wie möglich versuchte ich jetzt da hinzukommen. Doch ich kam zu spät. Erst einmal wurde ich von Mr. Greenwald angeschnauzt. Nur weil ich nicht pünktlich war. Mit der Ausrede, dass ich die Tage vertauscht hatte, kam ich bei ihm auch nicht durch. Mit hängenden Schultern verzog ich mich auf den einzigen noch freien Platz in der ersten Reihe. Verdammt. Erst verlief ich mich gerade zu und dann auch noch in Mathe vorne sitzen. Das war ja grausam. Sean saß bei Martin. Irgendwo hinten. Soweit ich es gesehen hatte. Er konnte ja wirklich nur sauer sein. Auf mich? Dann sollte ich ihm wohl in nächster Zeit nicht zu Nahe kommen. Am besten würde ich mich gleich nach dem Unterricht zu Dave verziehen. Vielleicht könnte ich mit dem reden. So jemanden könnte ich jetzt zumindest brauchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)