Herzsprung von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Der schlimmste Fehler in dem Leben unserer Eltern ------------------------------------------------------------ Kapitel 1 Der schlimmste Fehler in dem Leben unserer Eltern Mit einer langsamen Bewegung, die der eines Faultiers schon Konkurrenz machte, stellte Lena das Wasserglas auf den kleinen Metallständer, welcher im gepolsterten Innenraum der schwarzen Limousine angebracht war. "Du, Isa, was weißt du eigentlich über die „Ouran High“?" fragte das 1,64 „große“ Mädchen seine Freundin. Diese starrte gelangweilt aus dem verdunkelten Fenster und sah den vielen Bäumen hinterher, welche als dunkle Schemen vorbeiflitzten. Es dauerte eine Weile bis Isa antwortete "Hat übers Land hinaus einen sehr guten Ruf. Unterrichtet neben den normalen Fächern auch noch Teetradition, Manieren und Gesellschaftstanz. Neben dem dreistöckigen Schulgebäude gibt es auch ne Unterkunft für Lehrer und eine für die Schüler. Das ganze hat auch noch zwei Turnhallen, drei Bolzplatze, ein Basketballfeld, zwei Schwimmbecken, einen Schießplatz, einen Park mitsamt Brunnenanlage und ne Menge Pavillons, die man sich mieten kann. Ist eben eine Privatschule für Superreiche." Bei ihrem letzten Satz stießen beide zur selben Zeit ein angeekeltes „Bäh“ aus, denn keine von ihnen war je erpicht darauf gewesen auf so eine nach ihren Ansichten tot langweilige Schule zu gehen. Zwar trugen die Zwei ehrenvolle Titel sowie einen vorzeigungstauglichen Stammbaum mit sich rum (von ihren einflussreichen Eltern mal ganz zu schweigen). Jedoch verspürte keine von ihnen sonderlich große Lust die nächsten drei Jahre zwischen hochnäsigen Spießern zu verbringen, die sich mehr für ihr Geld und Ansehen interessierten, als sterbende Kinder vor ihrer Haustür. Isa blickte wieder ohne eine Mine zu verziehen aus dem Fenster. Still betrachtete Lena sie von der Seite. Das 1,78 große Mädchen mit der schwarzen Wuschelhaarfrisur und der blassen Haut, würde auf einen Außenstehenden jetzt ziemlich gelassen wirken. Doch Lena wusste es besser. In ihrer besten Freundin tobte gerade ein Kampf zwischen den Entschlüssen, entweder ihren Ärger über die Entscheidung ihrer Eltern, sie auf dieses Internat zu schicken, laut schreiend Luft zu machen oder ruhig sitzen zu bleiben. Letzteres gewann. Leise seufzte Lena, strich sich eine verirrte lange glatte braunrote Haarsträhne aus dem Gesicht und sah auf die Uhr. Noch 15 Minuten. Dann würden sie an der „Ouran High School“ eintreffen. Toll, dachte sie, warum musste es bloß so weit kommen. Normalerweise schenkten ihr ihre Eltern, obwohl sie, genau wie Isa auch, ein Einzelkind war, nicht sehr viel Beachtung. Doch wenn’s um die Schulausbildung ging, zeigten sie auf einmal großes Interesse. Aber sie gleich einmal um den ganzen Erdball ins ferne Japan zu schicken, wäre nicht unbedingt notwenig gewesen. Im Alter von vier Jahren hatten beide Mädchen zusammen schon Japanischunterricht erhalten, da beide Elternpaare gut befreundet mit einander waren sowie Japanisch gleich nach Englisch zur wichtigsten Weltsprache erklärten. So hatte sich Isa und Lena kennen gelernt. Aus nachmittäglichem Sprachunterricht, wurde langsam eine halbe Spielstunde, weil sich beide glänzend versanden. Als Lena jedoch ihre halbe Babypuppentruppe mitschleppte um sie ihrer Freundin stolz zu präsentieren, (gut „das kleine Fräulein“ schleppte sie nicht mit, sondern ihr Kindermädchen hatte die 150 Barbies unterm Arm zu transportieren) wurde es dem Lehrer zu bunt. Deshalb machte er in einem kurzen Telefonanruf den Eltern der Kinder den Vorschlag nach der Unterrichtsstunde eine zusätzliche Spielstunde einzurichten. So begann die Geschichte der beiden Freundinnen. Obwohl sie im Laufe der Zeit völlig unterschiedliche Charaktere entwickelten, war ihre Freundschaft erhalten geblieben. Isa besaß eher ein stilles Wesen (aber manchmal war sie in der Lage lauter zu brüllen als ein Feldwebel). Wenn sie sich einmal warm geredet hatte, konnte sie niemand mehr stoppen. Leute, welche sie mochte, verteidigte sie immer heftig vor Anderen. Gleichzeitig neigte die Schwarzhaarige in manchen Situationen zu beißendem Sarkasmus. Wenn man den zu ernst nahm, hatte man schlechte Karten. Ein weiterer Zug an ihr, war ihre Wechselhaftigkeit. Dem Motto treu: Heute mal so und morgen wieder so. Sie interessierte sich für den musikalischen und literarischen Bereich. Auch wenn es um Kreativität ging hatte Isa ihre Nase immer sehr weit vorne. Lena wiederum war ganz anderes gestrickt, als ihre Freundin. Mal gab sich die Brünette verschlossen sowie ernst, während sie dann im nächsten Moment der Welt ihre laut, lustige Art zeigte. Ein weiteres ihrer Markenzeichen war, dass sie oft prositiv dachte. Auch schwang ein wenig Naivität in ihrem Charakter mit. Wenn Lena versuchte etwas ironisch rüberzubringen, würde sie oft missverstanden. Doch wer die Ansicht vertrat, das Mädchen würde das Leben nur als einen kunterbunten Ponyhof ansehen, hatte sich gewaltig geschnitten. Denn an Ergeiz ihre Ziele zu erreichen, mangelte es Lena nicht. Ihre Interessen lagen ebenfalls bei Literatur sowie Weltgeschichte und Reiten (am liebsten auf ihrem Haflinger Chalypso). Jedoch blieb ihre Lieblingsbeschäftigung, sich bei einem guten Schmöker im Freiem auf einer Liege zu sonnen. Tja, die beiden ergänzten sich einfach perfekt. Mit viel Gekrame in ihrer Tasche brachte Lena ein ziemlich offiziell aussehendes Blatt Papier zu Tage. "Was für AG’s belegst du eigentlich?" wollte die Brünette von ihrer Freundin wissen, dabei betrachtete sie die nach dem Alphabet aufgelisteten Betätigungen, von denen man mindestens eine aus dem „Spaßblock“ und eine aus dem „Lernblock“ auswählen musste. "Ich nehme die Band-AG und Physik." ratterte Isa, wie auswendig gelernt herunter. Nickend meinte Lena "Ich hatte vor in Bogenschießen sowie in die AG "Politik und Wirtschaft heute" rein zugehen." "Wozu willst du denn Bogenschießen lernen?" fragte Isa neugierig. "Na ja" entgegnete die Kleinere "Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Bogenschießen die Konzentration fordert. Außerdem dachte ich, dass wäre ne Entspannung um vom Alltag abzuschalten." Isa schüttelte den Kopf "Typisch du mit deinen Methoden." "Och, hab dich nicht so" sagte Lena. "Mensch ist doch war. Du wirst dich da kein Stück bei entspannen, geschweige denn chillen. Du hast sie nicht mehr alle." entgegnete die Schwarzhaarige neckisch, was ihr einen Rippenstoß ihrer Freundin einbrachte. "Aber jetzt mal wieder ernst. Willst du noch etwas Wasser?" bot Lena an. "Nein, danke." lehnte die Größere ab "Sobald wir da sind, werde ich eh keinen Tropfen mehr trinken. Spätestens wenn ich verdurste und in einer Urne nach Hause geschickt werde, merken meine Eltern, dass meine Anmeldung auf diesem Internat der größte Fehler ihres Lebens war." Falls eine Wetteranalyse in diesen Moment Isas Stimmung in Wetterelementen wiedergegeben hätte, wäre ein furchtbares Monstergewitter das Ergebnis gewesen. "Ich find’s auch nicht gut, das wir auf diese Schule wechseln." sagte Lena. Isa stimmte ihr sofort motzig zu "Genau und das dann auch noch mitten im 11ten Schuljahr." "Ausgerechnet nach den Herbstferien." entrann der Braunhaarigen ein Seufzen. Diesmal handelte es sich jedoch nicht um das Einzige. Kapitel 2: Eine bescheidene Hütte und ein Perverser --------------------------------------------------- Kapitel 2 Eine bescheidene Hütte und ein Perverser “Miss, wir sind da“ sagte der kahlköpfiger aber freundlicher Fahrer Jo „So weit ich informiert wurde, müsste jemand hier sein um Sie abzuholen“ Die Mädchen stiegen aus um sogleich von dem Anblick des Schulgebäudes erschlagen zu werden. “Jo, sind Sie sicher, dass wir hier richtig sind“ ließ Lena mit gerunzelter Stirn von sich hören. “Ja, Miss“ Zweifelnd schaute sie auf die angebliche Schule, die sich als riesiges Schloss im pompösen Barockbaustiel vor ihnen erhob. Auch der Vorplatz auf dem die Limousine gehalten hatte, besaß die Größe eines Fußballstadions. Während Isa sich vorfreudig fragte, ob sogar in ihren geliebten Physikräumen Kronleuchter hängen würden (, die man dann in die Luft jagen könnte, denn so einen wollte sie auf jeden fall kaputtmachen), entdeckte die Schwarzhaarige den Butler im schwarzen Smoking am Treppenabsatz des Gebäudes, als Erstes. “Hier entlang, meine Damen“ begrüßte er die beiden und ging hinauf. Hinter seinem Rücken zog Lena eine Grimasse, welche ihre Freundin zum Grinsen verleitete. Der Angestellte führte sie die steinerne Treppe zum Portal hoch. Die mit vielen Mustern verzierte Doppeltür wurde von zwei Dienern an den Seiten geöffnet. Meine Güte, das ist ja schlimmer als zu Hause, dachte Isa verächtlich, hier muss man ja gar nichts selbst machen. Wenn die uns auch noch das Klopapier anreichen, dann schrei ich. Sie traten in die nicht weniger prunkvolle, hell erleuchtete Eingangshalle. Gläserne mit Diamanten besetzte Kronleuchter baumelten von der Decke. An den Wänden hingen Gemälde von Landschaften, von denen Lena vermutete, dass man diese Bilder nicht bei „Ebay“ aufgetrieben hatte. Die Drei durchquerten den Raum mit dem Marmorboden, dem wohl eher die Bezeichnung Saal gebührte, stiegen noch eine Treppe hoch, kamen zu einen Gang in dem sie links einbogen und sich nun an die dritte Tür von links wendeten. Der Butler klopfte vernehmbar am massiven Eichenholz. “Herein“ erklang es von innen. Daraufhin öffnete der Angestellte die Tür, machte eine halbe Verbeugung und überließ den Mädchen den Vortritt in das dahinter liegende Zimmer, dessen Boden mit dichtem dunkelrotem Teppich ausgelegt war. Drinnen erwartete sie ein hellbraunhaariger Mann Ende 30 Anfang 40 im Geschäftsanzug. Er saß hinter einem breiten Schreibtisch und hatte sich anscheinend gerade ein Formular durchgelesen. Nun erhob er sich allerdings, kam auf die beiden Freundinnen zu und hauchte der verblüfften Lena einen Kuss auf die Hand, welchen er Isa auch geben wollte, doch diese zog noch bevor der Mann sein Werk vollenden konnte, rechtzeitig die Hand weg. Die Schwarzhaarige fixierte ihn mit einem Gemisch aus Schrecken und Ekel in den Augen. Was ist das denn fürn alter Perversling, dachte sie dabei. Zuerst blickte der Hellbraunhaarige verdutzt zu Isa hinauf, da sie stattliche drei Zentimeter größer war. Dann zucke er die Schultern und lächelte ein Zahnpastalächeln. “Guten Tag, meine Damen“ Er breitete die Arme aus. „Als Schulleiter der Ouran High School heiße ich euch herzlich willkommen in unserer bescheidenen Schule“ Den beiden Mädchen klappten die Kienladen herunter. Lena ging durch den Kopf, voll die bescheidene Hütte, während Isa süffisant mit dem guten Ruf des Internats abschloss, weil schon der erste Perverse, dem sie vor die Füße laufen mussten, das Amt des Schulleiters innehatte. Ungeachtet der verzogenen Gesichter der Mädchen fuhr er fort „ Ich hoffe die Anreise aus Deutschland war angenehm“ Total angenehm, dachte Isa, aber was kann man bei einer plötzlichen Notlandung mit dem Flieger auch erwarten? „Die Ouran bietet neben den Schulfächern viele Aktivitäten, die jedem Schüler die Möglichkeit geben sich frei zu entfalten und bla, bla, bla, bla…“ Lena schaltete genervt ab. Auch die Schwarzhaarige hörte nur noch mit einen Ohr hin. Zu bizarr war einfach dieser Mann, der nun beim Reden wieder hinter den wuchtigen Schreibtisch Platz genommen hatte. Erst als der Satz „Dürfte ich bitte eure AG Zettel sehen?“ fiel, horchte Lena auf. “Wie? Was?“ fragte sie völlig verpeilt und konnte nicht vermeiden etwas rot anzulaufen. “Er will unsere AG’s sehen, du Dödel“ flüsterte ihr Isa auf Deutsch zu. “Oh, natürlich“ Hastig zog Lena die Zettel aus ihrer Tasche und reichte sie dem Direktor. Dabei passte die Brünette auf, dass ihre Hand einen gewissen Abstand zu seinem Mund behielt. Nach kurzem Betrachten der angekreuzten Kästchen, nickte er. “Die jeweiligen Lehrer werden informiert werden. Auf euren Wusch hin, wurde eine Doppelunterkunft für euch hergerichtet. Wenn ihr etwas innerhalb eurer Räume benötigt, dann benutz einfach den roten Klingelknopf und eine unserer bezaubernden Hausmädchen wird euch das Gewünschte bringen. Es ist alles für euer Wohlergehen hergerichtet. Des Weiteren müsste noch etwas in Sachen Kleiderordnung bei euch getan werden“ Isa und Lena warfen sich einen verwirrten Blick zu. Schnell sah Isa an sich hinunter. Sie hatte sich doch wie immer in ihrem Chaotenstyle gekleidet, was hieß eine etwas zu weite knallpinke Röhre, ein weites graues Shirt auf dem in neonpinken Buchstaben „Leck mich am A****“ leuchtete und dazu natürlich die unvermeidlichen schneeweißen Chucks. Auch Lena fragte sich nun, was denn an ihrer dunkelblauen Hüftjeans, dem hellblauen Top und den dazupassenden hellblauen Ballerinas falsch sein sollte. “Haben Sie irgendwas gegen unseren Klamottengeschmack?“ fragte Isa schon fast herausfordernd. “Oh nein. Obwohl meinst du nicht, dass deine Sachen etwas sehr auffällig sind“ antwortete er. In Lenas Kopf schaltete sich ein Warnsystem ein, denn sie spürte, das die Schwarzhaarige kurz vorm Explodieren stand, weil nicht einmal der Präsident der Vereinigten Staaten es wagen dürfte, etwas an ihrer Style zu kritisieren. Der Direktor schien an Isas zur Faust geballten Hand auch erkannt zu haben, dass er sich auf unsicherem Territorium bewegte. Deshalb sagte er schnell „Aber es steht dir großartig, meine Liebe. Ich wollte euch nur auf die vorgeschriebene Schuluniform hinweisen. Sie wurde in eure Zimmer geliefert“ Isa konnte sich nicht helfen, je länger der Schulleiter mit ihnen sprach, desto weniger möchte sie ihn. Lena Herz hüpfte jedoch bei seinen Worten höher, da sie Animes und Mangas über alles liebte, hatte die Brünette schon reichlich japanische Schuluniformen zu Gesicht bekommen und konnte es gar nicht mehr abwarten, selbst eine dieser süßen Teile zu tragen. “Wendet euch bitte bei weiteren Fragen an das Personal. Ansonsten viel Spaß unserem Internat“ wünschte er ihnen zum Abschied und wollte sogleich wieder mit seinem Handkuss anrücken. Doch die beiden Freundinnen riefen ihn nur ein schnelles „Auf Wiedersehen“ zu und flüchteten geradezu aus dem Büro des Direktors. Den Spaß werden wir auf alle Fälle haben, dachten die Zwei griesgrämig. Wie einer Mutterente folgten die Mädchen dem Butler zurück zum Eingangsportal und raus auf den Hof. Zielstrebig steuerten sie auf ein etwas kleineres, aber nicht weniger luxuriöses Gebäude zu. “Dies, meine Damen, sind die Unterkünfte der Schüler“ erklärte ihnen der Führer. Kapitel 3: Von Babydollkleidern und Schönheitsschlaf haltenden Schulzicken -------------------------------------------------------------------------- Kapitel 3 Von Babydollkleidern und Schönheitsschlaf haltenden Schulzicken Der Butler führte die Beiden den von Gras und Blumen gesäumten Steinweg entlang zum Haus. Auch dieses Gebäude war im Barockstiel gebaut worden und besaß eine etwas kleinere Eingangshalle. “Verehrte Damen, bitte gehen sie die Treppe hinauf“ bat er sie. Oh, wir dürfen endlich auch mal was allein machen, wisperte Isa Lena ins Ohr. Die Mädchen taten wie ihnen geheißen. Schon fanden sie sich in Begleitung vier Hausmädchen wieder, welche sich vor ihnen verbeugten um sie dann zu ihrem gemeinsamen Appartement zu führen. Es ist fast wie zu Hause, stellte Lena fest. Natürlich mit der Ausnahme, dass sie sich mit Isa vier Räume samt Eingangsflur teilte. Für jeden einen Wohnraum und ein Badezimmer. Die Brünette sah sich um. Der Boden ihres Zimmers bestand aus dunklen glänzenden Parkett. Die Wände besaßen eine schneeweiße Farbe sowie eine wellenartige Bordüre. An der Fensterseite, von der man einen guten Blick auf den Park der Schule hatte, wie Lena soeben bemerkte, befand sich ein Schreibtisch aus dunklen Eichenholz mit vielen eingeschnitzten Verzierungen samt schwarzen Bürosessel. Gleich daneben nahm ein hohes Regal seinen Platz ein. Wenigstens weiß ich jetzt, wo ich meine ganzen Bücher und Mangas lassen soll, stellte Lena zufrieden fest. Die langen bis auf den Boden gehenden Gardinen hatten einen leichten Türkieshauch. Doch das Schönste an dem Zimmer war das riesige rotgoldene Himmelbett mit Baldachin vor dem ein weißer kuscheliger Bettvorleger lag. In diesem Bett hätten ohne Probleme mindestens sechs Leute gepasst. Schnell nahm Lena Anlauf um mit einem übermütigen Schrei ein Bad in dem Meer aus purpurroten Kissen zu nehmen. Kurz darauf purzelte sie wieder heraus, denn das Mädchen hatte an der gegenüberliegenden Wand einen angebrachten Flachbildfernseher ausgemacht. Es dauerte auch nicht lange bis Lena auch den roten Dienstmädchenknopf so auch das Telefon entdeckte, in dem die Hausnummern der Küche, der privaten Security, des Frisörs und alle anderen Sachen , welche Superreiche nun mal zum extrem schwierigen täglichen Überleben benötigten, eingespeichert waren. An der rechten Wand des Zimmers standen vier große Doppeltürkleiderschränke. Die „Ouran“ musste vermutlich an Mädchen mit einem Kleiderwahn gewöhnt sein, überlegte Lena. Sie würde mit zwei Schränken auskommen. Dabei hatte sie nicht gerade wenige Klamotten im Gepäck. Ah, jetzt erinnerte sie sich auch an die Schuluniformen. Erwartungsvoll öffnete die Brünette die erste Schranktür. Darin befand sich wahrhaftig die Schuluniform. Aber diese entlockte dem Mädchen kein entzücktes Aufjauchzen sondern ein gequältes Aufstöhnen. Das kann nicht wahr sein. Ich bin wohl im falschen Film, dachte sie. Plötzlich klopfte es an ihrer Zimmertür. “Ja?“ rief das Mädchen. Die Tür wurde geöffnet. Zwei Dienstmädchen in schwarzweißen übertrieben gerüschten Trachten traten ein und verbeugten sich vor ihr. “Guten Tag, Miss Belin. Wir sind Masa und Iku ihre zugeteilten Zimmermädchen. Ab heute werden wir für Ihr persönliches Wohlergehen Sorge tragen“ Als die beiden sich wieder vor ihr verbeugten, lief Lena rot an. Ihr war das immer schrecklich peinlich. “Ähm“ sagte sie „Könntet ihr vielleicht mal dieses beknackte Verbeugen lassen?“ “Nein, es tut uns leid, Miss. Aber das gehört zu unserer Personalordnung“ antworteten die zwei synchron. Während sich Lena wieder umdrehte, wobei ihr Blick die Schuluniform im Schrank streifte und das Gefühl hatte, dass ihr heute wohl gar nichts vergönnt sein würde, schrie Isa auf. Ihre Freundin im Nebenraum hörte natürlich diesen markerschütternden Schrei und konnte sich schon denken, dass Isa den Schock ihres Lebens erhalten hatte. Genau so war es. Die Schwarzhaarige musste sich mit den Händen ihre Augen verdecken um sie vor den Grauen abzuschirmen, welches sich hier in Form eines grellgelben gerüschten Puffärmelkleides mit passender weißer Strumpfhose, vor ihr auftat. Nachdem Isa den ersten Hausmädchenschreck überlebt hatte, war dies einfach zu viel des Horrorstreifens. Doch plötzlich kam ihr der rettende Gedanke. Sie wandte sich an eins der Dienstbotenmädchen, dabei versuchte sie es möglichst nicht anzusehen. Denn schon der Anblick dieser schwarzweißen Trachten mit der schrecklichen überdimensionalen rosa Samtschleife am Po, löste bei ihr die Vorstufe des kalten Kotzens aus. “Das muss eine Verwechslung sein. Jemand hat mir dieses „Kleid“ von einem anderen Mädchen hier rein gehangen“ Die angesprochene Bedienstete sah sie verwundert an. Dann drehte sie ihren Kopf zum Schrank und dann wieder zurück zu Isa, die auf die erlösenden Worte wartete, welche den Fehler bestätigen würden. “Nein, Miss. Aber es handelt sich nicht um eine Verwechselung. Dies ist ihre Schuluniform“ Sehr langsam sickerte die Bedeutung des Satzes zu ihr durch. “Mein… mein… meine Schuluniform?!“ Sie versuchte zu lachen. Es hörte sich jedoch ziemlich unecht und schrill an. „Der war wirklich gut. Ich wusste gar nicht, dass das Personal hier so viel Humor intus hat“ “Ich bitte um Verzeihung, Miss Cortez. Die Personalordnung verbietet Scherze jeglicher Art" entgegnete das Hausmädchen. Isa stand da wie vom Donner gerührt. Nein, das konnte nicht stimmen. Das war einfach zu viel des Guten. Sie hatte sich zwar darauf eingestellt, dass die Uniform, so wie in Lenas geliebten Mangas, etwas süßer ausfallen würde. Aber so kitschig, nein. Schon wenn sie an dieses „Kleid“, welches höchstens Kindergartenkinder anziehen würden, (selbst in diesen Alter hätte sie sich geweigert das zu tragen) dachte, drehte es ihr den Magen um. Nur ein einziges Mal hatten ihre Kindermädchen es gewaltsam geschafft sie in so ein Teil zu quetschen. Das war zum 70.Geburtstag ihrer viel auf Tradition legenden Großmutter gewesen. Leider hatte das Kindermädchen Isas Begeisterung für Pfützen nicht mit einberechnet. Zu allem Überfluss hatte es am Vortag wie aus Kübeln gegossen. So endete das Ganze in einen Desaster sowie einer ohnmächtigen Oma, weil ihr eine völlig verdreckte Enkeltochter zum Gratulieren die braune Hand gereicht hatte und dann stolz von ihren Fall in die Schlammgrube berichtete. Soeben waren die beiden Angestellten dabei ihre Bücher ins Regal einzusortieren, als es der Schwarzhaarige nicht mehr gelang den Brechreiz zu unterdrücken. Sie hastete in ihr Badezimmer, das auf der nördlichen Seite lag. Als sie dort angekommen war, hatte sich das Brechverlangen verabschiedet, denn das Bad machte einen überwältigenden Eindruck. In der Ecke stand eine riesige marmorne Duschwanne mit Whirlpoolfunktion. Auf der anderen Seite des Raumes befand sich ein Massagetisch. Außerdem gab es eine Dusche, zwei Waschbecken samt Spiegel, mehrere Kosmetikablagen, zwei Schränke für Handtücher, einen Schminktisch samt Hocker sowie ein WC. In der Mitte des Zimmers hatte man eine vom Boden bis zur Decke reichende wassergefüllte Säule angebracht, in der unentwegt Luftblasen aufstiegen. Nachdem Isa einmal Atem geholt hatte, machte sie stumpf kert zurück in ihr Zimmer. Dort hatte sich schon ihre Freundin Lena eingefunden. Völlig aus den Häuschen fuchtelte sie mit der Mädchenuniform der „Ouran High“ vor Isas Nase herum. “Hast du das schon gesehen?“ rief die Brünette. “Jops“ lautete die krächzende Antwort. “Boah. Das is voll die Verarsche. Ich hatte mich auf eine süße original japanische Schuluniform gefreut. Und was kommt raus?“ sie machte eine dramatische Pause „Ein Babydollkleid!“ “Du sagst es“ entgegnete ihre Gesprächspartnerin knapp. “So etwas ziehe ich nicht an!“ regte sich Lena auf. “Nun komm mal wieder auf den Teppich“ beruhigte Isa sie (normalerweise lief das immer andersrum ab). Sie musste sich wirklich auf diese dämliche Uniform gefreut haben, dachte Isa. Die Brünette stampfte wie wild im Kreis herum. “He, reg dich ab“ sie hielt Lena am Arm fest. Dann meinte die Schwarzhaarige lächelnd „Wer sagt, dass wir das anziehen müssen?“ “Der Schulleiter“ meinte Lena jetzt leiser. “Und was sollte der deiner Meinung nach machen, wenn wir’s nicht tun?“ fragte sie bösartig grinsend. Lena dachte nach, bevor sie sagte „Vermutlich ne Strafe oder nen Schulverweis und auf alle Fälle nen Brief an unsere Eltern“ “Nah und?“ empörte sich Isa „Dann wären wir doch endlich dieses blöde Internat los. Außerdem was sollten unsere Eltern denn ausrichten können. Sie sind am anderen Ende der Welt!“ Okay, so ganz stimmt das aber nicht, ging es Lena durch den Kopf. schließlich kannten ihre Eltern schon die Erfindung eines Privatjets und konnten mal so mir nichts dir nichts in den Fernen Osten fliegen. Allerdings fehlte ihnen dafür die nötige Zeit sowie das Interesse. “Also Süße. Zieh dir morgen einfach das an, was du willst“ Es dauerte einem Moment bis Lena nickend zustimmte. “Wir schaffen das schon“ verkündete Isa mit gewichtiger Mine, als würde sie einen Friedensvertrag aushandeln „Auch wenn wir dadurch gewisse Leute ganz schön auf die Palme bringen werden“ Später am Abend rief Lena Masa um zu fragen, ob sie ihr eine Jungenuniform der „Ouran“ besorgen könnte. Die Bedienstete maß sie zuerst mit einem septischen Blick, der deutlich fragen sollte, wie viele Tassen hast du denn noch im Schrank?, wagte jedoch nicht zu widersprechen. Bei den nächste Tag handelte es sich um einen Sonntag. Die beiden Mädchen schliefen bis Mittag aus. Nachdem Lena aufgestanden war, traf ihre Freundin in ihren Zimmer an. “Hammer. Du bist heute ja dunkel“ meinte die Brünette zu dem Kleiderstiel der Schwarzhaarigen nüchtern, obwohl sie sehr wohl wusste, dass Isa solche Kommentare auf den Tod nicht ausstehen konnte. Trotzdem stimmte die Bemerkung, da Isa in voller Gruftimontur vor ihr stand. Sie trug ein knielanges nachtschwarzes Kleid sowie Chucks in derselben Farbe. Durch ihre blasse Haut wurde der Unterschied umso deutlicher. “Tja ich wollte eben schon mal die Schuluniform vortesten“ erwiderte Isa mit einen verschlagenen Lächeln. “Häh, wie meinst du das?“ fragte die Brünette. Plötzlich weiteten sich ihre graublauen Augen. “Du… ne… das ist doch nicht… ne… boah…“ brachte sie nur noch hervor, denn Isas schwarzes Kleid wies unangenehme Parallelen mit der gelben Puschärmelkleiduniform auf. Jetzt bemerkte sie auch die abgeschnittenen und ausgefransten Ärmel des Teils. “Isa, du hast doch nicht“ startete Lena einen letzten kläglichen Versuch die Welt vom Gegenteil zu beweisen. “Doch hab ich“ war die ungerührte Antwort. “Oh, Isa“ Ihre Freundin lies sich seufzend in einen der beiden rot gepolsterten Sessel fallen und murmelte „Gerade mal einen Tag hier und du funktionierst schon unsere Schuluniform zur Gruftitracht um“ Die Schwarzhaarige zuckte nur die Schultern, ging dann zur ihrer CD Anlage, legte eine Ärzte Platte ein und drehte auf volle Lautstärke. Schon dudelte die Musik von dem Songtext „Junge“ in der Wohnung wieder. Lena hatte dagegen nichts, da sie ebenfalls jetzt ein Stückchen Heimat brauchte. Isa grölte lauthals mit. Auch die Brünette ließ es sich nicht nehmen einige Passagen mitzusingen. Auf einmal wurde die Tür aufgerissen. Zwei Mädchen ungefähr im Alter der beiden anderen stöckelten ins Zimmer. Sie sagten irgendwas, doch die Rockmusik war zu laut. Deshalb ging Lena zur Musikanlage um sie Abzuschalten. “Mensch“ beschwerte sich ihre Freundin sofort „Warum hast du ausgemacht?“ Lena nickte zu den beiden Mädchen, welche sie eindringlich musterten. Die eine besaß fast die gleiche Größe wie Lena und kinnlanges braunes Haar. Viele Ketten und Armbänder hingen ihr um Hals und Arme. Sie machte ein ziemlich hochnäsiges Gesicht, als sie anfing zu sprechen „Fiona Sezuki, dritte Nachfahrerin des großen Shin Sezuki“ Sie blickte herablassend zu ihnen. Die beiden Freundinnen starrten sie an, als hätte sie soeben gesagt sie komme gerade vom Spielplatz und wolle nun mit ihnen „Backe, backe Kuchen“ spielen. “Okay schön war’s das?“ brach Isa, die ungeduldig auf das Wiederanschaltens der Musikanlage wartete, das Schweigen. Das brünette Mädchen sah sie einen Moment an, als wäre Isa der erste Mensch, den sie je gesehen hatte. Dann trat ein Funkeln in ihre Augen, wovon Lena vermutete das es nichts Positives verheißen konnte. „Unglaublich was die heutzutage alles auf die „Ouran“ lassen. Findest du nicht Celin?“ wandte sie sich an das etwas kleinere weißblonde Albinomädchen neben sich. “Ja, natürlich“ sagte es schnell „Eine Unverschämtheit ist das!“ “Moment mal. Was ist denn hier bitte ne Unverschämtheit? Die einzige Unverschämtheit, die ich sehe ist, dass ihr einfach in unser Appartement reingeplatzt seid und dann nicht mal „Hallo“ sagt“ mischte sich Lena ein. “Oh, ein großes Mundwerk haben wir also auch“ stellte die Brünette mit spitzem Ton fest. “Sagt was ihr wollt oder macht ne Fliege“ rief Isa, der das so langsam zu bunt wurde. “Nun“ sagte Fiona „Wir sind im Auftrag von Yvette hier. Sie richtet dem jenigen aus, der es gewagt hat ihren Schönheitsschlaf mit diesem schrecklichen Krach zu stören, dass er es kein Mal mehr wagen sollte diese Musik anzustellen. Sonst würdet er ernsthafte Probleme bekommen“ “Schön“ meinte Isa gelangweilt „Bist du fertig?“ “Nein!“ lautete die bissige Antwort. Die Schwarzhaarige verdrehte genervt die Augen. “Ihr solltet uns in Zukunft mehr Respekt zukommen lassen. Ansonsten könnte es für euch an dieser Schule sehr schnell den Berg abgehen und…“ Je wurde sie von Isa unterbrochen „Weist du was, Fiona? Hier hast du 1000 Yen. Quatsch die Parkuhr voll!“ Ein wenig geschockt musterte das Mädchen den ihr hingehaltenen Geldschein, bevor sie sich mit einem „Tsch“ auf den Absatz umdrehte. Huch, das ist die sicher nicht gewohnt, dachte Lena. “Ihr werdet schon noch merken, was ihr davon habt“ sagte sie beim Rausgehen. “He, Celin, du Trantüte“ schrie ihr Fiona zu. Das Mädchen mit den weißblonden Haaren, welches bis zu diesem Zeitpunkt, wie angewachsen da gestanden hatte, zuckte zusammen und lief der Anderen hinterher. “Was war denn das eben?“ wollte Lena wissen, nachdem die Tür zugefallen war. “Tja. Willkommen im Heim der Spießer und Zicken“ meinte die Schwarzhaarige trocken. Ein paar Sekunden später brüllten „Die Ärzte“ abermals „So viel schlechter Umgang, wir werden dich enterben!“ in voller Lautstärke durch das Zimmer. Kapitel 4: Ein Haufen Bekloppter -------------------------------- Kapitel 4 Ein Haufen Bekloppter Am nächsten Morgen wurden die beiden um halb acht von den Hausmädchen geweckt, die ihnen die Stundenpläne gaben sowie mitteilten, dass der Unterricht um neun Uhr anfangen und, wenn keine AG anstand um 16 Uhr enden würde. Zwischen 12 und 13 Uhr gebe es zusätzlich eine Stunde Mittagspause. Außerdem erkundigten sich die Bediensteten auch sofort nach den Frühstückswünschen der Mädchen. Mit ihren beiden Nutellabrötchen gesellte sich Isa in das Zimmer ihrer Freundin, welche schon genüsslich ein japanisches Reisgericht mampfte. „Willst du echt so in die Schule gehen?“ fragte die Brünette zwischen zwei Bissen noch einmal, wobei sie Isas umgefertigte Schuluniform musterte. Die Schwarzhaarige ignorierte die Frage indem sie sagte „Du hast auch nicht das Puffärmelkleid an“ Sie besah sich Lenas Outfit genauer. Das blaue Jackett hatte ihre Freundin eindeutig von der Jungenuniform der „Ouran“ gemopst und trug es jetzt kombiniert mit einem knielangen Rock in derselben Farbe. Hat sie also doch noch ihre japanische Uniform bekommen, schmunzelte die Größere. Lena zuckte die Schultern, während sie dachte, dass ihre Kombi neben Isas Gruftitracht wohl schon normal wirken würde. Nach dem Frühstück wurden die beiden von einem Butler abgeholt. “Guten Morgen, meine Damen“ ließ er mitsamt einer Verbeugung verlauten Wahrscheinlich, überlegte Lena, steht in der Personalordnung keine überflüssigen Fragen zu stellen, was vermutlich auch unsere Aufmachung beeinträchtigt. “Ich werde sie in den ersten Tagen zu jeder Stunde begleiten“ fuhr er fort. Schiet, dachte Isa, da lern ich am besten schnellstens den Hausplan auswendig. Desto schneller wir uns diesen Pinguin vom Hals geschafft haben desto besser. So machten sich die drei also wieder auf ins Schulgebäude. Auf dem Weg erklärte der Angestellte „Auf der „Ouran High“ gibt es drei Jahrgänge. In jeder der drei Klassen sind 15- 20 Schüler untergebracht. Die Damen kommen in den ersten Jahrgang“ Schon bald trafen sie auf andere Schüler, welche die Neuankömmlinge mit neugierigen Blicken besahen. Vor dem Klassenzimmer sagte der Butler „Meine Damen, warteten Sie bitte auf ihren Lehrer. Pünktlich nach der Stunde werde ich hier sein um Sie zum nächsten Unterrichtsraum zu geleiten“ Die zwei Mädchen nickten, auch wenn nur widerwillig. Der Butler entfernte sich. Doch schon im nächsten Moment erschien der Englischlehrer. Er war so Mitte 20 und besaß kurz geschnittenes blauschwarzes Haar, wie die meisten Japaner sowie einen ziemlich legeren Kleiderstiel. Zuerst guckte der Lehrer etwas verwirrt aus der Wäsche. “Wenn Sie sich für die Stelle als Dienstmädchen bewerben wollen, müssen sie ins Erdgeschoss, Büro Nummer 4. Aber ich muss Sie darüber aufklären, dass der Termin schon seit zwei Wochen abgelaufen ist. Deswegen denke ich, dass Sie so gut wie keine Stelle mehr erhalten werden“ Lena kapierte erst nach ein paar Sekunden, was hier ablief. “Ähm, wir sind keine Bewerberinnen, wir…“ fing sie an. “… sind die neuen Schülerinnen“ schloss Isa ab. Der Lehrer bekam Augen so groß wie Untertassen. Dann fiel sein Blick auf Lenas blaues Jackett. Hastig verbeugend entschuldigte er sich. Oh man, hier küsste wirklich jeder Hans und Franz den Boden ab, dachte das braunhaarige Mädchen genervt. Nach einigen Sekunden der Stille, meinte der Lehrer schließlich „Gut, kommen Sie bitte mit“ So betraten die beiden hinter ihm die Klasse. Jedenfalls sah es nicht im Entferntesten aus wie eine Klasse. Der Raum glich eher einer Abgeordnetenkammer. Jeder der ungefähr 15 Schüler saß beim Eintreten der drei Personen hinter einem Schreibtisch, welchen dem in Lenas Zimmer um nichts nachstand. Auch waren sie nicht in Reihen Richtung Pult ausgerichtet sondern standen in einem großen Halbkreis um es herum angeordnet. Vor jedem Schüler stand auf der Tischplatte ein Laptop. Der Lehrer räusperte sich, damit die Gespräche verstummten und wirklich jeder seine Augen nicht mehr auf der Bildfläche seines Computers kleben hatte. “Ich bitte um ihre Aufmerksamkeit um ihnen zwei neue Schülerinnen vorzustellen“ sagte er „Dies sind Isa Cortez und Lena Belin. Sie sind gestern aus Deutschland angereist und werden ab heute Ihre Klassenkammeraden sein“ Leises Gemurmelt erhob sich. Die beiden Mädchen konnten die Blicke der Schüler deutlich auf sich spüren, was zum einen an der Tatsache lag, dass sie neu waren zum anderen aber auch an ihrer eigenwilligen Kleidung. Sozusagen Frischfleisch in falscher Verpackung. “Oh, Schiet“ durchfuhr es plötzlich Lena. Auch Isa hatte die zwei Mädchen vom Vortag entdeckt. Fiona und Celin saßen zu Seiten eines rothaarigen Mädchens. Beide hatten sich zu diesem gebeugt um ihm etwas zuzuflüstern, was es dann zum Kichern brachte sowie missbilligend zu Lena und Isa schauen ließ. Genauso gut hätte sie sich einen Zettel an die Stirn pinnen können, auf dem stand „Verschwindet in das Loch aus dem ihr gekommen seid!“ “Gut“ fuhr der Lehrer fort „Setzten Sie sich bitte auf Ihre Plätze“ Er deutete auf zwei mit einem kleinen Abstand nebeneinander stehende Schreibtische. Dies taten sie dann auch. Sogleich begann der Unterricht. Schnell stellten die Freundinnen fest, dass sie eigentlich ganz gut mit dem Stoff klar kamen. Natürlich fiel ihnen nicht alles in den Schoß und in Französisch waren beide immer noch waschechte Nieten, aber im Ganzen konnten sie sich nicht beklagen. Jedenfalls traf dies auf Lena mit einer winzigkleinen Ausnahme zu, welche sicher nicht existiert hätte, wenn nicht irgendein antikischer Idiot das M-Wörtchen zum Schulungsfach erklärt hätte. Denn wie an ihrer alten Schule wurde Lena schnell bewusst, dass sie hier ebenfalls Platz eins des Mathe- nichts- checkers gepachtet hatte. In der Mittagspause zogen sich Isa und Lena in ihr gemeinsames Appartement zurück, weil man den feinen Herrschaften ja nicht zumuten konnte wie Normalsterbliche in einen Essensaal ihr Mahl zu sich zu nehmen. In den jeweiligen Zimmern angekommen wurden ihnen ihre Essenswünsche schon abgenommen. Man konnte nach allem verlangen. Von Pizza über Nudeln bis hin zur mediterranen Gemüsepfanne. Kulinarisch gab es hier keine Grenzen. Nach dem Mittagessen ging es weiter mit dem Unterricht. Als der Butler sie zur letzten Stunde brachte, sagte Lena „Danke, aber ich glaube, wir werden den Weg in unsere Unterkunft noch allein finden“ Der Mann nickte, verbeugte sich und ging von Dannen. So saßen die beiden an den Schreibtischen, bis um 16 Uhr die Turmuhrglocke, das Ende des heutigen Schultages ankündigte. “Kommst du mit in den Park“ wollte Lena von Isa wissen. Diese seufzte. “Nein, geht nicht. Ich hab noch Band AG“ “Wie jetzt noch?“ fragte Lena ungläubig. “Klar“ lautete die simple Antwort. “Okay, dann begleite ich dich am besten dort hin“ meinte ihre Freundin. Lena brauchte noch etwas um ihre Sachen zusammen zu packen. Geduldig wartete ihre Freundin auf sie. Die beiden waren fast die Letzten, die den Raum verließen. Deshalb war ihre Überraschung auch entsprechend groß, als sie die drei Mädchen draußen am gegenüberliegenden Fenster der Klassenzimmertür stehen sahen. Bei ihnen handelte es sich um Fiona, welche ihre Nase wie einen Turm dem Himmel entgegen streckte, um die willenlos um sich herum blickende Celin sowie dieses rothaarige Mädchen. Sogleich wusste Isa, dass sie diese Person ebenfalls nicht würde ausstehen können. “Hey ihr!“ rief ihnen die Rothaarige im herrischen Ton zu „Nennt mir euren Namen und euren Status!“ “Was?“ fragte Lena perplex. Sie wusste echt nicht, was ihre Gegenüber von ihr wollte. Isa legte ihr eine Hand auf die Schulter. “Lass mal“ Ihre Stimme besaß einen zu ruhigen Klang, aber die Brünette witterte den brodelnden Vulkan. Das Mädchen vor ihr anscheinend nicht, denn es meinte schnippisch „Wird’s bald?“ “Hey Pumuckel. Was soll das? Wie wär’s, wenn du uns erst einmal sagst, wer du bist. Anstatt Leute einfach so von der Seite anzulabern!“ “Wie redest du eigentlich mit mir! Ich bin Yvette dritte Tochter der Grafenfamilie Kinberiu. Also entschuldige dich auf der Stelle bei mir!“ “Is’ mir doch egal, ob du Gräfin vom Suppentopf oder wie auch immer heißt< entgegnete Isa. “Das nimmst du sofort zurück, du Gruftischlampe!“ zischte Yvette. “Bei euch Tussen entschuldigen??? Pumuckel, guck erst einmal ins Wörterbuch bevor du mit Fachausdrücken um dich wirfst“ die Schwarzhaarige stieß diese Worte geradezu wie etwas fürchterlich Ekelhaftes aus „Das könnte euch so passen!“ Da mischte sich zum ersten Mal Celin ein. “Na, ihr seid ja eh nicht besonders reich. Könnt euch ja nicht mal die Schuluniform leisten“ Die Weißblonde kicherte, als hätte sie einen besonders guten Witz gemacht. “Du hast Recht“ stimmte ihr Yvette zu und trat nun einen Schritt auf Isa und Lena zu „Wahrscheinlich sind die voll primitiv. Eben wie das einfache Volk“ “He! Wir haben wenigstens Style und lassen uns nicht in diese dämlichen Babydollkleider quetschen!“ rief Lena „Komm. Lass uns gehen“ Energisch zog sie Isa hinter sich her, welche sich anfangs noch heftig dagegen sträubte, ließ sich dann aber widerwillig mitziehen. Sie hörten noch wie ihnen nachgerufen wurde „Ihr werdet euch noch wünschen, dass nicht gesagt zu haben!“ Erst nachdem Lena ihre Freundin ins erste Stockwerk geschleppt hatte, ließ sie von der Schwarzhaarigen ab, welche sich sofort lautstark empörte „Was sollte denn das gerade!?“ “Mensch, Isa, das bringt doch nichts, sich mit denen zu streiten. Es sieht nämlich so aus, dass es ihnen sehr viel bedeutet, wo man in der Gesellschaft steht“ rechtfertigte sich die Brünette. “So viel zum Thema Schulhierarchie“ meinte die Größere trocken „Trotzdem geht mir das am Arsch vorbei. Ich werde diesen verdammten eingebildeten Tanten jetzt die Meinung geigen!“ Lena stütze die Stirn mit der Hand ab. “Manchmal würde ich mir echt wünschen, du hättest keine spanischen Wurzeln. Vielleicht würdest du dann nicht so unüberlegt handeln“ Isa tat so, als hätte sie ihre Freundin nicht gehört und fragte „Apropos hast du zufällig ne Ahnung, ob eine spanische Herzogsfamilie über nen Grafenklan steht?“ “Mmm ich glaub, dass wurde öfters in der Geschichte umstritten“ meinte Lena nachdenklich (mal wieder voll die Historyexpertin) „Müssen wir mal irgendwo nachschlagen. Aber jetzt musst du zur Band AG“ “Hast du nen Plan, wohin wir müssen?“ erkundigte sich Isa, obwohl sie schon wusste, dass die Kleinere völlig orientierungslos durch die Gegend irren würde (gefragt hatte sie nur zum Ärgern). Die Brünette biss sich auf die Lippe und verfluchte sich, dafür, dass sie den Butler vor der letzten Unterrichtsstunde weggeschickt hatte. “Ach komm“ sagte Isa kurz entschlossen „So weit ich mich erinnere, findet die AG in Musikraum 3 statt. Die Musikräume müssten im Ostflügel liegen“ Mit Mühe fanden die beiden schließlich den besagten Flügel. “So wo ist den jetzt Raum 3?“ fragte Isa. Im selben Moment rief Lena „Hab’s gefunden!“ Das Mädchen deutete auf eine Doppeltür über der ein Schild mit der goldenen Aufschrift „Musikraum 3“ hing. Boha, was für nen Glückstreffer. Sie hat ja sogar manchmal Probleme sich in der Villa ihrer Eltern zurecht zu finden, dachte die Schwarzhaarige, na ja, ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn. Lena drückte die Klinke hinunter, öffnete die Tür und beide traten ein, um vier neugierig auf sie gerichtete Gesichtern, entgegenzublicken. Lena und Isa blickten sich im Raum um. Überall standen noble Tische sowie Stuhle mit hohen Lehen in Gruppen zusammen. “Ah, neue Kundschaft. Ist aber heute noch etwas früh“ durchbrach schließlich der schwarzhaarige Brillenträger die Stille „Normalerweise kommen unsere Kundinnen erst in 20 Minuten. Natürlich mit der Ausnahme der Jenigen< er blitzte zu einen Tisch hin, an dem sich zwei rothaarige Jungen gerade mit zwei Mädchen unterhielten „die nicht in der Lage sind so lange von ihren Host getrennt zu sein“ Ein blonder blauäugiger Junge setzte sich auf einen roten Sessel schlug, die Beine übereinander und begann zu reden „Willkommen im Ouran High School Host Club, Prinzessinnen“ “Äh, Schuldigung“ sagte Lena „Ist das hier die Band AG?“ “Wie bitte? Band AG?“ wollte der im Sessel Sitzende verwundert wissen. Das Mädchen nickte. Isa was mittlerweile wieder aus ihrer Starre erwacht. “Komische Band, die sich Ouran High School Host Club nennt“ flüsterte sie Lena auf Deutsch ins Ohr, welche nun die Stirn kräuselte. Plötzlich kam ein kleiner blonder Junge auf die beiden Neuankömmlinge zugerast. Im Arm hielt er einen rosa Stoffhasen. “Schau mal, Mori. Die hab ich hier noch nie gesehen“ krähte der Kleine. Im Schlepptau zog er riesigen schwarzhaarigen Jungen hinter sich her, den er wohl mit „Mori“ gemeint hatte. “Jop“ sagte dieser nur. “Wollt ihr vielleicht Bekanntschaft mit meinem Hasen machen?“ fragte plötzlich der Kleinere. Einen Moment starrte Lena verwirrt auf das Kuscheltier, welches ihr unter die Nase gehalten wurde und dann in das erwartungsvolle Gesicht des Kleinen. Dann lächelte sie. “Ja, sehr ge…“ weiter kam sie nicht, da sie von Isa am Arm zurück gezehrt wurde. “He, ist das denn jetzt die Band, oder was?“ verlangte die Schwarzhaarige zu erfahren. Der Brillenträger blickte von seinen Laptop auf. “Ah, jetzt verstehe ich. Da seid ihr hier falsch“ Wie von der Tarantel gestochen sprang, der gut aussehende Blonde aus dem Sessel. “Kyoya, wie kann man nur so unhöflich zu solch hübschen Mädchen sein“ Dann wandte er sich strahlend lächelnd an Lena und Isa „Nein, ihr seid hier niemals falsch“ “Aber Tamaki" sagte der kleine blonde Junge „Die Band AG ist doch in Musikraum 5“ “Häh, jetzt check ich gar nicht mehr“ bemerkte Lena „Wo sind wir den dann gelandet?“ “Na, im Host Club natürlich“ sagten die beiden inzwischen vom Tisch her über gekommen rothaarigen Jungen synchron. Irritiert blickten sich die Mädchen an und konnten das Fragezeichen auf dem Gesicht der Jeweiligen anderen bestens erkennen. “Ähm, was ist denn ein Host Club?“ fragte die Brünette. Sie merkte, dass alle Personen, mit der Ausnahme der beiden Mädchen an den hinteren Tisch, die angeregt miteinander sprachen und Isa, welche sich in Moment sicherlich das gleiche fragte, sie überrascht ja schon bestürzt anstarrten. Sie lief ein wenig rot an, hielt den Blick aber standhaft auf die Jungen gerichtet. “Soll das heißen ihr wisst nicht, was ein Host Club ist?“ sprach der Blonde die im Raum stehenden Worte langsam aus. Lena und Isa schüttelten die Köpfe. Lena wurde gleich noch einen Tacken röter, als der Junge entsetzt aufschrie und in den Sessel fiel um sich dort wie ein Häuflein Elend zusammen zukauern. Ob der einen epileptischen Anfall hat, überlegte die Brünette hektisch. “Ganz schön unwissend, denkst du nicht auch Kaoru“ wandte sich der eine Rotschopf an sein Ebenbild „Fast genauso unerfahren wie du“ Dabei brachte er das Gesicht des Anderen nah an sein eigenes, was Isa nicht entging. Huch, was ist den mit denen los?, dachte sie. “Ihr seid nicht von hier, oder?“ ergriff der Brillenträger erneut das Wort. Lena nickte, während Isas Aufmerksamkeit weiterhin den Rotschöpfen galt, die sich jetzt gegenseitig irgendetwas zuflüsterten. “Dachte ich mir doch“ er schob seine Brille etwas höher „Ihr habt ein wenig Akzent, überaus leicht zu überhören. Deutsch nehme ich mal an“ “Ja, wahou, du bist der Erste dem das aufgefallen ist“ staunte Lena. “Quatsch, Kyoya du alter Lügner“ rückte ihm plötzlich die Zwillinge auf die Pelle “Du hättest nicht extra die Datenbank der CIA knacken müssen. Diese Info hätten wir dir auch geben können. Die beiden sind nämlich heute in unsere Klasse gekommen“ Isa wurde ungeduldig. “So jetzt reicht’s! Sagt uns endlich was ein Host Club ist! Wir können unsere Zeit nicht so verschwenden!“ “Zeit verschwenden“ murmelte der blonde Junge, wobei er gleich ein Stück tiefer in den Sessel sackte. Mitleidig realisierte Lena, das er vermutlich unter einer ziemlich labilen Psyche litt. Vermutlich ein Kindheitstrauma oder so etwas Ähnliches. “Also ein Host Club ist ein Art Unternehmen an dieser Schule“ erklärte der Brillenträger und wandte sich wieder seinen Laptop zu, hörte aber nicht auf weiter zu reden „Um unsere Kundinnen zu unterhalten organisieren wir die wöchentlichen Kaffeenachmittage und verschiedene Events, die unter dem Namen des Host Clubs laufen. Darüber hinaus kann man uns auch auf der Homepage des Clubs besuchen“ Er drehte den Bildschirm des Laptops zu den beiden Mädchen um ihnen eine Homepage mit pinken Hintergrund auf denen sich zahlreiche Herzchen tummelten, zu zeigen. “Also ihr unterhaltet eure Kundinnen“ sagte Lena langsam als müsse sie das erst einmal verdauen, dabei glitten ihre Augen zu dem Tisch an dem sich die rothaarigen Zwillinge jetzt wieder niedergelassen hatten. Da kein Anderer jetzt einen Laut von sich gab, hörte sie, den einen der zwei deutlich sagen „Oh, Hikaru. Ich wäre jetzt viel lieber mit dir allein, anstatt hier mit allen zu sein“ “Kaoru…“ seufzte der Andere und zog seine Ebenbild unglaublich nah an sich heran. Die beiden Mädchen gegenüber ihnen kreischten begeistert „Oh, was für eine wunderbare Bruderliebe!“ Isa, welche das Geschehen ebenfalls beobachtet hatte verzog das Gesicht. “Die unterhalten Mädchen mit ihrer Schwulheit?“ Das letzte Wort betonte sie extra. Die umstehenden Jungen rissen ihre Augen auf. Wahrscheinlich hat das noch niemand so deutlich ausgesprochen, vermutete Lena. Dem Brillenträger entglitt für einen Moment seine neutrale Mine, so dass man seine Gereiztheit sehen konnte, dann wich sie abermals einem ausdruckslosen Gesicht. “Ja, obwohl wir es bevorzugen es Bruderliebe zu nennen. Jeder Host hat seine eigenen Methoden seinen Kundinnen zu gefallen“ Auf einmal erhob sich der blonde Junge aus dem Sessel. Dabei glich er einen auferstehenden Engel, der Isa und Lena jetzt wohlwollend musterte. “Wenn wir schon beim Thema sind, kann ich ja auch gleich nach euren bevorzugen Männertyp fragen“ Ein warmer süßlicher Klang schwang in seiner Stimme mit. Lena war ziemlich perplex. Wie konnte das Häufchen Elend in so kurzer Zeit zum stolzen Schwan mutieren? “Also auf welchen Typ steht ihr. Ist es der Wilde, der Coole, der Kindliche, der Natürliche oder der Teuflische Typ oder wie wäre es vielleicht mit mir?“ fuhr der Junge, ungeachtet Isas entsetzten sowie Lenas verwunderten Gesicht, verführerisch fort. “Du, Lena“ meinte Isa „Ich glaub das ist so was wie… ein Puff“ “Häh?“ sagte die Brünette. Dann fiel es ihr die Schuppen von den Augen. Ja, jetzt passte das alles zusammen und ergab einen Sinn. “Was?!“ schrie Lena aufgebracht „Schämt ihr euch denn nicht?! Ihr lasst Kinder in euren Puff arbeiten!“ warf sie den sprachlosen Brillenträger vor. Der kleine blonde Junge hüpfte zu ihm und wedelte mit seinem Stoffhasen vor dessen Gesicht herum. “Mori, er hat aufgehört auf seinen Laptop zu tippen. Kyoya, lebst du noch?“ erkundigte er besorgt. Der Angesprochene zuckte leicht zusammen. “N- Natürlich“ lautete die Antwort. Schneller als alle gucken konnten, hatte die Brünette den Kleinen von den Brillenträger weggezogen. “Warum zwingt ihr dieses wehrlose Kind zu so etwas Schrecklichem?“ Sie versuchte Honey hinter sich zu verstecken „Oh, Schande! Wo sind wir bloß gelandet?“ die Brünette merkte nicht, dass sie ins Deutsche abgeglitten war „Dir mache ich ja keinen Vorwurf“ das Mädchen deutete auf den großen Blonden der nun wieder wie ein schlaffer Sack in seinen Sessel kauerte „Deine Psyche wurde sicher von deiner schweren Kindheit angegriffen und du leidest deswegen unter einer ernstzunehmenden Persönlichkeitsstörung. Aber du“ brüllte sie den Brillenträger entgegen „scheinst alle Fäden in der Hand zu haben!!!“ Da kam plötzlich der riesige schwarzhaarige Junge an und sagte „Das ist ein Fehler“ Zwar hatte er die letzten deutschen Sätze nicht verstanden, den Anfang jedoch schon. Mit Leidigkeit lockerte er Lenas Griff um den Arm des Kleinen um ihn unter den Protesten des Mädchens auf den Arm zu nehmen. Plötzlich richtete sich der Blondhaarige in seinem Sessel zu voller Größe auf. “Das genügt!“ rief er gebieterisch und brachte die Brünette so zum Verstummen. „Erst einmal sind wir kein Bordell sondern ein Host Club. Wie könnt ihr unseren Club nur als Puff bezeichnen?! Und was Honey angeht“ er wandte sich an den kleinen Blondschopf, welcher nun an den gut zwei Meter großen Jungen hochkletterte „der der ist der Älteste von uns“ Das saß. Jedenfalls bei Lena. Isa echote ungläubig „Wie? Ihr seid kein Puff?“, während ihre Freundin mit herunterhängender Kinnlade Honey anglubschte. “Nein, sind wir nicht!“ rief der Blonde schockiert „Wie könnt ihr bloß so etwas annehmen?“ “Tamaki“ meinte der Brillenträger auf einmal „Ich glaube in Deutschland gibt nichts, was man mit dem Host Club vergleichen kann“ “Echt, dort gibt’s so was nicht?“ fragte Tamaki nun hellhörig geworden. “Nein, nicht das ich wusste“ Kyoya wandte sich wieder an die Mädchen „Wir hätten euch besser erläutern sollen, was unser Club tut. Entschuldigt das Missverständnis. Ich hoffe ihr könnt uns noch einmal diesen Fehler verzeihen“ Die beiden Mädchen starrten ihn an, als wäre er ein fremdes Lebewesen aus dem All. Zu diesen Zeitpunkt fragten sie sich beide das Selbe. Entschuldigt der sich echt dafür, dass wir ihn als einen miesen Zuhälter beschimpft haben? “Also versuche ich es euch jetzt besser zu erklären“ sagte Kyoya „Der Host Club ist so etwas wie eine Gaststätte, deren Personal sich äußerst darum bemüht den weiblichen Gästen den Aufenthalt zu versüßen. Deswegen sind auch nur Jungen im Host Club“ “Oh, ja das sieht man“ kommentierte Isa trocken und blickte zu den zwei Rothaarigen hinüber, welche mehr mit den jeweiligen Anderen beschäftigt waren, als mit den beiden Mädchen. “Ja, Isa wie konntest du nur annehmen, dass dies hier ein Puff ist“ zog Lena ihre Freundin genießerisch auf. Sonst verhielt sich das nämlich immer andersherum. “Und wer hat es bitteschön geglaubt und wolltest sofort mit der Kinderbefeiungsfront anrücken?“ drehte die Schwarzhaarige den Spieß um. “Ähm na ja< schnell wechselte die verlegende Brünette das Thema >So weit ich das jetzt verstanden habe, seid ihr eine Gastwirtschaft“ “Ja, so etwas in der Art“ stimmte der Schwarzhaarige zu, welcher nun wieder begonnen hatte irgendetwas auf seinen Laptop einzutippen. “Tolle Gastwirtschaft“ Isa zuckte die Schultern „Typisch Japaner. Ich habe euch zwar für etwas weltfremd gehalten, aber so verrückt…< “Oh, hallo!“ wurden sie plötzlich von einen mit den Anderen vergleichsweise relativ kleinen brünetten Jungen begrüßt. “Entschuldigt bitte die Verspätung. Aber ich musste noch etwas Dringendes erledigen. Kann ich euch etwas zu trinken anbieten?“ fragte er mit einen freundlichen Lächeln, wobei seine großen haselnussbraunen Augen anfingen zu leuchten. Ein Zeichen dafür, dass sein Lächeln nicht nur aufgesetzt war, sondern von Herzen gemeint war. “Nein, danke“ meinte Isa „Aber sag mal“ sie wandte sich an Kyoya „Du hast gesagt, im Host Club wären nur Jungen. Du hast uns ja voll fett angelogen!“ Der Brillenträger riss seine Augen auf, während Tamaki, welcher soeben einen Zug aus seiner Teetasse genommen hatte, vor Schreck den Innhalt quer über den Teppich spuckte. Schneller als sich die beiden Mädchen umsehen konnten kamen die zwei Rotschöpfe angerast um sie in ein Hinterzimmer zuschleifen. Tamaki war ihnen gefolgt. “Niemand, ja niemand darf das je erfahren“ sagte er nachdrücklich „Verstanden, Prinzessinnen?“ fügte er süßlich hinzu. “Was darf niemand erfahren?“ wollte Lena verdattert wissen. Isa schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. “Das vorhin war nen Mädchen, du Dödel“ “Echt?“ fragte die Brünette. “Hundert pro“ behauptete ihre Freundin. “Oh, das ist jetzt aber genug“ rief der Blonde schon sichtlich kurz davor zu kollabieren. “Schwört das ihr das nirgendwo rumerzählt“ verlangtem die Zwillinge. “Ach, und was ist so schlimm daran, dass sie nen Mädchen ist?“ wollte Isa erfahren. Der gut aussehende Blonde rang mit den Händen. Seine Nerven schienen erledigt zu sein. “Was daran so schlimm ist, dass Haruhi ein Mädchen ist“ knirschte er zwischen den Zähnen hervor „Hört zu“ er fuchtelte mit den Armen herum, als seien es Flügel einer Windmühle „Ihr müsst sehen, das geht ganz und gar nicht“ “Also seid ihr Frauenverachter?“ fragte Lena vorsichtig. Der blonde Junge klappte ohnmächtig zusammen. “Das war heut wohl zu viel für ihn“ bemerkten die Zwillingen „Den King habt ihr echt auf Trapp gehalten. Ihr könntet uns echt Konkurrenz machen. Wir haben ihn bis jetzt immer nur zur als beleidigten Leberwurst in die Ecke gekriegt. Aber die Sterne hat er wegen uns noch nie gesehen. Respekt. Sogar Kyoya ist bei eurem Auftritt die Spucke weggeblieben. Wie macht ihr das? Was ist euer Geheimnis?“ “Wüsstet ihr wohl gern ne“ sagten die beiden Mädchen gleichzeitig „Sagt uns erst, warum niemand erfahren soll, dass in euren Club ein Mädchen ist“ "Nein, wir haben nichts gegen Frauen. Es ist nur… seht es euch doch selber an“ empfahl ihnen der eine. “Nein, danke“ meinte Isa „Das ist nichts für uns. Außerdem komme ich viel zu spät zu meiner AG“ Sie zerrte Lena hinter sich her aus dem Nebenzimmer in den Musikraum. Tamaki war bei den Worten der Schwarzhaarigen schlagartig aus seiner Ohnmacht erwacht, rannte hinterher um ihnen die Tür zum Flur zu versperren. “Was heißt hier, das ist nichts für uns?!“ “Ja, schau dir das doch einmal an“ Sie nickte mit dem Kopf zu Honey, welcher mittlerweile liebevoll von einer Traube Babydollkleider tragender Mädchen umsorgt wurde sowie zu Mori, der inmitten einer Schar ihm anhimmelnder Schülerinnen saß und bis jetzt noch nichts gesagt hatte. “Ne, damit haben wir echt nichts am Hut“ “Nichts am Hut“ wiederholte Tamaki wie traumatisiert und wurde von den Zwillingen zu Seite genommen. “Vorsicht der King verfällt gleich wieder in einer seiner psychopatischen Anfälle“ warnte einer der Zwillinge kichernd. “Denkt aber nicht, dass wir euch so einfach gehen lassen. Wir werden das Geheimnis noch aus euch rauskitzeln“ In ihrem Appartement wurden die beiden nach der Band AG von heftigen Lachkrämpfen überfallen. Lena ließ sich aufs Bett fallen und hielt sich lachend den Bauch, während Isa den Teppich mit den Fäusten bearbeitete. “Ich glaub’s nicht“ kicherte die Brünette, als sie sich etwas beruhigt hatte „Was waren denn das für welche?! Das hier ist keine Spißerschule sondern eine Spinnerschule!“ Kapitel 5: Ärger mit Pumukel ---------------------------- hallöschen erst mal alle! endlich is nen neues kapi da *schwitz* habe im moment neet viel zeit zum weiterschreiben. aber ich bemühe mich dennoch. tja man sollte vielleicht anmerken, dass in diesem kapi der host club nicht eine allzugroße rolle spielt ^^dafür dann aber im nächsten umsomehr....^^ und nun viel spaß^^ lg lotscher --------------------------------------------------------------------------------- Kapitel 5 Ärger mit Pumuckel Am nächsten Morgen im Unterricht nahmen Isa und Lena Haruhis Anwesenheit sowie die der Zwillinge besonders zur Kenntnis. Die beiden Rotschöpfe wurden geradezu von allen Mädchen angehimmelt und stellten weiterhin ihre allseits beliebte „Bruderliebe“ zur Schau. Bei Haruhi war es unglaublicher Weise dasselbe. Die Schülerinnen liefen ihr in Massen hinterher. Fehlt nur noch der rote Hollywoodteppich für die drei. Was haben die bloß genommen, dass die nicht checken, dass sie ’nem Mädchen hinterher hecheln?, fragte sich Isa. Da merkte sie wie Lena kicherte. Die Brünette deutete zu Haruhi hin. Isa konnte sich bei dem Anblick, wie Yvette ungehalten mit der Brünetten flirtete, auch kein Grinsen verkneifen. Wenn die wüsste… In Mathe verging Lena jedoch das Lachen, obwohl sie das Beste, was sie konnte, tat. Nämlich wie ein dummer Ochs vorm Berg zu stehen und sich gleichzeitig nach einem guten Fluchtweg umzublicken. Da hörte die Braunhaarige plötzlich jemanden einen schrillen Schrei ausstoßen. Ihr Kopf schoss in die Luft um zu sehen, woher er gekommen war. Yvette war von ihrem Stuhl aufgesprungen. >Miss Kinberiu, ist Ihnen nicht wohl?< wollte der Lehrer mit Besorgnis in der Stimme wissen. Isa verdrehte die Augen. Schon in der ersten Stunde war ihr aufgefallen, dass die Rothaarige eine besondere Behandlung von Schülern wie auch von Lehrern genoss. >Es ist schrecklich!< sprach es Yvette halb schluchzend halb kreischend aus< >Mein Kollier ist weg! Das wertvolle Erbstück meiner Großmutter wurde gestohlen!!!< Ein paar Leute in der Klasse zogen geräuschvoll die Luft ein. >Oh, wie schrecklich für dich< bemitleidete ein Mädchen sie. Ein anderes stimmte ihr zu >Das muss ja ganz fürchterlich für dich sein< Isa schnaubte ungehalten. Was für einen Aufstand, die wegen einer gammeligen Kette machen, welche Pumuckel vermutlich selbst verlegt hatte, dachte sie, so viel in den Arschgekrieche gab’s ja nicht mal in der Firma ihres Vaters und die sprengte schon alle Dimensionen. >Heute Morgen trug ich es noch um den Hals< erzählte Yvette >Vor dem Sportunterricht hatte ich das Kollier in eine schwarze Schatulle gelegt und danach war es weg!< >Oh, wie schrecklich< echote abermals ein Mädchen >Wer könnte bloß so etwas Abscheuliches getan haben? Das ist doch unter unserer Würde! Das gehört sich nicht für unsere Gesellschaft!< >Nein, das tut es keinesfalls< mischte sich Fiona ein, was Celin heftig nickend unterstrich. Der Lehrer sah gequält drein. Nun da sich alles um Yvettes verschwundenes Kollier drehte, schenkte niemand seinem Unterricht noch geringste Beachtung. >Miss Kinberiu, wir werden natürlich einen speziell in diesem Gebiet erfahrenen Privatdetektiv buchen, der sich umgehend intensiv mit der Angelegenheit auseinandersetzen wird< rief er über den Rumor der Schüler hinweg. So langsam kam der Matheunterricht wieder ins Rollen. >Miss Belin, kommen sie bitte nach vorne um diese Aufgabe zu lösen< forderte der Lehrer Lena auf. Hilfe! Ich bin genatzt, ging es der Angesprochenen durch den Kopf. Da weiterhin stur Sitzenbleiben wohl peinlicher gewesen wäre, erhob sie sich, denn man konnte es ja mal versuchen. Das Blöde war nur, dass sie null Plan hatte, wie… Die Brünette machte sich auf den Weg nach vorne zur weißen Plastiktafel. Dabei ging sie an Yvettes Tisch vorbei, welche genau in diesem Moment ihr Bein etwas vorgeschoben hatte. So kam es, wie es kommen musste: Lena knallte der Länge nach auf den Boden und, bevor jeder Andere hingucken konnte, stand das Bein wieder an gewohnter Stelle. >Was für ein ehrenvoller Abgang!< war als Ausruf eines rothaarigen Zwillings zu vernehmen, wurde jedoch von Yvettes schrillen Gekreische übertönt >Da ist es! Sie hat es mir gestohlen!< Zuerst realisierte Lena nicht die Sache. Doch dann bemerkte sie, wie alle Anderen auf ein Ding starrten, was ihr vermutlich beim Sturz aus der Tasche gefallen war. Bei dem Gegenstand handelte es sich um ein Kollier mit smaragdgrünen Steinen. >SIE IST DIE DIEBIN!< schrie die Rothaarige und deutete mit dem Finger auf die sich nun aufrappelnde Lena, welche immer noch erstaunt auf das zu ihren Füßen liegende Schmuckstück starrte. >MACHEN SIE DOCH ETWAS!< brüllte Yvette den Lehrer an >KRIMINELLES PACK IST IN UNSERER SCHULE EINGEDRUNGEN!< Plötzlich herrschte Stille, in der nur die Stimme der Brünetten durch den Raum hallte >Ich habe es nicht gestohlen< Diese Aussage hörte sich nach dem darauf folgenden Schweigen ziemlich schwach sowie unrealistisch an. Zumal der vermeidliche Gegenstand vor der gesamten Klasse auf dem Boden lag. >Es tut mir Leid, Miss Belin< sagte der Lehrer >Aber Sie müssen zum Rektor< >Aber ich habe die Kette wirklich nicht genommen. Ich kann mir nicht einmal erklären, wie sie in meine Tasche gekommen sein könnte< protestierte das Mädchen. >Das stimmt!< rief Isa, die von ihrem Stuhl aufgesprungen war >Wie hätte sie es auch klauen können? Sie war doch die ganze Zeit beim Sport und hat auch in der Trinkpause die Halle nicht verlassen< >Es tut mir Leid< wiederholte der Lehrer >Darüber kann ich nicht entscheiden. Ein Butler wird Sie zum Schulleiter bringen< Er klatschte in die Hände, worauf ein schon die ganze Zeit neben der Tür stehender Mann im Frack anmarschiert kam, um Lena mitzunehmen. Isa ballte die Hand zur Faust. >Miese Kröte< zischte die Schwarzhaarige, da sie den Braten schon gerochen hatte. Bestens konnte sich Isa ausmalen, wer ihrer Freundin das Kollier untergejubelt hatte. Sie wusste, Lena würde lieber den amerikanischen Präsidenten vor dem gesamten Parlament dazu auffordern, sein Amt an seine Frau abzutreten, anstatt etwas zu stehlen. Nicht einmal anständig lügen konnte sie, ohne rot zu werden. Langsam wurde aus den wilden Vermutungen der Schüler ein Flüstern. Der Schwarzhaarigen war bewusst, dass sie nichts ausrichten konnte, außer wütend die Zähne aufeinander zu beißen, während der Lehrer eine neue Formel an die Tafel schrieb. Unterdessen hielt der Schulleiter ein sehr ernsthaftes Gespräch mit Lena. Was hieß: Er lud das Mädchen zum Kaffeekränzchen draußen im Park ein. Dann teilte er ihr mit, dass aufgrund des Mangels an Beweisen keine Veränderungen, was ihren Besuch auf der „Ouran“ anging, in Anbetracht gezogen werden würden. Zwar beteuerte die Brünette, sie hätte das Kollier nicht genommen, geschweige denn schon mal zuvor gesehen. Ihr Gegenüber nickte immer nur wissend, jedoch erahnte das Mädchen, dass er im Stillschweigen anders über sie zu urteilen dachte. Danach hielt Lena das Gespräch schon für beendet. Aber der Direktor stoppte sie >Was Eure selbst kreierte Schuluniformen „anbelangt“< Beim Wort Schuluniformen verzog er deutlich den Mund >Jaaa, ich habe auch von der deiner Freundin gehört…< >Ach, also gefallen sie Ihnen< unterbrach ihn Lena erfreut. >Ja… äh, nein natürlich nicht< er räusperte sich >darum geht es jetzt auch nicht. Ich möchte mich in einer Woche noch einmal mit Euch in Bezug auf diese Sache unterhalten< Nach dem Läuten zur Mittagspause trat Isa an Yvettes Tisch heran. Gerade packte die Rothaarige ihre Sachen zusammen. >Tu nicht so scheinheilig< zischte Isa. >Was meinst du?< fragte die Angesprochene mit gespielter Naivität. Abermals ballte die Schwarzhaarige ihre Hand zur Faust. Pumuckel schreit ja geradezu nach Rache, dachte sie zornig. So machte sich Isa auf die Socken, um zum Appartement zu gelangen, da sie selbst merkte, in dieser Lage so nicht weiter zu kommen. Etwas später stieß Lena zu ihr. Die Schwarzhaarige erzählte ihr sofort von ihrer Theorie des Vorgefallenen. >Die hat es dir hundert pro beim Sport zugesteckt< endete sie schließlich. Lena war natürlich froh, dass ihr wenigstens schon einer glaubte. Doch nach der Mittagspause zeigte sich, dass das nicht auf jeden zutraf. Die Nachricht vom besagten Kollier hatte sich wie ein Lauffeuer im Internat verbreitet. Überall wohin Lena kam, begannen die Schüler zu tuscheln. Selbst das Personal diskutierte hinter vorgehaltener Hand darüber. Die „Ouran“ schien kein anderes Thema mehr zu kennen. Einmal meinte das Mädchen die Worte „Verlogenes Miststück“ und „langfingrige Gossenschlampe“ herauszuhören. Dies setzte der kleinen Brünette zwar zu, aber ihre wahren Gefühle zeigte sie nicht offen, sondern tat so, als würde sie das völlig kalt lassen. Nach dem Unterricht meinte Isa, welche gemerkte hatte, dass sich die Laune ihrer Freundin auf dem Tiefpunk befand, aufmunternd >Lass uns mal in den Park gehen< An besagten Ort angekommen, staunte Lena mit glitzernden Augen über die Springbrunnenanlage >Wow, is die schööön!< In der Tat machte dieses Bauwerk auf fast jeden Vorübergehenden einen herrschaftlichen Eindruck. Es bestand aus insgesamt fünf Becken. Von den vier kleineren, höher stehenden floss das kristallklare Wasser ins Größte, um aus einem Trichter im hohen Strahl wieder in die anderen kleineren Auffangbecken zu gelangen. Die nah angepflanzten Kirschbäume perfektionierten das Bild. Isa stieß ihre Freundin an >Schau mal, wen wir da drüben haben< Lena folgte Isas Blick, indem sie wie ihre Freundin hinter zwei Kirschbäumen hervorlugte. Vor einem Wasserauffangbecken stand Yvette unmittelbar neben einem etwas kleineren blauschwarzhaarigen Mädchen. Die Rothaarige sagte etwas zu diesem, was die beiden anderen wegen des Geräuschs des rauschenden Wassers nicht hören konnten. Die Mädchen schoben sich weiter vor, wobei sie darauf achteten immer einen Baum im Blickfeld zu behalten. Nun verstanden die zwei auch deutlich, was gesagt wurde. >… du denn nicht wie out du bist? Deine schüchterne naive Masche zieht echt bei niemand mehr. Du wirst völlig überbewertet< Lena wollte noch rufen, was sie denn vorhabe. Doch schon zu spät. Isa war schon mit vollem Karacho in Yvette reingeknallt, welche durch dem starken Schwung des Aufpralls zurückfiel. Direkt ins Wasserbecken. Schnell lief Lena zu den zwei noch Stehenden hin. Kurz darauf durchbrach Yvettes Kopf die Wasseroberfläche. Sie gab einfach einen zu witzigen Anblick ab, wie sie da keuchend halb im Wasser kniete. Ihr normalerweise leicht gelocktes Haar klebte platt am Kopf. Auch das gelbe „Ourankleid“ hing ihr völlig durchnässt am Körper. Blaue Augen funkelten Isa hasserfüllt an. Wenn Blicke töten könnten, dachte Lena. >Meine schöne Dauerwelle. Wie kannst du es wagen, du Bauerntrampel!< >Bist du sicher, dass ich dafür büßen werde?< fragte die Schwarzhaarige herausfordernd. Die Rothaarige richtete sich auf und trat im Brunnen einen Schritt in Isas Richtung. >Du verdammte Fotze. Euer kleines Familienunternehmen wird schneller von diesem Planeten wegradiert sein, als dass du das „Tschüss Ouran High“ auch nur ansatzweise in den Mund nehmen kannst< Yvette fuchtelte mit den Armen über ihren Kopf herum und Isa musste sich dabei fragen, ob das Bad im Brunnen einfach nur dazu geführt hatte, dass etwas in Yvettes Birne durchgeknallt war oder dieses Windmühlengefuchtle zu einer Tradition an der Schule gehörte, da es noch einen gewissen Blondschopf gab, der sich genauso aufführte. Zweite Möglichkeit beängstigte sie eher mehr. Sicherlich hätte Yvette unter normalen Umständen es nicht ihr für würdig befunden, sich so zu benehmen >Du hast keinen An…< wollte sie ihre Schimpftirade mit einem weiteren Schritt in Richtung der Schwarzhaarigen fortführen. Als „Platsch“! Sie war ausgerutscht und landete diesmal rücklings im Becken. Hustend kam die Rothaarige wieder hoch. >Tja Pumuckel, jeder bekommt, was er verdient< meinte Isa gönnerhaft, packte die eine Hand des fremden Mädchens, welche bis jetzt die Ereignisse mit großen Augen betrachtet hatte, und zog Lena an der anderen hinter sich her. Sie liefen so weit, bis die Luft nicht mehr von Yvettes lautem Gekeife verpestet wurde. Bei der Flucht (vor der verseuchten Luft natürlich) fragte Lena das Mädchen prompt >Was wollte sie eigentlich von dir?< >Äh, nichts< sagte die Angesprochene etwas leise. >Du brauchst uns nichts vorzuspielen< schaltete sich Isa ein. >Genau< nahm ihre Freundin gleich den Faden auf >Yvette hat dich aufs Übelste beschimpft. Warum hat sie das getan?< >Na… ja… also so genau weiß ich das auch nicht< druckste die Blauschwarzhaarige herum. >Aber aus welchem Grund…?< wollte Isa wissen. >Nein, lass es bleiben< sagte Lena, die merkte, dass Nachharken hier nicht weiter half, sondern die Situation eher verschlimmern würde. Kapitel 6: Vorsicht Gesundheitsinspektion! ------------------------------------------ Kapitel 6 Vorsicht Gesundheitsinspektion! "Aufstehen, Schlafmütze!" Dies waren die ersten Worte einer nicht enden wollenden Aufweckrhythme, welche dem einzigen Zweck diente, die schlummernde Isa aus dem Bett zu scheuchen. "Will neet" murmelte die Schwarzhaarige im Halbschlaf und drehte sich auf die andere Seite. "Du musst aber!" fuhr Lena ihre Tyrannei fort, da sie nicht mehr mit ansehen konnte, wie die in dieser Situation hilflosen Hausmädchen verzweifelt vor Isas Zimmertür einen erneuten Weinkrampf erlitten und schon längst aufgegeben hatten, das Mädchen zum Aufstehen zu bewegen. Deshalb beschloss die kleine Brünette nun selbst Hand anzulegen. Mit einem heftigen Ruck zog sie ihrer Freundin die Decke weg, in der sie sich bis zu diesem Zeitpunkt dick eingewickelt hatte. Dies führte dazu, dass Besagte, bevor sie sich überhaupt das Fehlen der Decke bewusst wurde, durch den plötzlichen Schwung unsanft mit dem Po auf dem Boden plumpste. "He! Was sollte denn das?! Sanfter ging’s wohl nicht?" beschwerte sich Isa, während sie sich ihre vier Kanten rieb. "Meine Art dich aus den Federn zu werfen" entgegnete Lena ungerührt "Los, zack-zack. Wir sind schon viel zu spät dran" Isa salutierte "Zu Befehl Frau Sklavenantreiberin" Lena fuhr ein wenig bissig fort "Der Direks wollte uns in einer Woche noch mal wegen unseren Uniformen sprechen. Deine gefällt ihm übrigens besonders gut" Isa seufzte resigniert und streckte sich. "Ach und da wäre noch was" sagte die Brünette "Heute ist nach dem Unterricht…" Ihre Stimme sackte plötzlich ab. "Was ist nach dem Unterricht?" fragte Isa und sah in das verzogene Gesicht ihrer Freundin. "Gesund… Gesundheits… inspektion" vervollständigte diese mit einer für sie ungewöhnlich kratzigen Stimme den Satz und klappte auf Isas Bett zusammen. Nachdem die Schwarzhaarige ihre Freundin wider mobilisiert hatte, um zum Unterricht zu gehen, verlief der Tag bis zum Schulschluss in geregelten Bahnen. Also wenn man die Tatsache ausließ, dass sich Lena angespannt hin und her wandte, wenn auch nur ein Wort fiel, in dem die Silbe „Gesundheit“ vorkam und man meinen könnte, dass sie einem Verfolgungswahn verfallen wäre. Im Unterricht bemerkte Isa nun auch das blauschwarzhaarige Mädchen vom Vortag. Sie hieß Ayumi und schien ziemlich schüchtern zu sein. Nur wenn der Lehrer sie aufrief, sagte sie etwas und dies in einer Lautstärke, bei der man seine Ohren auf höchste Stufe spitzen musste, um überhaupt etwas zu verstehen. Ein perfektes Opfer für Yvette, schlussfolgerte Isa grimmig. Nach dem letzten Läuten der Glocke um halb vier vernahm man plötzlich durch versteckte Lautsprecher eine angenehm klingende Frauenstimme die Gesundheitsinspektion ankündigen sowie die Schüler darum bitten, sich in den speziell dazu hergerichteten Saal zu begeben. Ebenso wie alle anderen machten sich die beiden dorthin auf, wo sie prompt von mindestens 50 Ärzten und Schwestern in Empfang genommen wurden. Die haben hier ja echt ihr eigenes Krankenhaus aufgebaut, staunte Isa, während Lena an ihrer Seite wie Espenlaub bibberte. Die Brünette hasste ärztliche Untersuchungen, was zum größten Teil auf ihren ehemaligen (man betone ehemaligen) Hausarzt zurückzuführen war. Als sich das Mädchen nämlich mal mit Bauchschmerzen gequälte hatte, diagnostizierte ihr dieser mit einem Gesicht, welches man oft bei Leuten auf Beerdigungen sah, es handele sich in ihrem Fall um eine überaus ernstzunehmende fortgeschrittene Blinddarmentzündung. Mit einer Mine, mit der man einem Kind eine Gruselstory erzählt, prophezeite er Lena so auch dem ganzen Personal, welches sich wie auf einer Trauerfeier um die Kranke versammelt hatte, (die Hausmädchen mit Taschentüchern in den Händen) dass wenn das Organ nicht in Kürze operativ entfernt würde, es platze und sein gesamter Innhalt sich in Lenas Eingeweiden festsetzen und sie davon schneller als ihr lieb wäre äußerlich altern sowie Alzheimer bekommen würde. Das Mädchen hatte fürchterlichen Bammel vor der OP gehabt. Daran änderten auch die beruhigenden Worte ihres Kindermädchens nichts (Zitat: "Junge Dame, deine Zellen sollen doch nicht so grau werden wie meine") Schon hatten die Bediensteten alles bereit gemacht, um mit grellem Blaulicht und schrillen Tü-ta-ta-sirenen in die Klinik zu fahren, während das Kindermädchen mit aller Kraft versuchte, Lenas Griff vom Bettpfosten zu lösen, indem sie am Bein des Mädchens zerrte. Schon stürmten die Sanitäter samt Trage das Haus, um dem Kindermädchen im Bezug auf die sich immer noch festklammernde heulende Brünette (Zitat: "Ich bin noch zu jung!!! Ich bin noch nicht bereit zum Sterben!!!!!") zu helfen. Damals zogen sie zu fünft an Lenas Bein. Da diese fürchtete, es könnte sie am Ende noch dieses Gliedmaß kosten, ließ sie entgegen aller Vernunft los, worauf sich niemand eingestellt hatte. So purzelten alle auf den Boden in einem wilden Haufen durcheinander. Vom Aufprall musste das Mädchen nur einmal hicksen, und oh Wunder, das Bauchschmerzenproblem hatte sich erledigt. Also doch noch ein Happy End für jeden. Na ja, fast jeden. Tatsächlich verdient sich der Arztpfuscher heute seine Brötchen als Fensterputzer und, um nicht zu vergessen, schleppte Lena von diesem Tag an eine schreckliche Krankenhausangstfurie mit sich herum. "I-Isa, müssen wir das… das wirklich machen? Ich meine, s..sschau mal, mir müssen doch nicht als e…erstes drankommen" Die Schwarzhaarige unterbrach das Gestotter ihrer Freundin "Ne, es gibt nämlich keine Warteschlange. Jeder bekommt seinen eigenen Doktor" "Aber muss das de…denn sein? Wir haben doch keine Schme…Schmerzen" Ihre schreckgeweiteten hellblauen Augen flehten Isa geradezu an. Es hätte nicht viel gefehlt, und Lena hätte sich bettelnd auf den Boden geschmissen. "Bitte, i-ich will nicht. Die machen schreck… schreckliche Sachen" "Du hast aber die Finger von „Anatomie“* lassen können?" fragte Isa gefährlich ruhig. Die kleine Brünette wurde ungewöhnlich blass im Gesicht. Plötzlich schlug sie sich mit dramatischer Geste die Hände vors Gesicht. "Isa ist gegen mich. Wie kann sie mir bloß so was antun" schluchzte Lena mit hoher, piepsiger Stimme "Ich habe sie nie im Stich gelassen! Nicht mal als sie die Bulldogen ihrer Großmutter pink gefärbt hat! Und jetzt lässt sie mich einfach hängen! Hat sie denn gar kein Mitleid?" Das Mädchen blinzelte mit verschleiertem Blick zwischen den Fingern hervor. Isa stöhnte demonstrativ laut auf. Zugegeben jetzt tat Lena es schon wieder. Die Schwarzhaarige hatte gehofft, dass ihre Freundin ihre Anfälle à la Bekloppteliene noch etwas hinterm Berg halten würde. Tja, falsch gedacht… "Na gut, na gut. Wenn du aufhörst zu spinnen, drücken wir uns" gab Isa nach, da sie eh auch nicht allzu scharf darauf war, von irgendwelchen alten Knackern in weißen Kitteln betoucht zu werden. Aber das gab sie natürlich nicht zu. Sollte Lena mal in der Annahme leben, dass sie schuld daran gewesen wäre, wenn die zwei deswegen nen Rüffel vom oben bekommen sollten. "Dazu wäre jetzt der beste Zeitpunkt" meinte Lena auf einmal wieder ganz fröhlich. Sie zeigte auf die von einem großen Schülerknäuel umschlossenen Zwillinge des Host Clubs, die sich unter schalenden Applaus und schrillen Mädchengekreische, die weißen Hemden gegenseitig vom Leib rissen, um ihre mamorfarbenden Brustkörper der gesamten Schülerschaft zu präsentieren. Isa konnte sich einen trotz des Gejohles deutlich hörbaren Kommentar nicht verkneifen "Warum zieht ihr euch nicht gleich ganz aus!" Dem folgten ohrenbetäubendes Mädchengeschrei und die verdutzten Blicke der Zwillinge. So weit war noch niemals ein Fangirl gegangen. Okay, dachte Isa, wenn die Mädels nicht langsam auf den Teppich kommen, wird diese ganze Klinikeinrichtung bald wirklich noch ihren Zweck erfüllen können. Zugegeben Isa überfiel die leise Vorahnung, dass die Herzanschließmaschinen nicht nur so zum Spaß da rum standen. Doch die Schwarzhaarige konnte den Gedanken nicht mal zu Ende führen, da sie von Lena am Arm förmlich mitgerissen wurde. "Schnell… schnell…" murmelte diese wie von Sinnen mehr zu sich selbst "So lange jeder abgelenkt ist…" Die beiden rannten den Gang, der vom Krankensaal wegführte hinunter. Unterwegs probierte Lena verschiedene Türen zu öffnen. "Mist, alle abgeschlossen!" verkündete sie panisch "Wie müssen alle sterben!!!" Mittlerweile sah Isa genervt drein. "Ja, weiste, ich geb schon mal dem Beerdigungsinstitut Bescheid. Also auf meiner Todestagsfeier solls Schokokuchen geben und Musik von den „Toten Hosen“? Hast zu auch irgendwelche Wünsche?", da stockte sie "Aber diese ist doch noch offen. Hast du die etwa nicht ausprobiert?" rief die Schwarzhaarige und deutete auf eine ziemlich unscheinbar wirkende Holztür, worauf ihre Freundin, ein Gesicht machte, als wären Weihnachten und Geburtstag auf einen Tag gefallen. Wie eine Ertrinkende, deren einziges Rettungsboot hinter der Tür wartete, stürmte die Brünette in den Raum. Isa folgte ihr und knallte die Tür hinter sich zu. Das laute Geräusch ließ die Leute, welche bis jetzt mit dem Rücken zu ihnen gestanden hatten, herumfahren. "Was macht ihr denn hier?" entfuhr es Isa, die im ersten Moment ihre Perplexheit nicht verstecken konnte. Mitten in dieser, vergleichsweise mit einer normalen, ziemlich großen Abstellkammer hielten sich drei Mitglieder des Host Clubs auf. Diese starrten jetzt die Mädchen an, als hätten sie noch nie in ihrem Leben welche gesehen. Nach einigen Sekunden, in denen sie mit weit aufgerissenen Augen angestarrt wurden, atmeten die drei gleichzeitig erleichtert aus. "Ach, ihr seid es nur" sagte Kyoya "Zugegeben euer Einteten ist weitaus besser als das eines Bediensteten" "Ihr kokst doch nicht etwa heimlich, oder?" äußerte Isa ihren ersten Verdacht. Diesen Verrückten ist alles zuzutrauen, dachte sie. Tamaki wedelte mit den Händen in der Luft herum "Nein, nein das dürft ihr nicht falsch verstehen…. Ko…koksen?! NATÜRLICH TUN WIR DAS NICHT!" schrie er schon fast "Wahrlich ihr seid keine vornehmen Damen!" "Haben wir auch nie gesagt" bemerkte Lena, die schon fast wieder zu ihrem normalen Ich zurückgefunden hatte. "Na, ich bitte dich. Was sollten Steinreiche am helllichten Tage in ner Abstellkammer zwischen Besen und Wischmop denn sonst zu suchen haben?" wollte Isa wissen "Wollt ihr den beiden Karottenköpfen draußen nicht Gesellschaft leisten? Die amüsieren sich total" "Nein, das ist gerade nicht der richtige Zeitpunkt dafür" erwiderte Kyoya "Die Frage könnten wir übrigen auch an euch wiedergeben. Was habt IHR hier zu suchen?" Isa winkte lässig mit der Hand ab, während Lena ein wenig bedrückt die Staubkörner auf dem Boden zählte. Bevor jedoch noch irgendjemand etwas sagen konnte, flog erneut die Tür auf und die Zwillinge schlitterten herein. "Was macht ihr denn hier schon? Ihr solltet doch eigentlich noch mit dem Ablenkungsmanöver beschäftigt sein!" Die Stimme des Blonden zitterte ein wenig vom unterdrückten Zorn. Tamaki rang mit den Händen gen Himmel. "Amen" kommentierte Lena die Geste stumpf. "Wie?" fragte der Blonde irritiert. "Du wolltest doch beten" kam die prompte Antwort. Doch da ergriff schon einer der beiden Zwillinge das Wort "Honey und Mori haben uns abgelöst" "Ja" fügte der Andere hinzu "Honey spielt gerade mit seinem Hasen Doktorspiele. Darauf fahren die Girls voll ab" "Gut, also läuft alles nach Plan und niemand wird Haruhis wahres Geschlecht aufdecken" meinte Tamaki selbstzufrieden. "Wie?" Isa sah zu dem brünetten Mädchen hin, das die blaue Jungenuniform der „Ouran“ trug "Ihr habt euch nur von der Gesundheitsinspektion verpieselt, damit niemand rausfindet, dass sie nen Mädel is?" "So siehts aus" bestätigte Tamaki. "Aber…" wollte Lena gerade ansetzten, wurde jedoch von Schritten an der Tür unterbrochen. Die Köpfe aller anwesenden Personen im Zimmer wandten sich in Richtung der Geräuschkulisse. Man konnte die Anspannung in der Luft deutlich spüren. Dann war eine dumpfe Männerstimme zu vernehmen. "Oh, die Putze hat die Abstellkammer offen gelassen. Ich habe ihr schon tausendmal gesagt, sie soll bei der Arbeit nicht schlampen!" Ein weiteres Füßepaar nährte sich. "Ach Jiro, wie oft muss ich dir noch erklären, dass Lian-sans Job nicht Putze sondern Raumpflegerin ist!?" meinte eine zweite Stimme erbost. "Ja, nur weil du auf sie stehst!" empörte sich der Andere "Ich bin hier seit 17 Jahren angestellt und so weit ich mich erinnern kann, hat noch niemand was gegen den Titel „Putze“ einzuwenden gehabt!" Darauf antwortete die zweite Männerstimme im ruhigen Tonfall "Weil du bis jetzt auch noch nie so dumm warst, um deine miese Vergangenheit vor Schülern oder Höherstehenden raushängen zu lassen" "Oh ha, Jiron der Ghettobutler!" lachte der erste "Wo hab ich ihn denn jetzt… ah, da is er ja" Plötzlich hörte man das metallische Klicken eines Schlüssels, der sich im Schloss umdrehte. "Das nächste Mal, wenn die Putze die Kammer offen stehen lässt, kriegt die was von mir zu hören" Die zwei Männer entfernten sich lachend. Unterdessen starrten acht Personen auf der anderen Seite der Tür eben diese an. Erst nach ein paar schmerzlichlangen Sekunden, fiel bei Isa der Groschen. Schließlich war es Haruhi, die es aussprach "Wir sind eingeschlossen" Dann herrschte Schweigen. Na Prostmahlzeit, dachte Isa, besser genatzt hätten wir gar nicht werden können. Da durchbrach der Brillenträger die Stille "Schrecklicher Personalverfall ist das. So etwas muss sofort in meine Akte" "KYOYA!!!" Tamaki schüttelte ihn, als müsse er ihn wiederbeleben, dabei wackelte die Brille des Schwarzhaarigen bedrohlich auf dessen Nase "Da wir niemanden Bescheid geben können, weil sie sonst Haruhi entdecken, müssen wir vielleicht die Nacht hier verbringen und du hast nichts besseres zu tun, als übers Personal abzulästern!" • Anatomie = Horrorfilm, in dem illegale Experimente mit dem menschlichen Körper gemacht werden ^^hat sie sicher gesehn (jetzt weiß man also, welche Vorurteile sie zu der „Gesundheitstortour“ vertritt )^^ Kapitel 7: Wo sind meine Pöbelnudeln? ------------------------------------- Kapitel 7 Wo sind meine Pöbelnudeln? „Und was machen wir jetzt?“ fragte Haruhi. “Mmmhh, vielleicht ist die Tür nicht besonders stabil, dann könnte man einen Versuch starten, sie in die Luft zu jagen“ legte Isa sogleich groß los, ihren Schlachtpan zu entwickeln. Doch Kyoya durchkreuzte ihn sofort, indem er sagte „Tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen, aber alle Türen dieses Gebäudes enthalten schon allein aufgrund des Lärmschutzes in ihrem Inneren eine dicke Stahlwand“ “Außerdem frage ich mich, woher du so schnell Dynamit auftreiben willst“ mischte sich Tamaki ein. Isa stemmte die Hände an die Hüfte und funkelte die beiden verärgert an „Ach so, die Herren Schlaumeier haben also ne bessere Idee. Dann mal raus damit!“ Dies wurde von Kyoya mit einem „Da muss ich leider passen“ und von Tamaki mit einen einfachen „Nein, eigentlich nicht“ beantwortet. “Kann ja wohl nicht war sein!“ rief die Schwarzhaarige entnervt. Moment, überlegte sie, vielleicht haben wir hier was zum Aufbrechen der Tür. Mit einem Blick erfasste Isa ihre Umgebung. Der Raum umfasste ungefähr die Größe ihres Schlafzimmers. An der linken Wand war alles angebracht, was einer normalen Abstellkammer gebührte. Also kurz gesagt: Die ganze Ausrüstung einer Putzfrau. An der anderen Seite des Zimmers standen mindestens sieben hohe Regale voll gepackt mit Büchern und zu Isas Verblüffung sogar auch ein Kamin, was darauf schließen ließ, dass dieses Zimmer früher wohl einen anderen Zweck, als einer Abstellkammer gedient haben musste. Leider sah es nicht so aus, als würde es hier irgendetwas geben, was dem Mädchen helfen könnte, aus diesem Gefängnis anderer Art auszubrechen. Trotzdem trat die Schwarzhaarige an den Schrank mit den Putzutensilien heran, um ihn zu öffnen. Suchend schweiften ihre Augen über die unzähligen Wischlappen und Plastikflaschen. “He, was wird das?“ fragte ein Zwilling und trat an sie heran, um ebenfalls in den Schrank zu luken. Doch da traf ihn schon eine Flasche von „Mister- Proper- Delux- Sauberzaubermixtur“ am Kopf. “Aua! Wofür war denn das?“ Isa hörte ihm gar nicht zu, sondern fuhr unaufhörlich fort Putzzeug aus dem Schrank zu werfen, so dass der gesamte Teil des anwesenden Host Clubs einschließlich Lena Deckung unter einem Ablagetisch in Anspruch nehmen musste. Da erwiderte Isa endlich schnaufend „Was suchen, womit man die Tür aufbekommen kann“ Tamaki und die Zwillinge verfolgten mit den Augen, wie ein Lappen nach dem anderen auf einem schon recht ansehnlichen Haufen von Putzutensilien landete. “Das ist aber noch lange kein Grund, uns mit Putzlappen zu bombardieren“ rief der Blonde. Lena lächelte kläglich. „Hört auf, euch zu beschweren. Das bringt eh nichts. Wenn etwas Isa gegen den Strich geht, ist das bei ihr nur die leichte Anfangsphase. Man muss ihr erst die Möglichkeit geben, sich an die Umstellung zu gewöhnen, sonst kann dies viel schlimmere Nachwirkungen in Form von unkontrollierbaren Aggressionen ihrerseits nach sich ziehen“ Oh ja, sie erinnerte sich noch gut daran, wie Isa das erste und einzige Mal Hausarrest erteilt bekommen hatte, weil sie ihrem neuen Kindermädchen, als dieses am Nachmittag eingedöst auf der Dienstbotencoach lag, die Haare abgeschnitten hatte. Vielleicht hätte das Kindermädchen noch seine lange glänzende Mähne besessen, wenn sie Isa am vorigen Tag nicht gebeten hätte, ihre E-Gitarre zu entsorgen und stattdessen ein vernünftiges Instrument, beispielsweise Klarinette, spielen zu lernen. So hatte die neue Angestellte schon am ersten Arbeitstag den schrecklichsten Fehler gemacht, den man im Hause Cortez überhaupt begehen konnte. Von da an hatte Isa rot gesehen, denn ihre geliebte E-Gitarre, welche sie heimlich „Uschi“ nannte, war ihr teuerster Besitz. Anschließend kassierte das Kindermädchen die Rechnung für ihr durchtriebenes Vorgehen. Sie hatte relativ wenig zu lachen, wohl eher zum Schreien. Denn die Entdeckung ihrer neuen Irokesenfrisur vertrieb am Morgen nicht gerade die sprichwörtlichen Sorgen. Isas Grund dafür war nicht Rache oder Derartiges gewesen. Nein, es hatte sich bloß unbändige Wut in ihr aufgestaut, welche sie an dem Kindermädchen auslassen musste, sonst wäre es früher oder später zu einem Super-GAU im Hause Cortez gekommen. Dies hätte für alle Angestellten im Umkreis von 500 Metern kein gutes Ende genommen. Jedenfalls begründete das Mädchen so ihre Tat. Um dem schlussendlich die Krone aufzusetzen, rieb sie ihrer strengen Großmutter, welche ihre Enkelin zur Rechenschaft zog, auch noch unter die Nase, sie habe sich gegenüber allen Beteiligten sehr verantwortungsbewusst verhalten. Plötzlich sagte Tamaki „Das ist nicht mal ne schlechte Idee“ Lena glaubte ihren Ohren nicht zu trauen, doch der Blonde hatte sich schon unter dem durch die Luft fliegenden Staubwedel geduckt, stellte sich neben Isa, öffnete eine andere Schranktür und begann ebenfalls Sachen raus zuschmeißen. “Simu-lant! Simu-lant! Simu-laaaant!“ krähten die Zwillinge daraufhin, worauf Tamaki jedoch gar nicht erst einging. Auf einmal breitete sich ein Devilgrinsen auf den Gesichtern der beiden aus. “Hikaru, denkst du dasselbe wie ich?“ fragte der eine. Sein rothaariges Ebenbild nickte ernst. „Ich schätze, bald muss Haruhi Tamakis Platz Nummer 1 adieu sagen, was uns ohne Zweifel sehr gelegen käme. Dann würde uns nämlich niemand mehr aufhalten, mit ihr Tag und Nacht Cosplay zu machen“ Ein unterdrückter Würgelaut kam aus der Richtung des weiblichen Hosts. Kaoru meinte „Diese beiden Verrückten würden perfekt zusammen passen“ “Da stimme ich dir zu. Irgendwie unheimlich“ gab ihm Hikaru heftig nickend Recht und schaute zu Tamaki und Isa, deren Putzsachenhügel schon fast die Höhe der Tischplatte erreicht hatte. “Wir wollen die Kinder der beiden erst gar nicht sehen“ beschlossen die Kopf schüttelnden Rotschöpfe synchron. “Wie bitte!?“ Ruckartig hatte Isa damit aufgehört, Dinge wahllos umher zu schmeißen. Entsetzt schaute sie zu den Zwillingen, worauf die nur zu antworten wussten „Wir möchten auch keine Einladungskarte zu deiner und Tamakis Hochzeit“ “Wa… was… ihr meint doch nicht etwa. NEEEIIIN!“ schrie das Mädchen. Lena, die ahnte, was nun kommen würde, verkroch sich hinter Kyoya und Haruhi. Sie konnte sich gut ausmalen, wie ihre Freundin jetzt überlegte, auf welche Art man den Zwillingen am besten die Schädel einschlug. Tatsächlich sah die Realität (jedenfalls aus Isas Sicht) um einiges krimineller aus. Bevor sie jedoch einen Schwall Schimpfwörter sowie anderer fäkaler Ausdrücke auf die Zwillinge nieder regnen lassen konnte, gab ihr Magen ein brummelndes Geräusch von sich. Kurz darauf war dasselbe protestierende Knurren von Tamaki zu hören. “Hat jemand vielleicht was zum Knabbern dabei?“ fragte Isa von einem auf den anderen Moment, ganz zahm geworden mit einem lieblichen Lächeln auf den Lippen, während Tamaki im Hintergrund herumrannte und „Hunger! Hunger! Wo sind meine Fertigpöbelnudeln?“ brüllte. Ja, der Mangel an Nahrung führte immer wieder zu wahren Wundern. Nun blickte Isa die ganze Truppe mit einem bettelnden Hundeblick an. Sie stoppte bei ihrer Freundin. “Lena, Lena, du hast doch sicher was zu essen dabei“ Die Angesprochene schüttelte bedauernd den Kopf. „Wie du vielleicht weißt, bin ich kein wandelnder Kühlschrank. Und um ehrlich zu sein, will ich das auch nicht unbedingt sein“ Enttäuscht ließ Isa den Kopf hängen. Auch Tamaki hatte aufgehört, wie ein Irrer durch die Gegend zu rasen, und stellte sich nun vor Kyoya. Sein Blick stand dem von Isa um nichts nach. “Kyyoyaaa, du musst deinen Pflichten als gewissenhafte Mutter nachkommen! Also rück die Fertignudeln raus!“ “Passen wirklich voll gut zusammen“, war der einzige Kommentar der Zwillinge. Der Brillenträger zog eine Augenbraue hoch. “Ich kann mich nicht erinnern, dass das Sattbekommen eines kläffenden Wolfsrudels meinem Aufgabengebiet unterliegt“ Im nächsten Moment fiel der so genannte King, wie ein bruchfälliges Haus, in sich zusammen. “Mmmh, aber apropos Essen. Ich hätte da was …“ Kaoru brachte eine Packung Würstchen sowie einige Metallspieße zutage. “Das Hitachiin-Versorgungspaket“ meint er selbstgefällig. Der Rotschopf musste im nächsten Moment um sein Leben fürchten, da er Gefahr ging, von Tamakis und Isas gleichzeitiger Umarmung die Luftröhre eingequetscht zu bekommen. Unterdessen fragte sich Lena im Stillen, schleppt der eigentlich ständig so etwas mit sich herum? Nachdem ihm sein Zwillingsbruder von den beiden Anhängseln, in Form von Tamaki und Isa, die partout nicht von ihm lassen wollten, befreit hatte, tätschelte er ihm lobend die Wange „Kaoru, du bist so süß, wenn du dir um das Wohlergehen anderer Sorgen machst, mein Engel“ Haruhi verdrehte genervt die Augen. “Wer’s glaubt. Wohl eher gefallener Engel“ kommentierte sie. Doch bevor Hikaru die Liebkosung seines Bruders mit rauer gefühlvoller Stimme fortsetzen konnte, stibitzte Tamaki die Würstchenpackung aus Kaorus Hand. “Willi’s Bratwürstis“ las der Blonde laut. Man konnte ihm die Begeisterung deutlich ansehen. “Unglaublich, Grillwürstchen des einfachen Volkes! Kaoru, ich bin stolz auf dich! Ich wusste schon immer, dass meine exzellente Erziehung bei dir irgendwann Früchte tragen würde“ bekundete ein gerührter Blonder den Tränen nahe „Endlich bist du ein anständiger seinen Vater ehrender Sohn geworden“ “Wenn er mit „exzellenter Erziehung“ seine Vorführung, wie man in Windeseile ein Zimmer mit Putzsachen zumüllt, meint, dann gute Nacht“ murmelte Haruhi düster. “Dass wir diese Worte noch einmal aus deinem Mund hören dürften, Chef“ staunten die Zwillinge. Kaum dass sich Tamaki versah, hatten sich die Rotschöpfe die Würstchen zurück geschnappt. “He, gebt die Würstchen her!“ “Nein!“ hielten die zwei im Chor dagegen. “Aber wir sind eine Familie und Familien teilen alles!“ rief Tamaki mit einem Gesichtausdruck, der zeigen sollte, dass ihn die Tat der beiden tief getroffen hatte. “Wir geben sie trotzdem nicht her“ konterten die Zwillinge. Da gesellte sich Isa zu ihnen. “Los, rückt die Würstchen raus!“ Während die vier eine erbitterte Schlacht um „Willi’s Bratwürstis ausfechteten, bei der hier und da etwas Scherben verheißend klierte, stellte Lena ihre erste Vermutung vorsichtig bedacht darauf, niemanden zu nahe zu treten, in den Raum „Ähmm, kann es sein, dass sie irgendwie wegen Heimweh Halluzinationen haben oder sie wehleidige Muttersöhnchen sind?“ Unsicher blickte sie zu den vier balgenden Schülern hin. Hikaru war soeben dabei Tamaki das Ohr abzubeißen, während Isa Kaoru im Schwitzkasten festhielt. Einsam von niemandem beachtet, lag das Objekt der Ursache der Auseinandersetzung auf dem Boden. So fiel es keinem der vier auf, wie Kyoya getreu dem Motto „Wenn sich vier streiten, freut sich der Fünfte „Willi’s Bratiwürstis“ aufhob. Haruhi seufzte „Nein, diesen behämmerten Familienkomplex hatten sie schon, bevor ich hier angekommen bin. Allerdings in Tamakis Fall kann ich so etwas wie Müttersöhnchen nicht ausschließen“ “Und seine Ersatzmutter ist der da?“ fragte Lena und zeigte auf Kyoya, welcher gerade in das Etikett der Würstchen vertieft gewesen war, nun aber aufblickte. “So was in der Art“ erwiderte Haruhi „Er ist die Mutter und Hikaru, Kaoru und ich sind ihre Kinder“ “Aaahaaa“ wusste Lena darauf nur lang gedehnt zu antworten, obwohl sie sich im Inneren ihrer misslichen Lage immer bewusster wurde, da nur noch eine Frage ihr Gehirn beherrschte: Hilfe, wo bin ich bloß hier gelandet? Die kleine Brünette versuchte das eben Gehörte, was wie eine Tatsache aus einer Irrenanstalt klang, möglichst sorgfältig zu verdrängen. “Damit eins klargestellt wird“ unterbrach der schwarzhaarige Brillenträger ihren Gedankengang „Ich vertrete in keinem Fall dieses Mutter-Vater-Kindspiel. Das meiste geht von Tamaki aus. Der Einfachheit halber machen wir alle mit“ Diese Aussage erleichtere Lena ungemein. Gut, also waren sie doch nicht so verrückt, beschloss das Mädchen. Doch wenn Lena es genauer bedachte, konnte sie es ihnen auch nicht wirklich komisch nehmen, da sie sich schon aufgrund der wenigen Minuten, in denen sie den blonden Host live erlebt hatte, selber bestens vorstellen konnte, wie er beim Stoßen auf Abweisung in das sprichwörtliche schwarze Loch fallen würde. Plötzlich erklang ein Rascheln. Lenas Kopf schoss herum. “He, was habt ihr mit den Büchern vor?!“ rief sie Isa und den Zwillingen zu, die sich anscheinend zu einem Team gegen Tamaki zusammen getan hatten, denn dieser war bewegungsunfähig an einen dunkelbraunen Holzhocker gefesselt und nuschelte beleidigt was von „Eine Familie sollte zusammenhalten. Die können mir nur Leid tun“ Gerade wollten sich die drei an einem Regal mit ausrangierten Schulbüchern zu schaffen machen, als Lena dazwischen sprang „Raus damit! Was wollt ihr mit den Büchern!?“ Genauso gut hätte das Mädchen verkünden können „Ich werde sie mit Leib und Leben verteidigen! Wehe, ihr tut ihnen was an!“ Doch die Antwort auf ihre Frage kam prompt von dem Schulterzuckenden Hikaru „Im Kamin anzünden. Dann können wir Würstchen braten“ “NEIN!!!“ brüllte die kleine Brünette und riss ihm das Buch, was er schon gehalten hatte, aus der Hand. Breitbeinig mit an den Hüften gestemmten Händen positionierte sie sich vor das Regal. “Ihr dürft diese Bücher nicht zerstören! Sie sind niedergelegtes wertvolles Wissen der Menschheit aus einer uns fernen möglicherweise unbekannten Zeit!“ “Entstehungsdatum: Juli, letztes Jahr“ las Hikaru gelangweilt aus einem anderen Exemplar, das er sich genommen hatte, vor. “Okay, vielleicht ist es nicht aus einer fernen Zeit. Aber trotzdem dürft ihr das nicht machen“ blieb Lena erbittert bei ihrem Standpunkt. “Denn Bücher haben auch ein Recht auf Leben“ kommentierte Isa die Aktion ihrer Freundin nüchtern. “Dieses Buch…“ sagte die Brünette mit vor Respekt leicht bebender Stimme und hielt das Buch aufgeschlagen hoch, als wäre es der teuerste Schatz auf Erden „…ist…“ Von einer auf die andere Sekunde weiteten sich auf einmal ihre Augen schreckhaft. “AAAAAHHHHHHHHHHHHHHH!!!“ Sie schleuderte es gegen die Wand. “Ein Mathebuch“ vervollständigte Kaoru, welcher es wieder vom Boden aufhob, ihren angefangenen Satz. “Mit anderen Worten“ ließ sein Ebenbild verlauten „sind das alles Mathebücher“ “Gut, ich hab nichts gesagt!“ rief Lena panisch „Ihr dürft sie alle in den Kamin feuern!“ “Du scheinst ja richtig was gegen Zahlen zu haben“ bemerkte Haruhi Stirn runzelnd. “Ja, ich bin allergisch dagegen“ antwortete Lena „Es gibt nichts Schlimmeres auf der Welt“ Nicht einmal in einer Abstellkammer zusammen mit diesem Host Club eingesperrt zu sein, fügte das Mädchen in Gedanken zu. Wie sehr sie sich doch täuschte… Kapitel 8: Zwillingsangriff --------------------------- Kapitel 8 Zwillingsangriff Der weibliche Host erkundigte sich nun interessiert „Auf was für eine Schule seid ihr eigentlich in Deutschland gegangen?“ "Auf ne ganz normale eben“ erwiderte Lena. „Echt, ihr seid wirklich auf eine Schule des einfachen Volks gegangen?! Ihr müsst mir alles berichten! Teilt bitte eure Erfahrungen mit mir!“ rief Tamaki, der sich eben auf unerklärliche Weise von dem ihn, an den Stuhl festhaltenden Seil, befreit hatte. Lena warf ihm einen verwirrten Blick zu „Normal eben“ Anscheinend reichte diese Aussage dem Blonden nicht, denn man merkte ihm die Anspannung deutlich an. Deshalb warf Isa schnippisch ein „Oh, ja! Wenn man die krankhaften Graffitisprayer, die Möchtegern-Hiphopper, die eingebildeten Chicas, und die ständig hyperventilierenden Lehrer als normales Volk bezeichnen kann, dann ja!“ Interessiert mischte sich Kyoya ein „Ihr seid also demnach noch nie auf einer Privatschule, geschweige denn auf einer für die obersten Gesellschaftsklassen gewesen“ Lena nickte nur, fragte sich aber zugleich, worauf er denn hinauswolle. Doch noch bevor sie nachfragen konnte, fügte der Schwarzhaarige hinzu „Das lässt darauf schließen, dass ihr auch nicht über die an der Ouran im Alltag bestehenden Konkurrenzkämpfe Bescheid wisst“ Lena guckte ihn nur mit großen Augen an. Plötzlich riefen die Zwillinge „Wir wollen Willi’s Bratwürsties wiederhaben, Kyoya!“ Bereitwillig übergab der mittlerweile ohnehin daran uninteressiert scheinende Brillenträger sie ihnen. So übernahmen die Zwillinge die Aufsicht über die Würstchen, welche nun fröhlich über dem aus Mathebüchern angeheizten Feuer brutzelten. „Was für einen Konkurrenzkampf?“ wollte die Brünette wissen, während ihre schwarzhaarige Freundin schon ahnte, wovon der Brillenträger sprach. „In den meisten Fällen werden die hier unterrichteten Schüler zukünftige Firmenleiterposten übernehmen. Jetzt geschlossene Freundschaften können später zu engen Geschäftspartnerbänden werden. Schüler, die sich in ihrer Schulzeit an der Ouran über andere aufschwingen, werden später in der jeweiligen Branche sehr hoch aufragen. Denn nur die Starken behalten die Oberhand“ erläuterte Kyoya. Isa verschränkte die Arme vor der Brust und beäugte Kyoya aufmerksam „Kann es sein, dass du von Yvette redest?“ „Unter anderem“ lautete die schlichte Antwort. „Also hattest ihr auch schon Stress mit ihr?“ erkundigte sich Isa, obgleich es dem Mädchen nicht so recht gelang, sich Yvettes Zickigkeit gegenüber diesem Club vorzustellen. „Nicht wie du das vielleicht meinst“ erwiderte er „Eher auf indirektem Wege“ Haruhi nickte zustimmend. „Da hat Kyoya Recht. Am Anfang war es nicht leicht mit ihr“ „Sie hat dir so einige Steine in den Weg gelegt“ meinte der Schwarzhaarige zu dem weiblichen Host. „Wie? Kann doch nicht sein!“ sagte Lena verwundert „Letztens tat sie geradezu noch alles, um in deiner Nähe zu sein!“ „In der Tat“ sagte Kyoya „Sie erkennt Haruhi nicht mehr wieder“ „Hä? Was soll denn das heißen?“ fragten die beiden Mädchen im Chor. „Das heißt, dass das Hitachiin-Umstylungspaket ein voller Erfolg war“ rief ein Rothaariger vom Kamin herüber. Unterdessen drehte sein Ebenbild die Würstchenspieße um. Nebenbei fügte dieser hinzu „Davor sah sie aus wie der letzte Hinterbettler“ „Echt?“ fragte Isa irritiert und betrachtete das hübsche Mädchen, was aufgrund des Fehlens einer Brust, den kurz geschnittenen Haaren sowie der Jungenuniform der Ouran glatt als, wenn auch extrem süßes, männliches Wesen durchgehen konnte. „Allerdings bemerkten wir nicht erst da, dass sie ne ziemliche Ziege ist“ rief der Rothaarige „Es fiel schon vorher auf. Wir haben nur nicht gedacht, dass es so extrem sein würde. Nach unseren Maßstäben behandelst du sie immer noch viel zu gut, Haruhi“ „Alles andere wäre auch nur schlecht fürs Geschäft“ gab Kyoya sofort contra „Daher sollte Haruhi so fortfahren“ Lena starrte immer noch das um einige Zentimeter kleinere, braunhaarige Mädchen an. „Aber sag mal, warum bist du denn nun im Host Club?“ Die brünette Hostess schien einen Moment über ihre Antwort nachzudenken, entschied sich dann aber frei heraus zu sagen „Ich habe aus Versehen eine Vase im Wert von acht Millionen Yen kaputtgemacht und muss meine Schulden nun im Club als Host abarbeiten“ „Mensch, schämt ihr euch denn nicht, eine unschuldige Schülerin zu erpressen und diese perversen Dinge zu verlangen?!“ empörten sich Lena und Isa gleichzeitig. Sogleich mischte sich Tamaki ein „Ihr müsst wissen, Haruhi ist eine bitterarme Stipendiatin und nur wegen ihres enormen Grips hier. Oh, meine bemitleidenswerte Tochter“ schluchzte er und zog die sich windende Haruhi in eine Umarmung. „Tamaki, ich verzichte auf die Almosen“ brachte sie schließlich hervor. Daraufhin steigerte sich der so genannte King nur noch mehr in sein Schluchzkonzert hinein. Isa rümpfte die Nase. „Irgendwie stinkst hier“ Sie blickte sich um und stockte. „Idioten“ beschimpfte sie die Zwillinge, welche kurz davor standen, die Würstchen verbrennen zu lassen, weil sie zu beschäftigt damit gewesen waren, sich in den Augen des jeweils anderen zu verlieren. „RETTET DIE WÜRSTCHEN!!!“ Mit einer Geschwindigkeit von mindestens 160 Km/h flitzte die Schwarzhaarige zum Kamin, um die Rettungsaktion von „Willi’s Bratwürsties“ zu starten. Diese gelang Isa zu allgemeiner Freude erfolgreich, da Kyoya im Gegensatz zu den Zwillingen keine Luftsprünge vollführte und Tamaki noch immer so viel mit seinem Heulkrampf beschäftigt war, dass er nicht bemerkte, was sich um ihn herum abspielte. Die Würstchen wurden an alle verteilt, die der eine mit sichtlich erleichterter Miene oder mit gewohnter Kühlheit entgegennahm. „Guten Appetit, Leutz“ mampfte Isa sofort als erstes los. Nachdem sie sich gesetzt hatten, begannen sich die Zwillinge gegenseitig zu füttern. Hikaru hielt seinem Bruder eine halbe Wurst hin. „Hier, Kaoru. Du kannst ruhig mehr abbeißen. Ich muss doch aufpassen, dass du groß und stark wirst“ Lena blickte zu Isa, welche, wie im siebten Himmel schwelgend, an ihrer Wurst mümmelte. Beruhigt darüber, dass ihre Freundin von deren Aussetztrip runter war, seufzte das brünette Mädchen auf. Unterdessen hatte Haruhi ihre schon aufgegessen und fragte nach Nachschub, erhielt von den Zwillingen aber schnell die Antwort, dass es keine mehr gäbe. Tamaki, der mittlerweile wieder zu sich gefunden hatte, ließ es sich nicht nehmen, Haruhi seine eigene anzubieten Die Hostess verdrehte die Augen, bevor sie genervt meinte „Ich nehme immer noch keine Almosen“ „Aber, Haruhi“ versuchte es Tamaki weiter „Dein Vater will doch nur das Beste für dich“ „Darauf kann ich gut verzichten“ kam die unterkühlte Rückmeldung, welche den exzentrischen Blonden aus all seinen er sich hegenden Träumen auf den Boden riss und zwar direkt in die allbekannte Schmollecke. „Hikaru, hör auf! Ich bin satt“ beschwerte sich der eine Zwilling. „Sicher? Aber ich bin noch nicht von dir satt, weil ich nie genug von dir bekommen kann“ entgegnete der andere. Ungerührt verfolgten Lena, Isa sowie der restliche Host Club das Schwuchtelschauspiel. „Also das ist wirklich mal abstoßend“ flüsterte Isa Lena auf Deutsch zu. Diese schimpfte leise in derselben Sprache zurück „Isa, hab ich dir nicht beigebracht, tolerant gegenüber allen Abnormalitäten zu sein! Du musst einfach an Shonen-Ai denken. Dann kannst du es verstehen. Na ja, aber ich geb’ zu, in Mangas sieht das immer viel süßer aus als in der Wirklichkeit“ Plötzlich hörten die zwei Rotschöpfe auf, sich liebäugelnd gegenseitig zu füttern. Ein merkwürdiger Ausdruck lag in ihren Augen, als sie zu Lena und Isa herüber sahen. Die Schwarzhaarige meinte zu hören, wie der eine dem anderen zuflüsterte „Auf diese Art kommen wir bei denen nicht weit“ Gleichzeitig erhoben sich die beiden Rothaarigen, gingen auf die Mädchen zu und ließen sich rechts und links neben sie nieder. Die Zangentaktik, schoss es Isa durch den Kopf. Sie neigten sich von beiden Seiten nahe an Isa und Lena heran. „Was wollt ihr beiden Hübschen den nun machen?“ säuselten sie synchron. „Jedenfalls nichts mit euch“ parierte Isa, ohne viel nachzudenken, die Frage gekonnt, während Lenas Gehirn auf Hochtouren arbeitete, weil sie einfach nicht schlau aus den beiden Jungen wurde. Gerade hatten sie doch noch heftig miteinander rumgemacht und nun baggerten die zwei einfach Isa und sie an. Konnte es möglicherweise sein, dass die Japaner wirklich mehr als nur perfekte Schauspieler waren? Anders konnte es sich das Mädchen nicht erklären. „Und was ist mit dir?“ wurde sie auf einmal von dem neben ihr sitzenden Zwilling aus den Gedanken geworfen. Lena zuckte zusammen „Wie? Was ist los?“ Isa machte ein ungeduldiges Gesicht. „Los Mädel gib ihm das, was er verdient“ „Ach so, jetzt versteh ich“ lächelte Lena zuckersüß, da sie sich nun unmittelbar auf der Überholspur sah. „Ihr wollt, das wir eure Kundinnen werden. Na, hab ich Recht?“ Die beiden Jungen sowie auch die anderen Mitglieder das Clubs schienen überrascht zu sein, da sie dem schon auf den ersten Blick so verpeilt wirkenden Mädchen diesen Scharfsinn nicht zugetraut hätten. „Nein, tut mir Leid“ entgegnete Lena „Bedauernswerterweise ist kein Interesse vorhanden“ Zeitgleich standen die Zwillinge auf. „Game over“ verkündeten sie, schienen aber nicht allzu sehr enttäuscht darüber zu sein. Es war viel eher so, als hätten die beiden irgendein Computerspiel verloren, anstatt einen reellen Korb einkassiert zu haben. Der eine Rotschopf blickte zwischen den anderen Host umher. “Auf uns stehen sie jedenfalls schon mal nicht. Runde frei für einen von euch. Haruhi, du zählst natürlich auch dazu. Wer weiß, vielleicht sind hier ja lesbische Neigungen versteckt“ „Hey, halt gefälligst den Rand. Wer hat überhaupt behauptet, dass wir was von einem von euch wollen!?“ Lena, welche einen erneuten Austicker Isas vorahnte, legte ihr schnell eine Hand auf den Arm. Obwohl die Brünette die Anmache der Zwillinge ebenfalls als nicht sonderlich witzig empfunden hatte, wisperte sie ihrer Freundin auf Deutsch zu „Ach, lass ihnen doch ihren Spaß“ „Unter Spaß versteh ich aber etwas anderes!“ moserte die Größere lauthals in ihrer Muttersprache zurück, ließ sich dann aber mit unterdrückter Wut auf den Boden gleiten, wo sie sich still verhaltend sitzen blieb. ------------------------------------------------------------------------- Lena: Aber echt mal. So kann das nicht weitergehen. Du musste deine Abneigung gegen Shonen-Ai ja nicht gleich so raushängen lassen. Isa: Nur weil du regelrecht süchtig nach der Genre bist, muss ich das ja nicht sein. *Augen verdreh* Lena: Trotzdem solltest du das nicht so raushängen lassen. Shonen-Ai ist nämlich voll SÜÜÜÜÜßßßß!!! *kreisch* Isa: *noch genervter reinblick* da haben wir ja wieder die Mangasüchtige.... Lena: *Isa ignorier* Falls ihr euch wegen dieser Aussage Shonen-Ai betreffend persönlich verletzt fühlt, überseht das bitte. Sie hat eben noch nicht das unendliche Paradies der Boylove entdeckt. Also nehmt ihr ihre Ungebildetheit nicht übel. Isa: Hey! Lena *sich schnell verdrück* Kapitel 9: Die Geschichte vom schmollenden Prinzen und dem Mädchen mit der ruppigen Zunge ----------------------------------------------------------------------------------------- Kapitel 9 Die Geschichte vom schmollenden Prinzen und dem Mädchen mit der ruppigen Zunge In der Zwischenzeit hatte sich Tamaki wieder erholt. Ihm schien Isas offene Beigeisterungslosigkeit oder vollständige Abneigung gegenüber des Clubs sehr zu stören. Deshalb begann er ohne große Umschweife auf sie einzureden „Was findest du denn nur so verwerflich an unserem Club? Schau mal, wir tragen mithilfe des Host Clubs zur Freude von vielen Mädchen bei. Nach dem schweren, anstrengenden und niederdrückenden Alltag kommen die armen Kätzchen zu uns, wo sie die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erhalten. Der Host Club dient also dem allgemeinen Zweck und Interesse“ So fuhr der Blonde fort, dem Mädchen fünf Minuten lang die deutlich überhand nehmenden Vorzüge des Clubs zu erläutern, während sie ihre Augen zur Erde niedergeschlagen hatte und sich Lena, welche aufmerksam Tamakis Rede verfolgte, ernsthaft überlegte, ob man den Host Club nicht nach seiner Aussage mit einer Kindertagesstätte vergleichen könnte. Der blonde Host meinte Isas stilles Verhalten deuten zu können, was wohl erklärte, warum er danach zu der Schwarzhaarigen sagte „Aber meine Liebe, du brauchst dich nicht zu zieren, nur weil du auf dem Holzweg warst. Wir werden dich mit Freuden auf den rechten Pfad führen - mitten ins Paradies“ Als er ihr eine Hand auf die Schulter legte, um diese aufmunternd zu tätscheln, zuckte Isa ruckartig zusammen, blickte auf, direkt in Tamakis Gesicht, und zog sich schlussendlich die Stöpsel ihres I-pods aus den Ohren. “Äh, hast du was gesagt?“ fragte sie im mürrischen Ton, der von ihrer jetzt schon ohnehin schlechten Laune kündete. Diese Reaktion katapultierte den blonden Host geradewegs zurück in die Ecke. Mit seinem Blick taxierte er schmollend die Wand. Die Zwillinge grinsten sich viel sagend an. “So, aber dieses ganze Würstchentheater hat uns bis jetzt auch nicht weiter gebracht“ sprach Lena das im Raum stehende aus. “Da siehst du mal, Kyoya, was deine ach so tollen Ärzte angerichtet haben“ schluchzte Tamaki aus der Ecke hervor „Sie haben uns nicht nur in diese verzweifelte vollkommen aussichtslose Lage gebracht, nein sie standen auch noch kurz davor, meiner überaus liebenswerten Tochter das Leben zu zerstören“ “Wo sind Ärzte?!“ quietschte Lena. Gehetzt sah die Brünette sich um. “Ach so“ meinte Haruhi freundlich „Könnt ihr ja nicht wissen. Alle Ärzte einschließlich jeder Krankenschwester stammen aus den Kliniken von Kyoyas Familie“ Unentwegt fiepend wich Lena einige Meter von Kyoya weg, bis sie mit schreckgeweiteten Augen an der gegenüberliegenden Wand zusammensackte. “Äh, hab ich was falsch gemacht?“ fragte Haruhi nun unsicher geworden. “Und wie“ kam die trockene Erwiderung von Isa „Sie leidet unter einer äußerst ernstzunehmenden Krankenhausphobie. Seit jemand bei ihr in punkto Gesundheit rumgepfuscht hat, kann sie keine Minute mit einem Arzt im gleichen Raum verbringen“ “Siehst du, Kyoya“ rief Tamaki zwischen markerschütternden Schluchzern, ohne den Kopf von der grauen Tapete abzuwenden „Sie stellen nicht nur eine drohende Gefahr für Haruhi da und sind die Ursache unserer misslichen Situation. Nein! Sie verbreiten zudem, als wäre das noch nicht genug, schreckliche Panikzustände!!!“ Ein Zwilling warf ein „Ein Glück, dass sie nicht weiß, dass dein Vater dich als seinen favorisierten Nachfolger vorsieht, der mal das ganze Teil übernehmen wird“ er stockte „Oppps…“ Das war dann doch zu viel für Lena. Wie ein aufgeschrecktes Kaninchen flüchtete sie zu Tamaki in die Ecke, wo beide traumatisiert gegen die Tapete glubschten. Bei diesem Anblick konnten sich die zwei Rotschöpfe vor Lachen nicht mehr halten. Während der eine wieder erfolglos versuchte, sich zu beruhigen, kicherte er „Sorry, Kyoya, aber das ist das erste Mal, dass du an dieser Schule ein Mädchen, ausgenommen Renge, vergrault hast“ “Mmmhh“ machte Isa „Er sollte sich daraus nichts machen. Es war ziemlich nahe liegend, dass Lena so darauf reagieren würde. Da er ohnehin ziemlich wenig Gefühle zeigt, geschweige denn auch nur einmal nett gelächelt hat, weiß sie nicht, was sie von ihm halten soll“ Und ich auch nicht, fügte sie in Gedanken hinzu. “Zwar ist Lena naiv und lässt sich normalerweise davon nicht abschrecken, doch die dazukommende, für sie übertrieben dramatische Offenbarung, dass diese Horrorärzte aus den Krankenhäusern seiner Familie stammen, hat wohl das Fass zum Überlaufen gebracht. Mit anderen Worten ist er in ihren Augen der Satan persönlich oder jedenfalls so etwas…“ schlussfolgerte die Schwarzhaarige ohne den kleinsten Funken Mitgefühl. “Da könntest du allerdings Recht haben“ stimmten ihr die Zwillinge synchron zu „Kyoya hat wirklich ein zweites böses Gesicht“ Wenn jemand geglaubt hatte, dieses über seinen Kopf hinweg geführte Gespräch würde den Schwarzhaarigen erzürnen, dann hatte sich dieser jemand gewaltig geschnitten. Kyoya stand wie eh und je emotionslos da. Nicht einmal seine Augen verrieten, was er wirklich dachte, und das machte ihn für Isa sogar noch eine Spur unheimlicher, was sie im Stillen zugeben musste. Als er dann bemerkte „Es ist nicht besonders höflich eine anwesende Person wie Luft zu behandeln“ lief Isa ein kalter Schauer über den Rücken. Zwar hatte sich das Mädchen gegen vieles gewappnet, aber gegen das nicht. Wie konnte ein Mensch nur in solch einer Situation so ruhig bleiben?, fragte sie sich. Nicht einmal die Behauptung des „Zweiten Gesichts“ hatte er zurückgewiesen oder gar angezweifelt. Stillschweigend gab sie den beiden Rotschöpfen Recht. Hinter dieser Bille verbirgt sich wirklich jemand wahrhaft Unheimliches. Plötzlich bildete sich eine Falte auf der Stirn des Schwarzhaarigen. Oh, also hat ihn das gerade doch etwas verärgert, wollte Isa triumphierend feststellen, als er jedoch etwas tat, was nicht so recht ins Schema passen wollte. Kyoya drehte sich um, trat zu einer hinter ihm liegenden Wand und begann dort mit nachdenklichem Blick an einem in der Tapete verankerten, breiten, bis zum Boden gehenden Vorhang zu zerren. Mit einem Ruck fiel der graue Stoff zu Boden und brachte so eine solide aus dunklem Eichenholz gezimmerte Tür zum Vorschein. “Genau, wie ich von Anfang an angenommen habe“ hörte sie den Schwarzhaarigen murmeln, der nun die Klinke hinunterdrückte. Leise knarrend schwang die Tür zur Seite und gab die Sicht auf ein weitaus kleineres Hinterzimmer frei. Kyoya betrat den Raum. Ohne sich noch einmal umzudrehen, sagte er „Mir soll es ja egal sein, wenn ihr vorhabt Wurzeln zu schlagen, aber es macht ganz den Anschein, als befände sich hier ein Weg nach draußen“ Dies ließ Isa, Haruhi sowie die Zwillinge aufhorchen. Sofort setzten die Rotschöpfe, gefolgt von der brünetten Hostess, dem Brillenträger hinterher. Zuerst wollte die Schwarzhaarige ihnen nachfolgen. Doch dann hielt sie inne und drehte sich noch einmal zu Lena und Tamaki um. “Hey, kommt endlich aus eurer verdammten EMO-Ecke raus!!!“ “Muss ausgerechnet der Grufti sagen“ drang der Kommentar eines Zwillings aus dem anliegenden Raum zu ihnen herüber. “Verdammt, ich bin kein Grufti! Nur weil ich schwarz mag, heißt das noch lange nicht, dass ich auf sadistischen Kult, göttliche Opfer oder okkulte Sekten abfahr!“ schrie sie zurück. Danach wandte sich die Schwarzhaarige in deutlich sanfterem Ton an Lena. Beruhigend sprach sie auf das immer noch leise quiekende Mädchen ein. “Ganz ruhig. Der Brillenteufel tut dir nichts. Und wenn doch, dann bin ich erfreut, ihm als erstes einen saftigen Tritt in seinen Allerwertesten zu verpassen“ Mein Gott, du bist doch nicht der Pudel meiner Oma, der sich winselnd vor der Nachbarkatze verkriecht, dachte sie dabei. Noch tranceartig nickend, klärten sich so langsam die hellblauen Augen ihrer Freundin, bevor sie Isas ausgestreckte Hand erfasste, um sich mit deren Hilfe aufzurichten. “Und nun zu dir“ begann das schwarzhaarige Mädchen. Innerlich entfuhr ihr ein Seufzen, als sie den Blonden so zusammengekrümmt mit dem Rücken zum restlichen Zimmer sitzen sah. Einmal atmete Isa tief durch, denn für das, was jetzt kam, brauchte sie alle Kraft, die sie aufbringen konnte. Sie schloss die Augen und öffnete diese dann wieder. Dann holte das Mädchen noch einmal Luft und fuhr fort „Ich weiß zwar nicht, was mit dir los ist, geschweige denn, was du vorhin zu mir gesagt hast. Aber dein Benehmen ist voll kindisch! Gut ich gebe zu, wir hatten einen schlechten Start… Sorry“ Das letzte Wort war gerade mal ein Flüstern. Einen Moment nahm Lena mit offenem Mund an, es käme gar nichts mehr, doch dann fügte Isa noch schnell hinzu „Aber trotzdem ist es völlig übertrieben, sofort einen auf beleidigt zu machen“ Sich merklich unwohl in ihrer Haut fühlend, verschränkte Isa die Arme vor der Brust. Sie wartete, dabei merkte die Schwarzhaarige nicht, wie sie sich vor lauter Anspannung auf die Unterlippe biss, was Lena jedoch nicht entging. Genau jetzt bereute es Isa. Was wollte dieser Tamaki eigentlich? Ihr ging es so ziemlich gegen den Strich, sich zu entschuldigen und dann auch noch für etwas, wovon sie nicht mal wusste, was sie verbrochen hatte. Diese ihrer Natur nicht entsprechende Seite zeigte sie ausschließlich ein Hand voll Personen, die ihr nahe standen. Von da her war eine mit Kritik gespickte Entschuldigung das Beste, was man von Isa in solch einer Situation bekommen konnte. Überwindungskraft hatte es sie alle Mal gefordert. Deshalb ärgerte sich das Mädchen jede Sekunde mehr, dass sich trotz ihrer Bereitschaft nicht das Geringste bei den Blonden tat. Plötzlich musste Lena, die dem ganzen beiwohnte, lachen. Auch wenn es sich in ihrer derzeitigen Lage sehr hoch und schief anhörte. Dann sagte sie mit leicht zitternder Stimme zu Tamaki „Das ist, glaub ich, das sechste Mal, dass sich Isa in ihrem Leben für etwas entschuldigt hat. Herzlichen Glückwunsch! Meine größte Ehrerbittung!“ Mit einem Satz, welcher die eh schon unter Hochspannung stehende Brünette, schreckhaft zusammenzucken ließ, sprang der blonde Host auf die Beine. Wie ein Star, auf dem das glitzernde Rampenlicht der Bühne gerichtete war, streckte er die Arme einladend aus und rief freudig, als wäre nie was gewesen „Ach wenn das so ist“ Er wandte sich an Isa. Seine Lippen hatten sich zu einem schmunzelnden Lächeln verzogen. “Hätt’ ich mir doch denken können, dass unter der harten Schale ein weicher Kern steckt“ Er schob eine Hand unter Isas Kinn und schaute ihr eindringlich in die Augen. Dann sprach Tamaki weiter „Selbstverständlich werde ich mit größter Freude deine Entschuldigung annehmen“ Die Blicke der beiden verfingen sich ineinander. Sturmgrau traf auf azurblau. So standen sie eine Weile bewegungslos da, bis Isa die Stille brach, indem sie motzte „Lass gefälligst mein Gesicht los, Blondi, sonst wird man deins gleich nicht mehr wieder erkennen können!“ Glucksend mit an der Stirn abgestützten Fingern kam Tamaki ihrer Drohaufforderung nach, lächelte jedoch nachsichtig „Das nützt dir jetzt auch nichts mehr, meine Liebe. Denn ich weiß nun mit Gewissheit, wie es hinter der Maske aussieht, die du so mühevoll Tag um Tag versuchst aufrecht zu erhalten“ Isa machte ein Gesicht, als hätte sie drei Tage alten Spinat vor sich stehen, bevor sie kreischte „VOLLTROTTEL!!!“ Ihre Hand hatte sich zur Faust geballt „ICH HÄTTE DICH DOCH BESSER IN DER ECKE VERGAMMELN LASSEN SOLLEN!!!“ “Na, na. So leicht kannst du dich nicht mehr aus der Affäre rausziehen“ Während er dies sagte, ließ er den Zeigefinger vor Isas Gesicht von rechts nach links wandern. “WENN DU SO WEITER MACHST, POLIER ICH DIR DIE FRESSE!!!“ schrie Isa fuchsteufelswild. Unbeirrt von der Drohung fuhr Tamaki fort „Du trägst dein warmes Herz nicht auf deiner ruppigen Zunge. Nur dahinter muss erst mal jemand kommen“ Oh, oh, dachte Lena, damit hatte er genau ins Schwarze getroffen und dies würde ihn jetzt auch etwas kosten. Das war nämlich wohl Isas größter Schwachpunk. Einen Moment meinte Lena, etwas in den Augen der Schwarzhaarigen glitzern zu sehnen. Eine Sekunde später fragte sich die Brünette jedoch, ob sie es sich nur einbebildet hatte. Denn schon schnellte Isas Faust auf Tamaki zu. Mit Leichtigkeit fing er sie auf Brusthöhe ab. Zwar ließ er Isas Hand nicht los (zu dem ihm Lena auch vollends abgeraten hätte), aber anstatt sich die Schwarzhaarige weiterhin vom Leib zu halten, zog er sie ein Stück näher zu sich heran. Ruckartig versuchte Isa, ihre Hand aus seinem Griff zu befreien, was ihr leider nur zu einer halben Drehung verhalf, aber zu keiner freien Hand. Wutentbrannt musste Isa feststellen, dass sie aufgrund des nicht harten, aber festen Griffs des Hosts keine Möglichkeit zum Umdrehen besaß. Nun stand sie mit dem Rücken zu ihm, ohne großartig eine Chance zum Umdrehen zu haben. “Und in Wahrheit willst du auch gar nicht, dass jemand dahinter kommt“ flüsterte er leise von hinten. “Lass mich los“ zischte Isa gefährlich ruhig und wandte sich hin und her, bis es Tamaki nicht mehr gelang, sie festzuhalten. Wieder frei drehte sich die Schwarzhaarige zum Blonden um. Ihre Augen kniffen sich zusammen. Trotzdem sagte sie nichts. Hocherhobenen Hauptes stampfte sie dann, Lena hinter sich her schleifend, ins Nebenzimmer, wo sich schon Hikaru, Kaoru, Haruhi sowie Kyoya eingefunden hatten. ------------------------------------------------------------------------------ Falls sich die zahlreichen Kyoyafans bei dem Kapi vor die Augen geschlagen haben, kann ich nur sagen, ich hasse Kyoya nicht, aber da jeder in dieser FF mal sein Fett wegbekommt, wäre es mies, wenn er einfach übergangen werden würde. Denn um ignoriert zu werden, ist er einfach ein viel zu interessanter Chara. Also hat er es auch nicht verdient nicht wahrgenommen zu werden. So das war’s dann mit dem Kapi wir sehen uns dann in ein paar Wochen beim nächsten „Ausbruch mit Folgen“ wieder. Aber jetzt hätte ich mal drei Frage an euch, die mich sehr interessieren würde. 1. Welchen Host würdet ihr am liebsten daten? 2. Mit welchem wärt ihr am liebsten befreundet? 3. Welchen hättet ihr am liebsten als Bruder? Wär voll lieb von euch, wenn ihr mir ne Antwort geben würdet. Bin schon voll gespannt auf die Ergebnisse der Umfrage. Bis dann so und das sind meine fovoriten^ 1. Mori *herrlich *säufzt* die ruhe in person, so was würd ich brauchen^^ und immer so höflich und hilfsbereit *taumhaft* und schlecht sieht er auch nicht grade aus *sabber läuft aus mund*^_____^ 2. Tamaki *mit ihm würd wahrscheinlich nie langweilig werden ^^in gewisser hinsicht sind seine ideen manchmal sogar fast so verrückt wie meine 3. Honey ersteinmal wegen den süßheitsfaktor aber, dass er wie eine maschiene kuchen frisst und ohne sein Häschchen wahrscheinlich keine woche überleben würd, ist ja noch nicht alles an ihm. Wenn man es ihm auch nicht ansieht, der Kleine durchschaut den Charakter und das Verhalten von Leute perfekt ^^sogar noch schneller als Kyoya^^ Als brüder könnte er einem imma mit einen guten rat zur seite stehen Kapitel 10: Ausbruchskomplikationen ----------------------------------- Kapitel 10 Ausbruchskomplikationen Mit Mühe und Not schaffte sie es, ihre Freundin zu den anderen ins Hinterzimmer zu manövrieren. Lena versteckte sich zitternd hinter Isa, während diese Kyoya einen skeptischen Blick zuwarf und ihn dann fragte „Woher wusstest du von diesem Raum?“ „Ich habe schon, bevor ihr zu uns in die Abstellkammer geplatzt seid, einen kalten Luftzug wahrgenommen, der anscheinend von hier hergekommen ist“ Er deutete nach rechts zu einen mannshohem, auf Kipp stehenden Fenster, durch dessen offener Spalt sich die kühle Luft der Abenddämmerung einen Weg ins Innere des Gebäudes bahnte. „Demnach war es nicht schwer zu erraten, dass sich hier ein Durchgang nach draußen befinden muss“ sagte der Brillenträger distanziert. „Also hättest du uns schon die ganze Zeit den Raum zeigen können“ erklang es dumpf von Haruhi, welche sich eindeutig über das ganze, von Anfang an nicht notwendige Theater ärgerte. Isa merkte, wie sich die Wut in ihrem Bauch ansammelte, langsam drohte, zu ihrem Kopf hoch zu schäumen, um dort Gefahr zu laufen, jeden ihrer Gedanken auszuschalten. Schließlich verspürte sie schon das Bedürfnis, das, was sie bei Tamaki angefangen hatte, bei Kyoya zu Ende zu bringen, als eben dieser blonde Host hinzukam und die Frage, welche Isa auf der Zunge lag, verwundert an den Brillen tragenden Host richtete „Aber Kyoya, warum hast du uns nicht sofort etwas von dem Zimmer gesagt?“ Berechnend schob der Schwarzhaarige seine Brille ein Stück höher. „Nun, ich denke, die Gelegenheit, neue Schüler unter die Lupe zu nehmen, um ihre Charaktere besser einschätzen zu können, sollte man sich nicht so einfach entgehen lassen“ Düster murmelte Haruhi im Hintergrund „Besonders, wenn es dazu dient, eine Akte mit Informationen von zukünftigen eventuellen Geschäftspartnern zu füllen sowie Hinweise zu ihrer Kundenbereitschaft zu erhalten“ Deutlich spürte Isa, wie Lena bei den Worten der brünetten Hostess unbewusst die Fingernägel in ihren Oberarm bohrte. Doch das nahm das schwarzhaarige Mädchen nur kurz wahr, denn der Drang, dem Brillenteufel eine zu klatschen, hatte bei ihr ein unglaublich hohes Limit erreicht. Das Mädchen wusste nicht, wie lange sie ihn noch unterdrücken konnte. Nur wegen ihm hatte sie diesen ganzen Stuss erleiden müssen. Nur damit er einige Daten für seine behämmerte Akte recherchieren konnte, war Lena zu einem bibbernden Stückchen Elend mutiert, das gerade dabei war, ihr oberes linkes Gliedmaß zu zerstümmeln. Kein Wunder, dass sich das Mädchen in diesem Moment ausmalte, wie sie den Schwarzhaarigen auf einen Metallwürstchenspieß der Zwillinge aufgabelte und über den Kamin röstete. Bei diesem Gedanken durchfloss sie befriedigende Genugtuung, die sie ihren Ärger schon fast vergessen ließ. So zwang sich Isa, zwischen den Zähnen hervorzuknirschen „Dann wäre unser Problem ja jetzt gelöst“ Sie drehte sich mit dem zitternden Nervenbündel namens Lena zum Fenster. „I-Isa, ich glaub es wär’ keine gute Idee, durchs Fenster auszubrechen“ bemerkte die Brünette schwach „Wir befinden uns im zweiten Stock. Darunter sind es mindestens sieben Meter“ Nachdenklich betrachtete ein Zwilling den dunkelblauen bis kurz vor dem Boden endenden Stoff der beiden Vorhänge. „Hmmm, wir könnten an den Gardinen runterklettern“ meinte er schließlich „Aber ganz bis nach unten werden die wohl nicht reichen“ „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“ sagte sein Zwillingsbruder „Erst einmal ausprobieren, dann können wir schauen, wie lang es ist“ Zusammen schafften es die Zwillinge, den Vorhang mit einem unangenehm ratschenden Geräusch durchzureißen. Im Nu war der eine Gardinenstoff mit dem immer noch unbeschadet vor dem Fenster hängenden anderen Vorhang verknotet. Haruhis Rechnung belief sich darauf, dass das Gardinentuch jetzt ungefähr 4 Meter maß. „Da hilft nur eins“ verkündete Tamaki tatkräftig seinen Plan „Wir müssen das, was wir am eigenen Leib tragen, als Hilfsmittel verwenden“ Vor versammelter Mannschaft schlüpfte er aus den Ärmeln des „Ouran-Jacketts“, befreite sich dann ganz von diesem Kleiderstück und zog sich schlussendlich ebenfalls das weiße Hemd aus. Nun befestigte er mit nacktem Oberkörper die beiden Kleiderstücke an der Gardine. Hikaru und Kaoru sahen sich einen Moment lang an, zuckten dann die Schultern und taten es dem Blonden nach. Sogar Kyoya entledigte sich seines Jackett sowie seines Hemdes. Isa hätte nicht damit gerechnet, dass er dies machen würde, auch wenn es dem Beispiel der anderen nachkam. Bekanntlich handeln Menschen nun mal in Extremsituationen, anders als von ihnen erwartet wird. So wahrscheinlich auch in diesem Fall. Dennoch überraschte sie Kyoyas Verhalten. „Die verlangen jetzt aber nicht von uns, dass auch wir uns ausziehen“ flüsterte Lena panisch Isa zu. Deutliches Unbehagen zeichnete sich in ihren Gesichtszügen wider. Schützend umschlang die Brünette ihren Oberkörper mit den Armen, als würde sie jeden Moment damit rechnen, dass man ihr die Kleider vom Körper reiße. Tamaki, der vermutlich ihre Sorge gehört hatte, versicherte sofort mit fuchtelnden Händen, wie unbegründet diese sei „Wir könnten niemals zulassen, dass so reizende Damen ihre lieblichen Hüllen verlieren würden und ihre noch weitaus lieblicheren Körper entblößen!“ Ach so, jetzt sind wir also wieder Damen, stellte Isa verächtlich fest. Mensch, merkt der Typ denn überhaupt noch was?! Einer der Rotschöpfe öffnete das Fenster und schmiss das aus Gardinenstoff sowie Ouranklamotten bestehende Seil hinaus. Einmal prallte es leicht an der Außenwand des Gebäudes ab, hing dann aber still herunter. „Gut, das reicht. Den letzten Meter kann man springen“ meinte Tamaki „So jetzt müssen wir nur noch runter. Ich würde sagen, Ladys first!“ „Nein, garantiert nicht! Ich will nicht!“ kreischte Lena. Mit kreidebleichem Gesicht blickte sie zum Fenster. Im Stillen bemitleidete Isa ihre Freundin. Das muss echt kein leichter Tag für sie sein. Erst die Gesundheitsinspektion, dann die Sache mit Kyoya und nun machte sich auch noch die Höhenangst ihrer Freundin bemerkbar. Absehbar, wenn dieser Tag auf Lenas persönlicher „Top- Ten-List of the worst days of my life“ landet. (Zweifellos war ihm ein Platz auf einem der ersten drei Ränge sicher.) „Dazu zwingen wir auch niemanden“ erwiderte der King geduldig „Ich will den Damen nur den ihnen gebührenden Umgang entgegen bringen“, woraufhin Isa genervt die Augen verdrehte und beleidigt den Kopf abwandte. Doch da wurschtelten sich schon die Zwillinge mitsamt Haruhi am blonden Host vorbei zum Fenster. Sie riefen „Wir hauen dann mal ab! Wir wollen nämlich nicht bis Weihnachten hier hocken!“ Eine Sekunde später hatten die beiden den weiblichen Host in die Mitte genommen und hangelten sich mit ihr am Seil hinunter. „HARUHI! KOMM ZURÜCK ZU DEINEM VATER!“ brüllte Tamaki panisch. Sofort sprang er ihnen hinterher, weil er den Verlust seiner wertvollen Tochter nicht zulassen, geschweige denn, verkraftet hätte. Wortlos folgte ihm Kyoya. „So jetzt komm mal in die Puschen“, trieb Isa ihre Freundin an. „Warum muss ich denn als erstes?!“ quietschte die Brünette. Isa fixierte sie mit einem wissenden Blick, bevor sie eindringlich sagte „Weil ich weiß, dass, wenn ich als erstes gehe, du allein dich dem Seil nicht mal auf drei Meter Entfernung nähern würdest“ Mit Isa im Rücken hatte Lena nicht großartig eine Chance, der Klettertour zu entkommen. Anders ausgedrückt: Jeglicher Widerstand war zwecklos. Aufgrund dessen fasste sie sich schließlich ein Herz, ergriff das Seil, wobei ihre Hände leicht bebten. Dann schwang sie sich unsicher hinaus. Bedacht, nicht auf den Schwindel erregend tief unter ihr liegenden Boden zu sehen, begann das Mädchen, langsam mit Hilfe von Händen und Füßen am Seil hinunter zu kriechen. Dabei musste sie ihr restliches Gewicht auf ihre Füße ablegen. Das Seil schwang bedenklich, als sich Isa ebenfalls auf den Weg machte. Lena versuchte sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Ihre Füße tasteten sich ein weiteres Stück nach unten, so dass sie mit den Händen nachfassen musste, deren Teller mittlerweile durch rote Schrammen verkündeten, dass die Haut an manchen Stellen aufgeschürft war. Durch das zusätzliche Gewicht von Isa wackelte das Seil und schwang auf einmal heftig nach links aus. Krampfhaft hielt sich Lena fest, rutschte jedoch plötzlich mit dem einen Bein ab, was zur Folge hatte, dass das andere ins Leere trat, da sich kein entgegen drückender Halt mehr auf der anderen Seite des Seiles befand. Weil ihr die Hauptstütze des Gewichtverlagerns abhanden gekommen war, konnten sich die eh schon überstrapazierten Hände nicht mehr festhalten. Ein gellender Schrei entfuhr ihrem Mund, als sie den Halt verlor und in die Tiefe hinabstürzte. „LENA!!!“ schrie Isa und glitt gleich einen Meter am Seil hinab, schaffte es aber zum Glück noch, sich rechtzeitig abzufangen. Sie blickte nach unten. Das was sie auf dem Boden sah, ließ sie aufkeuchen. Denn dort saß halb aufgerichtet Lena. Das brünette Mädchen hielt die Augen fest zugekniffen. Irgendwie ist die Erde gar nicht so hart, wie ich sie mir vorgestellt habe, dachte die Brünette, nein, ganz im Gegenteil. Vorsichtig öffnete sie die Lider einen Spalt weit, riss sie dann jedoch vollständig auf, als eine gereizte Stimme unter ihr erklang. „Würdest du bitte von mir runter gehen“ Ihr Blick schoss nach unten. Danach musste man mit jedem im Umkreis von 2 km Mitleid haben, der nicht die Möglichkeit besaß, sich die Ohren zuzuhalten und so nicht drum herum kam, sich von dem Schrei das Trommelfell durchlöchern zu lassen. Mit versteinerter Miene starrte die Brünette in das Gesicht des unter ihr liegenden Brillenträgers. Man hätte meinen können, dass sie einen messerscharfe Zähne bleckenden Wolf vor sich hätte. Einige Sekunden nahm Isa an, Lena hätte verlernt sich zu bewegen. Doch auf einmal sprang sie blitzartig auf sowie mehrere Meter zurück, als hätte ihr eine Hummel einen Stich verpasst. Einen Moment später setzte Isa neben ihr auf den Boden auf. Die Schwarzhaarige bedachte Kyoya mit einem prüfenden Blick, bevor sie murmelte „Na ja, jedenfalls hast du sie vor Knochenbrüchen bewart…“ Dann drehte sie den Kopf zu ihrer Freundin, welche sich mit um den Körper geschlungenen Armen vor- und zurückwiegte. Dabei entrann ein leises aber dennoch vernehmbares Wimmern ihren bebenden Lippen „Böse Ärzte, böse Ärzte müssen weg…“ Kyoya richtete sich nun auf und klopfte den Staub von seiner Uniformhose. Danach ging er zum ersten Mal auf das ihn noch nie zuvor unter die Nase gekommene Problem ein. „Kann man etwas gegen ihr Trauma machen? Du als ihre Freundin müsstest das ja wohl am besten einschätzen können“ erkundigte er sich bei Isa. Diese schüttelte jedoch nur ratlos den Kopf. „Ich habe keine Ahnung, da Lena bis jetzt noch nie mit so etwas konfrontiert wurde. Warum willst du das denn jetzt wissen? Vorhin schien es dich noch völlig kalt zu lassen“ „Das ist doch ziemlich verständlich“ redete ein Augen verdrehender Zwilling dazwischen „Wer möchte denn schon, dass, wenn man zufällig den gleichen Gang betritt, auf dem sie sich gerade aufhält, dass sie vor der ganzen Schule auf Heulsuse umschaltet und Angstzustände bekommt?! So etwas wird sich schnell rumsprechen. Das würde für gewaltig Klatsch und Tratsch sorgen“ Dies konnte selbst Isa nachvollziehen. Vernehmlich seufzt sie. „Wie dem auch sei. Weiß jemand vielleicht, wie spät es ist?“ Als Kyoya ein Handy aus der Tasche zog, weiteten sich die Augen der Schwarzhaarigen überrascht. „Was!? Du hattest die ganze Zeit ein Handy dabei!?“ rief sie entrüstet „Warum hast du es nicht schon benutzt, als wir in der Abstellkammer eingeschlossen waren, um Hilfe zu hohlen?, etwas knurrend fügte sie hinzu, „Und oh wehe, du sagst jetzt, der Akku war leer oder etwas dergleichen!“ Ohne zur ihr aufzublicken, antwortete er „Es wäre einfach viel zu auffällig gewesen, jemanden her zu bestellen. Man hätte den Braten gerochen und uns umgehend zur Gesundheitsinspektion zurück verfrachtet. Und zu deiner Information, wir haben es jetzt gerade 21.31 Uhr, was bedeutet, dass die Schule vor zwei Minuten ihre Tore geschlossen hat, weil sich kein Schüler mehr nach halb zehn draußen aufhalten darf. Demzufolge könnte man es nicht besser ausdrücken, indem man sagen würde: Wir sind ausgesperrt“ „Nein!“ keuchte Isa und griff sich entsetzt an den Kopf „Erst eingesperrt und jetzt ausgesperrt! Das ertrag ich einfach nicht mehr!“ Plötzlich erklangen harte Schritt, die über den Kiesweg knirschten. Dann sagte eine dunkle Stimme „Dies ist Privatgelände der Ouran High. Wir bitten Sie umgehend, das Grundstück zu verlassen, sonst sehen wir uns dazu genötigt Gewalt anzuwenden“ Die Gruppe fuhr herum. Vor den Sieben standen rund zehn Wachmänner in nachtschwarzer Uniform. An ihren Gürteln hingen laternenfahldicke Knüppel und der Griff einer handlichen Pistole glitzerte aus einer schwarzen Lederhülle hervor, die ebenfalls am Gürtel befestigt war. Da trat Kyoya einen Schritt vor. Ein Keuchen entwich einem Wachmann „Junger Master Otori-sama. Was ist hier…?“ Kyoya verschränkte die Arme vor der Brust. In seinen Augen schien etwas zu funkeln, als er zu sprechen begann „Schenken Sie diesem Vorfall keine große Beachtung. Ich weiß selbst zu entscheiden, was hiervon erwähnenswert ist und was nicht. Dasselbe erwarte ich von ihnen, meine Herren“ „Aber Master Otori, ihr Vater…“ fuhr der Wachmann zögernd fort, welcher anscheinend der Chef der Truppe war. Eigentlich war es dem ganzen Wachmannzug nicht zu verübeln, dass er die Jugendlichen vor sich anglotzte, als wären sie die größte Attraktion weit und breit. Was zu der Zeit wohl auch bestens zutraf. Denn es war schon ein ziemlich merkwürdiger Anblick. Fünf Jungen, von denen einer gar keiner war und von denen vier vom Kopf bis zum Bauchnabel nackt waren, ein sehr verdrießlich blickendes Mädchen in einem schwarzen Gruftiaufzug sowie ein sehr verstört wirkendes Mädchen, welches auf dem Boden hin und her wippte und immer noch flüsterte „Geht weg. Weg mit, euch böse Ärzte…“. Groß an Vorstellungskraft verlangte es nicht, sich bei dem Anblick etwas vorzustellen, und das entsprach garantiert nicht der Wahrheit, geschweige denn, kam auch nur entfernt an sie heran. Bei dem Bild, was sie abgaben, konnte man auf extrem schräge Gedanken kommen. Kyoya fuhr ihm dazwischen „Ich habe gesagt, ich wisse selber, was erwähnenswert ist. Wenn Sie es nicht auch können, muss ich mich dazu gezwungen sehen, Ihre Arbeitsverträge etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Schließen Sie uns jetzt bitte das Gebäude der Schülerunterkünfte auf“ In seinen Ton lag eine Art, die deutlich machte, dass er keinen Widerstand billigen würde. Der Wachmann schien ebenfalls zu verstehen, denn er verbeugte sich hastig. Die restlichen Männer taten es ihm gleich. Danach marschierten sie wohlgeordnet in zwei Reihen ab. Was die wohl gedacht haben?, fragte sich Isa im Stillen. Diese Situation konnte man nämlich deutlich missverstehen… „Puh, das war knapp“ meinte Haruhi „Ein Glück, dass die Privatpolizei deiner Familie untersteht. Aber bist du dir sicher, dass sie nichts davon melden?, Kyoya“ Der Angesprochene sah Haruhi durchdringend an. „Recht untypisch von dir, solch eine Frage zu stellen. Selbstverständlich werden sie dichthalten“ Irgendwie konnte Isa auch nichts anderes glauben. Wer wollte schon freiwillig Gefahr gehen, dem stechenden Blick des Schwarzhaarigen ausgeliefert zu sein? An den Schülerunterkünften angekommen, wurden ihnen die Portaltüren schon von zwei Wachmännern aufgehalten, während sich der Rest der Kompanie in einer pfeilartigen Formation daneben aufgestellt hatte. Auf ein Nicken des Brillenträgers hin salutierten sie und zogen ab. Wie im Film, fiel Isa darauf nur ein. „Auf Wiedersehen, die Damen“ verabschiedete sich Tamaki gut gelaunt von den beiden, als wäre nichts gewesen. „Tschüss, Tamaki“ meinte Haruhi mit wenig Elan in der Stimme. Anscheinend hatte sie der heutige Tag auch regelrecht mitgenommen. Von Isa bekam er jedoch nur die Kehrseite zu Gesicht sowie ein stetiges Schlottern von Lena, welches zeigte, dass sie in ihrer derzeitigen Verfassung nicht mehr in der Lage war, überhaupt noch etwas herauszubringen. Als Isa sich mit Lena an ihrer Seite entfernte, hörte sie noch, wie Tamaki zu Kyoya sagte „Du hättest aber auch ein wenig besser mit dem Mädchen umgehen können“ „Das könnten wir dir auch nur raten“ meinten die Zwillinge synchron. Auch der Brillenträger erwiderte darauf etwas, jedoch befanden sich die Mädchen schon zu weit weg, um noch etwas verstehen zu können. Nachdem sie die große Treppe der Eingangshalle hinter sich gelassen hatten, brach Haruhi, die neben den beiden her lief, schließlich das Schweigen „Nun, ich muss zugeben, es ist fast immer anstrengend mit ihnen, aber das heute hat wirklich alles Vorige übertroffen“ „Ich nehme an, du bist ebenso fix und fertig mit der Welt wie wir“ meinte Isa. Haruhi nickte. Die drei gingen den Gang entlang, an dessen Seiten die Türen der einzelnen Zimmer angrenzten. Plötzlich blieb die Hostess vor einer weiß angestrichen Tür stehen. „Das ist mein Zimmer“ sagte die Brünette und machte sich schon am Schloss zu schaffen „Wir sehen uns dann“ Isa nickte nur. Danach zog sie Lena hinter sich her den Gang weiter. Bis sie an ihrer auf der Ecke liegenden Tür angelangt waren. Wenigstens war Lena, als sie sich in ihrem Raum befand, wieder so weit in der Lage, sich wie mechanisch bettfertig zu machen. (Natürlich erst, nachdem Isa die hartnäckig ihre Hilfe anbietenden Dienstmädchen aus ihrem und Lenas Appartement verscheucht hatte.) Todmüde sackte die Brünette auf ihrem Himmelbett zusammen. Dort kuschelte sie sich in die unglaublich weichen Kissen. Einige Sekunden später konnte man nur noch das leise Ein- und Ausatmen aus ihrem Mund vernehmen sowie sich sicher sein, dass das Mädchen ins Land der Träume abgedriftet war, wie Isa erleichtert feststellte, als sie kurz ihren Kopf ins Zimmer steckte, um sich zu vergewissern, dass auch alles in Ordnung war. Dann ging sie zurück in die Mitte ihres nebenan liegenden Zimmers. Doch Schlaf war das Letzte, woran die Schwarzhaarige jetzt denken konnte. Unruhig schritt sie auf und ab. Je mehr Isa sich auch anstrengte, es gelang ihr nicht, die Beine still zu halten. Fast so, als würde eine unsichtbare Person sie lenken, indem diese an Schnüren zog, die an ihren Füßen befestigt waren. Nach einer Weile, in der das Mädchen die Strecke zwischen Bett und Schreibtisch mindestens hundertmal hin und her getigert war, fasste sie einen Entschluss. Wenn nämlich nicht schnellstens etwas passiere, würde sie diese Nacht definitiv kein Auge mehr zubekommen. Dem war sie sich nach dieser heutigen Tortour hundertprozentig sicher. Suchend schweifte ihr Blick durchs Zimmer. Schließlich blieb er an dem an der Wand angebrachten Telefon hängen und wanderte ein wenig nach rechts zum sich daneben befindenden Dienstmädchenknopf. Vielleicht beschäftigt nun einige Leser die Frage, ob die Schüler der Ouran in ein Mädchenschlafquartier und ein Jungenschlafquartier untergebracht sind, da Haruhi, Isa und Lena in die eine und Tamaki, Kyoya und die Twins in die andere Richtung zu ihren Räumen gehen. Die Antwort darauf lautet: Nein, es gibt keine nach Geschlechtern getrennte Abschnitte. Es ist bloßer Zufall, dass die Zimmer der vier Jungen im Erdgeschoss liegen, während Isa, Lena und Haruhi, um zu ihren Zimmern zu gelangen, in den ersten Stock laufen müssen. Weiteres dazu wird später erläutert. So und natürlich gibt’s auch noch das Ergebnis meiner Umfrage, das aus den Stimmen der Leser bei „mexx“ und den Lesern bei „fanfiction“ entstanden ist. Wenn ihr wissen wollt, wer denn nun eure Number 1 für ein Date, als Kumpel oder als Bruder ist, dann geht zurück auf die Hauptseite dieser FF und scrollt bei den Charas bis ganz nach unten. hier link » http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/386099/196352/ Bis dann, eure _lenna_ Kapitel 11: Morgendlicher Hausmädchenschreck -------------------------------------------- Kapitel 11 Morgendlicher Hausmädchenschreck Fast gleichzeitig standen die beiden Mädchen am nächsten Morgen auf. Dass Isa heute mal ohne ein von ihr veranstaltetes Posaunenkonzert aufwachte, erstaunte Brünette schon etwas. „Na, du bis ja heute ganz allein aus den Federn gekommen, ohne dass ich nachhelfen musste“ neckte sie das schwarzhaarige Mädchen zum Morgengruß, nachdem sie in deren Zimmer reingeplatzt war. Isa grinste „Und du scheinst dich von dem gestrigen Schock erholt zu haben…“ „Ein Glück“ fügte sie hinzu „Es war ja nicht mehr zu ertragen…“ Zaghaft nickte die Brünette. Isa setzte sich auf einen gepolsterten Stuhl an den niedrigen Tisch, der an der Fensterseite des Zimmers stand. Gähnend streckte sie sich, während Lena auf einem zweiten Stuhl ihr gegenüber Platz nahm. „Gut. Heute ist Freitag. Also noch ein paar lästige Unterrichtsstunden und danach heißt es hallo Wochenende“, verkündete Isa die Tagesbilanz mit einem immer noch gähnenden Laut in der Stimme. Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf Lenas Lippen ab. Da klopfte es plötzlich an der Tür. Die Brünette rief „Ja?“ Sogleich drang eine Stimme von der anderen Seite der Tür zu ihnen hindurch „Meine Damen, das Frühstuck ist angerichtet“ „Oh, gut. Bringen Sie es doch bitte herein“ erwiderte Lena. Die Tür öffnete sich. Herein traten zwei Hausmädchen, in den Händen zwei Tabletts, auf denen sich jeweils eine herrlich angerichtete Portion Crèps befand. Doch das Essen war es nicht, was Lenas Aufmerksamkeit beanspruchte. Ja, es wirkte für sie schon fast unsichtbar. „Also heute was Französisches. So wie wir es bestellt haben“ meinte Isa beherzt, dabei betrachtete sie die kreativ mit Vanillesoße verzierten Heidelbeercrèps, als gäbe es derzeit nichts Interessanteres im Raum. Während die Schwarzhaarige ihren Blick nicht vom Frühstück anwenden konnte, hatte Lena nur Augen für die beiden Dienstmädchen. „Ach du Scheiße. Wenn du da mal keinen Ärger bekommst“ bemerkte sie schließlich nach mindestens drei Minuten, in denen die Bediensteten schon längst das Weite gesucht hatten. Und dies wahrscheinlich auch zu Recht. „Was denn?“ schmatze Isa zwischen zwei Bissen „Ich habe lediglich ein paar Änderungen beim Oberteil vorgenommen, dem Ganzen ein wenig mehr Farbe verpasst sowie den Rock etwas verkürzt“ Ein wenig ist gut, dachte die Brünette ironisch. „Die riesige, bonbonrosa Monsterschleife musste übrigens auch weichen. Und voilà, mehr Pep ist da! Nichts Dramatisches also“ endete Isa. Sie bemühte sich, nicht den in ihrer Stimme mitschwingenden Stolz zu verbergen. „Nichts Dramatisches, sagst du also“ Lena atmete geräuschvoll aus. Erst wollte sie einen Protest einwenden. Ihren Mund dazu hatte das Mädchen schon geöffnet. Aber dann schloss Lena ihn wieder, weil sie bestens wusste, dass die Eigensinnigkeit ihrer Freundin jede Gegenbewegung im Keim ersticken oder nicht mal zur Kenntnis nehmen würde. Warum sich also die Mühe machen, wenn es doch auf dasselbe hinauslief? Vermutlich würden die Hausmädchen den Rest ihres Lebens in den knappen Dingern verbringen, welche den vollkommen asiatischen Wertevorstellungen so wenig entsprachen, wie der eines hoch konventionellen Geistlichen, der mitten während einer Messe in der Kirche von einem Sidohandyklingelton aus seinem wortlosen Gebet gerissen wird. Na gut, vielleicht würden sie es auch nur so lange tragen müssen, bis Isas Eltern beschlossen, ihre Tochter von der Schule zu nehmen oder diese von selbst endlich zur Vernunft kam. Dass ersteres eher passieren würde, stand außer Frage. Beim zweiten konnte man nur auf ein Wunder hoffen (Hoffung stirbt bekanntlich zuletzt. Auch wenn man in diesem Fall bis an sein Lebensende hoffen konnte.). Außerdem musste Lena diesmal im Stillen zugeben, dass selbst ihr die neue Tracht der Hausmädchen wesentlich besser, als die alte gefiel. Zumal diese dämliche, überdimensional große Pohschleife von Isa eliminiert worden war. „Was den Ärger angeht, den bekommen wir eh noch. Oder hast du schon vergessen, dass der Direks uns nächste Woche wegen den Schuluniformen sprechen wollte. Aber bis dahin bleibt uns ja noch viel Zeit, um etwas bei den Gründen nachzuhelfen, warum er uns sehen will“ Verschmitzt zwinkerte die Schwarzhaarige, während sich Lena das Donnerwetter ausmalte, das sie nächste Woche erwarten würde, wenn Isa wirklich vorhatte, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Sie wusste noch nichts von Isas Vorhaben, aber ihr schwamm nichts Gutes. Nach dem Frühstück machten sich die beiden zum Unterricht auf. Selbst heute wurde noch über sie getuschelt, wie Lena frustriert feststellen musste. Manche Schüler auf den Gängen wandten sich demonstrativ von ihr ab. Andere deuteten sogar mit dem Finger auf sie und sagten etwas zu ihrem Gesprächspartner. Auch wenn Letzteres seltener vorkam, spürte die Brünette, wie etwas ihrem Inneren einen Stich versetzte. „Beachte sie einfach nicht“ hatte ihr Isa geraten und war an ihrer Seite hocherhobenen Hauptes durch das Gebäude marschiert. Ja, das konnte Isa so leicht sagen, dachte die Brünette, für ihre Freundin wäre so etwas auch viel leichter, als für sie. Isa war meistens die Stärkere von ihnen. Sie besaß eine gehörige Portion Selbstvertrauen, ein loses Mundwerk sowie den Mut, ihre Meinung laut der ganzen Welt (wenn nötig sogar auf MTV) zu präsentieren. Zudem scherte sich Isa einen Dreck, was andere Leute von ihr hielten. Bei Lena selber verhielt sich das schon etwas komplizierter. Gut, sie war nicht scheu oder schüchtern. Nein, dass war sie definitiv nicht. Gewiss verfügte sie über den Mumm, zu ihrer Meinung zu stehen und sie anderen ins Gesicht zu sagen. Aber sie war definitiv sensibler als die Schwarzhaarige. Durch Anmache ließ Lena sich relativ schnell aus der Bahn fegen. Dies machte sie erheblich angreifbarer für miese Sprüche. Deshalb setzte Lena der ganze Tratsch über sie und den Diebstahl von Yvettes Kollier etwas zu. Seit dem Ereignis waren erst zwei Tage vergangen. Weswegen auch noch kein Gras über die Sache gewachsen war. Vermutlich würde es auch seine Zeit brauchen, bis dies geschah. Im Eigentlichen zweifelte Lena sogar ernsthaft daran, dass alles so wie von Anfang an werden würde. Denn ein schwarzer Kohlefleck ließ sich nicht ohne sichtbare Spur von einem weißen Hemd entfernen. In der Regel blieb immer ein blasser Schatten auf dem Stoff zurück. Der Unterricht schritt an diesem Tag ohne nennenswerte Vorkommnisse von dannen. Wenn man davon absah, dass an diesem Tag über den vom Klassensprecher hoch angepriesenen Teenachmittag gesprochen wurde, dem ein gewisses Mädchen namens Renge solch eine Melancholie beimaß und lautstark anstatt des Teenachmittages eine Halloweengespensternacht verlangte, waren die Schulstunden so öde wie jede andere Unterrichtsstunde auch. Zu Isas großem Missfallen, die natürlich sofort Feuer und Flamme für Renges Vorschlag gewesen war, verhinderte der Schulsprecher mit schriller Stimme die Planung der Gespensternacht, indem er artikulierte, dass der Rektor dem nie im Leben zustimmen würde. So blieb es also am Montagnachmittag bei der langweiligen Teerunde. Pünktlich zum Schulschluss läuteten die Glocken. „Also, ich sehe dich dann nachher“ rief Isa ihrer Freundin zu und machte sich zur Band-AG auf. Indessen führten Lenas Schritte sie zum Eingangsportal, um das Schulgebäude zu verlassen und dann den Weg zu dem sich neben dem Park befindenden Schießplatz einzuschlagen. Kapitel 12: Bogenschießen mit Hindernissen oder Amours Pfeil ist im Anflug -------------------------------------------------------------------------- Bogenschießen mit Hindernissen oder Amours Pfeil ist im Anflug Isas Band AG fand immer zweimal in der Woche statt und Lenas Bogenschießkurs belief sich auf eine Stunde in der Woche. Auf dem Weg zu den Schießanlagen konnte sie wieder deutliches Tuscheln der ihr entgegenkommenden Schüler vernehmen, die schon, wenn diese sie sahen, den Mund mit der Hand verdeckten, um denjenigen in ihrer Nähe etwas zuzuflüstern. Dennoch versuchte die Brünette sich davon zu überzeugen, es würde nichts sein. Helfen tat es nicht besonders, da man die Wahrheit nicht einfach nach seinen Wünschen zurechtbiegen konnte, jedoch gab ihr das ein gewisses Gefühl von Sicherheit. Nachdem das Mädchen das Hauptgebäude umrundet hatte, schlug es den Kieselsteinweg ein, der in Richtung Park führte. An der Kreuzung bog sie in den rechten Pfad ein, welcher extra für den Schießplatz angelegt worden war. Schon von weitem konnte man die freiliegende Anlage erkennen. Der Platz wurde von einem drei Meter hohen Metallgitterzaun umschlossen. So stellte man sicher, dass kein verfehlter Pfeil das Gebiet überschritt und es zu Unfällen kommen konnte. Auf der gesamten Ebene wuchs dichtes grünes Gras. Einzig eine dicke rote Linie durchschnitt die grüne Fläche. Sie sollte wohl als Markierung für die Schützen dienen, welche einen Anhaltspunkt benötigten, um zu wissen, von wo aus ihnen erlaubt war, die Pfeile abzuschießen. In regelmäßigen Abständen voneinander standen hinter der roten Grenzmarkierung mannshohe Holzstaffeleien, auf denen eine aus Stoff bestehende Zielscheibe angebracht war. Lena schätzte, dass die Staffeleien mit fünf bis zehn Meter Entfernung von der Linie für Anfänger gedacht waren. Denn sie konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie ein Amateur dazu im Stande sein sollte, eine dreißig oder vierzig Meter entfernte Zielscheibe auch nur annährend zu treffen. Da wäre es wahrscheinlicher gewesen, dass Tamaki vor versammelter Schülerschaft verkündete, dass er schwul veranlagt sei und schon lange heimlich eine Beziehung mit Kyoya am Laufen habe. Die Tatsache, dass sie den Namen des „schwarzen Königs“ des Host Clubs so einfach denken konnte, ließ sie unangenehm erschaudern. Als sie eintraf, befanden sich schon um die fünfzehn Schüler hinter dem Eingangsgatter, durch das Lena nun die Anlage betrat. Wie auch nicht anders zu erwarten gewesen wäre, ruhte jedermanns Blick für einen Moment auf ihr, bevor sich die meisten Schüler schnell wieder ihren Gesprächsthemen zuwandten. Das Mädchen schluckte. Nun fühlte sie sich wirklich unwohl in ihrer Haut. Wie sollte sie bloß unter solchen Umständen diese Stunde überleben? Im Unterricht in der Klasse war es eigentlich nicht anders. Aber wenigstens waren da die Leute mit ihrem Lernstoff beschäftigt, anstatt sich die Augen an einer angeblich kriminellen ausländischen Diebin auszugaffen. Bedacht, möglichst unauffällig zu wirken, tapste sie nach rechts zur Gitterwand. Lena lehnte sich an das massive, kalte Metall. Sie versuchte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen, indem sie die Schüler des Kurses betrachtete, welche nicht gerade in ihre Richtung schauten. Da durchfuhr das Mädchen ein Blitz. Oh nein! Das durfte nicht war sein! Warum hatte sie, ausgerechnet sie, das verdient?! Alles lief doch zurzeit so mies? Warum musste also das noch sein?, dachte die Brünette. Was hatte sie so Schlimmes verbrochen, dass man sie derartig diabolisch bestrafte? Mitten auf dem Platz in einer Traube kichernder Mädchen stand niemand anderes als Yvette. Oder wie Isa sie gern nannte: Pumuckel. Auch wenn diese Person, rein gar nichts mit Pumuckel gemeinsam hatte. Die Brünette hätte Yvette eher als Big-Foot bezeichnet. Das passte zwar nicht so zur äußerlichen Hülle, aber ihrem Charakter sowie ihrem Auftreten kam dieser Name schon sehr nahe. Bis heute war Lena immer noch nicht so sicher, ob Isas Behauptung, Yvette habe ihr das Collier untergejubelt, stimmte. Denn sie wusste, die Rothaarige hatte zur damaligen Zeit keine Möglichkeit dafür gehabt, ihr etwas in die Tasche zu schmuggeln. Trotzdem war diese Tat ihr, auch aus Lenas Sicht, zuzutrauen. Es handelte sich dabei um die naheliegenste Antwort auf die Frage, welche Lena schon seit zwei Tagen beschäftigte. Aber wie hätte Yvette das bewerkstelligen sollen? Isa wusste es zwar nicht, weil Lena es ihr nicht gesagt hatte, doch ob ihre Freundin es nun glauben wollte oder nicht, Yvette hatte während des Sportunterrichts keinen Fuß aus der Halle in die Umkleide gesetzt, weil eben diese an jenem Tag fürchterliche Bauchschmerzen vorgetäuscht hatte, um sich am Spielfeldrand auf einem bequemen Sessel breit zu machen, von einer Masseurin verwöhnt zu werden sowie ihren Mitschülern zuzusehen, wie sie sich beim anstrengenden Zirkeltraining fast zu Tode abrackerten. Ja, Lena hatte genau aufgepasst. Deshalb wusste sie, Yvette hatte damals nur Bewegungen vollbracht, um sich umzudrehen und die arme Masseurin anzufahren, dass diese eine der schlechtesten Ausbildungen der Welt absolviert haben müsse, um ihr den Rücken so zu versteifen, anstatt zu lockern. Außer dass die Rothaarige zahlreiche fiese Kommentare über die sportliche Leistung ihrer Mitschüler hinter vorgehaltener Hand gemurmelt hatte, war nichts weiter Großartiges im Falle Yvette vorgefallen. Aber vom Sessel war sie auf alle Fälle, so weit Lena das beurteilen konnte, keinen Zentimeter abgerückt. Gerade drehte eben Genannte den Kopf in ihre Richtung. Tiefblaue Augen musterten sie überaus durchdringend. Es fühlte sich für Lena so an, als würde eine Schar Ameisen mit ihren unzähligen, spitzen Beinchen über sie krabbeln, um jeden Fleck ihres Körpers zu inspizieren. Dann wandte sich die Rothaarige wieder den Umstehenden zu, um kurz etwas zu sagen. Ein Kichern der Übrigen sowie ein letzter giftiger Blick auf Lena, direkt abgefeuert aus Yvettes blauen Augen, folgten. Die Brünette biss sich von innen auf die Lippe. Das erneute Scheppern der Gittertür verleitete die Wartenden zum Eingang der Anlage zu schauen und zu verstummen. Ein erwartungsvolles Schweigen legte sich über die Schülerschar, als drei Jungen hintereinander den Platz betraten. Wahrscheinlich merkten die gerade Eingetroffenen nur zu deutlich, dass sie der Anziehungspunkt aller Aufmerksamkeit waren. Vermutlich hatten sie sich schon seit langem daran gewohnt, denn keiner von ihnen verzog eine Miene. Nein, ganz im Gegenteil. Der Kleinste von ihnen mit dem honigblonden dichten Haaren und den lustig blitzenden braunen Kulleraugen versetzte einen kleinen erfreuten Sprung in die Luft, wobei er einigen Mädchen zuwinkte, welche daraufhin begeistert riefen „Honey-senpai!“ Da fiel es Lena die Schuppen von den Augen. Sie konnte es nicht recht fassen. Vielleicht war in den letzten Tagen einfach zu viel passiert, so dass sie sogar dieses Gesicht vergessen hatte, welches sie an ihrem ersten Schultag an der „Ouran“ im Musikraum strahlend gefragt hatte, ob sie Bekanntschaft mit seinem Hasen machen wolle. Heute lief er jedoch, ohne seinen Stoffhäschen im Arm hin und her zu wiegen, herum. Demnach zu schließen musste es sich bei dem großen, schwarzhaarigen Jungen neben ihm um den anderen Host des Clubs handeln. Das Einzige, was sie noch von ihm behalten hatte, war seine ihr bis jetzt besonders aufgefallene Schweigsamkeit. Sie musste sich ein Kichern verkneifen. Im Musikzimmer war es ihr nicht so vorgekommen, aber hier draußen wurde einem der Größenunterschied dieser beiden Host geradezu knallhart vor Augen geworfen. Diese beiden, so nebeneinander stehend, gaben schon einen überaus ulkigen Anblick ab. Der dritte Junge indessen lief etwas nebenher. Er war von schlaksiger Statur. Im Nacken trug er die langen Haare zusammengebunden. Strähnen seines kohleschwarzen, vorne ein wenig zu langen Haares fielen ihm immer wieder in die Stirn, die er sich mit einer fahrigen Bewegung aus dem Gesicht strich. Er sah nicht gerade schlecht aus, dennoch besaß er nicht das gewisse Flair, was diese beiden Host umgab, so wie der Honig die summenden Bienen in Form von Mädchen anlockte. „Mori-senpai!“ rief plötzlich eine Schülerin und lief gefolgt von einigen anderen auf den großen Schwarzhaarigen zu, während der kleine Blonde schon einer Gruppe anderer Mädchen entgegenhopste. Bei ihnen angekommen, brabbelte er auf die verzückt lächelnden Schülerinnen ein. Still beobachtete Lena das Geschehen vor sich, bis ihr plötzlich jemand auf die Schulter tippte. Erschrocken zuckte sie leicht zusammen, wandte den Kopf in die Richtung, aus der die Berührung erfolgt war, und blickte in das Gesicht des schlaksigen Jungen, der mit Mori und Honey gekommen war. „Du musst Lena Belin sein“ sagte er mit ernster Miene. Sie nickte. „Ich bin Shiro Miyano, einer der drei Kursleiter. Wie mir zu Ohren gekommen ist, besuchst du den Kurs jetzt zum ersten Mal. Nun, ich nehme an, dir mangelt es deshalb zurzeit noch an passender Ausrüstung für das japanische Bogenschießen oder Kyûdô, wie man es in der Fachsprache nennt“ Ohne eine Antwort ihrerseits abzuwarten, fuhr er geschäftig fort „Was den Bogen, den Köcher sowie die Pfeile anbelangt, das ist kein Problem. Für Neulinge hat die Schule immer noch alte Sachen im petto. Auch die Schießhandschuhe werden keine Schwierigkeit darstellen. Jedoch denke ich, dass wir die traditionelle Kleidung für speziell deine Größe nicht so schnell auftreiben können. Also bist du wohl oder übel heute dazu gezwungen, in deinen normalen Klamotten zu trainieren“ Lena fiel es schwer zu glauben, dass sie mit ihren 56 Kilos zu dick war um nicht in eine dieser verflixten Trachten rein passen zu können. Und falls dieser Shiro jetzt auf die komplett bescheuerte Idee kommen sollte, sie auf Diät zu setzten, nahm sie sich vor ihn provokant zu ignorieren. Trotzdem blickte sie mit großen fragenden Augen zu ihm hinauf und stieß hervor "Also bin ich zu FETT?!" Die geschäftige Mine des Schwarzhaarigen nahm plötzlich einen irritierten Ausdruck an. Um ein Prusten zu unterdrucken, räusperte er sich. "Nein, so ist das nicht gemeint… Wir haben nur keine Schießkleidung auf Lager, weil dies gegen die Sauberkeitsordnung und den Verbraucherschutz verstoßen würde. Zudem kann ich mich noch daran erinnern, dass einige Eltern sich schon einmal lautstark über schuleigene Sportkleidung beschwert hätten, weil die ganzen Sachen ja angeblich nicht ausreichend desinfiziert wären und so ihre Kinder von Krankheitserreger befallen würden" Okay, man kann's hier wohl nicht übertreiben, dachte die Brünette, tatsächlich gibt es hier einige Eltern, die ihre Kinder wie rohe Eier behandelten, die bei schon dem geringen Stoß auseinander brachen. Nun widmete der Junge sich dem Sack, den er sich über die Schulter geworfen und wohl schon eine Weile mit sich herumgetragen hatte. Shiro nestelte kurz am Reißverschluss, bis er es schaffte ihn zu öffnen. Nach einem Griff in den Beutel führte er ein weißes Paar Handschuhe zu Tage, betrachtete sie eingehend, musterte schließlich Lenas Hände und schüttelte bestimmt den Kopf. Der Schwarzhaarige stopfte sie zurück in den schwarzen Beutel und zog sogleich ein weiteres Paar Handschuhe aus dunkelbraunem Leder hervor. Er gab sie dem Mädchen, indem er ihr bedeutete, sie anzuprobieren. „Und passt, oder?“ fragte Shiro knapp, nachdem sie sich die Schutzhandschuhe übergestreift hatte. Die Brünette besah sich die Handschuhe. Das robust aber alles andere als alt wirkende Leder schmiegte sich so weich wie Samt an ihre Haut. „Ja, ich denke schon. Danke“ sagte sie. „Nicht der Rede wert“ winkte der Schwarzhaarige ab „Es ist schließlich meine Aufgabe“ Trotzdem fiel Lena auf, obwohl er das sagt, ist er anscheinend ziemlich gestresst- jedenfalls nach der sich durch seine Stirn ziehenden Falte zu urteilen. Aber vielleicht nervt es ihn auch an, dass er mit einem Mädchen Konversation halten muss, dessen Ruf, eine Kriminelle zu sein, ihr schon weit vorausgeeilt ist. Dann drehte sich Shiro räuspernd zu der quasselnden Schülerschar um, deren größter weiblicher Teil sich um einen der beiden Host versammelt hatte. Dennoch reagierte niemand darauf. Erst als Shiro einen schrillen Pfiff durch seine Finge ausstieß, verklangen die Gespräche. „Hallo an alle“ begann er „Takashi, Mitzukuni und ich haben gestern beschlossen, dass wir dort weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben. Zusätzlich werden wir heute besonderen Wert auf die Stellung beim Schießen legen. Dabei ist es wichtig, dass ihr euch immer sagt, nicht das Ziel ist das Ziel, sondern der Weg dorthin ist das Ziel, da Kyûdô eine Art von Meditation ist, bei der es von aller größter Wichtigkeit ist, sowohl äußerlich als auch innerlich den völligen Ruhezustand zu erreichen“ Huch, durchfuhr es Lena, hört sich ja ziemlich kompliziert an. Und ich dachte, ich könnt’ einfach drauf losschießen. Na ja, nur keine Panik Mädel. So schwer wird das ja wohl nicht sein. Doch wie sich herausstellte, hatte sie falsch gedacht, was Lena dann spätestens bewusst wurde, als sie dann mit allen anderen Teilnehmern des Kurses auf der roten Abgrenzlinie vor einer Zielschreibe postiert wurde. Zwar hatte Shiro ihr die Haltung sowie die Theorie vom Abschießen des Pfeils erklärt, doch irgendwie gelang dem Mädchen mit Ausnahme des Spannens der Sehne nichts, weil der Pfeil immer wieder abrutschte, wenn sie die Sehne gerade loslassen wollte, und das Holzstück nur lahm zu Boden segelte, anstatt wie ein Blitz einige Meter weit durch die Luft zu jagen. Neugierig spähte Lena zu den anderen Schülern in der leisen Hoffnung, vielleicht die Möglichkeit zu bekommen, sich deren Technik abzuschauen und so ein besseres Ergebnis zu erhalten. Zur ihrer linken Seite standen die meisten anderen Teilnehmer, welche sich ebenfalls mit Pfeil und Bogen abmühten. Wirklich alle in dem Kurs, bis auf ein paar Ausnahmen, schienen noch Anfänger auf diesem Gebiet zu sein. Eines dieser Talent- oder Übungsausnahmen stellte Yvette da. Das sich ein paar Teilnehmer entfernt von Lena befindende Mädchen schaffte es, nahezu jeden Pfeil fehlerfrei auf die Zielscheibe zu befördern. Ihre überragende Brillanz wurde selbstverständlich in den höchsten Tönen von Fiona und Celin kommentiert, welche beide neben ihr standen. Im Laufe der Zeit war Lena aufgefallen, dass diese beiden Mädchen geradezu wie Kletten an Yvette hingen. Es war ziemlich schwierig die Rothaarige überhaupt einmal allein anzutreffen. Dennoch gehörte Yvette mit ein oder zwei anderen Schülern bislang zu den einzigen Kandidaten, bei denen man Ergebnisse sah. Alle anderen schienen sich ebenfalls schwer mit dem 2 ½ Meter langen Bogen zu tun. Die Brünette schaute nach rechts. Kurz erstarrte sie. War das neben ihr nicht das Mädchen, was von Yvette im Park fertig gemacht worden war und dann mit ansehen musste, wie die wutentbrannte Isa ihre Peinigerin in den Brunnen geschmissen hatte? Hundertprozentig war sie das! Obwohl hier fast jeder blauschwarzes Haar besaß, erkannte sie Ayumi, da sie ja mit ihr dieselbe Klasse besuchte. Daher war eine Verwechslung ausgeschlossen. Aber warum sprach sie Lena dann nicht an? Die Brünette wollte soeben Luft hohlen, um etwas zu der neben ihr Stehenden zu sagen, als diese auf einmal den Kopf wandte und Lena direkt ansah. Der Satz, mit dem sich die Brünette überlegt hatte, den ersten Schritt zu machen, blieb ihr im Hals stecken, denn etwas lag in dem Gesicht des Mädchens, was Lena unter normalen Umständen als Furcht gedeutet hätte. „Hi“ sagte die Blauschwarzhaarige leise, so als wolle sie, dass möglichst wenige ihre Stimme hörten. „Hi“ entgegnete Lena, dabei versuchte sie den Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Gegenüber zu ignorieren und fügte noch schnell ein „Wie geht’s?“ hinzu. „Ganz gut“ lautete die steife Antwort. „Du hattest aber keinen Ärger mit Yvette, oder?“ fragte Lena. Nach Ayumis Reaktion zu schließen, war das ein völlig falscher Ansatz gewesen. Denn aufgrund der Frage erbleichte die Blauschwarzhaarige, so dass man ihre eh schon schneeweiße Haut nicht mehr von einem leeren Schreibblatt unterscheiden konnte. Also doch, schlussfolgerte Lena daraus. Durch das fast unmerkliche Nicken des Mädchens wurde sie zudem bestätigt. „U-und du äh…“, die Brünette geriet ins Stammeln „Lässt d-dir das einfach gefallen?“ Deutlich sah man Ayumi die Beklommenheit an. Über Yvette zu reden schien nicht gerade eines ihrer Lieblingsthemen zu sein. Dennoch sagte sie „Im Eigentlichen habe ich keine andere Chance, als es über mich ergehen zu lassen“ „W-wie meinst du das?“ wollte Lena wissen. „Na ja“ Ayumi zuckte bedrückt die Schultern „Keiner legt es hier wirklich darauf an, ihr zu widersprechen…. Aber wer will sich schon mit ihr anlegen? Jeder weiß, dass Yvette über die entsprechenden Mittel verfügt, einem die Zeit an der „Ouran“ und auch noch danach zur Hölle zur machen“ „Normalerweise dürfte ihr niemand mehr hinterher rennen, wenn sie auf so vielen rumhackt. Aber im Moment sieht das ganz anders aus. Mir kommt es geradezu so vor, als wäre sie die unumstrittene Schulqueen“ überlegte das brünette Mädchen laut. Ayumis Murmeln unterbrach sie. „Es ist ja nicht so, dass sie jeden mies behandelt“ Einen Moment lang sah sie Lena an, bevor sie die Augen niederschlug, als würde sie etwas auf dem Boden suchen. „Du… du meinst also“ sagte Lena langsam „dass sie nicht jeden fertig macht?“ Dann schoss ihr plötzlich die Frage heraus, welche ihr nicht mehr gelang zurück zu halten. „Aber warum ausgerechnet du? Was hast du denn getan, dass sie so mit dir umspringt?“ Eine Sekunde später schellte sich Lena dafür. Sehr wohl wusste sie, dass es ziemlich ins Private rein ging, jemanden so etwas zu fragen. Denn schließlich musste man nicht immer etwas verbrochen haben, um von jemanden nicht gemocht zu werden. Im Prinzip konnte alles ein Auslöser von Abneigung oder Hass sein. Neid, Ablehnung, Provokation oder Angst waren nur einige der zentralen Gründe für solch ein Verhältnis. Gut, an beides letztere glaubte Lena in diesem Fall eher weniger. „Nun ja“ weiterhin hielt Ayumi den Blick gesenkt „Unter normalen Umständen würde sie mich sicher in Ruhe lassen. Aber…“ sie stockte „Aber ich bin nun mal dahinter gekommen, dass sie…“ Die Blauschwarzhaarige wurde immer leiser, so dass Lena ihre Ohren auf höchste Empfangsfrequenz schalten musste, um überhaupt akustisch etwas zu verstehen. In ihr hatte sich die Spannung angesammelt. Was hatte Ayumi über Yvette herausgefunden? Es musste etwas wirklich Schwerwiegendes sein. Jedenfalls nach Ayumis Verhalten zu schließen. „Ich habe…“ stotterte das Mädchen „…ich habe…“ Noch einmal holte Ayumi tief Luft. Dann sprach sie das Ende ihres Satzes völlig überhastet aus. „…Yvettes blaue Kontaktlinsen gesehen“ Lenas Mine entgleiste. Sie brauchte eine Weile, bis die Brünette ihren sperrangelweit offen stehenden Mund bemerkte. Schnell schloss sie ihn wieder. „Äh…“ sie räusperte sich „Und… äh das war’s? Das ist alles? Ich meine, sonst war nichts?“ Sie konnte nicht abstreiten, dass sie so etwas, wie einen höchstdramatischen Skandal oder etwas in der Art von Yvette erwartet hatte. Doch so etwas. Nein. „Und ähhh…“ setzte Lena an. Doch die Blauschwarzhaarige unterbrach sie durch ein Murmeln, als würde sie die Brünette ihr gegenüber nicht mehr richtig wahrnehmen. „Es ist während des Sports passiert. Y-Yvette dachte wohl, niemand sei mehr im Vorraum der Einzelumkleiden, obwohl i-ich noch da war. Vor dem Spiegel hat s-sie ein Schächtelchen mit Kontaktlinsen zum Wechseln hervorgeholt. Als Y-Yvette mich dann bemerkte, ist sie furchtbar h-hysterisch geworden und hat mir schreiend gedroht, i-ich sollte ja mein Maul halten, sonst wäre ich dran“ „Krass“ konnte Lena darauf nur rauskriegen. Eins war ihr nun sonnenklar. Das einzige Problem, das Yvette kannte, betraf ihr tadelloses Aussehen. (Pumuckel hatte garantiert keine größeren Sorgen als sich das passende Make-up von ihrem persönlichen Profil-Visagisten auftragen zu lassen). Schließlich meinte sie nach einem kurzen Zögern „Also macht sie dich deswegen runter. Hast du es denn sonst noch jemandem erzählt?“ Die Antwort bestand aus einem Kopfschütteln. Dann sagte Ayumi leise „Außer dir weiß bis jetzt noch niemand darüber Bescheid“ „Oh“ konnte Lena darauf nur erwidern und fragte sich gleichzeitig, wie viele Leute Ayumi überhaupt danach gefragt hatten. „Ich glaube, wir sollten mit dem Bogenschießen weitermachen“ deutete Ayumi zaghaft an „Shiro guckt schon zu uns. Er kann ziemlich ungehalten werden, wenn man über das ganze Gequatsche hinaus die eigentliche Tätigkeit vernachlässigt“ fügte die Blauschwarzhaarige hinzu, während sie einen Pfeil auflegte, den Bogen spannte und einige Zeit lang in seitlicher Haltung verharrte. Dabei schien sie sich unglaublich zu konzentrieren, den Bogen möglichst ohne ein Zittern direkt auf das Ziel zu richten. Auf das Loslassen der Sehne hin erklang ein surrendes lang gezogenes Geräusch. Zischend durchschnitt der Pfeil kurz die Luft und bohrte sich zwei Meter entfernt von seiner Schützin senkrecht in die Erde. „Ich kann’s überhaupt noch nicht“ meinte Ayumi verlegen. „Besser als ich. Wenigstens unternehmen deine einen Flug, bevor sie Erdkunde machen“ kommentierte Lena trocken in einem jähen Anflug von Frustration über ihre eigenen missglückten Leistungen. Aber dennoch ließ sich das Mädchen nicht entmutigen. Angestachelt durch Ayumis Ergebnis begann die Brünette von Neuem, ihre aussichtslosen Versuche fortzufahren in der Hoffnung auch nur einen halbannehmbaren Schuss zu Stande zu bringen. Vergleichsweise hätte sie eine weitaus größere Chance gehabt, einen verschollenen Schatz im Dschungel zu finden. Dennoch machte das Mädchen verbissen weiter, wobei sie Mal um Mal glorreich scheiterte. Soeben wollte sie sich wahrscheinlich zum vierzigsten Mal bücken, um nach dem heruntergefallenen Pfeil zu greifen und ihn anschließend abermals aufzulegen, als sie eine Hand auf ihrer Schulter fühlte. Verwundert drehte Lena den Kopf zur Seite, um hoch in das Gesicht des großen, schwarzhaarigen Hosts zu sehen. „Du machst das falsch“ seine Stimme besaß einen tiefen, aber dennoch weichen beruhigenden Klang „Deine Arme sind zu hoch“ Sie spürte, wie seine großen Hände ihre Schultern sacht runter drückten. „Insgesamt um die Schulter-Nackenpartie bist du etwas zu steif“ Leicht fuhr er den Bereich entlang, dennoch war die Berührung so stark, um dafür zu sorgen, dass sich Lenas Härchen im Nacken aufrichteten, als würde sie unter Strom stehen. „Außerdem hältst du deine Hand ebenfalls falsch“ Mit seiner eigenen schob er ihre Hand samt dem Pfeil ein Stück tiefer. „So und jetzt“ sagte Mori „Musst du die Sehne zurückziehen“ Seine Hand hatte sich auf die ihre gelegt, welche die Sehne hielt, und zog diese nun zurück. Gleichzeitig befand sich seine andere Hand an der Bogenstange auf ihrer, um sie sanft aber bestimmt festzuhalten. Zwar führte er die Bewegungen aus. Dies jedoch mit Lenas Händen. Dabei stand der Schwarzhaarige so nahe bei ihr, dass sein warmer Atem leicht ihre Wange kitzelte. Zudem nahm die Brünetten einen leicht von ihm ausgehenden Minze-Zitonen-Duft wahr. Plötzlich erfüllte ein zischender Laut die Luft, als der Pfeil, gleich einer gezündeten Rakete, auf die Zielscheibe zuschoss und tief im roten Bereich um den schwarzen Punkt stecken blieb. Lena staunte nicht schlecht. Wow, ich habe es geschafft, dachte sie stolz. „Du siehst“ unterbrach Mori ihre anhaltende Faszination für das eben Geschehene „Es ist gar nicht mal so schwer. Der Trick bei alledem ist, dass du dich völlig entspannen musst. Sowohl dein Körper als auch deine Seele müssen im völligen Einklang miteinander stehen. Aufgewühltheit, ob nun innerlich oder äußerlich, führen unweigerlich zur Verfehlung des Zieles. Allerdings stellt beim Kyûdô immer der Weg das Ziel da. Selbst Profis brauchen lange, um sich in den Zustand der völligen Ruhe zu bringen. Deshalb dauert es auch nicht selten einige Jahre, bis man mit regelmäßiger Übung im Kyûdô zum Fortgeschrittenen aufsteigt… ach ja…“ er strich noch einmal über ihre Schultermuskulatur. Die Berührung verursachte ein Prickeln auf Lenas Haut, über die er gefahren war „…pass in Zukunft auf, dass du nicht zu verspannt bist, sonst hast du nach dem Training Schmerzen, weil die eh schon angestrengten Muskeln mit dem ganzen Druck überfordert sind“ Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen, was Lenas Herz einen Sprung vollführen ließ. Die Brünette lächelte ebenfalls. „Danke für…“ hob sie an, doch da riefen auf einmal mehrere Stimmen von weiter links „Mori-senpai!?“ Lena blickte in besagte Richtung. Sie sah einigen Mädchen entgegen. Unter ihnen befand sich auch Yvette. „Mori-senpai!“ sie winkte lächelnd und drehte eine ihrer roten gelockten Haarsträhnen um ihren manikürten Finger. „Würdest du vielleicht auch unsere Haltungen korrigieren?“ Demonstrativ wandte Lena den Blick ab. Als sie kurz wieder rüberspähte, sah sie, wie Mori den anderen Mädchen bei der richtigen Stehposition half. Sie konnte sich nicht helfen, aber aus irgendeinem Grund erfüllte sie ein Stich der Enttäuschung. Das Vorhin war nichts Besonderes gewesen, versuchte sie sich selbst bewusst zu machen. Sie war eben nichts Besonderes. Und doch hatte es sich für einen Moment so angefühlt, als würde sie wirklich einzigartig sein. Dieses Gefühl. Lena war nicht imstande, es zu deuten. Vielleicht hatte es sich auch nur um Einbildung gehandelt. Trotzdem konnte sich das Mädchen nicht erklären, warum sie den großen schwarzhaarigen Jungen hinterher schaute und dabei Wehmut in ihr aufkeimte. Kapitel 13: Der Halbjunkie mit der Kaspalepuppe ----------------------------------------------- Kapitel 13 Der Halbjunkie mit der Kaspalepuppe Währenddessen hatte Isa in Musikraum 6 an etwaigen Problemen anderer Sorte zu knabbern. Wie abgesprochen trafen sich am Freitag nach dem Unterricht die Schüler der Band hier mit Herrn Kensan, der das Treiben der AG eigentlich überwachen sollte. Die Betonung lag auf „eigentlich“, denn der sehr verehrte Herr gehörte eindeutig zu dem Kaliber Lehrer, die lieber eine Tasse Kaffee im Büro ihrer vorgeschriebenen Tätigkeit vorzogen. Vielleicht hatte Kyoya ja dies mit Personalverfall gemeint. Ehrlicher Weise jedoch hütete sich jeder davor, diesen Umstand der Dinge zu bemäkeln. Besonders Gin war von der Faulheit des Personalverfalls sehr angetan, denn ihm als Bandleader ging es so ziemlich gegen den Strich, wenn ein Lehrer bei den Songproben dabeisaß und vielleicht mitbekam, wie er und der Keyboarder Daisuke sich bei einem Streit um die Taktfolge gegenseitig mit ihren Musikinstrumenten eins über den Latz zogen. Gut, eigentlich kam diese Art von Auseinandersetzung weiß Gott nicht oft zustande, weil Gin und Daisuke meist ein Herz und eine Seele waren. Obwohl sich die beiden Jungen manchmal wegen ihren unterschiedlichen Ansichten über die Abfolge der Songs oder sonstiges Bandtechnische in die Wolle bekamen, verband sie eine tiefe, langjährige Freundschaft. Anfangs dachte dies die Schwarzhaarige jedenfalls, doch mittlerweile verstärkte sich bei ihr ein Verdacht. Glücklicherweise hatte sich Isa nicht zu viel von der Band erhofft. Um ehrlich zu sein, war sie von der Band „3times2desaster“, die jetzt aufgrund Isas Eintritts in „4times2desaster“ umbenannt werden musste, sehr positiv überrascht worden. Und man konnte nicht gerade sagen, dass der Anfang besonders glatt gelaufen wäre. Denn schon beim Eintreten musste Isa Zeuge einer Umarmung zwischen Gin und Daisuke werden, die man, allein abhängig von der Dauer und Intensität bewertet, auch anders deuten konnte. Nach dem ersten Schrecken, der dafür sorgte, dass Isa wie erstarrt einige Zeit an der Tür verharrte, ließ plötzlich ein brünettes Mädchen, das soeben etwas abseits der Szene einen Schluck aus einer Wasserflasche genommen hatte, ein vernehmbares Räuspern hören. Sofort fuhren die zwei Jungen auseinander. „Hi!“ begrüßte sie die Schwarzhaarige, welche immer noch halbversteinert die beiden Jungen vor sich anstarrte. Man sah der Brünetten deutlich deren Verlegenheit an, trotzdem sprach sie weiter „Bist du Isa Cortez?“ Ohne den Blick von den zwei Jungen abzuwenden nickte sie. Nach einem Moment des Schweigens kam einer der beiden auf sie zu. Er war ein wenig kleiner als Isa und besaß eine feuerrot gefärbte Kurzhaarfrisur, an der schon der Ansatz deutlich hervor blitzte. Zu der auffälligen Haarfarbe und den durchdringend grünen Augen kam noch sein ausgefallener Punkstyle, den er in der Schule jedoch nur in Form von Schnürschuhen und einem Nietenarm- sowie Halsband zur Schau tragen konnte. Also beste Voraussetzungen um wie eine Nadel im Heuhaufen an dieser Schule aus der Schar von ordinär gekleideten Schülern herauszustehen. „Hi!“ meinte er und streckte ihr die Hand entgegen. Als das Mädchen keine Anstalten machte sie entgegen zunehmen, fügte er etwas unsicher hinzu „Das macht man doch so in Deutschland, oder hab ich da was durcheinander geworfen?“ Plötzlich musste Isa kichern. Irgendetwas an dem Rotschopf erinnerte sie stark an Lena. Nun war es an den drei anderen verdutzt zu gucken. Da das Mädchen nicht aufhörte zu kichern, veranlasste das den Punk zu fragen „Äh sorry, hab ich was falsch gemacht?“ Daraufhin musste die Schwarzhaarige los grölen. Ja, genau das hätte Lena jetzt auch gesagt. Isa konnte es nicht fassen. Sie war auf die männliche Version ihrer besten Freundin gestoßen!!! Jedenfalls schien das bis zu diesem Zeitpunkt so. Schließlich hatte sie es geschafft sich wieder einzukriegen. Sich die Lachtränen aus dem Augenwinkel wischend schüttelte die Schwarzhaarige nur den Kopf. Dann schlug sie in die, ihr immer noch dargebotene, Hand ein. Schnell merkte Isa, dass sie Leute hier bedeutend lockerer drauf waren, als der Rest der Schüler an der Ouran. Genau wie Isa auch, versuchten sie sich so gut es ging, den vorgesetzten Normen ihrer Familien zu entziehen. Mittlerweile war sich das Mädchen so gut wie sicher, dass einem, wenn man in die obere Schicht eines solch konventionellen Landes rein geboren wurde, nur zwei Schicksale ereilen konnten - entweder man mutierte aufgrund überstrenger Erziehung zum Spießer oder man hielt den enormen Druck nicht Stand, woraufhin man den Verstand verlor. (Bestes Beispiel stellte in zweiter Beziehung die Typen aus dem Host Club dar.) Doch die drei Bandmitglieder waren alles andere als verrückt und schon gar nicht spießig. Zu 4times2desaster zählte die zurückhaltenden Nara, bei der man sich aber, wenn sie auf dem Schlagzeug abrockte, fragte, ob es sich um dasselbe unscheinbare Mädchen handelte, was noch eben so wortkarg dagesessen hatte. Der Zweite im Bunde war Daisuke. Er schien eigentlich fast Lena Nr. 2 getauft werden zu können. Jedoch wurde Isa schnell eines Besseren belehrt, als sie sich nämlich in der Pause von ihrer E-Gitarre entledigte und über den Teppich zu den Tischen hinüberging, um sich dort etwas einzugießen (es herrschte glücklicherweise strenges Eintrittsverbot für das Personal während der Proben), trat sie auf etwas Weiches, was unter ihr ein wenig nachgab und dabei ein pupsendes Geräusch erzeugte. Schnell sprang die Schwarzhaarige einen Schritt zurück. Doch schon dröhnte schallendes Gelächter zu ihr herüber. Sie fuhr herum und erblickte Daisuke, der unter Lachen hervorwürgte „Na, wer hat denn da einen fahren lassen? Pupst der Bauer auf dem Trecker, war die Bohnensuppe lecker!“ Dafür kassierte er einen bösen Blick von Nara ein, während Isa ihm entgegenschleuderte „Hey, Alter. Hast wohl noch nie das tolle Gefühl gehabt einen fahren zu lassen. Oder…“ sie hab provozierend eine Augenbraue “…könnte es sein, dass du vielleicht so eingebildet bist, dass du nur deine eigenen Gase magst!“ Es war auch Nara, welche Isa, nachdem sie das Furzkissen unter dem Teppich hervorgeholt hatte und es auf seinen Urheber zurückwarf, der sich kichernd die Hände vors Gesicht hielt um nicht die Nase gebrochen zu bekommen, kurz klarmachte, dass Daisuke fast immer so drauf war und das sie echtes Schwein gehabt hätte, dass auf der Tür kein Eimer voller Wasser gestanden habe, so wie es letzte Woche der Fall gewesen wäre. „Reg dich mal ab, Naraleinchen“ frotzelte der Rotschopf „Ich wollte doch nur mal testen, wer sich hier versucht bei uns einzuschleichen“ Und ich meinte schon, dachte Isa verdrießlich, ich hätte Lenas verschollenen Zwillingsbruder wieder gefunden. Wie leicht man sich doch in Leuten täuschen konnte. Entweder war er gar nicht mit Lena verwandt oder aber es handelte sich bei ihm, um ihren bösen Zwillingsklon. Wer wusste das schon? Dennoch sah das Mädchen über den kleinen Scherz hinweg, was wie sich später erwiese, goldrichtig gewesen war, denn falls der kleine Punk nicht gerade einen neuen Streich für seine Lehrer oder Mitschüler ausheckte, stellte er die Nettigkeit in Person da. Die Aufgabe des dritten Bandmitglieds und gleichzeitigen Bandleaders bekleidete Gin. Eine Sache die Isa ihm zu Gute halten musste war, dass er sich in seiner Position nicht über die anderen Mitglieder aufschwang oder sich einbildete, ihm unterstände das alleinige Recht der Entscheidungskraft - so wie es wahrscheinlich die Chefs des Karate- oder Fußballclubs handhabten. Nein, Gin hielt nichts davon die auf dem schulischen Dokument festgehaltene Macht auszuspielen. Jeder war in der Band gleichgestellt. Isa rechnete ihm dies hoch an, dennoch gab es da auch einige Dinge, welche ihn in den Augen der Schwarzhaarigen nicht so sympathisch machten. Diese kleine Abneigung gegenüber ihn basierte wohl kaum auf sein Äußeres. Denn das entsprach dem eines berühmten Rockstars von der Titelseite eines Musikmagerzins. Schon am Montag bei ihrer ersten Bandprobe hatte Isa den Eindruck gehabt, dass alle hier viel Zeit und Mühe in die AG steckten. Die drei übrigen Mitglieder waren allesamt älter als Isa und noch dazu überaus musikalisch. Bei dem Gesang zu den Songs wechselten sich Daisuke und Gin ab. Gerade waren sie dabei ihre Instrumente zu stimmen, als Gin ernst zu Isa meinte „Im Eigentlichen bist du sehr gut, trotzdem solltest du etwas an deiner Grifftechnik arbeiten, damit die Akkorde sauberer klingen“ Normalerweise vertrug Isa diese Art von Kritik überhaupt nicht. Besonders wenn es um ihre Uschi ging, verhielt sie sich immer sehr eigen und ließ keine Ansicht, außer ihre eigene, gelten. Umso ungewöhnlicher war es für die Schwarzhaarige ohne jegliche spitze Bemerkung oder einen schnippischen Unterton „Kein Problem“ zu entgegnen. „Ja, ja mal wieder voll unser Chefchen, ne“ neckte Daisuke den Bandleader und schien sich dabei köstlich zu amüsieren. Gin zog eine Augenbraue hoch. „Habe ich dir nicht schon einmal heute gesagt, dass du deinen hübschen Mund geschlossen halten solltest, Schatz. Andernfalls konnte ich da auch nachhelfen“ fügte er mit einem lasziven Blick auf den Rotschopf hinzu, der nicht verheimlichte mit welcher speziellen Art der gut aussehende Dunkelhaarige vor hatte den kleinen Punk ruhig zu stellen. Am Anfang kam Isa das Verhalten von Gin sehr merkwürdig vor. Doch nun war sie zu dem Schluss gekommen, dass es sich eben um seine ganz eigene Art handelte, jemanden zu zeigen, dass er ihn mochte. Man durfte seinen Frotzeleien mit Nara nicht zu viel Bedeutung beimessen. Desto trotz war sich das Mädchen manchmal bei dem Verhältnis zwischen ihm und Daisuke nicht ganz sicher. Ob da nicht mehr hinter steckte, als die zwei vorgaben? Hinweise dafür gab es zur Genüge. Zwar handhabten sie es nicht so auffällig wie die Zwillinge aus dem Host Club. Doch was die Zwillinge anbelangte, war sich Isa schon längst darüber bewusst, dass ihre Homoinzestliebe gespielt war. Jedenfalls was das „Homo“ anging, besaßen beide ein hervorragendes schauspielerisches Talent. Man hätte die zwei gut auf das städtische Theater loslassen können. Ohne Zweifel würden sie sich schon nach der ersten Aufführung zu den heimlichen Stars der Vorstellung hoch gemausert haben und so die Hauptprotagonist in den Hintergrund drängen. Während Daisuke Gin einen Blick zuwarf, in dem eine Mischung aus Ärgernis und Belustigung mitschwang, wollte Isa gerade zur Probe den E-Moll Accord anschlagen, als es urplötzlich im Zimmer dunkel wurde. Alarmiert huschten die Augen des Mädchens zu den Fenstern hinüber. Jemand hatte die dicken bis zum Boden reichenden Vorhänge zugezogen, um zu verhindern, dass jegliches Sonnenlicht ins Zimmer gelangte. „Ähm, was ist denn jetzt…?“ hörte man Daisukes unruhig gewordene Stimme schlagartig abklingen, als mitten im Raum ein von unten beleuchtetes Gesicht erschien. Wie ein Mond, der von der Dunkelheit umgeben war, konnte man in den wenigen Licht, das kleine Schatten über die blasse Haut tanzen ließ, schwarze, glatt, am Kopf herunterhängende Haarsträhnen erkennen. Auf Augenhöhe schwebte das Gesicht durch den Raum genau auf die vier Bandmitglieder zu, welche sich selbst allesamt nicht, aber dennoch den Kopf ausmachen konnten. Es verstrichen mindestens zehn Sekunden bis Isa realisierte, dass ein in einem dunklen Umhang gehüllter Junge durch den Raum schlich und dabei einen Kerzenleuchter unter sein Gesicht hielt. Schließlich blieb er vor ihnen stehen. „Hallo liebe Bandmitglieder.“ Seine Stimme besaß einen ruhigen Klang fand die Schwarzhaarige, jedoch schwang in ihr auch etwas Unheimliches mit, dass sie irgendwie an einen Vergewaltiger aus einer dieser, abends zwischen sechs und acht auf dem Fernsehprogramm stehenden, Kriminalsoaps erinnerte. Sein nachtschwarzer Mantel und die im Raum herrschende Dunkelheit machten dies schaurige Ambiente auch nicht besser. „Wir, vom Club der Schwarzen Magie haben uns dazu bereit erklärt euch einen exklusiven Besuch abzustatten“, verkündete er. Isa blickte sich um, in Erwartung, noch mehr fragwürdige Gestalten auszumachen, die versuchten sich mit einem Kerzenleuchter die Haare abzufackeln, konnte aber niemanden mehr entdecken. Die Schwarzhaarige wollte gerade etwas sagen, doch der Junge sprach schon weiter „Wir, der Club der schwarzen Magie, sind bereit euch in unseren Club aufzunehmen und da wir kurz vor dem hohen Fest stehen, an dem wir Zeugen sein werden, wenn uns die Geister beehren, hatten wir vorgesehen euch ein extra Willkommensgeschenk zu machen!“ „Warte mal!“ rief Isa in die Schwärze hinein „Was bist du, dass du hier so einfach reinplatzt. Ich mein du…“ weil sie keine Worte mehr fand, versuchte sie stattdessen einen Vogel zu zeigen, doch aufgrund der Dunkelheit rutschte ihr Finger dummerweise an der Stirn vorbei, was wegen des Lichtmangels aber zum Glück niemand bemerkte. Das wäre auch verdammt dämlich rüber gekommen. „Hey, beruhig dich“ erhob auf einmal Nara ihre relativ selten hörbare Stimme „Das ist nur der…äh…“ Die Brünette gestikulierte ein bisschen oder wenigstens meinte Isa ein paar sich hektisch bewegende Handumrisse aus ihrer Richtung zu erkennen „…der Geistliche von diesen Humbugverein.“ entschloss sie sich schließlich zu sagen „Er geht in die selbe Klasse wie ich. Er heißt Nekozawa und ist eigentlich ganz okay, wenn er nicht gerade auf einen seiner fanatischen Okkultismustrips ist“ „Was er eigentlich dauernd ist“ flüsterte Daisuke leise, aber noch so laut, dass Isa es mit ein wenig Mühe verstehen konnte. „Hey, du Orakelfan!“ rief plötzlich Gin „Du trägst da ein süßes Mäntelchen! Willst du uns nicht einmal zeigen, was sich darunter verbirgt?“ Genervt verdrehte Isa die Augen. Warum zum Teufel musste auch immer ausgerechnet SIE, ja ausgerechnet SIE, an diese Sorte von Leuten geraten?, fragte sich das Mädchen im Stillen. Denn abgesehen von Gins hervorragenden Qualitäten als Bandleader, gab es nichts, was ihn, ihrer Meinung nach, auf irgendeine Art sympathisch machte. Und nun zu den Dingen, die Abneigung bei Isa gegenüber Gin auslösten. Erstens: Der Typ spielte eindeutig in derselben Liga, wie Tamaki. Mit anderen Worten: Er schreckte vor nichts zurück. Ob nun männlich oder weiblich - alles musste um sich bangen, wenn es nicht bei drei auf dem Baum war. Das Einzige, das ihn von Tamaki unterschied, war neben seiner Bisexualität, die bei weitem ruppigere Art mit der er Anmachen sehr direkt rüberbrachte. Im Gegensatz zu dem blonden Host versuchte Gin nämlich nicht Sachen möglichst weitgehend durch die Blume zu vermitteln. Nein, wenn der Wolf das Reh gesichtet hatte, hieß es nichts anderes als: Angriff! Zweitens hatte Isa manchmal das Gefühl, dass er sie oft nicht richtig ernst nahm. Dies ärgerte sie ungemein. Als abschließenden Punk konnte man nur sagen, dass Gin in die Spate des typischen Playboys erster Klasse gehörte. Er sah keinen Sinn darin sich als Gentleman zu tarnen. (Isa übrigens auch nicht. Playboy blieb nun mal Playboy) Aber, dass er auch so einen Geistlichen abgraben würde, der genau so aussah, als sei er direkt einem dieser schlecht gemachten Horrorfilmen entsprungen, gab dem Ganzen ein ganz neues Niveau. Schon crass wie Gin drauf ist, überlegte Isa, vermutlich würde er selbst eine auf der anderen Straßenseite vorbei kriechende Oma anmachen. Die Oma würde Gin entweder völlig ignorieren oder ihn mit ihrer Tasche ins Land der Träume befördern. Bei dieser komischen Vorstellung wurde Isa von einem heftigen unkontrollierten Kicheranfall erfasst. Nekozawa ging weder auf die Anspielung des Bandleaders noch auf Isas irres Lachen ein. „Ihr fragt euch jetzt sicherlich, warum wir ausgerechnet euch diese Ehre zu Teil werden lassen“ „Die geben sie jedem Club oder Verein an der Ouran“ flüsterte Daisuke im Hintergrund und Isa konnte sich deutlich vorstellen, wie er mit einem Finger in seinen offenen Mund zeigte um seinen Kommentar mit einer sehr meinungsunterstreichenden Geste zu verstärken. „Der Grund für eure Auserwählung“ ließ sich Nekozawa nicht von seinem Text abbringen „ist, dass unsere clubeigene Wahrsagerin, Tilla, eine böse Aura aus diesem Raum wahrgenommen hat. Wir vermuten stark, dass die Geister eurer Musikinstrumente verstimmt sind. Deshalb wollen wir hier eine Geisterbeschwörung durchführen um die Geister, zu fragen, was ihre Laune so verstimmt hat“ Daisuke warf zweifelnd ein „Aber wir haben doch erst gerade eben die Instrumente gestimmt“ Isa schlug sich innerlich mit der Hand gegen die Stirn. Auch meinte sie zwei leise Seufzer aus Gins und Naras Richtung zu vernehmen. Noch ein Punkt in dem Daisuke Lena unglaublich ähnelte. Diese schreckliche Naivität, die einem oft Dinge, anders verstehen ließ, als sie eigentlich gemeint waren. Wieder beachtete der Junge mit dem schwarzen Mantel den Einwurf nicht, sondern begann den brennenden Kerzenständer gefährlich von rechts nach links zu schwenken. Aber Isa meinte zu wissen, wie man mit dieser Sorte Leute kommunizieren konnte. Die wichtigste Regel war: niemals sollte man alles, was aus dem Mund eines „Halbgruftis - Halbjunkies“ kam, zu genau nehmen. Zumal man ja nicht wusste, wie tief er schon in die Wasserpfeife geschaut hatte und ob er nicht, so wie es Isa von vielen Leuten gehört hatte, kurz davor gestanden hatte, sich von der Brücke zu stürzen, weil sein vernebeltes Gehirn, die Strukturen vom Verhalten eines Vogels angenommen hatte, welche den Drang verspürten hinaus in die Freiheit zu fliegen. Diese typische Aktion ging meist so aus, dass der Junkie platt wie ein Pfannekuchen auf den Straßenasphalt lag und der Krankenwagen eben diese Straße runter bretterte, um ihn zu Hilfe zu kommen, - ihn dann aber am Ende aus Versehen überfuhr… „Jo, Alter, chill mal“ meinte sie locker „Das tut deinen Karma voll nicht gut und wenn du schon dabei bist, dann steck gleich auch deinen Kerzenkram da weg, sonst fackelst du dir noch die Haare ab. Nicht besonders vorteilhaft, wenn man plötzlich mit einer Glatze rum rennen muss“ Komischerweise zuckte der Schwarzhaarige, so weit Isa das aufgrund der sehr spärlichen Lichtquelle erkennen konnte, ausgerechnet bei diesen Worten zusammen. Häh, was geht denn jetzt ab?, frage sich das Mädchen. „Keine Sorge“ kam es von Daisuke „Der läuft dauernd so rum und wenn es zum Haarbrand kommen sollte, hat er ja als Kopfschutz die Perücke. Die ist dann als erstes dran“ Interessant, dachte Isa und nahm sich vor das Gesagte über die Perücke in ihren Kopf zu speichern. Doch genau diese Äußerung von Daisuke ließ Nekozawa Köper unkontrolliert zittern. Das Klappern seiner Zähne erzeugte ein Geräusch, als würden die Zahnräder einer kleinen Modeleisenbahn aufeinander preschen. „Hey, mach dich mal locker“ rief Isa verwundert „Ich meine doch nur, dass du deine Kerzen einpackst und ich dafür die Vorhänge aufmache“ „Nein“ keuchte er, wobei seine Augen erschrocken aus den Höhlen traten. „Das solltest du besser nicht machen“ meinte Gin auf einmal ganz ernst, was Isa die Stirn runzeln ließ, denn wenn es nicht gerade um Musik ging zeigte der Bandleader ausgesprochen selten gegenüber ihr seine ernste Seite, welche so gar nicht zu seinen Macho Image passte. Danach fuhr er fort „Nekozawa hat nämlich eine überaus schwere Lichtphobie, was wir spätestens raus gefunden haben als unser Schlumpf Daisuke bewaffnet mit etlichen Handscheinwerfern, die er dem Theaterclub geklaut hatte, in Nekozawa Gruftkammer eingedrungen ist“ „Hey, ich wusste doch nicht, dass er vor lauter Schreck den Feueralarm auslösen, dann aus dem Fenster springen und unten bewusstlos liegen bleiben würde“ verteidigte sich der Rotschopf. Gin schnalzte ungeduldig mit der Zunge, bevor er einen Schlussstrich zog „Trotzdem hast du es gemacht, du Schlumpf“ Danach wandte er sich wieder an den Vertreter vom Club der schwarzen Magie „Keine Angst, Nekozawa. Die Vorhänge bleiben zu“ Daraufhin schien sich der Halbjunkie wieder zu fassen. Als er nun sprach, klang seine Stimme weniger wie die eines Vergewaltigers, welcher versuchte sein Opfer in seinen Wagen zu locken. Nein, nun hatte sie etwas viel Verletzlicheres – etwas Misstrauischeres an sich. „G-Gut, wenn wir das hätten, dann müsste ich euch nur noch erklären, dass es eine Aufnahmeprüfung braucht, um unseren Club der Schwarzen Magie beizutreten“ „Nekozawa, sag mal, wie viele Mitglieder hat eigentlich dein Club?“ wollte Daisuke wissen. Zur Antwort hob der Angesprochene drei Finger, danach redete der Typ mit einer plötzlich so schaurigen Stimme weiter, dass selbst Isa die Nackenhaare zu Berge standen und sie sich frage, was er außer einer Wasserpfeife noch so alles nahm. „Drei ist eine gute Zahl“ Ein hysterisches Lachen verließ seinen Mund. „Eine schicksalhafte Zahl“ Ja, eine Zahl, an der man sieht, wie viele Leute durchgeknallt genug sind, um eine Aufnahmeprüfung für einen Hokuspokusclub abzulegen, dachte das schwarzhaarige Mädchen. „Aber mit euch“ rief Nekozawa aufgeregt aus - und Isa kam er vor als wäre er von etwas besessen „sind wir sieben!!!“ „Ach ne“ murmelte Daisuke. „DIE ULTIMATIVE SIEBEN!“ brüllte Nekozawa. Dann musste er einmal nach Luft schnappen. Diese Chance nutze Gin aus. „Nekozawa, willst du wirklich nicht, dass ich dich von der Last deines Mäntelchens befreie. Die Heizung läuft auf Hochtouren. Dir muss doch unglaublich heiß sein“ Erneut verdrehte Isa innerlich die Augen. Gin ließ sich echt keine Gelegenheit entgehen...nicht einmal in so einem irrealen Moment…. „Nein, nicht nötig“ meinte Nekozawa abwehrend und sie könnte nicht deuten, ob er Gins Hintergedanken bemerkt hatte, so vertieft wirkte er in seine Rede. „Viel Glück bei eurer Prüfung. Sie wird nicht leicht werden“ wünschte ihnen der Halbjunkie „Ach ja fast hätte ich es vergessen“ Er holte etwas aus der Innentasche seines nachtschwarzen Umhangs und warf es durch die Dunkelheit in Isas Richtung. Einen Moment später füllte die Schwarzhaarige, wie etwas sie hart am Kopf traf. Instinktiv schnappte das Mädchen nach dem entgegen ihrer Annahme unerwartet weichen, flauschigen Ding. „Den werdet ihr brauchen“ meinte Nekozawa ernst zum Abschied. Ein aufheulendes Geräusch durchdrang den Raum und auf einmal war er mitsamt seinem als Kerzenleuchter getarnten Haarschmorgerätes verschwunden. Sofort trat Nara ans Fenster um sie Vorhänge beiseite zuziehen. Augenblicklich flutete helles Herbstsonnenlicht ins Zimmer. Im ersten Moment musste Isa blinzeln, damit sie nicht geblendet wurde. Als sie sich wieder einigermaßen an das Licht gewöhnt hatte, starrte sie das Ding in ihren Händen an, welches ihr der Geistliche zugeworfen hatte. Beim Anblick der beschen Katzenpuppe kräuselte sich ihre Stirn. Dieses Stofftier ähnelte auf unangenehme Weise ihren früheren Handpuppen mit denen die Kindermädchen extra für sie ein Kaspaletheater aufführen mussten. Doch in der Regel hatte sich der Vorrat an Isas Handpuppen stetig verringert, da so manche ihre Wutausbrüche nicht überlebten. Nur sehr wenige der Kuscheltiere hatten damals Glück und erlitten vielleicht gerade mal den Verlust eines Auge oder Ohres. Dennoch…. Warum hatte dieser geistliche Halbjunkie ausgerechnet ein Plüschtier auf sie geschmissen? Sicherlich war er nicht der Typ, der Tag und Nacht mit seinem Plüschtier rum spazierte, wie dieser Honey es durchgehend tat. Das war einfach nicht seine Art, fand Isa. Nein, da musste etwas anderes hinter stecken. Vielleicht wollte er sie ja kränken, weil man diese Geste in seiner Religion möglicherweise als Beleidigung verstand. Allerdings wusste Isa nicht, weshalb er dies machte. So weit sich das Mädchen erinnerte, hatte sie es aufgrund der Überraschung seiner Abnormalität (ja Nekozawa war für sie eine Abnormalität) geschafft fast alle ihre sarkastischen Kommentare für sich zu behalten. Mittlerweile hatten sich die anderen Bandmitglieder um sie herum versammelt. „Ist das nicht Beelzenef der Fluchbringer?“ fragte Daisuke, der nun ebenfalls das Katzenfiech, welches Isa in Händen hielt, betrachtete. Die Schwarzhaarige blickte auf und konnte gerade noch sehen, wie Gin und Nara wortlos nickten. „Aber warum hat er…?“ setzte Isa zur Frage an, doch Gin unterbrach sie „Ja, das würde ich auch gerne wissen. Beelzenef ist an unserer Schule eigentlich sehr geläufig.“ Kein Wunder, wenn er gleich jeden Unschuldigen mit dieser albernen Puppe bombardiert, dachte Isa. „Wie könnte es auch anders sein, wenn Nekozawa ausnahmslos allen Leuten die Puppe gibt und die Hälfte von ihnen als verflucht bezeichnet oder losposaunt, dass ihr Schicksale seiner Meinung nach unter einem schlechten Stern ständen“ mischte sich der kleine Punk aufmüpfig ein. „Ach so“ begriff Isa „Der Junkie bildet sich ein, dass, wenn wir seinem Club nicht beitreten, verflucht werden“ „Ah, für dich ist er also ein Junkie“ bemerkte Gin grinsend. Dann wurde er schlagartig ernst „ Ich denke nicht, dass er uns einen Fluch anhängen wollte. Nekozawa sagte, die Puppe würde uns bei der Prüfung helfen“ „Die wir nicht einmal ablehnen konnten“ murmelte Isa düster. Das hatte der Schwarzhaarigen gerade noch gefehlt. Irgendwie schien es auf dieser Schule nur auf das Eine hinauszulaufen. Nämlich, dass man dem Betritt eines völlig unnützen Clubs zustimmte. Ganz so wie auf Kaffeefahrtveranstaltungen wurden die Leute - je nachdem wie man es nahm - entführt und dann so lange bedrängt, bis sie eines dieser halb kaputten aus der Mode gekommen Teesets oder einen uralten scharz-weiß Fernseher aus dem vorigen Jahrhundert kauften, nur um, wenn sie wieder zu Hause waren, feststellen zu müssen, dass sie das stolz erworbene Stück sofort in den Müll kippen konnten, woher es zu hundert Prozent auch stammte. Aber dieser Halbjunkie schien sogar nach Isas Empfinden noch eine Spur härter drauf zu sein als alle 7 Host Club Mitglieder zusammen. (Sie staunte immer noch, dass es wahrhaftig jemanden gab, der diese Bande voller Verrückter übertrumpfte). Trotz dieser Feststellung kam ihr Nekozawa allein im Vergleich zu Tamaki noch ziemlich umgänglich vor. Wenn sie sich zwischen der Gesellschaft eines Irren, der Geisteraustreibungen durchführen wollte, und der eines Clowns, welcher mit seinem ganzen Hostclubzirkus angetanzt kam, entscheiden müsste, wäre ihre Wahl ohne Zögern auf ersteres gefallen. Na gut, diese Entscheidung war nicht wirklich von leichten Eltern, denn etwas Unheimliches strahlte der Halbjunkie selbst auf sie aus. Ob sie sich nicht doch lieber…. Plötzlich kamen ihre Gedanken ins Streucheln. Warum verschwendete sie überhaupt ihre Zeit, indem sie über solch einen Mist nachdachte? Die ganze Sache war vollkommen absurd. Die Begegnung mit diesem Geistlichen musste unweigerlich ihr Gehirn vernebelt haben. „So wie ich Nekozawa kenne, werden wir wohl nicht mehr aus der Sache herauskommen“ sagte Gin. Nickend gab ihm Nara Recht „Uns bleibt nichts anderes übrig als mit zu spielen“ „Halt Stopp!“ platzte es aus Isa heraus „Das könnt ihr doch nicht gefallen lassen!“ Ein lautes Seufzten entrann Gins Kehle. „Unglaublich in welch gegensätzlichen Richtungen Menschen im Stande sind sich zu entwickeln“ Da wurde Isa hellhörig. Sie spürte, dass irgendetwas auf Gin lastete. Anders konnte sie sich sein unpassendes melancholisches Verhalten und seine zum Teil niedergeschlagene Mine nicht erklären und es machte ganz den Anschein, als wäre Nara nicht gerade uneingeweiht. Dies veranlasste sie zu fragen „Wie lange kennst du ihn denn eigentlich schon?“ Abermals entrann ein leises Seufzen Gins Mund. „Lange genug um zu wissen, wie er in Wirklichkeit ist“ Etwas sagte der Schwarzhaarigen, dass es jetzt nicht gut wäre weiter rumzustochern. Deshalb schaute sie stattdessen nachdenklich auf das ausdruckslose Gesicht der Katzenpuppe, das ihr auf einmal gar nicht mehr so ausdruckslos erschien. Wenn man Beelzenef sogar länger betrachtete, könnte man glatt den Eindruck bekommen, er hätte den Mund zu einem unheimlichen Grinsen verzogen. Sich in Gedanken selbst verspottend schüttelte Isa langsam den Kopf. Es handelte sich bei dem Gegenstand nur um eine alberne Handpuppe mit ausdruckslosem Plüschgesicht. Drehte sie denn jetzt völlig durch, so dass sie schon Gespenster sah? ****************************************************************************** Puh! *auf dem Bett zusammenbrech* Ich bin dermaßen alle nach diesem langen Kapi. Eigentlich sollte es ja nicht in so eine Masse ausarten, aber na ja es ist eben so gekommen. Vielleicht liegt die Ursache darin, dass ich vier neue Charaktere in die Story einflechten musste. Gut, wenn man's genau nimmt nur drei, da Nekozawa aus dem Manga und Anime bekannt ist. Ob er in Zukunft eine größere Rolle spielt, verrate ich noch nicht. Trotzdem wird er in den folgenden Kapi noch auftauchen. Ach ja den Host Club werden wir im nächsten Kapi auch wieder sehen. Ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen. Wie immer bemühe ich mich, das nächste Kapi im nächsten Monat hochzuladen^^ also bis denne^^ LG eure snowfairy Kapitel 14: Teekränzchenschreck mit Poltergeistern -------------------------------------------------- Kapitel 14 Teekränzchenschreck mit Poltergeistern Die Tür fiel mit einem krachenden Geräusch ins Schloss, als Isa Lenas Zimmer betrat. „Hey, bist ja schon da!“, meinte sie, zog dann aber eine Augenbraue hoch beim Anblick ihrer Freundin, die mit angezogenen Beinen auf der Bettkante hockte und so, wie es den Anschein machte, gedankenverloren durch das Fenster blickte, hinab auf den Park, dessen Boden schon mit einem rotgelben Teppich aus heruntergefallenen Kirschbaumblättern bedeckt war. „Du wirst nicht glauben, was grad passiert ist!“ Isa machte eine Pause, darauf wartend, dass sich die Brünette neugierig geworden zu ihr umwandte. Aber nichts dergleichen geschah. Trotzdem erzählte die Schwarzhaarige einfach weiter. „Jedenfalls war das vorhin voll verrückt. Wir war`n da grad so am Proben, und plötzlich kommt da so` en Junkie rein und labert so was von Clubbeitritt und Aufnahmeprüfung. Voll krass, oder?“ Wieder blieb eine Reaktion seitens Lenas aus. „Schau mal! Den hab ich als Gratisgeschenk oben drauf bekommen!“ Indes wedelte Isa mit der Katzenfluchbringerpuppe vor dem Gesicht der Brünetten herum. Plötzlich brach sie ruckartig ab, mit der Puppe hin und her zu fuchteln. „Hey, du hast doch niemandem den Kopf abgeschossen, oder? Erde an Lena“ Da drehte das Mädchen Isa langsam den Kopf zu. Ein seliges Lächeln lag auf ihren Lippen. „Lena… du bist irgendwie grad voll unheimlich“ Nach einem Moment der Verunsicherung trat die Schwarzhaarige an ihre Freundin heran, um ihr eine Hand auf die Stirn zu legen. „Fieber hast du jedenfalls schon mal nicht“ murmelte sie. Ohne jede Vorwarnung begann Isa Lena wild zu schütteln. „Hey, jemand da?“ Wie ein Wackelpudding, den man zum Tisch trug, schwankte Lenas gesamter Körper hin und her, so als würde er selbst nur aus Gelatine bestehen. Dennoch wich das träumerische Lächeln nicht aus ihrem Gesicht. Ein wenig frustriert ließ Isa von der Brünetten ab, hob aber gleich wieder an zu sprechen „Na gut, wenn du eh nicht mit mir reden willst, hab ich ja nichts zu befürchten. Falls du dich fragst, was mit deinen letzten beiden „Milka-Tirolriegel“ passiert ist, kann ich nur sagen, die waren echt verdammt legger“ Ein kleines Nicken bestätigte der Schwarzhaarigen, dass sich ihr Gegenüber zum gegebenen Zeitpunkt nicht in derselben Dimension wie sie befand. „Weißt du“ fuhr sie ein wenig bissig fort „Wenn ich jetzt schon am Beichten bin, kann ich ja alles gestehen. Auf alle Fälle ist von deiner Mangasammlung nur noch nen Häufchen Asche übrig“ Als Antwort auf diese erschreckende Offenbarung, die Lena unter normalen Umständen dazu gebracht hätte, Zeter und Mordia zu schreien, erhielt Isa lediglich ein leises „Ja“. Help, mit der stimmt wirklich was nicht, dachte das schwarzhaarige Mädchen verzweifelt. Fieberhaft durchforstete sie ihren Kopf nach etwas Brauchbaren, was dazu beitragen könnte, ihre Freundin wieder ins Hier und Jetzt zu befördern. „Bist du ganz sicher, dass es dir gut geht? Weißt du, ich hab gehört, das die Schulärzte gerade einen Rundgang machen“ „Okay“ kam es nur von Lena. Ungehalten seufzte Isa auf. „Dich scheint ja gar nichts mehr zu interessieren. Weder, dass Japan eigentlich nach berechneten Maßstäben vollkommen überbevölkert ist und aufgrund des überschüssigen untragbaren Gewichtes in Kürze im Meer versinken müsste, geschweige denn, dass wahrscheinlich jeder dieser Clowns aus diesem Hostclub verlobt ist – sie es aber geheim halten, um einen dicken Batzen an Knete zu machen“ Bei diesen Worten schoss Lena, als hätte sie etwas gestochen, senkrecht in die Höhe. „Wie bitte was!?“ rief sie und Isa meinte einen Hauch Panik aus ihrer Stimme herauszuhören. Ein lang gezogenes A-haa verließ die Lippen der Schwarzhaarigen „Da haben wir es also. Was beschäftigt dich denn so mit diesem Idiotenverein, dass ich schon denken musste, dass du von Apathie befallen wurdest?“ „N-nichts“ meinte Lena und setzte sich vorsichtig wieder hin. „Und das soll ich dir glauben?“ Isas hoch gewanderten Augenbrauen drohten in ihrer Frisur zu verschwinden. Mechanisch bewegte sich Lenas Kopf rauf und runter. „Schon klar“ meinte Isa gedehnt, bevor sie sich abwandte, um rüber in ihr Zimmer zu gehen. Am Wochenende hatten Lena und Isa ganze zwei Tage zum Ausspannen. Da die anderen Schüler am Freitagabend nach Hause chauffiert worden waren und erst am Sonntagabend zurück kommen würden, hatten die beiden das ganze Internat mit ein paar Angestellten, die extra für den Wochenenddienst eingeteilt waren, ganz für sich allein. Lena verbrachte den Tag mit langem Ausschlafen, einem darauf folgenden Wellnesspflegepaket – mit enthaltender Massage - und widmete sich dann ihrer Lieblingsbeschäftigung – nämlich dem Schmökern von Mangas (die Isa glücklicherweise doch nicht verbrannt hatte). Währendessen nutzte Isa die Zeit damit, in ihrem Zimmer heftig auf ihrer Uschi abzurocken. Und so kam es, dass, bevor die zwei es eigentlich richtig realisiert hatten, der Sonntagabend eingekehrt war. Von ihrem Fenster aus beobachtete Isa, wie sich unten auf dem Vorplatz eine monströse Limousine hinter der nächsten in die Schlange einreihte, um die Sprössling der Reichsten der Reichen des Landes wieder abzuliefern. ★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★ „Isa, komm schneller!“ keuchte Lena. Die beiden Freundinnen hetzten durch die verzweigten Gänge des Schulgebäudes. „Aber wir sind sogar jetzt schon voll zu spät!“ rief Isa entnervt. Ihr war es unbegreiflich, warum die Brünette überhaupt noch solch eine Hektik an den Tag legte. Auf fünf Minuten später kam es ihrer Meinung nach auch nicht mehr an. „Na, wer hatte denn auch die doofe Idee, den Hausmädchen zu sagen, sie sollen uns nicht mehr wecken!? Ich bestimmt nicht!“ entgegnete die Schwarzhaarige schnippisch, welche nun zu der Brünetten aufholte. Lena erwiderte nichts darauf, sondern begnügte sich kurz mit einem Schmollmund. Schließlich kam die Tür in Sicht. Isa, die sich zwei Meter hinter Lena befand, drosselte schon ihr Tempo, um zum Stehen zu kommen. Indes hatte Lena wohl dieses kleine physische Problem der Schwerkraft vergessen. So geschah es, dass das brünette Mädchen noch im Laufen die Türklinken runterdrückte, mitten in den Raum krachte, sowie nebenbei den drahtigen Türportier umriss, der eben noch pflichtbewusst vorgehabt hatte, ihr die Tür zu öffnen. Mit einem Mal herrschte im Klassenzimmer Totenstille. Alle Köpfe hatten sich zu Lena umgedreht, welche, alle Viere von sich gestreckt, den kurzzeitig unter Schock stehenden Portier unter sich begrub. Isa schritt ebenfalls zur Tür herein. Schnell sah sie zu der sich stotternd wieder aufrichtenden Lena so auch zu den wie gelähmt daliegenden Angestellten und meinte dann ein wenig dumpf in die Stille hinein „Mahlzeit!“ Das schallende Lachen der Zwillinge übertönte das Kichern von Yvette, Fiona und Celin. Jedoch meinte Lena noch etwas wie ein herablassendes „Was für ein Trampel“ von Pumuckel zu vernehmen. Na toll, dachte sie, Yvette scheint sich echt zu amüsieren. Aber kein Wunder bei der Lachnummer, die ich abziehe. Vermutlich beschäftigte sich Isa im Moment ungefähr mit dem gleichen Gedanken. Jedoch ließ sie sich wie immer nichts anmerken, während sie mit Lena zu ihrem Platz ging. „Wirklich ein glanzvoller Auftritt. Wir haben selten so was Elegantes gesehen“ lobten die Zwillinge mit einer unübertrefflichen Ironie in den Stimmen. Die Schamesröte stieg Lena ins Gesicht, weshalb sie rasch den Kopf abwandte. Verdammt, warum muss ausgerechnet ihr ständig so was Peinliches passieren? Die Welt war nun mal alles andere als gerecht. „Na dann sind wir ja jetzt alle glücklich und zufrieden!“ meinte Isa provozierend in Richtung der zwei Rothaarigen. „Ähm, gut“ sagte der Lehrer, nachdem unter den Schülern wieder einigermaßen Stille eingekehrt war, sowie der Portier flink das Weite gesucht hatte „Bevor wir mit der Diskussion über die Opiumkriege fortfahren, die China Mitte des 19.Jahrhunderts erschüttert haben, werden unsere beiden Klassensprecher das Programm des heutigen Tages noch einmal für uns erläutern. Der Geschichtslehrer trat beiseite, woraufhin zwei Schüler sich von ihren Plätzen erhoben. Der eine war ein etwas schusselig aussehender Junge mit kastanienbraunem Haar und Brille. Dennoch lag eine sehr gewichtige Mine in seinem Gesicht. Neben ihm schritt ein Mädchen nach vorne. Bei jedem Schritt wippte ihr langes dunkles Haar hin und her. Die stellvertretende Klassensprecherin, Kurakano Momoka, des ersten Jahrgangs besaß ein sehr sonniges Gemüht, konnte jedoch auch unerwartet ernst werden. Als sie sich, vorne angelangt, zu der Klasse umdrehte, funkelten ihre braunen Rehaugen lustig. Die Brünette lächelte vergnügt, während sie einen leicht unbeholfenen Blick mit dem Klassensprecher, Kazukiyo Souga, neben sich austauschte. „In Ordnung“ begann sie „Wir haben am Freitag ja beschlossen, dass wir einen traditionellen Teenachmittag veranstalten werden….“ „Pfui! Ich will aber eine Gespensternacht! So was nennt man Unterdrückung der Meinung einzelner! Das ist Diskriminierung!“ brüllte Renge von ihrem Tisch her dazwischen. Kurakano ließ sich von Renges Einwurf weder einschüchtern noch aus dem Konzept bringen, sondern fuhr etwas starr lächelnd mit ihrer Rede fort. „Unterrichtsende wird heute 2 Stunden früher sein als gewöhnlich“ „Scheiß auf die öde Teerunde! Wir wollen eine Gruselnacht!“ beteiligten sich die Zwillinge nun ebenfalls an Renges hartnäckiger Protestaktion, welche daraus bestand, alberne Ausdrücke wie „Klassensprecherdiktatur“ „Mehr Meinungsfreiheit für Schüler!“ auf ein DIN- A4-Blatt zu kritzeln und in der Luft zu schwenken. „GRU - SEL - NACHT! GRU - SEL - NACHT! GRU - SEL - NACHT! GRU – SEL - NACHT!“ Alle drei schlugen im Takt der Silben mit den Händen auf die Tischplatten, was ein dumpfes Knallen verursachte und so ihren aussagekräftigen Worten zusätzliches Gewicht verlieh. Die direkt neben einem der Zwillinge sitzenden Haruhi hatte zu dem unmittelbaren Schauspiel nur einen höchst unbeteiligten Gesichtausdruck parat. Der Klassensprecher ergriff nun das Wort. Dabei musste er eine Lautstärke anschlagen, die es im erlaubte, nicht unter den „Gespensternachtrufen“ unterzugehen. „Es ist früher Schluss, damit ihr Zeit habt, euch in traditionelle Kimonos zu kleiden und danach in dieses Klassenzimmer zurückzukommen. Hier wird dann alles bereits für euch hergerichtet sein“ Er musste jetzt schon beinahe schreien, um die Schlachtrufe Renges und der der Zwillinge zu übertönen, wobei seine Stimme einen unglaublich hohen Sophran erreichte „DIE VERANSTALTUNG WIRD UM 20 UHR ENDEN, SO DASS IHR, LIEBE KLASSENKAMERADEN, MORGEN FRISCH AUSEGSCHLAFEN AUFSTEHEN KÖNNT. DIE HÖHEREN ZWEI JAHRGÄNGE WERDEN ZUR SELBEN ZEIT EINEN TEENACHMITTAG ABHALTEN. DIESER FINDET IN IHREN JEWEILIGEN KLASSENRÄUMEN STATT“ „Woll`n wir das schwänzen? Mich überkommt schon allein beim Gedanken an diesen ekelhaften Tee das kalte Kotzen“ flüsterte Isa Lena zu. „ACH, JA“ RIEF DER KLASSENSPRECHER „WER SICH ANMAßEN LASSEN SOLLTE, NICHT BEI DIESEM EVENT ANWESEND ZU SEIN, BEKOMMT DIE AUFGABE ZUGESCHRIEBEN, EINIGEN DER FÜHRENDEN CLUBS UNSERER SCHULE FÜR EINEN GEWISSEN ZEITRAUM UNTER DIE ARME ZU PACKEN!“ Daraufhin blickte die Brünette Isa nur bedeutungsvoll an und meinte „Nein, ich möchte noch nen bisschen Freizeit haben. Außerdem seh’s doch mal von der positiven Seite. Da wird man doch sicher was Traditionelles über Japan lernen“ Isa musste sich bei diesen Worten ein Gähnen verkneifen. Zwar hatte sie gerade mal so viel Lust auf diesen Teenachmittag, wie mit Pumuckl Teamwork zu machen, dennoch gab sie sich am Schluss gegen Lenas anhaltende Quengelei geschlagen. „Dafür habe ich dann aber was bei dir gut“ murrte die Schwarzhaarige, nachdem sie eingewilligt hatte. Begeistert nickte Lena nur. „Aber wie sehr du mich auch anflehen solltest, den Tee werde ich garantiert NICHT trinken“ fügte Isa noch bestimmt hinzu. ★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★★ Wie angekündigt wurde, endete der Unterricht frühzeitig und so hatten die Schüler genügend Zeit sich in ihre traditionellen Kimonos einzukleiden. Pünktlich nach Schulschluss hatten sich zwei Dienstmädchen in den Zimmern der beiden eingefunden. Die Angestellten führten Isa und Lena mehrere Modelle der traditionellen Trachten vor. Lena entschied sich für einen aus hellgrünem Stoff mit kleinen eingenähten rosa Kischblüten, während es Isa sofort ein in einem recht ausgefallenen rot schwarzen Zickzackmuster gestreifter Kimono angetan hatte. „So langsam scheint das Personal meine Vorlieben zu kennen“, meinte das schwarzhaarige Mädchen zufrieden, nachdem sie ebenfalls die Holzsandalen angezogen hatte, um sich mit Lena auf den Weg zu machen. Beim Eintreten in den Klassenraum ergriff Lena eine merkwürdige befriedigende Stimmung. Man hatte komplett alle Tische aus den Raum verfrachtet und so den nötigen Platz für die vier großen Kotatsus, die Pflanzen in den Blumentöpfen sowie die darunter liegenden hellgrauen Teppiche geschaffen. Die Brünette konnte nicht sagen, ob es auch andere so empfanden, aber aus ihrer Sicht hatte der Raum etwas von seiner hektischen, geschäftigen, Leistungsorientiertheit ausstrahlenden Atmosphäre verloren. Stattdessen ging nun eine gewisse Ruhe von ihm aus. Ohne groß darauf zu achten, wohin sie sich setzten, nahmen die beiden an einen der Kotatsus Platz. Wenig später gesellte sich Ayumi mit einem scheuen Lächeln zu ihnen. Hinzu kamen noch zwei Jungen, von denen weder Isa noch Lena die Namen behalten hatte. Als alle Schüler einen Platz gefunden hatten, erklang ein tiefer dröhnender Gong – das Zeichen für den Beginn der Veranstaltung. Schweigend wurden die Teeschalen rumgereicht. Gerade ärgerte sich Isa, wie unbequem die kauernde Haltung auf den Teppich war und begann schon zu überlegen, ob sie nicht die Füße einfach auf den Tisch legen sollte (niedrig genug war er ja), als plötzlich die japanischen Papierlampen, welche von der Decke hingen und den Raum in einen angenehmen Licht erhellten, erloschen. Man konnte daraufhin das schrille Kreischen einiger weiblicher Stimmen vernehmen. Dies nahm noch an Intensität zu, als ein hohes schauriges Lachen das Zimmer erfüllte. In dem ganzen Lärm ging die Stimme des Lehrers, der krampfhaft zur Bewahrung von Ruhe aufrief, vollkommen unter. Isa sowie auch Lena spürten die sich hektisch um sie bewegenden Körper. Hier und da erklang das Scheppern einer Teeschale, welche ihr endgültiges Schicksal wohl nun als Scherbenhaufen auf dem Fußboden gefunden hatte. Plötzlich erklang die schnarrende, durch die Lautsprecher verstärkte, Stimme einer Isa wohl bekannten Person. „Hallo meine lieben Freunde! Die Zeit ist reif für unser hohes Fest, an dem uns die Geister beehren werden und das meine Gefährten und ich so sehnsüchtig und voller Ungeduld erwartet haben. Die Stunde, in der die Gläubigen belohnt und in der die Ungläubigen ihre gerechte Strafe erhalten werden, ist angebrochen. Wir, der Club der Schwarzen Magie laden Euch herzlichst dazu ein Erfahrungen, Entdeckungen sowie Bekanntschaft mit den Geistern der Winterwende zu machen, welche uns nur zweimal in 12 Monaten die Ehre erweisen, ihr Totenreich zu verlassen, um für kurze Zeit in unsere Welt zu verweilen“ schnaupte Nekozawa in das Mikrofon „Lasst das Fest beginnen!!!“ Das ganze Geschrei hätte man Isas Meinung nach nicht besser, als mit diesen beiden Worten beschreiben können: Überflüssiger Radau. Wenngleich man, aufgrund des Stromausfalls, vielleicht nicht mal die Hand vor Augen sehen konnte, empfand sie das jedoch noch lange, als keinen gerechtfertigten Grund, um anzufangen wie am Spieß zu schreien. Aber bedauerlicherweise gab es wohl einige, die annahmen gleich gegrillt zu werden. Die Ankündigung des Halbjunkies hatte für viel Aufregung gesorgt. Die Folge stellte ein mittelgroßes Chaos dar, weil alle möglichst schnell raus wollten. Nun bewegte sich der zum Teil panisch durcheinander rufende Strom aus Schülern in eine Richtung. Selbst Isa und Lena wurden mitgerissen. Gerade nachdem sich beide mit viel Mühe durch die Klassenzimmertür gequetscht hatten (was aufgrund der Dunkelheit ein unglaublich schwieriges Unterfangen war), erklangen von dem vorderen Teil des Zuges hohe und zugleich erschrockene Schreie. „Ihhh! Ich glaub ich bin in was reingetreten!“ „Igitt, da ist doch gerade was von oben auf mich drauf getropft! Ich schwör’s.“ Isa prallte in der Finsternis gegen ihren Vordermann, welcher stehen geblieben war, da es Stau gab. Verärgertes Murren, das deutliche Ungeduld bekündete, gaben einige Jungen von sich. Einen Moment später hörte man ein Klatschen und ein darauf folgendes hohes Kreischen. Das Geräusch erinnerte die Schwarzhaarige daran, wie sie einmal versucht hatte eine Sadienendose zu öffnen. Es hatte ungefähr gleich geklungen und das Metall hatte, ein gequältes Geräusch von sich gebend, gegen die brutale Vergewaltigung protestiert. Aber am Schluss musste es nun einmal seiner Niederlage ins Auge sehen. Mittlerweile war das Gezeter zu einer weit höheren Lautstärke angeschwollen. „Mensch, was ist da vorne nur los?!“ ärgerte sich ein Junge neben Isa leise und zog, so weit sie es ausmachen konnte, sein Handy hervor, um die integrierte Taschenlampe zu verwenden. Im Licht des Displays, der sein Licht weit über einen Meter verteilte, erkannte sie den Klassensprecher Kazukiyo, der nun mit der neu errungenen Lichtquelle kontinuierlich begann den Boden abzusuchen und sich dabei weiter nach vorne zu drängen. Einige Schüler folgten seinem Beispiel. Neugierig ging Isa ihm hinterher, wobei sie sich gleichzeitig ärgerte, dass sie ihr Handy nicht auch dabei hatte. „Bäh, was ist das!?“ entfuhr es dem schwarzhaarigen Mädchen, als sie bei einem erneuten Schritt, plötzlich in etwas Feuchtes trat. Der Klassensprecher musste die Veränderung des Untergrunds wohl auch bemerkt haben, denn er ließ das Licht über den Marmorboden gleiten. Normalerweise hatte der Boden das Image, wie sauber geleckt auszusehen. Dies war jedoch jetzt nicht der Fall. Isa verzog angewidert das Gesicht. Was für eine Sauerei, dachte sie beim Anblick der hellroten, sich über den ganzen Gang erstreckenden, Pfütze, während Kazukiyo zurückwich und vollkommen hysterisch geworden „Blut!“ schrie. Noch im richtigen Moment gelang es Isa vor dem zurücktaumelnden Klassensprecher zur Seite hin ausgewichen, sonst wäre sie womöglich auch noch ausgerutscht und mit dem Gesicht voran in die Pfütze gefallen, denn genau in dieser Position suhlte sich gerade, ein klägliches Wimmern unterdrückend, der Klassensprecher auf der Erde. Reaktionsschnell hatte Isa es geschafft sein Handy zuschnappen, bevor es in der roten Lache einen Schaden annahm. Professionell leuchtete sie die Umgebung um sich herum ab, wie es jetzt mindestens auch fünf weitere Taschenlampen taten. Was die Schwarzhaarige sah, ließ sie grinsend eine Augenbraue hochziehen. Aber bei der Show, welche sich ihr da bot, handelte es sich einfach um etwas Einmaliges. Mehrer Schüler, darunter auch Yvette und Fiona, suhlten sich sprichwörtlich in der Brühe. Jedoch stammt das meiste hohe Gekreische wohl nur von den beiden Zicken. Isa ertappte sich bei dem Gedanken, ob sie den beiden die anschließende Rechung für das Hörgerät zukommen lassen sollte. Die Schwarzhaarige bückte sich, um mit einem Finger leicht die Flüssigkeit zu berühren. Für echtes Blut sah es definitiv zu künstlich und viel zu hell aus. Vorsichtig roch Isa daran, bis sie schließlich leicht ihren Finger ableckt. Es schmeckte nach gar nichts. Vollkommen geschmacklos. „Keine Panik“ raunte sie dem sich wieder aufrichtenden Klassensprecher zu, der aber wieder hinfiel, jedoch sogleich einen erneuten Versuch startete, sich mühevoll aufzurappeln, immer den sorgenvollen Blick in die Gruppe der Nachzügler gerichtet. Schnell bot ihm Isa eine Hand zum Aufstehen, die er dankend annahm. „Nach dem Geschmack zu urteilen ist es kein Blut. Ich tippe eher auf Wasser mit einem Schuss Lebensmittelfarbe. Ein üblicher Helloweentgag, um Leuten das Fürchten zu lehren, wie man es doch so schön ausdrückt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob die Flecken aus den Kimonos rausgehen“ Hektisch nickte der Brünette, jedoch blieb sein Blick an der wartenden Menge haften, aus der vereinzelt Taschenlampen hervorleuchteten. „Äh, is’ da was?“ fragte die Schwarzhaarige ein wenig verwirrt. Daraufhin erklang nur das leise Flüstern Kazukiyos „Würde es dir etwas ausmachen, dich mal kurz bitte vor mich zu stellen? Sie darf mich so nicht sehen“ „Wer darf dich so nicht sehen?“, fragte Isa neugierig geworden. „Kurankano“ murmelte der Klassensprecher. Die Verlegenheit war ihm deutlich aus der vor Nervosität bebenden Stimme herauszuhören. „Sie würde mich für den unfähigsten Klassensprecher der Welt halten, wenn sie das mitbekäme“ Isa zuckte die Achseln, kam aber sofort der Bitte nach. Sie zeigte es zwar nicht nach außen hin, aber auf irgendeine Weise rührte sie Kazukiyos Verhalten gegenüber der stellvertretenden Klassensprecherin. Er musste sie wirklich sehr gern haben, wenn er sich so viel Mühe damit gab, vor ihr zu glänzen. Auch wenn wohl viele dachten, Isa würde so etwas gleichgültig mit einer Handbewegung abtun, so stimmte dies aber überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil…. Vor so etwas konnte man ihrer Meinung nach nur Respekt haben. Plötzlich erfasste das Mädchen ein Gedanke. Sogleich wollte sie den Taschenlampen tragenden Schülern zurufen, sie sollten die Dinger bloß abschalten. Doch da war es schon zu spät, denn als ein Licht plötzlich den Boden streifte, begannen einige Mädchen in Fionas und Yvettes Kreischkonzert einzustimmen. Celin erkannte ihre beiden Kumpaninnen, welche sich lautstark wimmernd versuchten an der Wand aufzurichten. Jedoch entglitt ihnen immer wieder die Bedingungen für einen sicheren Stand, wenn sie probierten mit ihren Holzschuhen festen Untergrund zu finden. Celin zögerte keine Sekunde und rannte, wie ein Metall, welches von einem Magnet unausweichlich angezogen würde, auf die beiden zu. Ihr schien diese ganze rote Überschwemmung herzlich wenig auszumachen – jedenfalls wenn es um Pumuckel und Fiona ging. Eins muss man ihr ja lassen, dachte Lena beeindruckt, loyal ist sie ja zumindest. Isa kam ebenfalls so etwas in den Sinn, fragte sich jedoch, ob das eher von Gutmütigkeit oder Dummheit abhing. Unglücklicherweise übersah Celin, aufgrund des Lichtmangels, etwas, was sie ins Stolpern brachte – ein Sturz blieb aus. Stattdessen ereignete sich aber etwas völlig anderes, was Isa jedoch aufgrund der Taschenlampe genau verfolgen konnte. Im Laufen hatte Celin ein quer über den Flur gespanntes Seil niedergerissen. Dieses Seil war wohl dazu gedacht gewesen, die unter den Kronleuchter gespannte Plastikplane an der Decke konstant zusammenzuhalten. Wegen des nun auf einmal fehlenden Gegengewichts gab die Plane nach und kippte zur einen Seite weg. Ein Schwall der roten, aus der Plane fließenden Brühe ergoss sich direkt auf Fiona und Pumuckel, die erst nachdem der plötzliche Wasserfall abgeklungen war und nur noch einzelne Tropfen von der Decke hinab fielen, anfingen um ihr Leben zu brüllen. Naja, irgendwie konnte es Lena ihnen diesmal nicht verübeln. Man wurde nicht alle Tage von Kopf bis Fuß mit so einer blutähnlichen Bampe eingesaut. Kein Zentimeter ihrer Körper war von dem roten Zeug verschont geblieben. „Celin, du verdammter Trotte! Schau dir nur an was du wieder getan hast!“ keifte Yvette, sofort das betreten den Kopf einziehende Albinomädchen an, welches ihnen wortlos eine helfende Hand hinhielt, die Yvette jedoch wütend weg schlug. „Du bist das Allerletzte! Warum musst du auch immer Sachen machen, die man dir nicht sagt? Na, raus mit der Sprache! Habe ich dir etwa gesagt, du sollest hier herkommen!?“ Ein bedröppeltes Kopfschütteln von Celin folgte. „Nein, aber ich wollte doch nur….“ begann sie im unterwürfigen Ton zu erklären. Doch Fiona schnitt ihr mit schneidender Stimme das Wort ab. „Ja, was wolltest du? Uns helfen?“ höhnte sie im boshaften Ton „Merkst du denn nicht, dass wir auch schon ohne dich genügend Probleme am Hals haben und nicht noch eins brauchen, das du ohne Zweifel darstellst“ Isa wendete sich von der Szene ab. Das war ihr einfach zu erniedrigend. Besaß diese Celin denn gar keinen eigenen Willen – kein Selbstwertgefühl? Anscheinend nicht. So etwas war wirklich bemitleidenswert. Etwas so Beleidigendes konnte man sich doch nicht so ohne weiteres bieten lassen. Isa fand, Celin wurde nicht besser, als ein Hund behandelt, dessen Aufgabe es war auf Kommando zu apportieren und immer da zu sein, wenn sein Herrchen das dringende Bedürfnis verspürte, angestaute Wut raus zulassen. Unterdessen hatten sich die, zum größten Teil weiblichen Angstschreie, der Menge etwas gelegt. Jetzt kam es wohl nicht mehr so gut loszubrüllen, nachdem sich die ganze Welt schon fünf Minuten lang davor halb tot gekreischt hatte. Einzige die Zwillinge hatten sich bei dem ganzen Aufruhr den Spaß nicht nehmen lassen mit wilden „Huhuuuu“ – Rufen, skurrile Grimassen schneidend, um den Klassensprecher herumzuhüpfen, der sich alles andere als wohl in seiner Haut zu fühlen schien. Doch als plötzlich schaurige Klageschreie im ganzen Gebäude widerhallten und auf einmal hier und dort in der Luft kleine gelbe und grüne Lichter aufblinkten, fanden sogar die Hampeleien der Rotschöpfe ein Ende. Waren das nicht so was wie Irrlichter, fragte sich Lena. Ihr blieb jedoch keine Zeit diese merkwürdigen, bewegungslos in der Luft verharrenden Objekte genauer zu betrachten, da die Menge, wieder aufgeschreckt von den gruseligen Geräuschen, panisch in Bewegung geriet. „Isa!“ rief die Brünette. Sie wurde von dem kreischenden Menschenstrom in die entgegen gesetzte Richtung von ihrer Freundin weggedrückt. Isa, die jetzt das Pech hatte, sich am Anfang des Auflaufes zu befinden, würde nun unaufhaltsam weiter nach vorne gedrängt, bis hinunter in das Portal. Dort angelangt versuchten einige Schüler in heilloser Panik die Eingangstür zu öffnen. Doch alles Ziehen und Zerren half nichts. Die Tür war abgeriegelt worden. Also sprich: Eine ganze Schule hockte in der Falle. Durch die Schüler der höheren Jahrgänge, die nun auch in Scharen die Treppe hinab in das Portal stiegen, füllte sich die Eingangshalle allmelig. Zwar wurden schon sicherlich einigen der Neuankömmlingen von der verschlossenen Tür berichte, was sie jedoch nicht daran hinderte, einen erneuten Versuch zu unternehmen, sich die Armknöchel auszurenken. Unterdessen schallten die unheimlichen Klagerufe - ohne ein ersichtliches Ende - immer noch im ganzen Gebäude wieder. Zumindest war es nun wegen der großen Anzahl an Handytaschenlampen möglich einiges mehr zu sehen. Auf einmal meinte Isa, hinter sich ihren Namen zu hören. Sie drehte sich um und erblickte Gin, Daisuke im Schlepptau, sich durch das Getümmel zu ihr durchdrängen. „Isa!“ schnaufte Gin, als die beiden endlich bei der Schwarzhaarigen angekommen waren, „Weißt du was hier abgeht? Wir vom dritten Jahrgang ham’ nämlich verdammt wenig mitbekommen. Zuerst dieser Stromausfall, diese ganzen freakigen Lichter und jetzt ist auch noch die Tür versperrt und diese dumme Tonbandaufnahme kann einen auch den letzten Nerv rauben“ Es war klar das er damit nicht sich selber meinte, sonder das kleine Häuflein Elend an seiner Seite. Isa wunderte sich, dass der Dunkelhaarige es ausnahmsweise einmal sofort auf den Punkt brachte, ohne sich vorher bei ihr danach zu erkundigen, ob ihr ein Kerl schon mal ins Gesicht gespritzt habe, oder nach etwas ähnlichem Perversen. Doch als sie in das Gesicht des kleinen Punks zu Gins rechten schaute, wusste Isa sogleich die Antwort. Es war Daisuke deutlich anzusehen, dass ihm die ganze Situation nicht sonderlich behagte. Ja, es machte sogar den Eindruck, dass er an sich halten musste, um sich nicht, wie ein Ertrinkender, an Gin zu klammern. Dass der Punk sich vor solchen Sachen fürchtete, war der Schwarzhaarigen grundsätzlich neu. Nicht im Traum hatte sie es bei ihm vermutet, denn bis jetzt hatte sie Daisuke nur als ein kleines, freches, aufgekratztes, sehr aufmüpfiges Energiebündel erlebt. Offenbar brachte jedoch die derzeitige Lage eine ganz andere Seite an ihm zum Vorschein. Tröstend fuhr der Größere ihm über das rostrote Haar und zerstrubbelte es noch ein wenig mehr. In den spärlichen Lichtverhältnissen meinte die Schwarzhaarige einen leichten Rotschimmer auf Daisukes blassen Wangen zu erkennen. Anscheinend hatte die einfache Berührung etwas Beruhigendes auf den kleinen Punk. Dieser seufzte nämlich leise auf und lehnte seinen Kopf an Gins Brust. Der Dunkelhaarige hatte schnell begriffen, dass sein kleiner Schatz in dieser Verfassung zu wenig zu gebrauchen war, weswegen er fürsorglich die Arme um den schmalen, sogar manchmal in der Schuluniform ein wenig zerbrechlich wirkenden Körper legte. „Süßer, wenn es dir hier nicht gut geht, können wir auch woanders hingehen“ bot er ihm an. Plötzlich erklang ein Schrei, der über das wilde Durcheinandergeschnatter der Menge hinweg glitt. Das schwarzhaarige Mädchen wandte sich in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war und machte Tamaki aus, welcher die Treppe in einen Affenzahn hinunterflitze – direkt auf die, wie angewachsen, dastehende Haruhi zu - um sie mit Tränen in den Augen überschwänglich zu umarmen. Gleich einer in ihrer Position versteinerten Statue hielt sie sich gerade. Jedoch dauerte der Effekt der Überraschung nicht lange an. In der Tat musste die Brünette an so etwas gewohnt sein, denn schon nach kurzer Zeit war ihr Gesicht wieder von den üblichen „ich - kenne - dich - nicht“ - Ausdruck geprägt. Stockstief ließ die kleine Brünette die Behandlung über sich ergehen. „Ich habe mir schon schreckliche Sorgen um dich gemacht“ sprudelte es nur so aus dem Blonden hervor „Ohne deinen Vater bist du doch vollkommen verloren!“ Mit einem gezielten Stoß beförderten die Zwillinge Tamaki von Haruhi fort. „Keine Angst, Chef. Bei uns ist sie sicher“ Beide schlangen die Arme um die Taille des weiblichen Hosts und legten die Köpfe leicht auf den ihren ab, wobei sie mit unverkennbarer Schadenfreude zu Tamaki schielten. Daraufhin regte sich der blonde Host heftig hin und her hampelnd auf. „Oh ja, bei euch beiden! Das ich nicht lache! Was herrschen hier bloß für verachtenswürdige Sitten? Wäre ja noch besser! Und ab morgen beschließt der Weihnachtsmann die Ostereier zu bringen und der Osterhase freut sich schon mächtig darauf mit einem Schlitten voller Geschenke in der Gegend rumzukurven! Das wäre ja noch schöner! Gerade ihr stellt eine der größten Gefahren für meine süße Tochter dar! Ich habe euch durchschaut, ihr Teufel! Ihr seid es doch immer, die sie in eure dunklen Machenschaften mit reinziehen - ohne Rücksicht auf irgendwelche Verluste!“ Wenn nicht so ein Chaos im Umkreis von dreißig Metern gewütet hätte, hätten sich einige Schüler bestimmt verwirrt gefragt, wenn Tamaki eigentlich mit „seiner süßen Tochter“ meinte. In diesem unübersichtlichen Gewühl brachte ihm zum Glück wirklich niemand Aufmerksamkeit entgegen. „Ich will gar nicht wissen, was ihr, ihr angetan hab, als sie neulich alleine bei euch zu Besuch war“, redete der Halbfranzose, sich schon fast überschlagend, weiter. „Eine Modenschau“ murmelte Haruhi dumpf. „Ganz recht“ pflichtete ihr einer der Rotschöpfe bei und nahm seinen Kopf von ihren, ließ seine sie umklammernden Arme aber, wo sie waren. „Wir haben mit Haruhi Modenschau gespielt und ihr die neusten Stücke aus der Collection unserer Mutter angezogen.“ „Ihr…. ihr…. ihr….“ Tamaki geriet vor lauter Entrüstung und Schock ins Stottern „Ihr…. habt… habt… sie ihr…. ANGEZOGEN!!!!!!!!!! IHR PERVERSES PACK!!!!!!!!!!!!! WAS MUSSTE HARUHIS ARMER GESCHUNDENER KÖRPER BLOß ERTRAGEN! EINFACH DIE WEHRLOSIKEIT EINES MÄDCHENS AUSZUNUTZEN – SEID IHR DENN NOCH BEI SINNEN! DAS…. DAS… GEHÖRT WEGGESPERRT UND STERILISIERT!“ Beim letzten Wort atmete der Blonde geräuschvoll aus, während er völlig durcheinander mit dem Zeigefinger immer wieder auf Hikaru und Kaoru deutete, die sich das schalkesche Grinsen so langsam nicht mehr verkneifen konnten. Jedoch bekam Tamaki davon herzlich wenig mit, weil er sich so in die Angelegenheit reingesteigert hatte, dass in seinem hilflosen Blick alle bittere Verzweiflung der bösen, bösen Welt geschrieben stand. „Sie muss Tage, nein Wochen danach immer noch Albträume davon gehabt haben! Nein, was rede ich da?! Sie wird bis ans Ende ihres Lebens keine ruhige Nacht mehr verbringen. Was habt ihr Haruhi bloß getan!? Was um alles in der Welt habt ihr euch bloß dabei gedacht, meiner süßen Tochter so etwas anzutun!“ Ein Schluchzer entrann seiner Kehle. „Ihr seid wie die Reinkadination der blutigen Wölfe, auf die beste Chance wartend, um über das hilflose arme Rotkäppchen herzufallen! Besitzt ihr den kein Schamgefühl?!“ Ein Schütteln zweier Köpfe war die simple Antwort darauf. Ganz so als stände er an einem Klippenabhang verpasste ihn eine Windböe den letzten Stoß, um ihn in die Tiefe hinab zu befördern, fiel Tamaki auf die Knie - offensichtlich aller seiner ethisch-moralischen Hoffnungen beraubt. „Ähm, Tamaki“ sagte Haruhi „Mit „anziehen“ war gemeint, dass ich in einer Kabine stand und sie mir die Kleider angereicht haben“ „Sie hatte auch ein ziemlich hübsches rosa Kleidchen an. Du wärst entzückt, wenn du es sehen würdest, Chef“ brabbelte ein Zwilling ungehalten drauf los, woraufhin Tamaki von seiner knienden Position aus in voller Länge auf dem Boden zusammen klappte. Dazu kam Isa nur der Gedanke, jetzt ist er so weit für ne’ Nervenheilanstalt. „Hätte mich denn nicht jemand früher aufklären können?“ fragte der Blonde sichtlich fix und fertig mit der Welt. „Na hör mal“ rechtfertigte sich einer der Rotschöpfe „Was dachtest du denn, was wir mit Haruhi gemacht hätten?“ Widerwillig stöhnte Tamaki auf. „Nein, wir machen mit Haruhi nur anständige Sachen. Wir haben sogar Fotos von diesen anständigen Sachen gemacht“ fügte sein Zwillingsbruder selbstzufrieden hinzu und holte wie zum Beweis eine zehn Zentimeter große Folientasche hervor. Er hielt sie Tamaki unter die Nase, dessen blaue Augen sofort die Größe von Untertassen annahmen. „Die kriegst’e aber nicht!“ zogen ihn die zwei Rothaarigen mit herausgestreckten Zungen auf. Isa beschloss sich dieses Theater nicht mehr weiter anhören zu müssen. Zudem ging ihr diese gruselige Tonbandaufnahme schon genug auf den Geist und die komischen Irrlichter verursachten so langsam Kopfschmerzen bei ihr. Deswegen entschied sich die Schwarzhaarige hinter Gin und Daisuke die Treppe wieder hinauf ins erste Stockwerk zustapfen. Moment, dachte sie plötzlich, wo zum Teufel steckt eigentlich Lena? Das Mädchen blickte sich um und ließ die Augen suchend über die Menge der Schüler schweifen. Bei dem schwummrigen Lichtverhältnissen und den ganzen Radau würde sie bis morgen damit zu tun haben einer Suchaktion nachzugehen. Neben Daisuke und Gin herzulaufen gestaltete sich so als weitaus klügerer Entschluss. Zuerst dachte Isa, sie wollten zurück in das Klassenzimmer des dritten Jahrgangs. Umso größer war ihre Überraschung, als sie im Schein der Handytaschenlampe erkannte, dass sie auf den besten Weg in den Musikzimmerflügel befanden. Was wollten die denn hier?, fragten sich die Schwarzhaarige. Schließlich hielten sie an einer Tür. Als sie offen war, schritt Isa als erstes hindurch und fand sich erstaunt im Clubraum des Host Clubs wieder. Hoffe es hat euch gefallen. Es war wieder ein wenig länger und ich habe euch wirklich auf den Host Club warten gelassen. Bitte köpft mich nicht, weil nur die Hälfte der Truppe ihren Auftritt hatte. Ich kann euch versichern, dass sich das auf den schnellsten Weg ändern wird. Übrigens, wenn jemand eventuelle Abweichungen von einer richtigen japanischen Teezeremonie erkennen sollte, möge er mir das bitte nicht übel nehmen^^ Bis denne eure snow-fairy Ach ja noch was. Ich hab mal bei Youtube witzige Videos zu den Charas zusammengesucht^^aber wirklich jute^^ *versicher* http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/386099/196352/ ^^einfach bis 7.3 runterscrolen^^ Kapitel 15: Explosiver Schrankstellungswechsel ---------------------------------------------- Kapitel 15 Explosiver Schrankstellungswechsel Reges Flüstern erfüllte den Raum. Auf Lenas Stirn zeichnete sich eine Sorgenfalte ab. Irgendwie war das alles furchtbar schief gelaufen. Genau wusste die Brünette nicht, wie ihre momentane Lage zu Stande gekommen war. Lena erinnerte sich, wie sie von dem Strom der Menge in entgegen gesetzter Richtung vom Eingangsportal weg, weiter in die Schule reingedrängt worden war. Nun befand sich das Mädchen mit einigen anderen Schülern in einem kleinen Nebenzimmer. Die gruselige Horrorlache von der Tonbandaufnahme drang bis hier nur als gedämpftes Rumoren durch. Leise unterhielten sich Kurakano und Kazukiyo darüber, dass es definitiv zu viel verlangt wäre, den Klassensprechern die Verantwortung für diese Ausschweifungen des Events zukommen zulassen. In diesen Fall zählte die Ordnungsherstellung eindeutig in den Aufgabenbereich der Lehrer. Es blieb jedoch anzuzweifeln, ob diverses Lehrpersonal sich überhaupt noch in der Verfassung befand zur Disziplinpeitsche zu greifen. Bei Lena hatte sich so langsam die Ahnung breit gemacht, dass gewisse Aufsichtspersonen es bevorzugt hatten, sicherheitshalber einen geeigneten Unterschlupf zu suchen, um zu Warten, bis der ganze Aufstand sich wieder gelegt hatte. „Die Hauspolizei hat nur die Berechtigung Befehle vom leitenden Personal oder Mitgliedern des Otoriclans anzunehmen“, redete sich der Klassensprecher des ersten Jahrgangs in Rage „Ich will Otori-senpais Vorgehensweisen ja keine Kritik zusprechen. Dennoch stellt sich mir allmählig die Frage, warum er nicht schon längst einen Einsatztrupp verständigt hat! Das ist doch kompletter Wahnsinn, so einen Verrückter mit seiner zwielichtigen Sippschaft eine ganze Schule in die Hand zu spielen. Otori-senpais Tatenlosigkeit lässt so langsam an seinen Verstand zweifeln“ Innerlich konnte ihm Lena da nur zustimmen. Ihr war dieser Kerl von Anfang an schon nicht geheuer vorgekommen. Und wenn ihm die Möglichkeit bereitstand, Verstärkung zu rufen, grenzte es wirklich an Wahnsinn, diese Aktion nicht in Anspruch zu nehmen. „Kazukiyo, du solltest nicht so von Kyoya reden“ widersprach ihm Kurakano vorwurfsvoll, worauf der Brünette sein Gesicht etwas verzog „Du weißt doch nicht, ob er Gründe dafür hat. Kyoya ist dafür bekannt, dass er so etwas nicht auf sich sitzen lässt und wirklich vorbildlich dafür sorgt die Ordnung aufrecht zu erhalten.“ Ja, klar, dachte Lena sarkastisch, letztens hatte er auch alles ganz unter Kontrolle, als gewisse Personen aus nicht weiterausführbaren Gründen an diesem Gebäude in die Freiheit klettern mussten. Wenn der Klassensprecher ein Hund gewesen wäre, hätte er nun sicher die Ohren hängen gelassen. „War ja klar, dass du ihn verteidigen würdest!“ stänkerte Kazukiyo „Ihr alle seid doch ganz verrückt nach ihm! Was ist bloß so toll an dem?! Was hat der, was wir anderen Jungs nicht haben?! Ich glaube, es gibt kein Mädchen, das seine Gesellschaft abschlagen würde!“ „Ach, hör doch auf!“ Ein gereizter Unterton schwang in Kurakanos Stimme mit. „Du weißt genau, dass ich nicht eine von denen bin, die dem Typen vom Host Club hinterherlaufen. Es ist ziemlich gemein von dir, mich mit den anderen in einen Topf zu werfen. Besonders da ich zu den Wenigen gehöre, die noch nie den Dienst eines Host in Anspruch genommen haben. Als stellvertretende Klassensprecherin ist es nun mal meine Pflicht mit den verschiedenen Clubs der Schule in organisatorischen Angelegenheiten zusammenzuarbeiten. Daran kann ich leider auch nichts ändern! Auch wenn ich es wollte! Wirklich das müsstest du am besten wissen!“ „Es, tut mir leid“ murmelte der Klassensprecher niedergeschlagen „Ich kann dir versichern, ich wollte so etwas nie zu dir sagen“ Aber statt der Angesprochenen offen ins Gesicht zu blicken, wandte sich er sich nun im bitteren Ton an das gegenüber von ihm auf dem Boden sitzende, vor sich hin summende Mädchen. „Na, Renge, war das die Gruselnacht, die du dir erhofft hast?“ „Na ja“ überlegte sie laut „Im eigentlichen läuft bis jetzt alles perfekt“ Lena meinte im Dunkel ihre rehbraunen Augen beigeistert auffunkeln zu sehen. „Persönlich hätte ich mir das wohl mit etwas mehr Halloweenflair à la Amerika vorgestellt. Aber vermutlich hätte dies zu sehr zum Kitschfaktor beigetragen, obwohl ich ja wirklich die Kürbisfratzen und die bunten Süßigkeiten vermisse. In dieser Hinsicht ist die Kooperation mit dem Schwarzen Magie Club ausgesprochen mangelhaft“ „WIE BITTE?!?!?!“ Der Klassensprecher sah so aus, als würde ihm gleich vor Ungläubigkeit die Brille von der Nase fallen. „Ich sagte doch“ wiederholte Renge ungeduldig „Die Kooperation mit den Okkultisten ist nicht weiterzuempfehlen“ Daraufhin konnte Kazukiyo nicht mehr an sich halten. „SOLL DAS ETWA HEIßEN, DU STECKST MIT IHNEN UNTER EINER DECKE???!!!“ rief er schrill und packte Renge am Ärmel ihres roten Kimonos, um sie ungestüm hin und her zu schütteln, während Lena und Kurakano darauf warteten, dass ihn vor lauter Entrüstung der Kragen platzte. Plötzlich erklang ein wimmernder Laut, der den Klassensprecher innehalten ließ. Jedoch ging dieses Geräusch nicht von der Brünetten aus, deren Kimonostoff sich in seinen festen Griff befand. Erneut erklang der wimmernde Laut, gefolgt von einem fast unhörbaren Stöhnen. Die Köpfe der vier Schüler fuhren herum. Halb auf dem Boden und dem Schoß des großen Dunkelhaarigen gebettet lag Honey, dabei glich er zusehenst einem sich zusammenkauernden Tier. Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht drückte er Halt suchend Moris Hand, welcher ihn aus dunklen, vor Besorgnis getrübten Augen stillschweigend betrachtete. Man spürte geradezu, wie sehr der Größere selbst unter den Zustand des Honigblonden litt. Aber genau dies war es, was Lena dazu drängte zu den beiden rüber zu gehen. „Was ist mit ihm?“, wollte sie angespannt wissen. Kurz blickte Mori zu ihr auf und das Mädchen meinte ihr Herz würde für einen Schlag lang aussetzen. So voller Schmerz hatte sie selten ein Gesicht gesehen. Mori musste sich wirklich verbunden mit den Kleinen fühlen, wenn er so mit ihm mitfühlte. Auch seine Stimme klang seltsam gebrochen, als er sagte „Ich weiß es nicht, aber etwas scheint mit seinem rechten Fuß nicht in Ordnung zu sein“ Lena kniete sich zu den beiden runter. Wieder entrann dem kleinen Honey ein wimmernder Laut – doch diesmal hatte er etwas so Herzzerreißendes an sich, dass Lena unweigerlich eine Welle des Mitleids überrollte. Ihr Blick wechselte schnell zwischen den kleinen daliegenden Jungen und den gut aussehenden schwarzhaarigen Riesen hin und her, bevor sie vorsichtig fragte „Dürfte ich mir das einmal ansehen?“ Von Honey erhielt die Brünette keine Reaktion, dafür sah Mori sie jedoch so durchdringend an, als wolle er durch sie hindurch bis auf den hintersten Winkel ihrer Seele blicken, um zu überprüfen, dass ihre Absichten auch ja einen ehrenhaften Hintergrund besaßen. Eine Weile gelang es Lena den dunklen Augen stand zu halten, schlug dann aber die Lieder zu Boden. „Ja, du darfst“ erklang auf einmal seine Stimme. Überrascht blickte die Brünette auf. Für einen kurzen Moment hatte sie abwartend den Atem angehalten. Vorsichtig nährte sie sich mit der Hand Honeys Fuß, hob ihn sachte hoch und befreite ihn mit großer Behutsamkeit, um den Kleinen ja nicht weh zu tun, von der Holzsandale. Möglichst sanft und langsam strich Lena über die Unterseite seines Fußes. Ganz gegen ihrer Erwartung fühlte sich die Haut des Kleinen unter den Füßen erstaunlich hart an. Woher er wohl diese Hornhaut her haben mochte?, fragte sie sich im Stillen. Da stieß das Mädchen plötzlich mit den Fingerkuppen auf einen noch um einiges härteren, kantigen Widerstand, der sich von der robusten Haut abhob. Im selben Moment stieß Honey einen kleinen erschrockenen Schrei aus und drückte seinen Kopf an Mori. „Schiii, dir passiert schon nichts“ redete die Brünette mit ruhiger Stimme auf ihn ein „Ich will dir ja nicht wehtun. Also hab bitte keine Angst“ „Takashi“ schniefte der Honigblonde den Namen des Großen, der Lena aufmerksam beäugte sowie weiterhin seine Hand an Honey opferte. „Hey, kann mal jemand mit nem’ Handy her kommen und mir leuchten?“ wandte sich Lena an die anderen, die dem Schauspiel bis jetzt nur als schweigende Beobachter beigewohnt hatten. Sofort erhob sich der Klassensprecher und eilte zu ihnen hinüber, um es dem brünetten Mädchen mit der Helligkeit seines Handys möglich zu machen, mehr von der Ursache des Leidens des Kleinen zu identifizieren. „Oh, sieht so aus als würde ein Stück von einem Glasteil in seiner Haut stecken“ murmelte Lena, woraufhin Honey abermals aufwimmernd die Augen schloss. Die Glasscherbe musste wohl im ganzen Gedränge auf irgendeine Weise unter seinen Holzschuh geraten sein und sich so beim Auftreten in seinen Fuß gebohrt haben. Lena betrachtete das Ding genauer. Den Splitter konnte man nicht gerade als klein bezeichnen. Zudem schien er tief im Fuß zu stecken. Kein Wunder, dass Honey Schmerzen litt. Ja, von der Größe des Fremdkörpers sollte das, was sie nun vorhatte, eigentlich klappen. „Es wird jetzt vielleicht etwas wehtun“ sagte die Brünette an den Blonden gewandt. Sie versuchte ihrer Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen. „Aber danach wird der Schmerz aufhören. Versprochen. Du kannst mir vertrauen.“ Lena entführ ein leichtes Lachen, obwohl ihr gerade so gar nicht danach zu Mute war. „Wenn man von einer unheilbaren Fobie gegen Ärzte befallen ist, muss man sich schon mit einem erste Hilfe Schein über Wasser halten. Ansonsten wäre man echt verloren“ Dann wurde sie wieder ernst. „Einzig wichtig ist nur, dass du schön still hältst. Ich bin auch schnell“ Geübt tastete sie nach der Oberfläche des Splitters und nahm ihn ins Visier, woraufhin sich Honeys Körper stark verkrampfte. Seine Unterlippe hatte zu beben begonnen. Darauf bedacht es nicht länger als nötig hinzuziehen, umfasste das Mädchen den Splitter, mit Dauen und Zeigefinger. Gequält kniff der Honigblonde die Augen zusammen. Flüssigkeit hatte sich an der Unterkante seiner Augenlieder angesammelt. Mit sicherem Griff entfernte Lena den Splitter, woraufhin das Bein des Kleinen ruckartig zusammenzuckte und er die Luft zischend ausstieß. „Hey, beruhig dich“, versuchte ihn Lena zu trösten, „Das Teil ist draußen.“ Die zurückgehaltenen Tränen rannen dem kleinen Host über die Wangen, als er kurz aufschluchzte, was Lena dazu bewegte sogleich nachzufragen „Tut dir noch irgendetwas weh?“ Hatte sie vielleicht etwas übersehen? Langsam schüttelte der Blonde den Kopf, während ihm Mori sanft durch das leicht gelockte, weiche Haar strich. Dann drehte der Große den Kopf. Auf seinen Lippen lag ein Lächeln. „Danke. Ich stehe in deiner Schuld“, sagte er. Lena konnte nicht umhin um zu staunen. Wie konnte bloß jemand so eine ruhige und gleichzeitig so anziehende Stimme besitzen? Mit einem Mal klopfte ihr Herz schneller. Bei seinem Blick, der auf ihr ruhte, wurde es ihr heiß und kalt zugleich. Was war das bloß für ein Gefühl, das so rücksichtslos von ihr Besitz ergriff, immer wenn er in ihrer Nähe war? Isas derzeitiges Wohlbefinden beanspruchte, wenn überhaupt nur noch, den hintersten Gedanken in ihrem Kopf. Zu schön und voller Tiefe waren seine dunklen Augen, in denen so viel Wärme lag und in denen man sich, wenn man nicht aufpasste, zu schnell verlieren konnte. Auch Isa hatte nicht wirklich die Gelegenheit nur einen Gedanken an ihre Freundin zu vertun, was jedoch nicht daran lag, dass sie von irgendwelchen Augen abgelenkt wurde, sondern daran, dass sie mit Gin und Daisuke auf einem Sofa im Raum des Host Clubs rumlümmelte. Der Dunkelhaarige hatte den Kleinen zwischen seine Beine genommen und von hinten besitzergreifend die Arme um ihn geschlungen. Am Anfang hatte sie, wenn Isa ehrlich war, ein Problem damit gehabt, wie die beiden Jungen, speziell vor ihr, mit ihrem Verhältnis so schamlos umgingen. Mittlerweile musste sich die Schwarzhaarige jedoch – ohne gleich den Titel des Spanners einzusacken - eingestehen, dass es schon etwas aufregend Niedliches an sich hatte. Und solange die zwei in ihrer Gegenwart nicht gewisse Grenzen überschritten fand Isa nichts Negatives oder Unangenehmes daran. Der kleine Punk schien nicht einmal großartig eifersüchtig zu werden, wenn Gin wieder ein paar Nummern aus seiner Flirtkiste auspackte und dann andere Leute anbaggerte. Wahrscheinlich wusste er genau, dass der Größere es in diesen Fällen nie erst meinte, sondern einfach nur seinen Spaß haben wollte. „Dass Halbjunkie so was abzieht ist schon ein wenig heftig“ murmelte sie. In ihrer Stimme lag eindeutige Unverständnis. „Mag sein“, meinte Gin etwas schwerfällig, „Aber das war nicht immer so. Auch, wenn es schwer vorstellbar ist“ Der Blick des Dunkelhaarigen glitt zur Wand und schien sie dennoch nicht zu sehen. „Früher war er auch mal ein ganz normaler Junge“ „Echt?!“ kam es gleichzeitig von Isa sowie Daisuke, der sich in Gins Armen einmal um 180 Grad umgedreht hatte. „Ja“. Gin nickte zögernd. „Früher war er mal ganz anders. Als Kinder haben Nara und ich sogar oft mit ihm gespielt und uns angefreundet…“ Instinktiv hielt Isa den Atem an. Würde Gin ihnen jetzt erzählen, was er am Freitag nach Nekozawa Erscheinen im Proberaum nicht geschafft hatte über die Lippen zu bringen? „Aber…“ führ Gin fort „…dann hat er sich verändert, nachdem seine Zwillingsschwester bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Nach diesem Ereignis hat Nekozawa wohl eine grundlegende Persönlichkeitswandlung durchgemacht. Ich habe mich selbst erschrocken, als ich ihn nach drei Monaten wieder getroffen hab. Ich glaub damals warn’ wir ungefähr 11. Hat nur noch von Geister, mystischen Phänomenen und okkulten Heiligen gelabert und meinte das Nara und ich unbedingt zu so einer Guruveranstaltung mitkommen sollten. Wir haben ihn natürlich versucht von dem ganzen Kram abzubringen. Aber im Endeffekt konnten wir auch nichts daran ändern. Er muss wirklich sehr an Svetlana gehangen haben, wenn er sich solch einer Wandlung unterzogen hat. Zwar kommt seine Familie aus den russischen Raum und hat damit immer schon ein wenig den Aberglauben nachgehangen, dennoch muss ihm ihr Verlust sehr wehgetan haben. Und wie du wahrscheinlich schon selbst mitgekriegt hast, kommt man wirklich extremst schwer an Nekozawa ran. Ich vermute mal, dass der Schock zu heftig für ihn war. Vielleicht glaubt er aber auch, dass dieser Okkultismus ihn seiner Schwester - also ihren Geist näher bringt und sich mit ihr so verbunden fühlt. Wer weiß das schon…. Gin legte eine Pause ein, bevor er weiter sprach. „Nekozawa konnte nie richtig von Svetlana loslassen. Sie heben sich zwar keine eigene Welt wie die Zwillinge aus dem Host Club gebastelt oder sich wie zwei Teile eines Ganzen gefühlt, aber sie standen sich ohne Zweifel immer sehr nahe. Wohl auch ein Grund, warum er immer so niedergeschlagen ist, wenn ihn seine jüngere Schwester, Kurumi, zurückweist, weil sie zu viel Angst vor ihm hat. Die Kleine sieht seiner verstorbenen Zwillingsschwester übrigens unglaublich ähnlich.“ Die anderen beiden hatten aufmerksam Gins Aussagen gelauscht. Nun jedoch entrann Daisuke ein Seufzen. .„Oh, das wusste ich nicht. Ich habe ihn ja auch viel später, als du kennen gelernt“ Gin nickte leicht. „Jetzt kann man wenigstens ein Stück weit nachvollziehen, was in ihm abgeht“ nuschelte der Rothaarige und schmiegte sich näher an Gin. Die Tür zum Clubraum schwang auf und knallte an die seitlich gelegen Wand. Daraufhin stützten Haruhi, Kaoru, Hikaru und allen voran Tamaki ins Zimmer. „Was macht ihr denn hier?“ fragte Isa halb verwundert halb genervt. Diese Truppe erwies sich als noch schlimmer als ein Rudel klebriger Nacktschnecken, welche im Tierreich wohl ohne Zweifel die Rollen der miesesten Kletten annahmen. Warum musste man ihnen auch durchgehend überall begegnen? (also den Host Club; nicht den Nacktschnecken) Tamaki plusterte sich auf, wie ein stolzer Gockel. „Genau das Gleiche könnten wir euch auch fragen!“ Mist, wo er Recht hat, hat er Recht, dachte die Schwarzhaarige ärgerlich über sich selbst. Dies hinderte den Blonden aber nicht seinen Mund zu halten. „Das ist nämlich immer noch der offizielle Raum des Host Clubs und ihr scheint nicht gerade dazu zu gehören, geschweige denn Kunden zu sein“ „Will ich auch nicht werden!“ platze es aus Isa heraus „Es besteht kein Bedarf da kannste mir glauben!“ „Was macht ihr dann hier?“ wiederholten die beiden Rotschöpfe die Frage. Isa zuckte resigniert die Schultern. Vielleicht sollte sie sich von Daisukes und Gins Verhalten ne’ Scheibe abschneiden und den Hosthaufen einfach ignorieren. So hätte sie wenigstens einen Teil ihrer Ruhe unter Naturschutz gestellt, denn schon jetzt, nach diesen wenige Sekunden, kotze Isa die Konversation an. Weshalb das so war konnte das Mädchen auch nicht sagen, aber aus irgendeinem Grund nervten sie dies alles ungemein. Gerade wollte die Schwarzhaarige zu einer provozierenden Erwiderung ansetzten, als das markerschütternde Donnern einer Explosion von außerhalb des Zimmers widerhallte. In der Vorahnung, dass es sich um ein Gewitter handeln könnte, zuckte Haruhi sofort allarmiert zusammen. Aber auch Isa und den anderen war der Schreck deutlich anzusehen. „Was geht da draußen nur vor sich!“ entfuhr es einen der Zwillinge, als ein weiterer aber viel lauterer Knall den Boden erzittern sowie das Geisterlachen der Tonbandaufnahme vollkommen untergehen ließ. Irgendwo im Gebäude zerbarsten Fensterscheiben. Antike Möbel splitterten. „ALLE IN DECKUNG!!!“ brüllte Tamaki, denn schon nach den nächsten zwei Herzschlägen erschütterte eine dritte Explosion die Mauern und ließ die Wände beben. Flink suchten die Zwillinge Schutz unter einen der Tische, wobei sie Haruhi gleich mitzogen. Isa überlegte auch nicht lange, sondern hüpfte in den, sich neben der Tür befindenden, Wandschrank. Schon wollte sie dessen Tür zuschlagen, als sich Tamaki noch im letzten Moment mit hineinquetschte und die Scharniere beim Schließen, ein hohes Quietschen von sich gebend, in die Harken ihre Vorrichtungen einrosteten. Erneut erklang von draußen ein knallendes Geräusch. Als es abgeklungen war, atmete Isa erleichtert auf. Doch je ließ sie etwas abermals die Luft anhalten. Jedoch reichte schon dieser einzige Atemzug aus, damit der Geruch eines unverwechselbaren männlichen Aftershaves durch ihre Nasenlöcher bis in die noch so kleine Pore ihres Riechorgans eindrang. Schon allein das warme Ding neben sich ließ das Mädchen etwas vermuten. „Mach dich gefälligst nicht so breit!“ knurrte sie ungehalten. Indem sie den Halbfranzosen in der Dunkelheit zur Seite drückte, wollte sie sich etwas mehr Platz verschaffen und so den Duft, den er ohne Zweifel ausströmte entkommen. Dieser Zug ging jedoch gründlich nach hinten los, da Isa vermutlich nicht die Größe des Schranks in die Schubsaktion mit einberechnet hatte. Jedenfalls fand sie sich schneller, als sie sich versah, auf dem Boden liegend wieder, begrabenen unter der einzigen Person, die sich unweigerlich noch in dem Möbelstück aufhielt und verwirrt nun den Untergrund abtastete. „Aua, das war mein Arm“ motze Isa „Geh gefälligst von mir runter!“. „Schuldigung, das würd’ ich ja gern, aber das geht nicht“ vernahm sie Tamaki, der weiter den Boden untersuchte, den wohl zum Teil nun Isa selbst darstellte. „Und nimm gefälligst deine Griffel von mir, Croissantfresser!“ versuchte Isa das Schlimmste noch zu verhindern. Nämlich, dass der Host (natürlich ganz aus Versehen) mit seinen Händen in gewisse verbotene Zonen eintauchte. Zufälligerweise hatte sie einmal mitgehört das er halbfranzösischer Abstammung war. Nun, das erklärte so einiges... Unangenehm versteifte sich ihr Körper, als sie seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht spürte. Der Geruch, der von ihm ausging, war nun für sie noch intensiver. Betörend, ja verführerisch, nicht zu mild aber auch nicht zu stark - genau perfekt für… - Moment was dachte sie da gerade…?! Nein, das konnte nicht sein! Unmöglich…! Sie konnte seinen Duft nicht anziehend finden! Das ging einfach nicht! Das kam nicht in die Tüte! Für gewöhnlich fing es in Filmen doch immer so an: Frau findet Manns Aftershave attraktiv – ein Lächeln – eine beiläufige Flirterei - ein Date – ein Kuss – die Verabredung für die für gemeinsame Nacht. Krampfhaft versuchte Isa dagegen anzukämpfen, sich weder von dem Duft noch von der gefährlichen Nähe des Host das Gehirn vernebeln zu lassen. Genau, sein Aftershave war ekelhaft süß, begann sie sich einzureden, und viel zu aufdringlich. Gegen ihren Instinkt handelnd drehte die Schwarzhaarige den Kopf zur Seite, obwohl sie wohl jetzt nichts lieber getan hätte als den Kopf leicht anzuheben um an den Hals des Blonden zu schnuppern, wie sie sich beschämt eingestand. Verdammt das durfte doch nicht war sein!, fluchte sie innerlich. An diesem Idioten durfte ihr einfach nichts, rein gar nichts anziehend vorkommen. Er war doch überhaupt nicht ihr Typ. Dies war für sie so klar, wie das Amen in der Kirche. Oh Gott, woran dachte sie denn schon jetzt?! Kaum zu glauben, dass allein ein lächerliches Aftershaves so ein Gedankenchaos bei ihr auslösen konnte. Das alles war doch Schwachsinn. Eine Sinneseinbildung. Irgendetwas musste mit ihren Kreislauf nicht stimmen. Eine andere Erklärung gab es einfach nicht. Aufgeregt pochte ihr Puls gegen ihre Halsschlagader. Gepeinigt von dieser Einsicht schloss Isa, trotz der nicht vorhandenen Lichtverhältnisse die Augen, während draußen weitere Knalle die Luft zerfetzten. Unterdessen schien Tamaki einen Teil des Bodens gefunden zu haben, der nicht den Namen „Körper von Isa“ trug, auf dem er sich über die Schwarzhaarige abstützte. Dies hinderte ihn aber nicht daran umher zu bemerken, dass ein unkontrolliertes Zittern den Körper des Mädchens unter ihn erfasst hatte. „Ähm“ fing er an. Komisch, lag da nicht ein sanfter Ton in seiner Stimme? Nein, bestimmt nichts als Einbildung, sagte sie sich schnell. Hilfe, das war ja noch gruseliger, als die ganze Show, die Nekozawa jetzt abzog. Ihr gepeinigtes Zittern nahm zu. In diesen Moment hätte sich Isa für ihre Schwäche selber ohrfeigen können. „Wenn du Angst hast, kannst du dich an mich drücken. Mein Körper steht dir frei zur Verfügung“ deute Tamaki die ganze Situation komplett falsch und meinte ihr damit ein großzügiges Angebot zu machen. „Nein!“ rief Isa panisch und wünschte sich dabei, dass ihre Stimme nicht so kratzig klingen würde. Aber noch mehr Körperkontakt würde sie voraussichtlich nicht überleben. Trottel, wie konnte er bloß glauben, dass sie wegen ein bisschen zersplitterten Glas zitterte. Schwachsinn. Nein, sie hatte zwar Angst, aber nicht vor diesem, ihr nun komplett nebensächlich vorkommenden, Angelegenheiten. Leider kam Tamaki von seinen inkorrekten Deutungstrip nicht runter. „Du musst nicht immer so scheu sein“ Ein leises warmes Lachen erfüllte den Schrank „Indem du dich ständig so stark gibst, magst du zwar unabhängig rüber kommen und auch vor vielen Dingen geschützt sein. Aber so wirkst du für Viele auch unnahbar. Und eine Menge Leute bemerken so auch nicht, wie verletzlich du doch in Wirklichkeit bist, weil du so einen starken Schutz um dich herum aufbaust“ Danach lag greifbare Stille in der Luft, bevor der Blonde fortfuhr „Und weißt du, so ein Schrank kann auch ganz kuschelig sein“ Kapitel 16: Schattenkönig in dunkler Ritterrüstung -------------------------------------------------- Kapitel 16 Schattenkönig in dunkeler Ritterrüstung „Halt gefälligst den Mund“ keifte Isa und fing an unter dem Blonden hin und her zu zappeln sowie mit den Beinen wild zu strampeln, in der Hoffnung, sie würde so Abstand von ihm gewinnen können. Doch damit erreichte sie im eigentlichen das genaue Gegenteil. „Hör auf“ meinte Tamaki ruhig „Der Schrank ist viel zu klein“ Doch es war schon passiert. In Folge ihrer ganzen Zappelei stieß sie versehentlich gegen seine Hand, die sich am Boden abstützte und schon lag der Host mit seinem gesamten Gewicht auf ihr. Isa schoss die Röte in die Wangen. Zum Teil wegen des Ärgers über sich selbst und zum anderen Teil, weil sie der Nähe des Anderen um jeden Preis entkommen wollte. Tausend Flüche kamen ihr in den Sinn. Aber nicht einmal für einen könnte sie die nötige Kraft geschweige denn den Nerv aufbringen ihn Tamaki ins Gesicht zu schleudern. Doch das zusätzliche belastende Gewicht des Host ließ Isa auch nicht gerade mit ihrer Hampelei innehalten. „Hey, halt still“ rief Tamaki, da er selbst Probleme hatte unter seinen Händen festen Grund zu bekommen. „Verdammt! Geh von mir runter!“ fauchte die Schwarzhaarige und hoffte dabei, dass die Holzwände des Schrankes massiv genug waren, um jedes einzelne Wort zu verschlucken. Plötzlich spürte Isa, wie sich seine Hand um ihre Handgelenke schloss und sie so am Boden festhielten. Dennoch traten ihre strampelnden Beine unbeabsichtigt gegen die Tür, deren Harken wohl doch nicht so stark eingerostet war, wie angenommen. Denn schon öffnete sie sich knarrend einen Spalt weit. Kaum war dies geschehen, drang schon der hohe Laut von Sirenen an die Ohren der Schrankinsassen. Mit einem Ruck stemmte sich Tamaki auf und rollte sogleich getragen vom Schwung aus dem Schrank. Auf allen Vieren krabbelnd kam ihm Isa nach – deutlich erleichtert von dem Blonden weggekommen zu sein. „Was ist das?“ Tamakis Frage wurde von einem erneuten schrillen Aufheulen der Sirenen begleitet. Mit einem Mal ging das Licht im ganzen Gebäude wieder an. Geblendet von der Helligkeit kniff Isa die Augen zu Schlitzen zusammen, um sie dann jedoch im nächsten Moment entsetzt aufzureißen, als durch die offen stehende Zimmertür zwei Kerle hereinstürmten. Sie musste einige Male blinzeln, bevor sie erkannte, dass der eine von den beiden gerade mal Honeys Größe erreichte. Ein schwarzer, langer Schnurrbart, dessen Enden sich an seinem Kinn hinunterringelten, verlieh ihm eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem Miniwallross. Sein Begleiter erinnerte mit seiner riesigen, bulligen Statur an dem Wandschrank, in dem sich Isa grade befunden hatte. Alles an diesen Zweien hätte unter normalen Voraussetzungen in einen Wanderzirkus gepasst. Doch ein klitzekleiner Umstand mit einer umso größeren Bedeutung machte dem einen Strich durch die Rechnung. Beide hielten eine Waffe im Anschlag vor sich. „Schitt, meintest du nicht, dass nach dem ganzen Lärm, den wir veranstaltet ham, der Raum hier auch leer sein müsste?“ knurrte das Mimiwallross den Größeren vorwurfsvoll an „Sieht aber nicht danach aus“ Sein Schnurbart zuckte unkontrolliert. Der bullige Typ kratzte sich irritiert am Kopf, als müsste er erst einmal nachdenken. „Ähmm, müsste er auch eigentlich sein“ sagte er langsam. „Idiot!“ stöhnte der andere und da er aufgrund seiner geringen Körpergröße nicht an den Hinterkopf des Wandschranks herankam, kickte er ihn kurzerhand grob mit seinem Fuß ans Schienbein, woraufhin dem Großen ein fragendes „Aua“ entwich „Warum tust du das?“ „So viel Blödheit verdient nichts anderes“ kam die Erwiderung postwendend. Die Ader an der Stirn des Miniwallroses pochte. Isa hatte dem Schauspiel stillschweigend zugesehen, doch nun ließ der Kleinere seinen Blick über die Anwesenden im Raum gleiten. „Ok, Herrschaften. Ihr wart eigentlich nicht vorgesehen. Aber wenn ihr Rotzgören jetzt die Hände hoch hebt und hier her kommt“ er deutet zu einem Sofa, hinter dem nun Gin und Daisuke hervor krochen. „Dann könnte mein Finger nicht versehentlich am Abzug abrutschen“ Auch Haruhi und die Zwillinge begaben sich mit über den Kopf erhobenen Händen an besagte Stelle und ließen sich auf dem Möbelstück nieder. Isa konnte ihren Augen nicht trauen, aber Haruhis Miene war ebenso unbeteiligt, wie als wenn ihr Tamaki predigte, dass das was sie als ihr heiliges Sushi anbetete, in seinen Augen nichts weiter als minderwertige, keimverseuchte Fischkacke war. „Ihr auch! Los, dalli, dalli!“ befahl er. Die Pistole, mit der er auf Tamaki und Isa zeigte, zitterte in seinen Händen vor unterdrückter Aufregung. Erst jetzt wurde Isa erst richtige bewusst, dass dies kein Film war. Sie befand sich mitten drin. Die bewaffneten Kerle vor ihr waren real. Langsam richteten sich die beiden vom Boden auf, um sich anschließend ebenfalls zum Sofa zu begeben. „Also“ meinte das Miniwallross, als sich die Anwesenden an besagter Stelle scharrten „Wo ist nun der Klunker?“ Aus seinen Gesten sprach deutliche Ungeduld. Der Bullige war an dem Wandschrank getreten, in dem Isa gerade noch um ihr Leben gekämpft hatte. „Müsste hier sein“ Unterdessen murmelte der Kleinere „Zu schade, dass uns damals, das Kollier durch die Lappen gegangen ist. Nur weil so ein paar Rotznasen zu früh zurück in die Umkleiden kamen. Dafür hätte man nen gutes Sümmchen auf dem Markt bekommen können. Aber die jetzige Beute ist auch nicht gerade schlecht.“ Mit einer plumpen Bewegung seiner Hand zog der Kerl die Schranktür auf, stieg ins Innere des Möbelstücks und machte sich an der Holzinnenseite zu schaffen. Man konnte sehen, wie er die glatte Wand abtastete. Dann entstand plötzlich ein schabendes Geräusch, so als wenn korniges Schmirgelpapier und Holz aneinander gerieben wurde. Danach hatte man freien Blick auf eine offene Klappe an der Hinterseite. „Jiro“ kam es wenig später von den Bären „Hier ist nichts“ „Was!?“ Das Gesicht des Miniwallrosses entgleiste, die Enden seines Bartes zuckten stärker denn je. „Bist du sicher?!“ rief er. Das Zittern der Waffe glich nun schon einem Schwanken. „Nein, da ist nichts. Alles weg. Die Beute ist nicht mehr da“ „Fresse, verdammte!“ beim Sprechen flogen dem Miniwallross Spucketropfen aus dem Mund und landeten auf dem noblen Teppich. „Gib’s zu, du verkaufst mich für blöd. In Wirklichkeit hast du selbst alles genommen! Dabei hatten wir Beuteteilung abgesprochen! War es nicht so, du mieses Schwein?!“ In diesen Moment war Isa wohl nicht allein im Raum, die diese Darstellung der Dinge für höchst unglaubhaft hielt. Miniwallross ballte die Faust – zum Kampf gegen seinen bulligen Partner bereit. Zeitgleich flog abermals die Zimmertür auf und ein Trupp Polizisten stürmte den Raum. Der erste brüllte sogleich „RUNTER MIT DEN WAFFEN!“ und setzte noch ein gefauchtes „NA WIRD’S BALD?!“ hinterher. Der bullige Kerl ließ ohne Verzögerung die Pistole zu Boden fallen, wo sie mit einem dumpfen Geräusch aufschlug. Demnach bedurfte es weiß Gott nicht viel Griebs, um im Angesicht einer deutlichen Überzahl von auf sich gerichteten Gewehrmündungen, zu erkennen, dass dies wohl doch eine Nummer zu groß war. Sein Partner tat es ihm umgehend nach. „Gut, und jetzt die Hände über den Kopf und hier her kommen!“ blaffte ein Wachmann. Isa und die anderen staunten nicht schlecht, als Kyoya hinter den Wachkräften hervortrat, aber noch mehr staunte besonders die Schwarzhaarige als Lena, Mori und Honey hinter ihm auftauchten. Isa wunderte es ziemlich, wie gefasst ihre Freundin, in Kyoyas Nähe war. Allerdings schien sie immer noch einen Sicherheitsabstand zu halten. Und was macht Moris Hand bloß auf ihrer Schulter?, schoss es der Schwarzhaarigen durch den Kopf. Mit einer überlegen wirkender Geste fixierte Kyoya das Miniwallross und den Bären. Der Blick hatte für Außenstehende etwas höchst Neutrales an sich. Aber wäre sie es, die so angeblitzt wurde, würden ihr wohl die Knie anfangen zu zittern, musste Isa zugeben. „Ohne Frage war Ihr Vorgehen sehr voraussehbar. Und um sicher zugehen, dass Sie uns nicht entkommen, haben wir alle Türen des Gebäudes verriegelt sowie an jeden möglichen Ausgang Wachposten aufgestellt. Auch mit den entwendeten Wertsachen sind wir Ihnen aus Vorsichtsmaßnahmen zuvorgekommen, indem wir sie schon vor 3 Tagen aus dem Fach im Schrank geholt haben. Ich muss sagen ihr Plan war definitiv simpel. In regelmäßigen Abständen haben sie Schülern ihrer Sachen bestohlen und sie anschließend, nachdem sich niemand mehr im Clubraum des Host Clubs aufhielt, im Geheimfach des Wandschranks deponiert. Zu schade, dass Honey vor zwei Monaten dieses Fach zufällig entdeckt hatte, als es noch vollständig leer war“ „Stimmt“ erinnerte sich einer der Zwillinge „Hat er damals nicht ganz verzweifelt auf der Suche nach Süßigkeiten den Raum auf den Kopf gestellt?“ Sein Bruder nickte zustimmend. „Jop, das grenzte schon an Aggressivität. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und er wär’ der Tollwut unterlegen gewesen!“ „Was sagt ihr da?“ meinte Honey. Eine Träne hatte sich bei den Sätzen der Zwillinge in seinen Augenwinkel gebildet. „Nein, nein, die beiden haben nur noch nicht ihr „Heute-ärgern-wir-alle-bis-zum-Wahnsinn-Pensum erfüllt“ beeilte sich Haruhi zusagen. „Wie dem auch sei“ fuhr Kyoya fort „Euer Plan wäre fast durchgegangen. Bis euch wohl, dass Missgeschick mit dem Kollier unterlaufen ist. Habe ich nicht Recht? Euch ist zu wenig Zeit geblieben, um das Schmuckstück zu entwenden, als ihr Schritte hörtet, die sich der Umkleide nährten. Im Eifer des Gefechts habt ihr es wie ich annehme einfach in die Sachen einer jeweiligen Schülerin gestopft und euch dann ohne die Beute vom Acker gemacht. Das war der erste Hinweis, den ihr mir unbedacht gegeben habt. Diebstahl unter Schüler an der Ouran ist eine Primäre und hat mich nicht umsonst stutzig gemacht. Es gibt keinen Grund, weshalb jemand von unseren Stand etwas stehlen müsste. Aber dies ist nicht das einzige“ Inzwischen hatten sich die Wachmänner daran gemacht, Miniwallross und Bär festzuhalten. Bei dem Kleineren waren nur zwei Männer von Nöten, während den Bären sage und schreibe sieben Männer stillhalten mussten. Aufgebracht trat das Miniwallross um sich, was aufgrund seiner kurzen Strummelbeinchen wohl nicht den beabsichtigten Effekt erzielte. Ungerührt fuhr Kyoya fort „Nachdem ich zufällig ein Gespräch zwischen euch mitbekommen habe, merkte ich schon, dass etwas nicht stimmen konnte. Weshalb ich Späher auf euch angesetzt habe, die mir von euren Raubzügen berichtet haben und mir nebenbei noch so einiges an interessanten Informationen zugespielt haben. „Meinst du damit etwa,…“ entfuhr es Haruhi, die wohl bis jetzt die einzige war, die noch mitkam „…dass es sein könnte, dass diese Männer die Bediensteten sein könnten, die uns letzte Woche unwissend in der Abstellkammer eingeschlossen haben?“ Ja, jetzt wo sie es sagte, war sich Isa sicher, dass sie den Namen Jiro schon einmal gehört haben musste, und ihr irgendwie im Gedächtnis hängen geblieben war. Ein jähes Aufprusten aus Gins Richtung störte ihre Überlegungen. „Was Kyoya und du“ er deutet auf Haruhi „wart zusammen in ner’ Abstellkammer eingesperrt? Ich wusste so was ja noch gar nicht.“ kicherte er „Echt ich hätte nicht vermutet, dass ihr beide auch vom anderen Ufer seid! Sieht also so aus als hätte der Eisprinz endlich seine Prinzessin gefunden! Also wo soll die Hochzeit gefeiert werden?“ Sofort sprang Tamaki erschrocken vom Sofa auf. „Das siehst du mal wieder ganz falsch!“ Er wandte, wie immer, wenn er verzweifelt versuchte etwas richtig zu stellen, seine altbekannte Handwedelsprache an. „Schau mal, ich war auch da“ redete er verzweifelt drauf los. Nun hob Gin ehrlich verblüfft eine Augenbraue. „Also hattet ihr nen’ Dreier? Hät’ ich dir gar nicht zugetraut, Alter! Um ein Haar hättest du mich drangekriegt mit deinen ganzen moralischen Grundsetzten und den konventionellen Gelaber. Aber in Wirklichkeit steckt auch in dir das gleiche versaute Schwein, wie in jedem Mann. Gut, das du’s erkannt hast und dich nicht mehr hinter deinen moralischen Reden versteckst.“ Daraufhin war nicht mehr feststellbar, ob sich Tamakis Seele noch in seinem Körper befand, da er stillstand und mit glasigen Augen vor sich hin starrte. Verdächtigerweise bewegte sich sein Brustkorb auch nicht mehr, was wohl daher rührte, dass der plötzliche Schreck seine Lungenflügel eingetrocknet haben musste. Das Räuspern Kyoyas lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. „Wir hielten uns nicht für solche Zwecke dort auf“ Als ob wir uns überhaupt für einen Zweck dort aufgehalten hätten, ging es Lena durch den Kopf. Kyoya schob sich mit einer vertrauten Geste die Brille noch etwas höher. „Außerdem würde meine Verlobte gegen solche Abweichungen etwas einzuwenden haben“ Nun weiteten sich die Augen des vorlauten Dunkelhaarigen. „Was?! Du hast ne’ Verlobte! Das is’ mir ja jetzt völlig neu. Aber bei der strengen Einstellung deiner Familie war das auch zu erwarten. Ehrlich gesagt bemitleide ich dich sogar deswegen.“ „Kyoya!“ Mit langen Setzten gelangte der blonde Host zu dem Brillenträger. „Du hast eine Verlobte! Warum hast du nie was gesagt? Ich mein, du hast es nicht mal irgendwann erwähnt! Das wüsste ich ja dann!“ Nach einer kurzen Verzögerung fragte ein Zwilling „Ist das der Grund, warum du größtenteils im Hintergrund aktiv bist?“ „Was anderes würde auch nicht zu Kyoya passen, Hikaru“ mischte sich der andere Rotschopf kopfschütteln ein. „Hmm“ murmelte Tamaki „Aber warum hast du uns nie was davon erzählt?“ „Na, dann denk doch mal einmal gut nach. Wenn ich es dir gesagt hätte, hätte dies ein zusätzliches Hindernis für den Host Club dargestellt.“ Bei Tamakis verwunderten Gesichtsausdruck, fügte Kyoya hinzu „Ich kenn dich doch Tamaki. Du hättest versucht mich mit allen Mitteln vom Club fern zu halten, allein um ihretwillen.“ „Mag schon sein“ bestätigte der Halbfranzose etwas zerknirscht „Weiß sie überhaupt, dass du einen Host Club mitbetreibst?“ Der Schwarzhaarige wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, doch eine tiefe Stimme kam ihm zuvor. „Ah, gute Arbeit, Otori-kun. Wirklich hervorragend“ Der Schulleiter trat hinter Kyoya und klopfte ihn wohlwollend auf die Schulter, was der Brillenträger mit einen berechnenden Blick quittierte. „Alles hat geklappt, wie es abgesprochen war“ In diesen Moment schoss folgender Gedanke wirklich allen Anwesenden durch den Kopf: Von Anfang an steckte der Rektor mit Kyoya unter einer Decke. „Haruhi!“ rief plötzlich der Rektor und eilte zu ihr hinüber und begann vor versammelter Mannschaft Anstallten sie durchzuknuddeln. Anscheinend hatte er einen recht großen Narren an seiner Stipendiatin gefressen. Dies würde auch dem, was er nun sagte eine Erklärung geben. „Haruhi, ich bin ja so glücklich, dass dein lieblich schönes Gesicht vor jeglichen Kratzer bewahrt worden ist. Schließlich befandest du dich mitten im Sturm. Was hältst du davon, wenn wir dir einen Bodyguard besorgen? Dann könnte ich nachts wenigstens mal wieder ruhig schlafen, mein Täubchen.“ gurrte er ihr zu und warf sich im Zuge einer dramatischen Pose die Hand an die Stirn. Der Schulleiter tätschelte Gesicht der Brünetten, das nicht besonders erfreut über diese Prozedur aussah. „Ich glaube, das ist nicht nötig. Sie verfügt schon über mehr als genug Wachpersonal“ meinte Kyoya in Richtung zu den Zwillingen und Tamaki, die vor Wut über die Anzüglichkeiten des Rektors gegenüber ihrer geliebten Haruhi vor Wut kochten. Ganz so als würden sie in ihrer Gegenwart ein besseres Benehmen, als er an den Tag legen… „Tja“ begeistert schlug der Direktor seine Hände zusammen, drehte sich um und fixierte plötzlich Lena „Nun junge Dame, ich glaube du bist dem Herrn Otori etwas schuldig“ Sein Blick richtete sich wieder auf Kyoya, bevor er weiter sprach „Schließlich hat er deinen guten Ruf wiederhergestellt, indem er Beweise vorbrachte, die eindeutig dagegen sprechen, dass du ein gewisses Kollier gestohlen, geschweige denn jemals angefasst hast. Der ganze Schulaufsichtsrat und ich bedauern es zutiefst, solch zwielichtiges Personal eingestellt zu haben. Nur die Fingerabdrucke unserer doppelgesichtigen Angestellten wurde auf dem Gegenstand identifiziert, was belegt, dass du, junge Dame unschuldig bist.“ „Ich weiß“ Lena scharrte verlegen mit einen Fuß auf dem Boden. „Ahm…“ sie wandte sich langsam den schwarzen Brillenträger zu „Ähm, ich schätze mal… ich schätze mal, wir hatten nen’ schlechten Start…. wobei ich wahrscheinlich etwas übertrieben hab“ Das ist in der Tat untertrieben, dachte Isa. Es herrschte drückendes Schweigen. „Tja“ meinte Lena nervös in die Stille hinein „Du bist wohl doch nicht so übel, wie ich angenommen hab. Sorry“ Die anderen nickten synchron im Hintergrund. „Gut, wenn wir das nun geklärt hätten“ mischt sich der Rektor, eines seiner breiten Zahnpastalächeln präsentierend, ein „denke ich, ich wüsste schon etwas womit du dich bei Otori-kun revanchieren könntest“ Er drehte sich zu Tamaki. „Ich habe gehört der Host Club braucht noch Helfer. Also wie wäre es, wenn die junge Dame bei euch aushelfen würde? Dauerhaft selbstverständlich nicht, versteht sich natürlich“ Kapitel 17: Abwege eines degradierten Serviermädchens ----------------------------------------------------- Kapitel 17 Abwege eines degradierten Serviermädchens Wie an jeden gewöhnlichen Tag zog sich der Unterricht schleppend - gleich einer besonders klebrigen Kaugummimasse - voran. Nach dem nachmittäglichen Schlussklingeln hievte Isa ihre Tasche auf die Tischplatte, wobei sie zu Lena meinte „Du musst heut aber nicht wieder da hin, oder?“ Die Brünette zuckte die Schulter. „Es sieht ganz danach aus. Jedenfalls hat man mir nicht Bescheid gegeben, dass es heute ausfällt“ Ein schweres Seufzen entrann der Kehle ihrer Freundin, gefolgt von einem erzürnten Schnauben. „Ey, wir haben jetzt schon Mitte November!“ wetterte sie los „Und du musst immer noch diesen Scheiß machen. Ganz davon zu schweigen, dass ich so langsam den Verdacht hab, dass das mehr als zwei Mal in der Woche sind, an denen du da aushelfen musst. Das ist doch voll die Ausbeute! Kannste das denn nicht einfach schwänzen?“ Die Brünette biss sich auf die Lippe und schüttelte abwehrend den Kopf. Isas Schritte klangen vor unterdrückter Wut auf den Marmorboden fester, als unbedingt nötig gewesen wären, als sie mit Lena den Weg durch die Korridore antrat. Durch die Fensterfassade an der rechten Seite hatte die Spätherbsonne bereits seit einigen Tagen keinen ihrer vereinzelten Strahlen mehr geschickt. Als Fetzen lag das Blätterkleid, nun schon mehr braun als bunt, zu Füßen der kahlen Kischbäume. Draußen ließ ein kühler Wind die Äste der entblößten Kronen leicht schwanken, wie hilflose Ertrinkende, die von einer starken Strömung hin und her geworfen wurden. „Nervt dich dieser Kuttentyp eigentlich immer noch?“ fragte Lena nach einer Weile. „Hm, könnte man so sagen. Er scheint wirklich beleidigt zu sein, weil ich seine komische Mutprobe an Halloween nicht gemacht hab. Aber ich mein, wie hät’ ich ihn auch inmitten dieses ganzen Rummels finden soll’n?“ Als wenn du überhaupt vorgehabt hättest nach ihm zu suchen, dachte Lena und rollte innerlich mit den Augen. „Aber jetzt lenk bloß nicht vom Thema ab“ begann die Schwarzhaarige abermals „Falls die dir irgendwas aufdrängen oder etwas von dir verlangen sollten, was du unter keinen Umständen willst, tu dir keinen Zwang an und sag’s mir. Ich schwör dir, ich schlag die Typen windelweich!“ Lena sah Isa schon mit Handschuhen im Boxring hin und her traben. Eine Vorstellung, deren Realitätsgrad die Brünette es gründlich vermied sich auszurechnen, weswegen sie auch schnell sagte „Schon gut, schon gut. Ich weiß ja, dass du mich mit Händen und Füßen verteidigen würdest. Aber da ist echt nichts dabei. Im eigentlichen muss ich nur einen Teil von Haruhis Job übernehmen und das Serviermädchen spielen. Halt keine große Sache. Hört sich eben nicht sonderlich aufregend an, aber du weißt ja wie die vom Host Club drauf sind. Von da her is’ Langweile echt selten. Allerdings war dieser Einzelfall mit den Stewarddress doch nen wenig unpass…“ Mist, jetzt hab ich mich verplappert, fluchte sie in Gedanken. Doch es war schon zu spät. Isa hatte ihren Stierblick bekommen. „Was für ein Dress?“ harkte sie sofort ungnädig nach, mit einem Gesichtsausdruck, der sagen, dass diesmal keine Ausflüchte geduldet wurden. Mit deutlichen Unbehagen erinnerte sich Lena daran zurück und empfand aufkeimende Unsicherheit. Vielleicht hatte es in den Augen der Zwillinge etwas Amüsantes sie in so ein bestürzend knappes Dress zu stecken, nur um sie, wie die beiden felsenfest behaupteten, ihrer Rolle als persönliches Serviermädchen des Clubs näher zu bringen. Interessanterweise war Tamaki ebenfalls sogleich Feuer und Flamme für diesen Einfall gewesen. Er hatte Lena sogar das großzügige Angebot gemacht, vor dem Hinterzimmer Wache zu halten, da sie ihm im Falle „Unliebsamer Spannereien“ ja vertrauen könne. Natürlich hatte Lena versucht gegen diese plötzliche Idee anzuargumentieren, weil sie alles andere als angetan von dem Vorschlag war. Es gab ihrer Meinung nach Grenzen in Sachen Kleidung, welche man möglichst nicht überschritt, und dazu gehörten auf alle Fälle Outfits, die Isa, als kurz bezeichnen würde, und was bei Isa ein kurzes Outfit war, kam unter normalen Umständen direkt aus einem Stripclub. Dennoch war ausgerechnet Honey derjenige gewesen, welcher sich schützend vor sie aufgebaut hatte und plötzlich in einem ausdruckslosen Ton, der so eine Ruhe besaß, dass er schon gefährlich wirkte, knurrte: „Tamaki, das Stewarddress sieht ganz und gar nicht süß aus“ In anderen Worten: Er hasste Kinderpornographie… Es war das erste Mal, dass Lena den kleinen Blondschopf von dieser Seite erlebte. Sie konnte sich selbst nicht erklären, woher diese bedrohliche dunkle Aura um ihn herum herkam, geschweige denn, was ihren furchteinflösenden Faktor ausmachte. Irgendwie war es schon etwas gruselig. In diesen Moment wünschte sich die Brünette nichts sehnlicher, als dass sie gleich wieder das übliche Bild von ihm sehnen würde: Nämlich wie er sein Häschen an sich drückte und ihm versprach, dass es auch niemals Kinderpornographie zu Gesicht bekommen würde, weil er es ja vor solchen traumatischen Dingen beschütze. Trotzdem begriff die Brünette genau in dieser Sekunde etwas Wichtiges: Honey war vielschichtig und auf eine bizarre Weise unberechenbar. In dieser Hinsicht ähnelte er, so sehr sie es auch zu verdrängen versuchte, dem Brillenträger, dessen Augen zurzeit auf den Desktop seinen Laptops festgewachsen waren. Auf seine Seite hatte sich auch Mori gestellt. Intensiv hatte er Tamaki beäugt und die einzigen Worte, die er dann von sich gab, besaßen ein solches Gewicht, dass der blonde King umgehend eine Nuance blasser wurde. „Tamaki, überlege dir, was du tust“ Ungeahnter Weise hatten sie selbst Unterstützung von Kyoya erhalten. (Das hießt: Wenn man es gelten ließ, dass er seinen Laptop, welcher auf einmal den Namen „Tamaki“ trug, die Drohung entgegenfauchte, wegen seiner andauernden Lärmstörungen kurzen Prozess mit ihm zu machen, indem er ihn von den Wachmännern am Stuhl fest knebeln lassen würde, damit sein Mund zur Abwechslung mal keine überflüssigen Laute ausstieß.) Verdeckt ergriff Haruhi nun auch für sie Partei, indem sie Lena gründlich in ihre zukünftigen Aufgaben einwies, wobei sie extra viel Aufmerksamkeit vortäuschte. „Du bekommst das sicher schnell auf die Reihe“ ermutigte sie Haruhi und dann fügte sie zwinkernd hinzu „Mach, dir keine Gedanken über den ganzen Cosplaykram, den die vorhaben dir anzudrehen. Vor drei Tagen wollten sie mich in ein Bunnygirlkostüm stecken. Von da her, darfst du es nicht so ernst nehmen. Und falls du trotzdem mal mit den Twins und Tamaki allein sein solltest, weißt du ja wo der Notrufknopf ist“ So nahm Lenas degradierte Kariere, als privates Serviermädchen des Ouran High School Host Club, seinen Anfang. Obwohl sie sich definitiv ein anderes Ziel für ihre Zukunft gesteckt hatte, als dieses. Das eigentlich Schlimme stellte ja nicht das Bedienen der Kunden da. Jedenfalls nicht direkt. Nein, das Problem bestand darin, dass manche Host einen wirklich eigenen Umgang mit ihr pflegten, der nicht wirklich den Geschmack der Kundinnen traf und Lena in deren Augen, nicht gerade Sympathiepunkte einbrachte. Bei den Zwillingen war sich die Brünette beinahe sicher, dass sie es absichtlich machten. Was allerdings den blonden King betraf, so hatte er wohl nicht die geringste Ahnung, was seine Bemerkungen wie „Wir sollten dich dauerhaft eingestellt lassen. Du trägst außerordentlich gut zur Deko dieses Raumes bei. Das ließe sich doch einrichten, oder Kyoya?“ oder „Das hast du wirklich toll gemacht, Kätzchen. Da hätte ich dich auch gern zu Hause. Na, wie wäre das? Du würdest auch dein eigenes Zimmer bekommen.“ bei seinen Kundinnen auslöste. Zusätzlich trieben gelegentliche Küsschen auf der Wange, die Eifersucht etlicher Schülerinnen fast zum Überschäumen, so dass sie Lena, stets wenn diese vorbeikam mit ihren Blicken zu erdolchen versuchten und die Brünette sich so allmählig ernsthafte Sorgen über eintrudelnde Mordbriefe machen musste. Derweilen tat Tamaki diese langsam zur Gewöhntheit werdende Begrüßung damit ab, dass das von Verbundenheit zwischen Europäern herrührte und man müsste die alten kulturellen Werte eben immer wieder aufrechterhalten. Langsam aber sicher wurde Lena bewusst, dass sie mit der Entscheidung des Rektors, sie damit zu beauftragen beim Host Club auszuhelfen, zu Freiwild erklärt worden war. Allerdings hatte die unfreiwillige Begegnung mit dem Schulleiter auch etwas Erfreuliches mit sich gebracht: Das anstehende Gespräch über die hierarchierende Kleiderordnung war wohl für alle Mal unter den Tisch gefallen und auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Besser war es so ohne Zweifel. Insgeheim allerdings hatte sich Lena schon längst mit den Gedanken abgefunden, dass der Rektor die ausfallende Rüge listig als eine Gefälligkeit, die sie Kyoya entgegenbringen sollte, getarnt hatte. „Ach weißt, du“ meinte die Brünette zu Isa, ein verkrampftes Lächeln auf den Lippen „Der Host Club hat so bestimmte Traditionen. Eben so verrückte Verkleidungstage“ Ihr wurde schon jetzt bange, wenn sie nur daran dachte, dass auch eben heute solch ein Tag war. Sie waren am Bandraum angekommen, weshalb Isa nun auch keine Gelegenheit mehr hatte nachzubohren. „Wir werden noch darüber reden. Verstanden? Keine Ausflüchte!“ sie drohte spielerisch mit den Finger und betrat dann das Probezimmer, in dem sie schon von den anderen Mitgliedern erwartet wurde. Daisuke ließ sich gerade über sein Fredchen Keks aus, wie ungezogen und frech es in der letzten Zeit geworden wäre. Woraufhin Gin einwarf, dass das alles an seiner mangelnden Erziehung liege. Aber wie solle denn schon ein Wildfang von einem anderen Wildfang gebändigt werden? So etwas wäre doch schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Der Tag an dem der Punk, Keks in seiner Tasche mit in die Schule geschmuggelt hätte, wäre ihm außerdem noch bestens in Erinnerung erhalten geblieben. Keks hatte ja buchstäblich die ganze Schule in Schutt und Asche gelegt, als er mitten im Unterricht aus der Tasche beflüchtet sei, froh seiner wieder gewonnen Freiheit, über die Tische der Schüler hinweggesetzt war, mehrere Mädchen durch sein Auftauchen zu den Schrei „Hilfe ein Stinktier!“ hingerissen und sie dann in Ohnmacht versetzt hatte. Neckend zerstrubbelte der Größere das rötliche Haar des Punks und Nara, die fast nie etwas sagte, flüsterte Isa ernst zu „Seit Halloween hat sich etwas bei Gin verändert“ Nachdenklich betrachtete Isa den Dunkelhaarigen, der sich nun an seiner Bassgitarre zu schaffen machte, dann sah sie mit verwunderter Mine Nara an. „Das wirst du noch merken“ meinte sie daraufhin, während ihr abschätziger Blick ebenfalls auf Gin lag. Verwundert sah sich Lena im Clubraum um. Wie gewöhnlich war sie eine Viertelstunde, bevor die Kundinnen eintrudelten, gekommen, aber das Zimmer war komplett leer. Huch, alle ausgeflogen?, fragte sie sich im Stillen. Das Geräusch der heruntergedrückt werdenden Türklinge ließ sie herumfahren. Sofort entspannte sich die Brünette, als sie merkte, dass es sich um Haruhi handelte, die rein gekommen war. Auch sie blickte sich verwirrt im Zimmer um, bis sie Lena entdeckte. „Hallo! Wo sind denn die anderen abgeblieben?“ Angesprochene zuckte die Schultern. Sie wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzte, als die Tür des Nebenzimmers krachend aufflog und Tamaki, gefolgt von den anderen, erhobenen Hauptes herausspazierte. In seinem Fall war dies nicht gerade leicht, weil der tellergroße Heiligenschein - über und über mit Goldglitzer verziert - auf seinen Kopf wohl ein deutliches Gewicht betrug. „Cosplaytag. Das hätte ich fast vergessen“ stöhnte Haruhi neben Lena, die beide das sahen, was wohl bald so mache Kundin zur Verzückung bringen würde. Tamaki, Honey und Mori waren in weiße Gewänder gekleidet. Das Schnürband um die Taille gab der Aufmachung zusätzlichen Halt. Die weißen, bis zu den Kniekehlen reichenden Tuniken ließen bei jedem von ihnen eine Schulter frei und entblößten so die andere Schulter sowie einen breiten Teil des Oberkörpers. Am Rücken befand sich ein Loch im Stoff, aus dem nun schneeweiße bauschige Engelsschwingen herausragten. Über ihren Köpfen thronten runde Heiligenscheine und gaben der Verkleidung den letzten Schliff. Bei Moris Anblick musste Lena nach Luft schnappen, denn anders als Honey, der in dem Engelskostüm unglaublich niedlich wirkte, und auch anders als Tamaki, zu dessen Image das Kostüm zwar wie die Faust aufs Auge passte, aber, egal wie man es drehte und wendete, nicht stehen wollte, sah Mori mit der Tunika einfach nur göttlich aus. Ein breiter Streifen Stoff hielt das Gewand an seiner Schulter, die andere war frei von jeglichen Stoff und gab so einen guten Blick auf seine muskulöse Brust frei. Was für ein toller Body, schoss es Lena siedend heiß durch den Kopf. Da wollte man doch gleich eine Tube Sahne in der Nähe haben. Das Blut schoss ihr in den Kopf, als sie sich mit diesen für sie recht untypischen Gedanken ertappte. Oh Gott! Wie ging denn das? Was ging denn jetzt ab? Hatte sie das gerade wirklich gedacht? Wie kam sie bloß auf so etwas Perverses? Er hatte doch nichts getan…Na gut, außer so unverschämt hot auszusehen… Aber das war noch lange kein Grund… Nein, unmöglich. Mit ihr konnte etwas nicht stimmen. Schnell schwankte ihr Blick noch einmal zu Mori und Lena kam nicht umhin, sich auch gleich Früchte zu wünschen. Oh, Gott! Etwas stimmte wirklich nicht mit ihr. Das war jetzt so sicher wie das Amen in der Kirche. Schon allein, dass er bei ihr solche nicht minder anstößigen Gedanken auslöste, war schon besorgniserregend genug; ganz zu Schweigen von dem kribbeligen Gefühl, welches sich so langsam ihrer bemächtigte. Die Brünette versuchte sich nichts anmerken zu lassen, wobei sie sich sicher war, dass dies ihr irgendwie nicht so recht gelingen wollte, zumal sie große Anstrengung aufbringen musste, um keine Sturzbäche auf den Teppich zu sabbern. Plötzlich fing Mori ihren Blick auf. Eine Augenbraue hochziehend, - ein kleines Lächeln spielte amüsiert ja belustigt um seine Lippen- ruhten seine Augen für einem Moment auf ihr. Lena kam es vor als wäre die Luft auf einmal mit Strom geladen. Schnell wandte sie den Blick ab. Warum hatte sie bloß so ein Gefühl, als wüsste er, was sie soeben gedacht hatte. Was für ein Blödsinn, rügte sie sich selbst. Niemand konnte Gedanken lesen. Aber warum kam es ihr dann so vor? War sie so leicht für Andere zu durchschauen? Womöglich hatte in dem Moment vorhin gerade mal ihr Gesicht genügt, um daraus zu lesen, was in ihr vorging. Ach, was war diese Vorstellung schrecklich. Rasch riskierte sie einen letzten Blick auf den großen Dunkelhaarigen, aber er schaute nicht mehr zu ihr herüber. Aus dem Raum folgten den drei Hosts Kyoya und die Zwillinge. Ihre Kostüme verbildlichten das ultimative Gegenteil der anderen. Die Tuniken, welche sie trugen, waren von der gleichen Machart, wie die der Engel, wenngleich auch nicht waschmittelweiß sondern nachtschwarz. Lena erschien es sogar so, als würden sie gierig alles Licht in unmittelbarer Nähe aufsaugten. Kyoya hatte sich nur mit den roten Hörnern begnügt, während die Zwillinge die ganze Teufelsaufmachung bis zur Perfektion mit allerlei Details, wie unter anderen: einen Schwanz mit dreieckiger Spitze, Lederbänder, die sich in einem Schnurrmuster um ihre Unterschenkel wanden, sowie einen Dreizack, aufgerüstet hatten. Doch was die beiden Teufel erst zu einem wahren Blickfang machte, war das Tattoo, auf ihren Wangen - kurz unterhalb des rechten Auges. Es stellte einen rotbläulichen ineinander laufenden Flammenwirbel dar, gleich einer Flutwelle erhebend, und sich selbst im rollenden Sturz verschlingen zu wollen scheinend. „Und wie sehe ich aus?“ meinte Tamaki strahlend bei den beiden Mädchen angelangt und drehte sich einmal stolz um die eigene Achse. „Gewöhnungsbedürftig“ kam es von Lena, während Haruhi schnippisch meinte „Dämlich wie immer. Aber es ist dämlich genug um den Kundinnen zu gefallen“ Tamaki hob die Hände waagerecht vor sich und stimmte einen kirchenähnlichen Singsang an „Aber schau doch. Ich bin der edle Engel Amour und bringe Liebe und Glück. Durch meine erhabene Hand, die Pfeil und Bogen auf ihren zielsicheren Weg lenkt, wird die Liebe auch einen Weg in eure Herzen finden, euren Verstand erhellen und euch Erlösung verschaffen von der düsteren trostlosen Welt.“ „Sogar seine Sprechweise klingt heute noch dämlicher, als sonst“ murmelte Haruhi entnervt. Mittlerweile hatte sich Lena damit abgefunden, dass der weibliche Host Tamaki so einfach vor den Kopf stieß und einen Heulkrampf seinerseits in Kauf nahm. Tamaki hatte einfach eine theatralisch sensible Art, mit der Haruhi nicht gerade am besten umgehen konnte. „Für euch haben wir aber auch etwas da“ schalteten sich auf einmal die Zwillinge ein. Lena schwamm nichts Gutes, als sie und Haruhi von den beiden fortgeschleppt wurden. Im Hinterzimmer angekommen zeigten die beiden auf zwei Bündel Kleider. „Das Rechte ist für Haruhi und das Linke für Lena. Und jetzt beeilt euch. Wir möchten das Ergebnis noch möglichst vor den Kundinnen begutachten wollen!“ „Hier geblieben!“ Der eine Rotschopf drängte Haruhi zurück, die hinter seinem Rücken einen missglückten Fluchtversuch mitten durch die Tür gestartet hatte. „Keine Widerrede!“ ließ er streng verlauten „Du ziehst das an!“ Ohne ein weiteres Wort drehten sich beide um, verließen das Zimmer und schlossen hinter sich ab. „Na, toll“ murmelte die brünette Hostess, die Begeisterung konnte man ihr richtig schön vom Gesicht ablesen, als sie sich die für sie bereitgelegten Klamotten genauer besah. Zehn Minuten später standen die beiden Mädchen im Clubraum. Die Jungen hatten sich um sie gescharrt und musterten sie. Die Zwillinge schienen recht zufrieden mit ihrem Werk zu sein und auch Tamaki lächelte bei Haruhis Anblick verträumt. Bis jetzt war Lena immer noch nicht klar, was Haruhi gegen ihr Kostüm einzuwenden hatte. Sie war im Vergleich zu ihr selbst, wie sie fand, ziemlich gut weggekommen. Wenigstens reichte ihr die Engelstunika weit bis über die Kniekehlen, während Lena mit dem dunkelroten Lederlackrock von so etwas nur zu träumen im Stande war. Aber, wenn man bedachte, dass das Teil mindestens um 14 Zentimeter länger war, als das Stewarddress, was ihr Tamaki am Anfang aufdrücken wollte, durfte man es durchaus als Fortschritt ansehen. Allerdings behagte ihr das freizügige pechschwarze Korsett aus Satin auch nicht sonderlich und sie bezweifelte in den hohen Absatzstiefeln auch nur einen einzigen Schritt tun zu können. Neidisch schielte sie zu der brünetten Hostess in der Engelsaufmachung hinüber, ehe sie das Gesicht verzog und murrte „Warum kann ich nicht so etwas wie Haruhi tragen?“ Die Antwort auf ihre Frage kam umgehend von einem der Zwillinge „Das ist doch wohl klar“ Er verdrehte die Augen, als wäre dies das Einfachste der Welt, was sie nicht zu verstehen vermochte. „Dir steht das Femme Fatale-Kostüm eben viel besser, als Haruhi, weil in das Dekollete mehr rein muss. Es soll ja auch sündig aussehen. Schließlich stellst du die andere Seite von unserer süßen, reinen Haruhi dar.“ „Außerdem sieht Haruhi niedlicher im Engelskostüm aus“ redete Tamaki dazwischen, hellauf begeistert von der brünetten Hostess, auf deren Stirn bereits eine Ader gefährlich pochte. „Auch schon deswegen“ fuhr der Rotschopf fort „wäre es eine glatte Sünde Haruhi in so etwas rein zustecken und im Gegenzug, es dir vorzuenthalten“ Ok, so genau wollt ich das jetzt auch nicht wissen, dachte Lena. Hinter vorgehaltener Hand raunte Haruhi ihr zu „So schlimm ist nur die Anfangsfase, wenn sie ein neues Spielzeug entdeckt haben. Das sag ich aus eigener Erfahrung.“ „Ich ein Spielzeug?“ Lenas Stimme zitterte vor Empörung beim Zurückflüstern. „Der Femme Fatale fehlt noch etwas an Glanz“ meinte plötzlich sein Bruder, der musternd um Lena herum geschritten war „Bis jetzt hat es noch nicht diese dunkle Aura. Ist immer noch so als hätten wir ein Schulmädchen in das Kostüm gesteckt“ „Entschuldige mal. Ich BIN ein Schulmädchen, dass ihr in ein Kostüm gesteckt habt“ bemerkte Lena gereizt. Sie ließ sich ja viel gefallen und konnte dies auch mit Ruhe über sich ergehen lassen. Aber irgendwann hatte alles ein Ende. Dass die Zwillinge vorgaben sie nicht gehört zu haben, machte die Sache auch nicht gerade besser. „Was meinst du, Hikaru?“ fragte Kaoru ohne Notiz von Lenas wütendem Gesichtausdruck zu nehmen „Ein Fall für unsere Transformation?“ Angesprochener nickte todernst. Ehe sich Lena versah, war sie von einem Rotschopf auf einen Stuhl bugsiert worden. „Beeil dich aber“ drängte der andere ihn und platzierte einen mittelgroßen dunkelblauen Koffer auf den daneben stehenden Tisch „Ja, wir haben nur das Mittelset zur Verfügung“ fügte er unwirsch auf den fragenden Blick seines Bruders hinzu „Jetzt leg schon los. Die Kundinnen kommen genau in drei Minuten. Und du hältst gefälligst still!“ Damit hatte er Lena gemeint, die noch gar nicht so recht wusste, was überhaupt los war. Doch als der eine Zwilling den Koffer öffnete und ein Sortiment an allen erdenklichen Grund Make-up Produkten zum Vorschein brachte, konnte sie es sich schon bestens an drei Fingern abzählen. Auf Anweisung von ihm reichte der eine Zwilling seinen Bruder den jeweiligen gewünschten Artikel an, mit dem er begann Lenas Gesicht zu bearbeiten. Ihre Angst davor, er könne ihr mit dem Mascarabürstchen das Auge ausstechen schwand schnell dahin, als sie merkte, dass seine Hände, nicht wie sie befürchtet hatte ruppig arbeiteten, sondern jeden einzelnen Schritt - vom Reinigen bis zum Auftragen des Lipgloss - mit solch einer Genauigkeit und Sorgfalt erledigen, dass sie sich fragte, weshalb ausgerechnet eine Junge über solche Fertigkeiten verfügte. Lena musste sogar aufpassen, dass ihr der Mund vor lauter Erstaunen nicht aufklappte. Seine Hände gingen sanft aber geschickt vor; so als hätten sie diesen Vorgang schon hunderte Male gemeistert, als sei es nichts mehr als eine reine Routineangelegenheit. Schließlich wurde ihr ein Spiegel vor das Gesicht gehalten und das einzige, was ihre Kehle verließ, war ein erstauntes und zugleich bewunderndes „Wow.“ Ihre Augen zierten schwarze Umrandungen, wobei mit den dunklen Lidschatten nicht gerade gespart worden war. Dazu wirkten etwa zusätzliches Puder wahre Wunder. Allein die dunkelrote Lippenstiftfarbe empfand Lena als etwas zu heftig. Desto trotz stellten sie einen guten Akzent zu ihren Gesicht da, wobei die kleinen roten Teufelshörner auf ihren Kopf aber auch so einiges dazu betrugen, um das Bild zu vollenden. Aber alles in allem war das Make-up für Lena Geschmack doch etwas zu viel des Guten. So kam sie sich merkwürdig verdreht und unwirklich vor. „Wie habt ihr…?“ „Hitachiingeheimniss“ meinten beide verschwörerisch „Wir haben es sogar einmal bei Haruhi gemacht“ „Und ich kann mich noch genau an die Handfesseln erinnern“ murmelte der weibliche Host weniger begeistert „Und glaub besser nichts von einem „Hitachiingeheimnis“. Die beiden sind in solchen Sachen nur so begabt, weil ihre Mutter Modedesignerin, Kosmetikerin und Frisöse in einem ist. Wobei sie jetzt nur noch berühmte Mode designt.“ „Verräterin“ motzend die Zwillinge synchron und begannen Haruhi durchzukitzeln. Schließlich trudelten die Kundinnen ein. Wie erwartet waren sie entzückt von den Kostümen, während Tamaki ihnen mit funkelnden Augen erklärte, das Motto des heutigen Cosplaytages sei „Heaven and Hell“. Dies bekam Lena sogleich mit, als sie ihren Tee und Kuchenrundgang bei ihm begann und ihn obendrein zu einer Kundin sagen hörte „Zier dich doch nicht so, meine Liebe. Selbst Engel können bei solch einer Sünde, die deine Schönheit ohne Zweifel darstellt, nicht widerstehen. Nicht einmal wir Engel sind vor solchen Verführungen gewahrt. Sie lassen uns ganz und gar nicht kalt. Habt ihr denn noch nie von den Liebesengel Amour gehört?“ Er zeichnete die Lippen des Mädchens mit den Fingern federleicht nach, wobei sie, obwohl der Winter kurz bevorstand, unter seinen Berührungen wie ein Eis in der Sonne dahin schmolz. Er schöpft das Costplaythema wirklich in vollen Zügen aus, kam es Lena auf einmal in den Sinn. Am Tisch der Zwillinge herrschte das gleiche Schema. Auch die Rotschöpfe scheuten nicht davor zurück, sich das Thema bei ihrer Inzestshow zu Nutze zu machen. „Hikaru“ Kaoru sah seinen Bruder gequält an „Ist dir eigentlich bewusst, dass wir von allen die größte Sünde begehen. Indem wir uns der verbotenen Verlockung hingeben“ „Meine Träume sind voll von dir, mein geliebter Bruder. Jede Nacht erlebe ich dich heiß und jedes Mal überkommt mich die unstillbare brennende Sehnsucht nach dir.“ Hört sich, irgendwie nach etwas Auswendiggelerntem aus einem dieser kitschigen Romanzeheftchen an, dachte Lena. Anscheinend war dies den Kundinnen jedoch völlig egal oder vielleicht waren sie auch zu verzaubert davon, wie Hikaru Kaoru auf seinen Schoss zog und ihn mit einer Stimme, die an schwarzen Samt erinnerte, zuraunte „Sei unbesorgt. Unsere Sünden sind uns schon vergolten worden. Nicht umsonst wurden wir in der Hölle geboren, hier können wir frei von allen Gesetzten leben und uns lieben so viel wir wollen. Deine Sünden sollen auch meine Sünden sein“ Jedenfalls erfolgte mal wieder die übliche Rückmeldung der Mädchen - nämlich in Form von begeisterten Kreischen und Gequieke. Offensichtlich hatte Honey in seiner Aufmachung die besten Karten an diesen Tag. Die Kundinnen hatten sich um seinen Tisch gescharrt und könnten gar nicht aufhören hingerissen von „ihren kleinen niedlichen Engel“ zu schwärmen, der, gegenüber sitzend von ihnen, unterbrochen Kuchen in sich hineinstopfte, als wäre dies das einzige Wichtige auf der Welt. Erwartungsvoll spähte er zu Lena, um ihr sogleich aufzutragen, ihm doch bitte noch etwas Kleines zu bringen, sprich: etwas von der Stachelbeertore, drei Windbeutel, zwei Miniamerikaner, eine Nussecke und ein paar Früchtesahnetörtchen. Aber ja nicht zu viel bitte, weil er befürchtete, bald wieder Besuch von den kleinen schwarzen Zahnmännchen zu bekommen und dies mit allen Mittel zu verhindern versuchte. Diese Aussage wurde von mitleidigen Blicken der Kundinnen begleitet, die ihn daraufhin ein paar Mal in die Wange zwicken. Doch aufgrund des riesigen Stücks „Royal Zimtapfelstrudels“, überdeckt mit einem gewaltigen Dach aus Sahne, war der Blonde bereit dies zu erdulden. Ja, der kleine Fratz ist wirklich süß, fand Lena, aber definitiv kuchenabhänig. Sie wollte gar nicht wissen, wie er auf unfreiwilligen Entzug drauf war… Im Gehen schnappte sie einen Gesprächsfetzen zweier Mädchen auf. Sie tauschten sich darüber aus, wie verboten sexy Kyoya heute aussähe und kamen auch zum gleichen Schluss, nämlich dass sie Tamaki bestechen würden, damit er dafür sorge, dass Kyoya seine Tätigkeit mehr in den Kundenbereich verlege. Wie ihr Kostüm schon gewisse Charaktereigenschaften voraussetzte, so war Haruhi nun, mit den Kundinnen plaudernd am Tisch sitzend, der reinste Engel. Freundlich, taktvoll, aufgeschlossen und immer erst darauf bedacht das Gespräch auf die Kundinnen zu lenken, bevor sie von sich selbst zu erzählen begann. Endlich näherte sich Lena Moris Tisch, an dem sich hauptsächlich die Mädchen angeregt unterhielten, versuchten etwas nicht Einsilbiges aus Mori rauszubekommen oder sich einfach nur an dem lebenden Exemplar des Hosts satt sahen. Ihr Herz hatte schon, bevor sie hier angelangt war, schneller geschlagen als sonst, aber nun klopfte es so sehr, dass Lena befürchte, es würde ihr gleich in der Brust zerspringen. Kurz streiften sich ihre Blicke und sie meinte im selben Moment ihr Herz würde mit einem Mal still stehen und dann plötzlich wild galoppieren, als wäre es auf einen Wettlauf. Das Zittern ihrer Hände versuchte sie fahrig zu verbergen, was nicht besonders leicht war beim Ausschenken des Tees. Schon fing ein Mädchen hinter vorgehaltener Hand an zu kichern, was Lena die Schamesröte ins Gesicht steigen ließ. Verdammt, warum war sie bloß so nervös in seiner Nähe? Weshalb musste sie sich ausgerechnet jetzt wie der letzte Trottel anstellen? Nachdem sie mit dem Tee fertig war, fragte die Brünette noch nach anderweitigen Wünschen, obwohl sie am liebsten gleich verschwunden wäre. Da sie keine zu hören bekam, wollte sie schon den Rückzug antreten, doch da füllte sie wie sich eine warme Hand um die ihre legte. Lena blickte auf und sah in Moris dunkle Augen. Bildete sie es sich nur ein oder huschte ein besorgter Ausdruck über sein Gesicht? Seine Stimme hatte wie üblich den tiefen beruhigenden Ton, den sie so mochte. „Tamaki, überfordert dich doch nicht?“ Ihre Augen weiteten sich. Was hatte er soeben gefragt? Ob Tamaki sie überfordern würde? Ja, kein Zweifel, das hatte er. Aber warum sollte er so etwas Absurdes wissen wollen? Verwirrt schüttelte sie den Kopf und kam sich dabei noch blöder vor. Ein kleines Lächeln verzog seine Lippen. „Na, dann ist ja gut“ Lena starrte ihn nur an, als wäre er der erste Mensch, denn sie jemals sähe. Erst nach gut zehn Sekunden realisierte sie überhaupt, was sie da tat. Sie zuckte zusammen und wurde sogleich wieder rot. „Äh, ja alles ist gut. Ich bin nicht überfordert“ Irgendwie schien sich Mori mit der Erwiderung nicht ganz zufrieden zu geben, da er sie immer noch unentwegt mit prüfendem Blick betrachtete, weswegen Lena noch schnell hinzufügte „Klar, ist es ein wenig aufwendig, aber allemal erträglich“ „Und was ist mit denen?“ Verständnislos schaute sie ihn an, bis sie seinem Blick zu ihren Stiefeln folgte. „Ach so, die“ meinte sie schnell. „Schon ok“ Mori zog eine Augenbraue hoch und Lena hatte das Gefühl, dass er ihr das nicht wirklich abkaufte. Aber kein Wunder. Denn ihre Gangweise in dem unbequemen Schuhwerk glich viel mehr einem Stelzen als einem Laufen. Lena selbst wunderte sich ja schon darüber, dass noch keine Tasse durch ein Straucheln zu Bruch gekommen war. „Na ja, sieht man einmal von den Blasen ab, die ich haben werde“ murmelte die Brünette, während sie sich inständig an die vage Hoffnung klammerte, ihr Gesicht würde momentan nicht die geringste Ähnlichkeit mit einer Tomate besitzen. Bereits wollte sie sich umdrehen, aber er hielt immer noch ihre Hand fest. In ihren Inneren löste diese einfache Berührung von ihm ein warmes kribbelndes Gefühl aus. Fragend drehte sie sich um „Wenn es dir zu viel wird, musst du es nur sagen. Das ganze Drumherum des Clubs ist nichts für schwache Nerven“ „Klar, werde ich“ presste sie hervor. Die Worte kamen ihr so schwer über die Zunge wie Backsteine. Warum war ihr Mund bloß so verflucht trocken? Nervös schluckte sie zweimal. „Magst du noch etwas Sahne?“ Zwei Sekunden später hätte sie sich für diese Frage am liebsten auf die Zunge gebissen. Wie kam sie nur jetzt auf so etwas? Er aß ja nicht mal Kuchen oder sonst was. Wahrscheinlich hatte vorhin der Gedanke mit der Sahne ernsthaft nachtragende Spuren hinterlassen. Nun musste er sie wohl für völlig bedaddelt halten. Aber tatsächlich schüttelte er den Kopf. „Ich nicht, aber Mitzukunie sieht ganz danach aus als wolle er noch welche“ Ihr Herz machte mit einem Mal einen Satz. Lange nachdem er ihre Hand losgelassen und sie sich vom Tisch entfernt hatte, spürte sie weiterhin das freudige Kribbeln, irgendwo in ihrer Magengegend. Nicht einmal das Getuschel der Kundinnen hinter ihren Rücken nahm sie wahr. Die Mädchen mussten wirklich überrascht sein. Schließlich kam es nicht alle Tage vor, dass man so viel aus Mori raus bekam und dass auch noch freiwillig seinerseits. Daraufhin vergaß Lena sogar beinahe Honey seinen bestellten Kuchen zu bringen. Nachdem sie den Süßspeisen aber vor ihm hingestellt hatte, tat der kleine Blondschopf etwas, was Lena zutiefst irritierte. Denn anders als sonst stürzte er sich nicht gleich, wie ein ausgehungertes Tier, über dem Kuchen, sonder legte seine Gabel neben den Teller. Auch den aufmerksam alles beobachtenden Kundinnen sah man die Verwirrung deutlich an. Doch ihn störte das nicht, als er sich an Lena wandte „Kann ich eben kurz mit dir alleine sprechen“ Überrascht nickte sie, fragte sich aber sogleich, was der Blonde von ihr wollte. -------------------------------------------------------------- Hab wohl diesmal wirklich meine Schreibwut rausgelassen. Da merkt man, dass der Urlaub wieder meine Energieladestreifen mit Saft versorgt hat xD So aber nun hätte ich eine Frage an euch. Ich wollte den Titel dieser FF ändern. Falls jemanden ein guter Titel einfällt, kann er ihn gern mir mitteilen. Vorschläge sind stets herzlich willkommen. So und das war’s dann erst mal. *honeys miniamerikaner dalässt* Kapitel 18: Teuflisches Desaster? --------------------------------- Kapitel 18 Teuflisches Desaster? Zum Glück dauerte die Bandprobe heute nicht allzu lange, weswegen Isa sich entschied noch bei Lena vorbeizuschauen, auch wenn das bedeutete in dieses Musikzimmer zu gehen, das ihr wie die sprichwörtliche Hölle vorkam. Aber Opfer mussten nun mal gebracht werden. Im Gang vor den Clubraum entdeckte sie ein Mädchen, das irgendwie einen nervösen Eindruck machte, da es immer von einem Fuß auf den anderen trat. Erst beim Näherkommen erkannte die Schwarzhaarige Ayumi. „Hi. Was machst du denn da?“ fragte Isa und runzelte die Stirn, weil Ayumi sich zwar zu ihr umdrehte, kurz überrascht zusammenzuckte, aber dennoch nicht mit ihrer Hampelei aufhörte. „I-ich?“ meinte sie. Die Aufregung war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. „N-nichts“ „Sieht aber nicht wirklich danach aus“ Dann blickte Isa den Korridor hinunter. Ihr kam ein Gedanke „Willst du vielleicht auch zum Host Club?“ Sogleich schien das Gesicht des Mädchens bleicher zu werden. „Du kippst mir aber nicht hier um, oder?“ rief Isa, als die Kleinere gefährlich begann zu schwanken. „Was hast du?“ Sicherheitshalber hielt Isa ihre Gegenüber an der Schulter fest. „Ich würd’ ja schon gern dahin“ meine Ayumi etwas eingeschüchtert und blickte mit großen Rehaugen zu Isa hoch „Aber, na ja, weißt du…“ Isa machte ein ratloses Gesicht. „Ähm, nicht wirklich“ Ayumi seufzte schwer, bevor sie sagte „Ich war da noch nie und na ja, ich weiß nicht was mich da erwartet“ Endlich viel der Groschen bei Isa. „Verstehe, du hast also Bammel davor dahinzugehen“ Umgehend musste sie losprusten. „Nein, sorry“ lachte sie, wegen Ayumis erschrockener Mine. „Ich finde das nicht lustig, jedenfalls nicht so, wie du denkst. Mir ist es nur unerklärlich, dass jemand Bammel vor denen haben könnte“ Dabei vergaß die Schwarzhaarige wohl eine entscheidende Tatsache: Nämlich das genau sie es gewesen war, die an Halloween mehr Angst vor Tamaki gehabt hatte, als vor dem Club der Schwarzen Magie, dem Stromausfall, den Gangsterpersonal sowie Kyoyas ganzer Wachtrupp zusammen. „Ok, aber kommst’e jetzt?“ fragte Isa. Ein Stück des Weges ging sie schon voran, drehte sich aber dann noch einmal zu Ayumi um, die bis jetzt unschlüssig dastehend noch keinen einzigen Schritt in Isas Richtung gemacht hatte. Schulterzuckend drehte sich die Schwarzhaarige um „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ Sie hatte keinen blassen Schimmer, warum sie ausgerechnet so etwas sagte und das noch im Verbindung zu den absurden Idiotenclub. Gerade hatte sich Isa darauf eingestellt, dass Ayumi sich wahrscheinlich kein Herz mehr fassen würde, als sie ein aufgeregtes Trippeln hinter sich vernahm. Sekunden später schloss das Mädchen zur ihr auf. Auch wenn sie in etwa so aussah, als würde es für sie vom Regen in die Traufe gehen - und richtig konnte Isa ihr das nicht verübeln. An der großen hölzernen Eingangstür angekommen glich Ayumis Gesicht auf unangenehme Weise noch viel mehr einem Schweizer Käse. Mein Gott, Mädel, dachte Isa, als sie die Klinke herunterdrückte und den dahinter liegenden Raum betrat. Es war das zweite Mal, dass die Schwarzhaarige den Clubraum, während der Öffnungszeiten erlebte. In dem belebte Bild aus Tischen, an denen Schülerinnen saßen und dabei waren von einem jeweiligen Host unterhalten zu werden, musste sie sich erst einmal zurecht finden, bevor sie Ausschau nach Lena hielt. Einzig Kyoya ließ sich bei ihrem Eintreten einen Augenblick von seinem Laptop losreißen, um dann aber sofort wieder konzentriert drauf einzutippen. Alle anderen Host schienen so beschäftigt damit zu sein ihre Kundinnen zu unterhalten, dass sie das Kommen der beiden Neuankömmlinge nicht bemerkten. Im Falle der Zwillinge, die noch eben zu ihnen herübergeschielt hatten, hieß es wohl besser: Ignorieren. Dennoch fiel Isa die Aufmachung der beiden sogleich ins Blickfeld. Oh, oh. Na, die Hölle würde mit ihnen ja ihren Spaß haben. Es sei denn sie wollte die zwei überhaupt haben, was das schwarzhaarige Mädchen ernsthaft bezweifelte. Offensichtlich hätte die Unterwelt die beiden kurz entschlossen ausgespuckt und zu ihren Leidwesen direkt hier her katapultiert. Plötzlich entdeckte sie Lena. Sie war wohl gerade mit Honey auf den Weg ins Hinterzimmer. „Hey“ Die Schwarzhaarige hob im Laufen die Hand. In diesen Moment drehte sich Lena um und Isa stach etwas, gleich eines harten Stachels, ins Auge, das sie nicht im ersten Moment realisiert hatte. Stocksteif blieb die Schwarzhaarige stehen, einen bestürzten Ausdruck im Gesicht, der immer weiter ins Entsetzen abdriftete. Es war nur ein tonloses Flüstern. „Unglaublich... Wer hat dir das angetan?“ Fragend sah Lena ihre Freundin an, deren Augäpfel vor lauter Glubschen bestimmt bald aus den Höhlen fallen würden. „Wer hat dir das angetan?“ erfolgte die Wiederholung diesmal lauter. „Wer hat mir was angetan?“ fragte Lena zurück. Ausladend zeigte Isa auf die Brünette. „Na, das alles!“ Vor Ärger verzerrte sich das Gesicht der Schwarzhaarigen noch mehr. Gerade wollte Lena etwas erwidern, spürte aber zwei Hände, welche sich auf ihre beiden Schultern gelegt hatten. Kurz darauf vernahm sie zwei unverwechselbare Stimmen synchron sagen „Das waren wir und ja du hast Recht es ist wirklich unglaublich“ Isas Blick wurde so scharf, wie ein Messer, mit dem sie liebend gern ohne Zögern die beiden Rotschöpfe erdolcht hätte. „Ihr wart das also,... ihr…. ihr Teufel!“ Merklich rang die Schwarzhaarige um Fassung. „Das fassen wir jetzt einfach mal als Kompliment an unsere Kostüme auf“ grinsten die beiden belustigt „Können wir davon ausgehen, dass dein jetziger geringer Wortschatz von deine Begeisterung zeugt? Möchtest du etwa so etwas im gleichen Stiel?“ Jetzt war es endgültig mit dem letzten Bisschen von Isas Fassung geschehen. Der letzte Funke ihrer Beherrschung war über Bord gegangen, geradewegs in die brodelnde See, die einen stürmischen Orkan ankündigte. „IHR MIESES PACK! IHR HABT SIE VOLLKOMMEN VERUNSTALTET UND BLOßGESTELLT!“ schrie sie los „BEI EUCH WAR ABER AUCH NICHTS ANDERES ZU ERWARTEN, ALS DASS IHR IHRE NAIVITÄT AUSNUTZT! IHR HABT SIE GUTES GEWISSENS EINFACH STRIPPFERTIG GEMACHT! GEHT’S NOCH?!“ „Dafür, dass sie aber auch liebend gern solche Stripsachen trägt, regt sie sich aber ein wenig zu sehr auf“ sagte der eine Rothaarige gelassen zu seinem Bruder. Mittlerweile hatte sich die sämtliche Aufmerksamkeit der Kundinnen sowie der Hosts auf die Auseinandersetzung gerichtet. Man konnte sozusagen auf drei Meilen die brennende Luft riechen. Isa stand da, die Hände zu Fäusten geballt, und vor Ärger bebend. „Das ist etwas ganz anderes“ „Etwas ganz anderes“ echote ein Zwilling und hob provozierend eine Augenbraue „Ach so ist das“ „Ja, so ist das!“ knurrte die Schwarzhaarige durch zusammengebissene Zähne „Außerdem sind meine Kreationen ja um ein weites besser, als eure unterbelichteten Kleiderfetzen!“ An den langsam sich zu Fratzen verzerrenden eben noch gelassen wirkenden Mienen der Zwillinge, erkannte Lena, dass Isa mit ihrer waghalsigen Aussage nun wahrscheinlich den nächsten Urknall ausgelöst hatte. Doch gerade in der Sekunde, als beide Seiten die Mund öffnen wollten, bereit sich einen Berg wahrer Munition an Beleidigungen entgegenzufeuern, sprang Tamaki todesmutig dazwischen. „Leute, Leute, wir wollen doch den Frieden bewahren!“ mit den Händen fuchtelnd, ein angespanntes Lächeln auf dem Gesicht, blickte er leicht verzweifelt hin und her. Zwischendurch wanderten seine Augen Hilfe suchend zu Kyoya, der aber der einzige im Raum war, welcher dem Vorfall nicht sonderliche Wichtigkeit beimaß und vorsätzlich weiterhin sein Laptop besetzte. Weswegen Tamaki wohl nichts anderes blieb, als selbst die Rolle des Streitschlichters zu übernehmen und sich zwischen die Fronten zu wagen. „Schaut, ich als Engel, muss meiner göttlichen Aufgab gerecht werden, indem ich Einigkeit, Versöhnung und Weltfrieden schaffe. Ja, Weltfrieden!“ wobei er das „Weltfrieden“ noch extra betonte. „Weltfrieden“ hob er erneut an „Ist mir das Nobelste und Wichtigste auf der Welt! Was würden wir bloß ohne Weltfrieden tun?“ „King, du dämlicher Engel, wir sind hier auf keiner Misswahl, wo die nominierten Missen alle, wenn sie gefragt werden, wofür sie sich einsetzten würden, etwas von Weltfrieden labern. Nur, weil sie zu blöd sind, um sich was anderes einfallen zu lassen und man deshalb ununterbrochen von Weltfrieden voll gequakt wird und das 30 Mal hintereinander!“ beschwerte sich ein Zwilling. „Hm, vielleicht sollten wir ihn mal bei so ner Misswahl anmelden. Was meinst du, Kaoru?“ schlug ein Rotschopf gespielt nachdenklich vor „Er kann ja schon alles, was man dafür braucht und ich wette er würde liebend gern auch mal ein King auf dem Laufsteg sein. Wir würden sogar im Publikum sitzen und dich mit Fähnchen anfeuern“ wandte er sich an Tamaki. „Gib’s doch zu, es war immer dein sehnlichster Traum auch mal der King auf einen Catwalk zu sein und dann vor laufender Kamera auf Niveau dieser unterbelichteten Miss etwas von Weltfrieden zu verkünden. King, wir füllen schon mal die Anmeldeformulare aus“ beide prusteten los. „Gib’s doch zu. Deinen Weltfrieden hast du von so ner dummen Misswahl!“ spotteten sie. „Hab ich nicht!“ verteidigte sich der Blonde. „Und, wenn schon“ entgegnete Kaoru „Meintest du nicht gerade noch, du wärst Amour, der Engel der Liebe und des Glücks? Wie kommt’s das du jetzt den Weltfrieden anschleppst?“ „Na ja“ Tamaki sah einen Moment ratlos drein, dann hellte sich plötzlich sein Gesicht auf „Ich habe spezielle Engelskräfte, die mir erlauben mich in alle erdenklichen Engelsformen zu verwandeln! Na, da staunt ihr!“ verkündete der Halbfranzose, stolz seines Erachtens nach eine plausible Erklärung aus dem Hut gezaubert zu haben. „Weißt du wovon der redet?“ fragte der eine den anderen. „Nö, aber er sollte uns mit seinen Kindergarten bloß vom Leib bleiben“ Mit diesen Worten kehrte sie zu ihren Tisch zurück, an dem die Kundinnen, schon ein wenig ungeduldig geworden, auf sie warteten. „Na, gut dann ignoriert mich doch einfach. Nur zu!“ rief Tamaki entrüstet über die übliche Dreistigkeit der Zwillinge. Er strich einmal durch sein blondes Haar und gab dabei solch ein leidendes Bild ab, dass einige Kundinnen ergriffen aufseufzten. „Warum müsst ihr euch auch immer in die Quere kommen?“ murmelte er mehr zu sich selbst, aber für andere hörbar. „Die Frage lautet doch wohl eher, wer hier wen andauernd in die Quere kommt“ entgegnete Isa bissig. Tamaki wandte sich an sie „Was soll das denn heißen?“ Die Antwort kam bockiger, als sie eigentlich sollte. „Dass ich provoziert werde!“ „Na, das beruht auf Gegenseitigkeit“ warfen die Zwillinge stur von ihren Tisch ein. „Nein, tut es nicht!“ rief Isa ebenso stur. „Gut, dann haben wir eben nie provoziert. So werden die Dinge sogar noch mehr ins richtige Licht gestellt“ gaben sich die Rotschöpfe zufrieden. Wenn Isas Inneres eben noch gekocht hatte, dann stand es jetzt direkt vorm Siedepunkt. „Es sieht ganz danach aus als hätte Kaoru gerade einen Treffer versenkt. Somit lautet es jetzt 1:0 für die Twins. Dennoch steht noch alles offen, da sich die schwarzhaarige Unbekannte gut schlägt. Andererseits solltet ihr auch einmal eine Pause einlegen, weil einige Kundinnen nicht hier her gekommen sind, um eine Schlammschlacht dieser Art mitzuverfolgen und es zudem ein schlechtes Licht auf den Host Club wirft“, schallte Renges Stimme mikrofonisch verstärkt durch den Raum, während sie von einer elektrisch betriebenen Plattform unter die Decke des Zimmers gehoben wurde. Tamaki klopfte sich gegen den Vorderkopf. „Genau das will ich denen doch begreiflich machen“ „Ach, und wenn schon“ rief Renge anscheinend mittendrin im Fieber eines Fanatikers. „Jede Sensation des Host Clubs bringt uns mehr Popularität ein!“ „Ach, so dass war also deine „göttliche Botschaft“ meinten sie Zwillinge, ein breites Grinsen auf den Gesicht und Augen, in denen der Schalk glänzte. „Jetzt verstehen wir das erst. Sag das nächste Mal einfach Renge, was du meinst und dann übersetzt sie es für uns. So funktioniert die Kommunikation in Zukunft viel einfacher“ Den Tränen nahe lief Tamaki zu Haruhi, die sich bemühte, entgegen der eindeutig überaus interessanten Ablenkung, ihre Kundinnen zu unterhalten. Er schniefte „Haruhi, warum werde eigentlich immer ich gemobbt?“ „Weil du dich mobben lässt“ meinte sie kurz angebunden und wandte sich wieder ihren Kundinnen zu. Damit war der Damm gebrochen. Umgehend verfiel der King in seine Trotzhaltung und verzog sich in seine Schmollecke. „Tamaki“ kam es ärgerlich von Kyoya, der sein Laptop aber keine Sekunde aus den Augen ließ „Muss ich dich erst daran erinnern, dass wir Öffnungszeiten haben? Ich habe nichts dagegen, wenn du dieser lästigen Angewohnheit zu einer anderen Zeit nachgibst. Aber jetzt ist es wirklich mehr als unpassend. Übrigens, glaube ich, wir haben eine neue Kundin“ „Mir egal“ war die trotzige Antwort, die auch aus dem Mund eines Kleinkindes stammen konnte, den man soeben den Lolli gemopst hatte. Kyoya ließ sich zu einem schweren Stöhnen hinreißen und solch ein Geräusch von ihm musste schon etwas heißen… „Schwer angeschlagen, nicht wahr mein Lieber“ stellte der Brillenträger fest „Aber zur Abwechslung würde es dir mal gut tun nicht andauernd den tragischen Helden zu spielen.“ Daraufhin streckten die von Tamakis EMO-Ecke ausgehenden Schatten ihre Finger über den ganzen Raum hinweg aus, um ihre niederschmetternde Aura zu verbreiten. Natürlich stufte dies die Allgemeinheit zu Tamakis Leidwesen nicht als beachtungswürdig ein. Der Stuhl gab ein leises Knarren von sich, als sich Kyoya erhob. Galant ging er auf Ayumi zu und blieb vor ihr stehen. Von der einen auf die andere Sekunde ließ ein freundliches Lächeln seine sonst so undurchschaubare Mine erstrahlen und machte ihn somit noch schlechter einschätzbar. Wieder eine schauspielerische Glanzleistung, wurde Lena schnell klar. „Ich habe dich hier noch nie gesehen. Erlaube mich dir vorzustellen.“ (obwohl das wohl aufgrund seines Bekanntheitsgrades an der Schule völlig überflüssig war) „Kyoya Otori“ Elegant machte er einen Diener. „Herzlich willkommen im Ouran High School Host Club. Wenn ich richtig informiert bin, ist dein Name Ayumi Kibou. Da sich unser King zu gegebener Zeit wohl nicht in rechter Verfassung dafür befindet, übernehme ich die Einführung. Sicher hast du schon von uns gehört, sonst würdest du uns heute nicht mit deiner Anwesenheit beehren“ Ayumi nickte zaghaft. „Demnach kann ich mir wohl den Rest sparen. Ich nehme mal an du hast dich noch nicht für einen Host entschieden, oder liege ich da falsch?“ Isa dachte, Ayumi würde gleich vor Nervosität umfallen, so sah es wenigsten aus. Dem war aber nicht danach, denn sie sagte mit leicht bebender Stimme „Ich möchte zu Mitzukuni-kun.“ „Zu Honey möchtest du also“ murmelte der Brillenträger. Lena blickte zur Seite und sah, das der Blondschopf im ersten Moment selbst ein wenig überrascht war, er dann aber Ayumi ermutigend zulächelte und schon freudig drauf los brabbelte „Oh, das wird sicher ganz toll. Welchen Kuchen magst du am liebsten?“ Lena war sofort klar, dass er der Richtige war, um Ayumi die Aufregung zu nehmen. Kyoya schob seine Brille ein Stück höher. „So da das nun geklärt wäre…“ „…kommt Lena jetzt mit“ vollendete Isa prompt den Satz. Lena spürte, wie sich Isas Hand um ihr Handgelenk schloss, um sie wegzuziehen. Einen Moment später wurde ihr anderes Handgelenk ebenfalls ergriffen und sie in die andere Richtung gezerrt. Sie drehte den Kopf und erblickte die Zwillinge. „Lasst los“ knurrte Isa. „Nein, dass geht nicht“ blafften sie zurück. „Hey, hört gefälligst auf“ rief Lena verzweifelt, als das Ziehen auf beiden Seiten zunahm. „Genau“ bekräftigte Isa. „Erst, wenn du aufhörst unser Spielzeug zu entführen“ lautete die hartnäckige synchrone Antwort. „VERDAMMT, ZUM LETZTEN MAL, ICH BIN NICHT EUER SPIELZEUG!“ brüllte die Brünette aufgebracht. Ein betäubender Schmerz breitete sich allmählich in ihren Armen aus. Sie überkam sogar schon die Angst, ihr könnten die Gelenke herausgerissen werden. Oben von ihrer Empore dokumentierte Renge das ganze Geschehen lautstark. „So leid es mir tut“ ließ Kyoya geschäftig verlauten „Aber sie ist auf Anweisung des Schulleiters hier. Demnach hast du weder die Befugnis noch die Berechtigung sie wegzuschaffen“ Erstaunlicherweise hörte ihm niemand zu. Offensichtlich das erste Mal in seiner bisherigen Schullaufbahn, dass niemand seine Aussage für wichtig erachtete, was wohl daran lag, dass 85% der Anwesenden Renges Dokumentierkünste verfolgten und der Rest sich unweit des Geschehens befand oder selbst in es verwickelt war, welches langsam aber sicher in einen richtigen Kampf ausartete. Einzig Renge zog einen Vorteil aus dieser Situation: Nämlich blickte sie wohl schon einer blühenden Kariere als Fußballmoderatorin entgegen. Erstaunlicherweise gewöhnte sich Kyoya relativ schnell an die neue Bedingung. Auf einmal spürte Lena, wie sie auf der einen Seite losgelassen wurde und noch getragen vom Schwung zu Isa taumelte. Erstaunt sah sie sich um und erblickte Mori. Er hatte die Zwillinge an den Kragen gepackt und hielt die beiden einige Zentimeter über den Boden. „Mori, mein Freund“ presse einer lächelnd hervor „Du…du bist doch nicht sauer, oder?“ Kurzerhand trug er die zwei Rotschöpfe mit einer unergründlichen Mine zu ihren Tisch zurück und setzte sie dort sacht ab. „Nun, da jetzt wirklich alles geklärt wäre, sollte hier möglichst schnell wieder Ordnung einkehren.“ Nicht mal mehr der Hauch eines Lächelns war auf seinem Gesicht zurückgeblieben, als Kyoya - wieder ganz der Geschäftsmann - das Ruder in die Hand nahm. „Und Tamaki würdest du dich bitte endlich mal zusammenreißen und da rauskommen, deine Kundinnen warten schon“ Danach wandte er sich an Isa. „Du bist keine Kundin und willst auch keine sein. Trotzdem nehme ich einmal an, dass du hier bleiben willst. Solange sie“ Er nickte zu Lena „hier aushilft“ So endete das kleine Desaster damit, dass Lena wieder bediente, Tamaki und Isa schmollend dasaßen (einziger Unterschied war, dass der King bei dieser Tätigkeit, als Ort der Verrichtung die Ecke vorzog und Isa Kyoyas Tisch, der am weitesten von dem der Zwillinge entfernt stand), Ayumi zwar weiterhin etwas nervös war, jedoch durch Honey und die anderen Kundinnen etwas aus sich heraus kam, Moris Kundinnen sich an diesen Tag sehr über die ungewöhnliche „Grobheit“ ihres Host wunderten sowie öfters nachfragten, ob es ihm auch heute gut ginge, während Honey in dieser Beziehung nur still in sich hineinschmunzelte und Kyoya dazu nur ein kleines Lächeln übrig hatte. Denn beide wussten, dass man den großen Schwarzhaarigen Host, gleich eines Stieres, erst ein rotes Tuch vorhalten musste, damit er seine Ruhe verlor und an Aggressivität gewann. Tja, und Renge schien sich wirklich wohl in ihren Element zu fühlen, den übereifrig wie sie auf einmal war, wollte sie gar nicht mehr mit dem Moderieren aufhören. So kam es sogar, dass sie das Eintreten der einzelnen Gäste ankündigte, darunter auch das von Yvette, die Nase höher tragend als ein Wolkenkratzer, mit ihrem Gefolge, bestehend aus Fiona und Celin. Obwohl sie Lena bemerkte und vielleicht sogar eine kleine Entschuldigung anstand, würdigte sie die Brünette nur mit einem herablassenden Blick, bevor sie sich neben Haruhi setzte und begann sie mit Komplimenten zu überschütten sowie dabei verführerisch mit den Wimpern zu klimpern. Doch mal ehrlich, wenn nicht einmal Isa nach dieser Tortour Lust hatte sich mit Yvette anzulegen, dann hieß dass schon etwas… Denn so schwer es auch ist, über manchen Sachen sollte man im Leben einfach einmal drüber stehen. Allerdings hieß das nicht keinen Schlussstrich unter Renges vorläufiger Moderationskariere zu ziehen, indem man ihr kurzerhand das Mikro aus der Hand entriss. Kapitel 19: Die Prinzessin des Kühlschrankprinzen ------------------------------------------------- Kapitel 19 Die Eisprinzessin des Kühlschrankprinzen Die Tage wurden deutlich kurzer und mit der abnehmenden Tageszeit schlichen sich die kalten Temperaturen einen Weg ins Land. Trotzdem zogen sich die Tage dahin, als wurde jemand sie mit aller Macht festhalten wollen, um sie so vor den Vergehen zu bewahren. Zu Lenas Bedauern kam Mori nicht mehr beim Bogenschießen zu ihr rüber, um ihr Übungen und Techniken mit Pfeil und Bogen zu zeigen, dafür schien Shiro es sich zur Angewohnheit gemacht zu haben, regelmäßig bei ihr vorbeizuschauen, wenn sie sich gerade dabei abmühte einen Pfeil ausnahmsweise mal nicht in Mutter Erde zu versenken. Meist war sein Auftauchen dann immer mit derber Kritik und Nörgelei an ihrer Haltung verbunden. In Shiros Fall, fragte sich die Brünette so allmählich, ob er womöglich unter einer peniblen Genauigkeitsapädemie leide oder einen krankhaften Zwang zur akuten Meckertyrannei unterliege. Seit sie dem Host Club einen Besuch abgestattet hatte, schien Ayumi der Bogenschießunterricht viel besser zu gefallen, was wahrscheinlich an Honey lag. Öfters kam er lächelnd zu ihr herüber, um ihre Haltung zu korrigieren. Zusehens wurde Ayumi besser. Einmal gelang es ihr sogar, den unteren Rand der Zielscheibe zu treffen, woraufhin ihr Honey eines seiner süßesten Lächeln schenkte. Isa währenddessen hatte viel mit der Band zu proben. Dabei fiel ihr langsam auf, was Nara gemeint hatte, als sie sagte, Gin habe sich seit Halloween verändert. Es fehlte etwas an ihm - vielleicht waren es seine perversen Sprüche oder sein listiges Grinsen. Etwas war verschwunden und von etwas Aggressiveren, Bissigeren ersetzt worden. Erst ein paar Tage später begriff Isa woran das lag. Es war Mittagspause. Die Schwarzhaarige hatte beschlossen mit Lena nach dem Essen in den Gemeinschaftsraum der Schüler zugehen - welcher unweit von den Schülerunterkünften lag - da bemerkte sie im Korridor, gleich neben den Klassenzimmer des zweiten Jahrgangs, Dasiuke. Der Grund seines Aufenthaltes schien ein schlanker Arm zu sein, der sich um seine Schulte klammerte. Offensichtlich war es die einzige Sache, welche ihm vom Geradekehrtmachen hinderte - jedenfalls wenn man allein von der abweisenden Mine des Punks ausging. So wie Dai sein Gesicht verzog, könnte man meinen, dass er den Arm für eine widerliche Schlange hielt. Eben dieser Arm gehörte einem Mädchen, groß aufgerichtet, die Arme in die Seiten gestemmt, stand sie da. Ein störrischer Zug spielte um ihre Mundwinkel. Der entschlossene Glanz in ihren Mandelaugen verriet ihre Ungeduld und Unzufriedenheit. „Aber warum willst du denn nicht mit mir ausgehen. Ist es wegen diesem Gin?“ Ihr Gesicht verzog sich bei dem Namen des Bandleaders, während der Rothaarige sich, ohne eine Antwort zu geben, ein wenig ruppig losmachte und den Gang runtermarschierte. Ein anderes Mal bekam Isa durch Zufall mit, wie dasselbe Mädchen Daisuke im Park – nahe einem Pavillon - auflauerte. Er sah alles andere als erfreut über diese Begegnung aus, weil er sich auf der Stelle umdrehte. Daraufhin biss sie sich auf die Unterlippe, griff mit der Hand nach seinen Arm und hinderte ihn so am Weggehen. Als er ihr schließlich ins Gesicht blickte, durchfuhr sogar Isa ein kleiner Schreck. Selbst aus der Entfernung konnte sie sehen, wie wütend er war. Schon öffnete das Mädchen den Mund, doch ehe sie etwas sagen konnte, spie ihr der Punk entgegen „Was willst du? Stalkst du mir jetzt schon hinterher, oder was? Hab ich dir nicht gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst“ „Aber Dai“ Die Stimme des Mädchens nahm einen flehenden Ton an „Das Image passt einfach nicht zu dir!“ „Welches Image?“ knurrte der Punk. „Na das...“ sie rang mit den Händen „das der Schwuchtel“ Nachdem sie es ausgesprochen hatte, fuhr sie ungerührt fort, als wäre alle Überwindung, die ihr diese Darstellung der Dinge gekostet hätte, gespielt gewesen. „Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber rosa Strumpfhosen und enge Röhrenjeans stehen dir wirklich nicht“ Offen heraus blickte ihn das Mädchen entgegen – ohne jeglichen erkennbaren Funken Scharm. Plötzlich schien in Daisukes Augen ein gefährliches Feuer zu lodern. Im selben Moment wurde er kreidebleich und riss sich los. Gins Verhalten sagte schon einiges darüber aus, dass er über die Schülerin etwas wusste, die auf den Punk Jagd machte. Die Eifersucht hatte wie eine Bombe bei ihm eingeschlagen. Dass es ihm tatsächlich nahe ging, merkte Isa nach der Bandstunde. Gerade stand sie an der Tür, Nara war schon einige Minuten davor gegangen, als sie sah, wie Gin Dai auf einen Stuhl drängte, sich mit den Händen auf der Stuhllehne über ihn und hitzig auf ihn einredete, woraufhin der Rothaarige im gereizte Ton etwas erwiderte. Das Verhältnis zwischen den beiden war angespannt. Einmal hatte Nara Isa sogar seufzend zugeflüstert, dass Gin und Dai bisher nie wirklich zusammen gewesen wären. Trotz dessen würde Gin stark an den Keyboardspieler hängen und Anspruch auf ihn erheben. Auch der Punk schien mehr für Gin zu empfinden, dennoch wollte er nicht, dass dies die große Runde an der Ouran machte. Dies war wohl auch der eigentliche Grund, warum die beiden bis zu diesem Zeitpunkt nie richtig zusammen gewesen waren. Es war Mittwoch. Lena hatte Isa gerade gefragt, ob sie mit ihr noch mal kurz in den Park gehen wolle, weil sie bevor ihr Schicht im Host Club begann noch einmal Luft schnappen wolle, da es sehr erholsam wäre. Nun da sie allerdings im Park standen, wusste Isa nicht, was daran erholsam sein sollte, sich in der vorwinterlichen Kälte den Arsch abzufrieren. Bibbernd zog die Schwarzhaarige sich den Mantel enger um ihren Körper. „Ey, was machen wir hier überhaupt?“ „Luft schnappen“, kam es von Lena, die sich schon dick in ihren gefütterten Wintermantel eingemummelt hatte. Gleichzeitig konnte sie sich bestens vorstellen, wie ihre Freundin nachher als erstes zur Heizung hechten und erleichtert jauchzen würde „Die Heizung ist der beste Freund jedes Mädchens!“ Isas Zähne schlugen vor Zittern aufeinander. Ein grimmiges Zucken um ihre Mundwinkel, zeigte, dass sie nicht allzu viel davon hielt. „Kann man das nicht auch vor dem offenen Fenster in Heizungsnähe machen?“ Lena zuckte die Schultern. „Okay, dann kannst du dich ja nun weiter „erholen“, aber ich wird jetzt rein gehen. Gerade wollte sich Isa zurück zum Schulgebäude bewegen, doch in diesen Moment schallte ein Ruf, getragen vom kühlen Wind, zu ihnen herüber. „Entschuldigung, könnt ihr bitte warten?“ Aus den Augenwinkeln nahm die Schwarzhaarige eine Gestallt wahr, die auf den von Hecken gesäumten Pfad auf die beiden zulief. Im Näherkommen erkannten Isa und Lena ein Mädchen, ungefähr im selben Alter wie die zwei. Lange dunkle Haare flossen ihr in leicht gelockten Wellen über die Schultern und umrahmten ein herzförmiges Gesicht in dem jadegrüne Augen funkelten. Ihr Mantel warf Knitterfalten, als wäre sie noch vor kurzem besonders schnell gerannt. „Was gibt’s denn?“ fragte Isa und zog bei den geröteten Wangen und den schnell gehenden Atem des Mädchens eine Augenbraue hoch. Die Fremde musste erst einmal Luft schnappen. „Könntet ihr mich vielleicht zum Host Club bringen? - Hatschi!“ Sie hielt sich die Hand vor die Nase um einen Huster zu dämpfen. Von ein auf die andere Sekunde verfinsterte sich Isas Gesicht. Schon wieder einer dieser fanatischen Fans, ging es ihr durch den Kopf. „Klar können wir das“ meinte Lena darauf aber schon „Wir wollten da eh gleich hin“ „Was heißt das: Wir wollten da eh gleich hin, hä? entfuhr es Isa. „Hab ich jemals gesagt, dass ich mitkomm’?“ Vorwurfsvoll sah Lena die Schwarzhaarige an. „Über bestimmte Dinge lässt wird nun mal nicht debattiert“ „Oh, doch darüber lässt sich sehr wohl debattieren“ Mit diesen Worten steckte sich Isa die Stöpsel ihres iPods in die Ohren und ging von Dannen. Fragend blickte ihr das Mädchen nach. Schulterzuckend beantwortete Lena die unausgesprochene Frage. „Hostcluballergie. Also was ist jetzt? Kommst du?“ So führte Lena die andere durch das Schulgebäude bis zum Quartier des wohl berüchtigten Clubs des Internats. Auf dem Weg schaute sie immer wieder zurück nach hinten zur Fremden, um nicht umhin zu bemerken, dass sich das Mädchen mit deutlicher Neugierde umsah. Eine Schülerin der Ouran konnte sie nicht sein. Zumal sie nicht einmal eines dieser dämlichen gelben Babydollkleider trug. „Du warst hier wohl noch nie“ begann Lena die Unterhaltung. „Nein, so ist es nicht. Ich war hier schon zweimal. Allerdings ist das schon ein ganzes Jahr her “ sagte die Angesprochene und die Brünette meinte über ihr Gesicht ein kleines Lächeln huschen zu sehen. „Hier, dass ist der Raum, den der Host Club offiziell benutzt“ meinte Lena, vor dem Musikzimmer angelangt. Beide traten ein. Nachdenklich blickte sich das Mädchen, zwischen den ganzen Tischen, Sofas und Stühlen stehend, um. „Hm, hier war ich noch nie drin. Aber gemütlich ist es ohne Frage.“ Sie versuchte ein weiteres Niesen mit ihrem Taschentuch zu unterdrücken. Ja, bei diesem Wetter kann man sich schnell eine Erkältung einfangen, dachte Lena. Schließlich ließ sie sich auf eines der weinroten Polstersofas nieder. Lena musterte das Mädchen eingehend, bevor sie wissen wollte „Ähm, bist du eine Kundin? Ich meine ich hab dich hier noch nie zuvor gesehen und wenn doch dann kann ich mich wohl nicht mehr an dich erinnern.“ Das Mädchen schenkte Lena ein wissendes Lächeln und klopfte mit der Hand neben sich. Zögernd kam die Brünette der Aufforderung nach. Danach redete das Mädchen weiter. „Nein, ich bin keine Kundin. Zwar sind mir Host Clubs bekannt und einige meiner Freundinnen besuchen regelmäßig einen, aber selber mache ich so etwas nicht. Es hat eh keine Zukunft. Du gehst dort hin, verbringst Zeit mit einem Host, der dir gefällt und verliebst dich dann früher oder später in ihn, um dann aber festzustellen, dass das Ganze keinen Sinn hat, weil er doch nur seinem Geschäft nachgeht und es nun mal sein Job ist, dir zu gefallen. Am Ende stellt sich dann heraus, es war alles Zeitverschwendung und, wenn du Pech hast stehst du dann mit einem gebrochenen Herzen da. Es gibt nicht wenige Mädchen, die hinterher nicht mehr ein noch aus wussten“ Während sie das sagte, schaute sie in die Ferne - und schien doch nichts zu sehen. Das brachte Lena zum Nachdenken. Irgendwie hatte sie wirklich Recht damit. Viele Mädchen schwärmten für einen Host. Durch die Pflicht seinen Kundinnen zu gefallen und sich nach ihren Wünschen zu verbiegen, war einem Host vermutlich jede Chance genommen, das Mädchen überhaupt richtig kennen zu lernen, geschweige denn hatten die Kundinnen meist ein ganz anderes Bild von ihrem Host, als er wirklich war. Gewiss kam es auch öfters vor, dass ein Host eine bestimmte Kundin nicht leiden konnte, sie aber dennoch unterhielt, was dazuführte, dass sie wahre Gefühle für ihn entwickelte, aber am Ende bitter enttäuscht wurde. Lena konnte sich gut vorstellen, wie viele Mädchen dieses Schicksal schon ereilt hatte. Sie wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund versetzte ihr das einen kleinen Stich. Auf einmal schlug sich das Mädchen mit der Hand vor dem Mund. „Ach, Gott. Wo sind bloß meine Manieren geblieben?“ Plötzlich schüttelte sie ein weiterer Hustenkrampf, der aber so schnell verschwand wie er aufgetaucht war. Geschwind stand sie auf, um eine Verbeugung anzudeuten. „Ich bin Mai Sasaki. Freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Darf ich erfahren mit wem ich es zu tun habe?“ Lena deutete eine Verneigung ihrerseits an. „Ich bin Lena Belin“ „Und du bist Schülerin an der Ouran?“ fragte Mai und betrachtete abschätzend Lenas zusammen gewürfelte Schuluniform. „Haben sie die Schuluniform geändert?“ „Nein, haben sie nicht. Ich mochte die Kleidchen einfach nicht besonders. Aber ja, ich bin hier Schülerin“ Mais Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. „Sauber gemacht. Um ehrlich zu sein, habe ich, als ich zum ersten Mal hier zu Besuch war, und die Mädchenuniformen gesehen hab, einen richtigen Schreck bekommen.“ Als hätte sie Angst, jemand könnte sie belauschen, fügte Mai im Flüsterton hinzu „Weißt du, ich hab manchmal den Verdacht, der Rektor der Ouran hat einen verqueren Geschmack, was das angeht. Ich find’s jedenfalls alles andere als normal die Schülerinnen zu Babypuppen zu machen – hatschi!“ Jetzt musste Lena losprusten. „Ach, zu manchen passt das schon“ Dabei dachte sie an Yvette, welche sich offensichtlich pudelwohl in ihrem gelben Kleid à la Märchenprinzessin fühlte. „Brauchst du noch ein Taschentuch?“ fragte Lena, woraufhin die andere mit einer ganzen Packung in der Luft wedelte. „Nein, hab genug. Sind aus Papier, find ich praktischer als die aus Stoff“ fügte sie leicht nachdenklich hinzu „Obwohl es sich ja volklich nicht gehört, was man mir oft sagt“ Ein Lächeln umspielte Lenas Lippen. Dieses Mädchen war angenehm normal für die hier herrschenden Societystandarts. Man hatte ihr wohl einiges an Tradition mitgegeben und überhöfliche Umgangsformen eingebläut, aber zwischendurch schien sie sich wohl gegen dieses ganze Konzept zu wehren, sich den vorbestimmen Regeln zu widersetzten und ausbrechen zu wollen - sei aus auch nur für kurz, indem sie kleine Schlupflücken suchte, die sie vermutlich sofort als einen winzigen Sieg für sich beanspruchte. Hin und her gerissen zwischen den Drang der Freiheit und des konventionellen Geflechts aus Vorsätzen und Bestimmungen. Oft hatte Lena schon von solchen Leuten gehört. Mal standen sie mit beiden Beinen auf den Boden, stark und unabhängig, und dann flogen sie wie ein Fähnchen im Wind dorthin, wo man sie hin haben wollte, gefangen in der Strömung. „Du stammst aber nicht aus dem asiatischen Raum, habe ich da Recht?“ „Gegen meinen Akzent kann ich wohl nichts machen“ meinte Lena „Aber du hast Recht. Ich komme aus Deutschland“ „Ach, mach dir nichts draus. Japanisch ist nicht gerade leicht, wird jedenfalls gesagt.“ entgegnete sie aufmunternd „Außerdem hast du aber eine ganz schön lange Reise hinter dir, So einmal um die Welt. Ich stell mir das nicht gerade als ein Zuckerschlecken vor“ „Stimmt. Für mich wär’s auch nichts, wenn meine Freundin nicht mitgekommen wär“ gab Lena zu. Mai schien wirklich offen zu sein. In der Zeit, die sie bislang hier in Japan gewesen war, hatte noch niemand sie darauf angesprochen, dass es vielleicht doch nicht so ein Klacks war, mal so eben das Land zu wechseln. Womöglich hatte sich niemand in diese Lage hineinversetzt. Lena runzelte die Stirn. „Wenn du keine Kundin bist, was machst du dann überhaupt hier?“ Aber bevor Mai die Frage beantworten konnte, sprang die Flügeltür des Raumes auf und ließ die beiden Mädchen umgehend die Köpfe in ihre Richtung drehen. Geradewegs durch die offene Tür schritt die komplette Host Club Truppe. Allen voran, wie üblich Tamaki, in einer regen Diskussion mit Kyoya verstrickt. Indes versuchten sich die Zwillinge mal wieder mit ihrem Lieblingsspielzeug, Haruhi, auf ihre ganz eigene Art zu amüsieren, während Honey fröhlich auf Mori einbrabbelnd vor ihm her hüpfte und der Größere mit Argusaugen über ihn wachte. Als sie die beiden Mädchen bemerkten, machten sich die Zwillinge, Haruhi im Schlepptau hinter sich zerrend, zu ihnen auf, gefolgt von Honey und Mori. Einzig Kyoya war stehen geblieben, was Tamaki, der ebenfalls auf die Mädchen zuging noch nicht bemerkt hatte. Lena folgte dem Blick des Brillenträgers und landete bei Mai. Auch sie blickte ihn an, ein vergnügtes Schmunzeln auf den Lippen. Verdutzt sah Lena zwischen den beiden hin und her. Aber Kyoyas Starre hielt nicht lange an. Seine Augen waren unergründlich, als er auf sie zuschritt. Jedoch meinte Lena etwas in ihnen zu bemerken, was sie noch niemals zuvor bei ihm gesehen hatte und sie sehr überraschte. Ein sanfter Schimmer. „Was tust du hier, Mai?“, wollte der Schwarzhaarige wissen, als er bei dem Sofa angekommen war. „Lobelia, hatte heute früher Schluss. Da dachte ich mir, ich könnte dich ja mal besuchen kommen“ meinte sie und ein Lächeln erhellte ihr Gesicht. Noch während sich Lena wunderte, woher sich die beiden kannten, war Mai aufgesprungen und umarmte ihn. Kyoya wirkte nicht einmal überrumpelt zu sein, die Zwillinge jedoch umso mehr. Mit offenen Mündern verfolgten sie die Szene, dann jedoch Augen rollend zu dem gemurmelten Schluss gelangend „Noch eine Kyoyafanatikerin. Die könnte bald einen Club mit Renge aufmachen“ Doch rissen sie die eben noch verdrehenden Augen, bis zum Anschlag hin auf, als Kyoya Mai sanft übers Haar strich und seine Züge an Härte verloren. Nachdem sie sich wieder von ihm gelöst hatte, wandte er sich an die anderen. „Darf ich vorstellen Mai Sasaki - meine Verlobte“ Ganz der traditioneller Höflichkeit folgend, verneigte sie sich abermals. Danach blieb es einen Moment lang still, bevor Tamaki vortrat. Er nahm ihre Hand und küsste sie. „Willkommen im Host Club, verehrte „Liebe Mai“ Seine Stimme war wie warmer Honig. „Entschuldige bitte unsere ungehobelte Unhöflichkeit dich nicht gleich begrüßt zu haben. Es kam nur ziemlich überraschend für uns dich heute hier bei uns zu haben“ „Oh, wirklich das ist kein Problem“ entgegnete sie gezwungen lächelnd, da sie versuchte erfolglos ihre Hand aus seiner zu ziehen. Unbewusst hielt er sie jedoch weiterhin fest, sodass Kyoya schließlich gereizt den Namen des Kings knurren musste, damit er überhaupt losließ. Hinter den Brillengläsern des Schwarzhaarigen blitzte für einen Moment etwas Beunruhigendes auf. Als er sich jedoch an Mai wandte wurde sein Blick wieder weicher. „Wie bist du hier eigentlich her gekommen? Ich habe unten keinen eurer Wägen sehen können“ „Wäre auch verwunderlich wenn du das könntest“ entgegnete sie lächelnd. „Auf der Fahrt hier hin, - hatschi! – hatten wir einen Platten. Weil wir keinen Auswechselreifen dabeihatten und ich nicht auf die Reparatur warten wollte, bin ich eben zu Fuß hier hin gelaufen“ Umgehend verfinsterte sich Kyoyas Gesicht. „Wie bitte? Du bist zu Fuß gelaufen?“ Man sah dem Schwarzhaarigen an, dass das wohl nicht als Frage gemeint gewesen war. „Ich bin zu Fuß gelaufen“ wiederholte sie. Aus Kyoyas Mimik sprach eindeutiges Missfallen. „Du weißt genau was dabei hätte passieren können“ sagte er ruhig, doch in seinen dunklen Augen war die Aufgebrachtheit zu lesen. „Oh, ne, fang jetzt bitte nicht wieder damit an. Ich dachte, das Thema hätten wir hinter uns. Na, komm, was hätte schon passieren können?“ seufzte sie und ließ sich erneut zurück aufs Sofa sinken. „Ich hör wohl nicht richtig!“ Stimme hätte Stahl schneiden können – solch eine Scharfe besaß sie. Lena war sehr überrascht, wie viele Emotionen mit einem Mal in seinem Ton lagen. Seine Fassade wurde durchlässiger. Die Sorge um Mai machte ihn durchschaubar, auch wenn nur ein klein wenig. Dies ließ sie einen seiner wenigen Schwachpunkte darstellen. Ein schwarzes Feuer loderte in Kyoyas Augen. Schneller, als Mai reagieren konnte, hatte er den letzten Schritt zum Sofa zurückgelegt, die Arme zu beiden Seiten neben ihren Kopf an der Lehne abgestemmt und sich zu ihr runter gebeugt, das Gesicht hätte nicht ernster sein können. Beim Sprechen besaß seine Stimme dieselbe Ruhe wie eine Flaute, die ihre vereinzelten Windböen über das ruhige Meer schickte, doch alle im Raum ahnten, dass hinter diesem trügerischen Tonfall der scheinbaren Ruhe ein Orkan steckte, nur darauf wartend entfesselt zu werden. „Meine Liebe, im Anbetracht, dass du dir bei deiner Unternehmung nur eine Erkältung eingefangen hast, ist noch das geringste Übel, welches dir hätte widerfahren können“ Nie hätte Lena gedacht, sie würde Kyoya einmal so erleben. Er tat sich auf einmal wirklich schwer damit, seine Gefühle unter Dach und Fach zu halten - ja musste sogar Mühe dafür aufbringen. Anscheinend erging es den größten Teil des Host Club ähnlich wie ihr. Diese versteckte Seite zeigte Kyoya nur sehr wenigen Menschen. Dass er überhaupt solch eine Seite besaß, hatte schon etwas Befremdendes an sich, andererseits war es jedoch auch unglaublich beruhigend. Es machte deutlich, dass sogar Kyoya – der Meister der Undurchschaubarkeit - manchmal nicht erhaben gegenüber tiefer gehenden Empfindungen war. Er umfasste das Kinn ihres weg gedrehten Gesichts mit einer Hand und zwang sie so ihn anzusehen. Kurz sah Mai ihn an – ein unwilliges Funkeln in den Augen, ehe sie die Lieder senkte. „Ja, schon gut. Ich gebe zu, dass es dumm von mir war, einfach in der Kälte loszulaufen. Die Konsequenzen dafür werde ich tragen“ sagte sie bissig unter dem eingehenden Blickes Kyoyas. „Aber das du jetzt mit diesen irrelevanten Zeugs ankommst, ist vollkommen überflüssig“ blieb Mai dennoch standfest. Er kam ihr näher - bis ihre Gesichter nur noch ein Abstand von wenigen Zentimetern trennte. Unentwegt fixierten Mais grüne Augen ihn herausfordernd. „Wann wirst du endlich begreifen, dass du nicht ohne Bodyguards unterwegs sein solltest? Es gibt genügend Leute, die vor nichts zurückschrecken, um mal eben schnell an das große Geld ranzukommen und auch eine Entführung in Kauf nehmen, um sich eine goldene Nase zu verdienen.“ Seine Stimme übertraf sogar noch seine gewohnte Eindringlichkeit. „Ach ja“ entfuhr es ihr „Gut, vielleicht gibt es diese Leute. Aber nicht hinter jedem Baum lauert gleich ein vermeidlicher Gangster oder so was! Außerdem habe ich ja wohl noch so was wie Privatsphäre. Du weißt genau, dass ich die brauche! Was soll ich also mit einem Bodyguard, der mir Tag und Nacht hinterher latscht? Ich habe Besseres - “ Weiter kam Mai nicht, da Kyoya ihr einen Finger auf die Lippen legte, um sie zum Schweigen zu bringen. „Wie auch immer, wie es jetzt ist, wird es nicht weitergehen. Du bekommst zwei unsere Wachkräfte, die eine spezielle Ausbildung in der Abteilung „Personenschutz“ genossen haben. In Zukunft wirst du nicht mehr nur offiziell bewacht sondern auch privat“ „Nein, das kann nicht dein Ernst sein“ hauchte sie. Aus ihren Blick sprach deutliche Entrüstung. Kyoyas Züge verfinsterten sich. „Doch. Schließlich muss jemand auf dich aufpassen. Die Rate der Entführungen unter wohlhabenden Leuten ist seit einigen Monaten drastisch in die Höhe gestiegen. Deswegen war es schon längst Zeit, dass man dir endlich die Leviten liest. Es gehört schon ein gewisses Maß an Verantwortungslosigkeit dazu seiner Tochter freizustellen, ob sie bewacht werden will oder nicht. Ich werde in dieser Angelegenheit ein erstes Wort mit deinem Vater sprechen müssen. Es geht nicht, dass er dir bei solchen Sachen freie Hand gewährt“ Unvermittelt tauchte Mai unter ihm, weg und stand dann wieder auf den Beinen. Für einem Moment schien es so, als würde in Mais Augen dasselbe Feuer aufglimmen, wie vorhin in denen von Kyoya. Doch dann verblasste es, stattdessen gewannen ihre Züge an Härte, als sie mit eisiger Stimme sagte „Dass du jetzt auch noch den Drang dazu hast, meinen Vater zu kritisieren, geht eindeutig zu weit. Ich hatte eigentlich gehofft, heute noch einen schönen Tag mit dir zu verbringen. Aber anscheinend wird daraus wohl nichts mehr“ Sie wollte sich umdrehen, doch Kyoya hielt ihren Arm fest. Unwirsch schüttelte sie seine Hand ab und hastete zur Tür. Als Mai an Lena vorbeilief meinte sie ein leises Schluchzen zu vernehmen und eine kleine Träne zu bemerken, die über Mais Wange perlte. Kyoya erhob sich ebenfalls, hechtete ihr nach draußen hinterher und hinterließ im Musikzimmer 3 ein lang anhaltendes Schweigen. Erstaunlicherweise war es ausgerechnet Mori, der es brach „Zwischen den beiden gibt es einige Unstimmigkeiten. Aber nichts, was nicht irgendwie gelöst werden könnte“ Verdutzt drehten sich alle zu ihm um. „Die beiden scheinen sich auf den ersten Blick sehr ähnlich zu sein, aber in Wirklichkeit passen sie wirklich gut zueinander, deshalb denke ich, dass es da nichts gibt, was nicht irgendwie in Ordnung gebracht werden kann“ „Damit hast du recht, Mori“ stimmte Tamaki nachdenklich nickend zu, dennoch glaubte Lena etwas Sorge in seinen Zügen lesen zu können. „Unter normalen Umständen sind die beiden eigentlich ein ziemlich gutes Gespann, was mir jedenfalls Kyoya über sie erzählt hat, lässt mich diese Meinung vertreten. Sie und er kennen sich schon von frühster Kindheit an.“ Wieder eine Sandkastenfreundschaft, fiel Lena auf. „Es ist wohl eine freundschaftliche Zuneigung, die damals auch schon auf Liebe basierte. Es gibt wirklich wenige Menschen, denen Kyoya an sich heran lässt, geschweige denn sein Vertrauen schenkt. Was noch zu erwähnen wäre, ist dass er schon immer das Bedürfnis hatte, Mai besser bewachen zu lassen“ „Das stimmt“ meinte Honey ernst „Aber du, Tamaki, bist auch, der einzige, der es geschafft hat, sein Vertrauen zu gewinnen. „Dafür müssten wir dir nen Preis verleihen“ warfen die Zwillinge ein. „Desto mehr Menschen man vertraut“ sagte Lena nachdenklich „Desto größer die Gefahr enttäuscht und fallen gelassen zu werden“ „Ja, das trifft es auf den Punkt. Das ist der Grund, warum Kyoya nur einen Kreis erlesener Menschen an sich ranlässt und ansonsten völlig unabhängig ist“ gab ihr Tamaki Recht. Woraufhin Haruhi entgegnete „Im Eigentlichen kann ich Kyoya gut nachempfinden. Wenn ich Menschen mein Vertrauen geschenkt hätte, würde ich alles daran setzte sie auf nur erdenkliche Weise vor allen möglichen Gefahren zu schützen.“ „Kein Wunder, dass er so sehr darauf achtet Mai einen Bodyguard aufzudrücken“ schlussfolgerte Lena „Aber sie ist in der Hinsicht stur gewesen“ Tamaki strich sich durch die blonden Haare. „Ja, dass hat er mir auch einmal gesagt. Gelegentlich verfolgt sie halt ihren eigenen Willen, manchmal nicht zu Kyoyas Freude, so auch in diesen Fall.“ Genau diesen Eindruck hatte Lena auch gehabt. Mai schien ein Mensch zu sein, der nicht selten aus dem sie erdrückendem Regelwerk ausbrechen wollte, wie ein Vogel aus einem Käfig, und dabei öfters das Zwang verspürte, die Grenzen dieses Käfigs auszutesten. „So schwer es mir auch zu sagen fällt, aber hierbei, bleibt uns nur abzuwarten übrig“ stellte Tamaki fest und nahm seufzend auf dem Sofa Platz. „Na, ich hoffe, dass das klappt“ meinte Lena, welche neben ihn saß. „Das wird es schon. Hat es auch schon viele Male“ murmelte der Blonde, dennoch war sich die Brünette nicht sicher, ob sie seine Worte nicht anzweifeln sollte. Vielleicht sagte er das auch einfach nur, um sich und die anderen von dieser Tatsache zu überzeugen. Kapitel 20: Tropische Tränen ---------------------------- Kapitel 20 Tropische Tränen Heute lief alles wie am Schnürchen, musste sich Lena eingestehen. Insgesamt stolperte sie auf den Absatzschuhen nur vier Mal und verfluchte diese nur halb so oft wie sonst, worauf sie wirklich stolz war… Allerdings hatten sich seit dem Beginn ihrer Tätigkeit im Host Club einige unliebsame Zuschauer eingefunden. Tatsächlich verpasste Yvette nicht einen Host Club Termin. Wenn sie erst da war, kostete sie das Gefühl des Hohns und der Schadenfreude aus, indem sie Lena möglichst viele Aufträge aufbürdete und vergnügt dabei zuschaute, wie diese sich schwer tat. Mal verlangte sie nach einem Tee, von dem Lena noch nie in ihren Leben gehört hatte und dann wollte sie auf einmal, dass man ihr Iranischen Beluga-Kaviar servierte; die kostenspieligste Kaviarsorte auf dem Globus und somit Platz 2 der weltweit teuersten Luxusspeisen vertretend. Oft gab sie Lena die volle Tasse frisch gemachten Tee wortlos oder mit der Anmerkung zurück, er hätte zu lange gezogen. Und gelegentlich warf Yvette absichtlich eine Schale mit Zuckerstückchen um, woraufhin ein gekünsteltes „Upps!“ dem Ganzen die Krone aufsetzte. Selbst um Haruhis Mundwinkel zuckte es bei solchen Vorfällen gequält, trotzdem bemühte sie sich um die Aufrechterhaltung ihres mehr oder weniger standhaften Lächelns. Wäre Isa in Lenas Lage gewesen, so hätte der Verlauf dieses Spielchens eine schnelle, für den Host Club weniger reizvolle Wendung genommen. Angedeutet, Yvette hätte ihren Tee pur in Form eines Ganzkörperbades bekommen sowie sich vor einer Zuckerstückchenweitwurfschlacht in Acht nehmen müssen. Im Wesentlichen hätte Lena nichts lieber als das getan, sich darüber bewusst seihend, dass dies die rasantere und bei weitem brutalere Art darstelle, das sprichwörtliche Handtuch zu werfen. Dennoch kniff die Brünette energisch die Zähne zusammen, immer wenn sie Yvettes giftigen Blick, sich in ihren Rücken bohren, spürte. Nein, sie würde Yvette nicht den Triumph verschaffen, sich etwas von ihrer Provokation anmerken zu lassen! Das wäre sicher das Letzte, was Lena ihr gönnen würde! Suchend schweifte ihr Blick zwischen den gemütlichen Sofas, den Billardtischen und den zahlreichen Diwans umher, auf denen sich einige Schüler rekelten und sich von den Butlern auf Fingerschnippen ein Getränk bringen ließen. Isa muss doch hier irgendwo sein, dachte sie, hatten sie nicht vorgehabt, sich in einen der Aufenthaltsräume der Schüler zu treffen? Aber weit und breit war nichts von der Schwarzhaarigen zu sehen. Schon wollte sich Lena damit abfinden, dass es sich um ein vergebliches Unterfangen handelte, nach ihrer Freundin Ausschau zu halten, als Gesuchte durch die Tür das Zimmer betrat. Bereits im Näherkommen bemerkte Lena, dass etwas nicht zu stimmen schien. Von Natur aus besaß Isa auffallend helle – so gar nicht zu ihrer südeuropäischen Abstammung passende - Haut. Doch wies ihr Teint heute weniger Ähnlichkeit mit Schneewittchen, als mit einem weißgeschminkten Zirkusclown auf. Das Gesicht war von solch einer unnatürlichen Bleiche, das Lena sich fragte, ob Halloween schon vorverlegt worden war. Der Verdacht der Brünette verhärtete sich, als die Hand ihrer Freundin zu deren Mund fuhr und sie begann loszuhusten. „Sorry. Tut mir leid“ brachte sie zwischen zwei Hustern hervor „Aber ich schaffe das heute wirklich nicht mehr - was immer du mir auch zeigen wolltest. Ich kann’s heut halt nicht. Ich bin so gut wie k.o.“ Enttäuschung machte sich in Lena breit, zugleich empfand sie jedoch auch Sorge. Isa sah wirklich nicht toll aus. „Ist gut, dann werde ich es dir wohl ein anderes Mal zeigen müssen… Du willst sicher zurück auf dein Zimmer“ Ein bestätigendes Nicken der Schwarzhaarigen folgte. „Okay, ich werd dich dann mal mit nach oben begleiten. Du brauchst echt ne Mütze Schlaf“ murmelte Lena mit leicht gerunzelter Stirn. Ihr war ein Einfall gekommen. Könnte es womöglich sein, dass sich Isa gestern bei Mai angesteckt hatte? Schließlich hatte diese ganz ähnliche Krankheitssymptome gezeigt. Sie geleitete die Schwarzhaarige zum Zimmer, von wo aus sie eine Dienstbotin rief, um ihr aufzutragen, irgendetwas Vitaminhaltiges für Isa zu beschaffen, was möglichst nicht den Namen „Großmutters Brokkolitrunk“ trug. Den hatte es nämlich immer bei ihr zu hause gegeben, weil ihr Kindermädchen stets auch nur bei den kleinsten kränkelnden Anzeichen ihres Schützlings, umgehend darauf bestanden hatte, dass diese das überaus schnell Würgelaute verursachende Gebräu zu sich nahm. Danach war Lena erst recht schlecht geworden und darin bestand wohl auch der Nutzen der angeblichen Medizin: Einen noch kränker zu machen, als man bereits war. Und das wollte die Brünette ihrer Freundin liebend gern ersparen. „Was ist das?“ frage Isa auf einmal und deutete von ihrer Position auf dem Bett zum Tisch, auf dem ein veilchenlila Pappkarton stand. „Meine neuen Schuhe für den Host Club“, beeilte sich Lena zu sagen, während sie noch auf das Kommen des Dienstmädchens wartete, „Ich habe mir neue geholt, die scheinen ok für den Host Club zu sein, meinte Tamaki. Und die sind auch nicht so hoch“ „Endlich ist das Mädel vernünftig geworden! An diesen Pussyschuhen wärst du irgendwann verreckt“ keuchte Isa begleitet von einen erneuten Hustenanfall. Nachdem die Brünette sich vergewissert hatte, dass Isa schon zurecht kommen würde, trat sie den Weg zum Tropenhaus an, in dem der Host Club heute hausierte und seinen Kunden nach allen Regeln der Kunst Wohlgefallen bereitete. Eigentlich war es genau dieses Gewächshaus gewesen, dass Lena ihrer Freundin hatte zeigen wollen. So weit sie wusste, war Isa noch nie dort drin gewesen, obwohl sich ein Rundgang in dem Glasgebäude mehr als lohnenswert erwies, wie sie letzte Woche feststellen musste. Von außen konnte man die runde gedehnte Glaskuppel bewundern, die sich über die unter ihrem Dach wuchernde Pflanzenwelt, schloss, und ihnen zugleich Licht und Wärme spendete. Wenn man jedoch erst einmal im Inneren des Gewächshauses war, eröffnete sich einem die gesamte Pracht des gänzlich aus Glas bestehenden Gebäudes. Die Vielfalt der hier sprießenden Pflanzen war schlicht und ergreifend überragend. Vorne bei dem Eingang hießen die Besucher schöne Blumen in allen nur erdenklichen Farben des Regenbogens willkommen. Der Steinweg weiter entlang wurde von hohen Bäumen und Palmen gesäumt, zu deren Wurzeln, weitere Blumen und vereinzelt Sträucher wuchsen. Nicht selten ließ ein dunkelblauer Schmetterling auf einen Blumenkelch nieder, mit den Vorderfüßen beharrlich tastend, auf der Suche nach dem wohlschmeckenden Nektar. Schließlich machte der Steinpfad eine abrupte Kehrtwende und führte um einen kleinen Teich herum, neben den eine imposante steinerne Engelsstatue aus einem schief haltenden Krug eine nicht endende Wasserfontäne goss, welche platschend auf dem Teichwasser aufkam, um sich sogleich mit ihm zu vereinigen. Unter der klaren Oberfläche dümpelten orangerote Fische gemächlich. Nur manchmal tauchte einer von ihnen hoch genug und konnte mit der Nase den langen Auslauf der Wurzel einer Seerose berühren. Alle Beete waren ordentlich angelegt worden und wurden einer regelmäßigen Pflege unterzogen, dennoch strahlten sie auf eine eigentümliche Weise eine natürliche Verwilderung aus. Desto länger man inmitten dieses Szenario stillstand und es einfach nur auf sich wirken ließ, desto mehr fühlt man sich wie in einem Paradies, hineinversetzt in eine andere Welt - unberührt von der Hektik des Alltags, ausgeschlossen von den üblichen Lärm der Schule und weit weg vom Stress jeglicher Anstrengung, welche das Leben bereithielt. Eine friedliche Oase der Ruhe. Lena schlenderte den Steinweg entlang, bog mal hier und mal da ab, kam an Beeten voller wohlduftender Kräuter und Rosengewächsen vorbei und hatte fast nur Augen für die wundervollen Gewächse um sie herum. Das dichte Blattwerk aus tiefgrünen Farnen über ihren Kopf spendete Schatten und ließ zugleich nur selten einen blendenden Sonnenstrahl hindurch. So hier müsste es sein, dachte das Mädchen, ehe es um eine Wand aus empor wachsenden Efeu trat. Dahinter lag eine weit in die Höhe aufragende Wasserfallebene. Daher war also das rauschende ununterbrochene Geräusch gekommen. So schön der Anblick der über die Felshänge und Klippen plätschernden Wassermengen auch war, es konnte Lena nicht von der Tatsache ablenken, dass sie hier völlig falsch war. Der Beschreibung von Tamaki nach müsste sie sich eigentlich nun auf einer Wiese befinden, wo der Hostclub sein ganzes Etablissement bereits aufgebaut hatte. Nachdenklich runzelte sie die Stirn und wollte schon zu ihrem Handy greifen, doch augenblicklich hielt sie inne. Es war nicht mehr als ein Wispern, fast verschluckt vom Rauschen des Wassers. Nur ein schwaches Wimmern, das Lena veranlasste ein paar Schritte weiterzugehen, sich der Quelle, des hier gar nicht hinpassenden Geräusches zu nähren. Desto mehr sich der Abstand zwischen ihr und dem Wasserfall verringerte, desto stärker und deutlicher schwoll der stetig vernehmbare Klagelautes an. Das Wimmern war jetzt zu einem unverkennbaren Schluchzen geworden. Trotz der weiterhin präsenten Lautstärke der fallenden Wassermassen, meinte Lena nicht mehr weit von dem entfernt zu sein, das solch ein trauriges Geräusch von sich gab. Und da war sie. Sofort blieb Lena hinter einen Busch stehen, es nicht wagend hervorzutretend, weil das Bild von dem rothaarigen Mädchen auf der Holzbank unweit der Wasserfallebene ihr so erschreckend unwirklich erschien. In sich zusammengesunken, das Gesicht in den Händen vergraben, saß Yvette da. Immer wieder wurde ihr schlanker Körper von Schluchzern durchgeschüttelt. Klägliche Weinkrämpfe fanden den Weg aus ihrer Brust. Lena konnte beinahe spüren, wie Yvette zwischen den verzweifelten Lauten rasselnd den Atem einzog. Beklemmung machte sich in Lena breit, während lose Gedankenfetzen wild in ihren Kopf umher schwirten. Nein! Das konnte nicht war sein! Yvette in einer solch kümmerlichen Verfassung? Irgendwie war das falsch, so falsch. Schrecklich verdreht. Yvette war die Böse! Aber jetzt weinte sie tatsächlich! Ihre Gestallt spiegelte blanke Verzweiflung wieder. Bestürzt und ein wenig erschrocken von der Szene, die sich ihr bot, trat Lena stolpernd den Rückzug an. Sie achtete überhaupt nicht darauf, wo sie ihre Füße hintrugen, denn ihre Gedanken verweilten noch bei der Rothaarigen. Bislang hatte Lena immer gedacht, Yvette wäre nicht einmal zu so einer Gefühlsregung fähig. Für die Dauer eines Herzschlages, fragte sich Lena, ob sie nicht gerade einen Einblick in Yvettes tiefstes Inneres bekommen hatte. Plötzlich lag etwas Merkwürdiges ihr bleischwer im Magen. Sie fühlte sich, wie eine Spannerin, sie hatte etwas entdeckt, was wohl am wenigsten für ihre Augen bestimmt gewesen war. Aber sie konnte doch für das alles nicht das Geringste. Trotzdem… warum empfand sie dann den leisen Anflug von… ja was…? … Schuld? Bereits jetzt war Lena sich nicht mehr ganz klar, was sie soeben gesehen hatte. „Schau mal! Da ist sie!“ drang eine Stimme zu Lena durch und setzte ihren Überlegungen jäh ein Ende. „Wir haben dich schon gesucht“ Abrupt drehte sie den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Unweit von einer Kokospalme entfernt, erspähte sie Honey und hinter ihm Mori. Wärme machte sich in Lenas Bauch breit, vertrieb den Hauch des seltsam belastenden Gefühls. Ob das jetzt von Honeys Begleitung rührte oder einfach nur an dem tropischen Klima im Glashaus lag, wusste sie nicht zu sagen. Trotz der Tatsache, dass die Jahreszeit auf Mitte November stand, waren die beiden mit Shorts, T-Shirt und Sandalen sommertauglich gekleidet, zusätzlich schmückten ihre Hälse farbenfrohe Hawaiiblumenketten. „Wir dachten schon du hättest dich verlaufen“ brabbelte Honey, ganz seiner Art unterlegen, drauflos. Dass dies genau dem Umstand entsprach, empfand Lena momentan, als nicht derartig erwähnenswert. Jedenfalls nicht nachdem von was sie vorhin Zeuge geworden war. „Los, wir haben gerade noch genug Zeit für die letzten Vorbereitungen. Außerdem gibt es Kokos-Ananastorte! Die musst du unbedingt probieren!“ zwang sie der kleine Blondschopf wieder zurück in die Realität. Bestimmt nahm er die Brünette bei der Hand, um sie hinter sich her den Weg weiter zu ziehen, an unterschiedlichen Fruchtbaummischkulturen und Dattelpalmen vorbei, bis der Pfad in einer kurzen Biegung leicht abfiel und sie auf einer glatten Wiesenebene zum Stehen kamen. Der Host Club (oder besser dessen Dienstpersonal) hatte beste Arbeit geleistet. Rund auf der grünen Fläche verstreut standen kunstvoll verzierte Gartentischchen mit den dazu passenden Stühlen. Einige Kundinnen hatten sich bereits eingefunden, um verzückt die porzellanweiße menschengroße Elfenstatur, welche den Platz auf der Mitte der Wiese einnahm, zu betrachten. Ein Blätterkleid schmiegte sich um den grazilen Körper des Geschöpfs. Nur wenige Strähnen der hochgesteckten Haare fielen ihr in die Stirn und den freien Nacken. Um den Arm des Wesens rankte sich ein steinerner Efeuzweig, während die andere Hand der Statur den mit Dornen versehenen Stängel einer Rose hielt. Hikaru und Kaoru blickten gerade von den drei ihnen gegenübersitzenden Kundinnen auf, als der Suchtrupp mit der Nachzüglerin eintrudelte. „Na, da seid ihr ja endlich! Wurde aber auch Zeit!“ meinte der eine und zog eine Augenbraue hoch „Oder wart ihr etwa: Hoffnungslos verloren in der Botanik?“ „Hikaru“ sagte der andere, plötzlich unsicher geworden „Ich würde mich auch sehr schnell in diesem Haus verlaufen“ Liebevoll strich der Ältere seinem jüngeren Abbild über den roten Wuschelhaarschopf „Nein würdest du nicht. Du hättest ja mich als Wegweiser! Da gehst du nicht verloren“ Lächelnd schmiegte der andere den Kopf an seine Brust. „Ein Glück, dass ich meinen großen Bruder habe“ Diese Inszenierung war sehr zur Freude der Kundinnen, die jede Regung der Zwillinge mit angehaltenem Atem verfolgten. Wie immer. Also gibt’s also auch heute ein großes Inzestkino, dachte Lena und wunderte sich zugleich, wie die beiden es schafften immer wieder neue Ansatzpunkte zu finden, an denen sie ihre „Liebe“ vor den Kundinnen unter Beweis stellten. Honey hüpfte sogleich zu einigen anderen Mädchen. Sie saßen auf einer Decke im Kreis und quiekten begeistert auf, als der kleine Blondschopf in ihre Mitte sprang. Auch eine von Moris Kundinnen war herbei geeilt, um ihn zu dem Pulk, zu ihm hin gaffender Mädchen zu geleiten. Etwas abseits, an einen der hinteren Tische saß Kyoya, wie üblich auf seinen Laptop eintippend. Normalerweise war er dabei stets von einigen Kundinnen umgeben, denen er gelegentlich seine Aufmerksamkeit schenkte. Aber aufgrund der ihn heute umgebenen dunklen Aura traute sich keines der Mädchen näher als auf vier Meter an ihn heran. Immerhin konnte man mit ihm reden, wenn man sich nicht von dem, nicht gerade einladend wirkenden, Schatten einschüchtern ließ. Doch in ihrem Fall sprach Kyoya sie von sich aus an. „Der Getränkewagen steht dort.“ Er deutete hinter sich in den Schatten eines Bananenbaumes. „Wir bieten heute nur Fruchtsäfte und Früchtetees sowie exotisches Gebäck an. Übrigen hängt dein Kostüm da hinten. Wir haben extra fürs Umziehen einen Schutz aufbauen lassen“ „Äh, ja danke. Wo ist eigentlich Tamaki?“ fragte Lena und sah sich suchend um. Weit und breit war keine Spur von dem blonden King. „Der holt noch etwas von der Ausstattung aus dem Clubraum. Ich nehme an ein Anhängsel von seinem Kostüm.“ Lena betrachtete Kyoya genauer. Obwohl er es nur andeutungsweise gesagt hatte, überkam sie das Gefühl, dass an diesem Tag nicht alles, was die Organisation anbelangte, rund lief. Passend dazu machte der dunkelhaarige Brillenträger einen deutlich abgespannten und zugleich gereizten Eindruck. Die Sache von gestern mit Mai schien ihn mitgenommen zu haben. Weit hinter den Getränkewagen erhob sich ein rosafarbenes Zelt, vor dem ein Schild hing, auf dem es in verschnörkelter Schrift hieß „Nur für Personal“. Also gehör ich jetzt schon zum Personal, dachte Lena entnervt, schön, dass ich das jetzt auch weiß. Glücklicherweise stellte sie im Inneren des „Schutzzeltes“ fest, dass es sich um das gleiche Kostüm wie immer handelte. Einzig die Hawaiiblumenkette peppte das Teil auf. Seufzend betrachtete sie die hohen Schuhe. Na, super. Bei dem ganzen Rummel um Isa hab ich glatt meine neuen Schuhe vergessen, ging es ihr durch den Kopf. Na gut. Haste eben Pech gehabt. Einmal noch mit denen. Also Augen zu und durch. Dies erwies sich leichter gesagt, als getan, weil Lena schnell merkte, dass hohe Absätze nicht unbedingt einen Vorteil auf nachgebenden Rasenboden darstellten. Mehrmals blieb sie stecken; ganz zu schweigen von den vielen Stolperern. Es grenzte beinahe an ein Wunder, das weder eine der teuren Porzellantassen zu Bruch ging, noch eine Kundin ihren Tee in den Schoß serviert bekam. Langsam spürte Lena, wie sich ein Brennen, ausgehend von den Fußspitzen, in ihren ganzen Beinen ausbreitete. Ein Schmerz, der mit jedem Schritt, den sie vorwärts trat, anschwoll. Gequält schloss sie kurz die Augen, ehe sie sie wieder aufschlug. Es war nur ein Moment gewesen. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie nicht darauf geachtet, wie sie den Fuß aufsetzte. Er knickte um. Noch ehe das Mädchen reagieren, ja einen Schrei ausstoßen konnte, fiel sie. Innerlich hatte Lena sich bereits auf die unangenehme Koalition mit Mutter Erde eingestellt und wartete nur noch auf den harten Aufprall. Doch er blieb aus. Dennoch hielt sie die Lider fest zusammengepresst, doch es kam nichts. Vorsichtig wagte sie es, die Augen zu öffnen. Und riss sie einen Herzschlag später bis zum Anschlag hin auf. Ein kräftiger Arm befand sich unter ihren Kniegelenken, ein anderer stützte ihren Rücken und hatte sie somit vor den unvermeidlichen Aufprall bewahrt. Seltsam benommen schweifte ihr Blick hoch zu dessen Besitzer und erkannte das beinahe ausdruckslose Gesicht ihres Retters. Ein Hauch echter Besorgnis glimmte in dem dunklen Augenpaar auf... und dann war da noch etwas anderes, was sich in den fast schwarzen Obsidianen widerspiegelte. Etwas von dem sie gedacht hätte, dass sie es nie in ihnen sehen würde... Ein zorniges Funkeln... Ein erneutes Lebenszeichen von mir :D Sorry, an alle, die mehr an Comedy in diesem Kapi erwartet haben. Ich werde nächstes Mal dafür sorgen, dass der Witz nicht im Untergrund verschwindet. Diesmal jedoch war die Stimmung wie auch im letzten Kapitel merklich unter Spannung, weshalb es für mich relativ schwer war, Comedy rein zubringen. Jedenfalls werde ich mich beim nächsten Kapi mehr um den Humor bemühen. Noch einmal ein dickes fettes Danke an alle fleißigen Kommischreiber. Bis zum nächsten Kapi, euer honig_bienchen Kapitel 21: Französische Medizin – bei Nebenwirkungen suchen Sie bitte ihren Herzspezialisten auf ------------------------------------------------------------------------------------------------- Kapitel 21 Französische Medizin – bei Nebenwirkungen suchen Sie bitte ihren Herzspezialisten auf Mit leicht verkrampften Gesichtszügen drehten sich Isa von der einen auf die andere Seite der, ihr auf einmal viel zu weich vorkommenden, Matratze. Nachdem das Dienstmädchen gegangen war, nicht ohne ihr einen bräunlichen Fieber lindernden Tee auf dem Nachttisch zu hinterlassen, hatte sie sich unter der Bettdecke eingerollt. Binnen einiger Minuten aber schlug sie die Decke mit einen frustrierten Schnauben zurück, um nach der Tasse Tee zu greifen und umgehend die dunkle Flüssigkeit hinunterzukippen. Doch noch bevor der erste Schluck in die Nähe von Isas Rachen gelangt war, spie sie ihn schon im hohen Bogen quer auf den Boden. Dabei ging ihr entrüstet durch den Kopf: Bäh! Kommt das frisch aus der Toilette? Wenn man davon gleich reihern soll, dann herzlichen Glückwunsch! Es hat seinen Zweck nicht im Geringsten verfehlt! Na, was für ne’ schöne Sauerei. So langsam lerne ich das Personal hier wirklich zu schätzen... Sie drehte den Kopf zum Tisch, wie um nach etwas zum Abwischen ihres Mundes zu suchen, wobei ihr Blick an den seelenruhig mitten im Zimmer stehenden, lila Karton haften blieb. Ein mattes Stöhnen entwich Isas Kehle. Geradezu machte es den Anschein, als würde der Karton nur darauf warten, dass ihn jemand abhole, was jedoch nicht passieren würde. Und das wusste das Mädchen mit Sicherheit. Also echt mal!, dachte die Schwarzhaarige, wenn Lenas Kopf nicht auf ihren Hals stecken würde, hatte sie den bestimmt schon längst irgendwo in der Pampa verloren. Tief seufzend erhob sie sich langsam aus dem Bett, tapste zum Tisch und nahm den Karton an sich. Dann begab sie sich auf direkten Weg zum Musikzimmer 3. Dennoch nahm sie sich ernsthaft vor, Lena würde heute gehörig noch etwas von ihr zu hören bekommen, weil sie das Ganze äußerst unwillig, mit größter Abneigung und ununterdrückbaren Missfallen tat. Auf der Mitte des Südflügels wurde ihr auf einmal schwindlig. Fahrig tastete Isa nach der Wand, um sich für einen Moment an ihr abzustützen. Der Schweiß brach auf ihrer Stirn aus. Sie hatte das Gefühl, dass sich alles um sie drehte, als wenn sie in einem Karussell säße. Doch je länger sie an der Wand verharrte, desto mehr ging der kleine Schwindelanfall zurück. Schließlich wagte sich das Mädchen weiter voran, den Karton energisch unter ihren Arm geklemmt. Mit jedem Schritt spürte sie die Kraftlosigkeit, immer weiter in ihre Glieder sickernd. Eine bleierne Müdigkeit drohte ihren Geist zu vernebeln. Aber sie musste… sie musste einfach durchhalten. Für Isa war es schon schlimm genug, dass Lena normalerweise dazu gezwungen war, diese Höllendinger an ihre Füße zu lassen, aber da sie endlich eine Alternative hatte, war es mehr als blöd gelaufen, dass sie diese nicht benutzen konnte. Knirschend die Zähne zusammenbeißend, zwang sich das schwarzhaarige Mädchen zum Weitergehen, bis sie endlich den Musikraum erreichte und eintrat. Im Inneren des leeren Zimmers blieb sie abrupt stehen. Keine Kundinnen, kein Kuchen, kein Tee, keine Host und von Lena war auch weit und breit nichts zu sehen. „Hallo? Ist hier jemand?!“ rief Isa, hatte jedoch die Hoffung auf eine Antwort bereits aufgegeben, als eine Stimme aus dem Hinterzimmer ertönte. „Komme gleich! Moment noch kurz!“ Ein Unheil verkündendes Rumpeln war zu hören. Dann erschien Tamaki in der Tür, eine kleine Kiste in den Händen und mit strahlendem Lächeln. „Ja, was darf es sein?“ Erst als er sich zu ihr umdrehte, erkannte er Isa. Ein verwunderter Ausdruck schlich sich auf sein Gesicht. „Ja, ja“ beeilte sich die Schwarzhaarige zu sagen mit er Absicht möglichst unangebrachte Dialoge umgehen „Bevor du fragst, was ich ihr mache, kann ich dir sagen, dass ich kein zweites mal Postbotenfritze, den großen Nachtrager oder Sonstiges für euren Club spiele. Ich suche lediglich Lena, weil sie die hier vergessen hat“ Sie deutete auf den lila Schuhkarton unter ihren Arm. „Also wo finde ich sie? Wo sind überhaupt alle? Warum bist nur du hier? Habt ihr Insolvenz?“ Kurz runzelte der Blonde die Stirn, ehe in einem leichten Anflug von Belustigt den Kopf schüttelte. „Nein, haben wir nicht. Sei unbesorgt unsere liebreizenden Kundinnen haben uns schließlich die Treue geschworen, so dass dieser Umstand wohl für unseren Club undenkbar wäre“ War aber auch zu schön um war zu sein, dachte Isa mit einer Spur Sarkasmus. „Aber du kannst es natürlich nicht wissen“ fuhr Tamaki umgehend fort „Heute findet unser Treffen im Tropenhaus statt. Schließlich sollen die Mädchen vor unserer Schulreise noch ein wenig Gespür für das „exotische Feeling“ erlangen. Die Wärme, die Palmen, die Getränke…“ Während er dies sagte erhellte ein begeistertes Leuchten seine azurblauen Augen. „Ich war nur kurz noch hier oben, weil ich das hier…“ Tamaki hielt das Kästchen hoch „…vergessen habe.“ „Eure Organisation geht also auch über Bord, oder wie darf ich das verstehen?“ stichelte Isa halbherzig. Scheinbar gleichgültig zuckte der blonde Halbfranzose die Schultern „Vielleicht ist es so… und wenn schon… das rängt sich wieder ein!“ „Sagst du“ „Nein, dass sage ich nicht so. Ich bin der festen Überzeugung. Mai wird spätestens in zwei Wochen nachgeben“ „Und was ist, wenn sie es nicht tut?“ hielt Isa dagegen, die die ganze Geschichte vom Ehekrach des schwarzen Prinzen und dessen störrischer Gemahlin längst erfahren hatte. Denn spätestens nachdem sie Kyoya höchstpersönlich über das Gelände sprinten gesehen hatte, war ihre Neugier entfacht worden und sie hatte nicht aufgehört Lena deswegen auszuquetschen, bis diese ihr die Story brühwarm berichtet hatte. Im Nachhinein hätte Isa lieber doch nicht so tief in der Angelegenheit nachgewühlt und es anstatt dessen so belassen. Aber nun war es nun einmal so gekommen. „Wie meinst du das?“ wollte Tamaki wissen, woraufhin sie entgegnete „Aus dem, was Lena mir über Mai erzählt hat, schließe ich mal dass sie einen starken Charakter hat, und sich nicht so einfach Vorschriften beugt, obwohl es doch zuerst anders gewirkt hat. Liegt wohl an der guten Erziehung“ Plötzlich begann das Zimmer um sie herum leicht zu wanken. Schnell hielt die Schwarzhaarige sich an einer Stuhllehne fest, darauf bemüht, dass ihr Gegenüber nichts von der Veränderung bemerkte. „Kyoya hat den stärkeren Charakter und kann, wenn es drauf ankommt um einiges sturer sein“, konterte Tamaki, dabei sah er derart ernst aus, wie sonst selten, „Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis sich Mai mit dem, was Kyoya für sie vorgesehen hat, einverstanden gibt. Und das wissen sie beide“ Isa klappte der Mund auf. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Blonde zu solch berechnender Unverfrorenheit fähig war, gleichzeitig jedoch nahm der Schwindel zu. Erneut versuchte sich Kraftlosigkeit ihrer zu bemächtigen. Tapfer unterdrückte sie den Schwindel und es gelang ihr sogar der Kraftlosigkeit Herr zu werden, die einzig das Ziel verfolgte sie auf direkten Weg mit einem Schwächeanfall zu übermannen. Dennoch vertrieb dieser kleine Sieg nicht das sich umgehend verstärkende Schwindelgefühl. Ihre Finger krallten sich in das Holz des Möbelstücks, bis die Knochen weiß unter der Haut hervorstachen. Ein leichtes Zittern befiel ihren Arm. „Wie schon gesagt, es ist alles eine Frage der Zeit. Ich persönlich hege ja die Hoffnung, dass sie überaus kurz…“ abrupt brach er ab. Auf einmal lag ein merkwürdiger Ausdruck in Tamakis Augen, aber vielleicht bildete sich Isa das auch nur ein. Jedenfalls kam er auf sie zu. Plötzlich befand sich sein Gesicht unmittelbar vor dem ihren. „Sag mal. Bist du heute nicht ein wenig zu blas?“ Erschrocken wich Isa einen Satz zurück. „Was willste’ hä? Dich geht das gar nichts an!“ Er war jetzt wirklich der Letzte, der erfahren musste, dass sie nach Lenas Erachtens eigentlich ins Bett gehörte. Die Schwarzhaarige wandte das Gesicht ab und fühlte umgehend den Schwindel und kämpfte abermals, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Die Welt um sie herum begann zu schwanken. Angestrengt presste Isa die Augen zusammen, aber diesmal verflüchtigte sich das elende Gefühl nicht. Inzwischen war Tamaki an sie herangetreten. „Denkst du nicht, dass du etwas zu schlecht aussiehst, um große Sprüche klopfen zu können?“ Sie spürte seine Hand auf ihrer Wange. Sofort wollte sie sie weg schlagen, aber ihr fehlte dafür die nötige Kraft. „In solch einen Zustand sollte man es unterlassen, sich auf so eine Kommunikation einzulassen“ Seine Stimme war nur ein Hauch nahe an ihrem Ohr. „Lass mich!“ Die Augen aufreißend, taumelte sie vor ihm zurück, gleichzeitig explodierten grelle Lichter vor ihrem Sichtfeld in tausend Funken. Mit einem dumpfen Laut fiel der Schuhkarton auf den Boden. Wäre Tamaki nicht geistesgegenwärtig zu ihr geeilt, um den schlaffen Körper zu stützen, wäre sie vermutlich auf der Stelle zusammengebrochen. „Wirklich, du machst Sachen“ seufzte er „Sich in solch einen Zustand derart zu verausgaben,… hm“ Weder um die Augen zu öffnen noch um sich aus dem sicheren Griff des Blonden zu winden – zu nichts von alledem war sie mehr in der Lage. Tamaki geleitete Isa zum Sofa, auf dem sie ohne Umschweife niedersank. „Du scheinst dich aber derb überanstrengt zu haben“ meinte er, als sie vor lauter Erschöpfung träge wie ein nasser Sack wohl eher auf der Sitzfläche hing, anstatt lag. Vergeblich mühte Isa sich damit ab, sich halbwegs aufzurichten und musste das klägliche Scheitern, begleitet mit dem Fall zurück in die Kissen, in Kauf nehmen - weiterhin vor dem unter ihren Lidern explodierende Sternenmeer flüchtend. Es war so als würde die Müdigkeit sie langsam forttragen - ganz weit weg, von wo aus sie nur noch alles gedämpft und merkwürdig verzerrt mitbekam. Isa spürte, wie etwas sanft ihre Wange streichelte und dann von ihr abließ, kurze Zeit später wurde es durch etwas angenehm Kühles auf ihrer Stirn ersetzt. „Also wirklich, wegen so etwas eine solche Lappalie zu veranstalten ist sehr unvernünftig – gefährlich unvernünftig“ hörte sie seine sanfte Stimme wie von fern, obwohl sie hätte schwören können, dass er nahe bei ihr stand. Trotz des Schleiers, der sich allmählich über Isa ausbreitete, schluckte sie und wollte zum Sprechen ansetzen. Merkwürdigerweise fühlte sich ihr Hals auf einmal ungewöhnlich rau an, sodass ihr nicht mehr, als ein kratziges Röcheln entwich. Isa probierte es ein weiteres Mal und nun gelang es ihr sogar seinen Namen herauszupressen. „Ta-ma-ki“ Ihre Stimme war ein einziges hilfloses Beben. „Tsch, nicht sprechen“ gelangte die nachsichtige Ermahnung an ihre Ohren. Erneut spürte sie seine Hand, sich behutsam auf ihre Schläfe legend. „Kein Wunder, dass du umgekippt bist, bei deiner Temperatur“ Besorgnis huschte über das Gesicht des Blonden, als er ihr Fieber diagnostizierte. Grelle Funken tanzten vor ihren Augen, als Isa das Lid einen winzigen Spalt breit öffnete. „Die Schuhe“ murmelte sie leise. Jedes Wort, das ihre Lippen verließ, kostete sie eine immense Anstrengung. Die Müdigkeit war wie ein ungebetener Gast an sie herangetreten, den man nur zeitweilen verscheuchen könnte, nun aber erneut seinen Tribut forderte. „Lenas Schuhe… im Karton“ „Was ist mit denen?“ wehte Tamakis Frage, gleich eines Windhauches durch den Raum. „Bring sie ihr… bitte“ Für einen langen Moment erfüllte das Zimmer Schweigen, derweilen merkte Isa, wie sie immer weiter andriftete. Dann durchbrach Tamakis Stimme die Stille. „Die Schuhe“ kam es von ihm „Allein aus diesem Grund hast du den Weg hier her auf dich genommen. Du hättest auch ein Dienstmädchen damit beauftragen können, statt deine Gesundheit mit deinem unbedachten Handeln aufs Spiel zu setzen“ Es war eine unmissverständliche Feststellung seinerseits. Stimmt, dachte Isa, warum in aller Welt war sie nicht darauf gekommen, ein Hausmädchen zu rufen. Ihr Verstand musste momentan wirklich reif für die Tonne sein, wenn sie nicht einmal zu so einer simplen, logischen Lösung ihres Problems in der Lage gewesen war. Abermals vernahm sie Tamakis Stimme und diesmal lag eine solche Einfühlsamkeit in ihr, die Isa ihm niemals zugetraut hätte. Doch das alles bekam sie nur noch am Rande ihres Bewusstseins mit. „Trotz alle dem…. Du bist wirklich unverbesserlich. Du bist dumm. Und ich rede hier nicht von der Dummheit, die im Gegensatz zur Klugheit steht. Ich meine eine andere Dummheit, mit der du außergewöhnlich reich gesegnet bist. Du bist sogar so dumm, dass es schon niedlich ist. Und nicht einmal die Tatsache, dass du dies von Tag zu Tag vor aller Welt zu verstecken versuchst, ändert etwas daran. Vielmehr lässt es deine Farce wie ein einziges Trauerspiel erscheinen. Keiner kann ständig mit Stärke aufbieten. Manchmal liegt die Stärke darin, sich die Schwäche einzugestehen.“ Die Hand, welche ihr sanft das leicht verschwitzte Haar aus dem Gesicht strich und hauchzart über ihre Wange fuhr, drang kaum noch zu ihr durch. „Aber nun gut. Ich werde die Schuhe selbstverständlich mitnehmen“ „Tamaki…“ nuschelte sie schwach „Du beeilst dich aber mit den Schuhen… Lena ist sicher schon in einen Sumpf… oder so etwas ertrunken oder hat sich… ein Bein gebrochen“ Man merkte schon, dass sie weit abgetrieben war. Dennoch entlockte Tamaki dies ein kleines Lächeln. „Natürlich. Aber am liebsten würde ich dich jetzt nicht alleine lassen. Ich tue das höchst ungern, dich in solch einen instabilen Zustand zurückzulassen.“ Federleicht berührte etwas samtigweiches ihre Stirn. Dies war das Letzte was Isa spürte, bevor die Dunkelheit gänzlich nach ihr griff, ehe sie der Schatten - bedrohlich und zugleich friedvoll - mit seiner Schwärze unter sich begrub und sie in die beschützenden Arme eines tiefen Fieberschlaff glitt. Sie schwankte im Nichts empfand bleierne Kraftlosigkeit, sie in einer Starre gefangen nehmend. Und jedoch war da noch etwas anderes als das Entgleiten in eine gänzlich fremde Welt, fernab jeglichen Zeitgefühls. Es war die Gewissheit. Die beruhigende Gewissheit, dass jetzt eben in diesem Moment jemand bei ihr war - jemand für sie da war. Sanft setzten sie seine Hände auf einen Stuhl ab, ungeachtet der unverholenden Gaffer unter seinen Kundinnen. Krampfhaft hielt Lena den Fuß angewinkelt, um ihn nicht unnötig zu belasten und somit den stechenden Scherz zu entgehen, der weiterhin von den Fußspitzen bis zu den Hacken pochte. Sie brachte nur ein gestammeltes „Danke“ zu Stande, woraufhin sie Mori kurz durchdringend ansah. Einen Herzschlag lang fürchtete Lena der Ärger in seinen Augen gelte ihr, doch als ihre Blicke sich begegneten, verrauchte das zornige Glimmen, zog vorüber wie graue Wolken an einen Frühlingshimmel und hinterließ nur einen kaum wahrnehmbaren Schatten. „Warum hast du die Schuhe wieder angezogen?“ kam es dunkel von ihm. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. „Ich weiß nicht... weil ich keine anderen hatte“ Und weil ich die Neuen vergessen habe, fügte sie in Gedanken hinzu. Einen Moment später kniete Mori auf den Boden, um ihr behutsam die Schuhe auszuziehen. Dabei gingen seine Hände ausgesprochen vorsichtig vor, trotzdem schoss ein Brennen durch Lenas Nerven, als das Material über ihre geschundenen Füße schabte. Zischend stieß sie die angehaltene Luft aus. Zum Vorschein kamen hochrot angelaufene Zehen und drei unansehnliche Blasen an den Hacken. „Warum hast du nichts gesagt?“ Die Spur eines Vorwurfes lag in der gewohnt ruhigen Stimme des Dunkelhaarigen. Hilflos zuckte die Brünette mit den Schultern, die Augen verlegen auf ihre Füße gerichtet. In Wahrheit wusste sie auf diese Frage selbst keine Antwort. Eilige Schritte auf dem Kiesweg, die auf die Wiese zuhielten, bewegten Lena den Kopf zu heben und den antrabenden Tamaki entgegenzustarren. Gerade kam dieser keuchend neben Mori zum Stehen. Sich die Seite haltend, streckte er etwas von sich. Seine Worte waren ein einziges nach Atemringen „Hier – die Schuhe – und die - Salbe“ Schweigend nahm Mori das Paar sowie das Tübchen entgegen. Lena beobachtete, wie seine schlanken Finger den Verschluss der Tube aufdrehten und etwas von dem cremigen Innhalt auf seine Handfläche gaben. Danach widmete er sich ihren Füßen. Sanft verteilten seine Hände die kühle Masse auf der geröteten Haut und gingen besonders sorgsam an den geschundenen Stellen vor. Dann massierte er die Salbe ein. Die angenehme Behandlung, welche er ihren Füßen schenkte, ließ ihr das Blut in die Wangen schießen und unter seinen Berührungen leicht erröten. Gleichzeitig rief sie in Lena die Erinnerung an Halloween wach. War es damals nicht ähnlich mit Honeys Fuß gewesen? Scheinbar ließ sich Mori alle Zeit der Welt, denn die Zwillinge, beide ein breites Dauergrinsen auf den Gesichtern, so auch deren tuschelnden Kundinnen verfolgten die Szene gespannt. Ganz zu schweigen von den Stielaugen machenden Morifans, wie Lena mit leichten Unbehagen auffiel. Und auf einmal überkam die Brünette ein höchst unwohles Gefühl. In den Augen einiger Mädchen konnte sie den Neid gleich eines Gewehrs, das sich zielsicher auf sie richtete, förmlich spüren. Als Mori sprach, bemerkte sie erst jetzt, dass er von ihrem Füßen abgelassen hatte. „Ich möchte, dass du diese Schuhe nie wieder trägst“ er sagte dies mit einer solchen Bestimmtheit, die jeglichen Widerspruch noch im Keim ersticken würde. Derweilen brannte sich der Blick des Dunkelhaarigen in ihre Augen. Ein Zeichen seine Worte ernst zu nehmen. Wie betäubt nickte Lena. Umgehend griff Mori nach den flachen Schuhen und schon spürte sie, wie der weiche Innenstoff sich an ihre geschundene Haut schmiegte. Erleichtert atmete das Mädchen aus. Für einen Wimpernschlag dachte sie er wolle noch etwas sagen, doch dann schüttelte er bloß leicht den Kopf. Tamaki klatschte in die Hände als Aufforderung dazu die allgemeine Aufmerksamkeit zu erlangen und somit von der Situation à la Cinderella abzulenken. Doch dies änderte nichts an Haruhis Blick und obendrein der Tatsache, dass die emporgezogenen Augenbrauen der Zwillinge eine gewisse Zeit benötigen würden, um ihren Weg abwärts an ihren abgestammten Platz zu finden. Aber den seltsamsten Anblick bot Honey. Seine Augen, leuchtend wie die hellsten Sterne des Polarlichts, erstrahlten, obgleich er nur kurz von seinem Teller aufblickte, und seine Kundinnen diese Auswirkung auf ihn wohl der Kokos-Ananastorte zuschrieben. Unbeachtet dieser Ausgangslage, schritt Tamaki elegant in die Mitte der Wiese und kam direkt neben der steinernen Elfe zum Halten. „So da wir nun alle hier sind, möchte ich euch die Bedeutung dieses prächtigen Meisterwerks erläutern“ Der King deutet auf die Statur neben sich. Dann begann er zu erzählen und wahrhaftig gelang es ihm den größten Teil der Kundinnen in seinen Bann zu ziehen. „Diese Schönheit hat ihren Weg aus dem fernen Irland zu uns gefunden, per Einflug versteht sich. Ursprünglich befand sich ihr Platz im Schlosspark von Hayfield Falcon Manor. Sie wurde vor über einen halben Jahrhundert von einem gewissen irischen Künstler, namens Charles Jervas, geschaffen. Inspiriert durch eine gewisse dort weit verbreitete Sage, hat er sie angefertigt. Die bekannte irische Sage handelte von der Natur und von der Aufgaben der Elfen, die sich ihrer verschieben haben. Demnach sollen diese wunderbaren Wesen zu jeder Jahreszeit beschäftigt sein, indem sie für die Erhaltung, die Vollkommenheit, den Wechsel der Jahreszeiten und den damit einhergehenden Wandel der Natur verantwortlich sind. Im Frühling säen Elfen Pflanzen auf den fruchtbaren Boden und flechten die ersten Sonnenstrahlen aus Morgentau. Wenn der Sommer anbricht, nutzen sie ihren belebend wirkenden Flügelstaub für die sprießenden, der Wärme standhaltenden Pflanzen. Mit dem Einzug des Herbstes sorgen sie für die Verfärbung der Blätter und glaubt man der Geschichte, so soll bereits ein einziger Atemhauch von ihnen ausreichen, um einen ganzen Windstoß herbeizurufen. Sogar im Winter sind diese zauberhaften Geschöpfe tätig und modellieren mit ihren zarten Fingern, hoch oben in den Wolken, Schneekristalle, welche als weiße Flocke gen Erde fallen und alles Leben unter einer dicken Decke verbergen, um es zu einen Schlaf zu verurteilen. Nun diese Statur hier“, er machte eine gewichtige Pause, gewiss in der Absicht einen Spannungsanstieg zu erzielen. „Soll niemanden anderen darstellen als die Elfenprinzessin Dailia. Von unsagbarer Schönheit und mit einen herzensgütigen Wesen gesegnet, wurde sie von ihren Untertanen Tag ein Tag aus angehimmelt. Eines schönen Tages begegnete sie dann ihren Traumprinzen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie heirateten und gründeten eine Elfenfamilie. Der Elfenpapa und die Elfenmama kümmerten sich hingabevoll um ihre Elfenkinder sowie den Elfenhund. An stürmischen Winterabenden saßen sie immer zusammen an einen Kotatsu und haben sich die Flügel unter den Tisch gegenseitig gewärmt“ Zum Abschluss wandte Tamaki sein charmantestes Lächeln an. „Und wenn sie nicht gestorben sind dann leben sie noch heute.“ Augenblicklich seufzten die Kundinnen hingerissen auf, während eine, das Taschentuch gegen die Augen tupfend meinte „Tamaki, unglaublich du schaffst es immer wieder mich emotional zu berührten.“ „Genau“ seufzte eine zweite „Ich glaube ich habe noch nie etwas Ergreifenderes gehört“ „Besonders das Ende hatte etwas Intellektuelles an sich“ bemerkte eine andere. „Ja, nicht wahr“ schwärmte die nächste. Lena konnte nicht anders als loszugackern. Zwar versuchte sie sich mit aller Kraft am Riemen zu reißen, aber der Monolog hielt eine solche Banalität inne, dass sie nicht anders konnte. Himmel. Woher hatte er das bloß diese Stuss? Was da seiner Fantasie entsprungen war, passte aber irgendwie zu ihm, wenngleich ihr die letzte Passage aus einem dieser zuckersüßen rosaroten Barbiefilmen geklaut erschien. Vor lauter unterdrückten Lachen, traten ihr die Tränen in die Augen, was Tamaki mal wieder grundlegend falsch interpretierte. Er beugte sich zu ihr herunter und tätschelte aufmunternd ihre Schulter „Nicht weinen. Nicht weinen. Ich gebe zu, der Geschichte wohnt etwas äußerst Dramatisches inne, aber das ich selbst dich gleich dermaßen berühre, hätte ich nicht gedacht“ Schlagartig war der mühsam aufrechterhaltene Damm gebrochen. Mit dieser Aussage hatte Tamaki Lena schlussendlich den Rest gegeben. Lautstark lachte sie los, und kriegte sich gar nicht mehr ein. „Ja, du hast mich wirklich stark berührt“ prustete sie. „Na, seht wie genial ich bin!“ wandte Tamaki sich freudestrahlend an den Rest des Host Clubs. „Ja, sehr genial“ gab ihn ein Zwilling Recht „Und so gebildet, King“ fügte der andere hinzu. Vor Stolz schwoll Tamakis Brust an, da er den mitklingenden Spott nicht bemerkte und den Umstand, dass sich die zwei Rotschöpfe mehr oder weniger unauffällig eins ins Fäustchen lachten. Lena wusste, welche Botschaft die letzte Äußerung enthielt. Denn bekanntlich ist Einbildung schließlich auch eine Bildung. Und mit dieser überragenden Bildung konnte Tamaki wirklich im Übermaß aufbieten. „Aber hast du nicht den eigentlichen Grund vergessen, weshalb du die Geschichte zum Beste gegeben hast“, meinte Kyoya plötzlich tadelnd aus dem Hintergrund. Tamaki macht ein erstauntes Gesicht, dann glätteten sich seine Züge infolge der raschen Erkenntnis. Dann vollführte er die Geste eines Leidenden „Oh, ja. Natürlich. Ach, meine erzählerische Begabung setzt sogar mir Grenzen. Manchmal übertrifft meine Genialität sogar mich selbst“ Ein genervtes Augenrollen zeigte was Haruhi davon hielt. „Also“ begann der blonde Host wieder an die Kundinnen gewandt „Der Sage nach soll Dailia magische Ketten besessen haben. Mit ihnen konnte sie den einzelnen Pflanzen eine besonders liebevolle Pflege geben. Nun habe ich für euch, hübsche Kundinnen, ein Geschenk“ Er hielt eine Holzschachtel in die Höhe und Lena erkannte, dass es sich um das Kästchen handelte, mit dem er vorhin zu Mori gekommen war. Neugierig musterte nicht nur sie den hölzernen Gegenstand, die Kundinnen schienen ebenfalls begierig darauf zu sein, zu erfahren, was sich in dessen Inneren befand. „Ist dies das, was du noch aus dem Clubzimmer holen musstet“, fragte Haruhi stirnrunzelnd. Ein gewichtiges Lächeln stellte die Antwort dar. „Haruhi, werde bloß niemals so vergesslich wie der King“ warfen die Zwillinge grinsend ein. „Wer ist hier vergesslich?! Wer hat denn den ganzen Müll im Clubraum liegen lassen?!“ kam die Beschwerde postwendend. „Na, du!“ posaunten die Zwillinge gleichzeitig. „Gar nicht!“ „Siehst du. Ein eindeutiges Kurzzeitgedächtnis! Würde mich nicht wundern, wenn er mit zunehmenden Alter Alzheimer bekommt“ stellten sie über Tamakis Kopf hinweg fest, der daraufhin entrüstet argumentierte „Ich habe genau gesehen, dass eure Videospielen da lagen“ „Ja, verstreut unter deinen Bergen von Instandnudelpackungen“ mischte sich Haruhi bereits wieder gelangweilt ein. „NEIN! Jetzt fällt mir auch noch meine geliebte Tochter in den Rücken! Was habe ich bei ihrer Erziehung nur falsch gemacht?“ warf sich Tamaki, die Hände über den Kopf geschlagen, verzweifelt vor. „Es wird dich schon nicht umbringen“ zogen ihn die Zwillinge weiter auf. Anmaßend verzog Haruhi das Gesicht als hätte ihr soeben jemand verkündet, sie müsse einen Club mit den Namen „Überlebenstraining unter Idioten - für Anfänger“ besuchen. Denn zweifellos spielte sie in dieser Kategorie schon in der Profiliga. Erstaunlicherweise erholte sich der bedenklich angeschlagene King sehr schnell, obwohl für ihn als Vater augenscheinlich eine Welt zusammengebrochen war. (Durchschnittlich kam es fünf Mal am Tag zum Zusammenbruch seiner selbst errichteten Vaterwelt. In andren Worten: Haruhi war ein definitiver Problemkinderfall). Anscheinend hatte der blonde Host diesmal etwas, woran er sich festklammern und aus seinen sprichwörtlichen Sumpf der Verzweiflung rausziehen konnte. Denn wenig später stellte Tamaki bedächtig die Schatulle auf eine Tischplatte ab, öffnete sie und brachte mehrere Silberketten zu Tage. Als der Blonde sprach lag pure Begeisterung in seiner Stimme. „Für jede von euch ist eine von Dailias Ketten da.“ „Jede ist eine Einzelanfertigung, somit völlig einzigartig und unterscheidet sich in ihrer Individualität von den anderen“ fügte Kyoya hinzu, während Tamaki bewundernd vor sich hin philosophierte „Mit diesen hier werdet ihr die Eleganz und Anmut einer Elfe versprühen!“ Echt, er würde einen tollen Barbieverkäufer abgeben, kam es Lena bei diesen Worten in den Sinn, indessen verteilte Tamaki ununterbrochen seine vor Komplimenten triefenden Versprechungen „ Ach, ich sehe es schon vor mir“ seufzte der Blonde „Ihr werdet dahinschweben auf den grazilen Beinen einer Elfe!“ „Oder wie heißt noch mal das große graue Tier mit dem Rüssel“ warf Renge gehässig dazwischen, was umgehend mit einem strafenden Blick von Seiten Kyoyas belohnt wurde. „Genau“ wollte ihr Tamaki schon zustimmen, weil er nicht recht mitbekommen hatte, was Renge da Spektakuläres von sich gegeben hatte. Zweifellos war er im Gedanken bei etwas anderem gewesen, denn als er einen Moment später erschrocken die Augen aufriss und etwas durch den Wind, Hände fuchtelnd zu einer Entschuldigung in Richtung der Kundinnen ansetzte, nahmen die Zwillinge - die an diesen Tag ziemlich von der Rolle wirkende - Renge in ihre Mitte. „Renge, wie kannst du es wagen, die reine unschuldige Poesie des Kings mit einem solch unterschwelligen Kommentar zu verunstalten!?“ sagte ein Rotschopf mit einen übertrieben anschuldigenden Blick, hinter dem man jedoch den Schalk deutlich hervorblitzen sah. „Echt, was fällt dir ein. So etwas solltest du nicht in Kyoyas Abwesenheit machen, wenn du nicht Gefahr gehen willst, geköpft zu werden“ setzte er zweite hinzu und schielte lauernd zu den Brillenträger hinüber, der dem ganze Auflauf aber nichts mehr sonderlich Interessantes abgewinnen konnte. Trotzdem kassierten die Zwillinge einen erbosten Anraunzer „Selber Schuld, wenn mir keiner sagt, dass das Treffen heute im Tropenhaus stattfindet!“ Beleidigt verschränkte das Mädchen die Arme vor der Brust. Kaoru warf seinen Bruder einen besorgten Blick zu, doch dieser meinte nur knapp „Mit der Organisation haben wir nichts zu tun…“ Mittlerweile hatte Tamaki mehreren Mädchen mit einem Handkuss eine der Ketten überreicht. Lena hörte ihn gerade eine Kundin voll sülzen. Nachdem er ihr mehrere Male versichert hatte, dass sie sogar hundertmal schöner wäre als die Statur von der angeblichen Elfenprinzessin, schien sie beinahe vor Freude zu hyperventiliern. Unfassbar, jetzt stellt er sogar Vergleiche mit einem Steinblock auf, dachte Lena. Zu einer anderen sagte der blonde Host, die Kette mit dem silbernen Gänseblümchenanhänger würde ihre Sensibilität und Verletzlichkeit widerspiegeln, woraufhin sie geschmeichelt aufquietschte. Kurz wagte es Lena ihren Blick in Moris Richtung schweifen zu lassen. Der große dunkelhaarige Host saß inmitten einer Traube von Kundinnen. Ein wehmütiges Seufzen entrann sich ihrer Kehle. Deutlich konnte sie seine Hände noch auf ihrer Haut spüren. Wie sorgsam er mit ihren Füßen umgegangen war, ganz so als wären sie etwas Zerbrechliches, dass man um jeden Preis beschützen müsste. Vorhin war ihr Mori so nah gewesen wie noch nie zuvor. Für einen vagen Augenblick hatte sie auch gedacht, dass er gar nicht so unerreichbar für sie wäre. Doch nun, da Lena ihn umschwärmt von einer Schar Mädchen sah, wurde ihr auf einmal schmerzlich bewusst, wie weit er doch von ihr weg war – wie viel Distanz zwischen ihnen lag - und wie wenig sie dahingegen verband. Selbst die Kundinnen waren ihm näher als sie. Was wusste sie denn schon über ihn? Wenn Lena ehrlich war, kannte sie ihn auch kaum. Trotzdem, warum tat diese Gewissheit dann so unglaublich weh? Mori kam ihr in diesen Moment wie ein für sie unerreichbarer Stern vor. Etwas was tiefer Melancholie glich befiel sie, denn vermutlich würde er weiterhin für sie ein unerreichbarer Stern bleiben. Sie schwankte in der Dunkelheit, kannte keine Zeit und empfand bleierne Schwere, sie gefangen nehmend - und doch langsam Stück für Stück, als würde eine große Pranke von ihr ablassen, wich sie zurück. Fiebrig klammerte Isa sich an ihr Bewusstsein. Stöhnend öffnete sie die Augen und als das Flimmern endlich verebbte, sah sie sich um. Sie lag auf dem Bett in ihrem Zimmer. Der erste Gedanke kam nur langsam, so als müsse er durch eine dichte Nebelbank zu ihr durchdringen, die ihren Kopf das Denken erschwerte. Dann war er da und lautete: Wie komme ich hier her? Sie hatte nicht den blassesten Schimmer… Ihre Hand tastete nach irgendetwas auf dem sie sich abstützen konnte. Isa bekam einzig das Bettgestell zu Fassen und richtete sich an ihm auf. Etwas Kühles viel von ihrer Stirn – ein nasser Waschlappen. Bilder durchzuckten sie - jedes merkwürdig verschwommen - und doch befiel sie eine unangenehme Ahnung. Was war geschehen? Mit Mühe versuchte sie sich an etwas zu erinnern und auf einmal stürzte das vergangene Geschehen auf sie herab. Wie ein Spielfilm lief das Passierte vor ihrem inneren Auge ab - ohne, dass Isa auch nur den leisesten Hauch einer Chance hatte, sich dessen zu verwehren. Lenas vergessener Schuhkarton, das leere Host Club Zimmer, Tamaki, der Zusammenbruch… Ein Fluch entwich der Schwarzhaarigen, bei dem Gedanken, dass sie bewusstlos geworden war - und das ausgerechnet vor ihm. Hilflos zusammengeklappt vor seinen Augen. Schach, erbärmlich und auf Hilfe angewiesen…ganz wie… wie… wie was? So wollte sie nicht sein! Sie war nicht schwach und hilfsbedürftig! Das war sie einfach nicht! Und würde sie auch nie sein! Sie hatte stark und unerschütterlich zu sein. Keinesfalls durfte sie, wegen so etwas Nebensächlichen, Schwäche zeigen, sonst würde man sie für jemanden halten, der sie einfach nicht war und auch niemals sein wollte. Und dann schlug die Erkenntnis wie ein Blitzt bei ihr ein. Tamaki hatte sie auf ihr Zimmer gebracht. Wessen Armen sollten es sonst gewesen sein, die sie getragen hatten? Sein Duft hing noch leicht in der Luft und als sie an ihren Kleidern roch, verhärtete sich dieser entsetzliche Versacht. Oh, man ich glaube, jetzt wird mir echt schlecht, dachte Isa in der verzweifelten Hoffung noch ihr eigentliches Selbst aufrecht zu erhalten. Ein starkes Zittern erfasste ihren Körper. Tamaki hatte sie gesehen. Wehrlos und schutzbedürftig. Aber so durfte sie niemand sehen. Trotz dessen hatte gerade er einen Blick auf diese verletzliche Seite erhalten. Sie kam sich seltsam entblößt vor. Etwas brannte in ihren Inneren, versenkte etwas in ihr und ließ Isas Augen feucht werden. Dann viel die Mauer. Sie sackte im Bett zusammen, das Gesicht zur Seite abgewandt. Die Arme umklammerten den bebenden Oberkörper. Leises Schluchzen erfüllte den Raum. Tief in ihren Herzen hasste Isa jeden dieser verzweifelten Laute. In der Stille erschien ihr das Geräusch sogar bei weitem lauter. In ihre Verzweiflung mischte sich Wut. Wut auf sich selbst. Dafür das sie Schwäche gezeigt hatte und dies nun auch in diesen Augenblick tat. Doch das Schlimmste war, dass sie nichts gegen die ihr über die Wangen rinnenden Tränen machen konnte. Der Fluss würde noch lange nicht versiegen, unbedingt davon, wie sehr sie auch gegen ihn aufzubegehren vermochte. So bemerkte Isa erst nachdem sie sich auf die andere Seite ihres Kissens gedreht hatte, einen Gegenstand, hart gegen ihren Wagenknochen drückend. Verwirrt öffnete sie die Augen. Verschwommen durch einen Tränenschleier blickte sie auf ein Ding auf ihren Kissenbezug. Zunächst konnte Isa nicht erkennen, was es war. Doch dann sah sie, dass es sich anscheinend um eine Kette handelte. Verwirrt griff sie danach, um sie sich vor das Gesicht zu halten. Ein glattes Metallband aus Silber schmiegte sich in ihre Hand. An ihm baumelte ein kleiner Anhänger einer zarten in sich verschlungenen Rose. Zuerst war Isa dazu geneigt den Klunker auf direkten Weg in den Mülleimer zu pfeffern. Doch dann registrierte sie etwas, dass sie gebannt die noch tränennassen Augen aufreißen ließ. Auf einmal begann ihr Herz wie wild zu klopfen. Im Licht der langsam untergehenden Sonne, welches durch die deckenhohen Fenster in den Raum fiel, funkelte die Oberfläche des Anhängers verheißend. Ein wunderschöner Anblick, so fand Isa. Als wolle ihr dieser Glanz ein Zeichen geben, eine Botschaft übermitteln, der sie sich nicht bewusst war. Die Erwiegung die Kette in die Tonne zu kloppen, war mit einem Mal verworfen, und machte etwas anderen Platz. Einen seltsamern Trost, gleich einem warmen, ja schon beinahe aufheiternden Gefühl vor dem Isa sich nicht so recht zu verschließen wusste. ____________________________________________________________________________ So, Kapi fertig. Das nächste wird wohl noch etwas auf sich warten müssen. Allerdings kann ich schon mal versichern, dass ich wie immer den gewohnten Zeitraum (einen Monat) einhalte. Bis dann :D Euer honig_bienchen Kapitel 22: Ab in den Süden, der Sonne hinterher! ------------------------------------------------- Kapitel 22 Ab in den Süden, der Sonne hinterher! Gegen Abend kehrte Lena zurück, im Schlepptau den hochachtungswürdigen Schulleiter, der ihnen beiden einen Besuch abstatten wollte. Der Rektor erlaubte sich eine Frage hinsichtlich Isas Befindens, die sie ganz nach ihrer Art mit ausgesprochener Abgebrühtheit beantwortete. Ohnehin schien es als hätte sie sich vorgenommen alle Fragen des guten Herrn mit einem viel sagenden bloßen „Ja“ oder „Nein“ zu erwidern. Allerdings funktionierte diese Masche nicht mehr, als der Rektor dazu überging, für seinen Vorschlag, dass sie eine spezielle „Ouranunterwäschekollektion“ entwerfen solle, die dann zur Uniform dazugehören würde, Erkundungen einzuholen. Dennoch wechselte der Schulleiter schnell das Thema, indem er ihr offen seine Besorgtheit, welche sicher auch niemand wagte, anzuzweifeln, sowie seinen eigentlichen Beweggrund des Besuches kundtat. Demnach sei Isas derzeitige körperliche Lage nicht akzeptabel für die Teilnahme an der Schulfahrt in die Karibik. Zweifellos steckte hinter dieser Aussage, wie sich Lena schon denken könnte, die übertriebene Vorsichtsmaßnahme, Isa vor anderen zu isolieren und somit eine Massenepidemie zu vermeiden. Dem folgte eine ellenlange Ausführung an Gründen, weshalb Isa zurück zur Gesundheit finden sollte, wobei gekonnt Lenas Vermutung ungeachtet einer gezollten Erwähnung ausgelassen wurde. Nachdem sich der Rektor die folgenden 20 Minuten den Mund sprichwörtlich fusselig geredet hatte, sich mit seinen Worten immer wieder im Kreis drehend, (wobei man die Annahme nicht recht ausschalten konnte, dass eh ausschließlich nur Dünnes gelabert worden war), Isa und Lena ihre gesamte Aufmerksamkeit der Fliege gewidmet und darauf gewartet hatten, dass sie mit einen Lauten „Brumm“ an der Schreibe andätschte und einen taumelnden Sturzflug auf die Fensterbank hinlegte, war er schließlich zu dem Resultat gelangt, dass Isa all ihre Anstrengung an den Tag legen müsste, um wieder ordentlich auf Trab zu kommen, sonst wurde der Schullausflug in die wärmeren Gefilde mit all den schönen Palmen und original aus dieser Region stammenden Cocktails für sie unwiderruflich gestrichen werden. Um seinen Rachenraum wieder zu befeuchten, griff er ungefragt sowie wohl aus reiner Gewohnheit hinaus nach der Tasse auf Isas Nachttisch und nahm einen Schluck. Eine Sekunde später erstreckte sich an diesem Tag die zweite lang gezogene Pfütze auf dem schönen Teppichboden, über der sich ein, die Lunge aus dem Leib hustender, Schulleiter beugte. Das Gesicht vor unverholenden Ekel zu einem fratzenhaften Ausdruck verzerrt. Ungeniert wischte er sich mit der Hand über den Mund - für einen kurzen Moment seine Manieren und jeglichen Gebrauch eines Taschentuches vergessen. Seine gekräuselte Stirn und der bittere Zug um seinen Mundwinkel, zeugten von seinen Missfallen. „Welcher Trottel ist dafür verantwortlich! Nicht mal anständig Tee kochen können die jungen Leute!“ verließ seine Lippen die aufgebrachte Beschwerde. So als wolle er nach dem Übeltäter suchen, dem er die Schuld in die Schuhe schieben konnte, flogen seine Augen wachsam durch den Raum, während Isa dachte, man sollte nicht mit Steinen werfen, wenn man selber im Glashaus sitzt. Anscheinend hatte sich Isas Körper bereits nach einen Tag das Prinzip des Abwehrmanövers des vermeidlichen Notstandes angeeignet. So kam es, dass sie am Dienstag wieder den regionalen Unterricht mit ihrer Anwesenheit beehren konnte – ungewöhnlicherweise sehr zu ihrer Zufriedenstellung, da an diesem Tag eine Doppelstunde Chemie auf dem Plan stand und sehr zum Missfallen aller anderen, einschließlich dem Lehrpersonal sowie den Putzkräften. Denn wohlgemerkt, brachte Isa etwas fertig, das bestimmt nicht jeder Schüler in seiner Laufbahn schaffte. Nämlich binnen 5 Minuten den Chemiesaal wie leergefegt erscheinen zu lassen. Hinterher beteuerte Isa mit einer naiven Mine, sie wollte doch nur einmal testen, was passierten würde, wenn sie Stickstoff mit der unbekannten Substanz mische. Doch Lena vermutete, dass bei Isas Vorhaben das Buch „Chemisches Bombenbauen für Fortgeschrittene“ nicht ganz unschuldig gewesen war. Bei dem Versuch war auch nichts weiter geschehen – sah man einmal von den anfänglichen ohrenbetäubenden Knall und den darauf folgenden aus dem Reagenzglas wabernden schwarzen Dampfwolken ab. In Windeseile war eine allgemeine Panik ausgebrochen. Schüler waren über Tische gesprungen, teilweise sogar aus dem Fenster gefallen - allen voran der Chemielehrer - und hatten sich durch die Eingangstür gedrängt, die für den Ansturm einer flüchtenden Schülermeute schlicht und ergreifend einfach nicht die richtigen Maße besaß. Inmitten dieses ganzen Infernos aus Chaos hatte Isa gestanden, das Reagenzglas mit der Zange vor sich haltend, aus dem stets neuer Rauch den Raum eroberte. Erst als Entwarnung gegeben worden war, dass es sich bei den schwarzen Wolken um keine gesundheitsschädlichen oder jegliches radioaktive Gas gehandelt hatte, herrschte grünes Licht. Aber bis zu diesen Zeitpunkt hatte die Schwarzhaarige eine Tortour, umgeben von ausgebeulten Schutzanzug tragenden Spezialrettungskräften, über sich ergehen lassen müssen. Diese ganze aufwändige Lappalie nur wegen ein wenig als Russschwaden identifizierten Rauchs. Und der ganze Trubel ausgerechnet einen Tag vor der lang ersehnten Schulfahrt. Am Abend war Lena mit den Nerven am Ende und hätte Isa, wenn sie nicht schon längst in ihrem Bett friedlich vor sich hin geschlummert hatte, ihr Mathebuch gegen den Latz gedonnert. Möglicherweise kam sie ja dadurch wieder halbwegs zu klaren Verstands. Doch so war es nun Isa, die kurz vorm Schlafengehen in Lenas Zimmer huschte, um eine pennende Brünette vorzufinden, leicht sabbernd und hin und wieder ein Brummeln von sich gebend. Isa beugte sich ein kleines Stück zu ihrer Freundin hinab, um zu verstehen, was sie da im Schlaf vor sich hin brabbelte. „Kuchen - will Kuchen…. lecker Kuchen…… Kuchen…. KUCHEN FRISST MICH!!!“ Vor Schreck stolperte Isa zurück und fiel prompt über die am Boden liegenden Pantoffeln. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sich die Schwarzhaarige ihr Knie. Oh, jaaaa. Ein neues blaues Souvenir, wundervoll, dachte sie. Doch sogleich richtete Isa ihr Augenmerk abermals auf Lena. Die jedoch rollte sich nur weiter sabbernd, leise murmelnd, auf die andere Seite. Isa verdrehte die Augen und verließ das Zimmer kopfschüttelnd. Wäre sie ein paar Sekunden länger geblieben, hätte sie zweifellos das amüsierte Prusten ihrer Freundin vernommen. Unruhig rutschte Lena auf ihren Sitzplatz hin und her. Lautes angeregtes Geschwätz der Schüler erfüllte die Luft, in der man die Aufregung und Vorfreude einiger förmlich knistern fühlen konnte. Unwillkürlich drehte die Brünette den Kopf zur Seite, um aus den Fenstern zu schauen. Hinter der Scheibe zogen weiße Wolkenschwaden dahin und verdeckten mit ihrer Dichte jegliche Sicht. Neben ihr hatte sich Isa zurückgelehnt, die Augen geschlossen. Lena betrachtete sie genauer. Dunkle Schatten zeichneten sich unter ihren Augen ab. Zwar war es ihr teilweise gelungen sie mit Make-up abzudecken, dennoch erkannte man bei genauem Hinsehen, dass sie in der vergangenen Nacht unter einem Schlafdefizit gelitten hatte. In der Tat fühlte Isa sich auch nicht gerade energiegeladen, sondern eher wie ein nasser Sack, frisch aus der Wäsche. Die Schwarzhaarige öffnete ihre Lider einen winzigen Spalt breit, um durch sie in den Innenraum des Flugzeugs zu spähen. Die halbe Schule hatte sich eingefunden. Schüler saßen miteinander schwatzend und lachend auf den Sitzen, hörten Musik, lasen, vertrieben sich mit Kartenspielen die Zeit, blätterten interessiert in Zeitschriften, ließen ihren Blick gedankenverloren durch die Gegend schweifen... oder in einigen geringen Fällen (gemeint sind Yvette und Fiona) hatten sie nichts Besseres zu tun, als eine untersetzte Steward mit rein sinnlosen unerfüllbaren Auftragen hin und her zu hetzen. Bei einigen der Passagiere machte sich allerdings schon der Jetlag bemerkbar. So lagen einige Schüler zur Hälfte von den Sitzen gerutscht auf den Boden, und hier und da stimmte so mancher, aus dem Mund Sturzbäche sabbernd, in das unterschwellige Schnarchkonzert ein. Nicht alle Schüler der „Ouran“ hatten sich dazu entschlossen mit dem Gemeinschaftsflug in die Karibik zu starten. Ein paar von ihnen hatten es bevorzugt, mit den Privatmaschinen ihrer Familie zu reisen. Geschäftig wackelte eine anderer Stewards mit ihrem imposanten Hinterteil durch die Sitzreihen und führte dabei einen beachtlichen Hüftschwung zu Tage. Aus halb geöffneten Augenschlitzen beobachtete Isa die blonde Frau weiterhin. Sie bewegte sich zwar auf den Stöckelschuhen ein wenig ungelenk, wusste ihren Elefantenhintern aber bestens in Pose zu setzten. Nicht wenige Mädchen hätten ihr das anzügliche Lächeln mit dem sie Tamaki takzierte liebend gern aus dem Gesicht gekratzt. Doch schmolz die Stewards im wahrsten Sinne des Wortes vor Entzücken dahin, als Tamaki ihr gentleman-like das Angebot unterbreitete, ihr mit den vielen bereitstehenden Tabletten zu helfen. Als ihre begierigen Adleraugen jedoch nach einen weiteren Objekt ihrer Vorliebe Ausschau hielten und sie Kyoya als eben diesen begehrenswerten Fang entdeckte, hatte dieser als Erwiderung ihres aufreizenden Verhaltens lediglich einen kühlen Blick übrig. Ein wenig beleidigt schmollend zog sie sich ins Cockpit zurück, während ihr Isa sichtlich missgelaunt hinterher funkelte, sich danach jedoch damit begnügte, verärgert die Wolken durch das Flugzeugfenster tot zustarren. Dabei kam ihr komischerweise der Gedanke in den Sinn, dass heute ja der erste Dezember war. Die Weihnachtszeit hatte begonnen. Vielleicht schneite es ja jetzt in diesen Moment in Deutschland. Unglaublich wie schnell die Zeit verflogen war… Toll jetzt stand mal wieder eine der schwierigsten Eppochen des Jahres vor der Tür, und seltsamerweise fühlte sich Isa trotz ihrer nicht vorhandenen Weihnachtsstimmung dazu genötigt, ihr mit einem strahlenden Lächeln die Tür zu öffnen. Großartig. Dann heißen wir nun die Zeit willkommen, in der sich alles verändert und eine 360 Grad Wendung bestreitet, dachte sie trocken, die Zeit in der alle vorgeben die frommsten, heiligsten Christen zu sein, es Essen im Überfluss gab und jede Diät ohne Einschränkungen über den Haufen geworfen wurde, in der „Last Christmas“ auf sämtlichen Radiosendungen rauf und runter gedudelt wurde, bis der Höherer einen Tinnitus erlag, man vor den Großeltern die Rolle des braven Enkelkindes bis ins Detail inzinieren musste, man seiner Familie schutzlos ausgeliefert war, sich jeder ein weißes Weihnachten wünschte, dann aber der große Tag entgegen aller Hoffung nur nassen ekeligen Nieselregen bereithielt, der die Welt ertränkte und in eine widerliche nicht gerade die Weihnachtsatmosphäre hebenden Schlammgrube verwandelte… und dann erst Heiligabend selber! Der Abend an dem „Oh Tannenbaum“, „Oh du fröhliche“ und „Jinglebells“ mehr oder weniger schön erklangen, und dann der gemeinsame einmütige Gesang von Weihnachtsliedern die letzte Hürde zur lang ersehnten Geschenkeschlacht darstellte. Hört sich im Eigentlichen leicht an. Ist es jedoch nicht, denn man muss sich das einmal vorstellen: Erwachsene Männer die gewöhnlicher Weise ausschließlich Fußballhymnen mitgrölen, singen aus vollem Halse „Schöner die Glocken nie klingen“. Und das vor versammelter Mannschaft, ohne Rücksicht auf Verluste. Weiter ginge es im alljährlichen Programm mit den lästigen Verwandtenbesuchen, die man, wenn man noch ganz dicht sein sollte, am besten vermeidet. Erstaunlich wie nett die Cousinen „von ganz weit weg“ doch sein können, obwohl man die anderen 364 Tag die Anordnung hoch gehalten hatte, ihnen bloß nicht über den Weg zu laufen. Jedes Jahr dieselbe aufwendige Leier. Das hatte sie gründlich satt. Möglichweise würde sie dieses Jahr nur zu Weihnachten einen Anruf von ihren Eltern erhalten und nicht gleich per Flugzeug aus dem Land verschleppt werden – nur um in friedlicher Eintracht, mit guter Mine zum bösen Spiel, den riesigen Tannenbaum in der Vorhalle des Hauses zu bewundern sowie Geschenke von Oma auspacken, die keineswegs ihrem Alter entsprachen. Isa konnte sich noch gut an das letzte Jahr erinnern, als sie einen Schrank voller gerüschter rosa und babyblauer Designerkleider mit einen breiten vor Zwang triefenden Lächeln entgegengenommen hatte. Das Schlimmste war dann jedoch die Nötigung ihrer Familie gewesen, die Klamotten doch über die Feiertage hinweg anzuziehen. Aber dieses Mal nicht, beschloss die Schwarzhaarige grimmig, Ohne sie! Eher würde ihresgleichen an Durchfall sterben! Wenn man reich war und eh schon über eine beträchtliche monatliche Summe frei fürs beliebige Ausgeben verfügte, war Weihnachten beinahe so gut wie überflüssig. Die Müdigkeit kam schleichend, legte sich über die Schwarzhaarige wie ein Tuch. Sie wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als ein scheppernder Lärm sie aus ihren Träumen riss. Auf der Stelle war sie hellwach und sah sich einem Spektakel der mittelgroßen Klasse entgegen. Schüler, einige noch ganz verschlafen, andere blickten ein wenig verwundert umher. Der Auslöser alledems stellten die Zwillinge dar. Inmitten der Fluggäste saßen sie auf ihren Sitzen, die Augen zu undimensionaler Größe geweitet, schnell in die über ihren Mündern gespannten Sauerstoffmasken atmend. „Wir stürzen ab!“ Hektisch als ginge es in ihr Leben pumpten sie die Luft in die Masken, welche sich unaufhörlich aufblähten und anschließend einsackten. Der eine Zwilling führte mit einem Griff nach hinten einen Fallschirm zu Tage, den er in aller Eile unter lautem Geraschel entfaltete, dabei gab er das Bild des puren Wahnsinns ab. Die von ihnen unmissverständlich ausgehende Panikwelle verbreitete sich im Innenraum des Flugzeugs wie die Pest. Schüler, die erst jetzt wach wurden, stießen sich beim erschrockenen Hochfahren, die Köpfe an der Gepäckablage, als des Chaos entflammte. Einige plumpsten vollends von ihren Sitzplätzen und knallten mit ihren vier Ecken geradewegs auf den harten Boden. Panische Schreie wurden laut, blanke Hysterie bemächtigte sich der Schüler. Klägliches Wimmern erfüllte die Luft und irgendwo meinte Isa den schrillen Ruf eines Mädchens herauszuhören. Inzwischen hatte Lena ebenfalls zu den Wachen zurückgefunden und erlebte nun, wie die blonde Stewards, Miss Riesenhintern, genervt durch die Sitzreihen rannte, mit den Ziel der sofortigen Ordnungswiderherstellung. „Ein Missverständnis, ein Missverständnis! Wir stürzen nicht ab!“ doch ihre Beschwichtigungsversuche gingen in den ohrenbetäubenden Gebrüll der Zwillinge unter. „WIR STÜRZEN AB! WIR WERDEN ALLE STERBEN! UND DABEI WAREN WIR DOCH NOCH SO JUNG! HIKARU, HABEN WIR ÜBERHAUPT UNSER TESTAMENT AUSGESTELLT?“ „NEIN!“ schrieen sie wie aus einem Munde. Als übertriefe die Dramatik dieser schrecklichen Tatsache im Angesicht des angeblich unvermeidlichen Todes alles andere. „Was ’n’ los?“ fragte Lena und rieb sich gähnend den Schlafsand aus den Augen, anscheinend noch nicht den Grund ihres plötzlichen Aufwachens verstehend. „Hab ich was verpasst?“ „Nein, eigentlich nicht“ gab Isa verhalten zurück. „Die Twins scheinen nur gerade die Maßnahmen zur Vorbereitung eines möglichen, ihrer Meinung nach todsicherem Absturz zu ergreifen.“ „Aha“ kam es viel sagend von Lena. Mittlerweile war die gesamte Besetzung des Flugzeugs auf den Beinen, mit Ausnahme von Kyoya, der sich von dem Aufruhr nicht im Entferntesten stören ließ und gelegentlich im Schlaf ein missgelauntes Brummen von sich gab. Erst als die Lautsprecherdurchsage ertönte, zuckten seine Gesichtsmuskeln und er begann sich murrend zu regen. „An alle Passagiere der Airline 25!“ hallte eine dunkle Stimme im Raum wieder „Sie haben möglicherweise aus unerfindlichen Quellen die Fehlmeldung erhalten, wir würden in kürze einen Absturz erleiden. Lassen sie mich richtig stellen, dass es zu solch einen Umstand an Bord nicht kommen wir. Ich wiederhole: Die Maschine ist intakt! Es besteht nicht der geringste Grund zur Panik! Noch einen angenehmen Aufenthalt! Danke!“ Nachdem sich der größte Teil der Schüler wieder beruhigt sowie die Zwillinge ihr Tagespensum an Spaß erreicht hatten, verlief die Reise ohne großartige weitere Zwischenfälle, ausgenommen von dem Jungen, namens Taki Misero, dem als Folge des raschen Trubels so übel geworden war, dass er sich über den Kopf seines Vordermanns erbrach und die Elefantenhinternstewards über ein im Gang liegendes Gepäckstück stolperte und infolgedessen aufs Maul flog, Yvette und Fiona mehrere Wutanfälle durchmachten, da die andere Stewards nicht den leisesten Schimmer hatte, woher sie so schnell eine Collage von „Zac Efron“ auftreiben sollte, im Zuge dessen bereits ganze Seen schwitzend dastand und zitternd aus Furcht vor einer in Aussicht stehenden Beschwerde bei ihren Vorsetzten, die den Auslöser einer möglichen Kündigung darstellen konnte. Auf Hilfe von ihrer blonden Kollegen konnte sie dahingehend lange wartend. Letztere befand nämlich zur selben Zeit, dass ihre Nägel viel zu lang seien und diese dringend einer Maniküre bedurften. Die Fotogalerie von „Zac Efron“ in Badeshorts am Strand durfte also wohl oder übel noch lange auf sich warten. Nach der Landung, erwarteten die Schüler der „Ouran“ eine Reihe von weißen Limousinen, um sie zur nicht weit entfernten Hotelanlage zu kutschieren, hinter der sich ein weißer Strand erstreckte, an den die Wellen des türkiesblauen Meeres sich immerfort schmiegten. Die 6 Sterne Hotel war mit allem ausgestattet, was das Herz wohlhabender Urlauber in der Karibik begehrte. Nachdem sie die großflächigen Luxuszimmer bezogen hatten, konnte es Lena nicht schnell genug an den Strand gehen. Ausgestattet mit allerlei Badezeugs und Handtüchern machten sich die beiden auf. Doch bei ihrer Ankunft unten am Privatstrand mussten sie resigniert der Tatsache ins Auge blicken, dass sie offensichtlich nicht die einzigen gewesen waren, die das aufkommende Bedürfnis nach einer nassen Abkühlung verspürt hatten. Tatsächlich waren es nicht gerade wenig Schüler der „Ouran“, die sich bereits mit ihrer eigene „Oase“, bestehend aus Schirm, Liege, Abstelltisch sowie einem lebenden, zu jeder Zeit bereitstehenden Getränkeständer ausgestattet hatten. Isa sah sich um und machte sogleich einige bekannte Gesichter aus. Nicht weit von ihnen saß Ayumi unter einen Sonnenschirm auf einen Stuhl und war ganz vertieft in eine Zeitschrift. Ein paar Meter von ihr entfernt tänzelte Renge in einen schweinchenpinken Bikini umher und versuchte gelegentlich durch verliebte Blicke Haruhis Aufmerksamkeit zu erhaschen. Diese hatte es sich jedoch ebenfalls unter einen weiteren Sonnenschirm in Gesellschaft von Kyoya bequem gemacht und las angestrengt in einen dicken Wälzer. Das nüchterne Verhalten des brünetten Hosts war nicht nur zu Renges Missfallens. Auch Yvette und ihre Gefolgschaft hatten sich in Lauerstellung begeben, was so viel hieß, wie dass sie sich faul in Haruhis Nähe in der prallen Sonne fläzten, dabei unweigerlich die Farbe eines Chicken-Nuggets anstrebend. Da hinten probierte Tamaki gerade die Zwillinge für den Bau einer Sandburg zu gewinnen. Und dort döste Dai auf einer Decke friedlich vor sich hin, neben ihn Gin, der anscheinend versuchte den Punk mit einer vor seiner Nase herumwedelnden Sonnenbrille aufzuwecken. „Nimm das sofort weg, oder ich beiß rein“ hörte Isa Dai grummeln. „Heute bist du also wieder ein gefährlicher weicher Wuscheltiger“ Gin strubbelte ihm amüsiert durch das rote Haar. „Ja, und ich tiger dir gleich einen“ kam es murrend zurück. Ein herausforderndes Grinsen machte sich auf Gins Gesicht breit. „Das schaffst du doch nicht“ Sieht ganz so aus als hätte ihr Eifersuchtsdrama ein Ende gefunden, dachte Isa erleichtert. Aber nicht nur Schüler der „Ouran“ befanden sich unter den Gästen des Privatstandes. Hier und da erkannte Isa das ein oder andere prominente Gesicht. In einen dunkelroten äußerst kappen Stück Stoff hatte sich Paris Hilton höchstpersönlich in Position gelegt. Immer wenn Männer an ihr vorbeigingen, gaben diese vor Gymnastik zu betreiben: Im Sinne von übertriebenen Baueinziehen, was die Blondine mit einem wissenden Lächeln quittierte. Denn nur auf einen schien sie es an diesen Tage abgesehen zu haben: Nämlich den muskulösen braungebrannten Bademeister, der mit seinen Aussehen gut in einer dieser „Boykalender“ gepasst hatte. Als er jedoch entgegen aller Annahmen, auf ihre Flirtversuche keine Reaktion zeigte, spielte sie die ängstliche Urlauberin. Isa wäre fast vor Lachen gestorben, als sie Miss Hiltons neue Masche miterlebte. Paris erkundigte sich allen Ernstes besorgt bei dem Kerl nach Quallen und Seeigel im Gewässer. Doch zum Schreien komisch war die verschmitzte Erwiderung des Bademeisters. Denn seiner Meinung nach solle es dergleichen hier nicht geben und wenn doch, würden die sofort von Haien gefressen werden. Daraufhin wandte sich die Blondine angesäuert ab, während Isa hämisch, tja, Pech gehabt Paris, dachte. Als Isa und Lena weitergingen, konnten beide ihren Augen kaum trauen, als sie wahrhaftig an Zac Efron, der in Begleitung seiner Freundin Vanessa war, vorbeikamen. „Ich glaube, wenn Yvette den sieht, wird sie ihn mitsamt Fotoapparat anspringen und mit Autogrammzetteln bombardieren“ meinte Lena nachdem sie die Berühmtheiten hinter sich gelassen hatten. „Ja“ stimmte Isa prustend zu „Und wenn sie vorhat sich von ihm mit Sonnencreme einreiben zu lassen, wird er das machen bis sie grün und blau ist“ „Hä?“ „Na, Vanessa ist doch dabei. Es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis sie die beiden überraschen wird“ Lena stimmte halbherzig ins Lachen ein. Die Vorstellung war einfach zu komisch. Abrupt hielt sie inne. „Guck mal. Ist das da nicht Dieter Bohlen?“ Unschicklich deutete sie mit dem Zeigefinger auf den braungebrannten älteren Herren, dessen um einige Jahrzehnte jüngere Freundin es sich neben ihn auf der Liege gut gehen ließ. „Hm, vielleicht. Nach der runzeligen Haut zu schließen, könnte er es durchaus sein. Aber man kann es nicht genau erkennen, da er ne Sonnenbrille trägt. Außerdem dachte ich, Mallorca wäre sein Jagdgebiet“ gab Isa unschlüssig zurück. „Ja, aber vielleicht…“ Jäh unterbrach sich Lena, da ein kleiner strohblonder Junge auf das Pärchen zugelaufen kam, ein schon halb geschmolzenes Eis in den Händen. Ein vom Hörnchen abgleitender Tropfen fiel dem Mann auf den Bauch. Wie vom Blitz getroffen schreckte dieser hoch. "Mensch, die Möwe muss direkt aus Alaska gekommen sein!" „Jo, das ist er“ entschieden beide einstimmig. Wie es der Hotelservice versprach hatte man schon eigens für Isa und Lena einen Strandpavillon, bestehend aus Liege, Sonnenschutz und noch einigem mehr, aufgebaut. Zunächst richteten sich die beiden Mädchen erst einmal halbwegs häuslich ein, ehe sie sich ihrer Klamotten entledigten unter der ein geblümter Bikini und ein schwarzer Panty zum Vorschein kamen. „Wer zuerst im Wasser ist, hat gewonnen!“ jauchzte Lena vergnügt und Isa musste über ihren übertriebenen kindlichen Freudenausbruch lachen, raste ihr jedoch hinterher, da sie so etwas um keinen Preis auf sich sitzen lassen wollte. Laut kreischend warfen sich die beiden in die seichten Wellen auf deren Häuptern weiße Schaumkronen thronten. Eine Weile bereitete es ihnen Vergnügen, über die Wellenkämme weiter hinaus ins Meer zu sprinten, und als ihnen dann das Wasser bis zu der Hüfte stand, unter ihnen hindurch zu tauchen. Lena schoss aus den Fluten hinauf und sah sich um. Sie waren ein wenig nach rechts abgetrieben. Doch dieser Umstand war es nicht, der ihr buchstäblich die Sprache verschlug. Kristallklar umgab sie die See. Am blauen Himmel war nicht das leiseste Anzeichen einer Wolke zu entdecken. Das Glitzern der Wasseroberfläche in der Sonne erinnerte Lena an das Funkeln tausender Perlen. Doch es blieb ihr keine Zeit diese Schönheit weiterhin auf sich wirken zu lassen, da Isa auf sie zugewetzt kam und sie rücklings zurück ins Wasser beförderte. Eine wilde Wasserschlacht entbrannte, die erst eingestellt wurde, als beide Parteien merkten, dass sie sich genug ausgepowert hatten. Ein wenig außer Atem ließen sich die zwei auf den Rücken inmitten der sanften Wellen treiben. Nicht weit von ihnen entfernt tollten ein paar Mädchen im Wasser und klein Honey ließ sich im wahrsten Sinne des Wortes auf Moris athletischen Rücken durch die Fluten schiffern. Als sie wieder an Land gingen, liefen sie getreu dem Schicksal Tamaki und den Zwillingen über den Weg. „Wir brauchen noch nen paar Hände“ sagte ein Rotschopf zu ihnen, ohne den Kopf von den unförmigen Sandhaufen abzuwenden. Isa sah Lena an. Die wiederum zuckte nur die Schultern und so gingen die beiden ohne jegliches weitere Zögern auf das Vorhaben der drei Hosts ein, das sich dann aber schwieriger gestaltete als anfangs gedacht. Denn die Drahtzieher hatten nicht vor eine einfache Sandburg zu bauen. Oh, nein! Es sollte ein Palast, ein Kunstwerk aus Tausendundeiner Nacht werden. Das schlussendliche Resultat hatte jedoch das fokuszieren Ziel weit verfehlt, was Renges Aussage „Eine schöne Würstchenbude aus Sand habt ihr da gemacht“ noch zusätzlich unterstrich; als wurde die Gewissheit des eigentlichen Misslingens noch nicht tief genug sitzen. Den letzten Gnadenstoß musste ausgerechnet der immer vorbildlich daherkommende Shiro geben, indem er wohl ganz unabsichtlich den „Sandpalast“ über den Haufen rannte und ihn dabei zertrat. Er führte eine Gruppe joggender Jungen an, die nun alle hintereinander das Überbleibsel des Kunstwerkes den Erdboden gleich machten. „Meine schöne Sandpalast“ Tamaki war den Tränen nahe. „Er hat doch nur so kurz das Licht der Welt erblicken dürfen, die klare Luft des Meeres schnuppern, die sanfte Brandung, den Hauch des Salzes spüren…“ „Ja, ja genügt“ beschwichtigte ihn ein Zwilling, während der andere gelassen meinte „Wir können ja ein Requiem für ihn veranstalten“ Tamaki sah wirklich so aus als würde er dieses Angebot in Erwägung ziehen und wäre wahrscheinlich auch darauf eingegangen, wäre Haruhi nicht urplötzlich angerannt gekommen und hätte sich mitten auf den niedergetreten Haufen (alias Tamakis ehemaliger gesamter Stolz) gesetzt. Lenas Gesicht spiegelte Verwunderung über Haruhis seltsames Verhalten wieder. „Was ist denn mit dir los?“ „Oh, nichts weiter“ seufzte sie gleichmütig „Nur Kyoya scheint gleich einen Herzinfarkt zu bekommen“ „Hä? Weswegen denn das?“ ereiferte sich Tamaki mit großen Augen. „Ja, genau übertreib mal nicht so. Das steht dir gar nicht.“ mischten sich die beiden Rotschöpfe ein. „Sein Laptop ist abgestürzt“ kam es ruhig von Haruhi. „AHHH!!!!!!! JEMAND MUSS DEN KRANKENWAGEN VERSTÄNDIGEN!!!!“ schrien die Zwillinge und Tamaki wie aus einem Munde. --------------------------------------------------------------------- Merry Christmas everyone! Ich habe euch ja versprochen, dass es eine neues Kapi um Weihnachten herum geben wird, da mir schlicht und ergreifend bislang die Zeit mal wieder gefehlt hat, zu schreiben. Ich weiß, ich weiß, ich beschwere mich viel zu oft über Zeitmangel. Ok, ab jetzt ist es offiziell. Ich werde mich von nun an in dieser FF nie wieder zu diesen Thema äußern^__° Mal schauen wie lange ich das durchhalte. Ach ja übrigens beim Schreiben dieses Kapis habe ich auch X-massongs gehört… hier die fünf häufigsten: Wonderful Dream - Melanie Thornton Let it snow - Dean Martin Merry freakin' christmas - Frickin' A Christmas Eve - Trans-Siberian Orchestra Merry Christmas Everyone - Shakin' Stevens Also dann bis zum nächsten Kapi^^ *schale mit lebkuchen dalass* Kapitel 23: Strandgeflüster --------------------------- Kapitel 23 Strandgeflüster Entnervt wandte sich Isa ab. Jetzt fangen sie alle an, gnadenlos zu übertreiben… Vermutlich wäre ihr derartiges nicht in den Sinn gekommen, hätte sie Kyoya in seinen jetzigen Zustand zu Gesicht bekommen. Denn wahrhaftig trommele dieser, entgegen jeder gewöhnlichen Vernunft, wie ein Geistesgestörter unentwegt auf der Tastatur seines Laptops herum, noch gar nicht recht begreifend, dass soeben für ihn der sprichwörtliche Weltuntergang eingetreten war (weitere Ausführungen dieses Ausnahmezustands werden an dieser Stelle dem Leser erspart). „Ich habe Lust auf ein Eis“ meinte Lena etwas später. Isa nickte. „Jo, ich auch. Also tu dir keinen Zwang an und bestell gleich ein Schoko für mich mit.“ Der Brünetten war sehr wohl bewusst, dass sie locker entspannt von der Liege aus die kühle Süßspeise bestellen konnte, dennoch gab sie zurück „Die verkaufen außerhalb des Strandes auch welches“ „Und was soll an diesen so besonders sein?“ „KP. Aber das will ich jetzt rausfinden“ Schnurstracks dackelte Lena zum Ausgang des Privatstrandes ab, eine Kopf schüttelnde Isa zurücklassend. Manche Menschen müssen es sich halt unnötig komplizierter machen, um zur erstrebten Befriedigung zu gelangen, dachte sie, ein Glück, dass mich das Schicksal vor einen solchen komischen Trieb bewart hat. Nach Lenas Abgang beschloss Isa sich die Wartezeit auf ihr Eis, mit einen kleinen Rundgang zu vertreiben. In der Tat gab es an diesen Luxusurlaubziel so einiges zu sehen. Hier tummelten sich ausschließlich reiche Geschäftsunternehmer mit ihren Frauen, Freundinnen oder kurzen Urlaubsaffären und hier und da stieß man auch manchmal auf die ein oder andere Berühmtheit. Familien dahingegen hielten sich hier weniger auf. Und als Isa ein drittes Mal an einer dieser Seltenheiten vorbeikam, konnte sie sich fast denken, weshalb man den familiären Anhang bei einer Reise hierher besser zu Hause behalten sollte. Den Ausschlag dafür bot ein Mann, der in eben diesen Moment eine Frau, Mitte 30, auf einem Badehandtuch ansprach. „Entschuldigen Sie, ist das vielleicht Ihr Sohn, der gerade meine Schuhe eingräbt?“ „Nein“ kam die prompte Erwiderung „Meiner ist der kleine Blonde, der gerade ihr Kofferradio ins Meer wirf“ Schnell hastete Isa weiter, da sie auf ein quengelndes Kinderschauspiel nur zu gut verzichten konnte. Ein paar Meter weiter trieb die laue Flaute das Gespräch drei junger Männer zu ihr herüber. Sie schienen sich wohl über ihre Freundinnen zu unterhalten, denn der eine fing damit an zu erzählen, dass seine wie die Insel Sylt wäre, kühl und verträumt sei sie und kenne nackte Männer nur vom FFK-Strand. Danach schwärmte der nächste, dass seine der Insel Vesuv gleiche, heiß und feurig. Jede Nacht mindestens zwei Ausbrüche. Der dritte meinte daraufhin, dass seine Freundin wie Mallorca sei, woraufhin die beiden anderen ihn verdutzt ansahen. „Na ja“ sagte er achselzuckend „Da war jeder schon mal“ Mittlerweile war Isas Blick zur Seite gewandert, um im Vorüberlaufen das Meer zu betrachten, dessen Weiten sich irgendwo am graublauen Horizont verloren. Einfach überragend, ging es ihr durch den Kopf. Wie schön doch manche Orte auf Erden sein konnten, geschaffen für das Paradies. So in Gedanken vertieft, war es kein großes Wunder, dass ihr Schienbein urplötzlich auf eine Barriere stieß und Isa im hohen Bogen über etwas stolperte, um sich gleich zwei Meter weiter im Sand ausgesteckt wieder zu finden. Verdammt, dachte sie, wieder angekommen im hier und jetzt, bin ich denn heute auf Lenas Trip? Doch noch bevor sie zu einem saftigen Fluch ausholen konnte, ertönte eine Stimme unmittelbar hinter ihr. „Holla, was für ein Abgang. Lady, möchtest du aufstehen“ Eine Hand wurde ihr hingehalten. Noch halbwegs verdattert, nahm sie diese und ließ sich mit ihrer Hilfe wieder in die senkrechte Lage heben. Als Isa aufsah, blickte sie in mandelbraune Augen. „Man sollte, nicht so viel träumen, wenn man hier langgeht“ riet der große blonde Sunnyboy ihr auf Englisch, ein schräges Grinsen auf den Lippen. „Du hättest dir weh tun können“ Er deutete hinter sich in den Sand, wo sein Surfboard lag, über welches Isa offensichtlich soeben gefallen war. Amüsiert glitt sein Blick an ihrem Körper hinab. „Und jetzt bist du voller Sand. Ich biete ebenfalls beim Abklopfen meine Hilfe an“ Sein Grinsen wurde breiter „Nein, danke. Das kann ich selber. Danke fürs Aufhelfen“ entgegnete Isa mit einer Spur Kälte in der Stimme. „Hehe, werd doch nicht gleich so zickig. War doch nur Spaß“ lachte er. Isa runzelte die Stirn. Doch als sie begriff, dass er vermutlich nicht ernsthaft im Begriff war eine dämliche Anbabggermasche durchzuziehen, schlich sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen. Schließlich gab es auch keinen Grund das zu tun. Wer war denn über wessen Board gelatscht? Nach einigen Sekunden des Schweigens streckte er ihr seine Hand hin. „Sandro“ „Isa“ Sie schüttelte sie. „Kommst du aus Deutschland?“ fragte er unvermittelt. „Hört man das so deutlich?“ Jetzt war es an Sandro zu lächeln. „Nein, eigentlich nicht. Ich erkenne, dass nur, weil meine Mutter auch Deutsche ist. Ich bin zweisprachig aufgewachsen“ „Is’ ja cool“ konnte Isa darauf nur sichtlich erstaunt erwidern. „Hm, weißt du was, ich lad dich auf nen Drink ein“ Sandro hatte von einen auf den anderen Moment ins Deutsche gewechselt und fügte bei Isas auf einmal abermals misstrauisch gewordenen Gesichtsausdruck hinzu „Zum Teil ist es auch meine Schuld. Hätte ich das Brett sofort nach dem Surfen verstaut, anstatt es einfach in der Gegend rumliegen zulassen, wäre es keinem in die Quere gekommen. Also lässt du dir jetzt als kleine Wiedergutmachung nen Drink spendieren?“ Irgendetwas brachte sie dazu, das Angebot anzunehmen und so machte sich die beiden auf zur Strandbar. Zur selben Zeit durchforstete Lena die hintere Umgebung außerhalb des Privatstrandes. Zunächst hatte sie trotz aller tatenkräftiger Suche nicht zum Eisstand gefunden und sich deshalb dazu bewogen gefüllt, den nächst besten Passanten nach ihrem Ziel zu fragen, nur um dann gesagt zu bekommen, dass sie schon davor stände, beziehungsweise dahinter… Eine wirklich peinliche Angelegenheit, die Lena meisterte, ohne eine Miene zu verziehen. Früher oder später regierte die Macht der Gewohnheit. Dennoch hatte sich der Gang zum separat liegenden Eispavillon mehr als ausgezahlt, befand Lena auf den Rückweg, zwei riesige Eistüten in den Händen, aus deren Hüten eine wahre Kreation von der kalter Süßspeise herausragte. Ein weiterer Grund, weshalb sich diese Location aus ihrer Sicht mehr als lohnenswert erwiesen hatte, stellten die hübschen Plastikfiguren in Form von Nixen dar, welche inmitten des Eiskunstwerkes steckten. Beim Anblick der kleinen Figuren geriet sie regelrecht ins Schwärmen. Zu gegenwärtig waren noch die Erinnerungen an ihre Kinderzeit, die teilweise von Disneymärchen beherrscht wurde. Früher hatte sie immer im Badezimmer Arielle spielen wollen. Dieses Unternehmen hatte meist eine riesige Überschwemmung und triefend nasse Hausmädchen mit sich geführt. Hinterher hatte das Badezimmer immer ausgesehen, als hätte es jemand unter Wasser gesetzt, zweifellos die Folge, verstöpselter Waschbecken und dauerhaft laufender Wasserhähne. Mehrmals hatten sie sich mit Isa den Disneyfilm „Die kleine Meerjungfrau“ angesehen. Einmal hatten sie Popkorn mampfend und Cola schlürfend vor der Kiste gesessen, während zum wahrscheinlich x-ten Mal Arielle über die Mattscheibe schwamm, als ihnen aus dem Nichts die Idee kam, dass Fabius und Sebastian vermutlich von den ganzen Gepaddelt auch mal Hunger hatten. Schnell waren sie zur Tat übergegangen, Hände voller Popkorn in den damaligen Videoapparat zu stopfen und gleich einige Schlücke Cola hinterher zu kippen. Das unvorgesehene Resultat war ein rauschender Bildschirm und ein knisternder Rekorder, aus dem ein verbrannter Geruch austrat. Isas darauf folgende von der Neugierde losgelöste Frage, ob Meerestiere kein Popkorn mögen würden, stand im krassen Gegensatz zu Lenas herzzerreißendem Geschluchze. Denn sie dachte allen Ernstes, Fabius und Sebastian hätte für immer das Zeitliche gesegnet. Wahrhaft keine schöne Vorstellung – besonders nicht für ein vier Jahre altes Kind, das sich ernsthaft am Tod zweier liebenswerter Disneycharaktere schuldig fühlte. Im Nachhinein beschlich Lena hin und wieder der leise Verdacht, dass ihr Vater es im Geheimen genossen hatte, es angeblich zu versäumen, ihr zu erklären, dass es sich bei Fisch und Krabbe bloß um Zeichentrickfiguren handelte, die man sofort mit den Kauf eines neuen Videos abermals zum Leben erwecken konnte. Inzwischen war Lena wieder an ihren und Isas Platz angekommen, von dem sie unglücklicherweise feststellen musste, dass er verlassen war. Ein wenig hilflos starrte sie auf das zweite Eis in ihrer Hand, das zu allen Überfluss in der Wärme der Sonne bereits angefangen hatte, zu schmelzen. Lena ließ ihren Blick über die vereinzelten Badeplätze schweifen. Doch ihre Suche stellte sich als vergeblich heraus, nirgends war auch nur der kleinste Hauch ihrer schwarzhaarigen Freundin zu entdecken. Was sollte sie denn jetzt mit dem Eis anfangen? Nannte das Isa etwa verlässlich? Frustriert ließ sich Lena in den Sand sinken, als sie plötzlich knirschende Schritte hinter sich vernahm. Hoffnungsvoll wandte sie den Kopf, ihre Augen weiteten sich. Mori war hinter ihr zum Stehen gekommen und Lena durchzuckte es wie ein Blitz. Hastig stand sie auf und machte einen Schritt auf ihn zu. „Hi“ Hilfe, das Wort klang ja reichlich verschluckt. Umgehend wurde Lena ein klein wenig rot, versuchte dennoch ein tapferes Lächeln aufrecht zu erhalten. „Hi“ kam es zurück. Ein Lächeln umspielte seine Lippen und Lena wunderte sich nicht am Schwinden des Eises. Welches Eis wäre bei einen solch warmen Lächeln nicht dahin geschmolzen? „Ähm, danke für neulich“ Er bedachte ihre Aussage mit einem fragenden Blick, worauf Lena begann nervös mit dem Fuß im Sand zu schaben. „Für das damals im Gewächshaus. Du weißt schon“ Es blieb still und Lena konnte nicht verhindern, wie das Schweigen nicht gerade zum Legen ihrer Unsicherheit beitrug. Irgendwann hielt sie es dann nicht mehr aus und streckte Mori prompt Isas Schokoeis zu, welches er verwundert annahm. „Als Dankeschön“ murmelte Lena und rang sich ein Lächeln ab. Für einen kurzen fürchterlichen Moment hatte sie den schrecklichen Eindruck, er würde das Eis wortlos zurückweisen. Doch ihre Befürchtung stellte sich als unbegründet heraus. Und noch während Lena sich zurück in den Sand sinken ließ, kam Mori ihr nach. Zuerst schaute er lediglich auf das Eis, als wolle er nur durch den Blick herausfinden, wie es schmeckte, ehe er begann von ihm zu essen. Lena betrachtete ihn dabei genau und als er aufsah, eine Augenbraue hochgezogen, widmete sie sich rasch wieder ihren eigenen Eis. Die Stille zwischen ihnen wurde für Lena mit dem Voranschreiten der Zeit immer unbehaglicher, sodass sie irgendwann allein um diese zu durchbrechen, fragte „Schmeckt es dir?“ Wieder schwieg er und als Lena kaum noch mit einer Antwort rechnete, nickte er. „Es ist gut“ So saßen sie nebeneinander Eis essend und sahen auf das Meer hinaus, dessen Oberfläche Sonnenstrahlen, wie eine raue Glasschreibe in allen Farcionsen reflektierte. Unterdessen führte Lenas Herz einen Flamenco auf. Doch ganz langsam nahm die Aufregung ab und legte sich beinahe gänzlich, da sie zuließ, dass die Stille mit ihren vielen unterschwelligen Empfindungen von ihr Besitz ergriff. Das rhythmische Rauschen der Brandung, die warmen Sonnenstrahlen, die flaue Brise, die den salzigen Geruch des Meeres mit sich brachte und die gelegentlichen Schreie einiger am Himmel kreisender Möwen. Plötzlich berührte sie eine Hand an der Schulter. Augenblicklich fuhr sie zusammen und blickt in Moris unbewegtes Gesicht. „Dein Rücken ist rot“ ließ er verlauten. Und trotz dieser Bemerkung blieb die innere Ruhe, in ihr bestehen. „Oh, was? Echt?“ entgegnete sie überrascht, zur selben Zeit damit beschäftigt den Kopf in einen Winkel zu richten, aus dem sie ihre Kehrseite inspizieren konnte. „Vermutlich hast du deinen Rücken vergessen einzucremen“ schlussfolgerte er. Kurz darauf wurde Lena von Mori sanft aber bestimmt auf die Bauchlage dirigiert. Ein wenig später vernahm sie ein raschelndes Geräusch neben sich sowie ein leises aufschnappendes Klacken. Darauf folgte ein kühler Klecks, der sich auf ihren Rücken ergoss, und Lena erschrocken aufquieken ließ, quittiert wurde das ganze von seinem leisen Lachen, das sie noch nie zuvor gehört hatte, und wenngleich die Brandung in all ihrer Klarheit rauschte, verblasste all die Schönheit des Meeres neben seinen Lachen. Sogleich fühlte sie, wie große Hände die Creme auf ihren Rücken sanft verteilten. „Darf ich?“ Stumm gab sie ihm ihr Einverständnis. Wenig später löste sich mit einem Klicken ihr Bikinioberteilverschluss. Und dann waren da wieder die Hände, welche ihren Rücken einrieben, hin und wieder mehr Druck anwendeten und schließlich kleine Kreise zogen nur um sich danach bis zu den Schulterblättern vorzuarbeiten, wo sie durch eine knetende Massage, die verkrampften Muskeln lockerten. Genüsslich legte die Brünette ihren Kopf in den Nacken. Ihr war gar nicht bewusst gewesen, was für eine Verspannung sie die ganze Zeit mit sich herumgetragen hatte. An manchen Stellen verminderte er den Druck, fuhr dann federleicht mit einem Finger an ihrer Wirbelsäule hinab und schickte einen brennenden Schauer durch Lenas gesamten Körper. Ohne Frage – er verstand sich auf dieses Handwerk. Auf einmal waren die Hände fort, woraufhin Lena mit einem kurzen enttäuschten Aufseufzen reagierte. Dies schien ihn wohl nicht zu entgehen und als sie fast unhörbar nuschelte „Nicht aufhören“, vernahm sie ein zweites Mal an diesen Tag Moris Lachen, warm und sanft. Dann spürte sie einen weiteren Klecks auf ihren Rücken. Lena schloss die Augen, während seine Hände fortfuhren, sanft über ihren Rücken zu streicheln und seine Bewegungen allmählich zu einen zarten Streicheln wurden. „Du kannst das wirklich gut“ murmelte sie. „Dann gibt es wohl keinen Grund für mich aufzuhören“ kam die Erwiderung. Aber das tat er dann irgendwann doch, was Lena das erneute Klicken ihres Bikinioberteils signalisierte. Sich mit den Händen im warmen Sand abstützend drehte sie sich um, damit sie ihren Oberkörper in eine senkrechte Position hieven konnte. Mittlerweile hatten sich die meisten Strandbesucher zurück ins Hotel begeben. Die Sonne hatte ihre Wanderung in westlicher Richtung angetreten und erste feuerrote Vorboten der bevorstehenden Vereinigung von Sonne und Horizont bevölkerten den Himmel und boten einen Vorgeschmack auf das kommende Farbenschauspiel. Lena wandte den Kopf zur Seite und studierte Moris Profil, das sich dem Meer zugerichtet hatte. Wind wehte ihr eine Haarsträhne ins Gesicht und als hätte er es geahnt, strich er sie ihr aus der Stirn, hinters Ohr. Ihre Blicke kreuzten sich, hielten sich fest und erforschten den jeweils anderen. Als er sich vorbeugte, glaubte sie in seinen dunklen Augen zu ertrinken, obgleich sein Blick keineswegs intensiv gar scharf war, eher sanft und still - unergründlich. Plötzlich konnte sie jede einzelne noch so kleine Facette seiner Augen erkennen. Dann legten sich seine Lippen auf die ihren und die Zeit blieb stehen. Es war ein Kuss von Salz und Meer und einem letzten zurückgebliebenen Hauch von Schokoladeneis. Seine Lippen waren weicher als sich Lena vorgestellt hatte. Sie schloss die Augen. In diesen Moment war es ihr als könne sie die Bewegung jedes Sandkornes hören, in der Ferne Wallgesang, vermischt mit dem Geschrei der Möwen. Seetang wiegte sich in den Wellen, Quallen tanzten ein Ballett zu unhörbaren Klängen. Sinnlichkeit lag in den Kuss und er trug sie fort, über die Wellen hinaus und noch weiter weg. Isa schlürfte geräuschlos durch den Strohhalm ihren Cocktail, stütze sich gleichzeitig mit dem Arm an der Tresenplatte der Strandbar ab, die aus einer großen strohbedeckten Hütte bestand, hinter deren Tresen ein schwarzhäutiger, seine strahlendweißen Zähne heiter grinsend präsentierender Barkeeper die Stellung hielt. Beiläufig hörte sie Sandro mehr oder minder interessiert zu. An Charisma und Selbstbewusstseins schien es ihm definitiv nicht zu mangeln. Nun ja, möglicherweise hatte Gott ihn sogar ein klein wenig zu viel mit dieser Gabe gesegnet. Denn Isa befand eindeutig, dass Dieter Bohlen definitiv einen geeigneteren Zuhörer darstellte, jedenfalls wenn es um eine ausführliche Ausführung einer Lebensgeschichte ging. Bei ihm wäre Sandro damit an der richtigen Adresse gewesen. Somit könnte er sich sogleich in die Schlange unzähliger DSDS- Kandidaten einreihen. Frei heraus erzählte er Isa von sich, und von seinen Vater, einen internationalen Schifftransportunternehmers, und von seinem älteren Bruder, der seinem Vater in jedem Gebiet nacheiferte, wo er nur konnte, um einzig und allein seine Annerkennung zu erlangen. Aber Sandro seinerseits, fiel hinsichtlich dieses Systems gänzlich aus der Reihe, da er nicht den gegebenen Anlass dafür sah, weshalb er auch nur die Ambition dafür aufbringen sollte, um sich ebenfalls um ein Stück Ruhm zu reißen. Seiner Auffassung nach war das Leben, wie es jetzt war, viel schöner und weitaus angenehmer. Weshalb also einen Finger krumm machen? Er hatte alles, was er wollte, ohne sich anzustrengen. Damit teilte er nur die Ansicht vieler Leute, die, genau wie er auch, das Glück gehabt hatten, mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund geboren zu werden, dachte Isa, er ist auch einer von denen, die von Papas Portemonnaie leben und es sich, in einen 6 Sterne Hotel, mitten im karibischen Urlaubsparadies, gut gehen lassen. Oh, ja diese Bonzenkindern kannte sie zu genüge. Innerlich war sie mehr als froh, dass sie sich nicht zu ihnen zählen konnte, da sie weiß Gott Besseres zu tun hatte, als den lieben langen Tag auf der faulen Haut zu liegen. Trotzdem war da etwas, das Sandro von dieser Art von Leuten unterschied. Sein Verhalten war offen, zwar vielleicht etwas zu sehr von Selbstüberzeugung und Prahlerei geprägt, aber frei von jeglicher Arroganz, die unter Seinesgleichen, so weit verbreitet war. Sie ließ sich unbemerkt zu seiner genaueren Betrachtung Sandros hinreißen. Er überragte sie um gute zehn Zentimeter. Seine leicht gebräunte Haut konnte nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass er doch eher ein hellerer Typ war. Sein blondes Haar, das im krassen Kontrast zu der Farbe seiner Haut stand, lag locker und verlieh ihm etwas Verwegenes. Als muskelbepackt hatte man ihn nicht bezeichnen können, dennoch zeichneten sich unter seiner Haut die ein oder andere Muskelpartie ab und ließ auf eine gewisse Durchtrainiertheit schließen. Nachdem sie noch ein wenig mit ihm geplaudert und ihn von ihren derzeitigen unfreiwilligen Aufenthalt auf der „Ouran“ berichtet hatte, stand sie auf und machte sich zum Gehen bereit. Plötzlich kam ein Gefühl in ihr Hoch. Ein Gefühl, von jemand beobachtet zu werden. Ganz deutlich spürte sie einen Blick im Nacken. Unruhig drehte sie den Kopf um Ausschau nach einer Person zu halten, die in ihre Richtung sah. Und Tatsache. Da hinten neben einer Strandoase stand Yvette und verfolgte die Szene an der Strandbar. Isa konnte ihren Gesichtausdruck nicht ganz deuten, als sich ihre Blicke begegneten. Aber zweifellos hatte Furcht darin gelegen, wie sehr sich Isa auch hinterher davon zu überzeugen versuchte, dass dies nicht der Fall gewesen und dies alles ihrer puren Einbildungskraft entsprungen war, doch pure Angst hatte Yvettes Züge verspannt. Augenblicklich wich das Mädchen Isas stechenden Blick aus und lief schnellen Schrittes davon. Was war denn in die gefahren?, schoss es Isa durch den Kopf, aber dieser Gedanke wurde sofort von einem anderen verdrängt. Nämlich von dem, dass sie Lena schon mindestens über zwanzig Minuten warten gelassen hatte. Eingestellt auf ein kleines Donnerwetter und den ein oder anderen tadelnden Vorwurf machte sich Isa, nachdem sie sich von Sandro verabschiedet hatte, auf den Weg zurück zu ihren Badeplatz. Inzwischen waren kaum noch Schüler der „Ouran“ zu sehen, und wenn doch hockten sie vereinzelt oder in kleinen Zweiergrüppchen auf Decken oder an der Strandbar. Als ihr Platz in Sicht kam, hielt Isa jäh inne, weil der Anblick, welcher sich ihr bot, eine lärmende Wirkung auf sie hatte. Dieser hielt jedoch nicht allzu lange an, denn ein paar Sekunden später zeichnete sich ein kleines Schmunzeln auf ihren Lippen ab. Sie drehte sich um und schlug die entgegen gesetzte Richtung ein, die sie fort von der Szene bringen wurde. Bestimmt hatte sie nicht damit gerechnet, dass sie ihre Freundin so schnell auf den Schoss eines Hosts wieder finden wurde. Da war man mal eine knappe Halbestunde weg und dann das. Tja, für nichts gab es eine Versicherung. Trotzdem kam Isa nicht umhin sich einzugestehen, dass das Bild, von Lena, die sich mit den Kopf an Moris Brust anlehnte und verträumt aufs Meer hinausstarrte, schon etwas Niedliches an sich gehabt hatte. Ganz so als wurde sie am Horizont mehr sehen als das mittlerweile dunkelblaue Wasser. Vielleicht hatte man manchmal einen andren Eindruck, jedoch war Isa keinesfalls solch ein Trampeltier, dass sie die beiden nun laut trompetend gestört hatte. Das zumindest konnte sie mit Fug und Recht von sich behaupten und so blieb ihr nahezu noch eine einzige Alternative übrig: Nämlich ziellos durch die Walachei zu latschen. Die allmählich kühler gewordene Brise spielte mit ihren knapp über die Schulter gehendes Haar und ließ sie frösteln. Unmerklich strafte Isa die Schultern und probierte sich selber davon zu überzeugen, dass die Wärme der Sonne noch immer in derselben Intensität in der Luft lag und ging unerschütterlich weiter. Wie es der Zufall wollte, begegnete sie Tamaki sowie den Zwillingen. Augenscheinlich hatten sie sich, nach ihrem erschrockenen Ausbruch vorhin, um einiges beruhigt, dennoch befand sich Kyoya weiterhin im Fokus ihrer Diskussion. Sie hörte sie schon von weiten streiten. „Wirklich, Kyoya hätte fast einen Nervenzusammenbruch erlitten und ihr zwei habt nichts Besseres zu tun als über das heiße Wetter zu philosophieren und zu erwägen, dass Kyoya sich bloß einen Sonnenstich eingefangen hätte!“ brüllte Tamaki völlig außer sich. „King, aber das musst du gerade sagen! Wer hat denn nach den Notanruf den Vorschlag gemacht, ihm das Hemd auszuziehen und dann in restlicher Montur in die Fluten zu schmeißen!“ hielten die Zwillinge protestierend dagegen. „Er sollte einen kühlen Kopf bekommen!“ rechtfertigte Tamaki sich lautstark. „Ich sorge mich immer um meine Mitmenschen und denke zuerst immer an ihr Wohl – dann erst an das meine.“ Die Aussage bestärkte er damit, dass er der vorbeilaufenden Isa, welche die Arme um ihren Oberkörper geschlungen hatte, um ihr Schlottern zu unterdrücke, wie beiläufig eine Decke um die Schultern legte und sie zu den bereits beisammen sitzenden drei anderen Host führte. „Hier, meine Liebe. Du bist ja völlig durchgefroren. Wärm dich doch ein wenig auf“ und an die Zwillinge gewandt fügte er wichtigtuerisch hinzu „Habt ihr das gesehen! So etwas nennt man Nächstenliebe und das tut ihr offenbar nicht zu kennen!“ Isa selbst hatte dafür nur einen kleinen Augenverdreher übrig, dennoch war sie dankbar für die Decke und ließ sich deshalb neben Haruhi nieder, welche ihr freundlich zulächelte. „Sehr vorbildlich, wirklich sehr vorbildlich, King“ starteten die Zwillinge einen weiteren Versuch den Blonden aufzuziehen und so in die Schranken zu weisen, doch damit waren sie bei ihm definitiv auf dem Holzweg. Ein Tamaki Suou ließ sich durch so etwas nicht in Rage versetzen, über dieses Wissen verfügte sogar Isa. Die Schwarzhaarige blickte in die Runde. Zu ihrer linken hatte sich Haruhi breit gemacht und zu ihrer rechten saßen Honey und Kyoya, beide in dicke Wolldecken gehüllt. Doch war es Kyoya, der einen ziemlich bedröppelten Anblick bot. Er war nass bis auf die Knochen und ein beinahe kaum wahrnehmbares Zittern hatte sich seiner bemächtigt – wohl alles Folgen von Tamakis tollkühnen Rettungsplanes. „Tamaki, hat mal wieder total überstürzt gehandelt“ erklärte Haruhi und nickte in Richtung Kyoya, dem nun ein Niesen entwich. „Wie das?“ fragte Isa ein wenig beunruhigt, eine miesen Vorahnung hegend. „Naja, es hat sich nur eine Fliege auf der Tastatur von Kyoya breitgemacht“ ließ sie Schulter zuckend verlauten. „Kyo-Kyo, würde niemals wegen so etwas verrückt werden“ stimmte Honey ihr zu. „Nein, wegen so etwas nicht“, gab ihm der Brillenträger umgehend Recht, „Aber sollte das so weiter gehen, lässt mich Tamaki irgendwann den Verstand verlieren. Mich ohne Vorwarnung ins Meer zu werfen und den Krankenwagen zu verständigen. Welcher Idiot hat eigentlich angenommen, ich würde einen Herzinfarkt erleiden?“ Dass Haruhi die Augen niederschlug, entging Isa nicht. Trotzdem hielt sie lieber den Mund. Ohne Zweifel fühlte sich die brünette Hostess schuldig. Wieder nahm der Dialog von Tamaki und den Twins an Lautstärke zu. „Aber darum geht es auch nicht! Der Punkt ist, dass ich bei keinen von euch nicht mal im Ansatz erwachsne Reife feststellen konnte!“ beschwerte sich der blonde Host. „Ja, und das müssen wir uns ausgerechnet von jemand bieten lassen, der uns allen Ernstes dazu überredet hat, eine Sandburg zu bauen!!!!“ schimpften die beiden entrüstet. Diesmal ließ sich sogar Kyoya zu einen Augenverdrehen verleiten. In der Lobby hatten sich abends einige Mädchen eingefunden, um Karten zu spielen. Neugierig trat Isa näher und erkannte Nara unter ihnen, die sie sogleich zu sich winkte. „He, Isa“ sagte sie „Wir brauchen noch einen Mitspieler“ Stirn runzelnd inspizierte Isa die Karten auf den Tisch. „Spielt ihr Doppelkopf?“ „Ja. Kannst du das?“ fragte ein anderes Mädchen. Isa nickte, setzte sich zu ihnen und ließ sich das Blatt geben. Nach der vierten Runde, betrat Lena ebenfalls die Lobby. Wenn Isa nicht aufgesprungen wäre, wäre Lena fast an ihnen vorbeigelaufen – ohnehin schien sie die ganze Zeit nur auf rosaroten Wolken zu schweben. Es war nicht so, das Isa ihr das nicht gönnen würde, aber falls Lenas derzeitiger Zustand länger als drei Tage anhalten sollte, würde Isa irgendwann in die Klapse eingeliefert werden müssen – so viel konnte sie jetzt schon sagen. Ihre Freundin benahm sich so als hätte für sie eine Umsiedlung auf den Planeten Mars stattgefunden. Denn als sie von einem anderen Mädchen mal etwas gefragt wurde, war sie zu nicht mehr fähig, als lediglich ein verwirrtes Blinzeln, worauf das Mädchen Isa fragte, ob Lena stumm oder taub sei. Oben in ihrer Suite, die sich die beiden teilten, machte Isa erst mal blanken Tisch. „Komm jetzt mal wieder runter. Ich kann ja verstehen, dass du jetzt vor Euphorie sprühst, trotzdem solltest du an deine Mitmenschen denken“ Gerade noch konnte sich Isa verkneifen Tamaki zu zitieren, aber es hätte eh nichts an der Tatsache geändert, dass Lenas Aufmerksamkeit sich zurzeit auf ausschließlich eine Sache beschränkte „Es war mein erster Kuss. Ich hätte nicht gedacht, dass der erste Kuss so romantisch werden könnte“ sagte Lena und schien dabei immer noch nicht richtig da zu sein. „Ja, und ich dachte nicht, dass die Folgen so anstrengend werden könnten“ hob Isa trocken an. „Außerdem war das nicht dein erster Kuss. Denn du scheinst da das Detail weggeblendet zu haben, dass du deinen ersten Kuss mit deinen Cousin hattest“ prustete sie los, woraufhin Lena eine Grimasse zog und felsenfest behauptete „Das zählt nicht! Da waren wir neun und das hat er nur gemacht, weil er mich von der Tatsache ablenken wollte, dass er meine Süßigkeiten gemopst und sie an Omas Hund verfüttert hatte. Danach hat der Hund auf den alten Familienteppich gekotzt. Und wer hatte deiner Meinung nach dann die Kacke am dampfen. Ich! Weil natürlich jeder annahm, dass ich sie dem Hund gegeben hätte. Oma hat danach ein halbes Jahr kein Wort mehr mit mir gewechselt. Zudem kann man ein „In – die – Lippe - beißen nicht als Kuss bezeichnen!“ Na endlich gibt sie wieder zusammenhängende Sätze von sich, registrierte Isa erleichtert. Anscheinend ließ die Wirkung so langsam nach. „Was für eine schreckliche Erfahrung“ entgegnete Isa, die das auf einmal umwerfend komisch fand „Mich wundert’s, dass das nicht bleibende Schäden hinterlassen hat. „Ja, echt. Danach hatte ich zwei Monate Albträume“ Lena ließ sich auf das große Bett sinken und betrachtete verträumt ihre Fingernägel. „Erinnert mich gerade irgendwie an meine extreme Schlafwandelphase“ murmelte Isa düster. „Ja, bist du da nicht einmal“ Lena musste ein Lachen unterdrücken „nachts schlafwandelnd aufgestanden, hast dich im Schlafanzug unter die Dusche gestellt und bist danach stumpf wieder schlafen gegangen“ Beide mussten kichern. „Und was hast du morgen vor? Was ist jetzt eigentlich zwischen dir und Mori“ Ein paar Sekunden fixierte Lena starr die gegenüberliegende Wand, dann verließ ein schwaches Flüstern ihre Kehle „Ich weiß es nicht, ehrlich ich weiß es nicht“ So erging es wohl der Mehrheit aller verliebten Mädchen, dachte Isa im Stillen bei sich und hatte schlagartig Mitleid mit allen Host Club Kundinnen. Sie sind doch noch alle so jung - und schon so verloren“ dachte sie deprimiert. Kapitel 24: Meerblauer Karibiktraum... und wo ist der Rum? ---------------------------------------------------------- Kapitel 24 Meerblauer Karibiktraum... und wo ist der Rum? Am nächsten Morgen erwachte Isa erst gegen Mittag. Sie hatte Mühe, sich aus den leichten Decken zu schälen und konnte nicht umhin, die unvorhandenen Aufstehzeiten im Hotel als ungemeine Erleichterung zu empfinden. Ein Segen für die Menschheit, das lange Ausschlafen. Herzhaft gähnend begann sie sich, für den Tag fertig zu machen und betrat nach guten 20 Minuten den Speisesaal des Hotels. Es war ein ausladender Raum, dessen Parkettbodenoberfläche im Glanz der durch das Fenster fallenden Sonnenstrahlen einen hellen Schimmer aufwies. An der rechten Seite, gegenüber der eindrucksvollen, wuchtigen Fensterfront, thronte ein mächtiges Buffet. Suchend blickte sich Isa nach Lena um. Sie entdecke sie schließlich an einen der hinteren Tische. Mitsamt eines belegten Tellers schlängelte sich Isa ihren Weg zwischen den anderen Tischen hindurch zu Lena, zog einen Stuhl heran und ließ sich gegenüber ihrer Freundin nieder, welche nur kurz aufsah und sich dann gleich wieder ihren French Toast widmete, dessen Belag sie immerfort mit dem Besteck hin und her schob. Ganz so als hadere sie mit der Entscheidung, ob sie das Käse-, Paprika-, Schinkengemisch nun vertilgen sollte oder nicht. Stirn runzelnd verfolgte Isa das höchst merkwürdige Ritual, das sich auf Lenas Teller ereignete. „Du bist nicht irgendwie nervös?", fragte sie nachdem Lena dem Tost zum zichsten Mal das Haupt entledigt hatte. Nur einen Sekundenbruchteil später fuhr Lenas Kopf in die Höhe. „Nervös? Nein, überhaupt nicht. Wie kommst du denn darauf?" Die viel zu schnelle Aussage wurde von einer hysterischen Lachsalve begleitet, was dem Ganzen einen unglaublich hohen Grad an schauspielerischem Missgeschicks verlieh. Lena war eine grauenhafte Schauspielerin, mit nicht einem Funken von erkennbarem Talent. Genauso gut wie sie ihrer Nervosität überspielte, hätte sie die Schwerkraft abstreiten können, dachte Isa und befand dabei, dass die Sache von gestern wohl doch nicht ganz unbemerkt geblieben war. Um dies zu erkennen, bedurfte es keine besonders scharfe Beobachtungsgabe. Bei den vielen angriffslustig blitzenden Augenpaaren, die unablässig in Lenas Richtung huschten, wurde selbst Isa unwohl zu Mute. Gegen Abend hatte sich zwar schon ein Großteil der Schüler im Hotel befunden, dennoch ließ die gefährliche Eifersucht, die in mehreren Blicken lag, nicht über die unumgängliche Tatsache hinwegtäuschen, dass sich die Ereignisse des gestrigen Abends in Windeseile unter den Schülern verbreitet hatte und bei so einigen Schülerinnen für großflächigen Neid sorgte. Isa behagte das ganz und gar nicht. Normalerweise würde es sie kein bisschen kratzen, da es aber hier um Lena ging, konnte sie eine Sorgenfalte nicht vermeiden. Isa wandte sich von dem Furcht einflössendem Szenario ab, griff nach ihren Glas und nahm einen großen Schluck, wonach sie sich überrascht über die Lippen leckte. Hm, der rote Saft schmeckte besser als die angenommen hatte. Süß, aber nicht zu süß und herrlich fruchtig. Beinahe konnte Isa die einzelnen Fruchtstückchen auf ihrer Zunge spüren, wie das leckere Getränk ihre Kehle herunter rannte und sie von innen heraus erfrischte. „Probier mal." Ein aufmunterndes Lächeln auf den Lippen, hielt sie der Brünetten das Glas hin, die zunächst misstrauisch daran roch, bevor sie kostete. Ein Strahlen wanderte über ihr Gesicht. "Lecker! So was gibt’s beim Buffet?" Isa nickte zur Bestätigung, während Lena schon aufstand, um sich ebenfalls an den Saft zu bedienen. Zurück an Isas Tisch kam sie in Begleitung von Dai, der gleich eine ganze Kanne des roten Zeugs erbeutet hatte. „Echt, Leute", verkündete der Punk, nachdem er sich niedergelassen hatte „Ich habe nen Mords Durst, wie so nen Gaul. Ich glaube das karibische Klima schlägt langzeitmäßig doch sehr bei mir an." Gerade noch konnte ihn Isa daran hindern, sich die Kanne an den Mund zu setzten und den Saft seinen Rachen runterstürzen zulassen und vermied somit womöglich seinen Erstickungstod. Doch dessen Vereitelung lag weniger in ihrer Absicht. Denn ihr Vorhaben erschloss sich einzig und allein darauf, dass er ihr gefälligst auch noch etwas übrig lassen sollte. Und ehrlich bei der enormen Größe des Glasgefäßes fiel so einiges an die beiden Mädchen ab. „Isa", kicherte Lena plötzlich nach dem fünften Glas los, „du siehst komisch aus." Angesprochene prustete los, und konnte sich ihre Reaktion selbst kaum erklären. "Tolles Kompliment - kann ich nur zurückgeben." „Hey Ladys", Dai machte eine ausladende Handbewegung, die selbst Tamakis gängige Zeichensprache um Längen übertraf und irgendwie an eine Ganzkörperverrenkung erinnerte. „Habt ihr schon mal versucht ein Lied zu gurgeln?" Er nahm einen großen Schluck, legte den Kopf in den Nacken, öffnete den Mund einen Spalt breit und begann durch die Schicht aus Saft hindurch ein Lied zu singen, von dem die meisten Töne von der Dichte der Flüssigkeit verschluckt wurden und man dadurch ausschließlich ein beinahe eintöniges Gedudel vernahm. „Oh, das kenn ich, das kenn ich", quietschte Lena aufgeregt und klatschte vergnügt Beifall. „Das ist Biene Maja!" "Komisch für mich hat sich das eher nach "Highway to Hell" angehört", schaltete sich Isa lautstark ein, eine Mine aufgesetzt die keinen Widerspruch duldete. "Aber jetzt bin ich dran!", beanspruchte sie den nächsten gegurgelten Song für sich, den die anderen erraten mussten. Schließlich hatte jeder von den dreien zwei weitere Gläser vergurgelt. Als sie schließlich befanden, dass es Zeit wäre, aufzustehen, wunderten sie sich, warum beim Gehen plötzlich alles um sie herum schwankte und für einen winzig kleinen Moment die Umgebung ihre Konturen verlor sowie die Farben in sich verliefen. „Huch, oppalla. Das ist vielleicht komisch", bemerkte Lena hinter Isa nuschelnd. „Ja, aber echt", gab ihr die Schwarzhaarige Recht und stellte beschwingt einen Fuß vor den anderen, was jeder zufällige Beobachter als eine ziemlich wackelige Angelegenheit wahrgenommen hätte. „Aber irgendwie auch lustig." Ein amüsiertes Glucksen entwich ihren Mund und ein darauf folgendes Hicksen bildetet die Nachhut. Ein lauter Knall nahe vor ihr ließ sie innehalten. Urheber des kurzzeitigen Lärmpegels war Dai, der mit voller Wucht geradewegs gegen die Eingangstür gelaufen war. Nach vorne geneigt, die Bäuche mit der Hand haltend, brach wie ein Kugelhagel, eine Lachsalve nach der andren aus ihnen heraus. „Hammer, du bist der absolute Burner", kommentierte Isa nach einer guten Weile mit gefüllt letzter Kraft. „Ja, dass kannst du gut sagen. Du hast dir ja nicht die Stirn angeschlagen", jammerte er, sich die eine Gesichthälfte seiner schmerzverzehrten Visage haltend. Daraufhin fluchte er mit einem derartigen Temperament, das man einen, der soeben einen Schlag gegen den Schädel einkassiert hatte, nicht unbedingt zugetraut hätte: „Verdammte Tür! Kann die nicht irgendwie gekennzeichnet werden?" Daraufhin scherzte Isa: „Man kann ja so ein Schild vor die Tür hängen, wo drauf steht: Vorsicht in der Gegend stehendes Objekt! Stoßgefahr! Eltern haften für ihre Kinder!“ Sogleich verfiel Lena in eine erneute Lachtirade. „Ich meinte eher, dass man ihr einen roten Anstrich verpassen könnte", verteidigte sich der rothaarige Punk gespielt beleidigt. „Oder gleich den ganzen Weg vom Tisch bis zur Tür ausschildern und nen Navigationsservice einrichten", machte sich die Schwarzhaarige weiter über den auf den Boden Sitzenden lustig. Mittlerweile hatten sie sich die Aufmerksamkeit des größten Teils des Saales gesichert und dessen Anwesenden offenbarte sich etwas, was den dreien bislang noch nicht ganz bewusst war. Nämlich die bloße unumstrittene Tatsache, dass das Trio ganz offensichtlich sturzbesoffen war und dieser Zustand wohl noch eine Weile anhalten würde. Dies war für andere auch nicht gerade schwer zu analysieren, denn bei dem torkelnden Gang und den lauten Stimmen, die sich zwischendurch um eine Oktave vergriffen, wurde ihnen die Erkenntnis regelrecht aufgedrängt. Stöhnend richtete sich Dai wieder auf. Nachdem die drei den Saal verlassen und die außerhalb liegende Poolanlage erreicht hatten, sah Isa sich dazu genötigt Lena und Dai erst mal auf eine der Strandliegen zu verfrachten. Andernfalls wäre sie sicherlich das Risiko eingegangen, dass sie die beiden irgendwann in waagerechter Position, alle Viere von sich gestreckt, auf der Erde wieder gefunden hätte. „Es dreht sich alles“, redete Lena drauf los, „Ich glaube ich habe einen Sonnenstich.“ „Ich auch. Es ist hier ja so heiß. Wir hätten in Japan bleiben sollen“, meinte Dai. „Oder gleich in Deutschland“, pflichtete ihm Lena bei. „Ja, in Deutschland. Da ist das Essen besser.“ „Nein ist es nicht.“ „Doch ist es ehr wohl.“ „Und wie oft warst du schon dort?“ Dai hielt eine Hand mit fünf Finger hoch. „Sooo oft?!“ staunte Lena „Boah so oft war ich ja nicht mal da.“ „Echt, aber wenn man da lebt, dachte ich, dass man dort öfters sein müsste.“ „Ja, das dachte ich auch immer.“ So laberten Dai und Lena, bis oben hin dicht, zusammen um die Wette, während Isa mit teils unbewegter teils angestrengter Mine kaum etwas von der außerordentlich intellektuellen Unterhaltung verstand. „Übrigens ich bin Dai“, nuschelte der Rothaarige neben Lena auf einmal und legte den Kopf kurz gegen ihre Schulter. „Hi, ich bin Lena“, meinte sie erfreut. Oh, ja in einen übermäßig alkoholisierten Zustand fiel es bekanntlich leichter, Kontakte zu knüpfen…. „Moment, ihr kennt euch schon seit über einen Monat“, machte Isa die neu errungene Bekanntmachung zunichte, indem sie die beiden wieder auf den Boden der Tatsachen riss. Langsam wandten sich Dais und Lenas Gesichter einander zu und nach zwei Minuten stärksten Nachdenkens ließen sie ein verdrießliches „Stimmt“ verlauten, währenddessen stand Isa mit einen höchst dümmlichen Gesichtausdruck da und verfolgte die Szene, die an Skurrilität gewiss von beinnahe nichts mehr zu übertrumpfen war. Isa taumelte mehr als sie lief. „He, was ist mit euch los, ihr Schlappschwänze?!“ Im Gehen bestreitete sie eine ungewollte Kufe und wäre fast zur Seite gekippt, konnte sich im letzten Moment jedoch noch halten und mehr oder weniger zielsicher auf die Liege der beiden zusteuern. Sie setzte sich zwischen die zwei, packte Dai und Lena fest bei den Schultern, einen links und einen rechts, und begann energisch hin und her zu schunkeln. „Hör auf es wackelt“, beschwerte sich Dai entsetzt. Seine Hand fuhr zum Mund. „Ja, es wackelt ja auch, weil wir auf einen Schiff sind!“, beteuerte Isa und fing an fröhlich zu schmettern „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt die ist schön…“ Zwischendurch wurde ihr Gesang von den verzweifelten Rufen des Punks, dass das alles überhaupt nicht schön wäre, und von Lenas halbherziger Mahnung, dass das Schiff gleich dreckig werden würde, unterbrochen. Dennoch bewegten die beiden anderen nach einer Weile ihre Körper im selben Takt zu Isas und stimmten in ihr lautes Gegröle ein, dessen Schallfrequenz sogar Tote aus ihren Grab geholt hätte „Apropos dreckig“, hörte sich Isa auf einmal sagen. Ihr war etwas eingefallen. „Lena du bist ein Genie“ „Schön dass du das erst jetzt bemerkt hast“, lächelte Lena und man hätte ihr die Selbstverherrlichung um ein Haar abgekauft. „Nein, ehrlich!“, entgegnete Isa aufgeregt, „Dreck, Dreck. Warum bin ich da nicht schon früher drauf gekommen? Was für nen Dreck!“ „So, jetzt ist mir erst recht schlecht“, murrte Dai, beobachtete jedoch zusammen mit Lena, wie Isa auf einen Palme zuwatschelte. Ihre unsicheren Schritte zeugten schier von ihren abhanden gekommenen Gleichgewichtssinn. Dennoch lief die Schwarzhaarige auf das Gewächs zu und beäugte es eingehend, ehe sie mit derbster Brutalität an der Palme riss und zerrte und Lena schon den Eindruck hatte, Isa wolle sich mit dem Grünzeug strangulieren. Isa hatte Erfolg. Aber nicht den, den sie beabsichtigt hatte einzuheimsen. Denn als Objekt ihre Begierde stellte sich der Blumentopf heraus. Anstatt nur die Palme aus dem Gefäß entfernt zu haben, hielt Isa die Pflanze in die Höhe, an deren Wurzeln der gesamte erdigste Inhalt des Krugs hing – ganz so als würden sich die Wurzeln mit aller Macht dagegen sträuben, von ihrer Behausung abzulassen. Ungeduldig schüttelte Isa die Palme, bis sich ihrer Meinung nach, genug Erde von den Wurzeln gelöst und im Porzellankrug angesammelt hatte. Das ramponierte Gewächs wurde achtlos an der Seite liegen gelassen. Dann versuchte Isa den schweren Kübel hochzuheben. Das Unterfangen endete in einem grandiosen Scheitern. Mit einer Spur Wut und Unverständnis durchbohrte ihr Blick in Gegenstand, bevor sie in die leere Luft vor ihr fragte „Warum will mein Glas Dreck nicht, wie ich will?“ Ihre Augen huschten durch die Gegend, als suche sie nach dem vermeidlichen Schuldigen dieser Lappalie. Aber dann breitete sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Infolge dieses raschen Sinneswandels zuckte Isa plötzlich gleichgültig die Schultern. Umgehend begann sie um das Glas herum zu hüpfen, wobei sie aus voller Kehle trällerte „ Ich hab ein Glas voll Dreck! Ich hab ein Glas voll Dreck! Und rat mal was da drin ist!“ Wenn die Lautstärke vorhin schon Tote zum Leben erweckt hätte, dann wurden sie nun einen erneuten Tod sterben. Diagnose: Schock nach dem Aufwachen. Und irgendwie war es unvermeidlich, dass dies, spätestens nach dieser Aktion, jemandes Aufmerksamkeit auf den Plan rief. „Na, wenn haben wir denn da?“, vernahm es Lena von weiten. Schritte nährten sich. „Feindliche Besatzung!“, brüllte Isa sogleich los, ließ den Blumentopf, Blumentopf sein und hastete zurück zu Lena und Dai, welche noch wie zuvor auf der Liege saßen. „Bereit machen zum Kampf, Matrosen!“, donnerte die Schwarzhaarige. Erschrocken fuhr Lena hoch, sah sich um und gab den Impuls loszuprusten nach. „Aber das sind doch…“ Noch bevor sie den Satz zu Ende geführt hatte, riss ihr Isa die Sonnenbrille vom Kopf und warf sie mit voller Wucht in die Richtung der angeblichen Feinde. Die Brille verfehlte ihr Ziel um Meilen, schoss quer durch die Anlage und prallte an dem kahlen Hinterkopf eines Hotelangestellten ab, der sich verwirrt den Nacken rieb, und vorsätzlich Deckung suchte, bevor er wieder seiner Arbeit nachging. Dies von Vernunft geprägte Verhalten erwies sich als sehr vorteilhaft, denn bei den durch die Gegend fliegenden Dingen, blieb es nicht nur bei der Sonnenbrille… Tatsachlich war der Angestellte sechs Mal dazu gezwungen zur Seite zu springen, um seinen Kopf vor Getränkeflaschen, Cremebüchsen und einen Sonnenschirmständer zu retten. Wobei Letzteres nur wenige Zentimeter an seinem Ohr vorbeigesaust war. Doch all das verhinderte nicht, dass der nun feixende Feind näher rückte. Ganz im Gegensatz zu Haruhi, die einen äußerst ernst dreinblickenden Gesichtausdruck aufgesetzt hatte, schienen sich die Zwillinge beim Anblick der drei Betrunkenen schlichtweg zu amüsieren. Und auf Kyoyas höchst erfreute Miene sollte hier nicht weiter eingegangen werden…. „Na, habt ihr einen über den Durst getrunken?“, sagten die Zwillinge synchron, als sie bei den dreien angekommen waren. Hinter Lenas verschleierten Pupillen blitzte Verwirrtheit auf. „Nein, haben wir nicht. Das war voll lecker“ „Die Bowle am Buffet, nicht wahr?“, riet Haruhi, worauf Lena beigeistert nickte und Dai, dem endlich ein Licht aufgegangen war, kommentierte: „Shit, da war Alk drin“ „Macht euch nichts draus“, munterte sie ein Rothaariger auf. Seine Lippen verzogen sich zu einen vergnügten Grinsen. „Der Chef ist auch nicht besser weggekommen.“ „Warum habt ihr derart viel Alkohol konsumiert?“ wollte Kyoya nun wissen, und sein anmaßender Blick blieb an jeden der drei für ein paar Sekunden hängen, wie ein Sensor, welcher der Ursache auf den Grund gehen wollte. Die gehickste Antwort erhielt er von Isa. „War ein Versehen.“ „Der Punsch war gut“, fügte Lena hinzu und leckte sich ausgehend über die Lippen. „Hast du noch mehr?“ Kyoya zeigte keine Reaktion, während die Zwillinge urteilten: „Genauso bedauernswert wie der King“ Und unglücklicherweise schweifte ihr Blick im nächsten Augenblick zu Dai, der auf dem Boden in der Bauchlage liegend, Schwimmübungen nachahmte und vor sich die Luft zerteilte, wie ein gestrandeter Fisch auf dem Trockenen. „Nein, wohl doch eher noch bemitleidenswerter“, korrigierten sie sich und kriegen sich kaum mehr ein vor Lachen. Indessen hielt ihnen Kyoya einen Vortrag, wie viele Gehirnzellen bei einem Vollrausch abkratzen und dass er es nicht im Mindesten für empfehlungswert halte, sich an Lenas Verhalten ein Beispiel zu nehmen. Zumal sie sich in ihrer Verfassung auch völlig unbrauchbar für den Host Club erweise und sich dies fatal an den Einnahmen widerspiegeln würde. Daraufhin ließen sich die Zwillinge zu der enttäuschten Feststellung herab, dass sie gedacht hätten, er habe das einmal nicht aus purem Egoismus gesagt hätte, sondern aus Sorge. „Des Weiteren“, nahm der Brillen tragende Host den Faden auf, „tritt bei den meisten Fällen übermäßigen Alkoholkonsums eine eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit, eine gesenkte bis kaum noch vorhandene Hemmschwelle auf sowie kann dieser Zustand Handlungen mit sich ziehen, an die sich Betroffene im nüchternen Zustand nicht mehr zu erinnern vermögen oder zu denen sie sich unter keinen Umständen ohne den Einfluss von Alkohol herabgelassen hätten.“ Wie um das Gesagt zu verdeutlichen, nickte er zu Dai hinüber, der stark hechelnd damit beschäftigt war, Sandkörner von seiner Zunge zu kratzen, und so wirkte, als würde er gleich kraftlos zusammenbrechen. Haruhi sah der ganzen Angelegenheit im wahrsten Sinne des Wortes nüchtern entgegen. Die Meinung der Zwillinge beruhte darauf, dass es immer am lustigsten wäre, nüchtern den Besoffenen zuzuschauen, denn dann hätte man Entertainment für einen Monat gehabt. So die Behauptung der beiden. Hätten sich Isas Gedankengänge derzeit nicht wie von Watte umpackt gefühlt, wäre sie garantiert vor Lachen gestorben. Denn der Anblick, welcher sich ihnen ebben bot, gab wahrlich Grund genug dazu. Tamaki - der ehrenwerte King des Host Clubs - wurde auf den starken Armen Moris getragen und wirkte dabei alles andere als erfreut darüber. Aber das Bild, was er abgab, war wirklich zum Schreien komisch. Auch wenn es nur träge in seinen Augen blitze und er sich nur verhemmt gegen den sicheren Griff des Größeren wehrte, so bleiben seine jämmerlichen Fluchtversuche doch erfolglos. Hierbei muss gesagt werden, dass Tamakis Abwehrmaßnahmen sich grundsätzlich auf Nasenkneifen und Ohrenziehen beliefen. Der neben den beiden her laufende Honey versuchte sein Bestes, um den blonden Host zu beruhigen. „Armes Tama-Tama. Trink nie wieder so viel. Das tut dir gar nicht gut. Ein Glück, dass du Mori hast.“ Zwar hatte es der kleine Blonde nur gut gemeint, doch dies schien Tamaki etwas anders zu sehen. Kampflustig begann er mit den Beinen zu strampeln. Fast schon flehend streckte er die Arme aus. „Kyoya, warum? Warum tut ihr mir das an und beraubt mich meiner Freiheit, meinem Rechtes zu gehen? Was für eine Schmach!“ Er zog einen Schmollmund. Tränen glitzerten in seinen blauen Augen. „Tamaki, das habe ich dir doch bereits einmal erklärt“, speiste ihn der Brillenträger ungerührt ab. „Tama-Tama hat zu viel Bowle getrunken“, bemitleidete Honey. „Bowle“, echoten Isa, Lena und Dai im Chor „Habt ihr etwa noch mehr davon?“ „Und wenn ihr euch fragt, was mit denen los ist“, erklärten die Zwillinge in Richtung von Mori und Honey und deuteten auf das betrunkene Trio. „Die ham wohl die Bowle auch für nen Softdrink gehalten und zwangsläufig einen zu tiefen Blick ins Glas riskiert.“ Lena zuckte zusammen, da sie erst jetzt Moris Anwesenheit bemerkt hatte. Ihre Augen weiteten sich einen Moment und wie in Trance erhob sie sich, und machte sich auf den Weg zu ihn, Dai im Schlepptau, der ihr aus irgendeinen unerfindlichen Grund hinterher trottete. Ihr nicht minder sich als überaus holprige entpuppender Weg führte die beiden nahe am Beckenrand des Pools entlang. Auf einmal spürte Lena einen Ruck. Etwas hatte sich an sie gehängt, dessen Gewicht sie unweigerlich nach hinten zerrte. In der nächsten Sekunde vernahm sie einen Schrei und registrierte erst einige Herzschläge später, dass dieser Laut ihrem eigenen Mund entflohen war. Aus reinem Reflex heraus kniff die Brünette die Augen zusammen. Das platschende Geräusch hallte in ihren Ohren wieder. Erschrocken zwang sie sich die Augen zu öffnen und sah sich von Wasser umschlossen. Überall um sie herum wirbelten unzählige kleine Blasen, ehe sie zur Wasseroberfläche emporstiegen. Ihr Mund klappte auf. Wasser rannte in ihre Kehle, entfachte ein brennendes Feuer in ihren Rachenraum und ließ ihre Lungen schmerzen. Mit aller Kraft, die sie in diesen Zustand im Stande war aufzubringen, schlug Lena mit den Armen um sich und zerteilte die Wassermassen des Pools. Um sie herum Wasser. Nur Wasser. Eine entsetzliche Furcht hatte sich ihrer bemächtigt, sich mit der stechenden Atemnot und den Nachwirkungen des Alkohols verbunden und verhinderte das Abmildern dieser schrecklichen Angst. Dennoch gelang es ihr, sich zur Wasseroberfläche durchzukämpfen. Als sie mit den Kopf durch an die Luft stieß, musste sie feststellen, dass Dai neben ihr paddelte. Seine Armbewegungen wirkten sogar noch um ein Vielfaches unkoordinierter und pansicher als Lenas. Insgesamt spritze er eher mehr Wasser auf, als dass er sich an der Oberfläche hielt, wobei er immer wieder schrie: "Hilfe, die Haie wollen mich fressen! Zu Hilfe!" "Red keinen Scheiß. Hier sind keine Haie", schrie Lena erstickt hustend zurück und schlug mit ihren Armen weiterhin auf das Wasser ein, so als suche sie nach einem Halt, den sie nicht fände. Kapitel 25: Richtige Gesichter und wahre Absichten -------------------------------------------------- Kapitel 25 Richtige Gesichter und wahre Absichten Wild auf dem Wasser einschlagend, kämpfte Lena darum, an der Oberfläche zu bleiben. Zweifellos überwog in diesen Moment der unmittelbar, teilweise für sie nicht erfassbaren Gefahr die Furcht und verbannte das Wissen über die Fähigkeit des Schwimmens in die hinterste entlegenste Region ihres Denkvermögens. Doch während sie sich noch tapfer über dem Wasser hielt, sah es bei Dai weitaus schlimmer aus – bei ihm würde wohl bald wirklich der prophezeite Erstickungstod eintreten. Plötzlich fühlte sie, wie sich zwei kräftige Arme eng um ihre Taille schlangen und noch ehe Lena wusste, wie ihr geschah, wurde sie von etwas Großem durch das Wasser zum Rand des Pools gezogen und über ihn gehoben. Wieder auf festen Boden, wo Lena erst einmal den letzten Strahl Wasser ausspucke, sich keuchend und orientierungslos umschauend, traten sogleich eine bestützt drein blickende Haruhi, ein Kyoya, der wohl schon vor allen anderen einen Schluss gezogen hatte, Zwillinge, die nicht ganz wussten, was sie von den Drama halten sollten, dann aber posaunten „Wie in James Bond“, ein äußerst dämlich aus der Wasche schauender Tamaki, von dem sich scheinbar jeglicher IQ verabschiedet hatte - das denkende Organ hatte wohl endlich vollends „Adiós “ gesagt - und ein krampfhaft sein Häschen umklammernder Honey in ihr Blickfeld, bevor einen Moment später das große Etwas sich, aus dem Wasser an den Beckenrand hievte. Glitzernde Wassertropfen perlten aus seinen dunklen Haaren, rannen über seine Stirn, Wangen und Lippen, über seine durchtrainierte Brust und den kräftigen Rücken. In seinen Augen lag etwas Besorgtes, Vorwurfsvolles, das jedoch nicht das Funkeln der ununterdrückbaren Wut ganz verbergen konnte, wenngleich sich diese in keiner anderen Weise an Mori zeigte. Neben ihnen klatschte etwas auf die Erde und ließ Lena umgehend den Kopf wenden. Dai triefte nur so von Wasser, und Lena merkte, dass es um sie nicht gerade besser stand. Hinter Dai kam Gin. Seine Mine sagte, dass er die Aktion des kleinen Punks alles andere als gut hieß, geschweige denn nur einen Hauch von Witzigkeit an ihr fand. Seine Augen sprühten Funken vor Ärger. „Komm mit!“, raunzte er ihn an, eine Spur härter als nötig gewesen wäre. Automatisch zuckte Dai, bei dem Ton, den Gin an den Tag legte, ein Stück zurück, die Augen aufgerissen und bedröppelt etwas von Fischfutter nuschelnd. Umgehend bereute der Größere seinen Tonfall und als er sagte „Komm, wir gehen jetzt“, schmolz die Schärfe in seiner Stimme. „Aber…“, wollte der Rothaarige sogleich ansetzten, doch der Andere hatte bereits seine Hand ergriffen, um ihn mit sich fort zu schleifen. „Und weg waren sie“, grunzte Isa, während Tamaki begann „Time to say Goodbye“ anzustimmen. In den Gesang fiel Isa sofort ein. „Wow. Was für ein Katzengejammer“, kam es postwendend von den Zwillingen, „Eins steht fest, wir werden ihnen beim nächsten Mal nur Alk geben, wenn wir den neuen Ton für unsere Alarmanlage aufnehmen.“ Indes hatte Mori Lena auf seine Arme genommen, was sie geschehen ließ, außerstande ihren Blick von ihm abzuwenden. Ohne jegliches Aufbegehren ließ sie sich von ihm davon tragen. „Ich nehme mal an, du bringst sie aufs Zimmer“, sagte Kyoya, als Mori an ihn vorbei schritt, sein trockenes, zerknittertes Hemd, das er vorzeitig ausgezogen hatte, in der anderen Hand tragend. Er nickte nur. Erst nachdem die beiden sich von der Poolanlage entfernt hatten, fiel Isas Aufmerksamkeit wieder auf den Host Club. „Wow… Woher kommt ihr denn jetzt?“, fragte sie, die Verwirrtheit konnte man ihr in den Augen ablesen. „Na, aus Entenhausen“, rief Tamaki, als wäre diese Neuigkeit der Tagesschlagzeile der „New Yoker Times“ würdig. „Was dich betrifft wohl eher aus Blödenhausen“, murrte Haruhi. Ihr Blick verriet jedoch, dass sie es nicht so meinte. Viel eher schien sie ehrlich Mitleid mit dem blonden Host zu haben, denn der übte sich gerade in der athletischen Disziplin: „Wie lange kann ich lachend auf den Boden liegen, ohne meine eigene Zunge zu verschlucken? (Ein eindeutiges Signal dafür, dass man sich berechtigte Gedanken darüber machen sollte, ob er denn jetzt nicht mehr nur in die Akte „Gestört“ einstufbar wäre, sondern vielmehr in die Spate „Gefahr für die Öffentlichkeit“ fiel. Und Isa würde allzu bald aufgehen, warum dieser höchst seltene Fall eingekehrt war. Denn alsbald offenbarte sich ihr zu deutlich, wie sehr Tamakis Denkorgan unter den Einwirkungen der Bowle litt. Es war wohl darüber hinaus mit wehenden Flaggen vom Feld abgezogen, einen völlig irren, im wahrsten Sinne des Wortes derzeit hinamputierten Franzosen zurücklassend. Und als sei dies nicht schlimm genug, trug Isas derzeitiges Empfindungsvermögen dazu bei, dass sein Verhalten eine provozierende, wenn nicht abfärbende, Wirkung auf sie ausübte. Denn kurz nach der Absaufaktion zeigte sich der Ausschlag, ihn zum „King des Chaos“ zu küren. Wie auch immer - in einem Moment gab er große Bedenken zum Anlass, ob er heute auch mal einen Meter ohne Hinfallen zurücklegte, und im nächsten hätte er auch schon Kyoyas Brille gemopst. Schwups - da war sie weg und eher der Beklaute es überhaupt registrierte, hatte Tamaki sie schon im Sand vergraben, ohne Erinnerung, wo sich besagte Stelle befand. Woraufhin er Kyoya sofort den Vorschlag unterbreiten wollte, er könne ja mit ihm Schatzsuche spielen, und wer die Brille finden würde, dürfe sie dann behalten. Kyoyas Reaktion blieb kalt und bestand ausschließlich darin sich auf einer Liege niederzulassen, mit fester Absicht Tamaki für eine geraume Zeit zu ignorieren. Augenscheinlich hatte sich Kyoyas düsterste Ahnung, die er in seinen dunkelsten Stunden zu hegen pflegte, bewahrheitet. Nämlich dass Tamaki eines Tages mit seinen derart ausschweifenden, ganz und gar eines Hosts ungebührlichen Benehmens sämtliche Kundinnen abschrecken könne. Wohl das fürchterlichste Horrorszenario des Dunkelhaarigen und an dieser Befürchtung ließ der Brillenträger auch nicht den geringsten Zweifel. Insofern klügelte er bereits an einen Plan zum möglichst unauffälligen Evakuieren Tamakis. An diesen Tag verschwand ein ganzes Sensorium an Sachen. Was nicht zuletzt daran lag, dass Isa wie aus heiterem Himmel an der „Schatzsuche“ Gefallen gefunden hatte. Man konnte davon ausgehen, dass alles was nicht irgendwie niet und nagelfest war, auf direkten Weg seinen angestammten Platz wechselte. Angefangen von Kyoyas Brille, über die Putzlappen einiger Hotelangestellter, bis hin zu Honeys Stoffhäschen (das man, nachdem der Kleine das Hotelpersonal zwei Nächte wach gehalten hatte, vom gefliesten Grund des Pools fischte. Ein riesen Aufwand. Von den Kosten für die Nervenheilanstalt bei allen Beteiligten ganz zu schweigen.) galt alles für einen bestimmten Zeitraum unauffindbar und tauchte nach einer gewissen Zeit wieder an den absurdesten Orten auf. Hauptverantwortliche daran waren - wie hätte es auch anders sein können – die noch völlig berauschten Trunkenbolde, Tamaki und Isa. Gerade machten sie sich einen Spaß Kyoya (den sie Blindfisch getauft hatten) mit Blütenblättern, die sie bei der Hotelrezeption mitgehen gelassen hatten, zu bewerfen, wobei Tamaki mit gewichtiger Stimme sagte „Kyoya, ab heute bist du verheiratet! Mit Blindfisch!“ Im Hintergrund summte Isa einen schwermütigen Trauermarsch. Der Park wirkte wie leergefegt. Tagsüber hielten sich hier nicht viele Hotelgäste auf, erst gegen Abend erfreute sie das Gelände einer steigenden Zahl von Besuchern, die seiner hölzernen Pavillons und alten Schiffskulturen Beachtung schenkten. Nun war niemand im Park – mit Ausnahme natürlich von ihr. In letzter Zeit war sie oft ohne Fiona und Celin unterwegs. Yvette musste alleine sein. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken – um ihrer Gedanken zu ordnen. Warum ausgerechnet jetzt? Alles hätte so perfekt sein können. Sie hatte alles was sie wollte – Geld, Gesundheit, eine hohe Abstammung und bei aller Eitelkeit konnte sie nicht gerade von sich behaupten, dass sie unaktaktiv war. Brilliante Grundlagen für ein Leben auf der schillernden Sonnenseite – der glitzernden funkelnden Welt der Schönen, Reichen und Mächtigen. Ihr ganzes Leben war bis jetzt so verlaufen, wie sie es gewollt hatte, hätte sich an Perfektionismus nicht übertreffen können. Doch dann hatte eines Novemberabends ein einziger Anruf dies allem ein Ende gesetzt. Alles in ihr sträubte sich dagegen, den Umstand anzunehmen, nur auch noch einen einzigen schrecklichen Gedanken an ihn zu verschleudern. Er, der der Verursacher allen Übels war, das sich, wie eine dunkle hässliche Wolke über ihr zusammenbraute. Warum musste ausgerechnet er es sein? Ihre Gedanken kreisten ohne Unterlass um sich selbst. Sie stand von dem elegant geschwungenen Stuhl auf, um unter dem Dach des Pavillons hervorzutreten und in den blauen Himmel zu schauen, als würde sich die ersuchte Antwort dort hinter der Sonne verstecken. „Na, wenn haben wir denn da?“ Erschrocken zuckte sie zusammen. Beim Klang der Stimme sträubte sich jedes einzelne Härchen in ihren Nacken. Sie kannte ihn nur zu Gut - den lockeren aber dennoch anmaßenden Ton, denn sie über die letzten zwei Monate hinweg regelrecht zu hassen gelernt hatte. Sie wagte es kaum, sich zu ihm umzudrehen und als sie es dann dennoch tat, bereute Yvette es zutiefst. Die Lage, welche sie über die ganze Zeit unbedingt hatte vermeiden wollen, war nun eingetreten. Unbemerkt und lautlos hatte sie sich angeschlichen – ohne jedwede Vorwarnung. Jetzt saß sie in der Falle. Nur eine Maus, welche die ganze Zeit in die falsche Richtung gerannt war, auf der Flucht, und dann doch nicht der lauernden Katze entrinnen konnte. Das Lächeln auf seinem Gesicht verzog sich zu einen feixenden Grinsen. „Freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?“ „Ich wusste nicht, wieso“, sie bemühte sich ihrer Stimme so viel abweisende Kälte wie nur möglich zu verleihen, was ihr ziemlich gut gelang. Aber er wäre nicht er, wenn er sich davon einschüchtern gelassen hätte. „Ziemlich ruppig, oder denkst du nicht? Ich weiß gar nicht ob du dir deine Kratzbürstigkeit so ohne weiteres erlauben darfst“, höhnte er und sein fieses Grinsen wurde noch breiter. „Wie ich mit wem rede, ist allein meine Entscheidung.“ Sie wandte sich ab. Ein schwerwiegender Fehler, wie ihr daraufhin nur allzu schnell bewusst wurde. Ohne, dass sie es gemerkt hatte, war er von hinten an sie herangetreten. Unwillkürlich beschleunigte sich Yvettes Atmung. Sie wusste, das Weglaufen es nicht viel besser gemacht hätte, denn ohne sich, etwas vormachen zu brauchen, hätte dies bei seiner Kondition auch gar keinen Zweck gehabt. Zweifellos war sein Äußeres von außerordentlicher Attraktivität. Doch sie wusste, was unter dieser ansehnlichen Oberfläche lauerte, wusste von dem rucksichtslosen skrupellosen Raubtier, das nur darauf wartete seine Beute zu erlegen. Seine Hand legte sich an ihre Wange, wo er sie leicht berührte und sie dann über ihr Kinn und ihren Hals gleiten ließ. Sie erbebte vor Ekel. Und dann war da seine Hand in ihren Nacken. Sie wollte ihn anfauchen, schreien, er solle sie nicht anfassen, doch die plötzliche Nervosität schnürte ihr die Kehle zu. Inzwischen streichelte er ihr Schlüsselbein hinab. Derweilen kämpfte sie mit einer Welle der aufkeimenden Angst und entsetzlichen Übelkeit. Von neuem begann die Hand an ihrem Schlüsselbein ihre Wanderschaft. Jegliches Aufbegehren von Yvettes Seite her, war zum Scheitern verurteilt. An die Innenholzwandverkleidung des Pavillons gedrängt, beide Handgelenke über ihren Kopf von ihm festgehalten, musste sie mit ansehen, wie seine Hand unter dem Stoff ihres Trägertops verschwand. Sie öffnete den Mund, um nach Hilfe zu rufen, doch als hätte er ihr Vorhaben erraten, sagte er: „Na, na. Wer sollte dich hier schon hören? Sei einfach still und dir passiert nichts. Wenn ich will, könnte es dir sogar gefallen….“ Das suffisante, selbstzufriedene Grinsen, welches sie jetzt mehr als je zuvor hasste, kam abermals zum Vorschein und entfachte in ihr erst recht die Panik. Immer noch versuchend die Woge der Angst niederzudrücken, begann sie sich, zu sträuben, was vom ihm jedoch durch einen schmerzhaften Griff um ihre Handgelenke unterbunden wurde. „Was für ein räudiges Kätzchen“, säuselte er ihr ins Ohr und Yvette glaubte sich gleich vor Abscheu übergeben zu müssen. Auf einmal kam es Yvette vor als würden zwei Fronten in ihren Inneren sich gegenseitig bekriegen. Da war Furcht, aber auch etwas anderes… etwas, was mit jeder Sekunde an Intensität und Stärke zunahm. Etwas das anschwoll, wie ein riesiger Luftballon ohne Ventil, um überschüssiges Gas auszulassen… und wie eine Zeitbombe ihr todessicheres Ticken aufnahm, um nach dem Verstreichen einer geraumen Weile in die Luft zu gehen, in tausende Teilchen explodierend. Yvette empfand Angst aber auch feurige Wut gleichermaßen. Und als Sandros Hand weiter nach oben glitt, könnte sie nicht anderes. Entgegen aller Gewissheit, dass sich eh niemand anderes in der Nähe befand, geschweige denn ihre Hilferufe vernehmen würde, brülle sie los. Im ersten Moment zuckte Sandro überrascht zurück, aber rasch glätteten sich seine Gesichtzüge wieder. Seine Hand nahm die Wanderschaft auf, während sie die letzten Versuche tat, sich ihre Lunge aus dem Hals zu schreien. In ihren Ohren rauschte das Blut und ein schmerzhaftes Ziehen verriet ihr am Rande, dass sich, Schwielen an ihren Handgelenken gebildet hatten. Dann war die Hand auf einmal weg. Trotz aller Vernebelung der Bowle war Tamakis Blick so scharf wie der Dolch eines Serienkillers und bitterböse, auch wenn die Blitze verhaltener Weise ausblieben. Dafür schien Kyoyas Mine umso mehr mordlustiger (wenn auch ohne Brille), Sandros Hand in seinen festen Griff gepackt. „Ich hätte nicht gedacht, dass es dir als ihr Verlobter zusteht, ihr gegenüber so anmaßend zu werden.“ Beim Klang seiner Stimme würde sogar die fröhlichste Atmosphäre jäh unter den Gefrierpunkt geraten und die heißeste Wüste zu einem Eismeer gefrieren. Mit einem Mal war die Luft von einer flirrenden Spannung erfüllt. Inzwischen erweckte Tamaki den Eindruck, dass er bald von innen heraus verglühen müsse, da er wie ein rasender Stier, kurz vor den Angriff, ein Schnauben durch die Nase ausstieß und man insgeheim auf Dampfwölkchen wartete, die ihm aus dem Ohren zu quellen beginnen würden. „Was erlaubst du dir, hä? Dieser liebliche Prinzessin zu nahe zu treten, um sie für deine dunklen Machenschaften zu missbrauchen, du hinterhältiger, nichtsnutziger..“, lallte Tamaki im Hintergrund, dem Ganzen eine gewisse Extravaganz verleihend, ehe er vorne überkippte. Die Zwillinge fingen ihn gerade noch auf, bevor er auf den harten Steinboden aufkam. „Ok, der hätte es eh nicht mehr lange getan“, meinte einer der Rotschöpfe, „Lassen wir ihm die kleine Auszeit. Obwohl nen bisschen schade ist es schon… als was er ihn wohl noch beschimpft hätte…“ Derweilen schaute sich Yvette mit bis zum Anschlag aufgerissenen Augen um. Die Verstörtheit war ihr deutlich anzusehen, als sie den Host Club einschließlich Isa ausmachte. In der nächsten Sekunde klebte ihr Kopf, von stummen Schluchzern geschüttelt, bereits an Haruhis Hals, während die Brünette ihr etwas unbeholfen durchs Haar fuhr sowie tröstend ihre Schulter tätschelte. Kyoyas erbarmungsloser Blick sagte alles. Eine Anzeige wegen sexueller Belästigung würde Sandro so gut wie sicher sein. Das Drehen in ihren Kopf nahm kein Ende, ihre Umgebung wirbelte ohne Unterlass um sich selbst. Verwirrt schloss Lena die Augen. Plötzlich spürte sie etwas Weiches unter sich. So weich und flauschig. Die Welt hatte ihr Schwanken aufgegeben. Alles war still. Kein Laut. Herrlich ruhig. Und dann sank sie zurück. Nur am Rande bemerkte sie, dass sie von etwas Warmen umwickelt wurde. Sie hätte schwören können, dass etwas durch ihr Haar streichelte und warmer Atem ihre Wange streich. „Haie“ war ihr letztes Wort, bevor ihr endgültig das Bewusstsein schwand, sie der Schlaf ubermannte und dunkle Schwärze vor ihren Augen einkehrte. Nachdem Kyoya Sandro versichert hatte, dass es bestimmt nicht in seine Gnade fallen würde, weil zudem die Masse an Zeugen mehr als ein eindeutiges Urteil sprach und kein Schmiergeld der Welt daran etwas ändern würde, Haruhi die völlig aufgelöste Yvette in ihr Zimmer begleitet hatte, um ihr dort Trost zu spenden, war Tamaki aus seiner kurzen „Auszeit“ wieder erwacht, und bereit für eine Menge neuer Aktionen, die unter Garantie am Ende etwas zu Bruch gehen lassen würden. Doch nach einer gewissen Zeit, verlor auch diese Art von Unternehmen für ihn seinen Reiz, weshalb ein neues Objekt des Interesses her musste. Unglücklicherweise bot sich da das Naheligenste an. Es hatte sich nach seinem Rausch dösend auf einer Liege in der Sonne breit gemacht. Vielmehr brauchte man zu ihm nicht sagen. Jedenfalls konnte sich Tamaki ein Vergnügen am Schütteln besagten Objektes, abgewinnen. Das genaue Gegenteil empfand dabei jedoch das Objekt namens Isa, dem im Schlaf ein unablässiges Knurren entwich und schließlich sogar um sich schlug. Tragischerweise traf sie Tamaki an der Hufte und weil der blonde Host eh noch relativ wackelig auf den Beinen war, versagt bei ihm umgehend der Gleichgewichtssinn, sodass er mitten auf Isa fiel, die sich plötzlich in einen viel zu wachen Zustand befand, als sie Tamakis Stirn an ihrer wahrnahm. Umgehend fluchte sie erbost los: „GEH VON MIR RUNTER! LOS VERPISS DICH! WAS WILLST DU EIGENTLICH, HÄ? KANNST DU NICHT MAL…!“ „Hör auf zu schreien. Sei zur Abwechslung mal still, sonst passiert gleich etwas, wovon ich weiß, dass du es bestimmt nicht mögen wirst“, entgegnete er, ohne eine Spur von Reue. Blanke Empörung spiegelte sich in ihren Blick wieder. Aber da war noch etwas… etwas Neugieriges, Abwartendes, ja Risikofreudiges. „Ach, ja und was willst du machen? Mich beißen?“ Ihre Stimme war ein Fauchen, geprägt von der Herausforderung, die sie ihm geradezu entgegen schleuderte. „Ich sagte doch, sei leise.“ Sein entschlossener Ton, ein Zeichen, dass er die Herausforderung annehmen würde. Eine elektrische Spannung lag in der Luft. Sie zog eine Braue in die Höhe. „Und wenn ich das nicht bin, und gleich alles zusammenbrülle, weil du nicht von mir runter gehst, was dann?“ Es ging viel zu schnell für sie. Auf die Hälfte ihres Gesichts hatten sich gerade noch die Sonnenstrahlen ergossen, ehe sich jäh ein Schatten vor ihnen gezogen hatte, sie vor dem Licht abschirmte und dann lagen seine Lippen auf den ihren. Isa blieb wie versteinert liegen, nicht fassend was da soeben geschah. Er hatte es tatsächlich gewagt und tat es immer noch. In Sekundenbruchteilen rasten ihr tausend verschiedene Grunde durch den Kopf, weshalb sie das Recht hatte, ihn zu töten. Und doppelt so viele Mordvarianten kamen ihr in den Sinn. Und auf einmal wusste sie nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Sein Duft war berauschend. Es war dasselbe Aftershave, was ihr damals auch die Sinne vernebelt hatte. Da war noch etwas. Das Aroma auf seinen Lippen. Der köstliche Geschmack der süßen Bowle haftete noch auf ihnen. Als hätte plötzlich ein kleines Männchen in ihr einen Schalter umgelegt, erschien ihr das Ganze gar nicht mehr so widerlich, nein im Gegenteil es gefiel ihr zusehends mehr. Der Aroma des Getränks erfüllte ihn und Isa konnte nicht anders, als sich zu fragen, ob es in anderen Gebieten, zu denen man weiter vordringen musste, noch an Intensität zunahm. Die Neugier und der Übermut hatte Isa gepackt. Unbedingt wollte sie mehr von diesem Geschmack, musste sich dabei jedoch eingestehen, dass das, was sie gerade im Inbegriff war zu tun, ja in diesen Moment tat, ihr gar nicht derart missfiel, wie sie zunächst angenommen hatte. Zuerst war sie tastend, ja fast vorsichtig, als barg jede Sekunde die unmittelbare Gefahr, sich zu verbrennen. Anfangs machte es den Anschein, als würde er ihr wirklich freies Spiel lassen, als ihre Zunge seine Mundhöhle eroberte, um das fast vergessene Aroma der Bowle zu kosten. Sie gierte regelrecht danach – und er war der einzige, der ihren Durst danach stillen konnte. Doch dann trieb er sie mit seiner Zunge zurück. Wie voraussehbar, dachte Isa. Denn mit dieser Masche hätte sie bei ihm rechnen können. Necken stand auch sonst bei ihm ganz weit oben auf den Plan. Na, das konnte er haben, aber ohne sie. Sie forderte ihn heraus. Alsbald lieferten beide sich einen Kampf, bei dem jeder versuchte die Oberhand zu erlangen. Ganz impulsiv verkrampften sich ihre Finger in seinem Shirt. Ein leises Stöhnen entwich seinem Mund, als Isa ihn zurückschlug und plötzlich umschlang seine Zunge die ihre. In ihren Ohren rauschte es unaufhörlich. Mit einem Mal fühlte sie sich nicht mehr hin und her gerissen. Verschwunden war die eben noch in Aussicht stehende Initiative, ihn wütend kreischend und wild auf ihn einschlagend von sich zu stoßen. Die Aggression war dem Gefühl des Verlangens gewichen. Ihr schwirrte der Kopf, zugleich war da ein angenehm warmes Kribbeln in ihren Bauch. Wo war die Vernunft geblieben? Gab es wirklich keinen anderen Weg, als sie vollends in den Wind zu schlagen? Offenbar nicht. Getrieben von Begierde und Gier, erwiderte sie seinen Kuss und konnte doch nur das herrlich süße Aroma der Bowle schmecken, das sie für jeden anderen Gedanken unfähig machte. _______________________________________________________ Und Cuuuuut!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Oh mein Gott! Es ist fertig! Ich habe es vollbracht! *kreisch* Meine beiden Charas und die Host sind jetzt mehr oder weniger liiert. Ok, das hört sich jetzt noch nicht so viel versprechend an, aber hey es ist doch ein Fortschritt. Irgendwie bin ich diesmal nicht wirklich zufrieden mit meinen Schreibstil – aber was soll’s? Ich habe schließlich noch viel Zeit und viele Gelegenheiten zum Üben. Ich hoffe ihr bleibt noch dran - so kurz vor dem Schluss. */////.////* Kapitel 26: Ballzauber ---------------------- Kapitel 26 Ballzauber Zuerst weit entfernt, jenseits ihrer Wahrnehmung, ein leises Dröhnen. Ganz sacht, fast unscheinbar nahm es zu, wurde lauter und lauter, kam näher, breitete sich aus, ganz wie ein gefährliches Tier sein Territorium erweitert. Das Dröhnen verwandelte sich in ein Pochen, schwoll weiterhin an, bis sie meinte, ihr Kopf müsse bald platzen, würde in Stücke bersten, angesichts des hämmernden Schmerzes. Ein raues Stöhnen entwich ihrem Mund, als sie die Hand hob, um ihre brennenden Schläfen zu berühren, hinter denen es unaufhörlich pochte. Sie rieb sich die beiden Partien, mit der Aussicht auf nicht die geringste Linderung. Unter sich spürte Lena einen weichen, nachgebenden Untergrund, eine samtige Decke lag über ihr ausgebreitet. Leuchtend helle Farbreflexe hinter den Lidern verrieten ihr, dass die Sonne bereits aufgegangen war. Wärme ging von etwas neben ihr aus. Unter normalen Umständen hätte Lena diese als angenehm tröstlich empfunden, aber hier in diesen, von der Sonne aufgeheizten, Zimmer, glaubte sie in Kürze vor Hitze zu vergehen. Das leise Surren der Klimaanlage erfüllte das Zimmer. Dennoch kam es Lena derart drückend vor, dass sie meinte gleich verbrennen zu müssen. Überhaupt schwitzte sie aus jeder noch so kleinen Pore ihres Körpers, so dachte sie zumindest. Es war so erstickend heiß - das hatte die Karibik nun mal so an sich. Unvermittelt meldete sich die Erinnerung - unscharf, grell und seltsam unwirklich - inmitten des pochenden Hämmerns, untermalt von bunten, diffusen Schlieren. Wie ein Film zogen die vergangenen Ereignisse an Lenas innerem Auge vorbei. Eine steile Falte durchzog ihre Stirn. Die Bowle, das ausgelassene Lachen von Isa und Dai und der Pool. Oh nein…. Lena schlug die Augen auf, in Erwartung, dass sie ihr sogleich wieder zufallen würden. Doch das taten sie nicht. Sie wollte sich aufrichten, aber schon die kleinste Bewegung führte dazu, dass sich das Dröhnen verstärkte und als sie es einmal mehr probierte, hinderte sie etwas am Aufstehen. Als Lena sich zur Seite wandte, erkannte sie Mori. Er hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes an die geklammert. Seine starken Arme umfingen ihre Taille, während er noch schlief. Erst jetzt bemerkte Lena zu ihrer Überraschung, dass sie in einen flauschigen weißen Bademantel gehüllt war und darunter nur Unterwäsche trug. Sofort stieg ein Gedanke in ihr auf, der ihr vor Verlegenheit jäh das Blut in die Wangen trieb. Hätte Mori sie etwa aus den nassen Sachen gepellt und ihr dann den Bademantel übergezogen? Er lag da, auf die Seite gerollt. Die Decke war ihm bis zu den Hüften gerutscht und entblößte seinen nackten, gut gebauten Oberkörper. Die glatte, haarlose Brust, die perfekt definierten Bauchmuskeln, die golden glänzende Haut - all das übte eine unglaublich anziehende Wirkung auf sie aus. Selbst im Schlaf ging von dem friedlichen, entspannten Gesicht des Dunkelhaarigen etwas Wildes aus. Fasziniert betrachtete Lena sein Profil, zugleich versuchend das stetige Pochen in ihren Kopf zu ignorieren. Er war so anders als die anderen Hosts. Beim Schlafen haftete ihn weder eine kindliche Unschuld, die gewöhnlich Honey bei dieser Tätigkeit umgab, an, noch von Tamakis beim Schlafen in den Vordergrund tretender Niedlichkeit hatte er etwas. Und das konnte sie mit Sicherheit beurteilen, da sie die beiden anderen Host schon einmal bei einem Nickerchen gesehen hatte, während sie im Host Club ihrer Beschäftigung als „Mädchen für alles“ nachging. Bei Honey handelte es sich dahingegen um keine Seltenheit, weil er fast jeden Tag auf sein pauschales Mittagsschläfchen bestand, dem man ihm am besten nicht verwehrte, da er in diesen Fall dann nahezu unausstehlich werden konnte. Tamaki hatte sie damals eher zufällig entdeckt, als er im Musikzimmer 3 auf der Fensterbank sitzend, den Rücken an die Wand gelehnt, mit speerangelweit offenen Mund vor sich hin döste. Hätte sein Mund nicht regelrecht wie eine Scheunenklappe aufgestanden und seinen Rachenraum präsentiert, hätte er beinahe ausgesehen wie ein verlorener Engel – jeglicher Stress und alle Hibbeligkeit waren vom ihm abgefallen. Nach dem Anflug von Erstaunen hatte Lena taktvoller Weise Wert darauf gelegt, ihn nicht zu stören, geschweige denn allzu laute Geräusche beim Schließen der Tür zu verursachen. Vielleicht hätte sie doch die Initiative ergreifen sollen, in zu wecken, denn zu Tamakis Pech kamen fünf Minuten nachdem Lena das Musikzimmer verlassen hatte, die Zwillinge zur Tür herein, fanden den blonden Host in der Position vor und schossen prompt mit ihren Handys mindestens 10 Beweisfotos von diesen denkwürdigen Bild. Seitdem war nicht eine Woche vergangen in der sie ihn nicht mindestens zwei Mal voller Vergnügen mit dem Fotos zu piesacken und erpressen versucht hatten. Aber wenn man Kaoru und Hikaru hieß, ließ man solch so eine seltene Gelegenheit um nichts in der Welt verstreichen - wer wusste schon, wann sie sich wieder ergeben würde? Doch nun lag sie hier zusammen mit ihm - weit weg von der Ouran High und ihrem Zuhause in Deutschland. Zwar fühlte sich das alles noch sonderbar fremd an, hier direkt neben ihm zu sein. Er war so groß und seine Muskeln verrichten mehr über seine Kraft, als sie eigentlich wissen wollte, dennoch fühlte sie sich bei ihm sicher und ein seltsames Gefühl von Sicherheit erfüllte sie. Wie gewöhnlich fiel ihm das zerstrubbelte Haar in die Stirn und Lena konnte nicht sagen weshalb, aber aus irgendeinen Grund und trotz des Wissens seiner Stärke, wirkte er im Schlaf beinahe verletzlich. Es lag nicht in ihrer Absicht ihn zu wecken. Viel lieber hätte sie ihm länger beim Schlafen beobachten wollen, aber als sie begann, sich zu regen, um in eine bequemere Position zu wechseln, fingen seine Lider an, zu flattern. Just in diesen Moment kamen Lena Schmetterlingsflügel in den Sinn, aber als er die Augen öffnete, dachte sie, eine Tür würde aufschwingen, hinter der sich einer der herrlichsten Orte der Welt verbarg. Sein noch halbwegs verschlafener Blick wanderte durch das Zimmer und richtete sich plötzlich auf Lena. Vorsichtig lächelte sie, woraufhin ein sanftes Schimmern seine braunen Augen funkeln ließ. Er zog sie an sich und sie ließ es widerstandslos geschehen. Dann vergrub Mori das Gesicht in ihren zerzausten Haaren, rieb die Nase gegen ihren Hals und blies ihr sanft gegen den Nacken, was sie erschaudern ließ. Ein warmes Prickeln breitet sich in ihr aus. „Guten Morgen“, hörte sie ihn, sein Gesicht immer noch in ihrem Haar. „Guten Morgen“, erwiderte Lena und konnte ein Gähnen nicht ganz unterdrücken. „Hast du gut geschlafen?“ „Ging so… ich glaube, ich habe von Haien geträumt“, entgegnete sie und hielt sich abermals den schmerzenden Kopf. Mori tauchte wieder hinter ihr auf und löste die Umarmung. „Kannst du dich überhaupt noch daran erinnern, was gestern passiert ist?“ „Hm.“ Sie nickte wie betäubt. Im Grunde genommen fühlte sich alles – jede noch so kleine Körperpartie – so an. Als trenne sie ein Dämpfschutz von dem Rest der Welt. Unvermittelt brach es aus ihr heraus: „Wie lange habe ich geschlafen? Wie spät ist es?“ „12 Uhr mittags“, antwortete er mit einem Blick zum auf den Beistelltisch stehenden Wecker. „Was?!“ Sofort fuhr sie hoch, bereute es jedoch noch im selben Moment, weil das Hämmern drohte, ihr den Kopf zu zersprengen. „Ah.“ Sie biss sich auf die Lippe, das Gesicht zu einer Grimasse verzogen. „Vorsicht“, kam die Wahrung von ihm, nur leider ein wenig zu spät. Lena grummelte etwas von „Guten Morgen meine lieben Sorgen“, woraufhin ein flüchtiges Lächeln über seine Lippen glitt, er sich ebenfalls zu ihr aufsetze, um ihr einen sanften Kuss zu geben, ehe er sie dann wieder an sich zog. In den folgenden Tagen des Karibikaufenthaltes verspürte Isa unsagbares Bereuen. Die Wut auf ihre Dummheit und Nachgiebigkeit nagte stetig an ihr. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit ging sie Tamaki aus dem Weg, mied strikt seine Anwesenheit, unfähig ihn gegenüber zu treten, geschweige denn ihn in die Augen zu sehen. Sie verhinderte jegliches Aufeinandertreffen mit den Halbfranzosen gekonnt, während Tamaki geradezu nach ihrer Anwesenheit und der daran gekoppelten Konfrontation mit ihr lechzte, welche Isa jedoch verhemmt abwerte. Seine Nähe führte dazu, dass in ihr, hatte sie ihn erst einmal erspäht, eine bedrückende Unruhe aufkeimte und sie so schnell wie nur möglich das Weite suchte. Was hätte sie bloß jetzt dafür gegeben, um den Kuss am Pool ungeschehen zu machen? Doch am Schlimmsten für Isa war, dass sie nicht mehr sie selbst war. Etwas hatte sie ins Wanken gebracht, ließ Isa an sich selbst zweifeln. Nein, nicht etwas - Tamaki. Wo war die unerschütterliche, selbstbewusste, schlagfertige Halbspanierin nur hin? Er hatte ihr Inneres aufgewühlt, und es unverzeihlicher Weise so zerrüttet zurückgelassen. Dabei hatte sie schon alles versucht, um wieder zu sich selbst zurückzufinden und die Alte zu werden. Isa hatte probiert den Kuss auszublenden, mehr als das, hatte sich dazu gezwungen, das plötzliche leidenschaftliche Spiel ihrer Zungen, die Sanftheit seiner Lippen, die unverkennbare Süße der verführerischen Bowle und die auf einmal in der flirrenden Luft liegende feurige Erregung zu vergessen. Aber dies alles stellte sich als aussichtsloses Unterfangen heraus, stieg doch immerzu das Bild von Tamaki und ihr in ihr Gedächtnis. Die ganze Szene hatte sich wohl zu ihrem frühzeitigen Verderben fest in ihre Netzhaut eingebrannt. Auf der einen Seite wollte Isa mit jemanden darüber reden, sich jemanden anvertrauen, andererseits hatte sie vor die Erinnerung in den hintersten entlegensten Winkel ihres Kopfes zu verbannen, dort zu verbarrikadieren, damit sie niemals mehr an die Oberfläche gelangen konnte. Für gewöhnlich war Isa mehr als nur gut der heilsamen Kunst des sich vor Dingen zu Verschließens, sich von Tatsachen abzuwenden, desto hart und eindeutig sie auch sein mochten; eine Meisterin des Verdrängens. Doch diesmal misslang es ihr. Zu stark haftete das Geschehen an ihr - es war ein Fluch. Tamaki hatte etwas in ihr zum Einsturz gebracht. Wenn sie sich endlich einmal durchgerungen hatte, etwas von dem freizulassen, schaffte sie es im nächsten Moment doch nicht mehr. Nicht einmal mit Lena sprach sie darüber - nicht einmal ihr gegenüber wagte sie sich zu öffnen, geschweige denn ihr diese Schmach anzuvertrauen. Das Lena so glücklich mit Mori war, erleichtere es ihr nicht gerade, denn sie wollte Lena lieber in dieser fröhlichen Stimmung lassen, anstatt das Glück ihrer Freundin mit ihren eigenen Sorgen und Problemen zu überschatten. Noch etwas anderes schreckte davor zurück, mit Lena darüber zu sprechen. Es war das Wissen, dass Lena ihr in solch einer Lage nicht helfen konnte. Sie musste alleine damit fertig werden, einen anderen Weg gab es nicht. Tatsächlich hatte sie Tamaki vor versammelter Mannschaft geküsst, und zwar richtig geküsst, bevor es überhaupt vollständig in ihr Bewusstsein gedrungen war und das dann auch noch unter den Augen des halben Host Clubs. Im Anbetracht dieser Tatsache war es daher recht verwunderlich, dass lediglich die Zwillinge ihr Kommentar zum Besten gegeben hatten: „Wow, ganz großes Kino.“ Und sofort begannen sie mit ihrer nieder stampfenden Kritik „Wir wussten selbstverständlich, dass das noch kommen würde und haben dem regelrecht entgegengefiebert. Schließlich ist es einer der wenigen verbliebenen Punkte, den sie noch nicht als Grundlage eines Streites verwendet haben. Tamakis Kusstechnik bedarf wirklich noch an Übung – ziemlich mies, wenn man bedenkt, dass er Franzose ist. Jede Wette, morgen liegen sie sich garantiert wieder gegenseitig in den Haaren und zanken sich über die richtige Kusskombination. Aber was soll’s. Vorhersehbar war das alles, weil sich Gegensätze bekanntlich anziehen“ So debattierten die beiden Rotschöpfe heiter weiter, während Honey nur mit großen Augen dastand, bis er sich zu einen raschen Abgang entschloss, die Wangen leuchtend rot, wie ein Signalfeuer und Kyoya - die Abgebrühtheit mit Löffeln gefressen - kein Wort darüber verlor. Zu der Zeit musste irgendetwas in meinem Oberstübchen durchgebrannt sein - ein klassischer Blackout, befand Isa. Noch immer völlig verschlafen, aber dennoch komplett angezogen für das Frühstück im Speisesaal, in den es gewöhnlich jedermann zwischen 8 bis 11 Uhr trieb, trat Lena auf den Hotelflur. Sie meinte bereits den köstlichen Duft frisch gebackener Brötchen, fruchtiger Marmelade, knusprig braun gebratener Kartoffel- und Schinkenscheiben sowie hart gekochter Eiern riechen zu können. Allein der bloße Gedanke daran ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Gerade wollte sie zum Fahrstuhl an der rechten Seite gehen, als eine Stimme unmittelbar gegenüber von ihr, sie zusammenzucken ließ. „Hallo Lena.“ Sie wirbelte herum und - entspannte sich augenblicklich. „Oh, hi Honey! Äh – was machst du denn hier? Ich wusste nicht, dass dein Zimmer auch auf diesen Gang liegt.“ „Tut es auch nicht“, meinte er fröhlich. „Ich bin einfach aus eigener Überzeugung hier.“ Eigentlich wollte sie sich schon wieder auf den Weg zu Essensaal machen, da ein forderndes Knurren ihres Magens sie an das anstehende Frühstück erinnerte und gegen eine längere Unterhaltung protestierte, dennoch siegte die Neugierde, daher fragte sie: „Ach so und weshalb?“ „Ich wollte mit dir reden“, lächelte er, aber in seinen großen, braunen Rehaugen spiegelte sich plötzlich purer Ernst. „Und worum geht’s?“, erkundigte sie sich, sich dabei gekonnt die Bemerkung verkneifend, er solle sich bitte um Himmelswillen kurz halten, weil die Auswirkungen einer zu langen Verzögerung böse für das Buffet im Speisesaal enden könnte. Honeys Blick war unverändert starr auf sie gerichtet, jedoch wohnte ihm nun eine gewisse Härte inne. Er fixierte, ja durchleuchtete sie geradezu, durchdrang jeden Zentimeter von ihr. Der Blick jagte ihr einen nicht ganz unbekannten Schauer über den Rücken. Er passt so ganz und gar nicht zum süßen kleinen Honey und die Stimme mit der er sprach, als er begann, konnte sie noch weniger mit ihm in Verbindung bringen. Es war ganz so, als wäre er innerhalb von Sekunden zu einer ganz anderen Person geworden. „Bislang habe ich selten bemerkt, das Takashi diese Art von Gefühle gegenüber jemanden entwickelt hat und das was er für dich empfindet ist zweifellos mehr als bloße Zuneigung und für eine kleine vorübergehende Verliebtheit ist Takashi kein Mensch. Wenn er jemanden in sein Herz schließt, dann oft aus reiner Intuition. Meist liegt er damit richtig.“ Honey legte eine gewichtige Pause ein, die er dazu nutzte Lena bedeutungsvoll anzusehen. „In deinem Fall war Takashi vom ersten Augenblick eurer aller ersten indirekten Begegnung von dir eingenommen.“ So als wäre es erst gerade gestern gewesen, flackerte in Lena die Erinnerung an den Tag auf, als Isa und sie sich auf der Suche nach dem Bandproberaum begeben hatten und dabei aus Versehen auf den Host Club gestoßen waren. „Das habe ich sofort erkannt, dass er etwas an dir fand.“, setzte Honey versichernd hinzu. Bei ihrer verblüfften Mine, bedachte er mit einem wissenden Lächeln. „Um das nicht zu bemerken, kenne ich ihn einfach zu lange. Ich freue mich, dass Takashi so glücklich ist, aber falls du jemals die Absicht haben solltest, Takashis Herz zu brechen, oder jetzt nach alledem weiter auf seine Gefühle einzugehen, ohne es wirklich ernst zu meinen, wäre das sehr ungerecht gegenüber ihn. Nach außen hin mag es zwar nicht den Anschein haben aber er ist weit verletzlicher als es oftmals wirkt – besonders was Gefühle angelangen. Würdest du also das tun, bekämst du es mit mir zu tun – und schneller als es dir lieb wäre, würdest du dein Vorgehen bereuen.“ Lange schien es Lena, er würde sie mit seinen von schattendurchwebten Augen durchbohren und sie konnte sich nicht anders helfen als lediglich zurückzustarren. Plötzlich hellte sich sein Gesicht im Zuge eines fröhlichen Lächelns wieder auf. „So viel dazu“, erklärte der Blonde auf einmal bei wieder bei so guter Laune, das Lena die Überlegung wagte, ob er eventuell unter Stimmungsschwankungen, bedingt durch seine Tage, litt (ja, auch das männliche Geschlecht wird nach eigenen Angaben gelegentlich von einer gewissen Zeitperiode heimgesucht, in der plötzliche, selbst für sie unerklärliche Gefühlsumschwünge vorherrschen und Frau nicht einmal ansatzweise weiß, was mit den Herren der Schöpfung anzufangen). Dennoch zwang sie sich diesen absurden Gedanken sogleich zu verwerfen. „Ich wollte nur, dass du das weißt - und Lena…“ Jetzt wirkte seine Mine aufrichtiger denn je. „Sollte es mit dir und Takashi weitergehen, könnt ihr in Zukunft jederzeit mit meiner Unterstützung rechnen.“ Danach drehte er sich um, ging zum Ende des Gangs, wo der Aufzug bereits auf ihn wartete. Indes stand Lena bewegungslos da mit dem dringenden Bedürfnis, schleunigst ihrer durcheinander purzelnden Gedanken Herr zu werden. Honeys Worte hallten noch immer als ein leises, beständiges Echo in ihren Kopf nach. Das eben - war das wirklich passiert? Ja, Honey war zu ihr gekommen und hatte ihr mehr oder weniger eine Warnung inklusive nicht gerade versteckter Drohung überbracht. Doch das war es nicht, was Lenas Herz mit einem Mal einen Hüpfer machen ließ. Honey hatte für Mori gesprochen. Er hatte vor ihr ausgebreitet, wie die Dinge lagen und klar gestellt, dass er alles in seiner Macht stehende tat, wenn sie mit Mori lediglich spielen würde und keine ehrenwerten Absichten verfolgte, in dem vollen Wissen, sie vielleicht infolgedessen durch seine eigene Person einzuschüchtern und sich bei ihr unbeliebt zu machen. Zugegeben Honeys, für ihn recht ungewöhnlicher Auftritt, war schon eine Schockklasse für sich gewesen. Dennoch ergriff sie plötzlich ein Gefühl der Wärme und Sympathie für den kleinen, blonden Host, der sich soeben für den Menschen, der ihm am wichtigsten im Leben war, geäußert hatte und zwar nachdrücklich. Unwillkürlich durchflutete Lena eine Woge der Zuneigung und des Respekts für Honey – und das gewiss nicht wegen seiner meisterhaften Kampfsporttechniken oder seines ausgeprägten, rekordverdächtigen Verschlingens von Süßspeisen aller Art und Größe. Nein, was bei ihr, mehr noch als das, Eindruck hinterlassen hatte, war seine unglaubliche Courage. Mit dieser Gewissheit ging auch die Erinnerung an die aus seinem Mund versprochene Unterstützung einher. Mehr ahnte es Lena bisher, als das sie es wusste. Aber eine Beziehung wie die ihre würde eine Menge Komplikationen hervorrufen. Auf kurz oder lang würden ihre Familien mit Sicherheit Wind von der Sache bekommen und gegen die waren die albernen Eifersüchteleien der Host Clubkundinnen so groß wie eine Maus verglichen mit einem Elefanten. Aber daran wollte sie jetzt keinen Gedanken vergeuden. Das hatte noch Zeit. Und dennoch… Honey… „Keine Sorge. So weit, dass ich es bereue, werde ich es nicht kommen lassen“, sagte sie, wenngleich der kleine, blonde Host schon mit den Aufzug nach unten gefahren und nur der verlassene Gang ihr stiller Zeuge war. Im Flugzeug setzte sich Isa mit Lena so weit wie möglich vom Host Club weg. Lena schien das nur recht zu sein, da sie auf eine ordentliche Distanz zu Mori achtete. Beiden war bewusst, dass sie immer noch von einigen Mädchen mit Adleraugen beobachtet wurden. So würde ein zu nahes Beieinandersitzen möglicherweise für erneute Gerüchte sorgen und alte nähren. Unvermittelt steckt Isa sich die Stöpsele ihres I-Pots in die Ohren. Die wummernden Bässe hämmerten gegen ihr Trommelfell. Doch nicht einmal die harten Beats oder die krassen Texte schafften es, sie ganz für sich einzunehmen, konnten ihn nicht aus ihren Kopf vertrieben. Alle ihre Gedanken kreisten einzig und allein um den blonden Host und nichts und niemanden war es möglich, sie abzulenken. Trotz der von ihr um ihn herum imaginär errichteten Mauern, bahnten sich ihre Gedanken still und heimlich immerzu einen Weg durch ein verborgenes Schlupfluch oder wandelten auf einen geheimen Pfad zu ihm. Noch immer glaubte Isa, dass der Geruch seines Aftershaves unmittelbar vor ihr in der Luft hing und ihre Sinne benebelte. Verdammt! Wenn das nicht bald aufhörte, wurde sie noch verrückt. Vielleicht war sie das auch schon längst. Ausschließen wollte sie es jedenfalls nicht, denn das würde so einiges erklären. Ein Stechen in ihrer linken Handfläche signalisierte Isa, dass sie bereits eine ganze Weile ihre Hand zur Faust geballt hatte. Unter dem Fleisch stachen die Knochen weiß hervor. Schmerzhaft schnitten ihre blutrot lackierten Nägel in das Fleisch. Rasch lockerte Isa sie. Im Stillen beglückwünschte sie sich selbst zur denkbar schlechtesten Situation, in die sie sich jemals reinmanövrieren hätte können. Toll Isa, lobte sie sich, du hast die ultimative Katastrophe schlechthin erschaffen, du Herrscherin der unkontrollierbaren Desasters. Denn diesmal musste sie sich, ohne weiteres eingestehen, dass sie sich mit dieser Leistung selbst übertroffen hatte und dass sie wohl nun am strahlenden Höhepunkt in ihrer Kariere als die „Königin des Chaos“ angelangt war. Worin sie sich nur wieder reinkatapultiert hatte. Der denkbar fürchterlichste Zustand war eingekehrt. Gleich nachdem sie der ganzen versammelten Terroristengemeinschaft der „El kaida“ und der „Taliban“ einen Kleinkrieg erklärt hätte, der zwangsläufig Europa und den nahen Osten in ein Blutbad versinken lassen würde oder gleich nach dem Massaker, das sie auslöste, weil sie aus Versehen im Rahmen eines Staatsbesuch beim US Militär den Schalter für die Abfeuerung von Atomwaffen betätigte (obwohl sie ursprünglich nur auf der Suche nach den Lichtschalter gewesen war) und Russland danach in einen einzigen Schutthaufen daläge. Aber längst war nichts mehr daran lustig. Rein gar nichts Witziges konnte Isa sich an der ganzen Sache abringen. Wie auch, wenn man die Gewissheit hatte, in Kürze von einer wild gewordenen, stocksaueren, vor Eifersucht rasenden Meute Host Clubkundinnen zermalmt zu werden. Angesichts dieser sicheren Tatsache würde es für sie eine Notwenigkeit darstellen, Vorkehrungen in Form von der Deponierung eines Revolvers unter ihren Kissen, zu treffen. Im Regelfall vertrat sie die Position der Heimartliebenden. Aber vielleicht war sie nun dazu gezwungen, dies noch einmal zu überdenken. Auswandern erschien ihr eine bessere Alternative, als von einer Bande bis aufs Blut wütender Hostclubfans zu Hackfleisch verarbeitet zu werden – bestimmt war sie auch viel schmerzfreier. Sie würde einfach ins Exil abgehen, irgendwo im Ausland untertauchen. Südafrika kam ihr als geeignet vor – na ja aber am Nordpool bei den Eskimos im Iglu sollte es bekanntlich auch ganz kuschelig sein. Auch wenn das zugleich bedeutete: eine neue Vergangenheit, ein neuer Name, ein neues Gesicht: Kurz ein neues Leben zu beginnen. Irgendetwas davon würde sich im 21. Jahrhundert schon machen lassen. Notfalls konnte man mit Bestechungsgeld nachhelfen – und das war ja weiß Gott nicht ihr Problem. Jeder Mensch schlug jemand einen Wunsch ab einen gewissen Grat einer Summe nicht mehr ab. Und wie so oft in den letzen Tagen stellte Isa sich die entscheidende Frage, auf die sie seither keine Antwort fand: Weshalb hatte sie das nur getan? Sie hatte doch um die Konsequenzen gewusst. Doch warum lag die Schuld eigentlich bei ihr? Schließlich war sie nicht über ihn hergefallen und hatte ihm einen Kuss aufgezwungen! Und dann hatte sie nun mal einen Kurzschluss erlebt, anders konnte sie sich das beim besten Willen nicht erklären… oder etwa doch? Erschrocken schüttelte Isa den Kopf, sich nun stärker auf die aus den Ohrstöpseln dröhnende Musik konzentrierend, verjagte sie schnell die kurz aufflackernde Ahnung aus ihren Kopf, ehe sie sich noch zu einem festen Verdacht verhärteten konnte. Mit wachsender Beunruhigung beobachtete Lena das Verhalten von Isa gegenüber Tamaki. Beim Verfolgen des Geschehens stieg ihre Besorgnis weiter an, denn sichtlich gab sich Tamaki einiges an Mühe, eine Gelegenheit für eine Unterhaltung mit Isa zu finden. Bei jedem sich bietenden oder in Aussicht stehenden Vorwand versuchte er sie anzutreffen, um mit ihr zu reden - bislang ohne Erfolg. Von Tag zu Tag bröckelte seine zuversichtliche Mine Stück für Stück, bis Lena schließlich mit einem mulmigen Gefühl der Bedrückung feststellte, dass ihm der Mut schwand. Das gewinnende Lächeln wich immer mehr aus seinem Gesicht und ließ eine aufgewühlte Ratlosigkeit zurück. Lena hatte von dem mehr oder weniger unfreiwilligen Vorfall am Pool gehört, da Mori ihr so einiges darüber erzählt hatte, was er wiederum von Honey hatte. Sogar als der Internatsalltag die Schüler der „Ouran“ erneut eingeholt hatte, vermied Isa jegliche Nähe zum Host Club – war buchstäblich auf der Flucht. Nach einer Woche machte Tamaki einen zunehmend niedergeschlagen Eindruck, ein trauriger Schimmer hatte sich in seine Augen geschlichen. Die mit ihm vorgehende Veränderung versetzte Lena einen Stich. Unweigerlich erweckte Tamakis derzeitiges Erscheinungsbild in ihr einen paradoxen Vergleich. Nunmehr erinnerte sie Tamaki an ein einsames, verlassenes Hundebaby, das man draußen auf der Straße unbarmherzig ausgesetzt hatte. Zusammengekrümmt zu einem kleinen Wollknäuel von einem Welpen im prasselnden kalten Regen, suchte er verzweifelt seinen Weg nach Hause ins Trockene. Hin und wieder aufjaulend und sich dann als nasses, frierendes Bündel in einer dunklen Ecke zusammengekauert und dort bibbernd auf jemanden wartend, der nie kommen würde. Mit jedem verstreichenden Tag ähnelte Tamaki zusehends einem Wrack. Er wirkte deutlich blasser. Dunkle Ringe beschatteten seine Augen und des Öfteren schien er bei der Arbeit im „Host Club“ nicht recht bei der Sache zu sein. Mehrmals bekam Lena mit wie er bei einer Unterhaltung mit einigen Kundinnen den Faden verlor, woraufhin sich diese ein wenig verunsichert bei ihm erkundigten, wie es denn um sein Befinden stehe. Lena fand das ungerecht. Tamaki mochte ja viele Fehler haben – und einige seiner Macken waren nicht gerade so übersehbar, trotzdem saß sein Herz zweifellos am rechten Fleck. Zudem hätte sie nicht gedacht, dass er unter Isas unausgesprochener Zurückweisung so leiden würde. Ganz gleich, ob er nun das Gründer eines Host Clubs war, Mädchen in Schwärmen anzog, nur so vor Eitelkeit sprühte oder zur übermäßigen Theatralik neigte, das hatte er bestimmt nicht verdient. Deshalb nahm sich Lena vor, mit Isa ein ernstes Wörtchen zu reden, aber diese wies selbst sie ab. Ja, wenn das Gespräch zum Thema „Host Club“ abschweifte, blockte sie konsequent ab. Letztendlich musste Lena einsehen, dass sie wohl nicht an den Umstand drehen konnte, dass Isa Tamaki weiterhin aus den Weg gehen und er stumm vor sich hin leiden würde. Doch an einer wirklichen Abfindung damit konnte sie keinerlei Gefallen finden. Aber was das betraf, lag das Zepter nicht in ihrer Hand – sie hatte keine Auswirkung auf den Verlauf des weiteren Geschehnes, wie sie sich verbissen klar zu machen, versuchte. Wehmütig ruhte Isas Blick auf Uschi, ihrer E-Gitarre, die in der Ecke des Zimmers an ihren angestammten Platz ruhte. Sie schreckte davor zurück sie anzurühren, geschweige denn auf ihr zu spielen, denn dann hätte sie die letzte Hürde zur Akzeptanz ihres neuen Ich und dem ihr bislang noch unglaublich fremd vorkommenden Gefühlsleben zu überwinden. Die Ketten, die sie hielten, zu sprengen, dagegen sträubte sich alles in ihr. Diesen letzten Schritt wagte sie nicht. Hätte ihr jemand noch vor zwei Monaten von ihrer Zukunft erzählt, so hätte Isa diesen für verrückt erklärt und eigenhändig ohne Umwege in die Klinik eingeliefert. Aber mittlerweile war sie wohl eher die jenige, die dringend einen Rat eines erfahrenen Therapeuten bedurfte. Am besten einen, der sich auf das Gebiet „Geisteskrankheiten“ spezialisiert hatte. Warum eigentlich nicht gleich einen, der sich mit Schizophrenie auskannte. Denn eines war sicher. Sie selbst war sie am wenigsten. Uschi war ein alter Teil aus ihren Leben, unvereinbar mit dem neuen. Es wäre, wie eine Barrikade zu überspringen und Uschi in die neue Welt mitzunehmen, was gleichzeitig auch bedeuten würde, dass Uschi nicht mehr zu ihren alten Leben gehörte, abgespalten von der Vergangenheit – und doch nicht zu der vor ihr stehenden Zeit gehörend - und wieder ein neuer Weg weniger für Isa zu ihrem alten Ich zurückzugelangen. Und wenn Uschi nicht mehr in die alten Zeiten passte, bröckelte die Erinnerung an ihr früheres Ich, Stück für Stück, bis nichts mehr von ihm übrig wäre. Ganz wie eine langsam verbleichende Schrift oder eine abbrennende Kerze, außerstande ihren Verfall aufzuhalten. Was war das bloß für ein Zwiespalt? Wenigstens äußerlich musste sie wieder die alte werden. Gefasst, kühl, unverletzbar. Ja, wenigstens nach außen hin durfte sie niemand das Chaos in ihrem Inneren erahnen lassen. Niemanden würde sie es offenbaren. Zu erniedrigend, zu beschämend wären die Folgen und Reaktionen ihrer Mitmenschen. Sie musste stark sein, auch wenn ihre Seele schrie. Um jeden Preis musste sie stark bleiben. Sich die Blöße geben – das konnte sie nicht – um nichts in der Welt. Der Ballsaal war hell erleuchtet. Unzählige mit rauten- und tropfenförmigen Kristallen verzierte Krohnleuchter ließen den Raum in einem gleißenden Licht erstrahlen. Im Glas brach es sich in tausende Facetten. Draußen hinter den hohen Fenstern war die Dämmerung herein gezogen und verschluckte die letzten abendlichen Sonnenstrahlen wie ein düsterer Schleier, der sich über die Welt legte und sie verdunkelte. Das Orchester stimmte auf Zeichen des Dirigenten einen Walzer an, woraufhin die Paare begannen sich im dreiviertel Takt auf der breitflächigen Tanzfläche zu drehen. Von überall her im Raum glitzerte und funkelte es nur so. Der Boden war von einer hauchdünnen Decke aus Kunstschnee bedeckt, unter den an manchen Stellen das glänzende Parkett hervorblitzte. Entlang der Wand schlängelten sich Lichterkettenbänder deren Leuchten von einem weißen, kleinen Schirm in Schneeflockenform umspannt wurde. Im Mittelpunkt der Tanzfläche ragte ein riesiger mit elektrischen Kerzen geschmückter Tannenbaum bis knapp unter die Decke der Kuppel. Von Treppengeländern, Stuhllehnen, Tischen und Wandbordüren schimmerte der mit Silberstaub versetzte Kunstschnee und verlieh dem Saal ein herrliches Winterambiente, vor dessen Zauber sich zu verschließen, es einiges an Abgestumpftheit bedurfte. Mit ausladend raschen Bewegungsabfolgen seines Dirigentenstabes führte der hoch gewachsene Mann - vor dem versammelten Orchester auf einen Podest stehend - die Streicher eine Oktave höher. Zeitgleich fielen die Blechbläser scheppernd ein. Die festliche Atmosphäre war überwältigend und nichts ließ darüber hinwegtäuschen, dass heute eines der absoluten Highlights der „Ouran High“ stattfand. Seit jeher hielt der Weihnachtsball einen sehr hohen traditionellen Veranstaltungswert inne und galt als eines der wichtigen, jährlichen Events. „Wunderschön nicht war?“ Lena war bereits gänzlich dem Schwärmen verfallen und strahlte Isa förmlich an, die sich zunehmend in eine Szene aus einer billigen Kitschfilmparodie versetzt fühlte. Doch beim prunkvollen Anblick des Saals verblasste ihre mürrische Mine á la „Ich hätte das Essen untersagt bekommen und wäre im Zuge dessen erbärmlich verhungert, wenn ich mich nicht auf diese Clownveranstaltung hätte mitschleifen lassen“ ein bisschen. „Ja“, kam es tonlos und ein wenig zu schwach aus Isas Mund. Dennoch entlockte dies Lena ein erleichtertes Seufzen. Schließlich war es ihrer Freundin grundsätzlich missfallen hier hin zu kommen. Erst nachdem Lena einige Anläufe gewagt, offenbar bei Isa einen Nerv getroffen hatte, hatte diese kleinlaut nachgegeben. Vielleicht hatte es etwas mit dem schicken neuen Kleid, das unberührt in Isas Schrank vor sich hin gammelte zu tun gehabt. Möglicherweise hatte jedoch sie selbst den entscheidenden Ausschlag dazu gegeben, denn als alles gutes Zureden nichts gefruchtet hatte, schlug dieses in jähzorniges Drohen um. Lena musste schon Eindruck geschunden haben, jedenfalls nach Isas erschütterten Gesichtausdruck zu schließen. Sie hatte lediglich Isa mit der Tatsache in die Ecke gedrängt, dass sie nicht ewig vor Tamaki weglaufen könne, und da eine Konfrontation mit ihn ganz gleich früher oder später sowieso stattfinden würde, könnte ihn ja ein kleines Vögelchen zuzwitschern, an welchen Ort sich Isa für gewöhnlich verkroch, um alleine zu sein und in ihrer Einsamkeit zu schmoren. Es war Zwangsverhalten in einer Notsituation gewesen, musste sich Lena im Nachhinein eingestehen. Mittlerweile verging kein Tag mehr, an dem Isa nach dem Unterricht nicht in ihre eigene kleine Welt flüchtete, abgeschirmt von allen Sorgen, Zweifeln, Herausforderungen und Ungewissheiten, isoliert von allem was ihr Kummer bereitete und auch zugleich von allem was ihr Freude schenkte. Sie so zu sehen, machte Lena fertig und war der Auslöser für diese Verzweiflungstat. Selbstverständlich hätte Lena Isa auch damit erpressen können, Uschi abzufackeln. Aber noch bevor sie die Drohung hätte vollenden können, wäre Uschi sicher hinter meterdicken Stahlwänden eines Sicherheitstresors mit eingebauter Selbstschussanlage verschwunden. Dennoch hatte Isa eingewilligt. Die Vorstellung Lena könne Tamaki sagen, Isa würde sich jedem Nachmittag pünktlich nach Schulschluss in einen kleinen Pavillon im Park abschotten und dort über die Welt und deren Probleme und Schwierigkeiten nachsinnen, war einfach zu entwürdigend. Noch in derselben Woche war ein Designer gekommen, um letzte Veränderungen an ihren Ballkleidern vorzunehmen. Die Ergebnisse dieser aufwendigen Prozedur ließen sich durchaus mehr als nur sehen. Beide Kleider waren. Isas Kleid – ein schwarzer Traum, gefertigt aus weicher Baumwolle, versehen mit edlem Satin und eleganter Spitze, passte perfekt zu ihrer gegenwärtigen Stimmung, während Lenas dazu den ruhigen, verträumten Gegenpool aus feinem Organza und edlem Satin in einem tiefgründigen türkis trug. Für den heutigen Abend hatten die zwei Mädchens eigens Visagisten und Friseure kommen lassen, um auch richtig aufgebretzelt auf dem Ball zu erscheinen. Bereits nach dem ersten Schritt in den Saal war den beiden längst klar geworden, dass sie nicht die einzigen gewesen waren, die diese Maßnahmen zu Register gezogen hatten. Ausschließlich jedes Mädchen hatte sich dieser Prozedur unterzogen, wovon die reihenweise makellosen, gepuderten Gesichtern und die voluminösen Haarprachten zeugten. Dennoch waren beide glücklich, dass sie im Gegensatz zu anderen Mädchen, den Visagisten nicht freie Hand gelassen hatten, denn einige sahen, um es noch harmlos auszudrücken, aus als hätten sie einen Sprung in den Farbtopf unternommen; selbst für Isas Geschmack wirkten ein paar Gesichter zu Make-up überladen. Manchmal war weniger bekanntlich mehr. Isa hatte lediglich in ein dezentes Make-up, das den silber-schwarzen Lidschatten als Blickfang auserkoren hatte, sowie in eine Haarverlängerung, die Isa in Wellen den Rücken hinunterfloss, ihr Vertrauen gesetzt. In sich selbst verdrehte Silberohrringe gaben dem Stil den letzten Schlief. Lena wiederum hatte sich eine leicht gelockte Hochsteckfrisur mit eingeflochtenen türkisen Perlen – passend zu ihrem Kleid - zaubern lassen. Dazu betonte ein silber-blaues Make-up ihre Augen. Zielsicher steuerte Lena auf einen der an der Seite des Raumes stehenden Tische zu, rückte sich einen Stuhl zurecht und ließ sich nieder, ihr Kleid nebenbei glatt streichend. Isa tat es ihr gleich. Gerade hoben die Bläser zu einem Tusch an, als plötzlich eine ihnen wohlbekannte Stimme sich über die Musik des Orchesters hinwegsetzte und zu den beiden herüberwehte. Lenas und Isas Blicke flogen zum Rand der Tanzfläche, wo sie Nara erfassten, in einen sonnengelben Kleid, an ihrer Seite einen kräftigen Jungen, der gelegentlich, wenn sie nicht hinsah, nervös an seinen schwarzen Frackärmel zupfte. Hin und wieder schenkte sie ihm ein verlegendes Lächeln. Kurz hob Nara die Hand in Isas und Lenas Richtung. Deutlich meinte Isa ein vergnügtes Funkeln in ihren Augen zu sehen. Die zwei Mädchen winkten zurück, ehe ihre Aufmerksamkeit zurück zur Tanzfläche schwankte, wo die bunten, ausladenden Kleiderröcke sich im Schwung der Drehungen flatternd aufblähten. Plötzlich stutzte Lena. Isa kam ihr noch zuvor: „Sind das dahinten nicht Honey und … Ayumi?“ Vorsichtshalber reckte sich Lena noch einmal, um einen besseren Blick auf den Blonden zu erhaschen. Beschwingt wirbelte er seine, nur um ein paar wenige Zentimeter größere, Tanzpartnerin über das Parkett. Bei jeder Wendung bauschte sich der zartrosa Stoff vom Kleid des Mädchens auf. Tatsächlich war es wirklich Ayumi, deren Augen so glücklich glitzerten, und wahrlich, zum Stahlen hatte sie auch allen Grund. Sie funkelte nahezu mit den Kronleuchtern um die Wette. Ein versunkenes Lächeln lag auf Honeys Lippen, während er nur Augen für seine Tanzpartnerin zu haben schien, die in dem gerüschten, bonbonrosa Ballkleid wirklich einem süßen Konfekt ernstzunehmende Konkurrenz machte. Kein Wunder, dass Honey solche Schwierigkeiten hatte, sie nicht gleich mit seinen hungrigen Augen zu verschlingen. Vor lauter Gerührtheit hatte sich eine kleine Träne in Lenas Augenwinkel gebildet und einmal mehr wünschte sich Isa, dass Ayumi endlich bei jemand, das gefunden hatte, wonach sie sich so sehr sehnte. Schrilles aufreizendes Gelächter ließ Isas Kopf herumfahren. Für einen kurzen Moment erstarrte sie, instinktiv den Atem anhaltend. Am Nachbartisch saßen Yvette, Fiona und Celin. Die intensiven Farben von Yvettes und Fionas Kleidern stachen in Isas Augen, bis sie schon fürchtete, bei zu langem Hinsehen zu erblinden. Feurig rote Stoffschichten raschelten glänzend im Kronleuchterlicht. Von Kopf bis Fuß hatten sich die beiden mit teuren Stoffen, Fellen und Schmuck eingedeckt. Um Fionas Hals lag ein seidiger Fellschal, der bei Isa jähe Übelkeit wachrief und zugleich in ihr den Gedanken weckte, Fiona hätte ebenso gut einen toten Waschbären als Halsbedeckung präsentieren können. Doch so sehr Yvettes und Fionas Aufmachung von der penetranten Masche „Auffallen um jeden Preis“ zeugte, den Titel der Ballkönigin würde keine der beiden erlangen; dafür war die Ausstrahlung des Albinomädchens neben ihnen zu schön - schon beinahe nicht mehr von dieser Welt - und dies wohl weniger gewollt, als absichtlich. An diesen Abend hatte Celin, die kleine, dumme Celin, oft herumgeschupst und im selben Moment schon wieder die andere Wange hinhaltend, sie alle überboten. Sie stellte sie in den Schatten und ließ Fiona und Yvette aussehen wie zwei übergroße, alberne Paradiesvögel, die sich in eine fremde Klimazone verirrt hatten, und das alles wohlgemerkt mit völliger Unwissenheit. Der Schnitt ihres Kleides war von einfacher Schlichtheit, doch der flamingofarbene Stoff entpuppte sich als eine wahre Augenweide. Celins langes, weißblondes Haar war zu einem Zopf geflochten und dann in einem eleganten Knoten an ihren Hinterkopf festgesteckt worden. Durchsichtige Diamanten schmückten ihr Dekolleté und ihre Ohrläppchen. Hätte Isa es nicht besser gewusst, so hätte sie Celin für eine Prinzessin eines europäischen Fürstentums gehalten. Beim Gedanken, dass sich die anderen beiden nun grün und blau ärgern würden, musste sie sich ein Grinsen verkneifen. Neben Celin wirkte sowohl Fiona als auch Yvette wie ein über und über mit Dekoration begangener Weihnachtsbaum. Die Ehrung der Ballkönigin, auf die beide sichtlich scharf gewesen waren, konnten sie sich jetzt getrost abschminken – zusammen mit der dicken Schicht Make-up, die sie im Gesicht mit sich herumtrugen. In diesem Moment erinnerte Celin Lena an Cinderella – atemberaubend schön durch den Zauber einer Fee – bis zum zwölften finalen Schlag der Turmuhr. Immerhin sah Yvette nicht allzu zufrieden aus mit dieser ausstechenden Konkurrenz von der wohl am unvorhersehbarsten Richtung. Zumindest blieb ihr ein schwacher Trost: Mittlerweile hatte sie es geschafft, ihren Eltern das herausragende Bild von Sandro zu entreißen und in tausend Stücke zu zerschmettern, wie Isa mehr oder weniger freiwillig aus einem lautstarken Gespräch zwischen Yvette und Haruhi im Klassenraum herausgehört hatte. Sichtlich bestürzt hatten sich Yvettes Eltern über den Vorfall in der Karibik gezeigt, hatten sie Sandro doch immer als offenherzig und großzügig wahrgenommen. Was wollte man auch anderes in einem zuvorkommenden, überdurchschnittlich gut aussehenden Sohn aus wohlhabendem Hause sehen, wenn man auf Bräutigamschau für seine Tochter war? Doch ihre vorsätzlichen Vorstellungen von Sandro waren nun deutlich ins Wanken gebracht worden und so hatten sie kurzerhand die Verlobung ihrer Tochter auflösen lassen. Doch allem Anschein nach hatte sich Yvette von dem Ereignis mit ihren Ex-Verlobten wieder erholt und bestens verkraftet, denn sie flirtete gerade munter Augen klimpernd mit einen Jungen aus dem dritten Jahrgang. Inzwischen wartete jedoch bereits der nächste potenzielle Verlobungskandidat vor ihrer Türschwelle. Vielleicht würde sie mit diesen mehr Glück haben. Auch Isa hatte ihr Mitleid mit Yvette nicht verleumden könnte – auch wenn es sich in Grenzen hielt - , so wünschte sie dem neuen Anwärter trotz dessen eine Menge starker Nerven, Geduld, die Fähigkeit der Kunst des Umschmeichelns und nicht derart hohe Ansprüche… Gerade überlegte Isa, ob derjenige eine Vorwarnung erhalten sollte, als Lena aufstand. Ihren Mund geöffnet, um zu einer Frage anzusetzen, folgte sie Lenas Blick und schloss ihn geschwind wieder. Dort hinten bei der Eingangstür des Saales stand Mori und schaute zu ihnen herüber. Plötzlich fühlte sich Lena innerlich zerrissen. Einerseits ließ sie Isa jetzt ungern allein, weil sie es ja gewesen war, die ihre Freundin zum Weihnachtsball überredet hatte und sie spürte bereits, wie sich auf Samtpfoten der leichte Sog eines schlechten Gewissens anschlich. Und mit einem Mal war sie überwältigt von den Anblick des Hosts und ihren Empfindungen, die wie ein Regenschauer auf sie niederprasselten. So viele Gefühle, dass es ihr im ersten Moment nicht gelang sie alle einzuordnen. Ein Feuerwerk aus Euphorie, Nervosität, Freude, Fassungslosigkeit, Unsicherheit, Triumph, Aufregung und Sehnsucht. Knisternde Unruhe befiel Lena. Sein Lächeln entfachte das nächste Feuerwerk in ihrem Inneren. „Na, geh schon“, ermutigte Isa ihre Freundin, als sie das verhaltene Zögern in deren Haltung wahrnahm. Lenas Augen drückten Dankbarkeit aus. Sie beugte sich zu Isa hinunter und küsste sie auf die Wange. „Danke, bis später“, sagte Lena leise, bevor sie sich aufmachte, um sich durch die Leute einen Weg zur Tür zu bahnen, an der Mori nach wie vor wartend stand, ihr entgegen blickend. Umgehend wandte Isa ihr Gesicht ab. So bitter es auch war, es zuzugeben, aber irgendwie wollte sie das erneute Aufeinandertreffen der beiden nicht verfolgen; den merkwürdig entrückte Blick in Lenas Augen, wenn sie allein schon Mori erwähnte, erzeugte derzeitig in Isas Magen einen Eisklotz. Eine verliebte Idiotin um sie herum reichte Isa momentan. Passender Weise musste sie sich, sogar nicht den Zwang unterwerfen, wegzuschauen, weil ihr die Sicht versperrt wurde, bedingt durch einen Kellner, der ihr einen Drink anbot. Doch nur das Wort „Drink“ führte dazu, dass Isas Magen einen Salto schlug und im hohen Bogen auf die Matte knallte. Nein, danke. Der letzte Drink hatte in ihrem Falle durchaus gereicht und dafür gesorgt, dass sie dem Alkohol seither auf ewig entsagte. So winkte sie ihn ungehalten hinfort. Ungewollt schweifte ihr Blick durch den Saal. Soeben war das Orchester in einen gewaltigen Tusch verstummt, um nun riesigen Boxen, einen Mischpult inklusive DJ Platz zu machen, und als hätte sich heute die gesamte Welt gegen sie verschworen, wurde dieser Teil des Abends ausgerechnet mit einem der schnulzigsten Vertretern der Poplovehymnen eingeleitet. Viel Vergnügen, dachte Isa lakonisch, indes dröhnte „Let me be your hero“ von Enrique Iglesias aus den Lautsprechern. Derweilen hatte sich die Paarlandschaft auf der Tanzfläche etwas gelichtet, sodass Isas Augen nun wohl oder übel an dem Zweiergespann Mori und Lena hängen blieben. Also wenn bei den Kundinnen jetzt vor lauter Neid nichts im Oberstübchen durchbrannte, dann wusste sie auch nicht mehr. Aber vermutlich war es auch besser wenn dieser Umstand nicht eintrat. Schließlich schwebten bei Amokläufen auch immer unschuldige Zivilisten in Gefahr – das stand außer Frage. Für die beiden eng aneinander tanzenden auf dem Parkett schien jedoch nichts mehr von Bedeutung zu sein, als der jeweils andere. In vertrauter Zweisamkeit, ließen sie sich vom Rhythmus der Musik treiben, während es augenscheinlich keinen Zweifel mehr daran gab, dass sich hinter den Bewegungen mehr verbarg als nur ein einfacher, harmloser Tanz. Etwas erschien in ihren Augenwinkel. Sekunde – was war das?, durchfuhr es Isa. Ihr Blick sprang zur gegenüberliegenden Seite der Tanzfläche und ihre Augen weiteten sich mit einem Schlag. Da direkt unter den Säulen, nahe der imposanten Fensterfassade, tanzte ein Wischmopp! Zuallererst hatte Isa zumindest diesen Eindruck. Ein Haufen zusammengeklaubter rot-weiß karierter Tischtücher banaler Weiser versehen mit edelster Seide. Isa konnte nicht umhin, als genauer hinzusehen. Die Fetzen aus Tüchern wischten mir nichts dir nichts übers Parkett, geführt von einem kleineren Jungen, in weißen Smoking mit rosaroter Fliege um den Hals. Bei der nächsten Drehung, in der die Tischtuchröcke nur so dahinfegten, erkannte Isa die merkwürdige Paarkonstellation. Vor Erstaunen klappte ihr der Mund auf. Der Junge im Smoking war gar kein Junge, und der Wischmopp gewiss kein Wischmopp, geschweige denn auch nur irgendeine Art von haushaltspflegenden Allzweckreiniger. Am meisten wurmte Isa es jedoch, dass sie, gerade sie, auf das reingefallen war, was sie vor gut drei Monaten auf den ersten Blick aufgedeckt hatte, ohne auf die niedlich verpackte Täuschung hereinzufallen. Natürlich – wie hätte sie auch jemals etwas anderes annehmen können - handelte es sich bei den brünetten Tanzpartner um Haruhi, und den Wischmopp na ja dazu musste man nicht viel sagen, außer dass Renge so einiges dafür getan hatte, um an diesen Abend aus der breiten Masse hervorzustechen. Zweifellos war die Host Clubmanagerin hoch motiviert in ihrem Vorhaben, ihrem Ruf als bunter Paradiesvogel gerecht zu werden, wovon zudem ihr energischer Tanzstil zeugte, mit dem sie so einiges an Stoffpartien durch die Gegend wirbelte. An Extravaganz mangelte es ihrem Kleid jedenfalls nicht. Bei diesem Blickfang hätte Isa um ein Haar, nicht das Paar bemerkt, welches in unmittelbarer Nähe von ihnen übers die Tanzfläche glitt, weit ruhiger und galanter als ihre wilden Nachbarn. Es waren Kurakano und Kazukiyo, die beiden Klassensprecher ihres Jahrgangs. In Kazukiyos Augen, mit denen er nicht imstande war, seinen Blick von seiner Tanzpartnerin zu lösen, lag gewichtiger Stolz, Verehrung und unfassbare Glückseligkeit. Mit kaum verborgener Vorsicht führte er sie, als sei sie etwas sehr Zerbrechliches, auf das man Acht geben müsse. Umwerfend hübsch sah Kurakano an diesen Abend aus. Ihr rot-orange funkelndes Kleid strahlte Anmut und Eleganz aus. Mit der Hochsteckfrisur und dem schattierten Make-up präsentierte sie sich ihrem Umfeld, das sie immer als süßes, gewissenhaftes Mädchen, das manchmal etwas durch den Wind sein konnte, erlebt hatte, von einer nie gekannten Seite. Denn nun kam Isa bei Kurakanos Anblick nichts anderes als eine junge, standhafte Dame in den Sinn. Währenddessen hatte Haruhi ihre liebe Not bei den vielen Wendungen mitzuhalten und den Führungspart nicht an ihre stürmische Tanzpartnerin zu verlieren. Soeben begann der Song „Fairytale“ von Alexander Rybak, den Isa sofort an dem teils melodischen, teils dudelnden Geigenspiel erkannte, das eine unbeschwerte Leichtigkeit und gleichzeitig eine traurige Sehnsucht mit sich brachte. Gerade erwog sie, ob das Wischmoppkleid wieder ein neues Costplay aus Renges heiß geliebter Sammlung war, als plötzlich ein Schatten auf sie fiel. Zum zweiten Mal an diesen Abend raubte ihr jemand die Sicht. „Na, Lust mit mir zu tanzen?“ Als Isa irritiert aufblickte, stand Gin vor ihr, ein schelmisches Grinsen im Gesicht. Isa zog eine Augenbraue hoch. „Spricht man so etwa eine Dame an?“, bemerkte sie spitz, des Spaßes halber. Ein amüsiertes Glucksen entwich Gin. Dann jedoch setzte er eine zutiefst ernste Mine auf. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, Mademoiselle. Wo sind nur meine Manieren geblieben?“ Er deutete eine demütige Verbeugung an. „Entschuldigen Sie meine unangebrachte Unhöflichkeit. Anscheinend bedarf es mir dahingehend noch ein wenig Übung. Aber würdet ihr mir, trotz meines Fehltrittes, diesen Tanz erlauben?“ Gegen ihren Willen musste Isa lächeln. Lena hatte Recht gehalten als sie argumentiert hatte, der Ball würde Isa auf andere Gedanken bringen und aus ihren Trott herausholen. Nur zu gut wusste sie, wie befremdend und erschreckend sie auf Lena wirken musste, die sie innerhalb den insgesamt 11 Jahren, welche sie sich bisher kannten, zwar schon mit der ein oder anderen Downphase erlebt hatte, aber noch nie so derart von sich selbst abgerückt und verschlossen. Natürlich ärgerte Isa sich darüber, doch was hätte sie schon tun können? „Selbstverständlich, Verehrtester“, bemühte sich Isa die hochgestochene Ausdrucksweise weiterzuführen, ohne in Gelächter über diese makabere Situation auszubrechen. Sie ergriff Gins dargebotene Hand und ließ sich von ihm auf die Tanzfläche geleiten. „Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, aber Ihr Kleid…“ Er ließ den Blick bewundernd über den schwarzen Seidenstoff gleiten. „…hebt sich in seiner Schnitt und Machart sehr von den gängigen Variationen dieses Anlasses ab. Dennoch eine sehr gelungene Abwechslung zu den Tonnen an Tüll und Samt, mit denen andere Mädchen bekleidet sind, und der beste Beweis für Euren ausgezeichneten Geschmack, Mylady“, sagte er und legte eine Hand an ihre Hüfte, während Isas seine Schulter fand. Gin verstand es bestens, wenn er wollte, den Leuten Honig um den Mund zu schmieren, doch dieser Tatsache war sich Isa schon lange bewusst. „Sie glauben also, auf diese Art mir schmeicheln zu können, Sie Charmeur. Man würde es nicht loben, wenn man Euch so über die Kleider der anderen Mädchen reden hören würde“, entgegnete Isa mit einen zuckersüßen Lächeln, „Maßen Sie sich nicht zu viel an, verehrte Herr.“ Mann, was laber ich eigentlich da? Hört sich fast so an, als hätte mich Oma zu einem ihrer adretten Banketts verdroschen, schoss es Isa durch den Kopf, derweilen begannen sie im Rhythmus der Musik zu tanzen. „Verstehen Sie mich nicht falsch, Mademoiselle“, begann er abermals, „Aber Ihr Kleid erscheint mir unter den vielen bunten, extravaganten Kunstwerken in seiner Schlichtheit und Raffinesse hervorzustechen. Im Gegensatz zu den anderen erzeugt Ihr Kleid kein schmerzhaftes Brennen in meinen Augen, und die Gefahr auf einen Saum zu treten, besteht auch nicht. Durchaus sehr vorteilhaft.“ Entrüstet schnappte Isa nach Luft. Empört fixierte sie ihn, doch in ihren Augen leuchtete deutlich der Schalk. „Ach so, nur deshalb tanzen Sie mit mir, um nicht das Missgeschick einer Bruchlandung zu riskieren, sich vor aller Augen auf dem Parkett wieder zu finden und so Ihre schlechten Führungskünste nicht der Öffentlichkeit zu offenbaren.“ „Nicht annährend, Mademoiselle“, ereiferte Gin sich vergnügt, „Seien sie versichert, dass mein volles Interesse nicht nur ihrem Kleid gilt. Vielmehr frage ich mich, ob Ihre Neigung zum fatalen Schwarz wohl eine Bedeutung anhaftet. Hat die Bella etwas auf dem Herzen?“ Schlagartig verschwand das Lächeln von Isas Lippen. „Ja, Süße, dass sieht man dir wirklich an, wenn man nur genauer hinschaut“, flüsterte er einvernehmlich. Großartig, dachte Isa nicht minder gereizt, wenn man es mir so leicht ansieht, dann hätte ich mir genauso gut ein Schild mit der Aufschrift „Zynische Schizophrenie ausgelöst durch nachhaltige Nebenwirkungen eines Bowleunfalls am Pool“ an die Stirn pinnen können. „Bella, willst du drüber reden? Dieses Gesicht, was du da ziehst, steht dir so gar nicht“, wisperte ihr Gin vertrauensvoll ins Ohr. Das kam wie ein Schlag ins Gesicht. Sicher hatte Gin nicht beabsichtigt, sie in die Enge zu treiben. Dennoch ließ Isa rasch die Pein in ihren Blick verschwinden, ehe sie sich von ihm löste. „Nein, will ich nicht. Es ist nichts.“ Eine tiefe Falte hatte sich in Gins Stirn gegraben. „Was ist bloß los mit dir?“ Sie hielten mitten in Tanz inne und standen reglos da, um sie herum die sich im Takt der Musik drehenden Pärchen. „Nichts.“ Ihre Stimme klang seltsam brüchig und rau. Sie vermied es gründlich ihm in die Augen zu sehen, daher haftete ihr Blick ein wenig rechts von ihm an einen elegant dahin gleitenden Tanzpärchen. Schon hatte Isa sich von ihm abgewandt, als seine Hand sich noch auf ihre Schulter legte. „Hey, dass kannst du jemand anderen vormachen. Ich seh’ doch, dass was mit dir nicht stimmt.“ Nun schwankte echte Besorgnis in seiner Stimme mit. Mürrisch schlug sie seine Hand fort. „Nein, und wenn schon.“ In diesen Moment bereute sie ihren barschen Tonfall nicht, dafür war sie viel zu aufgewühlt. Schnellen Schrittes hastete sie von der Tanzfläche, einen Gin zurücklassend, der sich halb verwirrt, halb verstört durchs Haar strich und dann die Schultern zuckte, bemüht in dem Versuch eine gleichgültige Position anzunehmen. Isa wollte weg – nur noch weg – fort von hier. Weg aus diesem Saal, der von einer monotonen, pausenloser Endlosschleife übelster Schnulzenlieder vergiftet und von einer lachenden, sich amüsierenden Masse bevölkert wurde. Dieses ganze Ambiente setzte ihr zu, erdrückte sie beinahe. Die Luft im Saal flirrte unter der Spannung und sie meinte mit jeder vergehenden Sekunde weniger atmen zu können. Gehetzt blickte sich Isa um. Wo war der Ausgang? Es musste doch hier einen geben. Ihr Blick flog zur Balkontür. Hastig machte Isa sich auf, eine Meute Rüschenkleider ausweichend, um schließlich in die beruhend kühle Abendluft auf den Balkon hinauszutreten. Hier draußen waren die Musik und die vielen Stimmen nicht so gegenwärtig laut. Gedämpftes Licht fiel von den Laternen auf den gepflasterten Boden und tauchte die Umgebung in ein Netz aus Helligkeit und Schatten, das im Flackern der Kerzen stetig erzitterte. Erstaunlich mit was für einer angenehme Ruhe dieser Ort, trotz der herüberschwappenden Geräusche des Balls, erfüllt war. Bis zum Rand des Balkons schritt sie, lehnte sich an die Balustrade, stützte sich mit den Händen am obersten Rand des Geländers ab und blickte gedankenverloren auf die unter ihr liegende schneeweiße Fassade des Gebäudes. Eine frostige Windböe kam auf, strich durch ihre, extra für diesen Anlass, künstlich verlängerten Haare. Spätestens jetzt zahlte sich die schwere Kopfbedeckung aus – einen wurde weniger schnell kalt um Hals und Ohren herum. Fasziniert beobachtete Isa, wie ihr Atem in der Luft zu weißen Dampfwölkchen gefror. Sie nahm die Hände von der Brüstung und rieb ihre klamm gewordenen Finger aneinander – schon besser. „Hierhin hat es dich also verschlagen.“ Bei der altbekannten Stimme wirbelte Isa mit einen Satz herum. Im selben Moment dachte sie, jeder Zentimeter ihres Körpers würde gefrieren. Alles in ihr versteifte sich. Auf einmal schien ihr die Kälte wie tausend schmerzhafte Nadelstiche auf ihre Haut. Bewegungsunfähig stand sie da und es kam ihr vor, als hätte man sie soeben das letzte Stückchen zur Kante des Abhangs geschoben und ihr einen Stoß in die Schwindel erregende Tiefe versetzt. Sie fiel – aber nein, etwas hielt sie fest, oder besser: sie selbst hielt sich fest, klammerte sich mit aller Kraft an das letzte bisschen Standhaftigkeit, das sie davor bewahrte mit fliegenden Fahnen die Flucht zu ergreifen. Seine warme Hand auf ihrer nackten Schulter löste in ihr angenehme Schauer aus. Ein Flattern machte sich in ihrem Magen breit. In einen gleichmäßigen, sich schnell einfügenden Rhythmus geleitete er sie sicher über das Parkett. Seine Führungsqualitäten waren derart gut, dass Lena darüber hinweg ihre miserablen Tanzkünste sowie ihre ewige Angst vor dem Stolpern vergaß. Immer mehr trat die Musik in den Hintergrund, bis nur noch er da war – Mori mit seinen dunklen Augen, in denen ein Funkeln lag, das schöner war als jedes strahlende Licht der prunkvollen Kronleuchter an der Decke und dieses Funkeln und das warme Lächeln auf seinen Lippen galten ganz allein ihr. Noch immer konnte sie es kaum fassen und je mehr sie sich bemühte, es zu begreifen oder Gründe dafür zu finden, desto unglaublicher wurde es für sie. Mit äußerster Willenskraft widerstand sie der einladenden Versuchung, sich noch enger an ihn zu schmiegen. Doch ihre tapfere Enthaltsamkeit wurde weiterhin auf die Probe gestellt, als ihr sein maskuliner Duft in die Nase stieg. Die Verlockung wäre sowieso zu groß gewesen, doch noch bevor sie ihrem Aufbegehren ein Ende setzten konnte, nahm Mori die Sache selbst in die Hand und zog Lena näher an sich heran. Seine Nähe und sein sinnlicher Duft waren nun übermächtig und so gegenwärtig. Eine herbe, dennoch frische Note. Die einzelnen Geruchsfassetten waren durchsetzt von einer Spur aus Minze. Ein Geräusch ließ ihren Blick kurz zur Seite kippen. Eine kleine Schlange von Mädchen hatte sich am Rand der Tanzfläche gebildet, die ausnahmslos alle mit sehnsüchtigen Augen zu Mori hinüberspähten. Ein Mädchen war hingefallen, wobei ihr Absatz auf den Boden ein klackendes Geräusch von sich gegeben hatte. Jetzt war sie dabei, sich hastig aufzurichten und mit fahrigen Handbewegungen ihre Frisur zu richten. „Ähm, ich glaube da sind noch andere, die mit dir tanzen wollen.“ Kaum hatte Lena es ausgesprochen, war ihr ein sanftes Rosa in die Wangen gekrochen. „Ach, ja“, war das einzige, was er darauf sagte, während Lena schon darauf wartete, dass er von ihr ablassen würde, um sich zu seinen Bewunderinnen zu gesellen – wenngleich sie dabei, wie kindisch es auch war, einen kleinen Funken Wehmut und Bitterkeit verspürte. Doch er bewegte sich unverändert weiterhin mit ihr im Takt der Musik. "Willst du nicht einmal nach ihnen sehen?" Keine Antwort. Lena startete einen erneuten Anlauf. "Du wirst sie enttäuschen, wenn du nicht mit ihnen tanzt." Mori sah sie einfach nur an, erwiderte aber nichts darauf. Irgendetwas stimmt nicht, schoss es Lena durch den Kopf. Kann es womöglich sein, dass er gar nicht will? Er wird doch nicht ernsthaft vorhaben seine Pflichten als Host zu missachten. "Na, los geh schon. Werde deiner Aufgabe als Host gerecht", forderte ihn Lena dazu auf dem Anliegen der Mädchen Folge zu leisten, gleichzeitig darum bemüht eine gleichgültige Mine zur Schau zu tragen. In solch einen Moment wäre Kyoya sicherlich stolz auf sie gewesen... "Es macht mir wirklich nichts aus", ermutigte sie den Dunkelhaarigen. Doch sie traf damit nur auf harten Granit. Unverschämter Weise ignorierte er sie. Ja, er überging sie. Unfassbar. Nichts mehr mit Gentleman durch und durch. Tatsächlich stellte er sich taub! Ok, wenn nicht so dann eben anders, entschloss sich Lena kurzerhand zu einer Strategieänderung, nicht einmal selbst so recht wissend, warum sie überhaupt so viel Ambition aufbrachte. "Sag mal, wenn du nicht mit ihnen tanzt, bekommst du dann kein schlechtes Gewissen? Schließlich mühen sich alle anderen Hosts auf den Ball auch mit ihren Kundinnen ab.“ Anscheinend hatte sie etwas in ihm wachrütteln können, da er den Mund öffnete - leider jedoch nicht um die mehr oder weniger erhoffte Einlenkung von sich zu geben. "Kyoya macht das nicht", kam es ungerührt von ihm. Schaft zog Lena die Luft ein. "Was!? Kyoya?" "Er ist mit Mai hier." "Oh... ja dann, geht das wohl in Ordnung." "Na, siehst du." Er vollführte mit ihr eine Drehung und sah ihr tief in die Augen. Lena bis sich auf die Lippen. Mist, er war auf den besten Weg, sie um den Finger zu wickeln, sie willenlos zu machen, und wie er das anstellte, schien er wirklich gut zu wissen. Kurz schloss Lena die Augen, um sich wieder zu ordnen. "Das mit Mai und Kyoya ist aber etwas anderes." Fragend hob Mori eine Augenbraue. "Na, ja die beiden sind schließlich verlobt", setzte Lena an. "Ich wüsste nicht, was das für einen Unterschied macht." Seine Stimme war tief, melodisch und ruhig. Kombiniert mit diesem intensiven, aber zugleich sanften Blick war es eine der wohl stärksten Geschütze, die er gegen sie hätte auffahren können. "D- Das macht es aber", blieb sie dabei, jedoch plötzlich völlig aus dem Konzept geraten. Mit einem Mal wandelte sich etwas in Moris Blick. Eine Veränderung, die Lena im ersten Moment nicht einzusortieren wusste. Doch als sie die blanke Enttäuschung in seinen Augen erkannte, wäre es ihr lieber gewesen, sie hätte das Sticheln sein lassen. Seine Stimme war unergründlich, doch seine dunklen Augen sprachen Bände. "Du wärst also nicht wütend, wenn ich dich jetzt hier stehen lassen würde, um den anderen Mädchen einen Tanz zu schenken?" Nun hatte Lena komplett den Faden verloren, man hatte sie rücksichtslos aus der Bahn geworfen. Ein beständiges Schweigen trat zwischen ihnen ein. Sie konnte ihn nicht mehr ansehen, und begnügte sich deshalb damit, unaufhörlich eine Säule an der Seite zu taxieren. Konnte sie es ihn wirklich sagen? Diese Neigung war so kindisch und ungerechtfertigt - zumal sie Mori weit näher gekommen war als seine ganzen Kundinnen. Trotzdem... Sie lief rot an. Feuerrot - und hätte sicherlich einer Tomate Konkurrenz gemacht. Wenn das so weiter von statten ging, würde es sie bald nicht mehr wundern, wenn man eine Ketchupmarke nach ihr benannte. Die erste Ketchupmarke mit einer lebenden Reklametafel. Bestimmt eine internationale Sensation, um die sich die Medien nur so reißen wurden. "Ich... ich..." Lediglich ein heiseres Stammeln. Sie versuchte sich zu sammeln, aber plötzlich war es so, als wäre eine Sicherung in ihr durchgebrannt - eine Barriere gefallen. Die Folge war, dass es unaufhaltsam nur so aus ihr herhausbrach, was sie unter allen Umständen und jedweder Bedingung vorgehabt hatte, für sich zu behalten und niemals Mori wissen zu lassen. "Natürlich bin ich eifersüchtig! Was dachtest du denn? Dass ich vor Freude darüber in die Luft springe, wenn ich dich mit einer anderen tanzen sehe?" Ihre Tonhöhe erreichte einen hysterischen Level. "Dass ich denken würde, dass sie "nur" Kundinnen wären?!" Schnell atmete sie zwei Mal durch, bevor sie mit gefassterer Stimme fortfuhr: "Ich habe mich darauf eingestellt, dass ich nicht die einzige bin, dass ich dich teilen muss und ich respektiere das, klar?" Großer Gott, sie hatte es wirklich gesagt. Nunmehr gab es kein Zurück. Es war draußen. Mit übeler Vorahnung und einem einzigen Gedankenchaos, in dem sich in rascher Geschwindigkeit ein schwarzes, überdimensionales Loch ausbreitete, ungehindert alles in sich aufsog und eine weiße Leere hinterließ, überwand sie sich angespannt, Mori ins Gesicht zu schauen. Seine Mine war unverändert, nur der Ausdruck seiner Augen hatte einen Wandel vollzogen. Abermals zog er Lena zu sich heran, um sich diesmal zu ihr herunter zu beugen und etwas in ihr Ohr zu flüstern. Verwundert und überrascht gleichermaßen, weiteten sich ihre blau-grünen Augen, dabei verstärkte sich die Röte ihrer Wangen um ein Vielfaches. Ihr Herz vollführte einen aufgeregten Sprung. Lächelnd blickte Lena zu ihm hoch, während er das ihre erwiderte, derweilen hallten seine Worte stetig in ihrem Kopf nach. "Ich wäre sehr enttäuscht gewesen, wenn du nicht Neid gegenüber andere empfinden würdest, weil es mir umgekehrt genauso ergehen würde." Beinahe klang es wie Musik in ihren Ohren und als Mori seinen Griff ein wenig verstärke, war ihr sie, als würde sich eine Woge des Glücks über sie ergießen. Die Welt hatte aufgehört sich zu drehen, war aus den sie haltenden Angeln gekippt. Eine unnatürliche Starre hatte Isa befallen. Sie stand da wie angewurzelt, bewegungsunfähig. Jeder noch so kleine Eissplitter reizte sie von Innen heraus und schaffte es dennoch jegliche Regung ihrerseits zu unterbinden. Nur er - er kam ungehindert auf sie zu, wenn auch beinahe zögerlich, als hätte er Angst, sie mit seiner Anwesenheit zu verschrecken. In der Tat hatte diese Befürchtung ihren Ursprung nicht aus heiterem Himmel erlangt, weil sich Isa in diesen Moment am liebsten weggebeamt hätte. Aber mal ganz davon abgesehen, dass sie im 21. Jahrhundert ihr Leben fristeten und nicht in einen Science – Fiktionfilm mit fliegenden Raketenautos und grünen Marsmännchen, so hätte es Isa jetzt wohl nicht zustande gebracht, das Gerät richtig zu bedienen und sich mit samt Uschi auf den Saturn zu teleportieren. Dafür war das plötzliche Aufeinandertreffen zu unvorbereitet, zu unerwartet, und pustete soeben jeden noch halbwegs strukturierten Gedanken aus ihrem Hirn, obgleich sie sich die ganze Zeit eingeredet hatte, es wäre nicht so, dass sie Tamaki nicht auf kurz oder lang aus den Weg gehen könne. Doch nun saß sie geradewegs in der Falle - mit einem Kopf, der nicht mal mehr annährend denkfähig schien. Er schritt weiterhin auf sie zu und verringerte die Distanz des Balkons zwischen ihnen zunehmend. Die Silhouette seines Körpers durchschnitt das Netz aus Lichtfäden auf den Marmorboden und warf einen hoch aufragenden Schatten an die Fassade des Gebäudes. Seicht ließ eine erneute Windböe die hellen Strähnen seines Haares flattern. Die Kerzenflammen in den Laternen flackerten und Isa war unfähig ein jähes Frösteln zu unterdrücken. Leicht bibbernd verschränkte sie die Arme vor ihren Körper - eine Abwehhaltung gegen die Kälte und das jetzige und noch folgende Geschehen. Unter allen Umständen wollte sie fort. Doch irgendetwas hielt sie fest, an Ort und Stelle. Zwar hatte Isa zum einen den starken Drang, so schnell wie nur möglich das Weite zu suchen, auf der anderen Seite übte dieses Bild von Tamaki auf dem windigen Balkon, durchzogen von Licht und Schatten, eine äußerst fesselnde Faszination auf sie aus und als er dann vor ihr stand, stockte ihr der Atem, beim Anblick seiner Augen, die in tiefen, dunkelblauen Seen zu liegen schienen. "Ja, hab ich. Ein Problem damit?", raunzte sie ihn an. "Nein, eigentlich nicht", sagte er ruhig, unterließ es aber die letzten zwei Meter zwischen ihnen zu überbrücken. "Aber du scheinst da -" Ungehalten fiel ihm Isa ins Wort. "Fein, dann kannst du ja wieder reingehen und verschwinden." Ihre Hände schlossen sich krampfhaft um das Geländer hinter ihr, als sie sie zu Fäusten ballte. Isa unentwegt anschauend trat er ebenfalls an die Balustrade, achtete dabei aber tunlichst darauf, von ihr Abstand zu halten. Dann blickte Tamaki hinunter in die Schwärze des Gartens, die nur von einigen fernen Laternen durchbrochen wurde. Vage konnte man die kahlen Kronen der Bäume erkennen, welche sich im Flüstern des Windes wiegten. Irgendwo schrie ein Vogel. Sein Ruf hallte durch die Nacht wie ein tröstender Laut. Zur Tür gewandt wagte es Isa nicht, sich an die Brüstung zu lehnen. "Ich frage mich,…", vernahm sie ihn nach einer Weile, "…ob dir überhaupt bewusst ist, dass dein jetziger Zustand dir alles andere als gut tut." "Wovon redest du?", schnappte sie, schmerzhaft gruben sich ihre Fingernägel in die Handflächen. "Ich denke, das weißt du genau. Du weist jeden ab, lässt niemanden an dich ran, sperrst dich gegen alles und jeden. Denk nicht, das hätte ich nicht bemerkt. Lena macht sich Sorgen. Das sieht man ihr an." "Ach ja?" Isa hob kritisch eine Augenbraue. "Dafür amüsiert sie sich auf den Ball mit eurem lieben Wild-senpai aber prächtig." Das Wild-senpai betonte sie absichtlich albern, um der Version der ihn anhimmelnden Mädchen eine lächerliche Note zu verpassen. Ungerührt fuhr er fort: "Es ist eine Sache eine Maske entsprechend einer Situation anzulegen, aber eine ganz andere diese Maske nicht mehr abzusetzen und daraufhin das wahre Gesicht hinter den Schichten der Maskerade zu vergessen." "Was laberst du da eigentlich?" Ihre Stimme klang kalt und abweisend. "Wenn du ein Studium als Psychologie anstrebst, dann nerv jemand anderen mit deinen komischen Amateuranalysierungsversuchen und lass mich gefälligst in Ruhe!" Für eine Zeitspanne herrschte abermals Schweigen, das nur von der gedämpften Musik aus dem Saal durchdrungen wurde. Schließlich durchbrach Tamakis Stimme die Stille. "Und wenn ich das nicht könnte? Und wenn ich das auch gar nicht wolle?" Erschrocken, über die plötzliche Nähe der Stimme, drehte sich Isa um. Ohne dass sie es bemerkt hatte, hatte Tamaki die letzten paar Schritte gemacht. Nun stand er unmittelbar vor ihr. Jedes Nackenhaar richtete sich bei ihr auf. Alles in Isa sträubte sich, ihm so nahe zu sein und auch ihre Erwiderung sprühte nur so vor Gereiztheit. "Dann würde dein Verhalten unter allgemeine Belästigung fallen." "Ich denke nicht dass, das zu Belästigung zählt", entgegnete er ruhig, in seinen Augen jedoch brannte ein ernster Schimmer. "Und was lässt dich da so sicher sein?", wollte sie betont gelassen wissen, wenngleich jeder Muskel in ihren Körper vor Anspannung zu zerreißen drohte. "Weil ich dir etwas Gutes tun will." Empört über so viel angebliche Arroganz schnappte Isa nach Luft, bevor sie mit deutlichen Sarkasmus schnarrte: "In anderen Worten: Du willst es so wenden, dass ich mich hinterher noch schlechter fühle, als ich es jetzt schon tue." Von ihrem boshaften Zynismus ließ sich Tamaki nicht im Geringsten aus dem Konzept bringen. "Also gibst du sogar zu, dass es dir nicht gut geht." "Nein, mir geht’s wunderbar. Einfach wunderbar", sagte sie verärgert, "Mir könnte es gar nicht besser gehen. Und das ist allein deine Schuld! Danke der Nachfrage." Sich nachdenklich durch die Haare streichend, warf er Isa ein mitleidiges Lächeln zu, das sie ihm am liebsten aus dem Gesicht geschlagen hätte. Allmählich verwandelte sich ihre zögernde Unsicherheit in Wut. Was bildete er sich eigentlich ein? Der Zorn brodelte in ihr hoch, bis er jede Faser ihres Körpers erfüllte und Tamakis nächste Aussage linderte diese aufsteigende Empfindung nicht im Mindesten. "Nein, daran bin ich nicht Schuld. Du bist die, die dir selbst im Weg steht." Isa hielt die Luft an, nahe dran die Fassung zu verlieren. Wie konnte er bloß, so etwas Respektloses sagen? "Ich habe keinen Bock auf dein Psychogelaber. Habe ich das nicht schon klar gestellt?" schnauzte sie. Ihr Blick warf Funken der Wut. Sie rang um Beherrschung. Doch das Mitleid in seinen Augen schwand nicht, was Isa noch rasender machte. "In Ordnung. Obwohl ich eigentlich vor gehabt hatte mich vorsichtig ranzutasten, aber wenn du es so willst, bringe ich es wohl besser schnell auf den Punkt. Doch wenn du ehrlich zu dir bist, weißt du es schon die ganze Zeit über, bist jedoch zu stolz um es dir einzugestehen." meinte er reserviert. Sie bemühte sich, die Augen nicht zu misstrauischen Schlitzen zu verengen, obgleich sie aus ihrer Sicht jeden Grund dafür gehabt hätte. Plötzlich machte er einen zerknirschten, mitgenommenen Eindruck, als würde ihn das nun Folgende große Kraft abverlangen. "Ja, du willst es nicht wahrhaben." So langsam reichte es. Was wollte er eigentlich? Was dacht er sich, wer er war? Ihr Vormund oder ein sonstiger Erziehungsbeauftragter, der berechtigt dazu war, ihr altkluge Reden zu halten? Siedend heiß, kochte der Ärger in ihr hoch, rot und schäumend. "Was will ich nicht wahrhaben?!", fuhr Isa ihn an. Ihr Blick brannte sich in den seinen. "Dass du nicht du selbst bist", sagte er sanft. "Wie bitte!", herrschte sie, "Wer gibt dir das Recht, so etwas zu behaupten?" "Das Recht nehme ich mir mal einfach so raus. Ich wüsste nicht, dass es dafür eine Lizenz bedürfen würde. Du hättest - " Abrupt unterbrach sie ihn. "Machst du dich über mich lustig? Geht’s noch?!" Brüllend nahm das wutentbrannte Gefühl zu, wuchs ins Unermessliche. Bald würde das Fass überlaufen und wehe den, der sich dann noch in Isas Nähe befand. "Nein, nicht wirklich", entgegnete er beschwichtigend. Aber Isa glaubte ihn keineswegs. Sie drückte die Hände so fest gegen das Geländer, dass ihre Knöchel weiß hervorstachen. "Als wenn ich dir das abkaufen würde. Wenn du gekommen bist, um dich auf meine Kosten zu amüsieren, dann verpiss dich!" Eine Sekunde später hätte sich Isa selbst auf die Zunge beißen können. Shit, sie hatte geschrieen und ihm somit gezeigt, dass diese Unterhaltung, doch etwas in ihr lostrat, sie nicht so unberührt und kalt ließ, wie sie vorgab. Ein unkontrolliertes Beben erfasste ihre Unterlippe. Auf einmal sah Tamaki gekränkt aus. "Du glaubst also, ich würde Spaß daran haben, dich so zu sehen?" Etwas für Isa Undefinierbares schwang in seiner Stimme mit, doch sie kümmerte sich nicht darum, sondern spiee ihm giftig entgegen "Scheint ja zumindest so!" Geschockt taumelte sie ein Stück zur Seite, beim Anblick von der Verletztheit, die kurz über Tamakis Gesicht huschte. Aber dann war sie fort und Isa verurteilte sich im Stillen für ihr unwillkürliches Zurückweichen. "Tut mir leid, das wollte ich nicht." Auf einmal war seine Stimme nicht mehr als ein Flüstern. "Was wolltest du nicht?" Irritiert bemerkte sie, dass sie ebenfalls leiser geworden war. "Dir das Gefühl geben, dass ich derart unsensibel wäre. Im Grunde genommen", er räusperte sich kurz, "habe ich dich gesucht, um dir etwas zu sagen, worüber ich schon viel früher hätte mit dir reden sollen. Aber immer wenn ich dich gefunden hatte, warst du schon weg. Eigentlich verständlich. Es muss für dich ja sehr verstörend gewesen sein. Aber für mich war es auch nicht so einfach, musst du wissen." "Aha, und genau das ist es, was ich an euch so hasse. Ihr versucht immer eine Entschuldigung zu finden, auch wenn es nichts zu entschuldigen gibt!" warf Isa ihm vor. "Daher sag bitte nicht, dass es für dich nicht einfach war, nachdem du sogar angefangen hast, mit mir rum zumachen! Damit brauchst du mir erst gar nicht anzukommen!" "Es wäre für dich, trotz alle dem, nicht schwer gewesen, mich zurückzustoßen", hielt er dagegen. "Ja, bestimmt!", fauchte Isa, "Nach 7 Gläsern hochprozentiger Bowle ist ein schnelles Reaktionsvermögen auch so was von selbstverständlich!" "Was wäre, wenn ich dir jetzt sagen würde, dass ich nichts bereue. Dass ich nichts davon, was in der Karibik passiert ist, bereue. Mir rein gar nichts davon leid tun würde, sogar froh darüber bin, dass es so gekommen ist." "Ich würde dich verrückt erklären!", schnauzte Isa. "Das ist aber die Wahrheit." Ein zartes Funkeln lag in den tiefblauen Seen. Unvermittelt weiteten sich ihre Augen. Isas Stimme bebte. "Was... du... aber das... das ist doch absurd... völlig verrückt." Tamaki trat näher an sie heran. Nun sah sie, dass nicht nur dieser sanfte Glanz in seinen Augen lag, sondern auch etwas Hoffnungsvolles, gleichzeitig Mitleidiges, und zu ihren blanken Erstaunen auch Angst. "Ist die Wahrheit wirklich so verrückt?" "Aber...", hob sie einmal mehr an, plötzlich hilflos nach Worten suchend, "Das ist irrsinnig. Total - ." Ihre Stimme brach weg. Wieder Schweigen, und diesmal war es so undurchdringlich, dass Isa meinte jemand habe mit einen Staubsauger den Sauerstoff aus der Luft gesaugt. Spielte die Musik aus dem Saal überhaupt noch? Sie wusste es nicht. Ohne Unterlass hallte in ihren Ohren ein merkwürdiges fernes Piepen wieder. Ein schmerzhaftes Ziehen breitete sich von ihrer Lunge her aus. Es bedurfte einige Sekunde, ehe Isa die Ursache des stechenden Pochens registrierte und endlich wieder Atem holte, den sie die ganze Zeit über angehalten hatte. Sie meinte, sich in den Tiefen seiner azurblauen Seelenspiegel zu verlieren. Sie waren so wunderschön... Diese Erkenntnis traf sie so unvermittelt und unvorbereitet aus dem Nichts, dass es ihr abermals den Atem raubte, ihr glatt den Boden unter den Füßen wegzureißen drohte. Aber sie stand, reglos, fasziniert von diesen Augen und den gewaltigen Gefühlsspektrum in ihnen, das sich vor ihr auftat. "Ja, ganz recht, das ist es wohl", riss Tamakis Stimme sie aus dem plötzlichen Bann. Verwundert blinzelte sie. Erneut hob er an und seine Stimme war jetzt das einzige, was Isa in der frostigen Winternacht vernahm. "Doch ich bereue nichts, weil ich mich in das Mädchen hinter der Fassade verliebt habe. Ich mag das warmherzige Mädchen, dessen weiche Seite man erst entdeckt, wenn man einen Blick unter die ruppige Haut riskiert. Warum setzt du immer eine Maske auf, um eine andere zu sein oder um dich stärker zu machen? Hasst du es denn so sehr, schwach und verletzlich zu sein? Ich habe vom ersten Moment an erkannt, dass du nicht die bist, die du vorgibst zu sein, dass hatte dann erst einmal mein Interesse geweckt. Wie kann sich jemand derart gegen sich selbst zu Wehr setzten?" Stumm schüttelte er den Kopf. Inzwischen hatte Isa das bohrende Gefühl des Unbehagens beschlichen. „Trotzdem machte dich das in meinen Augen aufregend. Ich wollte mehr über dich erfahren, wollte wissen, wie es unter deiner Maske aussieht, und dann als wir während der Gesundheitsinspektion in dieser Abstellkammer eingeschlossen waren, habe ich zum ersten Mal etwas von deinen wahren Charakter unter der Fassade hervorblitzen sehen und dann an Halloween…“ Ein bitteres Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. „Ist es um mich geschehen.“ Noch allzu gut erinnerte sich Isa an den Teeabend Ende Oktober mit dem darauf folgenden Krawall. Am Schluss hatte das ganze Fiasko für sie nirgendwo anders als im Wandschrank von Musikzimmer 3, gefangen mit Tamaki, – auf engsten Raum eingesperrt - geendet. Doch irgendwie erschien ihr diese Szene wie eine Erinnerung eines Erlebnisses aus einem zweiten Leben. „Wie meinst du das?“, stammelte Isa, obgleich sie schon wusste, wovon er sprach, es jedoch noch nicht recht fassen konnte. Sie lehnte sich mit allen, was sie hatte, gegen diese absurde Option auf. Ja, richtete sich sogar stur darauf ein, dass es diese Möglichkeit nicht einmal gab und sie auch niemals zur Debatte stehen würde – eher würde Kolumbus von den Toten auferstehen, um seine Fehleinschätzung bei der damaligen Entdeckung des angeblichen Indiens zu beheben, ja es war sogar wahrscheinlicher, dass Kurt Cobain sich eines Tages der Presse outen würde, mit dem Geständnis, er habe seinen Selbstmord nur vorgetäuscht, um sich irgendwo still und heimlich in einer hübschen Villa niederzulassen und ein schönes Leben – weit weg von all dem Stress und der ganzen Publicity - zu führen. „Habe ich das nicht zu Anfang schon gesagt?“ Die halbherzige Härte in seinen Augen schmolz dahin und ließ nur noch dem eigentümlichen warmen Funkeln Platz, jedoch schien es Isa, als würde sich in diesen Schimmer immer noch ein Hauch Angst mischen. „Du bist zu durchschaubar. Nicht für jeden, aber gewiss für die Leute, die genauer hinschauen und nicht nur deine Maske sehen wolle, sondern auch das, was sich dahinter verbirgt.“ Wahrlich, Isa war drauf und dran, ihn etwas wie „Machst du jetzt einen auf Sherlock Holmes?“ entgegen zu schleudern, besann sich aber dann in letzter Sekunde, den Mund zu halten, denn gleichwohl hinderte sie etwas daran, überhaupt einen Laut über die auf einmal staubtrockenen Lippen zu bekommen. Zu unwirklich erschien Isa alles. Das, was er sagte, war ihr zuerst paradox vorgekommen, aber jetzt ergab es erst recht keinerlei Sinn mehr für sie – wenngleich in ihrem Inneren eine leise Ahnung erblühte, die Isa zwar immer wieder auszureißen versuchte, diese sich jedoch nicht so leicht unterkriegen ließ, und ständig auferstand, um ihre grünen Dornenranken nach ihr auszustrecken. „Ich mag das Mädchen hinter der kalten, abgebrühten Fassade, das echte Freude und Humor ausstrahlt – nicht die unnahbare Maske. Denn dieses Mädchen ist auch ohne diesen Schutzwall etwas ganz Besonderes, Einzigartiges. Warum hast du nur wieder diese Mauer um dich herum errichtet? Dabei war ich überglücklich, als ich dachte, endlich zu dir durchgedrungen zu sein.“ Jetzt stand echter Schmerz in seinen Augen geschrieben. „Schlimmer noch – du hast dich vor allem verschlossen und jeden zurückgewiesen, viel mehr als noch davor.“ Damit hatte er bei ihr einen Nerv getroffen. Plötzlich war es so, als wäre in Isa der mühsam den reißenden Fluss standhaltende Damm gebrochen – hatte der gewaltigen Wucht der Wassermassen nicht mehr weiter Stand halten können. „Hör auf damit! Hör endlich auf damit! Du verstehst gar nichts!“ Nur am Rande nahm Isa wahr, dass sie schrie. Am ganzen Körper zitternd vor Wut, klammerte sie sich an dem Geländer fest, als wäre es der einzige rettende Strohhalm im Meer der Ungewissheit. Ihr Blick sprühte vor Zorn und Verzweiflung. „Was willst du, verdammt?! Hast du nicht schon genug angerichtet?! Reicht dir das etwas noch nicht?! Willst du mir jetzt auch noch den Rest geben?! Weißt du eigentlich was du gemacht hast?! Mein Leben war super, bevor du gekommen bist! Und dann… und dann“, presste sie durchsetzt von hilflosen Schluchzern hervor. Vor Ärger über ihre eigene sentimentale Gefühlsregung verstärkte sich ihr Beben. Tief durchatmend, den Bedürfnis nachkommend, ein, zwei Mal hart zu schlucken, verfolgte sie das Vorhaben, sich wieder in den Griff zu bekommen, doch das scheiterte, desto sehr sie versuchte sich zu beruhigen, umso mehr misslang es ihr, da ohne Unterlass seine Worte durch ihren Kopf flogen und dort eine Qual auslösten, die ihr durch Mark und Knochen ging. Zwischen den sie schüttelnden Weinkrämpfen hindurch vernahm sie Tamaki. „Mir fiel es auch nicht gerade leicht, dir das alles zu sagen. Aber ich sah und sehe nun auch noch keinen anderen Weg, als diesen, denn wenn ich es nicht getan hätte, hätte ich dich nicht nur verloren, sondern das auch kampflos.“ Sie wagte es nicht, ihm ins Gesicht zu schauen, aus Furcht, vor dem, was sich in seinen Augen spiegeln würde. Bereits aus seiner Stimme, hörte sie den unverkennbaren Schmerz, die tiefe Traurigkeit und die leise Sorge heraus. „Ich sagte doch: Hör auf!“ Sie spürte schon wie ihr die erste Träne die Wange hinunterrollt, und ihre Lippen benetzt, es jedoch nicht vermochte sie vom Zittern zu erlösen. Auf einmal war Isas Kehle wie zugeschnürt. Mit einem Mal war sie all ihrer Wut beraubt – zurück blieben lediglich das Unbehagen und die Verzweiflung. „Bitte, hör einfach auf.“ Jetzt war es nur noch ein leises, kaum vernehmbares Flehen, das aus ihren Mund kam, zu mehr war sie nicht mehr fähig. Dann tat sie das, was ihr in diesem Moment wohl am meisten Kraft abverlangte: Sich am Riemen reißend, sah Isa zu ihm hoch; ganz gleich der brennenden Scham, die sie sich dabei, aufgrund ihres tränennassen, verheulten Gesichts, eingestand. Sie erstarrte. Seine Augen waren feucht. Ein besorgter, trauriger Schatten durchzog seine blauen Tiefen. Das war zu viel für Isa. Viel zu viel. Sie stütze sich von der Brüstung ab, machte kehrt und taumelte zurück zur Balkontür. Vor ihren tränenden Augen verschwamm die Sicht. Die Steinfassade verdichtete sich zu einer großen weißen Masse, durchzogen von rauchigen, schwarzen Schlieren. Wo war noch mal die Tür gewesen? In dem Moment, als Isa sie endlich als verwischten dunklen Flecken ausmachte, wurde sie am Arm gepackt, herumgerissen und behutsam, aber dennoch bestimmt gegen die Wand gedrückt. Erschocken riss sie die Augen bis zum Anschlag auf, wobei sich eine winzige Träne aus ihrem Lid löste und über ihre Wange perlte. Sie mit den Händen an der Mauer recht und links neben ihren Kopf abstützend, hielt Tamaki sie zwischen seinen Körper und der Gebäudefassade fest. Ein leises Wimmern löste sich von ihren Lippen, während sie zu ihm hoch sah. Ihre Blicke fanden sich und der Ausdruck seiner Augen brannte sich mit solcher Intensität in ihre dass, sie beinahe versucht war, ihre Augen zu schließen. Aber das tat sie nicht. „Ich habe gesagt, dass ich dich nicht einfach kampflos ziehen lassen werde, weil ich nicht will, das das Mädchen hinter der Maske in Vergessenheit gerät, dass es mit der Zeit verkümmert und sich dann von Tag zu Tag ein Stückchen mehr auflöst, bis es schließlich gänzlich verwunden ist. Du könntest dir es so viel einfacher machen, indem du dich nicht vor die selber versperrst.“ Da wich Isa seinem Blick aus. „Verdammt, du verwirrst mich.“ Geräuschvoll zog sie die Nase hoch. „Wirklich alles an dir, ist so verwirrend. Du bringst wirklich alles in meinen Leben durcheinander - stellst es auf den Kopf wie es dir passt. Und dann tust du auch noch so als würdest du es nicht merken!“, rief sie „Dabei sollte es mich eigentlich nicht scheren, aber nach der Sache in der Karibik, ist alles ein einziges Chaos. Dabei… dabei kann ich an nichts anderes mehr denken als an dich, verdammt. Warum bloß, kann ich diese dummen Gedanken nicht abstellen, hä? Sag mir das, wenn du doch ach so schlau bist, wie du die ganze Zeit versuchst mir weiß zu machen.“ „Stell, dich nicht gegen, das was du empfindest. Wehr dich nicht gegen deine Gefühle. Denn verleumdet man sie, tut man sich nur selber weh. Es mag ja tapfer und willensstark erscheinen, aber dahinter steckt meist eine viel größere Angst. Eine Angst davor schwach zu wirken, weil man zu seinen eigenen Gefühlen steht. Manchmal erfordert es deutlich mehr Mut seine Gefühle zu akzeptieren. Anstatt sie zu unterdrücken.“ Seine Stimme war sanft aber zugleich auch eindringlich. Erstickt unter Tränen brachte sie hervor: "Und was, wenn ich nicht einmal weiß, was ich fühlen soll? Und was wenn…" Kläglich versagte ihre Stimme. Es war fast nur ein Hauch, als er wisperte: "Dann vertrau deinem Herzen." Die blauen Seen wurden größer und größer, bis Isa dachte, sie würden sie umgeben und dann als seine Lippen die ihren berührten, zart wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, bedurfte es sie nur noch einer einzigen Entscheidung. Sollte sie erbittert aufbegehren oder sich in das azurne Blau fallen lasen. Zunächst erfasste Isa der Impuls, ihn wegzudrücken, doch dann bröckelte etwas ihn ihr dahin. All ihr Widerstand legte sich, gleich einer niederfallenden Mauer und sie spürte, dass es richtig war. Als sie denn Kuss erwiderte, war es als würden zwei grundverschiedene Elemente, deren Gegensätzlichkeit nicht größer hätte sein können, aufeinanderprallen, sich im ersten Moment unter Funken abstoßen, dann aber mit solch einer intensiven Wucht anziehend - so als könnte keines ohne das andere existieren, als stelle das jeweils andere die lebensnotwenige Luft zum Atmen dar. Eine Wärme kroch in Isa hinauf und mit einem Mal fror es sie nicht mehr, trotz der draußen herrschenden, kalten Dezembertemperaturen. Von Fern meinte sie die Melodie von Keri Hilsons Song, "I like", zu hören. Aber nicht einmal das konnte richtig zu Isa durchdringen. Das rauschende Blut in ihren Ohren und das stetige Pochen ihres Herzens übertönten jegliche Geräusche. Zudem raubte ihr Tamakis Duft den Verstand. Der Kuss war voller Zärtlichkeit, doch war gleichzeitig auch etwas Rettendes, Haltendes. Kurz löste er sich von Isa, um ihr in die Augen zu sehen. In den beiden sturmgrauen Perlen fand er ein Glitzern, heller als jeder sich nun hinter den schwarzen Wolkenschleier zeigende Stern am Himmelszelt - und dennoch lag eine scheue Unsicherheit, ein stummer Hilferuf in ihnen. Als Isa abermals ein Zittern erfasste, wusste Tamaki, dass dies nicht von der Kälte herrührte. Umgehend nahm er den bebenden Körper des Mädchens in die Arme. "Hab keine Angst. Ich werde dich nicht allein lassen.", flüsterte er rau. Daraufhin ließ das Zittern ein wenig nach, trotzdem blieb noch eine kleine Versteifung bestehen. Sein Ton war angenehm beruhigend, auch wenn eine kaum verborgene Sorge in ihm mitschwang. "Hey, komm, sieh mich an." Sanft umfasste er mit einer Hand ihr Kinn und hob es an. Just in dem Moment, in dem sie bewusst in sein Gesicht blickte, verriet ihr ein seltsam flaues, aufgeregtes Flattern in ihrer Magengrube, dass ihre Knie kurz davor standen, einzuknicken. Die Wärme in seinen Augen und der abwartende Ausdruck um seine Lippen. Plötzlich wandelten sich das zurückgebliebene Zittern und die Anspannung in heißkalte Schauer, die ihren Rücken hinabjagten. Um Isa herum verblasste alles, als er ihr abermals näher kam, sie an sich drückte und zu küssen begann. Intuitiv legte ihm Isa die Arme um den Hals. Auf einmal verlor alles seine Bedeutung. Ort, Zeit, Anlass - wurden zur Nichtigkeit. Von Belang war nichts mehr, außer er. Die Farben verloren ihren Glanz und verwelkten, wie alte Blumen im Spätsommer. Einzig er erstrahlte in dem kahlen Grau der Umgebung, als ein von Licht und Farben durchtränkter Körper. Seltsamer Weise trieb es Isa nicht in Verlegenheit, sich schwach zu geben. In seinen Armen gab es keinen Zwang mehr, stark sein zu müssen, unumstößlich und standhaft wie ein Fels in der Brandung. Diese Notwenigkeit bestand hier nicht und auch der Drang danach war gänzlich von ihr abgefallen. Und da spürte sie etwas, was sie noch nie auf irgendeine Art gefühlt hatte. Sie war glücklich und das aus den schier banalsten Grund der Welt: Sie war froh schwach zu sein. Eine Last, die sie die ganze Zeit mit sich herumgetragen hatte, und die damit einhergehende Anstrengung waren von ihr genommen. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. "Danke." Es war nicht mehr als ein leises, kaum vernehmbares Flüstern gewesen, genauso gut hätte es ein Windhauch gewesen sein können. Aber sie war sich sicher, dass Tamaki es gehört hatte. Nach einigen Sekunden des Schweigens bestätigte er dies sogar, indem er antwortete: "Ich habe doch gesagt, dass ich dich nicht kampflos aufgeben würde." Woraufhin wieder Stille einkehrte. Doch diesmal genoss Isa sie. Sie hätte ewig so da stehen können, an ihn gelehnt, seine Arme um sich spürend, jedes gleichmäßige Heben und Senken seiner Brust fühlend, von seiner Wärme seines Körpers umgeben, die sie vor der Kälte schütze. Doch just in diesen Moment, als Isa sich dazu entschied, die Augen zu schließen und sich ganz der eigentümlichen Situation hinzugeben, drang eine helle Stimme an ihre Ohren und ließ sie jäh zusammenzucken. Auch Tamaki hatte sie bemerkt und den Kopf gehoben, tat jedoch keine Anstalten, den Griff um ihre Taille zu lockern, um sie freizugeben. "Hier geht's zum Balkon!" Isa brauchte nicht erst den Kopf zu wenden, um die Stimme als Honeys zu identifizieren. Hinter ihm klackerten die Metallabsätze von hohen Schuhen auf den Steinboden. "Brr, ist das kalt." Eine zweite Stimme. Noch mehr Schritte halten an der Gebäudefassade wieder. Nun war Isas Neugierde mehr als geweckt und siegte über die Scheu, sich zu zeigen. Unvermittelt drehte sie den Kopf und erkannte, wie Honey und Ayumi bei dem Anblick von Tamaki und ihr - aneinandergelehnt, sich gegenseitig halb umschlungen – mitten im Gehen innehielten und erstarrten. Sogleich lief Ayumi hochrosa an, was die offensichtliche Ähnlichkeit mit einen Konfekt grandioser Weise noch übertraf. Hinter den beiden waren Lena, Mori sowie die Zwillinge ebenfalls durch die Tür, nach draußen auf den Balkon gekommen. Ein peinlich berührtes Stammeln löste sich aus Ayumis Mund. "T-tschuldigung, wir wollten nicht stören..." Auch Honey machte einen ebenso zutiefst verschämten Eindruck, doch ohne eine Mine zu verziehen, nahm er Ayumi bei der Hand, um sie wieder zurück in den Ballsaal zu geleiten. Während Lena ihnen noch etwas irritiert nachsah, waren die Zwillinge schon maulend an die Brüstung getreten. "Schön, dass du dich so gut hier bei Laune halten kannst Chef, obwohl du wirklich eine äußerst unerwartete Gesellschaft hast", sagten sie im Gehen missmutig. "Ja, ihr seit wirklich eine sehr unerwartete Gesellschaft und nicht gerade feinfühlig, was die Situation anbelangt", gab Tamaki zurück. Zur selben Zeit hoben beide die Augenbrauen, ihn und Isa genau fixierend. Regelrecht konnte Isa sehen, wie die beiden überlegten, interpretierten, abwogen und sich dann gegenseitig ein feixendes Grinsen zuwarfen, bevor der eine herausfordernd fragte: "So willst du uns nicht sagen, wie die Dinge stehen, Chef?" Tamaki schien einige Sekunden nachzudenken, während er auf Isa hinabblickte, die ihm nur ein paar verwirrte Blicke entgegenbrachte, dann entschloss er sich und beugte sich ohne Vorwarnung zu ihr runter und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen - direkt vor den Augen der Zwillinge. Isas Wangen verfärbten sich und leisteten denen von Ayumi in ihrer Farbkonstellation große Konkurrenz. Sie blinzelt, immer noch unfähig zu glauben, dass das eben passiert war. In der Tat brauchten die beiden Rotschöpfe eine Weile, um wieder die Fassung zu erlangen. Die Überraschung stand ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben, dennoch schafften sie es binnen einer Minute wieder zu ihrer alten Verhaltensweise zurück zu finden, was sie sogar sofort demonstrierten, indem sie witzelten: "Also wurde aus dem Bowleausrutscher doch noch was!" "Ohohoh, böser King. Was wird bloß unsere liebe Haruhi davon halten?" Hart zog Tamaki die Luft ein. Mit einem gewichtigen Ausdruck auf dem Gesicht, bei dem die Zwillinge losprusteten und selbst Isa sich ein Lachen verkneifen musste, sagte er: "Haruhi ist meine Tochter. Sie muss verstehen, dass ihr Vater bestimmte Prioritäten setzten muss und nicht immer nur für sie da sein kann." "Ich glaube, darüber würde sich Haruhi freuen", neckte ihn einer der Zwillinge, aber Tamaki ließ sie nicht aufziehen. Diesmal nicht. "Übrigens wird deine verehrte Tochter gerade zum Ballkönig gekrönt", erzählte der eine Rotschopf nebenbei, während der andere dazu heftig nickte. "Sie und Renge geben ein, na ja sehr ulkiges Ballkönigspaar ab." "Würde mich nicht wundern, wenn das diesjährige Prinzip, nach dem man das Königspaar auserkören hat, "Extravagantes Aschenputtel" gelautet hätte" fing der andere Rotschopf gleich an über, das nach seiner Meinung völlig, indiskutable Ergebnis der Wahl zu lästern. "Wirklich dieses Kleid, ist eine Schande in den Augen jedes Modeliebhabers. Zu schade." Isa erinnerte sich an Renges Kleid, dass sie im ersten Moment wahrhaftig für einen Wischmopp gehalten hatte, weswegen sie die Unzufriedenheit der Zwillinge ein Stück weit nachvollziehen konnte, aber dennoch nicht begriff, wo an der Sache diese ganze Dramatik haften sollte, bis es ihr endlich die Schuppen von den Augen viel. Die Zwillinge hätten es viel lieber gesehen, wenn Haruhi mit einem von ihnen zum Königspaar ernannt worden wäre, denn wie es jetzt war, stellte des Pärchen einen einzigen Fake dar. Ein König, der kein König war und die Königin mit einer Schwäche für Putzlappen. Besser hätte es nicht kommen können, auch wenn das ganze eine umwerfend komische Skurrilität mit sich zog, die es durchaus verstand, zumindest den Eingeweihten eine gewisse Unterhaltung zu bescheren. "Bist du dir sicher, dass du ihr in deiner Vaterrolle jetzt keinen Beistand leisten solltest? Zumal sie dazu gezwungen ist, als König eine Rede zu halten und, wie wir Haruhi kennen, wird sie die unter absoluter Garantie mit feinster monotoner Monotonie über die Bühne bringen." "Haruhi wird wissen, wie sie mit der Situation umzugehen hat", versicherte er mit Bestimmtheit, "Schließlich hat sie mein Spezialtraining für den Extremfall absolviert." Spätestens jetzt keimte auch in Isa Sorge auf. "Also hast du sie in der Disziplin abrichten lassen, was sie machen soll, wenn wirklich alles kurz vorm Aus steht. Und die Übungen, die sie sich unterziehen musste, waren im Notfall: Hände über den Kopf schlagen und schreiend im Kreis laufen", rieten die Zwillinge spontan. "So ähnlich - aber nicht ganz", lachte Tamaki geheimnisvoll, "Aber ihr könnt euch darauf verlassen, sie weiß was sie tut. Überzeugt euch selbst." Hikaru und Kaoru wechselten viel sagende, wenig überzeugte Blicke. "Heute ist der Chef wirklich ein anderer." "Ach, ja!" Ein Leuchten flackerte über das Gesicht der beiden - ein Zeichen für einen Geistesblitz aus heiterem Himmel. Ein schelmisches Grinsen machte sich auf ihren Lippen breit. "Uns ist gerade eingefallen, dass du deinen Titel verloren hast, und zwar an Haruhi. Na, wie gefällt dir das?" Immer noch hämisch lachend rauschten sie ab. Kurz nachdem die Balkontür ins Schloss fiel, hing Tamakis Kopf plötzlich über Isas Schulter "Mein schöner Titel. Wie werden sie mich wohl jetzt nennen?", jammerte er und sah dabei kläglicher aus, als ein Kind, dass kein Weihnachtsgeschenk erhalten hatte. Doch da erhellte sich seine Mine. "Ah, ich muss mir schnellstens einen neuen Titel überlegen. Klingt „Ihre Durchlauft“, „Euer Gnaden“ oder „Eure Eminenz“ zu überholt? Oder vielleicht kommt das ja bald noch in Mode, sie könnten mich „Kaiser“ nennen, obwohl das zu angestaubt klingt", überlegte er schon ganz in die Thematik vertieft. Isa brach in schallendes Gelächter aus. Zu albern waren Tamakis Fachsimpeleien, dass es sie nicht erheitert hätte. Verwundert hielt Tamaki inne und sah Isa ins lachende Gesicht. "Wahnsinn", staunte er. "Was?" Isa wischte sich eine Träne aus dem Auge. "Das ist das erste Mal, das ich dich richtig zum Lachen gebracht habe", meinte er und lächelte überglücklich mit solche einen Stolz, das Isa meinte, er hätte soeben eine irrsinnig tolle Leistung vollbracht. In gewisser Weise stimmte das ja auch. "Ja, endlich", seufzte Lena unverhohlen erleichtert auf, als sie und Mori zu den beiden anderen gekommen waren. Ein wissendes Lächeln zierte ihre Lippen, dennoch behielt sie es stillschweigend für sich, dass sie es gewesen war, die Tamaki den Tipp mit den Balkon gesteckt hatte. Fröstelnd rieb sie sich die Unterarme, hielt jäh inne als sich der seidige Stoff eines Sakkos über ihre Schultern legte und sich zwei starke Arme von hinten um sie schlangen. "Wenn dir kalt ist, können wir auch wieder rein", brummte Mori ihr ins Ohr. Lenas Lächeln wurde breiter. "Danke", hauchte sie und wandte mit glitzernden Augen den Kopf zu ihm. "Aber ein bisschen frische Luft hat bekanntlich noch niemanden geschadet. Und es ist doch ziemlich schön hier draußen." Beide sahen hinunter in den Park und ließen das Panorama auf sich wirken, während Isa und Tamaki die Szene aufmerksam verfolgten. "Möchtest du rein", wollte Tamaki schließlich leise von ihr wissen. Verhalten schüttelte Isa den Kopf, setzte aber gleich hinzu "Sag nicht, dir ist jetzt plötzlich auch kalt geworden." "Mit dir bestimmt nicht", entgegnete er lachend. "Was für eine..." Sie stockte. Die Balkontür flog mit einem Schlag fast aus den Angeln. Noch vom Schwung getragen krachte sie scheppernd gegen die Wand. "So geht das nicht mehr weiter! Was denkst du dir überhaupt!?" Niemand anderes als Kyoya kam herausgestürmt, Mai an der Hand hinter sich her schleifend. "Ich habe dir doch bereits gesagt, dass es mir leid tut!" fuhr sie ihn schroff an. "Das es dir leid tut!" Ungeduldig schnaubte er auf. "Und danach machst du es wieder. Dann begehst du wieder so eine Dummheit, die dich wer weiß wo hin bringt! Lernst du denn überhaupt nichts daraus?" "Natürlich tu ich das!" "Offensichtlich nicht! Sonst würde so etwas ja nicht passieren!", entgegnete er scharf. Zorn kochte in seinen Augen - heiß und furchteinflößend. Mit einem Ruck riss sich Mai von ihm los. "Ach ja. Was würde nicht passieren? Das ich von meinen normalen Recht als Bürger Gebrauch mache und Straßenbahn fahre?!" rief sie erbost. Auch Mai sah man an, dass in ihr ein Vulkan brodelte und bald der Ausbruch des heißen feuerroten Magmas bevorstand. "Warum kann ich es nicht machen, wenn du es doch auch tust!? Weil es dir niemand verbietet, deshalb!" Woraufhin Kyoya wütend zurückgab "Das hat damit ja wohl gar nichts zu tun!" Was für ein erschreckender Disput. Lena bildetet sich bereits ein, die Fetzten durch die Luft fliegen zu sehen. "Ach so? Ich sag dir jetzt mal was, verehrter Otori!" Mai bohrte ihm den Zeigefinger in die Brust und kam mit ihrem Gesicht dem von Kyoya gefährlich nahe. "Ich kann selbst über mich bestimmen und bin schon gar kein verängstigtes, wehloses Mädchen, das weißt du gut genug. Und über meinen Kopf hinweg bestimmen, lasse ich niemanden, ganz gleich ob du nun mein Verlobter bist oder nicht!" "Und wohin führt das? Wie deine kleine Straßenbahnfahrt im Ballkleid mit keinem einzigen Bodyguard im Gepäck geendet ist, hat man ja gesehen. Du wurdest angegrabscht und dein ach so vortrefflicher Abwehrversuch scheiterte!", konterte Kyoya scharf und fixierte sie aus brennenden Augen. "Hey, der ist nicht gescheitert!", verteidigte sich Mai mit sichtlicher Empörung und unverhohlenen Ärger. "Zwar hat mein Tritt den Typen verfehlt, aber mein Schuh hat sich dabei gelöst und ihn an einer ganz bestimmten, sehr empfindlichen Stelle getroffen. Danach hatte er so einiges an Schwierigkeiten mit dem Gehen und das alles noch bevor deine Privatpolizei auf den Plan gerufen wurde, um mich einzusammeln! Absatzschuhe sind nun mal die gefährlichsten, schmerzhaftesten Waffen überhaupt! Und sie sind sehr effizient, was die Nachwirkungen betrifft", beteuerte Mai stur, in den Versuch Kyoya in den festen Glauben daran zu bringen, dass diese ganze Verteidigungsaktion bis ins kleinste Detail im Vorhaus von ihr geplant worden war. Doch Mais Vorhaben durchschaute Kyoya natürlich gekonnt und allein die Tatsache, dass sie es gewagt hatte, ihm diese Lüge aufzutischen, steigerte seine Wut noch. Kyoyas Blick war härter als Stahl. "Was geht nur in seinen Kopf vor, dass du dich ständig in solch gewagte Lagen begibst? Du hast so viel Verstand, dass du es eigentlich besser wissen müsstest!" schrie er sie an. "Ja, ich habe genug Verstand, um mich nicht wie einen Vogel im behüteten Käfig halten zu lassen", brüllte sie zurück, und kam ihm mit ihren Gesicht so nahe, dass sich ihre beiden Nasenspitzen fast berührten. "Ich kenne niemanden, der solch einen Freiheitsdrang hat wie du und dann auch noch zum Weihnachtsball die Transportmittel unter unserer Klasse benutzt!" Kyoyas Gesicht war vor Rage hochrot angelaufen. "Ach ja, aber du.. aber du" plötzlich schien Mai nicht mehr weiter zu wissen, die Worte waren ihr abhanden gekommen. "Was? Aber ich?" fragt er gereizt. Kyoya sah es wohl auf sich zukommen. Unvermittelt überbrückte Mai die letzten Zentimeter zwischen ihnen und drückte ihm stürmischen ihre Lippen auf den Mund. Ganz intuitiv erwiderte er den Kuss dann mit ebensolcher impulsiven Leidenschaft. Die Spannung zwischen ihnen schien von Sekunde zu Sekunde nachzulassen - sich in den Kuss zu entladen. Beide atmeten heftig, als sie sich schließlich von einander lösten. "Das ist alles nur deine Schuld", wetterte Mai sofort wieder los, jedoch wirkte es, als wäre ein Großteil ihrer Wut verpufft. "Das du Straßenbahn fährst?" Kyoya schien sich wieder einigermaßen gefasst zu haben. Die Hände zu beiden Seiten neben Mai auf die Brüstung abgelegt, stand er vor ihr. "Nein, dass ich mich nie richtig mit dir streiten kann!" ereiferte sie sich energisch und dann fügte sie ein wenig ruhiger hinzu: „Und weil ich genau weiß, dass du es nicht so meinst, weil du dir eigentlich nur Sorgen machst. Aber leider viel zu viele.“ Langsam lehnte sie ihren Oberkörper an den seinen. Innerhalb nur eines Sekundenbruchteils verflüchtigte sich die Härte aus seinem Blick. Als er ihr sanft übers Haar strich, seufzte Mai auf. „Dabei könnte doch alles viel einfacher sein“, murmelte er. „Ok, ich verspreche dir, an mir zu arbeiten. Das nächste Mal informiere ich dich, wenn ich wieder Straßenbahn fahren will“, gab Mai sich widerwillig geschlagen und schloss, den Kopf an seiner Brust, die Augen, was Kyoya ein kleines Schmunzeln entlockte. „Hm, habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie schön, du in diesem Kleid aussiehst?“, sagte er. „Hm“, murmelte sie. Isa und Tamaki tauschten einen Blick aus, als Lena plötzlich nach Luft schnappte, den Blick gegen Himmel gerichtet. "Schaut mal! Es schneit!" jauchzte sie. Eine weiße, zarte Flocke hatte sich bereits auf ihrer ausgestreckten Handfläche niedergelassen. Isa folgte Lenas Blick. Ein Herr aus Schneeflocken schwebte vom Wind getragen aus dem, nun gänzlich von Schwärze bedeckten, Himmel hinab. In der Luft trudelten sie, vollführten einen eleganten Tanz, bis ihre Körper von Mutter Erde aufgefangen wurden. "Wie schön", seufzte Tamaki entzückt über die Schönheit der weißen Winterboten. "Ja, nicht wahr", stimmte Isa ihm zu. Zusammen sahen sie alle in den Himmel und beobachten jeder für sich, wie die Flocken, einige schneller, einige langsamer, ihren Weg zum Boden fanden, um dort die Welt in ein weißes Gewand zu hüllen. Vom Inneren des Ballsaals her trieb die Melodie von "I swear" zu ihnen herüber. Und auch wenn es den Kitschigkeitsgrad aller bislang gespielten Lieder um ein Weites übertraf, fand es Isa in diesem Moment sehr originell und wunderschön. So standen da auf dem Balkon in der verschneiten Dezembernacht, jeder mit der Gewissheit, dass er das schon immer Gesuchte, nun endlich gefunden hatte. HAPPY END! Ich glaube, es ist jetzt Zeit für ein kleines Nachwort. Zuallererst möchte ich ein Danke an diejenigen aussprechen, die diese FF bis zum Schluss verfolgt haben. Es ist für einen Autor schon eine Besonderheit, einen Schlussstrich unter eine Geschichte zu ziehen und auch für mich war das nicht unbedingt leicht. Desto trotz bin ich froh, dass es so gekommen ist und die FF nach zwei Jahren ihr wohlverdientes Ende erhalten hat, in der Hoffnung mit diesen letzten Kapitel ein paar Erwartungen erfüllt zu haben. In unmittelbarer Zukunft werde ich an dem Projekt „Eisfeuer“, der Vampire Knight Partner FF, anknüpfen und diese vielleicht bis zum Ende des Jahres ebenfalls abharken können. Und danach na ja…. ein paar Ideen schweben mir schon seit einen Jahr im Kopf herum. Leider bin ich bislang noch nicht dazu gekommen, sie aufs Papier zu bringen, möglicherweise aus Scheu davor, dass bekanntlicher Weise anfangs stets viele Bäume sterben müssen. So aber nun zurück zu OHSHC. Ich will eine zweite Animestaffel!!!!!! Irgendwie scheint’s noch immer nicht bis zum anderen Ende der Welt durchgedrungen zu sein, dass die Fangemeinde kurz davor steht, Amok zu laufen, wenn sich da bald nicht mal was tut. *seufzt* Alle Arten von OHSHC Sachen meinen sie auf den Markt bringen zu müssen, vom Stofftier bis hin zum Portemonnaie, aber wo bleibt die zweite Staffel? Aber nun genug von dem…. tja was wollte ich noch? Ach ja, wenn jemand neugierig auf die Kleider geworden ist, welche Isa, Lena, Mai, Yvette & CO. auf den Abschlussball tragen, kann derjenige auf der Steckbriefseite nach unten scrollen und tada…. Gut, dann sag ich hier jetzt mal chuchu^.^ *Cocktails und Schale mit Tortilla-Chips dalässt* xD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)