Was ist süßer? von abgemeldet (oder: Wie es weitergehen könnte mit den Splittern des Traumes) ================================================================================ Kapitel 1: Chapter #1: "And I wonder, while we count the cost...-" ------------------------------------------------------------------ Chapter #1: „And I wonder, while we count the cost...-“ Und ich frage mich, während wir die Kosten berechnen:...- Disclaimer: Tsubasa Chronicle und alle darin vorkommenden Charaktere gehören CLAMP und ich hab nichts mit ihnen zu tun. Ich benutzte sie nur für meine schmutzigen Fantastereien...XD Die englischen Titel gehören zu dem Lied „Vampire Heart“ von Tom McRae (ich empfehle sehr, sich das anzuhören :)). Also ja, das Lied und somit auch die Lyrics gehören ihm und ich hab nichts mit ihnen zu tun. Ich verdiene außerdem kein Geld hiermit. Diese FF – meine erste – widme ich einer guten Freundin von mir, der ich sehr dankbar bin, da sie beta-gelesen und meinen Nonsense ertragen hat. So jetzt geht’s los...ich hoffe, es ist nicht zu kopflastig geworden. Kommentare und (konstruktive) Kritik sind natürlich erwünscht! Ach ja...ich setze am Ende vom 17. Band ein. Ich hab mir einfach vorgestellt, was danach passieren könnte, bzw. was meiner Meinung nach passieren sollte. Trotzdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob wirklich rauskommt, dass das hier KuroxFay sein soll...aber es ist ja auch erst das erste Kapitel. Nachdem sie Sakuras Wunden versorgt hatten, war diese in einen unruhigen, aber tiefen Schlummer gefallen, das seltsame Ei, dass sie nach Meinung der anderen Yuko selbst übergeben sollte, noch immer fest in der Hand. Vorsichtig legte Fay ihr einen kühlen Lappen auf die Stirn, woraufhin sie sich etwas beruhigte. Sanft strich er ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und betrachtete mit finsterem Blick ihre bandagierten Arme...Wie hatte er nur zulassen können, das dem armen Mädchen so etwas zustieß. Er hatte gesagt, er wolle ihren Willen respektieren...Ha! Als ob er sich plötzlich um die Wünsche anderer Leute scherte...seinen hatte er ihm schließlich auch nicht gewährt. Wo das doch so viel besser gewesen wäre, für sie alle...sie hätten es danach so viel leichter gehabt...sie wären weniger in Gefahr gewesen...es hätte sein letztes Geschenk für sie sein können. Sie hätten einen Vorteil gehabt und er...wäre endlich frei. In plötzlicher Wut verkrampfte sich seine Hand auf der Decke unter der Sakura lag. Es hätte alles so einfach sein können! So einfach...sicher, es hätte Sakura und Mokona verletzt, doch das hätte er hingenommen, hätte er ihnen doch durch seinen Tod wenigstens etwas nutzen können, hätte er ihnen dadurch doch die Möglichkeit gegeben, Syaoran aufzuhalten und sie außerdem vor dem gefährlichen Schatten bewahren können, der ihm hinterher jagte... und jetzt? Er blickte in die Richtung, in die der Junge und Kurogane gegangen waren, um die Wunden auf dem Rücken des letzteren mit dem letzten Rest an Medikamenten zu versorgen, die die Bewohner des Landes entbehren konnten. Kurogane hatte das - wie immer- zunächst zurückgewiesen, doch als Fay ihm mit einem kalten Blick bedachte und betonte, dass Sakura sich sonst Sorgen und Vorwürfe machen würde, hatte er den Blick gesenkt und nur stumm in Richtung des Jungen genickt. Doch allzu weit konnte er nicht sein...auch wenn er versuchte, es zu ignorieren, er konnte Kuroganes Blut noch bis hier her riechen... Ja, jetzt war er immer noch hier, stellte immer noch eine Gefahr für sie dar, eine Last, ja, jetzt sogar mehr denn je...denn jetzt war er...etwas...das abhängig war vom Blut anderer. Nein, eines anderen. Ausgerechnet von demjenigen, dem er sich am meisten entziehen wollte, musste, denn dieser jemand verstand es aus irgendeinem Grunde mit Leichtigkeit hinter seine so sorgfältig aufgebaute Fassade zu blicken, genau das zu sehen, genau das zu erkennen und genau das zu fragen, was er am wenigsten sollte... Fay hätte ihm ohne zu zögern die Obhut über Sakura, Mokona und Syaoran überlassen, denn er wusste, dass Kurogane sie weiterhin unterstützt und gegen alles verteidigt hätte...doch er konnte ihm nicht so weit vertrauen, als dass er zulassen könnte, dass der andere Mann noch mehr über ihn in Erfahrung brachte, als er bereits hatte. Jetzt weniger denn je... Fay betrachtete das Mädchen, dass völlig erschöpft auf dem Steinblock in der zerfallenen Ruine des ehemaligen Rathauses von Tokyo schlief. Ja, sie hatte ihren Willen bekommen...aber zu welchem Preis? Wie sehr hatte sie das, was sie bereits erlebt hatte, und das, was sie nicht hätte durchstehen müssen, wenn Kurogane sie einfach aufgehalten hätte, verändert? Würde sie je wieder lächeln? Wirklich lächeln? So wie es jetzt aussah, würde sie wohl kaum einen Grund dazu haben. Und er würde ihr wohl auch keinen mehr liefern können, so wie bisher...er hatte die Grenze, die er zwischen sich und den anderen gezogen hatte, schon lange deutlich überschritten – jetzt musste er den Preis dafür zahlen. Von Kurogane würde er sich fernhalten müssen...er durfte nicht zulassen, dass ihm je wieder jemand so nahe kam. Er durfte nicht noch tiefer hinter seine Maske sehen... Kurogane...warum hast du ihr ihren Willen gelassen, obwohl er gegen deinen eigenen ging, und mir nicht? Wenn Sakura nicht verstehen konnte, dass sein Tod ihnen nur nützen würde, was das eine Sache, das war verständlich, aber Kurogane war immer noch ein Krieger! Es hätte ihm doch klar sein müssen, dass - ... Der Magier seufzte. Vielleicht war Kurogane einfach nur zu stur. Vielleicht war es, weil er – auch wenn er das sicher bestreiten würde – nicht wollte, dass die Prinzessin noch jemanden verlor. Doch im Grunde lief es auf dasselbe hinaus: Er lebte, mehr oder weniger. Und jetzt musste er sich überlegen, wie er damit umgehen wollte. Ich freue mich...dass du noch am Leben bist. Sakuras Worte hallten in seinem Kopf nach...er konnte sie jetzt nicht verlassen. Er musste weiter machen...weiter leben. Zumindest noch eine Weile... Er verzog das Gesicht. Das hieß, er musste sich an seine neue Nahrung gewöhnen... Allein der Gedanke daran, was er würde tun müssen, um sie zu bekommen, ließ ihn innerlich erschauern. Nein, noch nicht, noch war es nicht soweit...er verlagerte seine Position auf dem Steinblock. Noch immer glaubte er einen Nachhall jener Schmerzen in seinem Körper zu spüren, die ihn zu dem gemacht hatten, was er jetzt war. In diesem Moment hatte er sich noch mehr gewünscht, augenblicklich zu sterben, als dies sowieso der Fall gewesen war. Er hatte es sich herbei gesehnt, während er sich in Kuroganes blutiges Hemd verkrallte und dessen Haut darunter zerkratzte...noch immer konnte er sein Blut unter seinen Fingernägeln riechen und es lockte ihn, mit seinem süßen, süßen Geruch, der einen noch süßeren Geschmack versprach... Doch er ignorierte ihn, erlaubte sich nicht dem Verlangen nachzugeben es abzulecken. Er war sich nicht sicher, ob er sich danach noch beherrschen könnte, wenn der andere Mann zurückkam... So bleib er weiter still sitzen und hing seinen Gedanken nach, darauf wartend, dass die Prinzessin wieder erwachte. Obwohl, er wusste eigentlich gar nicht mehr, worauf er eigentlich wartete...doch was sollte er auch sonst tun? Wohin sollte er jetzt noch gehen, wohin noch fliehen können? Selbst vor seinen Gedanken konnte er nicht mehr fliehen, sofern er das je gekonnt hatte. Sie führten ihn immer wieder zu der Person zurück, die er so sehr dafür hasste, dass sie ihn nicht hatte sterben lassen, als er es sich am meisten gewünscht hatte...Ja, hasste nicht wahr? Es musste so sein, er hatte allen Grund dazu. Und doch fühlte er nichts als Wut, Verzweiflung und eine seltsame Leere bei dem Gedanken an ihn. Dabei wäre es besser, wenn es anders wäre - für sie beide. Krampfhaft krallte er seine Hände in Sakuras Decke, um den Blutgeruch loszuwerden. Doch es klappte nicht, wie sehr er es auch versuchte...nicht mal mehr vor sich selbst konnte er in diesem Moment sein wahres Ich verbergen. Er ballte seine Hände zu Fäusten und atmete tief durch. Das musste in Zukunft besser werden. Wenn er Sakura vor noch mehr Trauer bewahren wollte und vermeiden wollte, dass Kurogane ihm je wieder so nahe kam, dass er seine Wut auf ihn vergaß, dass er wieder darin nachlässig wurde, aufzupassen, dass der andere Mann die mühsam aufgebaute Mauer um sein Inneres nicht einriss...dann musste er in Zukunft fähig sein, sowohl dem Geruch seines Blutes, als auch seiner ganzen Gegenwart mit kalter Nichtbeachtung zu begegnen. Ja, sagte er sich, während er es endlich schaffte, seine Hände wieder von der Decke zu lösen. So war es das Beste. Vorsichtig tupfte Syaoran die langen Wunden auf dem Rücken und den Armen des viel größeren Mannes ab und reinigte sie von dem getrockneten Blut. Kurogane zeigte keinerlei Reaktion, ob ihn das schmerzte, sonders saß nur geduldig und in sich gekehrt da. Mokona war schon vor einer Weile auf Syaorans Schulter eingeschlafen und er hatte sie vorsichtig auf das restliche Verbandszeug gelegt, damit sie nicht von seiner Schulter fiel. Schließlich legte der Junge die Sachen beiseite und Kurogane machte Anstalten von dem Stein-block, auf dem er saß, aufzustehen. „Warte. Wir müssen das verbinden.“ „Schon gut.“ Syaoran musterte ihn mit einem langen Blick. Ihm war natürlich klar, dass der Größere das wenige Verbandszeug, dass die Leute hier hatten, nicht verbrauchen wollte, auch wenn dieser das noch immer nicht zugab. „Wenigstens die tiefsten. Sie könnten wieder aufreißen.“ Kurogane zögerte noch immer und so beschloss der Junge, einen der zwei Trümpfe zu gebrauchen, die er noch hatte, um den Größeren zu überreden, auch wenn er wusste, dass diesem das vielleicht weh tun würde. „Außerdem...würde es den Blutgeruch etwas mildern.“ Und es Fay damit leichter machen, ihn zu ertragen, vollendete er den Satz in Gedanken. Wie erwartet verdüsterte sich Kuroganes Blick, doch er ließ sich bereitwillig zurücksinken. Dem Kleineren tat es leid, dass er zu so unfairen Mitteln gegriffen hatte, doch er hatte gesehen, wie stur der andere sein konnte. Und wenn er ihm so etwas gutes tun konnte, war er zumindest fähig einen Teil seiner Schuld zu begleichen. Trotzdem war er sich nicht sicher, ob er seinen dritten Trumpf ausgespielt hätte, wenn es mit dem zweiten nicht funktioniert hätte, auch wenn er sich ziemlich sicher gewesen war, dass er ausreichen würde. Er hätte es nicht über sich gebracht, zu sagen, dass die Prinzessin sich Sorgen machen würde, wenn er nicht ordentlich verarztet worden wäre. Es hätte Kurogane mit Sicherheit dazu bewogen, es zuzulassen, doch der Junge hatte deutlich gesehen, dass es ihn verletzt hatte, als Fay eben das zu ihm sagte. Als ob es Fay selbst eigentlich nicht kümmerte und als wollte er den Größeren daran erinnern, dass Sakura nur wegen ihm verwundet worden war und dass er ihm nicht mehr darin vertraute, auf sie aufzupassen. Kurogane hatte nichts gesagt, aber sein trauriger Blick hatte das auch erübrigt. Während er sie durch das Auge beobachtet hatte, war ihm aufgefallen, was für eine enge Beziehung diese beiden scheinbar so ungleichen Menschen miteinander verband. Es mochte vielleicht im ersten Moment nicht so wirken, wenn man sah, wie oft Fay Kurogane ärgerte und wie wütend dieser darauf reagierte, wenn man nur die oberflächlichen Unterschiede in ihren Charakteren sah. Doch an der Art, wie sie sich um die beiden Kinder gekümmert hatten, wie sie, Seite an Seite, in vollkommenen Einklang gekämpft hatten, wie sie sich gegenseitig durchschaut hatten, durchschaut und doch bis zu einem gewissen Grade respektiert. Kurogane war der Einzige gewesen, der hinter Fays von ihm so verabscheute Maskerade gesehen hatte – und er hatte ihn dennoch nicht von sich gestoßen, sondern im Gegenteil - und seiner eher rauen, wortkargen und abweisenden Natur zum trotz – versucht ihm zu helfen einen Weg aus dieser heraus zu finden. Was ihn wiederum von Fay fortführte, da dieser sich jedes Mal, wenn der andere ihn plötzlich mit dem konfrontierte, was er auf Grund seiner ausgeprägten Beobachtungsgabe herausgefunden hatte, nur noch weiter verschloss. Besonders zuletzt, als Kurogane ihm gesagt hatte, dass ihn Fays Vergangenheit nicht interes-sierte...aber sehr wohl dessen Gegenwart. Doch das konnte Syaoran nicht wissen, denn schließlich hatte derjenige, der sein rechtes Auge getragen hatte, damals geschlafen. Auch von den anderen, dieser ähnlichen Begebenheiten wusste er nicht direkt etwas, doch er hatte – anders als der andere Syaoran – durch seine besondere Lage die Möglichkeit gehabt, die Situation objektiver ein-zuschätzen und hatte außerdem gespürt, was zwischen den beiden vorging. Doch er kannte durch die Erlebnisse von eben diesem jemand auch die düstere Vergangenheit von Kurogane. Sein Wunsch, diejenigen zu beschützen, die ihm nahestanden und sein Verhältnis zum Tod, seine Erfahrung mit Verlusten, mussten es ihm schwer machen mit jemandem zusammen-zuleben der auf das eigene Leben so wenig gab, der sterben wollte, ohne für sein Leben gekämpft zu haben. Kurogane musste wissen, dass er diesen Kampf nicht für Fay kämpfen konnte, doch er versuchte es trotz allem. Und er würde es auch weiter versuchen, da war sich Syaoran sicher, auch wenn Fay den anderen dafür hassen würde. Solange Fay lebte und noch die Chance hatte, wieder er selbst zu werden, glücklich zu werden, würde Kurogane ihn weder gehen lassen, noch ihn seinerseits verlassen. Was er dafür auch würde opfern müssen... Er testete noch einmal, ob der Verband auch nicht zu locker oder zu eng war und zog dann seine Hände zurück. Kurogane hob sein Hemd auf, betrachtete die Blutflecken und meinte dann, während er es sich überstreifte, dass er besser seinen Mantel holte und ihn dagegen austauschte. Er erhob sich und wandte sich zum gehen, während Syaoran den letzten Rest Medikamente und Verbandszeug zusammenräumte, um sie den anderen wiederzugeben. „Pass bitte auf die Prinzessin und ihn auf, solange ich weg bin. Aber halt dich vielleicht besser noch etwas im Hintergrund. Ich weiß nicht, wie er sich dir gegenüber verhalten wird.“ Überrascht nickte der Junge, ohne etwas zu sagen. Er hatte schon bemerkt, dass der Magier ihn zu ignorieren, ja, zu meiden schien. Nun, das war vermutlich verständlich, er hatte nichts anderes erwartet. Aber warum... „Warum vertraust du mir?“ Der größere Mann blieb stehen und wandte sich um. „Du hast nur mein Wort.“ „Und das der Hexe.“ „Sie hat nur gesagt, dass ich nichts mit dem zu tun habe...was deiner Mutter passiert ist und dass ich euch den Ort, an dem euer Feind ist, nicht nennen kann, da ich ihn selbst nicht weiß.“ Ernst und aufmerksam musterte Syaoran Kurogane, doch dessen Gesicht zeigte keinerlei Reaktion. „Ich vertraue ihr“, antwortete er schließlich und fügte nach einer Pause hinzu: „Und dir. Ich weiß, dass du weder einen Grund, noch die Absicht hast, uns zu gefährden. Meine Wut wärte nur so lange, wie ich dich für den Mörder oder einen seiner Handlanger hielt.“ Der Junge schwieg einen Augenblick. „Trotzdem habe ich euch viel Unglück und Trauer gebracht und werde es noch. Wir mögen identisch aussehen, aber ich bin dennoch nicht euer Reisegefährte. Jedes Mal wenn ihr mich seht werdet ihr an ihn erinnert.“ Kuroganes ernster Gesichtsausdruck änderte sich nicht, doch seine Stimme schien plötzlich einen beinahe sanften Ton anzunehmen. „Das ist war. Aber für das, was uns passiert ist, trifft dich keine Schuld. Außerdem...kann die Erinnerung uns auch dazu verhelfen, an dem festzuhalten, was wir glauben und was wir uns wünschen. Auch wenn das schmerzt...wenn man sie sich bewahrt, kann sie einem viel Kraft geben, denke ich.“ Syaoran antwortete nicht, doch Kurogane schien das auch nicht zu erwarten. Er wandte sich um und ging in Richtung der Treppe davon. Nachdem der Größere gegangen war, stellte sich Syaoran in angemessener Entfernung von Fay und Sakura auf, die restlichen Medikamente und das Verbandszeug, auf dem Mokona noch immer schlief zu seinen Füßen. Er stand so, dass Fay ihn nicht sehen konnte, er die beiden und die Umgebung aber gut im Blick hatte. Trotzdem war er sich nicht sicher, ob der Magier ihn nicht bemerkt hatte, auch wenn es nicht den Anschein hatte. Fay saß einfach nur da und starrte in die Ferne, sah hin und wieder zu Sakura hinab, die Hände auf der Decke verkrampft. Andererseits...vielleicht ignorierte er ihn auch bloß absichtlich. Wenn man ihre aktuelle Situation bedachte und das, was Syaorans Gegenstück Fay angetan hatte, war das vermutlich absolut verständlich. Als Kurogane kurz darauf wieder von oben herunterkam, sein Langschwert an der Seite und den langen schwarzen Mantel tragend, blieb er, als er die anderen in einiger Entfernung sah, einen Augenblick lang niedergeschlagen stehen. Eine solche Konstellation hätte es bis vor kurzem niemals gegeben: Ein trauriger und abwesender Magier neben einer verwundeten Prinzessin und ein Junge, der sie still von weitem her im Auge behielt und nicht bei Sakura war. Es war, als wären nicht nur die Plätze der beiden Syaorans vertauscht, sondern auch sein eigener mit dem des Jungen. Sonst war er immer derjenige gewesen, der stumm und unnahbar seine Distanz hielt und wachsam die Umgebung beobachtete. Nun musste er entscheiden, wie sie weitermachten und die anderen dazu bringen, nicht aufzugeben und miteinander auszukommen. Nun, was die Prinzessin anbelangte, würde er damit wohl am wenigsten Schwierigkeiten haben. Er hatte gesehen, dass sie sich verändert hatte, ihre plötzliche Entschlossenheit und Härte gegenüber sich selbst. Andernfalls hätte er ihr wohl kaum erlaubt, sich in eine derartige Gefahr zu begeben, während jemand weitaus besser geeignetes da war. Doch ihre Augen hatten ihm deutlich gesagt, dass Widerstand zwecklos war und ihn gebeten, es auch nicht zu versuchen. Und er hatte es nicht versucht. Sie hatte in seinen Augen das Recht gehabt, selbst darüber zu entscheiden und ihren Wunsch respektiert, etwas für die anderen zu tun. Außerdem vertraute er ihr. Kuroganes Blick blieb an Fay hängen, der mit dem Rücken zu ihm neben Sakura saß. Ob er dem Magier weiterhin vertraute, oder ihm jemals vertraut hatte, wusste er noch immer nicht. Doch er hielt daran fest, dass es richtig war, was er getan hatte, als er dem anderen seinen Wunsch verweigerte und der Prinzessin ihren gewährte. Als sie darum bat - oder nein, es eher entschied - war sie sie selbst gewesen und sie hatte sich entschieden zu kämpfen, auch wenn sie das verloren hatte was ihr am wichtigsten war, auch wenn sie wusste, wie hart es werden würde. Der Magier hatte das nicht getan. Er hatte aufgegeben, schon vor so langer Zeit, und floh immer und immer weiter, vor seiner Vergangenheit, vor seiner Zukunft, vor jedem der ihm nahestand und am meisten vor sich selbst. Als der Magier in seinen Armen zusammenbrach, nachdem er sich entschuldigt hatte und seine Atemzüge immer schwerer und schwerer wurden, hatte er seine Entscheidung getroffen. Er wusste, das die Prinzessin zusammenbrechen würde, wenn sie noch jemanden verlor und dass das Argument, dass sie durch Fays Tod Syaoran – möglicherweise! - leichter zurückholen könnte, ihr nichts bedeuten würde. Und dann...er wollte, dass der andere lebte. Er konnte Leute, die immer nur davonliefen und nicht um sich selbst kämpften, nicht ausstehen, doch er wusste, dass der Magier nicht so sein musste. Er sollte die Möglichkeit bekommen, sich zu ändern und wieder er selbst zu werden. Er würde nicht zulassen, dass der andere dieser Chance so einfach entkam, dass er sich selbst einfach wegwarf. Selbst wenn es ihnen beiden wehtat, selbst wenn der andere ihn dafür hassen würde und es zwischen ihnen nie wieder so sein würde wie zuvor. Er würde ihn retten, was es auch kosten würde, und an seiner Seite bleiben..und darauf achten, dass der andere nicht noch einmal die Gelegenheit bekam sein Leben so einfach wegzuwerfen. Er wusste, dass er den Magier damit verletzt hatte, dass er seinen Willen ignoriert und ihn zu dem gemacht hatte, was er jetzt war, und wenn er ihn jetzt dafür hasste, war das in Ordnung. Er konnte es nicht ändern. Er konnte nur hoffen, dass er die Chance schließlich wahrnahm, die er ihm geboten hatte. Und bis dahin würde er sein Versprechen einhalten, die Verantwortung für das Leben des Magiers zu übernehmen...und ihn zu töten, falls all seine Hoffnungen und Anstrengungen fehlschlugen. Er richtete seinen Blick auf den Regen, der draußen fiel und lenkte seine Schritte zu den anderen zurück. Was es auch kosten würde... Kapitel 2: Chapter #2: "...- which is sweeter, love or it's loss?" ------------------------------------------------------------------- Chapter #2: „...- which is sweeter, love or it's loss?“ Was ist süßer? Liebe oder ihr Verlust? Als Kurogane näher kam, zog Fay seine Hände von der Decke zurück und wandte den Blick ab. Schon von weitem hatte er den Geruch nach Blut, der noch immer von dem anderen ausging, wahrnehmen können. Und sein Körper verzehrte sich danach, es auch zu schmecken, nur ein bisschen Süße, nur ein wenig, nur ein kleiner Tropfen, doch nein, er durfte nicht, er musste standhalten. Nicht hier. Nicht jetzt schon. Er war noch nicht bereit. Er hatte sich noch nicht völlig unter Kontrolle, war sich nicht sicher, wie gut er sich würde beherrschen können. Doch er wusste auch, je länger er zögerte, desto größer würde sein Verlangen werden, und desto schlechter würde er sich zurückhalten, sich kontrollieren können. Syaoran bemerkte die große dunkle Gestalt, die auf sie zukam, raffte die Sachen und Mokona auf seine Arme und ging ihm nach einem letzten Blick auf Fay und Sakura entgegen. „Ich bringe den anderen jetzt besser die restlichen Sachen zurück und bedanke mich noch einmal.“ Kurogane schien ihm dankbar zu sein, doch er nickte wie immer bloß verschlossen und ging dann weiter. Syaoran sah ihm noch einen Augenblick nach. Vielleicht sollte er jetzt lieber nicht mit Fay alleine sein...doch sie hatten keine Wahl. Kurogane hatte entschieden, dass sie weiterreisen würden und wenn sie den anderen Syaoran zurückholen wollten, lief ihnen ohnehin die Zeit davon. Die beiden konnten es sich nicht leisten, sich aus dem Weg zu gehen und Kurogane schien das auch gar nicht zu wollen. Doch wie Fay darauf reagieren würde, konnte der Junge sich denken... Schließlich wandte Syaoran sich um und ging auf die Treppe zu, die, fort von den anderen, nach oben führte. Einige Meter von dem Steinblock entfernt, blieb Kurogane stehen und sah auf die beiden hinab. „Wie geht es der Prinzessin?“ Einige Herzschläge lang antwortete der andere nicht. Als er es schließlich tat, sah er den Größeren nicht an, sondern hielt seinen Blick gesenkt. „Das weißt du doch. Sie muss sich ausruhen. Sie ist schwer verletzt.“ Er sagte nichts weiter, doch Kurogane hatte den versteckten Vorwurf in seinen Worten gehört. Trotzdem blieb er, wo er war und lehnte sich so mit der Schulter gegen die rechteckige Säule hinter sich, dass ein unauffälliger und kaum sichtbarer, millimeterweiter Abstand zwischen ihm und dem Stein war, damit sein verletzter Rücken nicht damit in Berührung kam. Fay durchschaute das natürlich sofort, als er aufsah, und lächelte. „Du wirst dich nie ändern, was, Kurogane?“ Der andere antwortete darauf nicht, doch senkte nun seinerseits den Blick. Beide schwiegen eine Weile, während Fay wieder nach draußen sah. „Ich nehme an, der Junge bringt gerade die Sachen zurück. Ich wusste, dass er dort steht. Du hast ihm wohl gesagt, dass er uns im Blick behalten sollte, was?“ Kurogane antwortete auch darauf nicht, doch das schien Fay auch nicht erwartet zu haben. Er schüttelte den Kopf und seufzte theatralisch. „Du hast einen seltsamen und recht wankelmütigen Beschützerinstinkt, weisst du?“ Er hob den Kopf und bereute es im selben Moment. Kurogane sah in genau an und hielt seinen Blick mit dem eigenen fest. „Ich halte nur an meinen Versprechen fest. Das ist alles.“ Nur mit Gewalt gelang es Fay, seinen Blick von den ihn fixierenden Augen des Größeren loszureißen. „Ach ja...?“ sagte er leiser. „Dann hoffe ich, du hast das Versprechen mir gegenüber nicht vergessen.“ Er wandte den Kopf wieder um und diesmal war er es, der den Blick des anderen festhielt. „Wenn ich es verlange...-“ „Noch lebst du. Und ich werde mich an mein Versprechen halten: Ich werde dafür sorgen, dass du das fürs Erste auch bleibst.“ Einen schier endlosen Moment lang starrten die beiden sich noch an, dann war es wieder Fay, der Kuroganes intensivem, entschlossenem Blick nicht standhielt. „Du weißt, was ich meine. Warum antwortest du mir nicht auf die Frage, die ich-“ „Warum vertraust du mir nicht?“ konterte der andere ruhig. „Das liegt...doch wohl auf der Hand, oder?“ Fay drehte den Kopf weg und ballte seine Hände zu Fäusten, im vergeblichen Versuch, ihr zittern zu unterdrücken. Auch wenn er es nicht wollte, seine Schwäche rang seine Wut allmählich nieder. Er wollte sagen, was er dachte, es dem anderen vorwerfen, aber er brachte die Worte nicht über sich. Das hätte bedeutet, dass er seine Maske freiwillig fallen ließe... Du hast mich gerettet, als ich sterben wollte, als alles besser gewesen wäre, als weiterzuleben...und mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin... Mit wachsendem Ärger, aber auch einem gewissen Schmerz, beobachtete Kurogane, wie Fay seine wahren Gedanken und seine Schwäche vor ihm zu verbergen versuchte; sein schwerer Atem, das unkontrollierte Zittern seiner Hände, sein abgewandter Blick. Doch er wusste, dass der andere das leugnen würde und dass er den Ausweg, den Kurogane ihm bot, nicht annehmen würde – noch nicht...und so sagte er weiterhin nichts, sondern stand nur da, behielt ihn im Blick – und wartete. Eine größtenteils vergiftete Welt, deren Bewohner nur überlebten, indem sie sich von ihr abschotteten...sie stellte eine geradezu lächerlich deutliche Parallele zu den vier Reisenden dar, denen Syaoran sich nun angeschlossen hatte. Auch die Atmosphäre zwischen ihnen war teilweise vergiftet und von dem Wunsch nach Distanz, nach Flucht geprägt – und davon, alles rückgängig zu machen, die Vergangenheit zurückzuholen. Sie wussten, dass das nicht möglich war – und versuchten es dennoch. Syaoran war mit den Medikamenten im Arm die Treppe hoch gegangen, auf halber Strecke aber stehengeblieben und seinen Blick nachdenklich in die weite, zerstörte Landschaft versenkt. Würden sie es schaffen, das zerstörte Vertrauen zwischen sich wieder herzustellen? Und würden sie überhaupt noch genug Zeit dafür haben? Was die Prinzessin anging, konnte er nichts sagen, da sie noch immer nicht aufgewacht war, doch er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie den anderen noch immer voll vertraute – doch was war mit ihm? Sie misstraute ihm nicht, doch es war sicher schwer für sie, ihn allein anzusehen. Sie würde weitermachen, natürlich, und sich nichts anmerken lassen, sie würde freundlich zu ihm sein, wie sie es zu jedem war, und ihre Trauer verbergen. Syaoran schüttelte innerlich den Kopf. Wie ähnlich sie sich doch alle waren... „Syaoran-kun?“ Plötzlich riss ihn Mokonas helle Stimme aus seinen Gedanken. Er hatte sie auf das Verbandszeug in seinen Armen gelegt, damit sie nicht aufwachte. „Wie kommt Mokona hierher?“ Der Junge lächelte sie an und strich ihr sanft über den Kopf. „Du bist eingeschlafen, ich wollte dich nicht wecken. Ich bringe gerade die Medikamente zurück.“ „Wo sind denn die anderen?“ „Die Prinzessin schläft noch und Fay und Kurogane passen auf sie auf.“ „Ach so...“ Das kleine weiße Wesen ließ den Kopf hängen. „Mach dir keine Sorgen. Sakura wird es sicher bald wieder besser gehen.“ „Aber sie wird 'Syaoran'...immer noch vermissen.“ Einen Moment lang hielt der Junge inne und sah mit traurigem Blick nach draußen. „Das stimmt. Aber sie hat immer noch euch“, sagte er schließlich. „Und dich!“ erwiderte Mokona bestimmt. „Kurogane hat entschieden, dass du mitkommst, wenn du es willst, und Sakura würde dich auch bestimmt nicht hier zurücklassen!“ „Trotzdem wird meine Gegenwart ihr wehtun.“ „Aber dafür kannst du doch nichts! Du bist doch unser Freund!“ Einen Moment lang sah Syaoran das kleine Wesen, das so entschlossen zu ihm hochblickte, überrascht an, dann kehrte wieder der traurige, aber jetzt auch dankbare Ausdruck auf sein Gesicht zurück. Vorsichtig strich er ihr über den Kopf. „Danke, Mokona.“ Einen Augenblick lang schwiegen sie beide, dann fügte Mokona noch hinzu: „Außerdem glaube ich, dass Sakura stärker ist, als sie wirkt. Sie weiß, dass du eine andere Person bist, auch wenn ihr gleich ausseht. Sie würde dir nie die Schuld für irgendetwas von dem geben, was passiert ist. Und Fay und Kurogane auch nicht!“ Syaoran erwiderte darauf nichts, doch das schien auch nicht nötig zu sein. Er wusste, dass Mokona vermutlich Recht hatte, auch wenn er sich bei Fay momentan noch nicht so sicher war. Trotzdem fühlte er sich mitschuldig und der Gedanke, dass die anderen immer an den anderen Jungen erinnert werden würden, wenn sie ihn anblickten, schmerzte ihn noch immer. Und doch konnte er ihnen wahrscheinlich am besten helfen, wenn er dennoch bei ihnen blieb. „Hat Kurogane seinen Rücken verarzten lassen? Es ist noch so viel Verbandszeug übrig.“ Wieder wurde Syaoran von Mokona aus seinen düsteren Gedanken gerissen und blickte auf das besorgte kleine Wesen herab, dass zu ihm aufschaute. „Ja, das hat er. Aber er wollte nicht alles verbunden haben. Mach dir keine Sorgen, es wird ihm trotzdem bald besser gehen.“ Während Syaoran die Treppe weiter hinaufging, fragte Mokona plötzlich: „Er ist sehr traurig, nicht wahr?“ Der Junge hielt kurz in der Bewegung inne und ging dann, nach den richtigen Worten suchend, weiter. Er wollte bei der Wahrheit bleiben, aber er wusste nicht, wie viel Mokona noch mitgekriegt hatte, bevor sie eingeschlafen war. „Ja...die beiden sind in einer schwierigen Situation, fürchte ich,“ fügte er nach einem Augenblick noch hinzu. Mokona schwieg einen Moment. „Aber Fay könnte Kurogane nie hassen...das kann ich nicht glauben. Es tut mir leid, dass er so unglücklich ist und dass er...dass er jetzt kein Mensch mehr ist. Aber ich bin trotzdem froh, dass er noch lebt. Auch wenn er jetzt Kuroganes Blut trinken muss...“ Syaoran sagte dazu nichts und ging weiter nach oben, doch seine Gesichtszüge verhärteten sich. Es blieb die Frage, ob Fay das tun würde...natürlich würde es ihm wehtun, es würde ihnen beiden wehtun, nur dass Kurogane von Anfang an deutlich gemacht hatte, dass er bereit war, den Schmerz – sowohl den bloßen körperlichen, als auch den um das Wissen, dass der andere ihn dafür hassen würde – auf sich zu nehmen, während Fay weiterhin davor davonlief. Sein Körper war deutlich geschwächt von der Anstrengung der Umwandlung und allein Ruhe würde ihm nicht helfen. Er würde bald Blut brauchen. Sonst würde er die Kontrolle über sich verlieren oder schlichtweg zusammenbrechen. Oder beides. Denn Syaoran war sich nicht sicher, ob bei Fay der Wunsch, der Prinzessin keine Sorgen zu machen oder aber die Abscheu und Ablehnung, die er gegen seine neue Lebensart hegte, in diesem Fall überwiegen würden. „Sie haben sich einmal so gut verstanden und ich bin mir sicher, dass sie einander wichtig sind. Meinst du...es kann je wieder so werden, wie es war?“ Syaoran war am Ende der Treppe angekommen und blieb stehen. „Ich weiß es nicht.“ Sakura warf unruhig den Kopf hin und her. Feuer und Dunkelheit um sie herum...grausame Augen starrten sie aus der Dämmerung heraus an..nein, was wollt ihr! Lasst mich los...lasst mich...es so kalt... Wo bist du? Wieso bin ich allein? Ich habe den Weg vor meinen Füßen verloren...ich weiß nicht mehr, wohin ich wollte...es ist so kalt...Wo bist du? Warum hast du mich verlassen, was habe ich falsch gemacht... Sie fiel und die Erinnerungen stürmten um sie herum, wie ängstliche, wilde Vögel und streiften sie mit harten Flügeln aus einzelnen Bildern, Geräuschen, Momenten... Wo bist du? Wo bist du? Wozu habe ich all das gesucht und gefunden, wenn ich dich dabei verliere? Als das Mädchen neben ihm wieder unruhiger zu werden begann, tauchte Fay das Tuch ins kalte Wasser und legte es ihr wieder auf, woraufhin sie sich etwas beruhigte. Doch seine Hände zitterten noch immer und er wagte es nicht zu aufzustehen um herauszufinden, ob er überhaupt sicher stehen konnte, weshalb er Kurogane gewähren ließ, als dieser die Decke aufhob, die von dem Steinblock gerutscht war, als Sakura sich darauf bewegte. Doch im selben Moment, als Kurogane sich über sie beugte, um die Decke wieder über ihr aus-zubreiten, und damit Fay so nah kam, dass er nicht mal den Arm hätte austrecken müssen, um ihn zu berühren, bereute er das auch schon wieder. Der Blutgeruch trieb ihn in den Wahnsinn, nicht nur wegen den Wunden des anderen: Er glaubte in diesem Moment, dass er ihn immer riechen würde, über meterweite Entfernung, durch Wände hindurch, diesen süßen, süßen Geruch, er glaubte den Herzschlag zu hören, mit dem dieses Blut durch den Körper des anderen gepumpt wurde, jeder Schlag ein Geschenk, ein Versprechen auf Leben, eine grausame Verführung seiner Sinne und Vernebelung seines Verstandes und Willens...nein, er durfte das nicht denken, er durfte nicht... Fay verkrampfte seine Hände auf seinen Knien, drehte den Kopf weg und hielt die Luft an. Er musste um jeden Preis die Kontrolle über sich behalten. Er wusste sehr genau, dass Kurogane erkannt hatte, dass er weitaus schwächer war, als er sich gab und ebenso war ihm klar, was der andere vorhatte: Er wartete. Er wartete, bis er zu schwach sein würde um sich noch ernsthaft zu wehren und er einsehen musste, dass er das Blut des anderen würde annehmen müssen, um Sakura keine Sorgen zu bereiten. Doch ein kleiner Teil seiner Selbst wehrte sich noch immer gegen diese Art von Aufopferung, gegen diese Art von Nähe, die sie zwangsläufig brachte und gegen das Vertrauen, was dafür benötigt wurde – Kurogane musste darauf vertrauen können, dass er selbst zu ihm kam, wenn er Nahrung brauchte und dass er das nicht vor ihm verbarg und darauf, dass er sich beherrschen konnte, wenn er das Blut des anderen wahrnahm und nicht in jeder Sekunde den Impuls niederkämpfen musste, sich einfach zu holen was er so sehr brauchte, seinen Instinkten nicht einfach nachzugeben. Genau das, worin er ihm jetzt auf keinen Fall vertrauen sollte, worin Fay jetzt nicht einmal sich selbst vertrauen konnte. Umgekehrt musste er außerdem auch Kurogane darin vetrauen, dass dieser ihm immer bereitwillig sein Blut zur Verfügung stellte und darauf achtete, dass Fay weder ihn noch sonst jemanden gefährdete. Und ihm darin zu vertrauen, das erlaubte er sich nicht zu tun. Ihm zu vertrauen hieße dieses Leben anzunehmen und ihm zu vergeben, was bedeuten würde, dass er ihm wieder näher kam, wodurch die Gefahr, die seine eigene Gegenwart anderen brachte- Nein. So weit durfte er nicht denken. Er würde es nicht dazu kommen lassen. Er würde nicht. Kurogane zog die Decke wieder bis zu Sakuras Schultern und richtete sich dann mit einem traurigen und besorgten Gesichtsausdruck wieder auf. Fay wusste, dass sich der andere ehrliche Sorgen um das Mädchen – um sie alle – machte und ebenso, dass er ihn damit verletzt hatte, als er eben diese Sorge anzweifelte. Doch vermutlich wusste Kurogane was Fay damit bezweckte, wie er ihn immer zu durchschauen schien. Aber wenn er all das wusste, warum verließ er ihn dann nicht? Warum zwang er ihn allein durch seine Nähe, die er ihn ebenfalls nicht freiwillig wählen ließ, dazu, sich dem zu stellen, wovor er fliehen wollte? Wozu all diese Opfer für jemanden, dessen Leben schon lange weder Ziel noch Sinn, noch Wert hatte? Zögerlich holte Fay wieder Luft und versuchte, ganz flach zu atmen, durch seine Gedanken und seinen Willen sein instinkthaftes Verlangen und seine Schwäche zu kontrollieren, doch es war vergebens. Dieser eine Geruch begann sein ganzes Denken auszufüllen. Nein, nicht jetzt, noch nicht... Allzu deutlich wurde er sich Kuroganes Nähe auf der anderen Seite des Steinblocks bewusst - warum gehst du nicht weg, verlass mich, geh weg, geh, flieh- Doch er kannte ihn zu gut. Wenn Kurogane sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war er nicht so leicht davon abzubringen. Er würde nie vor etwas fliehen. Er akzeptierte, dass Fay ihn und diese Art zu leben ablehnte und ließ in gewähren, wissend, dass der Magier irgendwann einsehen würde, dass er der Prinzessin nur Sorgen bereiten würde, wenn er sich absichtlich so schwach werden ließ und wissend dass mit seinen Körperkräften auch Fays Selbstkontrolle sank. Und so wartete Kurogane, beide warteten - auch wenn es so schien, als ob sie bloß auf Syaoran warten würden, oder darauf, dass das Mädchen aufwachte - in Wahrheit nur darauf, dass einer von ihnen nachgab. Doch Fay wusste bereits, dass er das Spiel verloren hatte: Er wusste, wie auch immer er versuchen würde den anderen zu verletzen, ihn von sich fort zu stoßen, er würde stur bei ihm bleiben und seine Gegenwart würde ihn weiter quälen, bis er sich nicht mehr würde beherrschen können...doch egal was er fühlte, das durfte die Prinzessin auf keinen Fall mitbekommen. Auch wenn das bedeutete, dass er diesem abscheulichen Verlangen in sich selbst nachgeben würde und einen Menschen zu Beute, das, was ihm Leben gab, zu Nahrung degradieren musste, einen Menschen, der ihm- .....er atmete aus und hielt den Kopf weiterhin gesenkt, in der Hoffnung, dass der andere den ersten Schritt machte und er sich etwas weniger fühlen würde wie ein Raubtier, dass sich sein Opfer wählte... Kapitel 3: Chapter #3: „So I curse you, my vampire heart, for letting me love you (...) from the start.“ -------------------------------------------------------------------------------------------------------- Chapter #3: „So I curse you, my vampire heart, for letting me love you (...) from the start.“ Und so verfluche ich dich, mein Vampir Herz, dafür dass du mich dich hast lieben lassen, (...) von Anfang an. Ich hoffe, es ist gegen Ende nicht OOC geworden...vielen Dank an alle, die kommentiert haben! Und einen ganz besonderen Dank an lirielle, meine super Beta-Leserin, der ich diese FF gewidmet habe. Kurogane sagte nichts, doch er wusste, dass der Magier aufgegeben hatte. Er war sich sicher gewesen, dass dies früher oder später der Fall sein würde, allein, weil er um die Sorge des anderen um die Prinzessin wusste. Dennoch wurde seine Geduld auf eine harte Probe gestellt, als er sah, wie sehr der Kleinere sich abmühte, seine Schwäche und sein Verlangen vor ihm zu verbergen. Die ganze Zeit war ihm bewusst gewesen, dass es in gewisser Weise grausam war, was er hier tat und dass er dem anderen kaum eine Wahl ließ. Er wusste, dass der Magier dieses Leben und dieses Opfer im Grunde ablehnte und nur für die Prinzessin und das weiße Knäuel weitermachte und bediente sich im Prinzip dieses Vorteils, auch wenn er nie etwas derartiges zu dem anderen gesagt hatte, musste dieser das schließlich selbst gut genug wissen. Ja, auch wenn der andere ihn dafür hassen würde, auch wenn es nie wieder so werden würde, wie es gewesen war...er hatte dann zumindest die Chance noch etwas zu finden, für das er wirklich leben wollte. Und sei es auch ein Leben wie dieses... Abwartend sah er in die Dämmerung hinaus. Zumindest in einer Sache waren sie sich einig, auch wenn sie es nicht direkt ausgesprochen hatten: Sie würden warten, bis der Junge zurückkam, damit die Prinzessin nicht alleine war. Doch er konnte nur hoffen, dass das nicht allzu lange dauern würde. Der Magier mochte es aufgegeben haben, seinen Zustand vor ihm zu verheimlichen, doch Kurogane wusste, dass das keineswegs bedeutete, dass er ihm zeigte, wie schlecht es ihm tatsächlich ging. Trotzdem blieb er gelassen und bewegte sich weiterhin nicht von der Stelle. Als Syaoran wenige Momente später mit ein paar weiteren Decken und einem Tablett mit Essen bei ihnen ankam, befanden sich die beiden noch immer in derselben Position. Als Fay hörte, dass der Junge zurückkam, erhob er sich und verschwand, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen, im Zwielicht und der Düsternis zwischen den Säulen. Syaoran warf ihm einen Blick nach und verstand sofort was los war. Er sagte allerdings nichts - und auch Mokona schwieg überraschenderweise-, sondern stellte nur die Sachen ab und nickte Kurogane zu, als dieser ihn kurz ansah. Er würde auf Sakura aufpassen...doch was er ihr sagen würde, falls sie aufwachte und ihn fragte, wo die beiden anderen waren, wusste er nicht. Trotzdem sagte er kein Wort, als der Größere sich von der Wand löste, ein langer dunkler Schatten vor der einsetzenden Dunkelheit und dem Vampir nachging. Als er schließlich das Gefühl hatte, weit genug weg zu sein, blieb Fay stehen, doch seine Beine hätten ihn ohnehin nicht mehr weit getragen. Und so stand er, leicht an eine der Säulen gelehnt, da, und wartete darauf, dass sein E., seine Beute, zu ihm kam. Kurogane folgte Fay in einigem Abstand, doch er war sich sicher, dass er den anderen sehen würde, denn schließlich konnte er auch bei schlechten Sichtverhältnissen alles um sich herum ausmachen. Und außerdem...hatte das Raubtier es offensichtlich aufgegeben, vor seinem Opfer zu fliehen....Kurogane wusste, dass der Magier ihm in seinem Zustand durchaus gefährlich werden könnte, doch er wollte dem anderen vertrauen...er würde ihn beschützen – wenn nötig auch vor sich selbst – und was auch mit ihnen geschah, er würde ihm immer in die Dunkelheit folgen. Fay konnte spüren, wie der andere näher kam...hier gab es nichts, was ihn ablenken, seine Aufmerksamkeit und Kontrolle erfordern könnte – nichts, was ihm helfen könnte, diesen Geruch aus seinen Gedanken zu verbannen, seinen Körper von dem Impuls abzuhalten, den anderen einfach anzugreifen. Er war durstig, so durstig...und gleichzeitig fühlte er sich schuldig, alles fühlte sich so falsch an...er brachte sie alle allein durch sein Dasein in Gefahr und nun doppelt durch das, was er war...alles, wovor er floh, würde ihn irgendwann einholen... Als Kurogane den Magier erreichte, der sich mit dem Rücken zu ihm an einer Säule abstützte, blieb er einen Schritt von ihm entfernt stehen und betrachete ihn abschätzend. „Wie lange willst du noch davonlaufen?“ „...ich bin stehengeblieben.“ „Aber du stellst dich nicht.“ Langsam drehte sich Fay um, bis er dem Größeren direkt gegenüber stand, doch er wagte es nicht zu ihm aufzusehen. Er lächelte ein bitteres Lächeln. „Zufrieden?“ „Darum geht es nicht, und das weißt du.“ Fay schwieg und sah immer noch nicht auf. „Worum dann?“ Kuroganes Augen verengten sich für einen Moment und verieten seinen nur schwer zurückgehaltenen Ärger. „Darum, dass du dein Leben wegwirfst...“ „Ich hatte mich entschieden nicht weiterzuleben. Warum kannst du nicht akzeptieren, was sein soll, wie es ist? Warum gibst du dich nicht zufrieden? Ich werde weitermachen solange ich den Kindern helfen kann. Auch wenn ich ihnen mit meinem Tod am besten helfen könnte...“ Kurogane starrte ihn mit blitzenden Augen an. „Du verstehst es einfach nicht, oder? Ich will, dass du um deiner Selbst willen lebst. Du sollst für das kämpfen, was du dir wünschst.“ Fay drehte den Kopf weg und wisperte mit schwacher, aber bemüht kalter Stimme: „Ich wünsche mir nur den Tod, sonst nichts.“ Kurogane starrte ihn wütend an. Sie beide wussten, dass das nicht wahr war. Er hoffte, dass sie das taten. Er packte den Kleineren an den Schultern und zwang ihn so dazu, ihn anzusehen. „Ich habe es dir versprochen! Warum vertraust du mir nicht?!“ Das war zuviel. Die plötzliche Nähe des anderen entzog Fay für einen Augenblick die Kontrolle über seine Instinkte. Er packte Kurogane seinerseits an den Armen und zog ihn mit übermenschlicher Kraft ein weiteres Stück zu sich heran, den Mund schon halb geöffnet, sein Auge gelb lodernd in der Düsternis. Als ihm klar wurde, was er da tat, ließ er sofort entsetzt und mit zitternden Händen los und senkte, angewidert von sich selbst, den Blick. Er taumelte zurück gegen die Säule, kaum noch fähig sich auf den Beinen zu halten. Kurogane jedoch wich keinen Schritt zurück, sondern atmete nur ungeduldig aus. „Komm endlich zu dir! Es bringt niemandem was, wenn du dich weiter verweigerst. Am wenigsten dir selbst.“ Fays Stimme war so schwach, dass sie kaum zu hören war. „...Nein.“ Kurogane sah mit einem wütenden und zugleich auch traurigen Blick auf den anderen herab. Was er jetzt tun würde, war Fay gegenüber nicht fair, doch ihm blieb keine andere Wahl mehr. Er zog sein Schwert mit einem leisen Schleifen, dass die sonstige Stille wie Eis durchschnitt, aus der Scheide, zog den Ärmel an seinem linken Arm zurück und - nur wenige Herzschläge nachdem der erste Blutstropfen den Boden berührte, hatte der Vampir sich bereits mit beiden Händen in Kuroganes Arm verkrallt und leckte das Blut von der Wunde. Dabei zitterten seine Hände noch immer so sehr, dass der Größere Mühe hatte, seinen eigenen Arm ruhig zuhalten. Er konnte die Zähne des anderen an seiner Haut spüren und ein Schauer lief ihm über den Rücken, doch er gab den Schmerz durch nichts zu erkennen, starrte nur verschlossen in die Düsternis hinaus – und wartete. Als Fay wieder zu sich kam, hätte er sich am liebsten so weit wie möglich von dem anderen entfernt, doch es ging nicht: Seine Hände klammerten sich noch immer wie Krallen in den Arm des anderen und das Blut, verbunden mit seiner eigenen Schwäche, machten es ihm unmöglich, aufzuhören. Er versuchte, nicht zu denken und sich nichts anmerken zu lassen und wartete, während die Kraft wieder zurück in seinen Körper floss. Als schließlich seine Hände zu zittern aufgehört hatten, er wieder fest stehen konnte und das Verlangen allmählich erlosch, ließ er los und drehte sich von dem anderen weg um zu gehen, irgendwohin, es war egal, nur fort von hier...doch als Kurogane ihn am Arm packte wurde ihm klar, dass es dafür zu spät war. „Das...hier. Ist nicht deine Schuld. Ich hatte die Wahl.“ Fay sagte nichts. „Erst wenn man gelebt hat, darf man von sterben sprechen und das hast du nicht. Alles was ich verlange ist, dass du nicht mehr davor fliehst.“ Der Kleinere senkte den Kopf. Er fühlte den Drang sich herumzudrehen und gleichzeitig wollte er sich am liebsten in die Dunkelheit flüchten, nur weit fort, und all diese Worte vergessen, die er noch nie jemanden zu sich hatte sagen hören... „Wenn ich stehenbleibe wäre das euer sicherer Tod. Also warum?“ „Ich habe versprochen, die zu beschützen, die mir etwas bedeuten.“ Fay verkrampfte sich, noch immer von dem anderen abgewendet, sein Auge vor Schreck geweitet, konnte er nicht glauben, was er da hörte und war unfähig etwas zu erwidern, sich dem anderen zu entziehen, ihn von sich zu stoßen – wozu es ohnehin zu spät zu sein schien... „Auch wenn du mir nicht vertraust, was das angeht...und auch wenn ich dich vor dir selbst beschützen muss – es ist mir egal. Ich halte daran fest.“ Fay war noch immer zu geschockt um sich auch nur zu rühren. Kurogane hielt ihn noch einen Moment in seinem festen Griff und starrte auf ihn hinab. Dann ließ er langsam los, drehte sich um und ging zu den anderen zurück. Noch immer unfähig sich zu bewegen, den Blick gesenkt, blieb Fay in der Düsternis zurück. Langsam hob er eine zitternde Hand zu seinem Arm, wo Kurogane ihn gepackt und festgehalten hatte – und ließ sie lange dort liegen, den Blick in den Schatten verloren. Hosted by Animexx e.V. 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