Nichts in der Welt von traumherz (Liebe ist nur ein Traum...) ================================================================================ Prolog: Weißt du noch, wie's früher war? ---------------------------------------- Und da ist er auch schon... *Trommelwirbel* DER ANFANG! Wir saßen eine ganze Weile dran und wenn es nach der ursprünglichen Planung gegangen wäre, würdet ihr all das noch gar nicht lesen! DENN... Ja, EIGENTLICH wollten wir bis zu einer bestimmten Stelle schreiben, aber der Weg zu dieser Stelle war lang... Und ist es irgendwie immer noch. Tatsache ist: der Prolog wäre länger als die ganze Geschichte gewesen! xD Ok, vielleicht nicht ganz aber jedenfalls SEHR, SEHR, SEEEEEEHR lang! Und das wollten wir euch dann nicht antun! Also haben wir uns geeinigt bei einer Stelle einen Break zu machen und euch schonmal einen Teil zu präsentieren... Welchen? Na der, der hier jetzt kommt! Also schnell, geht lesen! Und noch schneller kommin! ~~~ Versunken in tiefes Schweigen öffnete der Siebzehnjährige die Tür zu der Bar und ließ dort zunächst den Blick durch den Raum schweifen. So ganz konnte er sein Glück noch nicht fassen, dass er die Ärzte nicht nur auf dem Konzert, sondern auch jetzt ganz nah hier in dieser Kneipe erleben konnte. Natürlich waren ihm diese Ärzte-Partys auch schon vorher zu Ohren gekommen, doch war es schließlich trotzdem etwas ganz anderes, nun wirklich auf so einer zu sein. Zuerst erblickte der Schwarzhaarige den Mann, der an der Bar saß, Bela B., welcher augenscheinlich schon recht ein paar Gläser getrunken haben musste. Rod lächelte leicht bei diesem Anblick und ließ den Blick weiter schweifen, wobei ihm Sahnie, der Bassist der Band, ins Auge fiel, der sich mit ein paar Mädchen unterhielt. Rod kannte sie nicht, doch er wusste nicht so recht, auf welches Alter er sie schätzen sollte. Sie mochten vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre alt sein, doch die viele Schminke in ihren Gesichtern ließ sie älter wirken, als sie wahrscheinlich waren, doch Rod selbst war immerhin auch noch nicht volljährig und hatte sich trotzdem ebenfalls in diese Kneipe, wo diese kleine Party stattfand, schummeln können. In Anbetracht der Tatsache, dass ihn aber ohnehin immer alle für älter hielten, als er eigentlich war, war das aber auch nichts wirklich Besonderes, vielmehr gehörte es für den jungen Chilenen schon zur Routine. Als er seine braunen Augen weiter durch die Kneipe wandern ließ, konnte er schließlich einen blonden Haarschopf ausmachen und er entdeckte niemand anderen als Farin Urlaub, den Gitarristen von Die Ärzte. Das Lächeln auf Rodrigos Gesicht wurde nun noch ein wenig breiter. Farin war ihm, von allem, was er über ihn wusste, wirklich sympathisch und auch, wenn er niemanden an diesem Gedanken Teil haben lassen würde, so musste er sich insgeheim eingestehen, dass er wohl sogar ein wenig auf den Gitarristen stand, welcher gerade irgendeinem anderen Typen erzählte, ab dem nächsten Jahr würde er kein Fleisch mehr essen. Ja, er stand auf Farin. Natürlich erzählte er niemandem davon – nicht einmal seiner Schwester und das, obwohl die beiden ansonsten einen wirklich guten Draht zueinander hatten, doch Rod fand es irgendwie einfach nicht besonders angemessen, mal nebenbei fallen zu lassen, dass er auf einen Mann stand – immerhin wusste er nicht so ganz, wie sie zu so was eigentlich stand und mehr als eine kleine Schwärmerei war es in seinen eigenen Augen ohnehin nicht. Als sich der Kerl, mit welchem sich Farin bis eben noch unterhalten hatte, schließlich von diesem abwandte, fasste sich Rod ein Herz und ging ein paar Schritte auf den Größeren zu. Er wusste noch nicht, wie er ihn in ein Gespräch verwickeln konnte, doch immerhin konnte er sich ja schon mal ein wenig in seiner Nähe aufhalten – vielleicht würde sich ja etwas dergleichen auch irgendwie von alleine ergeben. Etwas verärgert blickte der Gitarrist seinem Gesprächspartner hinterher, der noch immer belustigt lächelte. Anscheinend hielt dieser Fremde nichts von seiner Idee, aber wen interessierte schon die Meinung dieses angetrunkenen Kerls, dessen Pupillen sich bei ihrem Gespräch immer wieder aufeinander zu bewegten, während sein Arm leicht über den Holztresen rutschte, an dem er nach Halt suchte. Nun bewegte er sich stark wankend zu den Toiletten und es hätte Farin nicht gewundert, wenn der Kerl dort im Stehen einpennen würde. Die Vorstellung, wie der Fremde mit der Stirn an der Wand lehnte und im Tiefschlaf seine Blase entleerte, ließ den Blonden leicht grinsen. Und mit diesem Grinsen auf dem Gesicht ließ er den Blick durch die ziemlich herunter gekommene Kneipe schweifen. Es war tatsächlich einiges los, er wagte sogar zu behaupten, dass sich in dieser Kneipe mindestens zwei Drittel der Konzertbesucher aufhielten. Jedenfalls die erste Reihe war fast vollständig vertreten, welche hauptsächlich aus pubertierenden Mädchen bestanden hatte. Und eben diese Mädchen umschwärmten schon eine Weile den Bassisten der Band, wobei sie mit den stark geschminkten Wimpern klimperten und den großzügig mit Watte ausgestopften Ausschnitt präsentierten. Nun war es an Farin, belustigt zu lächeln. Nach Bela musste er gar nicht lange suchen: Zum einen war es nicht schwer zu erraten, wo dieser sich aufhielt und zum anderen hätte spätestens dessen lautes Lachen jedem den Weg gewiesen. Der Älteste der Band hatte sich seit betreten der Kneipe kaum drei Meter von der Bar entfernt und wenn es doch so war, dann höchstens, um Platz für die nächsten paar Bier zu machen. Die beiden anderen schienen sich köstlich zu amüsieren, während Farin selbst nur einen Wunsch hatte: so schnell wie möglich raus! Aber leider hatte er als Anti-Alkoholiker wie immer die Aufgabe, sich um die anderen beiden zu kümmern. Bei Bela war es nicht schlimm, der trank zwar um einiges mehr als Sahnie, aber trotzdem hatte er sich immer unter Kontrolle. Bei dem Bassisten sah das leider ganz anders aus. Wie aufs Stichwort hörte er eine laute Stimme, deren nasaler Unterton ihm leider mehr als bekannt vorkam. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, einfach auf Toilette zu verschwinden und zu gucken, wie es dem Besoffenen ging, aber sein gutes Gemüt und die Angst vor einem seitenlangen Artikel in der nächsten Zeitung, hielten ihn dann doch zurück. Also sah er zu Sahnie, der aus dem Kreis der schwärmenden Mädchen heraus getreten war und einen dunkelhaarigen Mann, wahrscheinlich nicht viel älter als er selbst, am Kragen gepackt hatte. „Wat soll'n dit? Haste keene Augen im Kopp?“ Schon der Klang dieser Stimme, welche leicht lallend klang, sorgte dafür, dass sich Farins kurz rasierte Nackenhaare aufstellten. In seine Gedanken versunken hatte Rod zunächst gar nicht gemerkt, dass sich jemand auf ihn zu bewegt hatte, weshalb er dementsprechend verwirrt war, als ihn plötzlich niemand anderes als der Ärzte-Bassist Sahnie am Kragen packte und anpöbelte. Der Chilene schwieg erst einmal einen Moment, während er in die Augen seines Gegenübers blickte. Auf der einen Seite hatte er sich schon länger gewünscht, die Ärzte kennen zu lernen, doch so hatte er sich diese Situation eigentlich nicht ausgemalt. Außerdem hatte er nicht einmal irgendwas gemacht, wie er mit einem leichten Stirnrunzeln feststellte. Offensichtlich war Sahnie betrunken und vielleicht war es einfach so, dass der Bassist dann dazu neigte, sich mit anderen Leuten ohne einen besonderen Grund anzulegen, wenn er betrunken war. Rod wusste es nicht, doch wie auch immer, diese Situation gefiel ihm nicht, doch wem hätte es auch schon gefallen, angepöbelt zu werden – und dann auch noch vollkommen ungerechtfertigt? „Tut mir Leid…“, gab er jedoch trotzdem von sich, weiterhin nicht wissend, was er eigentlich getan haben sollte. Zum einen war er von Natur aus alles andere als streitsüchtig und in seinen Augen war es das Beste, sich einfach ein bisschen zurückzuhalten, bevor das hier noch in eine Schlägerei ausartete. Während Sahnie den Chilenen noch immer festhielt und versuchte, einen bedrohlichen Blick aufzusetzen, der allerdings durch die glasigen Augen eher etwas belämmert wirkte, ließ Farin die letzten paar Sekunden, vielleicht auch Minuten, Revue passieren. Wahrscheinlich war der Dunkelhaarige an dem Bassisten vorbei gegangen, hatte ihn womöglich leicht berührt und das war es schon, so absurd es auch klang. Aber solche Kleinigkeiten reichten aus, um einen betrunkenen Hans Runge auf die Palme zu bringen. „Lass gut sein, Hans“, meinte der Gitarrist kopfschüttelnd, während er auf die beiden zu ging, doch kaum hatte er den Satz beendet, sah er Sahnies Faust auch schon auf das Gesicht des Anderen zu schnellen. Und noch bevor der Gitarrist zum nächsten Satz ansetzen konnte, stürzte der Neuankömmling zu Boden und auch Sahnie stand ziemlich wankend, was allerdings eher am hohen Alkoholgehalt seines Blutes lag. Ohne lange zu überlegen war es nun Farin, der ausholte und es war seine Faust, die das Gesicht des Jüngeren traf. Ein Übelkeit erregendes Knacken erklang, als die Fingerknöchel auf dessen Nase trafen und das Poltern, welches durch Sahnies Sturz gegen zwei Stühle hervorgerufen wurde, wurde fast vom hysterischen Kreischen des 'Sahnie Fanclubs' übertönt. Obwohl dieser eine Schlag ihn nicht sehr viel Anstrengung gekostet hatte, keuchte der Gitarrist leicht, während er sich wieder zu seiner vollen Größe aufrichtete. Bedrohlich stand er vor dem fluchenden Sahnie, welcher sich die blutende Nase hielt und sehr langsam wieder auf die Beine kam. Kurz warf der Bassist einen Blick auf seine blutverschmierte Hand, bevor er mit eben dieser ausholte und sich ohne lange zu fackeln stark taumelnd auf Farin stürzte. Doch bevor er diesen auch nur irgendwie berührte, bekam er einen erneuten Schlag ins Gesicht. Dieses Mal gab es kein Knacken und die getroffene Stelle fing auch nicht an zu bluten, doch wieder stürzte Sahnie zu Boden. Sein linkes Auge schien innerhalb weniger Sekunden anzuschwellen und die rötliche Färbung glänzte leicht im spärlichen Licht der Kneipe. Mit dem gesunden Auge blickte er Farin so böse wie möglich an, bevor er sich erneut aufrappelte und die Kneipe mit seinem Fanclub verließ. Die restlichen Besucher hatten während dieses einseitigen Kampfes ihre Unterhaltungen oder andere Tätigkeiten unterbrochen und interessiert zugesehen, doch nun, wo alles vorbei war, schwoll der Lärmpegel wieder auf die gewohnte Lautstärke an und die grade noch neugierig blickenden Gesichter wandten sich eines nach dem anderen wieder ab. „Alles okay?“ Farins Stimme klang noch etwas keuchend, als er sich zu Rod umdrehte, doch er wirkte wieder etwas fröhlicher. Tatsache war, dass es ihm seit Verlassen der Bühne an diesem Abend nicht mehr so gut gegangen war wie jetzt. Dass Farin nun auch hinzu getreten war, um die Situation – oder vielmehr Sahnie – etwas zu besänftigen, bekam Rod nur noch am Rande mit, denn da spürte er schon, wie die Faust des Bassisten ihn ziemlich hart im Gesicht traf. Es war gewiss nicht das erste Mal, dass der Schwarzhaarige sich prügelte, doch in diesem Fall verstand er eigentlich nicht einmal, warum es dazu gekommen war, hatte er doch immerhin eigentlich gar nichts gemacht. Leicht zu Boden gleitend hielt sich der Chilene schließlich erst einmal seine blutende Nase und beobachtete schweigend, wie Farin schließlich eingriff und anfing, sich mit dem Anderen zu prügeln. Die ganze Situation wurde Rodrigo zunehmend unbehaglicher, immerhin war es niemals seine Absicht gewesen, irgendwie Gegenstand eines bandinternen Streits oder dergleichen zu werden, doch auf der anderen Seite fühlte er sich eigentlich nach wie vor nicht wirklich schuldig an dieser Situation, hatte doch schließlich der Ältere ihn am Kragen gepackt, nachdem er ihn irgendwie gestreift hatte. Als Sahnie schließlich die Kneipe verließ, blickte der Schwarzhaarige ihm einen Moment nach, bis er schließlich merkte, wie der blonde Gitarrist der Band sich ihm zuwandte und ihn schließlich ansprach. Für einen Moment vergaß Rod fast alles um sich herum – sogar seine noch immer leicht blutende Nase. „Ich… ja, danke… Geht schon…“, entgegnete er mit gewohnt ruhiger und leiser Stimme und lächelte nun ein bisschen, wobei er sich schließlich wieder richtig aufrichtete und den Blonden weiterhin anblickte. „Danke…“, wiederholte er dann und schwieg einen weiteren Augenblick. Es dauerte einen ganzen Moment, bis er realisierte, mit wem er eigentlich gerade sprach. Sicher, irgendwie hatte er natürlich die ganze Zeit gewusst, dass es sich hierbei um niemand anderen als Farin Urlaub handelte, doch es hatte doch etwas Zeit in Anspruch genommen, bis sein Gehirn diese Information auch richtig verarbeitet hatte. Ja, er redete gerade mit Farin Urlaub. „Ich… geiles Konzert…“, brachte er schließlich, in der Meinung, noch irgendetwas sagen zu müssen, wo er doch schon einmal die Gelegenheit dazu hatte, hervor. Farin lachte leicht auf, während er aus der Innentasche seiner Jacke eine Packung Taschentücher hervor zog und diese an den Chilenen gab. „Ich dachte du stellst dich jetzt vor oder erklärst die Situation... Obwohl, diese Situation kann niemand plausibel erklären, am allerwenigsten Hans!“ Farins Grinsen hatte sowohl etwas Amüsiertes als auch etwas Entschuldigendes an sich. Selbst ein Blinder hätte gemerkt, wie unangenehm ihm der Wutausbruch des Bassisten war. „Ich hoffe, er hat dich nicht zu hart erwischt. Ist die Nase noch ganz?“ Zwar hatte Farin innerhalb von Sekunden gehandelt, ohne lange nachzudenken, doch als er sich jetzt an Sahnies Angriff auf Rod erinnerte und diesen mit seiner eigenen Attacke verglich, stellte er erleichtert fest, dass bei Ersterem das laute Knacken ausgeblieben war. Anscheinend war die Nase des Kleineren noch so, wie Gott sie geschaffen hatte, nur etwas angeschwollener. „Hör zu, was Hans da abgezogen hat tut mir Leid, ich möchte mich für ihn entschuldigen. Auch, wenn man so was nicht entschuldigen kann. Ach ja, danke für das Lob“, fügte er noch schnell hinzu, wobei sein Grinsen nun doch eher amüsiert wirkte. „Danke…“, murmelte er nun wieder, während der Blonde ihm die Taschentücher reichte und lächelte weiterhin. Aufmerksam hörte er dem Gitarristen zu, während er schließlich eines der Taschentücher herausnahm und erst einmal versuchte, die Blutung zu stillen, doch beruhigt stellte er fest, dass offenbar in der Tat noch alles so war, wie es gehörte. Seine Nase war offensichtlich nicht gebrochen und darüber war er ohne jeglichen Zweifel auch ganz froh. Die indirekte Frage Farins nach seinem Namen überging er ein wenig, auch, wenn er selbst eigentlich nicht so ganz sagen konnte, warum eigentlich. Vielleicht war es ihm einfach ein wenig unangenehm, sich vorzustellen, vielleicht empfand er den Rest des Gesprächs gerade auch als ein wenig wichtiger und zweifelsohne war er auch ein wenig aufgeregt, immerhin erlebte er so was auch nicht alle Tage. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, weiterhin mit dem Blonden zu reden und so erwiderte er: „Ich weiß auch nicht so ganz, was eigentlich passiert ist… Ich stand eigentlich einfach da und er hat mich irgendwie gestreift und dann hat er mich auf einmal am Kragen gepackt. War irgendwie… sehr merkwürdig.“ Wieder huschte ein leichtes Lächeln über das Gesicht des Chilenen. „Nein, es geht wirklich schon… Ist alles noch dran. Danke noch mal. Und du… brauchst dich nicht zu entschuldigen. So was… passiert manchen Leuten wohl hin und wieder, wenn sie… betrunken sind. Dafür kannst du ja nichts.“ Er blickte nun nachdenklich in die Augen seines Gegenübers. Natürlich hatte er sie nie zuvor aus dieser Nähe betrachten können und insgeheim musste er schon zugeben, dass er von diesem ersten Moment an, in denen er sie zum ersten Mal wirklich genauer in Augenschein nahm, wie verzaubert von ihnen war. Farins Augen hatten irgendwie einfach etwas Faszinierendes an sich, auch wenn das ebenfalls wieder so eine Sache war, welcher der Chilene nicht genauer zu erklären vermochte. Schließlich wandte er seinen eigenen Blick wieder von den Augen des Gitarristen ab, wollte er diesem doch immerhin nicht die ganze Zeit in die Augen starren und verfiel nun wieder in das für ihn eigentlich typische Schweigen, denn Rod war wirklich noch nie unbedingt der Gesprächigste gewesen. Dem Blonden entging der plötzliche Stimmungswechsel des Jüngeren nicht und wenn er ehrlich war, fand er die Art des Chilenen sogar ganz angenehm. Denn dieser strahlte genau das aus, wonach Farin sich für den Rest des Abends sehnte: Ruhe! Wieso konnte Sahnie nicht mehr wie dieser nette Kerl sein? Diese Frage stellte sich der Gitarrist innerlich und hätte am liebsten erneut den Kopf geschüttelt, als er an das Verhalten des Bassisten dachte. Als Rod den Blick abwandte, nutzte Farin dies, um seinen Gegenüber etwas zu mustern. Er war gut einen Kopf kleiner, hatte pechschwarzes Haar, welches ihm leicht ins Gesicht hing und, wenn er sich nicht täuschte, dunkelbraune Augen. Das eigentlich helle Hemd hatte einige Blutspritzer am Kragen, anscheinend hatte er die Hand nicht schnell genug an die Nase gehalten oder Farin hatte ihm die Taschentücher einfach zu spät gegeben. Vielleicht auch beides. Die dunkle Hose, welche einen angenehmen Kontrast bildete, saß etwas locker, ließ allerdings die gut geformten Beine, welche sie umhüllte, erahnen. Als der Blonde bemerkte, wohin sein Blick abgedriftet war, schnellten seine Augen sofort wieder hoch. Er konnte sich grade noch ein erleichtertes Seufzen verkneifen, als er feststellte, dass dem Gegenüber diese Musterung entgangen war. Und auch sonst hatte es niemand bemerkt, obwohl einige der Umstehenden hin und wieder zu ihnen sahen. Doch keiner von ihnen kümmerte sich wirklich um sie, schon während der Auseinandersetzung hatte niemand auch nur die Anstalten gemacht, dazwischen zu gehen und auch die begeisterten Ausrufe, die Farin sich immer vorgestellte hatte, wenn er seine 'ich schlag Sahnie die Fresse ein' Fantasie hatte, waren ausgeblieben. Selbst Bela hatte nichts gemacht... Und genau dies war verwunderlich. Oft genug hatten sie abgemacht, dass, sollte es je soweit kommen, einer von ihnen Sahnie festhielt, während der andere munter auf ihn einschlug. Und nach einer Weile wäre der Schichtwechsel dran gewesen. Farins Blick huschte nun zur Bar, wo ein mehr als angetrunkener Bela es sich auf dem Hocker - den er förmlich reserviert hatte - bequem gemacht hatte. Wäre es in der Kneipe ruhiger gewesen, hätte man das Schnarchen des Drummers sicher gut gehört, doch so sah man nur zwischendurch eine Bewegung seiner Lippen. „Auch das noch.“ Genervt verdrehte der Blonde die Augen und sah nun wieder zu Rod, der unverändert vor ihm stand. Sahnie war weg und mit ihm das Auto. Also würde Farin nun die nette Unterhaltung, welche irgendwie keine war, was ihn allerdings nicht störte, abbrechen müssen, um seinen Bandkollegen nach Hause zu bringen. Erfreut über die Tatsache, dass seine Nase langsam wieder aufhörte, zu bluten, blickte sich der Chilene währenddessen weiterhin in der Kneipe um. Nach wie vor war sie gut gefüllt, auch wenn die meisten der jungen Mädchen sie mit Sahnie zusammen verlassen hatten. Dass Farin ihn musterte, bekam er nicht wirklich mit, doch Rod war ohnehin viel zu sehr damit beschäftigt, den Gitarristen nicht unentwegt anzustarren, denn im Grunde wusste er, dass das eine Sache war, der er einige Zeit lang hätte nachgehen können, doch natürlich ging das nicht, konnte er Farin ja schließlich schlecht die ganze Zeit anstarren. Nach einer Weile blickte er den Größeren, welcher gerade zu Bela an die Bar blickte, wieder an, und folgte dessen Blick. Der Schlagzeuger hatte inzwischen ganz offensichtlich mehr als nur einen über den Durst getrunken und war eingeschlafen, was Farin offensichtlich nicht gefiel, woraus Rod mutmaßte, dass der Blonde mehr oder weniger dafür verantwortlich war, dass sein Bandkollege heil nach Hause kommen würde. „Brauchst du Hilfe?“, kam es sogleich von dem Chilenen und er blickte Farin aus seinen brauen Augen an. Er hatte gar nicht richtig darüber nachgedacht, sondern diese Worte waren einfach von ihm gekommen. Er war gerne bereit, Farin zu helfen. Nicht nur, dass er den Gitarristen wirklich mochte – denn er sah nicht nur gut aus, sondern war ihm nun auch noch sehr sympathisch – nein, es war auch so, dass Rodrigo von Natur aus eine hilfsbereite Ader hatte und immerhin hatte auch Farin ihm eben geholfen – da war es nur fair, wenn er eine Gelegenleistung ablieferte. Überrascht, fast schon verblüfft, sah Farin auf seinen Gegenüber. Er hätte einiges erwartet, aber DAS ganz sicher nicht. Normalerweise hätte er dankend abgelehnt, aber normalerweise war Sahnies Auto nicht weit und normalerweise brach er diesem auch nicht die Nase, wobei es zu seinem neuen Hobby werden könnte. Mit nachdenklichem Blick betrachtete er erst Rod, dann Bela und zu guter Letzt wieder Rod. Tatsache war, dass er auf Hilfe angewiesen war, denn der Weg zur Wohnung war zwar nicht lang, aber mit einem betrunkenen Bela sicher schwer zu bewältigen. Und auf eine Taxifahrt konnte er sehr gut verzichten, seit die letzte auf halber Strecke vom Fahrer abgebrochen wurde, indem er sie auf einer einsamen Landstraße raus beförderte und fluchend weiter fuhr, während Bela mit dem Grund des Rauswurfes - die Kurbel, mit der man das Fenster runter drehen konnte - immer wieder auf Sahnies Rücken eindrosch und ihm die Schuld gab, hatte er doch schließlich seinen Wagen am gleichen Tag in die Werkstatt gebracht und obendrein auf das Armaturenbrett der Taxe gekotzt. Es hatte einige Stunden gedauert, bis sie endlich die Stadt erreicht hatten und hätte Bela sich nicht immer wieder auf die Straße gelegt, um dort zu schlafen, hätten sie es vielleicht sogar vor Sonnenaufgang geschafft. Bei der Erinnerung an diese Nacht schüttelte Farin sich leicht und strich sich mit den Fingerspitzen durchs Haar. Kein Zweifel: Er war auf die Hilfe des Chilenen angewiesen! „Also wenn du mir helfen würdest, wäre ich dir sehr dankbar“, nuschelte er grinsend und sah wieder zu Bela, welcher fast in Zeitlupe von seinem Barhocker rutschte. Doch selbst als er etwas unsanft auf dem Boden landete, sah er sich nur kurz um und schlief danach sofort weiter. Kopfschüttelnd sah Farin wieder zu Rod: „Nein, ich wäre dir MEHR als dankbar!“ Rod wusste nach wie vor nicht, ob Farin seine Hilfe annehmen würde, immerhin hätte er auch ein Taxi nehmen können oder dergleichen, doch irgendwie kam es ihm schon so vor, als hätte der Blonde gerade ein wenig Unterstützung brauchen können – und die würde er ihm geben, wenn es nötig war, nicht zuletzt, weil er ihm immerhin ebenfalls eben gerade erst geholfen hatte. Weiterhin hatte der Chilene nun seinen Blick auf Bela gerichtet und so entging ihm natürlich auch nicht, wie dieser gerade von seinem Barhocker rutschte und zu Boden glitt. Als der Gitarrist ihn nun wieder anblickte, fing Rodrigo seinen Blick auf und konnte nicht umhin, ebenfalls leicht zu grinsen und schließlich leise zu lachen. „Kein Problem, du hast mir ja auch geholfen. Wir schaffen ihn zusammen schon irgendwie sicher hier weg.“ Er schwieg nun einen Moment und überlegte, wie sie anfangen konnten – immerhin gab es verschiedene Möglichkeiten, einen Betrunkenen zu transportieren, wobei die Transportmöglichkeiten nicht zuletzt davon abhingen, wie gut sich besagter noch auf den Füßen halten konnte. Erleichtert lächelte der Blonde und auch seine Körperhaltung wirkte sogleich entspannter. „Es ist auch nicht wirklich weit... Aber auch nicht wirklich nah. Naja, also wenn wir beide anpacken, brauchen wir eine halbe Stunde... Sollte er wieder auf der Straße schlafen wollen, haben wir allerdings ein Problem.“ Leicht grinsend sah er wieder zu dem Drummer, dessen Kopf auf den Brustkorb gesunken war. Hin und wieder zuckte der Körper leicht, was auf einen alkoholbedingten Schluckauf schließen ließ. „Na dann... Packen wir es an!“ Kurz klopfte er dem Chilenen auf die Schulter und steuerte dann auf seinen Bandkollegen zu, welcher noch immer leicht an der Theke lehnte. „Dirk? Wach auf, du musst schlafen“, meinte der Blonde grinsend und rüttelte an dem Drummer. Dieser knurrte leicht, was in einem fast schon quietschendem 'hick' endete, bevor er die verquollenen Augen öffnete und in die des Gitarristen sah. "Isch schlaf doch schon." Kaum fing er an zu sprechen, verstärkte sich auch der Biergeruch, welcher in der Luft lag. Farin verzog kurz das Gesicht und drehte sich dabei zu Rod, um diesen zu sich zu winken. Bela folgte seinem Blick und kniff die Augen noch etwas mehr zusammen, um zu erkennen, wen sein Freund meinte. „Süßes Mädel“, nuschelte er schließlich und nickte Farin anerkennend zu. „Das ist ein Typ und er ist so freundlich, mir zu helfen, dich nach Hause zu schleppen.“ Obwohl Farin die Augen leicht verdrehte, musste er aufgrund von Belas Aussage doch leicht grinsen. „Dann halt Süßer Typ. Hast jedenfalls Geschmack.“ Kaum hatte der Drummer seinen Satz beendet, sank sein Kopf zurück auf die Brust, doch diese Haltung hatte er nicht lange, denn Farin zog ihn auf die Beine. „Vergiss es, geschlafen wird später! Jetzt werden die Beine benutzt!“ „Ich will jetzt nicht meine Beine benutzen... Jan, trag mich!“ Die Worte des Blonden nahm Rod mit einem Nicken schweigend zur Kenntnis. Eine halbe Stunde war wirklich nicht schlimm und außerdem half er im Allgemeinen schon gerne – und nach wie vor war diese Situation wirklich unglaublich für ihn. Er redete allen Ernstes gerade mit niemand anderem als Farin Urlaub und er würde diesem dabei helfen, Bela B. nach Hause zu bringen. Auch, wenn es sicher schönere Aufgaben gab, als einen betrunkenen Schlagzeuger nach Hause zu schaffen, konnte Rodrigo wirklich nicht leugnen, dass er wirklich glücklich darüber war, dabei helfen zu können, es war ihm eine echte Ehre! Außerdem würde er so noch ein bisschen Zeit mit Farin verbringen können. Sicher – es war nicht viel, doch es war mehr, als er jemals zu träumen gewagt hätte und nach wie vor bewunderte er den Gitarristen nicht nur, sondern schwärmte auch noch für ihn – auch, wenn der Chilene sich natürlich unterstehen würde, dies zu äußern. Bei den Worten des Schlagzeugers musste er schließlich leicht lachen. Natürlich war er keineswegs böse, weil Bela ihn gerade als Mädel bezeichnet hatte – immerhin war noch die Bemerkung süß darin mit geschwommen, was immerhin mehr oder weniger schmeichelnde Worte waren, auch, wenn der Drummer natürlich wohl schon ziemlich viel getrunken hatte. Rod fürchtete, dass Belas Aufforderung, Farin möge ihn tragen, sich als etwas schwierig gestalten konnte, doch er schwieg auch hierzu weiterhin und half dem Blonden lieber dabei, den betrunkenen Schlagzeuger auf den Beinen zu halten. „Komm… wir schaffen dich nach Hause.“, meinte er und stützte den Betrunkenen nun, so gut er konnte. Fast wäre Farin unter dem plötzlichen Gewicht an seinem Arm auf die Knie gesunken, doch Rod half ihm grade noch rechtzeitig und konnte dadurch Schlimmeres verhindern. Mit einem etwas gequält wirkenden Lächeln sah er kurz zu dem Chilenen und dann auf das gesenkte Haupt des Drummers. Dieser hatte die Augen geschlossen und anscheinend war er wieder kurz vorm Einschlafen, denn an seiner Unterlippe erschien ein langsam größer werdender Speicheltropfen. „Okay, also von mir aus können wir“, meinte der Blonde und warf kurz einen Blick auf den ziemlich bulligen Typen hinterm Tresen. Dieser unterhielt sich mit einer rothaarigen Frau, deren üppiger Busen fast schon aus dem tiefen Ausschnitt fiel, was ihn wohl sehr interessierte. Farin wollte so schnell und unauffällig wie möglich verschwinden, nur für den Fall, dass sein mehr als angetrunkener Bandkollege die Rechnung noch nicht bezahlt hatte. Aber selbst, wenn es so war, würden sie früher oder später Bescheid bekommen. Eine der negativen Seiten des Ruhmes. Nur würde dann wenigstens nicht Farins Geldbeutel drunter leiden müssen. Nur wenige Sekunden später traten sie in die kühle Nachtluft heraus. Der Wind peitschte ihnen sofort entgegen und Farin verfluchte sich selbst, da er vergessen hatte, seine Jacke zu schließen. Es dauerte nicht lange und die kalte Luft war unter den dünnen Stoff seines Shirts gekrochen, wo sie sich zu sammeln schien. Mit klappernden Zähnen schleppte er Bela langsam die Straße entlang und schickte gleichzeitig ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie Sahnie nicht über den Weg liefen. Denn wie lautete ein grade vom Gitarristen erfundenes Sprichwort? 'Mit einem unnüchternen Dirk am Arm lässt es sich schlecht prügeln'! Der Blonde grinste kurz bei diesem Gedanken, was seine Zähne allerdings nicht wirklich vom Klappern abhielt, sondern es nur noch lauter klingen ließ. „Ist dir kalt?“, fragte er den Chilenen zwei Plätze neben sich, als wäre es dessen Gebiss, das die Stille der Nacht durchbrach. „Ja... Jan, gib mir deine Jacke“, nuschelte plötzlich der fast schon komatös wirkende Drummer an seiner Seite und hob den Kopf leicht an. „Eigentlich meinte ich unseren netten Helfer“, seufzte Farin, blieb jedoch stehen und versuchte, seine Jacke irgendwie auszuziehen, um diese über die Schultern des Drummers zu legen... und ihn dabei nicht loszulassen! Als er fertig war, war er sich sicher, mit dieser Nummer jedem Entfesslungskünstler Konkurrenz zu machen. Zwar war ihm jetzt noch kälter, denn die kühle Nachtluft kam jetzt ungehindert an seine nackten Arme, doch er hatte noch irgendwo im Hinterkopf, dass Kälte besonders für Betrunkene gefährlich war. Und insgeheim hoffte er, Sahnie wäre grade mit seinem Fanclub in einem Kühlhaus eingeschlossen. Während Rod nach draußen trat und Farin währenddessen dabei half, den betrunkenen Drummer irgendwie zu stemmen, dachte er wieder einmal über diese merkwürdige Situation nach. Er hätte schon nicht gedacht, dass er jemals mit Farin und Bela reden würde – geschweige denn, den einen, der betrunken war, zusammen mit dem anderen nach Hause zu bringen. Und doch erschien ihm diese Situation so natürlich, wie etwas nur sein konnte, obgleich sie dennoch so ungewöhnlich war. Diese Nacht würde er zumindest nicht vergessen, so viel stand fest, denn wann kam man schon in eine solche Situation? Als er Zähne klappern hörte, wandte er den Kopf leicht zu Farin. Dem Blonden musste ziemlich kalt sein und der Chilene konnte nicht behaupten, dass es ihm irgendwie gefallen hätte, den anderen frieren zu sehen. „Nein, nicht richtig…“, antwortete er auf die Frage des Gitarristen, ob ihm kalt sei, was sogar der Wahrheit entsprach. Zwar konnte Rod nicht leugnen, dass ihm schon wärmer gewesen war, doch es war auch nicht so, als hätte er gerade besonders gefroren, obwohl er auch nicht wirklich warm angezogen war. Als Bela verlangte, dass Farin ihm seine Jacke geben sollte, musste er leicht lachen. Es überraschte Rod irgendwie nicht wirklich, dass der Blonde diesem Wunsch nachging und doch fand er auch dies wieder unglaublich sympathisch an seinem Gegenüber. Farin schien einfach ein ziemlich hilfsbereiter Mensch zu sein – wie er ja auch eben schon selbst am eigenen Leibe erfahren hatte, hatte der Gitarrist ihm doch schließlich geholfen, als Sahnie auf ihn losgegangen war – und das mochte er ebenfalls an ihm. Irgendwie erschien ihm alles an Farin Urlaub so unglaublich sympathisch und liebenswert, obgleich er ihn nicht einmal richtig kannte – und dann sah der Blonde auch noch wirklich gut aus. Im Dunkel der Nacht schüttelte der Chilene kaum merklich den Kopf. Offenbar begehrte er den Älteren noch mehr, als er gedacht hatte – und das, obwohl er ihn eigentlich gar nicht kannte. Wie konnte man eigentlich so sehr für jemanden schwärmen, den man nicht wirklich kannte? Nach wie vor war er jedoch fest entschlossen, diese Gedanken mit wirklich niemandem zu teilen, denn zum einen hätte er nicht einmal gewusst, wem er bitte hätte erzählen sollen, dass er auf einen Mann stand und dann auch noch auf einen Musiker, der zunehmend an Bekanntheit gewann und zum anderen gehörte Rod ohnehin nicht zu der Sorte Mensch, der gerne über seine Gefühle redete – viel lieber hörte er anderen zu und versuchte dann, ihnen irgendwie zu helfen. Und außerdem war Farin in gewisser Weise ohnehin vollkommen unerreichbar für ihn, auch, wenn sie sich gerade so nah waren, nicht einmal einen Meter voneinander entfernt. Während der Schwarzhaarige so weiterhin durch die Nacht lief und Bela stützte, entging ihm dabei nicht, dass Farin offensichtlich noch mehr fror, was auch nicht verwunderlich war, hatte er dem Schlagzeuger doch gerade seine Jacke gegeben. „Dir scheint aber ziemlich kalt zu sein…“, sagte er daher nach einer Weile des Schweigens, „Soll ich dir… meine Jacke geben? Sonst erkältest du dich noch...“ Farin hatte in der Zwischenzeit den Arm des Drummers wieder über seine Schultern gelegt und schleppte ihn gemeinsam mit Rod weiter die Straße entlang. Bela hatte ein genuscheltes 'Danke' von sich gegeben und hielt den Kopf jetzt wieder gesenkt. Ob er wach war oder wieder schlief wusste der Blonde nicht, auf jeden Fall wurde Bela langsam aber sicher etwas schwer. Und dabei waren sie noch nicht mal sehr weit gekommen. Hätte Farin sich umgedreht, hätte er die Kneipe sogar noch sehen können. „Ach was, geht schon“, entgegnete er, als Rod ihn ansprach. Um seine Aussage zu bestätigen, grinste er den Jüngeren an, wobei seine bläulichen Lippen leicht zitterten. Es war wirklich verdammt kalt, aber er hatte sich vorgenommen, Bela heil nach Hause zu bringen... Und da störte der Wind FAST gar nicht. Nach einigen Minuten schien die unangenehme Stille zwischen ihnen immer größer zu werden, mittlerweile dürfte sie der chinesischen Mauer gleichen. Also überlegte der Blonde angestrengt, worüber sie reden konnten. Doch es war Bela, der die Stille durchbrach: „Ich glaub, ich muss kotzen!“ Damit wurde der Abend ja fast perfekt! Schnell sah Farin sich um und gab dem Chilenen ein Zeichen, den betrunkenen Bela in eine Ecke zu ziehen. Grade dort angekommen, erklangen auch schon ein Würgen und ein sehr unappetitliches Plätschern. Nun hatte der Blonde wirklich Mühe, seinen Bandkollegen fest zu halten, damit dieser nicht in das Erbrochene stürzte. Es dauerte einige Sekunden, vielleicht sogar Minuten, bis der Drummer nur noch schwer atmete und immer wieder ein leichtes Husten von sich gab. „Damit lernst du nun auch die dunklen Seiten von die Ärzte kennen“, grinste Farin plötzlich und warf Rod einen kurzen Blick zu, bevor er den Drummer wieder etwas fester hielt. Dieser schien bereits wieder zu schlafen, oder jedenfalls in einer Art Trance zu sein. „Hör zu... Nur, falls ich es nachher vergesse...“ Sie setzten sich wieder in Bewegung und schlenderten weiter die spärlich beleuchtete Straße entlang. „Danke für deine Hilfe... Und für deine Gesellschaft. Ich find es wirklich nett hier, wenn der liebe Bela nicht grade meine Jacke fordert oder uns sein heutiges Mahl in verkehrter Reihenfolge präsentiert!“ Und das stimmte sogar! Es war schon eine Weile her, seit Farin sich so amüsiert hatte. Wahrscheinlich lag es an dem zunehmenden Stress in der Band, der hauptsächlich von Sahnie ausging. Wäre Bela nicht in der Band, wäre Farin sicher schon ausgestiegen oder etwas in der Richtung. Doch so war es wenigstens noch erträglich und manchmal konnte es ja auch richtig lustig sein. Zum Beispiel wenn Sahnie auf Toilette war, oder zu spät kam, oder etwas auf die Nase bekam. Das waren in letzter Zeit wirklich die Höhepunkte seiner Bandkarriere. Rod wusste nicht so recht, ob er nun froh darüber sein sollte, dass Farin seine Jacke nicht annahm oder nicht. Auf der einen Seite wollte er nicht, dass der Blonde sich vielleicht erkälten würde oder dergleichen, doch andererseits war es wirklich sehr kalt an diesem Abend und insgeheim konnte er auch nicht so ganz leugnen, dass er selbst eigentlich auch nicht frieren wollte. Dennoch hätte er, wenn der Gitarrist dies angenommen hätte, keinen Moment gezögert, diesem seine Jacke zu geben. Dass Farins Lippen zitterten, als er ihn anblickte, entging dem Jüngeren jedoch auch nicht und so war er weiterhin der Meinung, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn der Größere sie doch einfach angenommen hätte. „Aber vielleicht solltest du sie doch nehmen. Dir scheint wirklich ziemlich kalt zu sein, nachher erkältest du dich noch…“ Ja, wahrscheinlich war das einfach eine typische Seite an dem Chilenen. Nicht selten machte er sich Sorgen um seine Mitmenschen und immerhin war Farin ihm unglaublich sympathisch bisher und da wollte er nicht, dass dieser krank werden würde. Dass Bela sich auf einmal übergeben musste, kommentierte Rod lediglich mit einem mitleidigen Lächeln. Ohne Zweifel war dies der unangenehmste Teil am Trinken, doch der Schwarzhaarige hätte nicht mit ruhigem Gewissen behaupten können, dass er dieses Problem nicht gut genug kennen würde, denn natürlich war auch er schon ein paar Mal betrunken gewesen – und da war es ihm hinterher auch nicht unbedingt gut gegangen. Als Bela sich schließlich auf oberen Wege entleert hatte, schwieg Rodrigo weiterhin einen Moment und beobachtete den Betrunkenen, welchen er weiterhin die ganze Zeit gestützt hatte, eine Weile schweigend. Schließlich wanderten seine Augen wieder zu Farin, als dieser anfing, zu sprechen. „Ist schon gut.“, entgegnete der Siebzehnjährige, „Ich… helfe gerne und außerdem… finde ich diesen Abend bisher… auch ganz nett. Ich hab also eigentlich auch zu danken. Und außerdem hast du mir vorhin doch auch geholfen.“ Die Art des Chilenen gefiel Farin von Sekunde zu Sekunde besser. Er war zwar einerseits zurückhaltend, aber auch irgendwie hilfsbereit. Eben ein angenehmer Mensch, der sprach, wenn es angemessen war, aber auch wusste, wann es besser war, nichts zu sagen. „Aber wenn ich deine Jacke annehme, frierst du. Und das will ich nicht. Dein Angebot ist wirklich lieb gemeint und echt selbstlos, aber ich kann es nicht annehmen...“ Der Blonde lächelte Rod noch einmal herzlich an und sah dann wieder auf den Weg. Das Schnarchen des Drummers bestätigte Farins Verdacht, dass Bela bereits wieder im Land der Träume war. „Es ist auch nicht mehr so weit. Und wenn unser Dornröschen bald mal wieder aufwacht, geht es ihm wahrscheinlich sogar schon etwas besser. Schließlich liegt der Großteil seines Biers dort hinten auf dem Boden... oder klebt an der Hauswand...“ Farin warf einen besorgten Blick auf seine Jacke, welche noch immer locker über den Schultern des Älteren lag. „Wenigstens hat er so gezielt, dass meine Sachen verschont geblieben sind“, grinste er und sah wieder zu Rod. Eigentlich war es seltsam: Er kannte diesen Kerl gar nicht, hatte ihm trotzdem geholfen und das nicht nur, um unangenehme Artikel zu vermeiden. Denn wenn er ehrlich war, waren ihm solche Artikel egal, oder besser gesagt: Sie gingen ihm am Arsch vorbei. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto bewusster wurde ihm, dass dieser Fremde ihm weitaus sympathischer war als die Schnapsleiche, die wahrscheinlich noch immer auf dem Herrenklo thronte. Ein leichtes Grinsen huschte über Farins Gesicht, als er an den Kerl dachte. Mit diesem hatte er über belangloses Zeug gequatscht, aber bei dem Chilenen konnte er sich gut vorstellen, über alles Mögliche mit ihm zu reden. Und er wusste, dass dieser ihm geduldig zuhören würde. „Ach ja! Wegen der Hilfe...“ Farin war so in Gedanken versunken, dass er Rods letzte Worte fast überhört hätte. Soviel zum Thema zuhören... „Für mich war es selbstverständlich! Ich kann es nun mal nicht ab, wenn Hans irgendwen angreift. Und vor allem nicht, wenn es so ein netter Kerl ist. Du brauchst dich also nicht zu bedanken. Und du bist mir auch nichts schuldig, ich hoffe du kommst dir nicht so vor, als MÜSSTEST du diese Schnapsleiche gemeinsam mit mir tragen. Ich bin dir dankbar und es ist wirklich angenehm mit dir, versteh das nicht falsch!“ Der Blonde überlegte kurz und sah zu den Straßenlaternen empor. „Irgendwie kling ich so, als hätte ich zuviel gesoffen, oder? Ich meine... Ich laber hier ohne Ende und komm nicht zum Punkt. Selbst jetzt rede ich wieder und rede und weiß trotzdem nicht, was genau ich sagen will.“ Er sah zu dem Jüngeren und einen Moment lang trafen sich ihre Blicke, was Farin noch mehr aus dem Konzept brachte. „Danke“, nuschelte er schließlich. Rodrigo beobachtete den leise schnarchenden Schlagzeuger nun mit einem leichten Lächeln. Es war schon erstaunlich, wie gut dieser doch „laufen“ konnte, obwohl er sich bereits wieder im Land der Träume befand, sofern man denn auch wirklich von Laufen reden konnte, denn eigentlich war es ja eher so, dass die anderen beiden ihn mehr oder weniger vollständig trugen. Obwohl Bela nicht gerade leicht war und es schon sehr anstrengend war, ihn zu stützen, merkte Rod dies schon fast gar nicht mehr. Er hatte sich an die Last relativ schnell gewöhnt und lief nun einfach dorthin, wohin Farin sie führte. „Du solltest es nicht beschreien.“, meinte der Chilene nach einem Moment und lachte leicht auf, „Wer weiß, ob nicht doch noch etwas von seinem Bier in ihm drin ist. Nicht, dass sich die Überreste davon dann nicht doch noch auf deiner Jacke verteilen.“ Er lächelte sanft und atmete tief die frische Nachtluft ein. Auch, wenn es ziemlich kalt war, so war es doch eine verhältnismäßig schöne Luft und Rod genoss es eigentlich, hier draußen zu sein. Und vor allem genoss der Schwarzhaarige die Gesellschaft des Gitarristen. Sicher, er mochte ihn noch nicht sonderlich gut kennen, doch das tat im Moment nicht wirklich etwas zur Sache. Als Farin die Worte „netter Kerl“ im Zusammenhang mit dem Siebzehnjährigen aussprach, befürchtete dieser einen Moment lang, zu erröten, was jedoch glücklicherweise ausblieb. Es schmeichelte ihm, dass der Blonde ihm eben dieses Kompliment gemacht hatte, auch wenn es kein großes gewesen war – allerdings eines, welches er im Grunde nur zurückgeben konnte, denn auch der Gitarrist war durchaus sympathisch. „Nein, nein.“, entgegnete der Jüngere sogleich, „Ich fühl mich nicht direkt dazu verpflichtet. Aber ein Gegengefallen kann ja nie schaden. Und außerdem hätte ich es auch so getan, ich helfe gerne.“ Wieder lächelte er leicht, als sich sein Blick mit dem des Blonden kurz traf. „Ach was, ich finde nicht, dass du so klingst. Im Vergleich zu mir vielleicht schon, aber ich bin auch kein großer Redner. Außerdem macht dich das sympathisch. Und kein Problem, wirklich gern geschehen.“ Er schwieg nun wieder einen Moment. Auf der einen Seite wäre er dankbar dafür gewesen, wenn sie bald ihr Ziel erreichen würden, da es wirklich sehr kalt hier draußen war und weil sie dann das Gewicht, das sie gerade stützten, los sein würden, doch zugleich hoffte er auch, dass diese Nacht am besten niemals enden würde, denn er genoss die Gesellschaft Farins wirklich so sehr, wie er lange keine andere Gesellschaft mehr genossen hatte. Der Blonde atmete tief durch und obwohl ihm kalt war, genoss er es, wie die kühle Nachtluft in seine Lungen strömte. Wenn Bela sich besser gefühlt hätte, wäre dieser Abend perfekt gewesen, aber es gab ja immer einen Haken. Und so stellte Farin fast schon mit Bedauern fest, dass sie bereits den Wohnblock erreicht hatten, der ihre persönliche Ziellinie markierte. Bis zur richtigen Hausnummer war es auch nicht mehr weit und obwohl der Gitarrist eine gewisse Freude hätte verspüren müssen, fand er es fast schon schade. Nun musste er sich schnell etwas überlegen, anderenfalls wäre sein netter Begleiter in wenigen Minuten verschwunden. „Da ist es schon... Jetzt nur noch ein paar Treppen hoch...“ Farins Hirn arbeitete auf Hochtouren, in dieser Verfassung hätte er mindestens 200 Songtexte schreiben können... aber die zündende Idee, die den Chilenen am Gehen hindern würde, ließ auf sich warten. So kam nur noch Plan B infrage: Zeit schinden. „Hör zu, mit deiner Hilfe hast du mehr körperliche Arbeit verrichtet als ich in den letzten Jahren... Wir haben zwar nicht viel, aber ich biete dir gerne unsere spärliche Wohnung an, um etwas zur Ruhe zu kommen. Und ein Shirt hab ich sicher auch noch für dich, du kannst nicht mit diesem blutbefleckten Hemd rumrennen!“ Das war nicht nur Zeit schinden, das war die Idee, nach der er gesucht hatte! Plötzlich wünschte er sich einen begehbaren Kleiderschrank, damit die Suche ewig dauern würde. „Und natürlich bekommst du etwas Warmes zu trinken, quasi auf Kosten des Hauses“, fügte er noch schnell hinzu. Selbst wenn der Chilene nur einen Tee nehmen würde, so müsste man diesen doch erstmal ziehen lassen, abkühlen müsste er auch noch und wenn man dann auch noch eine Unterhaltung anfangen würde, so könnte es schon ein paar Stunden dauern, bis der Tee leer war. Und da das Getränk gegen Ende sicher bereits kalt wäre, müsste ein neuer Tee her... Farin schob die Gedanken an die 200 Songtexte zur Seite und nahm sich vor, diese irgendwann in einem Urlaub oder ähnlichem zu schreiben. Stattdessen schloss er nun die Tür auf und schleppte, gemeinsam mit Rod, den noch schlafenden, aber wenigstens nicht mehr schnarchenden Bela die Stufen hinauf. Vor der Wohnungstür angekommen hätte er den Drummer fast fallen lassen, da sich an seinem Schlüsselbund die etlichen Dosenverschlüsse, welche Bela ihm großzügigerweise als Schlüsselanhänger überlassen hatte, über den Schlüssel gestülpt hatten und so erstmal gelöst werden mussten. Doch schließlich sprang die Tür auf und sie konnten die Wohnung betreten. „Immer rein in die gute Stube“, grinste der Blonde und machte sich gar nicht erst die Mühe, aus den Schuhen zu steigen. Denn oberste Priorität hatte nun Bela, dem es irgendwie gelang, sich im Schlaf besonders schwer zu machen. Entweder das oder er war grade lautlos von ihnen gegangen, wobei die zweite Theorie kurz darauf von einem würgenden Husten widerlegt wurde. Als sie schließlich ihr Ziel erreicht hatten, schwieg Rodrigo zunächst. Eigentlich hätte er wirklich froh sein sollen, dass sie nun angekommen waren, doch er konnte insgeheim nicht leugnen, dass er nicht einfach gehen wollte, viel zu sehr genoss er es, in Farins Nähe zu sein. Auch, wenn er schon vorher irgendwie auf den Blonden gestanden hatte, so hätte er sich niemals träumen lassen, dass es wirklich so toll war, auch noch mit ihm zu reden – mal ganz abgesehen davon, dass er ohnehin niemals zu träumen gewagt hätte, dass er Farin Urlaub überhaupt mal persönlich gegenüber stehen würde. Und doch war er nun hier und würde gleich auch noch seine Wohnung betreten. Hätte er sich diesen Moment zuvor ausgemalt, hätte er sich bestimmt vorgestellt, furchtbar aufgeregt zu sein und doch war er vollkommen ruhig – vielleicht lag es sogar daran, dass diese ganze Situation so merkwürdig war. Während er Farin half, den Drummer die Treppenstufen hoch zu schaffen, dachte er fast schon fieberhaft darüber nach, wie er es bewerkstelligen konnte, den Blonden vielleicht noch in ein weiteres Gespräch zu verwickeln. Natürlich wusste der Schwarzhaarige, dass es im Grunde ziemlich unhöflich war, sich mehr oder weniger selbst einzuladen, doch er wollte einfach noch nicht gehen. Dieses ‚Problem’, sofern man es denn so nennen wollte, schien sich jedoch gerade von selbst zu erledigen, denn Farin lud ihn schon nach drinnen ein. Normerweise wäre es weniger Rods Art gewesen, anzunehmen als dankend abzulehnen, doch wie bereits erwähnt wollte er einfach noch gerne eine Weile bei dem Gitarristen bleiben und so nickte er und lächelte dankbar. „Naja, eine Weile aufwärmen wäre wirklich nicht schlecht…“, sagte er deshalb, „Und vielleicht etwas warmes zu trinken?“ Er wollte auf gar keinen Fall zu aufdringlich rüberkommen, doch auf der anderen Seite wollte er, auch, wenn es unhöflich war, auf gar keinen Fall schon wieder gehen. Noch immer den betrunkenen Bela stützend betrat nun auch der Chilene die Wohnung und sah sich kurz um. Er befand sich also gerade wirklich in der Wohnung der beiden – auch das war eine Sache, mit der er wohl zweifelsohne niemals gerechnet hätte. Nun half er erst einmal Farin, Bela in sein Bett zu schaffen und dann würde er abwarten, ob sich vielleicht noch ein nettes Gespräch zwischen ihnen entwickeln würde, worauf der Schwarzhaarige zumindest hoffte. Natürlich war ihm vollkommen klar, dass er nicht ewig hier bleiben konnte – doch wenigstens ein nettes Gespräch war mit ein bisschen Glück ja vielleicht wirklich noch drin. Kaum hatten sie Bela auf das Bett gelegt, fühlte Farin sich sofort leichter. Er machte sich nicht die Mühe, den Drummer komplett zu entkleiden, er zog ihm nur die Schuhe, die beiden Jacken und letztendlich noch die Jeans aus. Einen Moment spielte er noch mit dem Gedanken, einen Eimer neben das Bett zu stellen, bis ihm einfiel dass dieser nach Belas letzter Sauftour kaputt gegangen war, als der Drummer aus dem Bett gefallen war. „Ich glaube wir können ihn jetzt alleine lassen. Ich such dir eben ein Shirt raus, du kannst dich ruhig schon mal in die Küche setzen. Da vorne links.“ Farin lächelte den Chilenen leicht an und machte sich dann auf den Weg zu seinem Kleiderschrank, aus dem nach öffnen der Schranktüren sofort einige Kleidungsstücke purzelten. Verlegen grinsend sammelte er diese auf und stopfte sie zurück, wobei er bei den Shirts immer kurz innehielt, um diese zu mustern. Schließlich fand er eins, welches seiner Meinung nach anständig aussah und brachte dieses zu Rod in die Küche. "Hier, das ist ziemlich bequem und sieht nicht allzu schäbig aus", meinte er und warf es ihm grinsend über den Kopf. Die kleine Küche war spärlich eingerichtet, doch es schien nichts zu fehlen. Zwar war der Kühlschrank nicht viel größer als mancher Leute Nachtschrank, aber dennoch ging einiges rein. Und auch die Schränke, welche so aussahen als würden sie jeden Moment von der Wand fallen, hatten erstaunlich viel Stauraum. Der Ofen wirkte noch mit am besten, schien höchstens ein Jahr alt zu sein, doch sobald man ihn anstellte, roch er, als wäre dort so manches Tier drin verendet. Die Spüle war auch ganz nett, davon abgesehen dass der Hahn die ganze Zeit tropfte, allerdings nicht sofort Wasser ausspuckte, wenn man ihn aufdrehte. Abgerundet wurde die Einrichtung von einem nicht sehr stabil wirkenden Tisch an dem drei Stühle standen, wovon nur zwei die gleichen Sitzkissen hatten, während das Kissen vom dritten Stuhl nur noch ein eckiges Stück Schaumstoff war. Sie hätten sich längst bessere Möbel holen können, doch da sie eher selten Zuhause waren und sich selbst dann hauptsächlich im Wohnzimmer aufhielten, kümmerten sie sich hauptsächlich um dieses. Außerdem reichte das Mobiliar vollkommen. „Tee oder lieber Kaffee?“ Farin hatte sich in der Zwischenzeit an den Herd gestellt und etwas Wasser in einen Topf gekippt, welchen er nun auf eine der vorderen Herdplatten stellte. Während er Rods Antwort abwartete, zog er zwei Tassen hervor und platzierte diese auf dem Tisch, direkt vor Rod. Auch Rod fühlte sich im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert, als sie Bela schlussendlich in sein Bett geschafft hatten, denn natürlich war es schon ziemlich anstrengend gewesen, den betrunkenen Schlagzeuger nach Hause zu schaffen. Dennoch konnte man nicht sagen, dass er es irgendwie bereut hätte, denn allein die Tatsache, dass er die Ehre hatte, die Wohnung der beiden zu betreten, war alle Anstrengungen zweifelsohne wert gewesen – und die Aussicht, noch ein bisschen mit Farin plaudern zu können, während sie einen Tee oder dergleichen miteinander tranken, machte dies alles nur noch umso perfekter. Auch, wenn er von Sahnie geschlagen worden war, konnte man sagen, dass dieser Abend einfach fantastisch war – und wenn man es so betrachtete, dann hatte der Ausbruch des Ärzte-Bassisten Rod ja sogar etwas Gutes beschert, immerhin war Farin durch diesen Vorfall erst auf ihn aufmerksam geworden. Auf Farins Worte hin nickte der junge Chilene und lächelte leicht. Bela lag nun sicher im Bett, sofern er nicht herauskullern würde und so konnten sie ja eigentlich nun wirklich beruhigt in die Küche gehen. Dort angekommen nahm Rod erst einmal Platz und sah sich um, während er auf den Gitarristen wartete. Die Küche war nicht das typische Bild, das man vielleicht von Leuten haben konnte, die im gewissen Maße berühmt waren, doch der Siebzehnjährige empfand sie auf ihre eigene Weise durchaus als gemütlich. Mit einem leichten Lächeln ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen und ließ die jüngsten Ereignisse noch einmal Revue passieren, denn nach wie vor war dies ein unfassbares Erlebnis für ihn. Erst war er auf diesem grandiosen Konzert gewesen, dann war er in eine Schlägerei mit Sahnie verwickelt worden und jetzt hatte er gerade Bela B. nach Hause gebracht und wartete in der Küche der beiden auf Farin Urlaub. Weiterhin lächelnd konnte der Schwarzhaarige nun nicht umhin, zufrieden mit dem Kopf zu schütteln. Diese Erlebnisse waren merkwürdig, doch keineswegs etwas Negatives – im Gegenteil! „Danke.“, entgegnete Rodrigo, als der Blonde ihm das Shirt zugeworfen hatte und zog es sich über, „Das ist echt nett von dir.“ Er schwieg nun einen Moment und beobachtete Farin dabei, wie er zwei Tassen auf den Tisch stellte. „Tee.“ Schnell hatte der Blonde alles zusammen, um für beide einen Tee zu kochen und so saß er wenige Sekunden später bereits neben Rod am Tisch, während das Wasser im Topf langsam wärmer wurde. „Tja, jetzt wird es wohl Zeit für ein wenig Smalltalk!“, grinste der Blonde und beugte sich noch ein wenig vor, wobei er die Unterarme leicht auf dem Küchentisch abstützte. Er musterte den Jüngeren zum zweiten Mal an diesem Abend, dieses Mal jedoch etwas ausgiebiger. „Was machst du so, wenn du nicht grade armen Gitarristen hilfst?“ Farins Blick wanderte langsam wieder höher, bis er den des Chilenen traf. Tatsächlich faszinierte dieser dunkelhaarige Mann ihn irgendwie und weckte seine Neugier. Sie kannten sich höchstens eine Stunde, wenn man es überhaupt als 'kennen' bezeichnen konnte, kannte er doch nicht mal den Namen seines Gegenübers. Und anscheinend würde er diesen auch nicht so schnell erfahren, denn der Chilene war der Frage indirekt, oder vielleicht auch sehr direkt, ausgewichen. Doch ein gewisses Maß an Anonymität war so manches Mal ganz angenehm und sicher hatte der Jüngere seine Gründe, also beschloss der Blonde, ihn nicht weiter zu drängen. Als der Gitarrist neben sich ein Brodeln hörte, brauchte er erst ein paar Sekunden, bis er realisiert hatte, dass dieses Geräusch vom Topf auf der Herdplatte kam. Schnell stand er auf, wobei der Stuhl lauter als zu dieser späten Stunde angebracht war über den Boden rutschte. Kurz zuckte Farin zusammen, grinste dann allerdings nur entschuldigend und goss etwas von dem kochenden Wasser in die beiden Tassen, in welche er bereits vorher zwei Teebeutel getan hatte. Pfefferminztee. Nach einigen sehr routiniert wirkenden Handgriffen sah die Küche wie vorher aus, abgesehen von den beiden Tassen, aus welchen weißer Dampf empor stieg und dem kleinen Zuckerpott in der Mitte des Tisches. Und natürlich den beiden Gestalten am Küchentisch. "Zucker?" Auf die Frage, was er sonst so machte, schwieg der Chilene zunächst, nicht wissend, was genau er antworten sollte. Er wollte nicht unbedingt einräumen, dass er noch zur Schule ging, er wollte aber auch nicht unbedingt irgendeine große Lüge auftischen. Und dennoch konnte er ja auch nicht einfach die Frage des blonden Gitarristen ganz übergehen. Nein, er musste sich irgendeine Antwort einfallen lassen. Schließlich setzte er ein möglichst geheimnisvolles Lächeln auf und sah in die Augen seines Gegenübers. Er hatte eine Idee. „Naja. Mal dies, mal das…“, entgegnete er und gab sich Mühe, dabei freundlich und gleichzeitig in gewissem Sinne geheimnisvoll zu klingen. So konnte es einfach so wirken, als wollte er nicht zu viel über sich preisgeben, auch, wenn es vielleicht albern war. Er würde Farin sowieso niemals wieder sehen, also musste er sich eigentlich auch nicht so verhalten. Und doch hatte er irgendwie das Gefühl, dass er Farin ja nicht unbedingt sagen musste, dass er noch zur Schule ging. Immerhin hielten ihn die Leute glücklicherweise zumindest für ein bisschen älter, als er in Wirklichkeit war, so dass er diese Illusion, die Farin mit ein bisschen Glück von ihm hatte, ja nicht unbedingt kaputt machen musste. Dankend nahm er den Tee entgegen und nippte vorsichtig daran. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte, auch, wenn er sich innerlich ein wenig dafür verfluchte. Er saß mit Farin Urlaub an einem Tisch und wusste nicht, was er sagen sollte. Das war wirklich alles andere als cool. „Nein, danke.“, lehnte er den Zucker schließlich ab und blickte den Älteren wieder an. Als der Dunkelhaarige ihn so geheimnisvoll anlächelte, musste Farin erneut grinsen. Entweder wollte der Andere wirklich nichts über sich sagen, oder er wollte nur die Neugier des Blonden etwas reizen. Und selbst wenn letzteres nicht der Fall war, so tat er dies. „Okay... Was muss ich tun um wenigstens ein wenig von dir kennen zu lernen?“ Die Stimme des Blonden klang verführerischer als beabsichtigt, doch irgendwie störte es ihn nicht. Sein Blick wanderte über den Körper des Jüngeren, oder besser über den Teil, der nicht vom Tisch verdeckt wurde. Als er in die dunklen Augen des Chilenen sah, lächelte er leicht und lehnte sich wieder etwas zurück. „Oder muss ich alles selbst in die Hand nehmen?“ Farin sah auf seinen Gegenüber, gespannt auf dessen Antwort. Doch statt der Stimme des Jüngeren hörte er ein immer lauter werdendes Brodeln. Einen Moment dachte er, dass Bela von den Toten auferstanden war und der weißen Porzellanschüssel im Nebenzimmer nun sein Mittagessen präsentierte. Doch als er genauer hinhörte, bemerkte er, dass das Geräusch eher hinter ihm war. „Scheiße, der Herd!“ Mit einem Ruck sprang der Blonde auf - wobei ihm die Lautstärke dieses Mal egal war - und drehte sich um. Allerdings hatte er noch etwas zuviel Schwung und zusätzlich hatte er die Länge seiner Arme unterschätzt, denn anstatt den Topf zu packen, stieß er mit dem Handrücken gegen diesen und schleuderte ihn auf den Boden... direkt vor Rod! Der leere Topf rollte ein kleines Stück weiter, während das heiße Wasser nun in den Stoff von Rods Hose sickerte. „Fuck! Scheiße! Sorry! FUCK!“ Der Gitarrist wurde nun fast schon panisch. Schnell griff er nach den Händen des Anderen und zog ihn auf die Beine. Kaum stand der Chilene vor ihm, ließ Farin sich auf die Knie sinken und fummelte kurz an dessen Hose rum, bis sie endlich offen war. Kaum war dies der Fall, packte der Blonde die nassen und ziemlich warmen Hosenbeine, um das Stück Stoff bis zu den Knöcheln des Stehenden runter zu ziehen. Weiterhin gab der Dunkelhaarige ein geheimnisvolles Lächeln von sich. Er wusste einfach nicht, was er sonst hätte sagen sollen, aber immerhin schien er Farin ziemlich neugierig zu machen. Ob das jetzt gut oder schlecht war, wusste er nicht so recht zu beurteilen, doch immerhin regte es das Gespräch an – denn wenn Rod eine Sache nicht wollte, dann, dass das Gespräch schnell zu Ende gehen würde. Immerhin hatte er Farin schon immer interessant gefunden und die Tatsache, dass er nun mit diesem an einem Tisch saß und Tee trank, gefiel ihm durchaus. „Ja, das wäre doch mal eine Idee.“, gab er schließlich zurück und lächelte weiterhin, wobei er dem Blonden tief in die Augen sah. Er überlegte, war er vielleicht noch äußern konnte, als ein brodelndes Geräusch die Stille durchbrach – Farin hatte den Herd angelassen. Noch bevor Rods Gehirn irgendwie die Information hatte verarbeiten können, dass das Geräusch von dem Herd kam, hatte der Gitarrist schon reagiert – und das kochende Wasser ergoss sich über Rods Beine, was diesen dazu veranlasste, vor Schmerz aufzuschreien. Als Farin ihn dann auf die Beine zog und die Hose auszog, errötete der Schwarzhaarige leicht – doch das war sein geringeres Problem, denn ein anderes seiner Körperteile zeigte noch viel deutlicher, was diese Situation in ihm auslöste, denn eine deutliche Beule bildete sich nun in seinen Shorts. Der Chilene schloss kurz die Augen und er hatte das Gefühl, vor Scham – und Erregung – zu sterben, stand er doch immerhin in Shorts vor Farin, den er nun einmal ziemlich begehrte. Fieberhaft überlegte er, wie er vielleicht das Thema wechseln konnte, um Farin abzulenken, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. „Ähm… schon gut…“ Erst als der Kleinere endlich sprach wurde sich Farin der Situation bewusst: er kniete vor einem Wildfremden, oder jedenfalls ziemlich Fremden, dem er grade die Hose runtergezogen hatte, wodurch dessen intimste Stelle sich sehr deutlich durch den dünnen Stoff der Shorts abzeichnete. Beim letzten Teil seines Gedankengangs hätte der Blonde am liebsten den Kopf geschüttelt und noch einmal genauer hingesehen, aber dies war nicht nötig. Tatsächlich schien der Stehende erregt zu sein. Einen Moment zögerte der Gitarrist, doch dann ließ er den Blick langsam hoch wandern, bis er ins Gesicht des Chilenen sah. Dessen Wangen waren deutlich gerötet und den dunklen Augen sah man sowohl die Scham als auch die Erregung an... und auf unbegreifliche Weise war es eben dieser Anblick, der nun auch den Knienden erregte. Schwer schluckend richtete Farin sich wieder auf, wodurch er seinen Gegenüber nun leicht überragte, doch die ganze Zeit löste er seinen Blick nicht einmal von dessen Gesicht. Sie standen sich so dicht gegenüber, dass Farin den Atem des anderen leicht auf seiner Haut spürte. Und von Sekunde zu Sekunde schien er dichter zu kommen. Dabei war er es selbst, der sich leicht runter beugte, bis seine Lippen dicht vor denen des Kleineren verweilten. Noch einmal musterte er dessen Gesicht, bevor er die Augen schließlich schloss und den Jüngeren sanft küsste. Es war nicht lang, nur ein flüchtiger Kuss, der seine Wirkung jedoch nicht verfehlte. Kaum hatten seine Lippen die des Anderen berührt, schien ein Stromschlag durch seinen Körper zu zucken. Oder besser: durch die Hälfte seines Körpers, denn das Gefühl endete in seinen Lenden, wo es jedoch doppelt so stark zu sein schien. Erschrocken über die Intensität dieses Gefühls zuckte der Größere leicht zurück und betrachtete den Kleineren. Nachdenklich versuchte Rodrigo noch einmal, sich seine Situation klar zu machen. Die Beule in seinen Shorts machte deutlich klar, dass er erregt war und Farin kniete vor ihm, womit er also besten Ausblick darauf hatte. Eigentlich konnte er es unmöglich übersehen und der Chilene hätte lügen müssen, hätte er behaupten wollen, dass ihm dies gefiel. Natürlich, er fand Farin sehr attraktiv und hätte nur zu gerne die Nacht mit ihm verbracht, doch das alles war so unrealistisch. Als würde sich Farin Urlaub auf Männer einlassen! Und dann auch noch auf irgendeinen vollkommen unbekannten Jungen wie ihn! Nein, das war wirklich vollkommen unrealistisch und je mehr Rod darüber nachdachte, desto peinlicher wurde ihm diese Situation. Und doch ließ es sich nicht ändern, denn dadurch verschwand die Erregung auch nicht. Als Farin sich wieder aufrichtete, hoffte er nach wie vor, dass er die Beule in Rods Shorts nicht bemerkt hatte, doch er wusste, dass das nicht mehr und nicht weniger als Wunschdenken war. Natürlich hatte er diese bemerkt und sicherlich würde er ihn nun rausschmeißen. Sicher wollte er so jemanden nicht in seiner Wohnung haben. Doch erstens kam es anders und zweitens als man denkt, denn Farins Gesicht näherte sich dem des Jüngeren nun mehr und mehr, bis sich die Lippen der beiden schließlich berührten. Auch der Chilene schloss bei diesem kurzen Kuss genüsslich die Augen, doch im nächsten Moment holte ihn die Realität wieder ein – und mit ihr die Verwunderung. Farin hatte ihn gerade geküsst. Ausgerechnet das, womit er am wenigsten gerechnet hatte, war gerade eben eingetreten! Ohne richtig darüber nachzudenken, beugte sich Rod nun zu Farin vor und erwiderte den Kuss sanft, wobei er erneut die Augen schloss. Die Gefühlswelt des Blonden geriet in diesen paar Sekunden mehr durcheinander als in seinem gesamten bisherigen Leben. Vor ihm stand ein fremder Mann, der ihn in den vergangenen Stunden völlig verwirrt hatte und dessen Hose durch sein Eingreifen nun mehr aus- als angezogen war und er hatte diesen Mann geküsst! Einfach so, weil er das Bedürfnis dazu hatte. Und als der Kleinere ihn nun küsste hatte Farin das Gefühl, dass es sein musste. Hätte er die Lippen des Anderen nicht so schnell wie möglich wieder auf den eigenen gespürt, wäre er wohl, so absurd es klang, durchgedreht. Es hatte etwas so selbstverständliches, so natürliches... Plötzlich und ohne jede Vorwarnung packte der Blonde sein Gegenüber und küsste ihn mit mehr Leidenschaft und weniger Zurückhaltung. Wie von selbst fanden seine Hände den Weg zum Shirt des Anderen, welches er ihn mit einem Ruck über den Kopf zog. Doch kaum war dies vollbracht, presste der Gitarrist seine Lippen wieder auf die des Anderen. Da er ihm die Hose bereits mehr oder weniger ausgezogen hatte, musste er nun nur noch einen Fuß auf das Stück Stoff stellen, in der Hoffnung, der Kleinere würde selbst raus steigen. Rod genoss die zarten Berührungen des Größeren endlos. Manchmal hatte er sich solche Szenen in seiner Fantasie ausgemalt, aber schon das hier war schöner, als er es sich jemals hätte vorstellen können. Wieder küsste er den Blonden und schloss die Augen, während er spürte, wie Farin ihn mehr und mehr entkleidete. Leicht stieg er nun aus seiner Hose raus und schenkte dem inzwischen auf dem Boden liegenden Shirt keinerlei Beachtung mehr. Alles andere um ihn herum war jetzt unwichtig, es zählten nur noch Farin und er. Für einen kurzen Moment löste er sich wieder von dem Gitarristen, jedoch nur, um diesem ebenfalls das Shirt über den Kopf zu ziehen. Dann küsste er den Älteren wieder, wobei er auch dessen Hose öffnete und herunterzog. Ein gequältes Stöhnen entwich dem Gitarristen, als der Kleinere sich kurz von seinen Lippen löste, doc als er ihn kurz darauf wieder spürte, schloss er erneut genüsslich die Augen. Ging das alles nicht viel zu schnell? Innerlich schüttelte der Blonde den Kopf. Es schien als hätte er Ewigkeiten auf diesen Moment gewartet und jede weitere Sekunde, in der er den Anderen nicht spürte, war reine Zeitverschwendung. Doch der Ort war nicht grade der geeignetste. Entschlossen drängte Farin den Kleineren langsam auf den Flur hinaus, wo er kurz die Augen öffnete um den Chilenen nicht irgendwo gegen zu stoßen. Nun war die Frage, ob sie ins Schlaf- oder ins Wohnzimmer gehen sollten. Sie hätten auch neben Bela auf dem Boden poppen können, allerdings war die Gefahr groß, dass dieser plötzlich bei ihnen lag und gegebenenfalls auch noch mitmachen wollte. Also drängte Farin den Anderen ins Wohnzimmer, wo beide keuchend auf dem Sofa landeten. Wieder löste der Größere sich von dem Liegenden und betrachtete diesen mit lustverschleiertem Blick. Es war, als würde er um Erlaubnis fragen, doch der Gesichtsausdruck des Jüngeren war Antwort genug. So legte der Gitarrist seine Lippen wieder auf die des Anderen, während seine Hand langsam zu dessen Shorts glitt... Kapitel 1: Keiner sieht mich, bin einfach nur da, einfach nur da... ------------------------------------------------------------------- Frisch beendet und sofort in den Upload damit! Ja, endlich erfahrt ihr wie es weiter geht! Und zwar hier! Im zweiten Teil des Prologs! Ja, richtig gelesen! Dies hier ist der zweite (und letzte) Teil des Prologs! Und jetzt stellt euch mal vor wir hätten den NICHT aufgeteilt! Zum einen könntet ihr den gesamten Anfang dann erst JETZT lesen... Und zum anderen wäre der wohl wirklich etwas lang und abschreckend gewesen... ("Ist er das nicht so schon?" "Klappe!") Wir hatten zwischendurch leider einige Schreibpausen, was an Imaginarys Fleiß in Sachen Schule (Kommentar von Imaginary: *HUST* … eher Pseudo-Fleiß in Sachen Schule und Faulheit bei allem anderen xD) lag und an Annis Faulheit in... allem. Aber jetzt geht es wieder etwas zügiger voran! Besonders da wir neulich ein kleines Meeting hatten und wir uns schon drauf freuen ein paar bestimmte Stellen zu schreiben! Jetzt aber genug... Viel Spaß beim lesen! Und vergesst den Kommibereich bitte nicht! *mit Baseballschläger rumwedel* Klar? xD ~~~ Gedankenversunken dachte Rod zurück. Er dachte zurück an einen Abend und eine Nacht, welche nun schon ein paar Jahre zurücklag und ihm dennoch sehr präsent war. Der Abend, an dem er Farin Urlaub kennen gelernt hatte. Die Nacht, in der er mit Farin Urlaub geschlafen hatte. Der Morgen, an dem er Farin Urlaub einfach zurückgelassen hatte. Nachdem sie miteinander geschlafen hatten, war Rod am nächsten Morgen einfach aufgestanden und hatte den Blonden schlafen lassen. Er hatte lediglich einen Zettel hinterlassen mit der Botschaft, dass es ein schöner Abend und eine noch schönere Nacht gewesen sei und dass er sich für alles bedankte und ihm für die Zukunft noch alles Gute wünschte und dass er jetzt gehen müsste. Dies hatte sogar der Wahrheit entsprochen, denn Rod war extra für das Konzert nach Berlin gefahren und hatte am nächsten Morgen nach Hamburg zurückkehren müssen. Natürlich hatten sie sich danach niemals wieder gesehen – wie hätten sie auch? Farin kannte nicht einmal seinen Namen und sicherlich erinnerte er sich ohnehin nicht mehr an ihn, war er doch nur eine flüchtige Bekanntschaft gewesen, mit der Farin dann im Bett gelandet war. Irgendwie war es schon komisch, wie manche Dinge sich entwickeln konnten, stellte der Chilene wieder einmal fest, als er einen Seitenblick auf Bela warf. Ja, inzwischen spielte er zusammen mit diesem in einer Band, Depp Jones, seit es Die Ärzte nicht mehr gab und viel mehr waren sie wirklich gute Freunde geworden. Doch vollkommen gleich, wie gut er sich mit Bela verstand – er hatte ihm niemals etwas von dem erzählt, was in dieser einen Nacht zwischen Farin und ihm vorgefallen war. Wozu auch? Es hätte nichts geändert. Zwar konnte Rod sich selbst gegenüber nicht leugnen, dass er noch immer Gefühle für den blonden Gitarristen hegte, doch natürlich würde er von diesen Gefühlen niemals jemandem erzählen – selbst Bela nicht, mit welchem er sonst eigentlich so ziemlich jedes Geheimnis teilte. Sie hatten gerade mit den anderen für ihr bald bevorstehendes Konzert geprobt und waren nun in einem Einkaufszentrum auf dem Weg zu McDonalds, da sie vorhatten, sich ein wenig zu stärken. Kaum hatten sie das Zentrum betreten, kam ihnen eine junge Frau entgegen und drückte ihnen zwei Flyer in die Hand, welche die Aufschrift „Erwachsene im Kissland“ trugen. Rod musste leicht grinsen, als er sich den Flyer genauer ansah. Diese Aufschrift brachte ihn schon zum Grinsen und er war sich ziemlich sicher, dass es Bela da nicht wirklich anders gehen würde. Nach wie vor schweigend ging er weiter, bis er vor McDonalds stand, verstaute den Flyer in seiner Jackentasche und blickte Bela dann lächelnd an. Auch Bela warf einen kurzen Blick auf den Flyer und tatsächlich musste er grinsen. „Mensch, einen Moment dachte ich tatsächlich, meine Gebete wurden erhört und sie haben einen Vergnügungspark für uns errichtet!“ Mit diesen Worten ließ der ehemalige die Ärzte Drummer das Stück Papier in die Tasche gleiten und betrat gemeinsam mit Rod das Fastfood-Restaurant. Zu dieser Zeit war es glücklicherweise nicht sehr voll, wodurch sie schon nach wenigen Minuten mit ihrer Bestellung eine Etage höher gehen konnten. Zielstrebig steuerten die beiden einen Fenstertisch an, ein Platz, an dem sie schon häufiger gesessen hatten. Mit Farin war er zwar auch oft bei McDonalds gewesen, allerdings hatten sie sich meistens nur eine große Portion Pommes geholt und diese hatten sie nur zur Hälfte gegessen. Die andere Hälfte hatten sie vorher in die Strohhalme gestopft, um danach amüsiert zu beobachten, wie andere Gäste verzweifelt versuchten etwas damit zu trinken. Der Ältere biss sich leicht auf die Unterlippe als er bemerkte, dass seine Gedanken sich schon wieder um den Blonden drehten. Man hätte es fast schon sentimental nennen können, wie er seit dem frühen Morgen immer wieder an die 'gute, alte Zeit' dachte. Und alles nur wegen dem Stück Papier, welches er vor wenigen Stunden in seinem Briefkasten gefunden hatte. Das Stück Papier, das nun in der Innentasche seiner Jacke steckte und nur darauf wartete, vor den dunklen Augen des Chilenen zu landen. Einen Moment saßen die beiden Dunkelhaarigen schweigend am Tisch, nur zwischendurch hörte man das Rascheln der Burgerfolie oder das Geräusch welches entstand, wenn die Cola durch die - zum Glück nicht verstopften - Strohhalme in den Mund floss. Schließlich wurde die Stille unerträglich. „Ich hab einen Brief von Jan bekommen.“ Bela sagte es so beiläufig wie möglich und es klang fast so, als wäre damit alles erklärt. Er biss von seinem Hamburger ab, nachdem er die Gurke von diesem genommen hatte, und zog den Brief schließlich aus der Tasche, um ihn Rod zu reichen. Es schien so, als hätte er ein Kilo Blei aus der Tasche geholt. Der Chilene sammelte ebenfalls erst einmal die Gurken von seinen Burgern, während er den Worten des Älteren lauschte. Er hatte, während sie hier schweigend gesessen hatten, schon im Gefühl gehabt, dass irgendetwas los war und offensichtlich hatte er Recht behalten. Farin hatte ihm also einen Brief geschrieben… So ganz wusste Rodrigo noch nicht, was er davon halten sollte und es erinnerte ihn nur wieder umso mehr an den blonden Gitarristen. Weiterhin schweigend studierte der Schwarzhaarige nun den Brief, welchen Bela ihm gereicht hatte. Der Inhalt war, dass Farin vorschlug, Die Ärzte doch noch einmal wieder aufleben zu lassen. Rod dachte nach, während er sich erst einmal eine Zigarette anzündete und Bela anbietend die Schachtel hinhielt. Dass der Kleinere nun einen Rat von ihm wollte, war wohl eindeutig und natürlich würde er ihm diesen als sein Freund auch geben. Wäre er egoistisch gewesen, so hätte er Bela davon abgeraten, immerhin hatte er wirklich viel Spaß daran, mit diesem zusammen in einer Band zu spielen, auch, wenn der größere Erfolg bisher ausgeblieben war und wenn Rod realistisch war, dann dachte er nicht daran, dass sich daran so schnell etwas ändern würde. Dies war nur ein Grund mehr, warum Bela es hätte versuchen sollen und der Chilene konnte sich nur zu gut vorstellen, dass es ihm Spaß gemacht hätte, wieder mit dem Blonden in einer Band zu spielen. Nein, genauer gewesen würde es Bela wohl Spaß machen, mit Farin wieder bei Die Ärzte zu spielen. Und bessere Aussichten hätte dies für den Ex-Ärzte-Schlagzeuger wohl auch gehabt, immerhin waren Die Ärzte einmal sehr erfolgreich gewesen. „Du willst bestimmt meinen Rat, oder?“, fragte er, nachdem er den Brief durchgelesen hatte. Schmerzhaft erinnerte ihn allein schon die Schrift Farins an diesen inzwischen so lange zurückliegenden Abend, von dem er niemals jemandem erzählt hatte, doch er drängte den Gedanken zurück. Jetzt war Bela wichtig, nicht, dass er selbst nach all der Zeit noch immer Farin nachtrauerte. „Ich denke, du solltest es versuchen.“, fuhr er schließlich fort, „Das würde dir bestimmt viel Spaß machen und ihr könntet bestimmt wieder sehr erfolgreich werden. Du solltest dich bei ihm melden.“ Der Ex-Ärzte-Drummer blickte kurz auf die Schachtel, zögerte ein wenig und zog dann schließlich doch eine der Zigaretten raus, welche er auch sofort anzündete. Theoretisch hatte er schon so ziemlich aufgehört, praktisch war ein Glimmstängel in diesem Moment genau das, was er brauchte. Oder jedenfalls eine der Sachen, die er nun gebrauchen konnte. Er schwieg, während Rod den Brief las und beschäftigte sich lieber damit, von den anderen Burgern die restlichen Gurken zu pulen. Doch jedes Mal, wenn Rod die Seite 'umblätterte', zuckte der Drummer unwillkürlich zusammen, denn das bedeutete, dass bald eine Reaktion des Anderen kommen würde. Als dieser ihn schließlich ansprach, brachte Bela nur ein leichtes Nicken zustande. Er war verwirrt und zum ersten Mal seit Jahren, fühlte er sich wie ein Schiffbrüchiger. Es war fies grade Rod um Rat zu fragen, wo dieser doch zu seiner neuen Band, zu seinem neuen 'Leben' gehörte. Aber außer ihm gab es niemanden, den er hätte fragen können. Umso erstaunter war er, als der Andere schließlich seine Gedanken aussprach. „Meinst du echt? Also...“ Bela zögerte kurz, zog noch einmal an seiner Zigarette und ließ den Blick durch den fast menschenleeren Raum gleiten, bevor er weiter sprach: "Einerseits wäre es schon cool, immerhin war es eine tolle Zeit. Aber was, wenn es so wie beim ersten Mal endet?" Noch einmal ließ er sich Rods Worte durch den Kopf gehen. „Aber... Es kostet ja nichts, mit Jan einmal drüber zu reden...“ Fragend blickte er sein Gegenüber an, doch dieser sagte nichts dazu. Allerdings sprach sein Blick wahre Bände. In der Zeit, die sie sich nun kannten, waren sie wirklich gute Freunde geworden und so reichte manchmal schon ein Blick aus, um alles zu sagen. "Verstehe schon, erstmal alles absprechen und dann meckern!", grinste der Ältere und zog an seiner Zigarette. Diese paar Worte und der kurze Blickkontakt hatten bereits ausgereicht, um eine große Last von seinem Herzen zu nehmen. Tatsächlich ging es ihm plötzlich so gut, dass der Nikotin-Geschmack in seinem Mund nun nicht mehr angenehm sondern widerlich war. Mit leicht verzogenem Gesicht drückte er die Kippe im Aschenbecher aus und trank schnell noch einen Schluck. Dabei fiel sein Blick auf die Gurkenscheiben, welche fein säuberlich auf einer Folie gestapelt waren. „Kennst du eigentlich Gurkenschnippen?“ Als er von dem Jüngeren nur einen fragenden Blick kassierte, grinste Bela leicht, schnappte sich eine leere Burger-Folie und legte eine der Gurkenscheiben drauf. „Also, pass auf! Du legst dir alles so zurecht, nimmst die beiden Seiten der Folie und... ZACK!“ Während der Erklärung hatte der Kleinere wie beschrieben die Folie links und rechts gepackt. Und bei 'ZACK' hatte er das Stück Papier so schnell stramm gezogen, dass die gerade noch drauf liegende Scheibe wie ein Pfeil nach oben schoss und über ihnen an der Decke kleben blieb. Mit einem breiten Grinsen sah der Ältere nun auf Rod. „Aber um noch mal kurz auf Jan zurück zu kommen...“ SCHNIPP! Die nächste Gurkenscheibe flog nach oben und blieb, dicht neben der anderen, ebenfalls an der Decke kleben. „Soll ich ihn einfach nur anrufen? Oder sollte ich besser zu ihm fahren?“ Rod war zwar klar gewesen, dass Bela theoretisch mit dem Rauchen aufgehört hatte, doch er hatte sich einfach gedacht, dass er eine Zigarette in diesem Moment gut gebrauchen konnte – womit er ja auch richtig gelegen hatte. Nachdenklich richtete er wieder seinen Blick auf den Brief, während er einen Zug von seiner Kippe nahm. Wenn er doch nur unbefangener an diese ganze Situation hätte herangehen können! Aber nein, er konnte nicht, denn nach wie vor fesselte ihn allein schon der Gedanke an den Blonden viel mehr, als ihm lieb war. Warum konnte er Farin nicht einfach vergessen? Warum musste er nach diesen langen Jahren, die inzwischen vergangen waren, noch immer in ihn verliebt sein? Warum konnte er die Geschehnisse nicht einfach auf sich beruhen lassen, statt sie sich immer wieder in den Kopf zu rufen? Seit Jahren durchlebte er diese Nacht wieder in seiner Fantasie, es war wie ein Traum, den er nicht abzuschütteln vermochte, vollkommen gleich, was er dagegen unternahm. Es stand einfach nicht in seiner Macht, es zu vergessen. Genauer – es stand nicht in seiner Macht, FARIN zu vergessen. Dabei war es manchmal genau das, was er wollte. Den Gitarristen einfach vergessen und am besten nie wieder über diese Nacht und über seine Liebe zu dem Größeren nachdenken. Vielleicht würden seine Beziehungen dann auch wieder besser verlaufen, denn die letzten waren immer in einer einzigen Katastrophe geendet. Schließlich zwang er seine Gedanken wieder auf das eigentliche Thema zurück. Er wollte auch nicht immer abschweifen. Es brachte ja doch nichts, immer wieder darüber nachzudenken. „Naja, aber vielleicht endet es auch nicht so. Vielleicht wird es noch viel besser, als du dir vorstellen kannst. Aber das kannst du nur herausfinden, wenn du es einfach ausprobierst. Und im Grunde wissen wir doch beide, wie gerne du das möchtest.“ Er lächelte sanft, drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und nahm noch einen Schluck von seiner Cola, während er in die Augen seines Gegenübers blickte. Auf Belas Frage, ob er Gurkenschnippen kenne, schüttelte er nur leicht verwirrt den Kopf. Gurkenschnippen? Was sollte das denn schon wieder sein? Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Chilenen, denn er kannte den Älteren inzwischen ziemlich gut und wusste, dass jetzt mit Sicherheit etwas kommen würde, über das er noch die ganze nächste halbe Stunde würde lachen können. Und in der Tat musste er ziemlich lachen, als der Kleinere vorführte, was er gemeint hatte. Nein, das kannte er wirklich nicht, doch er war bereit, es sogleich auszuprobieren. Also packte auch er die Folie von seinem Burger, legte eine Gurke drauf und zog sie mit einem >SCHNIPP< auseinander. Wieder lachte der Schwarzhaarige, als die Gurke über ihnen an der Decke kleben blieb. „Hm… Ich denke, du solltest einfach zu ihm fahren. Das ist persönlicher…“ Der Drummer nickte langsam, während sein Blick immer wieder nach oben huschte. „Also vorbei fahren... Aber einfach so? Nach all den Jahren?“ SCHNIPP! Die nächste Gurke flog nach oben, drehte sich sogar mehrmals in der Luft und blieb schließlich kleben. Bela warf dieser noch einen Blick zu, bevor er nach der nächsten Gurkenscheibe griff. „Aber genau DAS wäre vielleicht auch ganz gut... Am Telefon wäre das so unpersönlich... Und ich könnte ihn überraschen... Aber wenn er nicht da ist, was mach ich dann?“ Der Ältere schüttelte leicht den Kopf als er bemerkte, wie sehr er sich hineinsteigerte. Er hörte sich fast so an, als wäre er ein Teenie vorm ersten Date. "Sorry, ich übertreibe irgendwie..." SCHNIPP! „Also ich werd einfach mal vorbei fahren und gucken, was er so erzählt... Bei dem Treffen muss ja noch nichts entschieden werden, es ist dann einfach... Ja, wozu ist es denn? Zum beschnuppern nach all den Jahren? Um uns wieder neu kennen zu lernen?“ Der Drummer seufzte einmal tief und war kurz davor, die ausgedrückte Zigarette wieder raus zu nehmen und erneut anzuzünden. Doch stattdessen... SCHNIPP! ... flog die nächste Gurkenscheibe in die Luft. „Aber falls es nichts werden sollte... Ich will nicht pessimistisch klingen oder so! Aber nur für den Fall der Fälle...“ Bela ließ die Folie in seinen Händen auf den Tisch sinken und sah in die braunen Augen seines Gegenübers. „Lädst du mich dann ins Kissland ein?“ Auch Rod schnippte noch eine Gurke nach oben und blickte dieser nach, wie sie sich an der Decke zu den anderen gesellte. „Naja, du solltest es zumindest versuchen, würde ich sagen. Und wenn er nicht da ist… naja, dann kommst du einfach später noch mal wieder. Oder du kannst dann ja immer noch versuchen, ihn anzurufen. Aber du solltest das nicht so pessimistisch sehen. Das wird bestimmt schon alles gut werden.“ Zumindest hoffte Rodrigo dies für ihn. Er mochte Bela wirklich gern und er wollte, dass nichts schief gehen würde. Immerhin war es vollkommen offensichtlich, dass der Ex-Ärzte-Drummer gerne wieder mit Farin Urlaub in einer Band gespielt hätte – und der Chilene war ganz bestimmt der letzte, der ihm das übel nehmen würde. Und was Depp Jones anging, so war diese Band, wenn man ehrlich war, ohnehin so gut wie tot. Auf die Frage des Älteren musste Rod dann lachen. Diese Frage war mal wieder typisch Bela B. Er nickte vage. „Okay, wie du willst. Wenn du dann eine Aufheiterung brauchen solltest, dann mach ich das natürlich. Dann kriegst du einen ganzen Tag im Kissland von mir spendiert.“ SCHNIPP! Wieder flog eine Gurke an die Decke. Der Jüngere lächelte aufmunternd. „Aber das wird schon, du wirst sehen.“ Bela lachte leicht und griff nach seinem fast leeren Becher. „Gut, abgemacht! Und wenn alles gut läuft... Dann spendiere ICH den Tag im Kissland!“ Er hielt den Becher kurz hoch, als würde er anstoßen, grinste noch einmal leicht und trank schließlich den Rest aus. „Dann würde ich sagen wir brechen hier bald auf. Und du bist natürlich der Erste, der von dem Gespräch erfährt! Und wenn zwischen Jan und mir alles gut läuft, werd ich mal ein Treffen zwischen euch klar machen!“ Der Drummer hatte sich während er sprach die letzte Gurkenscheibe zu Recht gelegt und zog kurz nach Beendigung des Satzes die Folie stramm, als sein Gegenüber anfing zu husten. Anscheinend hatte dieser sich verschluckt. SCHNIPP! Die Reaktion des Jüngeren hatte Bela so überrascht, dass die Scheibe nicht wie geplant an der Decke landete, sondern im Hohen Bogen aus dem offenen Fenster flog. Noch bevor der Kleinere etwas sagen konnte, hörte man von draußen das Fluchen einer tiefen Stimme. „Oh fuck...“ Ohne lange abzuwarten sprang der Drummer auf, packte Rods Handgelenk und rannte mit ihm zu den nahe gelegenen Herrentoiletten. Grade noch rechtzeitig, denn kaum war die Tür bis auf einen kleinen Spalt angelehnt, kam ein Kerl die Treppe hoch gehechtet, dessen Kreuz fast von einem Geländer zum anderen reichte. Bela schluckte einmal hörbar und warf seinem Freund dann einen Blick zu. „Okay, warten wir noch etwas und machen uns DANN auf den Weg...“ Rod schloss kurz die Augen, bevor er aus seinem Wagen stieg. In der Tat hatte Bela sich mit Farin getroffen und sie wollten Die Ärzte wieder aufleben lassen. Und nicht nur, dass der Wieder-Ärzte-Drummer ein Treffen zwischen den beiden arrangiert hatte, nein, Rod sollte auch noch der neue Bassist bei Die Ärzte werden. Und je näher sein ‚erstes’ Treffen zwischen Farin und ihm rückte, desto unsicherer wurde er sich. Wie hatte er sich nur darauf einlassen können? Freude und Angst wechselten sich in der Gefühlswelt des Chilenen ab. Zum einen freute er sich darauf, den Blonden nach Jahren wieder zu sehen, immerhin hegte er für diesen nach wie vor Gefühle. Er würde ihn wieder sehen, sogar mit ihm reden können… doch zum anderen hatte er auch eine wahnsinnige Angst davor, dass der Gitarrist ihn vielleicht hätte erkennen können. Doch eigentlich war das auch ziemlich unwahrscheinlich. Immerhin hatte Rod ihm damals nicht einmal seinen Namen genannt und das war auch ganz gut so, denn sonst hätte er sich jetzt erst recht nicht bei ihm blicken lassen können. Nach einer kurzen Weile öffnete er die Augen wieder und stieg aus. Ein wenig merkwürdig war Farins Parkplatz schon, wie der Chilene feststellen musste, denn eigentlich war hier nur Rasen, auf dem keine Autos standen. Im Zaun war jedoch eine Öffnung, durch die er dann auch sein Auto gefahren hatte. Nun stand er also vor der Tür von Farin Urlaub in der Hoffnung, dass Bela heute nicht allzu spät kommen würde… Der Blonde saß mit Bela in der Küche, von wo aus sie den besten Blick auf den Garten hatten. „Dein Wunderknabe scheint sich zu verspäten“, spottete Farin und gab seinem ehemaligen-und-jetzt-wieder-Bandkollegen einen freundschaftlichen Puffer in die Seite. Der Drummer grinste leicht und warf einen Blick auf die Küchenuhr. „Naja, NOCH ist er im Zeitrahmen! Und versetzen wird er uns nicht... Rod ist ein sehr zuverlässiger Kerl und ein wirklich guter Freund... Du wirst ihn mögen!“ Farin nickte leicht und nippte an seinem Tee. Pfefferminztee. Der Geschmack hatte etwas beruhigendes, aber auch etwas, was seinem Herzen einen Stich gab. Woran es lag wusste er nicht. Das Geräusch eines Motors holte ihn in die Wirklichkeit zurück, bevor er mit den Gedanken noch weiter abdriften konnte. „Das wird er sein. Ich werd mal Gastgeber spielen und ihn begrüßen.“ Der Blonde grinste leicht und erhob sich von seinem Platz, wobei der Stuhl viel zu laut über den Boden schrammte. Wieder etwas Vertrautes und auch Schmerzhaftes. Doch anstatt sich länger damit zu befassen, ging Farin zur Haustür und öffnete diese. Der Wagen stand näher als vermutet und zwar genau... „Mein Rasen!“ Rod hatte tatsächlich auf dem Stück geparkt, wo eigentlich demnächst grüne Grashalme hervor sprießen sollten. Dies würde nun wohl noch eine Weile dauern, wenn überhaupt. Während Farin mit schnellen Schritten die wenigen Stufen herunter eilte, erklang aus dem geöffneten Küchenfenster ein lautes Lachen. Bela hatte die Situation anscheinend beobachtet, oder zumindest den 'Aufschrei' des Blonden gehört. Es kam Rod so vor, als wären Stunden vergangen, seit er aus seinem Wagen gestiegen war, auch, wenn ihm in Wirklichkeit natürlich durchaus bewusst war, dass es gerade einmal wenige Momente her war. Für einen kurzen Moment war er versucht, sich einen Glimmstängel anzuzünden, doch er widerstand dieser Versuchung. Farin war Nichtraucher, das wusste er. Er würde nicht gleich einen schlechten ‚ersten’ Eindruck auf ihn machen. Nein, das musste nun wirklich nicht sein. Als sich die Tür öffnete und er sogleich die Stimme des Blonden vernahm, schluckte er kurz und blickte zu seinem Auto zurück. Nun ja, nun wusste er zumindest, warum auf dem vermeintlichen Parkplatz keines Autos gestanden hatten. Unangenehm war ihm diese Situation dennoch zutiefst. Deutlich zu hören war auch das Lachen des Drummers, welches durch das geöffnete Fenster aus dem Haus drang. Bela war also schon da – wenigstens das. Sein Gehirn ratterte auf Hochtouren, er überlegte, wie er den schlechten Eindruck, den er jetzt sicherlich gemacht hatte, möglichst geschickt überdecken konnte. Positiv war allerdings schon mal, dass der Gitarrist ihn nicht erkannt zu haben schien. „Ähm… hi… tut mir Leid, ich fahr den Wagen sofort weg! Tut mir wirklich Leid!“ Leicht verlegen wandte er sich ab, stürzte mehr zu seinem Wagen als dass er gegangen wäre und fuhr diesen nun vorsichtig vom Rasen runter und an den Straßenrand. Dort schloss er wieder einen Moment die Augen. Er hatte gerade mit Farin gesprochen – und er hatte mehr als nur Gestotter dabei herausbekommen, was das genaue Gegenteil von dem war, was er sich vorgestellt hatte. Nach einem kurzen Moment stieg er nun wieder aus dem Wagen und blickte in die Augen des Blonden. „Hi… Ich bin Rod. Tut mir wirklich Leid…“ Farin war noch immer etwas 'schockiert', doch bevor er etwas sagen konnte, hatte Rod den Wagen bereits umgeparkt und stand wieder vor ihm. Der Blonde sah mehrmals zwischen dem 'Rasen' und dem Chilenen hin und her, warf noch einen Blick zum Küchenfenster, aus dem noch immer Belas Lache drang, bevor er sich endlich wieder an Rod wandte. "Ich bin Jan, falls du bei uns einsteigst... Sonst bin ich Farin!" Der Ältere grinste leicht und streckte dem Kleineren die Hand entgegen. Als sich ihre Blicke trafen, zuckte wieder dieses Gefühl durch seinen Körper, stärker als vorher. Schnell schüttelte er den Kopf und lächelte seinen Gegenüber aufmunternd an. "Aber lass uns doch rein gehen, hier wird es ungemütlich... Außerdem hab ich Angst, dass Dirk noch vom Stuhl kippt und sich womöglich den Kopf irgendwo anschlägt!" Farin ließ dem Chilenen den Vortritt und betrat mit ihm gemeinsam wieder das Haus. "Die Schuhe kannst du da abstellen. Achja, wegen dem Rasen... Mach dir keine Gedanken! Es ist ja eigentlich noch gar kein Rasen", grinste der Blonde und wartete, bis Rod die Schuhe ausgezogen hatte. Erst dann ging er in die Küche, wo Bela mit auf dem Tisch verschränkten Armen saß und das Gesicht in diesen verborgen hatte. "Dirk?" Keine Reaktion. "Dirk, lebst du noch?" Farin warf Rod einen fragenden Blick zu und gerade, als er sich wieder dem Drummer zuwandte, prustete dieser los und hob den knallroten Kopf an. "Mein Rasen!" Bela versuchte den Blonden so gut es ging zu imitieren, doch durch das Lachen gelang ihm dies nicht wirklich. Schnell wischte er sich ein paar Lachtränen aus den Augen und erhob sich schließlich, um Rod mit einer Umarmung zu begrüßen. Bei ihnen einsteigen… Ja, das war so eine Sache, die Bela natürlich erwähnt hatte, doch Rodrigo wusste noch nicht so ganz, was er davon halten sollte. Sicher, jetzt mochte es ihm noch nicht allzu schlimm vorkommen, Farin wieder zu sehen ohne diesen wissen zu lassen, wer er war, doch wie würde das auf Dauer werden? Auf der anderen Seite war es jedoch auch so, dass er zu gerne weiterhin mit Dirk in einer Band spielen wollte und diese Band war entweder Die Ärzte oder gar keine, so viel stand wohl fest. Außerdem wäre das auch eine Möglichkeit gewesen, dem Blonden in gewisser Weise nahe zu sein… Er schloss wieder einen kurzen Moment die Augen, öffnete sie jedoch sofort wieder. Er hatte ja schon Gedanken wie ein Stalker. Wo sollte das nur hinführen? Außerdem war da auch noch die Tatsache, dass der Drummer und der Gitarrist mehr oder weniger Zentrum der Band waren und was war, wenn die Fans nicht gut auf den Chilenen reagieren würden? Er wollte eigentlich keine Anti-Rod-Bewegung oder dergleichen gegen sich haben. Trotzdem nahm er die Hand des Größeren entgegen und schüttelte sie. „Okay, wir werden sehen.“, antwortete er schließlich auf die Namens-Sache. Eigentlich wollte er ja einsteigen, doch im Moment war immer noch die klitzekleine Versuchung da, einen Rückzieher zu machen. „Dann bin ich ja beruhigt.“ Dass Dirk sich womöglich den Kopf aufschlug war gemessen an dessen Lache scheinbar gerade gar nicht so abwegig, weshalb auch der Chilene es für besser hielt, rein zu gehen. Als sie nun bei dem Schlagzeuger standen, musste auch der Jüngste der drei lachen, denn Belas Lache war einfach ansteckend. Er erwiderte die Umarmung und lächelte leicht, erst einmal schweigend und einfach abwartend, was sich jetzt entwickeln würde, während Bela weiterhin lachte, Farin ab und an einen kopfschüttelnden Blick zuwarf und den hochroten Kopf wieder auf die Arme legte. Der Blonde beobachtete einen Moment die Begrüßungszeremonie zwischen Bela und Rod, bevor er an einen der weißen Hängeschränke trat. Doch kaum hatte er dem Drummer den Rücken zugewandt, fing dieser wieder an zu lachen. „Dirk? Du kannst mich mal!“, grinste Farin und holte nun endlich eine Tasse für den Chilenen raus. „Tee oder lieber Kaffee?“ Kaum hatte er die Frage ausgesprochen, war da wieder dieses Gefühl. Aber was sollte das? Immerhin hatte er die Frage schon oft genug gestellt. Gerade erst hatte er Bela gefragt, es war nicht mal eine Stunde her! Innerlich schüttelte der Blonde den Kopf und sah mit einem Lächeln zu Rod. „Setz dich ruhig schon, vielleicht bekommst du ihn ja irgendwie beruhigt... Droh ihm am besten damit auf SEINEM Rasen zu parken!" Noch immer lachend hob Bela den Kopf, das Gesicht war noch immer knallrot: „Ja, aber ich werd sicher nicht so panisch raus rennen wie du!“ Um den Größeren noch etwas aufzuziehen, wedelte der Ältere mit den Armen in der Luft und kreischte 'Mein Rasen, mein Rasen!', bevor er wieder das Gesicht auf den Tisch legte. Zusätzlich zu seinem Lachen hörte man nun auch noch seine Faust, die immer wieder auf die Tischplatte schlug. „Dirk? Wenn du so weiter machst, werd ich gleich 'mein Tisch, mein Tisch' brüllen, während Rod kurz danach 'unser Drummer, unser Drummer' rufen wird!“ Farin zwinkerte dem Chilenen kurz zu, bevor er auf den plötzlich sehr ernst wirkenden Drummer sah. Wie zur Belohnung tätschelte der Blonde ihn leicht, während er mit der anderen Hand die Tasse auf den Tisch stellte. „Braver Junge... Ah, entschuldige“, wandte er sich an Rod, „jetzt sind wir ganz von der Frage der Getränke abgekommen... Was möchtest du haben?“ Das Lachen des Jüngsten verstummte nach einem Moment und er verfiel erst einmal in ein tiefes Schweigen, als Farin ihn fragte, ob er Kaffee oder Tee trinken wollte. Dieser Satz hatte so viel Vertrautes, er weckte so viele Erinnerungen in ihm… Erinnerungen an diese Nacht, die nun schon seit so langer Zeit Vergangenheit war. Warum nur konnte er die Vergangenheit nicht endlich ruhen lassen? Er wollte einfach nur vergessen, was damals gewesen war – doch auf der anderen Seite wollte er die Erinnerungen auch für immer ganz fest halten. Er wusste einfach nicht, wie er damit umgehen sollte. Was sollte er nur tun? Er konnte es nicht vergessen und irgendwie wollte er es auch gar nicht, doch auf der anderen Seite war er auch froh, dass ihm wenigstens noch die Erinnerung an diese wundervolle Nacht blieb, wenn es schon nicht wieder so werden konnte. Lachend beobachtete er Bela, wie dieser sich nach wie vor über Farin lustig machte. Irgendwie konnte es ja schon lustig werden, mit den beiden in einer Band zu spielen, zumal Dirk ein sehr guter Freund von ihm geworden war, doch manchmal hatte er schon noch seine Zweifel, wie das ganze funktionieren sollte. „Ähm… Kaffee.“, antwortete er schließlich, während er sich setzte. Er wusste, dass er damals Tee geantwortet hatte und genau das war auch der Grund, warum er nun das andere Getränkt wählte. Er wollte einfach endlich von dem Gedanken um diese Nacht wegkommen. Es kam dem Blonden so vor, als wäre es die falsche Antwort. Er hatte schon damit gerechnet, dass der Chilene Tee nehmen würde, hatte sogar schon einen der Beutel raus geholt. Nun ließ er diesen so unauffällig wie möglich wieder verschwinden und griff stattdessen nach der Kaffeekanne. „Milch und Zucker stehen ja da, mix dir das am besten selbst zurecht“, meinte Farin lächelnd und goss ein wenig der heißen Brühe in die noch leere Tasse. Bis jetzt war es gut gelaufen, es schien sogar manchmal so, als würden sie sich schon ewig kennen. Eine gute Voraussetzung. Trotzdem zögerte er noch etwas, bevor er den eigentlichen Grund des Treffens ansprach: „Und du könntest dir wirklich vorstellen mit uns zusammen in einer Band zu spielen? Also ich würde mich freuen, versteh das nicht falsch! Es ist nur...“ Und genau DA lag das Problem. Was war dieses 'nur'? Es gab keine Probleme, die Chemie zwischen ihnen schien zu stimmen. Warum also hatte er dieses ungute Gefühl in der Magengegend? Der Gitarrist hatte eine Weile geschwiegen, zu viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er hätte sie nicht in Worte fassen können, selbst wenn er den Rest des Abends Zeit gehabt hätte. „Dirk und ich kennen uns schließlich schon eine ganze Weile. Ich will nicht dass du dir irgendwie blöd vorkommst.“, meinte er schließlich und sah erst jetzt wieder auf Rod. Die beiden Dunkelhaarigen saßen im Gegensatz zu ihm am Tisch, er selbst stand noch immer an der Arbeitsplatte, hatte sich leicht an diese gelehnt. Das Bild von den Anderen, wie sie so vertraut am Tisch saßen, machte ihm klar, dass auch sie eine gemeinsame Zeit hatten, dass sie sich auch gut kannten und verstanden. Bela war sozusagen das Bindeglied zwischen ihnen: Es gab Sachen, die nur sie beide teilten, aber da waren auch andere Sachen, die vergangenen Jahre, in denen es Rod und Bela waren, die alles teilten. Der Blonde stockte als er sich seiner Gedanken bewusst wurde. War er eifersüchtig? Wenn ja... auf wen? Und warum? Es gab keinen Grund dafür! Mit einem Aufseufzen schüttelte er den Kopf. Wahrscheinlich machte er sich wirklich zu viele Gedanken. Es war Rodrigo nicht entgangen, dass Farin einen Teebeutel herausgeholt hatte. Offensichtlich hatte er darauf gewartet, dass er sagen würde, dass er einen Tee wollte, doch Rod hatte ihm dabei erfolgreich einen Strich durch die Rechnung gemacht. Hatte er im Gefühl, wer der Chilene wirklich war? Oder wusste er es sogar richtig? Nein, zumindest letzteres schloss der Schwarzhaarige aus. Der Gitarrist machte einfach nicht den Eindruck, als wäre er sich wirklich sicher gewesen. Vielleicht hatte die Sache mit dem Teebeutel ja auch gar nichts zu bedeuten, immerhin war es kein Geheimnis, dass der Blonde Tee Kaffee vorzog. Es konnte ja schließlich auch genauso gut irgendwie damit zusammen hängen, man konnte ja nie wissen. Als der Größere fortfuhr, schwieg Rod eine Weile. „Ja, darüber habe ich auch ziemlich viel nachgedacht.“, gestand er schließlich und in der Tat hatte er lange daran gezweifelt, in die Band einzutreten, denn er wollte wirklich nicht das Gefühl haben, fehl am Platze zu sein, „Aber ich hab mich dann trotzdem dafür entschieden. Ich möchte einfach weiter mit Dirk in einer Band spielen und ich glaube, dass es ganz lustig mit euch beiden werden könnte.“ Er lächelte leicht. Weiterhin beobachtete er den Blonden, nicht so ganz verstehend, warum dieser jetzt seufzte, schließlich konnte der Chilene keine Gedanken lesen. Auch der Drummer wusste nicht so recht, was gerade in Jan vorging. Irgendwie verhielt er sich selbst für seine Verhältnisse ziemlich merkwürdig, allerdings hatten sie sich in den letzten Jahren auch so gut wie gar nicht mehr gesehen, weshalb es möglich war, dass dieser sich auch einfach irgendwie ein bisschen verändert hatte. Es war zumindest nicht auszuschließen. Dass Rod wirklich in der Band mitmachen wollte, erfreute ihn – auf diese Weise hatte er seine beiden besten Freunde in der gleichen Band. Was wollte er da mehr? Ein leichtes Lächeln huschte über Farins Lippen. Es würde sicher lustig werden und das nicht nur, weil er wieder mit Bela in einer Band spielen würde. Denn trotz des kleinen Vorfalls mit dem Rasen der noch kein Rasen war und wohl so schnell auch keiner werden würde, fand er den Chilenen richtig sympathisch. Er strahlte etwas aus, was sie sicher in der Band gebrauchen könnten. Man merkte sofort dass er etwas Ruhiges an sich hatte, allerdings war es keine Schüchternheit oder Ähnliches. Er war sicher für so manchen Spaß zu haben, konnte aber auch an ernsteren Gesprächen teilnehmen und so manches dazu beitragen. Vielleicht war es sogar genau das, was sie damals gebraucht hätten... „Lustig wird es sicher. Und das ist am wichtigsten! Okay, ich wäre ja eh dafür es einfach zu versuchen... Und ich denke mal, dass Dirk das auch so sieht.“ Er warf einen kurzen Blick auf den Drummer, der bestätigend nickte, bevor er weiter sprach: „Und wenn du dir das wirklich vorstellen kannst... Ich würde mich sehr freuen. Natürlich müssen wir noch ein paar Sachen klären, aber das meiste wird wohl mit der Zeit von alleine kommen.“ Mit einem grinsen setzte er sich endlich zu den beiden Dunkelhaarigen an den Tisch und verschränkte die Arme leicht auf diesem, wobei er sich etwas weiter zu dem Chilenen beugte. „Bevor wir jetzt diese typische Frage-Antwort-Runde starten, um mehr über den anderen zu erfahren und peinliche Erlebnisse aus der Vergangenheit wieder ins Gedächtnis zu rufen... Möchtest du noch etwas wissen was mit der Band oder so zu tun hat?“ Vielleicht würde es Rod sogar ganz gut tun, wenn er die Möglichkeit haben würde, mit Dirk und auch mit Farin in einer Band zu spielen, konnte er letzterem doch auf diese Art und Weise nun zumindest in einem gewissen Maße nah sein. Doch je länger er diesen Gedanken verfolgte, desto mehr kam er sich vor wie ein Stalker. Warum drehte sich bei ihm denn auch nur gerade alles um den Blonden? War es, weil er so unwiderstehlich aussah? Oder weil sie vor ein paar Jahren eine Nacht zusammen verbracht hatten? Warum nur konnte er all das nicht endlich hinter sich lassen? Er wollte nicht immer nur seine Gedanken um diese schicksalhafte Nacht kreisen lassen, sondern sie vielmehr endlich aus seinem Kopf verbannen – doch auf der anderen Seite war das alles eben auch so schön gewesen, dass er es festhalten wollte. Für immer. „Ja, wir sollten es wohl wirklich einfach versuchen.“, stimmte er dem Gitarristen nun zu. Im Grunde schien gerade alles geklärt und auch, wenn die Bedenken noch nicht ganz aus seinem Kopf verschwinden wollten, so schaffte er es doch zumindest, sie so weit zurückzudrängen, dass sie ihm nicht die ganze Zeit regelrecht die Sicht vernebelten. „Nein, im Moment eigentlich nicht.“, entgegnete er und lächelte sanft, „Keine weiteren Fragen.“ Auch Bela konnte nicht umhin, sich darüber zu freuen, dass Rod weiterhin mit ihm in einer Band spielen würde. Jetzt würde er sie endlich beide auf einmal um sich herum haben und sicherlich würden sich auch sie sehr gut verstehen. Nun gut, sie waren ziemlich unterschiedlich, was sich schon an der Tatsache, dass Farin redete wie ein Wasserfall und Rod eher ruhiger Natur war, begründen ließ, aber dennoch konnte der Drummer sich ziemlich gut vorstellen, dass alles funktionieren würde. Rod war wohl wirklich genau das, was ihnen früher gefehlt hatte. Nur ungern dachte er an Sahnie zurück, denn dass sie diesen losgeworden waren, war wohl das beste an der Bekanntschaft mit diesem gewesen. Während Bela noch etwas vor sich hin grübelte und sich über die Entwicklung freute, lehnte Farin sich auf seinem Stuhl zurück. Es würde Die Ärzte also wirklich wieder geben... Noch war der Gedanke etwas ungewohnt, jedoch nicht unangenehm oder dergleichen. Es war das, was er sich gewünscht hatte, was ihm gefehlt hatte... Natürlich würde es anders werden, was nicht nur an Rod als neuem Bassisten lag. Sie waren in der Zeit reifer geworden, hatten neue Erfahrungen gesammelt und sich musikalisch auf anderen Gebieten weiter entwickelt. Doch das war ja nun alles andere als negativ. „Gut, die Formalitäten werden dann morgen geklärt! Schließlich haben wir noch genug Zeit für so was. Wer hat Hunger?“ Der Blonde wollte nicht länger irgendwelchen Gedanken um die Zukunft nachhängen, dafür hatte er noch später Zeit. Es gab einen Grund zu feiern und außerdem wollte er Rod etwas besser kennen lernen. Zwar hatte Bela ihm einiges erzählt, aber das war wie bei einem Buch: Wenn ein anderer nur davon berichtete, konnte es extrem spannend oder total langweilig klingen. Erst wenn man es selbst gelesen hatte, war man dazu imstande sich eine eigene Meinung zu bilden. Und in diesem Fall war der Chilene sein neues Buch, das er so schnell wie möglich lesen wollte... „Also irgendwie habe ich schon ein bisschen Hunger.“, gestand Rodrigo auf die Frage des Blonden und lächelte leicht. Eigentlich hatte er sich ein bisschen mit Wünschen zurückhalten wollen, doch wenn er sich zu zurückhaltend verhalten würde, so würde dies dem Gitarristen wohl auch nur komisch vorkommen und er hatte ja schließlich in die Runde gefragt, womit das wohl in Ordnung gehen würde. Und schließlich hatte Farin vollkommen Recht: Um Formalitäten konnten sie sich später noch immer kümmern. Jetzt konnten sie sich immer noch ein bisschen unterhalten, um sich besser kennen zu lernen. Gut, im Grunde kannte er sogar Farin schon ein bisschen, doch das machte nichts, schließlich konnte sich dieser scheinbar nicht mehr so richtig an ihre Nacht erinnern und das war wahrscheinlich auch gut so. Später am Abend hatten sie sich alle drei den Bauch voll geschlagen und Rod erhob sich schließlich, um los zu fahren. Es war schon ziemlich spät und die letzten Stunden waren durchaus ziemlich lustig gewesen. Der Chilene hatte im Gefühl, dass eine sehr interessante und auch lustige Zeit werden konnte, die da auf sie zukam. Als die beiden anderen ihn nach draußen begleiteten, wandte er sich grinsend Farin zu. „Ach, und Jan? In Zukunft stell ich mein Auto immer dort ab. Versprochen.“ Er lachte leicht, winkte den beiden zum Abschied zu, setzte sich in sein Auto und fuhr los. Ja, ihre Zukunft konnte wirklich sehr lustig werden, daran gab es keinen Zweifel. Kapitel 2: Schmerz und Liebe liegen dicht beieinander... -------------------------------------------------------- Sooo... Und wieder einmal ist es soweit: Wir haben einen neuen Part fertig. Wir wissen, dass er wieder mal sehr lang geworden ist und wir hoffen, dass euch das nicht allzu sehr abschrecken wird - schließlich wollen wir ja keine Leser vergraulen ^^' Wie auch immer, wir wünschen euch viel Spaß mit diesem Kapitel - welches erst das EIGENTLICHE erste Kapitel ist - denn das letzte war theoretisch ja der zweite Teil vom Prolog xD - und ihr wisst ja, wo der Kommi-Bereich ist. Hinterlasst uns dort doch eine Nachricht, wie euch das Kapitel gefallen hat - wir würden uns sehr freuen. Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen wünschen Das_Anni und Imaginary ~~~ Wieder waren einige Jahre vergangen, einen Jahrtausendwechsel hatte es auch gegeben - auch wenn dieser schon eine ganze Weile zurück lag - und so war es Anfang des Jahres 2007, als Farin durch die kühle Winterluft schritt, den Kragen seiner Jacke hochgeklappt und die Hände tief in den Taschen vergraben. Sein Auto stand einige Häuser weiter, da er vor der Wohnung des Drummers wie immer keinen Parkplatz gefunden hatte. Die typische Parkplatz-Knappheit in Hamburgs Innenstadt mal wieder. So dauerte es geschlagene 15 Minuten, bis er endlich vor der richtigen Nummer stand und mit vor Kälte geröteten Fingern den Klingelknopf drückte. Er tippelte fast schon auf der Stelle, während er auf die Stimme des Älteren wartete, die eigentlich durch die Gegensprechanlage erklingen sollte. Eigentlich... Er klingelte noch mal, kurz darauf erneut, bis er sich den Daumen fast schon platt drückte weil er diesen gar nicht mehr von dem silberfarbenen Knopf nahm. „Das ist jetzt nicht wahr, oder?“, keuchte der Gitarrist, wobei sich sein warmer Atem in weiße, rauchartige Wölkchen verwandelte. Es war nichts Neues, dass Bela gerne mal zu spät kam, eigentlich war es sogar eine liebenswürdige Macke an ihm. Und dies war auch einer der Gründe, weshalb das Treffen bei ihm stattfinden sollte, immerhin hatten sie noch einiges zu tun und da konnten sie sich eine Verspätung des Drummers nicht leisten. Und nun war er nicht da! Farin warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Er war pünktlich, vielleicht hatte er wenige Minuten Verspätung, aber dies lag dann nur an der elenden Parkplatzsuche. Seufzend lehnte er sich an die Wand welche sich gegenüber den Klingelknöpfen befand. Einen Moment spielte er sogar mit dem Gedanken bei einem der Nachbarn zu klingeln, um in das etwas wärmere Treppenhaus zu kommen, doch er kannte nur einen von ihnen und selbst das - zum Glück - nur flüchtig. Und bei diesem Einen handelte es sich um einen mindestens 80 Jahre alten Mann, der gerne mal mit seinen Krückstock zuschlug und dessen Yorkshire Terrier einem entweder die Schuhe kaputt biss oder an diesen seinen Sexualtrieb auslebte. Also würde er wohl eher in der Kälte warten, denn wäre er zurück zum Wagen gegangen, hätte er womöglich den Drummer verpasst. Der Blonde sprang fast hoch als ihm etwas einfiel. Rod müsste irgendwo in der Nähe sein, also falls er nicht auch zu spät kam, was eigentlich eher selten vorkam. Und selbst dann hatte es immer einen triftigen Grund. Also öffnete Farin seine Jacke und bereute beim nächsten kalten Windstoß sofort, dass er sein Handy immer in die Innentasche steckte. Als Rod mit dem Auto vorfuhr, entdeckte er zuerst, dass es keinen Parkplatz mehr gab. Manche Dinge änderten sich eben nie und dies gehörte ohne jeglichen Zweifel dazu. Das nächste, was er jedoch entdeckte, war, dass Jan vor der Tür stand. Einen Moment überlegte er, ob er jetzt erst einmal einen Parkplatz für sein Auto suchen sollte, doch er zögerte. Es sah nicht so aus, als würde der Blonde hinein gelassen werden. Irgendwas stimmte da nicht, nein, etwas lief nicht so, wie es hätte laufen sollte. War Bela etwa nicht zuhause? Der Chilene seufzte leicht, doch ein leichtes Lächeln ging ihm auch über das Gesicht. Sie hatten sich extra bei ihm verabredet, weil sie schließlich ganz genau um seine Macke, dass er meistens zu spät kam, wussten. Und jetzt war er trotzdem als letztes da und das, obwohl sie sich in seiner eigenen Wohnung trafen. Der Bassist schüttelte den Kopf. Das konnte wirklich nicht wahr sein. Doch auch, wenn Bela nun doch ihren Zeitplan kaputt machte, konnte er ihm nicht wirklich böse sein. Sie alle hatten ihre Macken und das hier war eben die von Dirk. Mit einem Blick auf das Thermometer, welches sich in seinem Wagen befand, stellte er fest, dass die Außentemperatur sogar noch niedriger war, als er sie eingeschätzt hätte. Mit einem zweiten leichten Seufzen quetschte er sein Auto nun doch einfach zwischen zwei andere an den Straßenrand und stieg aus. Dabei bemerkte er, dass sein Handy klingelte. Mit einem leisen Lachen nahm er ab und ging auf Farin zu. „Ich sehe dich.“ Nach diesem Satz legte der Schwarzhaarige auch schon wieder auf und nahm den Blonden kurz in den Arm. „Wartest du schon lange hier? Ich hatte gehofft, Dirk würde wenigstens mal pünktlich sein, wenn wir uns in seiner Wohnung treffen, aber du ja auch, oder? Es war wahrscheinlich zu naiv von uns, das zu denken. Das nächste Mal sollte jemand von uns ihn vierundzwanzig Stunden vorher schon bewachen und dann einfach mitschleifen.“ Rodrigo lächelte sanft und blickte Farin wieder an. Noch immer liebte er ihn und noch immer hatte der Größere keine Ahnung, dass sie vor vielen Jahren ein One-Night-Stand gehabt hatten. Und nach wie vor hatte der Jüngere auch kein allzu großes Bedürfnis, dem Anderen davon zu erzählen – auch, wenn es ihm wehtat, dass Jan es einfach so vergessen hatte. „Komm, ich hab mein Auto in eine kleine Lücke gequetscht. Du solltest mitkommen, da drin ist es wenigstens warm, wir können Dirk sehen, wenn er kommt und du siehst sowieso schon aus wie ein Eiszapfen.“ Mit diesen Worten ging er dann mit Farin im Schlepptau zu seinem Wagen zurück. Der Blonde grinste leicht, während er sein Handy wieder weg steckte und den Reißverschluss der Jacke wieder hoch zog. „Du machst jedem Stalker Konkurrenz, wenn du nur diese Worte sagst!“ Er erwiderte die Umarmung und ließ es sich nicht nehmen dem Kleineren kurz durchs dunkle Haar zu wuscheln. Bei dem Kommentar zu der Überwachungs-Strategie lachte er leicht auf und sah noch einmal auf die Klingelknöpfe. „Ich hoffe einfach mal für ihn, dass er wirklich nur etwas spät dran ist... Sollte er das Treffen vergessen haben, werde ich ihn leider umbringen müssen!“ Sein Blick huschte wieder zu dem Jüngeren und ein sanftes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Klingt gut, es ist wirklich etwas... kühl!“ So folgte er dem Bassisten zu dessen Wagen und kaum war dieser aufgeschlossen sprang er auch schon auf den Beifahrersitz. „Du kannst Dirk ja dazu zwingen, die Batterie das nächste Mal für dich aufzuladen“, grinste der Blonde und kuschelte sich etwas enger in den Sitz. Erst jetzt, wo ihn die warme Luft umgab, spürte er, wie kalt es draußen gewesen sein musste. Er spürte, wie sich auf seinem Körper eine dicke Gänsehaut bildete und es fröstelte ihn leicht. „Und? Hast du deine Texte dabei?“ Grinsend warf er einen Seitenblick auf den Kleineren. „Was sind das eigentlich für Texte, um die du so ein großes Geheimnis machst? Letztes Mal hast du uns ja fast angeknurrt, als wir einen kurzen Blick drauf werfen wollten!“ Kaum hatte sich der Chilene in das Auto gesetzt, merkte er schon, wie ihm langsam wieder warm wurde. Der Unterschied zwischen draußen und drinnen war wirklich beachtlich. Dennoch hoffte er, dass der Drummer bald auftauchen würde, denn immerhin hatten sie noch so Einiges zu tun. „Vergessen? Also ich weiß nicht… Ich glaube, das kann ich mir selbst bei ihm nicht vorstellen.“, entgegnete Rodrigo mit einem Lächeln. In der Tat erschien es ihm schwer vorstellbar, dass Bela ihr Treffen vollkommen vergessen haben sollte. Wahrscheinlich hatte er nur ‚kurz’ irgendetwas erledigen wollen und dann, wie es sehr oft bei ihm der Fall war, die Zeit vergessen. Eine Marotte an dem Schlagzeuger, an den Rod sich nicht nur gewöhnt, sondern die er auch irgendwie lieb gewonnen hatte im Laufe der Zeit – auch, wenn natürlich auch er sich schon so manches Mal darüber aufgeregt hatte. „Wäre eine Idee wert.“ Das mit der Batterie klang eigentlich ganz lustig, weshalb er mit einem leichten Grinsen darüber nachdachte, Dirk zumindest im Scherz danach zu fragen. „Ja… klar hab ich die dabei…“ Rods Stimme klang nun leicht abwesend, da sie zu seinen Texten zurückwanderten. Er war sich noch immer nicht so ganz sicher, ob er ihnen das Lied zeigen sollte. Er hatte natürlich mehr als nur einen Text dabei, doch eines bereitete ihm schon Kopfschmerzen, seit er es geschrieben hatte. Es enthielt ziemlich viele Andeutungen auf Farin und ein bisschen machte er sich schon Gedanken, dass die beiden anderen vielleicht viel nachfragen konnten. Er wollte eigentlich gar nicht darüber nachdenken, warum er diesen Text geschrieben hatte. Aber vielleicht machte er sich auch wirklich zu viele Sorgen. „Zeig ich nachher, wenn Dirk da ist. Und, hast du deine dabei?“ Eigentlich war es eine überflüssige Frage, denn der Blonde würde sowieso perfekt vorbereitet sein. Wahrscheinlich hatte er schon mindestens dreißig Texte fertig. Farin grinste leicht und deutete auf seinen ziemlich zerfledderten Rucksack, welchen er beim Einsteigen in den Fußraum geworfen hatte. „Was denkst du denn? Ich war ein fleißiger Junge, hab ich ja schon erzählt... Hab aber nur die engere Auswahl mitgebracht und sogar noch mal fein säuberlich für euch aufs Papier gebracht. Sonst kommen nur wieder Kommentare wegen meiner Sauklaue!“ Mit einem Grinsen zog er den Rucksack auf seine Knie und öffnete diesen. Jedenfalls versuchte er es... „Scheiß Reißverschluss, der bleibt immer irgendwo hängen!“ Während er an eben genanntem Objekt zog, ja fast schon riss, warf er dem Chilenen einen Blick zu, welcher eine Mischung aus Entschuldigung und unterdrückter Wut war. Schließlich warf er das graue Monstrum zurück auf den Boden und machte eine wegwerfende Handbewegung: „Zeig ich nachher, wenn Dirk da ist!“ Er betrachtete den Dunkelhaarigen eine Weile von der Seite. „Alles okay? Du wirkst irgendwie... Ich weiß nicht... Abwesend. Geht’s dir nicht gut?“ Die Sorge um den Jüngeren war deutlich aus seiner Stimme heraus zu hören. Tatsächlich schien sich die Stimmung des Anderen in den letzten paar Minuten um 180° gedreht zu haben. „Bekommst du etwa eine Erkältung? Grippe? Hast du Fieber?“ Noch bevor Rod irgendwie reagieren konnte hatte Farin sich zu ihm gebeugt und lehnte seine Stirn nun prüfend an die des Bassisten: „Hmm... Etwas warm vielleicht...“ Rod konnte nicht umhin, leicht zu lachen. Sauklaue. Er empfand die Schrift des Blonden gar nicht als Sauklaue, zumal seine eigene nicht unbedingt das Gelbe vom Ei war. Nein, seine eigene Handschrift mochte eine Sauklaue sein – aber doch nicht die von Jan. Nein, dessen Handschrift war einfach perfekt, so wie alles andere an ihm auch. Na gut, es hatte wirklich jeder von ihnen seine Macke, doch wenn er bei Bela über diese hinweg sehen konnte, dann bei Farin erst recht. Und doch konnte er tief in sich drin nicht leugnen, dass es ihn verletzte, dass der Gitarrist einfach alles vergessen zu haben schien. Hatte ihnen ihre Nacht denn so wenig bedeutet? Ja, sicher, er hatte seinen Namen nicht gesagt und war am nächsten Morgen verschwunden und es war auch eine Menge Zeit vergangen, doch irgendwas sagte Rod, dass Farin vermutlich auch nicht besonders oft mit Männern geschlafen hatte. Er musste sich doch irgendwie erinnern… Doch das tat er ganz offensichtlich nicht. „Kein Problem. Und ja, tu das. Ist wohl nur gerecht, wenn ich meine Texte auch erst dann zeig.“ Als der Blonde seine Stirn berührte und ihn besorgt anblickte, lächelte der Chilene leicht. Er genoss diese Berührung und dennoch hätte er seinen Kopf am liebsten zurückgezogen, als er spürte, wie er leicht errötete. „Doch, mir geht’s gut. Mach dir keine Sorgen, Jan. Es ist alles in Ordnung.“ Der Blonde sah ihn noch immer zweifelnd an. Gut, Rods Stirn war nicht beunruhigend heiß, wirklich nur etwas warm und selbst das konnte daran liegen, dass er - im Gegensatz zu Farin - die letzten Minuten im warmen Auto verbracht hatte und seinen Körper nur kurz der kalten Januarluft ausgesetzt hatte. Und doch schien etwas nicht zu stimmen. „Wenn etwas ist... Egal was... Du weißt, ich bin für dich da. Und Dirk auch.“ Er machte eine kurze Pause und sah dabei zu der noch immer geschlossenen Haustür, bevor er fortfuhr: „Also... Meistens... Mehr oder weniger... Du weißt, was ich meine!“ Wieder sah er zu dem Chilenen und lächelte diesen sanft an. „Fühl dich zu nichts gezwungen... Hauptsache du weißt es.“ Spielerisch zerzauste er ihm das Haar, wie er es immer wieder gerne tat. Die schwarzen Strähnen schienen eine besondere Anziehungskraft auszustrahlen aber gleichzeitig riefen sie in ihm eine Erinnerung hervor an die er sich nicht erinnern konnte, so absurd es auch klang. Mal war es eine Aussage, mal ein Bild, aber nie war es greifbar. Noch bevor er darauf eingehen konnte, sich damit befassen konnte, war es wieder weg. Natürlich war dies nicht nur der Fall wenn er den Jüngeren etwas neckte, es konnten auch ganz alltägliche Situationen sein. Mit einem Kopfschütteln befreite er sich von seinen Gedanken und sah wieder in die dunklen Augen des Bassisten. „Warum rufen wir ihn eigentlich nicht mal an? Also auf dem Handy versteht sich... Und kurz bevor er kommt stellen wir uns vor die Tür und machen ihm ein schlechtes Gewissen indem wir behaupten die ganze Zeit in der Kälte gestanden zu haben!“ Farins Hand war noch immer ziemlich kalt durch seine Wartezeit draußen, doch Rodrigo wusste, dass dies nicht der Grund war, weshalb ihm selbst gerade ein leichter Schauer über den Rücken lief. Es war die Berührung an sich, die Tatsache, dass er ihn überhaupt erst berührte. Und doch weckte die Berührung des Anderen doch nur wieder Erinnerungen wach, von denen er keine Ahnung hatte, wie er mit ihnen umgehen sollte. Als er die Worte des Gitarristen hörte, fühlte er sich irgendwie ertappt, denn natürlich war ihm anzumerken, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, doch der Chilene konnte dem Blonden ja schlecht sagen, dass er über ihre gemeinsame Nacht nachdachte, wo dieser sich offensichtlich gar nicht mehr an diese erinnerte, was vielleicht auch ganz gut so war. Rod wollte eigentlich gar nicht wissen, was sein würde, wenn der Größere mitbekommen würde, wer er war und wie intim die beiden schon einmal miteinander gewesen waren. Nun ja, mit Dirk hätte er vielleicht darüber reden können, das stimmte schon, doch so richtig wusste er auch nicht dessen Reaktion einzuschätzen und außerdem hatte er Angst, dass er dann versuchen würde, die beiden Größeren zu verkuppeln – eine Sache, die in den Augen des Bassisten eigentlich nur hätte schief gehen können. „Ja… Natürlich weiß ich das. Aber es ist wirklich nicht. Mach dir keine Sorgen, Jan. Mir geht es wirklich gut. Wirklich.“ Besonders schlau kam sich Rod nicht dabei vor, das alles so genau zu betonen, denn irgendwie machte ihn das nur noch unglaubwürdiger, aber jetzt konnte er ja auch schlecht rückgängig machen, was er gesagt hatte. Schließlich musste er wieder lachen. Eigentlich klang die Idee des Älteren ja ganz viel versprechend. „Okay, ruf ihn an. Und dann stellen wir uns vor die Tür. Aber vorher müsste ich mein Auto noch wegfahren, sonst kommt er noch auf den Gedanken, dass wir bestimmt die ganze Zeit hier drin waren.“ Er lachte noch immer. Auch Farin lächelte. Zwar wirkte Rod noch immer etwas ‚seltsam’, doch wenigstens lachte er wieder. Vielleicht beschäftigte ihn auch etwas, womit er erstmal selbst klar kommen musste bevor er sich irgendwem anvertraute. Aber selbst wenn, er wusste, dass die anderen für ihn da waren. Mit einem Grinsen zog der Blonde sein Handy aus der Tasche und suchte die Nummer des Drummers raus: „Vielleicht solltest du blasen während ich telefoniere.“ Es dauerte eine Weile bis ihm die Zweideutigkeit dieser Aussage auffiel, eigentlich war es der Gesichtsausdruck des Kleineren der ihn dazu veranlasste seine Worte noch einmal in Gedanken zu wiederholen. „Also ins Handy! Damit er denkt der eisige Wind pfeift mir um die Ohren! Du weißt schon... Nur so leicht blasen... Also pusten! Mit dem Mund... Also mit Luft!“ Er wusste nicht wieso, doch irgendwie war die Situation mehr als peinlich. Bei Bela hätte er nicht lange auf eine Retourkutsche warten müssen, aber Rod war nun mal anders und genau das liebte er so an ihm. Wieder waren es seine eigenen Gedanken die ihn völlig aus dem Konzept brachten. Lieben? Ja, aber auf freundschaftliche Art! Unauffällig befühlte er seine Stirn, ob nicht vielleicht ER die Person mit dem Fieber war. "Also, ich ruf ihn dann mal an", nuschelte der Blonde und wählte die Nummer des Älteren. Es dauerte auch nicht lange bis dieser abhob, wobei seine Begrüßung fast schon als Beleidigung hätte rüber kommen können: „FUCK!“ Auch, wenn sie noch ziemlich viel zu tun hatten, konnte Rod nicht ganz umhin, sich zu wünschen, dass Bela erst viel später kommen würde, damit sie noch ein bisschen Zeit zusammen verbringen konnten, auch, wenn der Gedanke eigentlich vollkommen schwachsinnig war, außerdem musste Rod eigentlich endlich versuchen, von seinen Gefühlen zu dem Blonden loszukommen. Schon viel zu lange war er mit diesen beschäftigt und das durfte einfach nicht sein. Kaum hatte Farin das mit dem Blasen ausgesprochen, starrte Rod ihn an. Hatte er jetzt schon Halluzinationen oder hatte der Gitarrist gerade WIRKLICH gesagt, dass er blasen sollte?! Nein, das konnte er nicht gesagt haben. Langsam merkte der Jüngere, wie sein Gesicht mehr und mehr die Farbe einer Tomate annahm, weshalb er sich leicht abwandte, schließlich musste der Andere ja nicht unbedingt bemerken, dass er knallrot geworden war – auch, wenn er es wahrscheinlich dennoch gesehen hatte. Als der Blonde die Situation aufgeklärt hatte, musste der Chilene wieder leicht lachen. „Ach so, ja, klar!“, meinte er dann und kam sich auch schon doof vor, weil er so merkwürdig reagiert hatte. In der Tat fing er dann an, ins Handy zu pusten, als Farin anfing, mit dem Älteren zu telefonieren. Deutlich hörte der Bassist Belas ‚Begrüßung’, worauf ein Grinsen über sein Gesicht huschte. Er entfernte sein Gesicht wieder etwas weiter von dem Handy und sagte: „Wir hätten eine Wärmflasche mitbringen sollen. Oder eine Heizdecke. Oder eine tragbare Heizung.“ Bela erstarrte für einen Moment am anderen Ende der Leitung. Wie lange hatten die beiden wohl schon warten müssen. Rodrigo hingegen wartete wieder einen kurzen Moment ab, um dann wieder in das Handy zu pusten. Nur schwer konnte Farin ein Lachen unterdrücken, als der Chilene neben ihm tatsächlich auf die Idee einging. „Ach, du lebst ja doch noch! Und wo treibst du dich rum?“ Farin konnte förmlich hören wie der Drummer schuldbewusst auf seiner Unterlippe rumkaute: „Ich wollt noch kurz was zu trinken holen... Aber dann hab ich gesehen wie günstig das Benzin ist... Und ich wollte mir ja schon lange ein neues Regal holen, weil bei dem anderen ja etwas kaputt ist... Und das Bier hab ich auch vergessen... Wartet ihr schon lange?“ Schon als Bela mit der Erklärung angefangen hatte, die sich mehr nach irgendwelchen Ausflüchten anhörte, hatte Farin den Lautsprecher aktiviert, damit Rod zuhören konnte. „Lange? Naja, wir waren mal wieder pünktlich und pünktlich war vor knapp einer halben Stunde! Wir wollten das Treffen bei dir machen damit du keinen Anfahrtsweg hast, der zu einer Verspätung deinerseits führen könnte... Und jetzt kommst du doch zu spät!“ Mit einem leichten Grinsen warf der Blonde einen Blick auf Rod und zwinkerte ihm leicht zu. Es war fies von ihnen den Drummer so hinters Licht zu führen, aber er würde es ihnen schon verzeihen... falls er je rausbekommen sollte, dass alles anders war. „Ja, ich bin schon auf dem Rückweg... Gebt mir 10 bis 15 Minuten, dann bin ich bei euch!“ Noch bevor Farin etwas erwidern konnte, hatte der Ältere aufgelegt. „Tja... Und was machen wir jetzt?“ Leicht lächelnd wandte der Gitarrist sich dem Jüngeren zu. Einen Moment waren ihre Gesichter sich nah, sehr nah sogar und er konnte den Atem des Anderen auf seinen Lippen spüren. Sofort kamen ihm etliche Ideen was sie in der verbleibenden Zeit machen konnten, doch dafür würden 15 Minuten sicher nicht ausreichen. Um seine Verlegenheit zu überspielen räusperte er sich leicht und strich sich mit gespreizten Fingern durchs Haar. Eigentlich war es ja wirklich ziemlich gemein von ihnen, den Drummer so aufs Kreuz zu legen, doch Rod konnte nicht leugnen, dass es ihm irgendwie Spaß machte. Er wusste nicht, ob es der Spaß an sich war oder vielleicht auch, etwas zusammen mit Farin zu machen, doch es war auch nicht weiter wichtig. Fakt war: Es machte Spaß. Und aus genau diesem Grund pustete der Chilene weiterhin brav in das Handy, wobei er einen ziemlichen Lachkrampf unterdrücken musste. Als er den schuldbewussten Klang in der Stimme des Kleineren bemerken konnte, nachdem der Gitarrist das Handy auf Lautsprecher gestellt hatte, war er kurz davor, mit dem Blasen aufzuhören, doch es machte ihm einfach wirklich viel zu viel Spaß. Nachdem der Drummer aufgelegt hatte, bemerkte Rodrigo erst, wie nahe er dem Blonden war und für einen Moment wusste er nicht, wie er darauf reagieren sollte. Wieder merkte er, wie er leicht errötete und er wünschte diese Eigenschaft, in unangenehmen und peinlichen Situationen die Farbe einer Tomate anzunehmen, dahin, wo der Pfeffer wächst, denn irgendwann würde sie ihn womöglich noch verraten und das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. Er blickte in die Augen des Älteren und wandte dann leicht beschämt das Gesicht wieder ab. Auch ihm wären so einige Dinge eingefallen, die er jetzt gerne mit dem Größeren gemacht hätte, doch er war sehr weit davon entfernt, diese zu nennen. „Hm… Ich weiß nicht. Wir könnten mein Auto schon mal wegfahren, damit er keinen Verdacht schöpft und dann könnten wir wieder hierher laufen und vor seiner Tür warten.“ Er lächelte leicht. Farin nickte leicht, er war froh über diesen vermeintlichen Themenwechsel. „Ja, suchen wir dir einen Parkplatz. Also einen neuen. Vielleicht bleibt der hier dann eine Weile frei, dann stellen wir uns genau davor und gucken ganz elend.“ Ein Lächeln huschte über seine Lippen. „Aber zieh dich warm an, ich will nicht, dass du krank wirst!“ Mit der rechten Hand tastete der Gitarrist nach dem Gurt und schnallte sich schließlich an. „Versuch es in der kleinen Querstraße, da hab ich meinen Wagen auch abgestellt und da war noch einiges frei. Dann muss nachher wenigstens niemand allein zum Wagen und ich kann etwas auf dich aufpassen!“ Er klopfte dem Kleineren leicht auf die Schulter, bevor er sich umdrehte und die Straße entlang spähte. „Kannst raus, kommt nix!“ Er wandte sich wieder nach vorne um und warf einen Seitenblick auf den Chilenen. Zwar war noch immer etwas wie Anspannung in seinen Gesichtszügen abzulesen, doch es schien innerhalb der letzten Minuten abgenommen zu haben. „Ich bin froh, dass wir jetzt an dem Album arbeiten... Irgendwie hat es mir doch gefehlt, etwas mit euch zu unternehmen. Vielleicht sollten wir das wieder häufiger machen, müssen es ja nicht gleich übertreiben. Hauptsache, wir sehen uns wieder mehr als einmal im Monat.“ Vielleicht war es auch das, was den Kleineren belastete. Sie hatten eine schwere Zeit hinter sich, standen kurz vor einer erneuten Auflösung und seit der letzten Tour waren sie sich - gelinde ausgedrückt - aus dem Weg gegangen, so gut es ging. Am Anfang war diese Pause für Farin die reinste Erholung, doch mit jedem weiteren Monat fehlte ihm etwas. Doch bis jetzt hatte er nie drüber nachgedacht, dass es den anderen beiden auch so ergangen war. Wieso auch, immerhin hatten sie sich wie immer verhalten, als sie sich nach dieser Zeit getroffen hatten. Zwar wirkten alle etwas aufgedreht, aber das war nun wirklich nichts Neues. Nachdenklich musterte er Rod. Er war der sensibelste von ihnen, dessen war Farin sich sicher. Und der Gedanke, dass der Bassist in dieser Zeit gelitten hatte, tat ihm irgendwie weh. „Du hast mir ganz schön gefehlt, weißt du das?“ Dass der Blonde sich Sorgen um ihn zu machen schien, fand Rod ziemlich rührend und er konnte auch nicht leugnen, dass es ihm gefiel, doch irgendwie wurde ihm zugleich auch wieder ein bisschen unbehaglich. Er war einfach hin- und hergerissen zwischen der Unbehaglichkeit, was seine Gefühle anging und der Tatsache, dass er eben einfach gerne von Farin beachtet wurde, vollkommen gleich, in welcher Art und Weise. Nun ja, und wenn er sich Sorgen um ihn machte, dann konnte man nun mal nicht leugnen, dass er ihn beachtete. Als der Gitarrist das mit dem Aufpassen erwähnte, stutzte der Jüngere dennoch ein wenig. „Wieso willst du auf mich aufpassen?“, fragte er, während er sein Auto aus der Parklücke fuhr und es zu der Seitenstraße steuerte, die der Ältere gerade erwähnt hatte. Auch Rod konnte sich noch daran erinnern, dass man dort meistens einen Parkplatz finden konnte. „Ja… Darüber bin ich auch froh…“, gestand er. Es stimmte – die beiden Älteren hatten ihm wirklich gefehlt. Gut, es hatte eine Zeit gegeben, wo sich die Drei ziemlich auf die Nerven gegangen waren und auch er selbst hätte sie so manches Mal am liebsten gegen irgendeine Wand geklatscht, doch Dirk und Jan waren und blieben eben seine besten Freunde – und die Wahrheit war, dass sie ihm alle beide ziemlich gefehlt hatten. Doch jetzt, wo sie ein neues Album machen würden, hatten sie auch wieder einen guten Grund, viel Zeit miteinander zu verbringen und einfach wieder zu dritt Spaß zu haben. Bei dem letzten Satz des Gitarristen hätte Rod fast die Bremse mit dem Gaspedal verwechselt und somit fast eine Vollbremsung eingelegt, doch er schaffte es gerade noch, sich zu beherrschen und nichts Dummes zu tun – immerhin wollte er ja nicht, dass sie noch gegen irgendeine Straßenlaterne fuhren oder dergleichen. Erst einmal manövrierte er seinen Wagen in eine Parklücke, die er gerade entdeckt hatte, bevor er anhielt und den Motor abstellte. „Ähm… Ja… Du hast mir auch gefehlt… Also… Ihr beide.“ Der Blonde lächelte leicht und lehnte sich etwas im Sitz zurück. „Sorry, aber ich musste es einfach mal sagen... Manchmal habe ich das Gefühl zwischen uns allen bleiben viel zu viele Sachen unausgesprochen...“ Er schüttelte leicht den Kopf und lachte verlegen auf. „Man, jetzt kling ich richtig wehleidig... Da ist ein Parkplatz! Und mein Auto!“ Mit einem Grinsen deutete der Gitarrist auf eine Parklücke, welche direkt links von seinem eigenen Wagen frei war. „Hey, der war vorhin aber noch nicht da. Wohl ein Wink des Schicksals oder so. Ich soll dich nachher sicher zu deinem Wagen bringen.“ Plötzlich wurde Farin nachdenklich und sein Blick war auf das Handschuhfach gerichtet. „Es könnte allerdings spät werden, wenn wir alles durchsprechen... Und jetzt, wo unser lieber Dirk sich verspätet... Vielleicht hat er ja noch ein Bett für uns frei! Dann musst du dich nicht mehr hinters Lenkrad setzen und kannst sogar ein paar Bierchen trinken.“ Beim letzten Teil verzog er leicht das Gesicht, beließ es allerdings dabei. Während der Chilene seinen Wagen in die Parklücke bugsierte sammelte Farin seine Sachen ein und löste den Sicherheitsgurt. „Ich mach mich auch nicht breit, versprochen. Und die Decke klau ich dir auch nicht. Man könnte sagen, ich bin sehr pflegeleicht.“ Bei der Erwähnung des letzten Wortes lachte er leicht auf, bis ihm bewusst wurde, dass bis jetzt ja niemand abgesehen von ihm selbst seine neuen Texte kannte. „Ach ja... Jetzt wirst du mich für bekloppt halten. Also... Wenn du die Texte siehst, wirst du es verstehen... Und mich für noch bekloppter halten!“ Ja, es blieben wirklich so einige Dinge unausgesprochen. Er wusste nicht, wieso Farin dieses Gefühl hatte, doch wahrscheinlich ahnte der Blonde nicht einmal in seinen kühnsten Träumen, wie viel Rod ihm wirklich nicht sagte. Doch wie hätte das auch aussehen sollen? Farin seine Gefühle gestehen, wo dieser sich nicht einmal an ihre gemeinsame Nacht erinnern konnte? Zugeben, auf Männer zu stehen, wo er all die Jahre etwas vollkommen anderes vorgegeben hatte und wo ihre gemeinsame Nacht für Farin sicherlich ein absoluter Ausnahmefall gewesen war? Nein, das ging einfach nicht. Selbst in den Gedanken des Chilenen klang dieses Szenario absolut absurd. Ja, absurd, das war wirklich das allerbeste Wort dafür. Dass die anderen sein Verhalten dadurch vielleicht manchmal merkwürdig finden mochten, musste er dabei in Kauf nehmen, doch es gab Schlimmeres. Er würde es schon überleben. Bisher hatte ihn sein merkwürdiges Benehmen zwar manchmal in unangenehme Situationen gebracht, doch waren sie bisher niemals so schlimm gewesen, dass er das Bedürfnis gehabt hätte, alles zu erklären. „Wieso? Woran denkst du da?“, fragte er vorsichtig nach, „Was sollte unausgesprochen bleiben?“ Die Meinung des Anderen hierzu interessierte ihn wirklich ziemlich, denn was genau dieser damit meinte, konnte er auch nicht so ganz nachvollziehen. Plötzlich war er ziemlich froh darüber, den Wagen schon abgestellt zu haben, denn spätestens JETZT hätten sie wohl wirklich Bekanntschaft mit einer Straßenlaterne gemacht. Dort übernachten? Mit Bela in einem Bett schlafen – okay. Doch mit Farin? „Ja… Vielleicht.“, sagte er nur knapp, doch dann kam es ihm so vor, als hätte er Farin irgendwie ungerecht behandelt. „Tut mir Leid, das sollte nicht so abweisend klingen. Ich weiß auch nicht, was gerade mit mir los ist. Vielleicht bin ich nur müde von der langen Fahrt.“ Als der Blonde lachen musste, lachte Rodrigo ebenfalls, nachdem der Andere es erklärt hatte. „Ja, davon bin ich überzeugt. Wobei ich sagen muss, dass mich bei dir glaub ich gar nichts mehr überraschen würde.“ Farin stieg aus dem Wagen und schnappte sich seine Sachen. „Also um noch mal auf die Sache mit den unausgesprochenen Gedanken zurück zu kommen“, er hievte sich den Rucksack über die linke Schulter und zog den Reißverschluss seiner Jacke wieder hoch. „Also zum Glück war es bei uns noch nie der Fall, dass wir etwas gesagt haben, weil wir wütend waren und was wir eigentlich gar nicht so meinten. Dirk meinte jede Beleidigung ernst“ Der Blonde lachte leicht, er konnte irgendwie nicht ernst bleiben. „Sorry! Also was ich meine... Wir sagen keine negativen Sachen, aber auch keine positiven. Oft ist alles für uns zu selbstverständlich. Es war selbstverständlich für mich, mit euch im Studio, auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen. Aber das hab ich erst bemerkt, als mein Motorrad ein wenig überhitzt war und ich zwei Stunden im Nirgendwo festsaß. Ich hab da über vieles nachgedacht, hab ein paar Texte geschrieben und so was, aber die meiste Zeit hab ich daran gedacht, was wäre, wenn es kaputt gehen würde. Was würde ich dann machen? Und soll ich dir was sagen?“ Er wartete, bis der Dunkelhaarige ausgestiegen war und stützte sich mit einem Arm auf dem Autodach ab, um sich etwas zu Rod beugen zu können: „Ich hab die Antwort noch immer nicht gefunden.“ Obwohl er wenige Sekunden zuvor noch etwas rumgeblödelt hatte, war sein Gesichtsausdruck jetzt viel ernster. Er wirkte nicht grimmig oder dergleichen, wer ihn gut kannte konnte das Strahlen seiner Augen sehen, welches besonders häufig auftauchte, wenn er sich über etwas freute. Und tatsächlich schien er sich zu freuen, was fast schon absurd war: Er wusste etwas nicht, hatte keine Antwort auf die Frage, die ihn seit Monaten beschäftigte... und freute sich darüber? Nur wer ihn gut kannte verstand dieses 'Phänomen'. Diese Frage, oder besser die fehlende Antwort bewiesen ihm, dass er die Band, die Musik und vor allem seine beiden besten Freunde eben NICHT als eine Selbstverständlichkeit sah. Sonst hätte er bereits tausende von Antworten gefunden. Mit einem 'So!' schlug er leicht auf das Dach des Wagens und stieß sich gleichzeitig etwas davon ab. „Und mach dir wegen der Sache mit den Schlafplätzen keine Gedanken, Dirk hat doch noch eine Wanne!“ Mit einem Grinsen blieb der Blonde auf dem Bürgersteig stehen und sah über seine Schulter zu Rod, während er auf diesen wartete. „Und in der wird er sicher gerne schlafen damit ich es kuschelig warm in seinem Bett habe!“ Erst einmal noch schweigend nahm Rod die Worte des Älteren zur Kenntnis. Ja, er hatte wohl Recht – zwischen ihnen schien sehr vieles selbstverständlich zu sein, wahrscheinlich sogar zu vieles. Doch auf der anderen Seite wirkte es wahrscheinlich auch nur so, denn Rod empfand seine beiden besten Freunde keineswegs als selbstverständlich. Nun ja, vielleicht vermittelte er ihnen manchmal einen solchen Eindruck, wenn sie sehr viel Zeit miteinander verbrachten und zu viele Gelegenheiten hatten, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen, doch er sah es eigentlich gar nicht so. Er war viel zu glücklich darüber, die beiden zu haben, zumal er überhaupt glücklich und auch dankbar für das Leben, das er führte, war. Als er noch ein Kind gewesen und gerade erst nach Deutschland gekommen war, hatte er sich schließlich niemals träumen lassen können, dass er irgendwann einmal in einer bekannten Band spielen würde. Und doch hatte er Einiges erreicht und darauf war er stolz, doch vor allem war er eben wie gesagt auch dankbar für Jan und Dirk, auch, wenn er es ihnen nicht so wirklich oft sagte. Er verließ sich einfach darauf, dass sie es auch so wussten. Aber war es nicht gerade so was, das ihre Freundschaft selbstverständlich erscheinen ließ. „Also ich sehe es nicht als selbstverständlich oder so was. Ich bin froh, euch beide zu haben, wirklich.“, sprach er daher dann doch noch einmal direkt aus, was ihm gerade durch den Kopf gegangen war. Doch leider war da noch immer dieser leicht quälende Gedanke, dass er für den Blonden gerne noch viel mehr gewesen wäre als nur einer seiner besten Freunde… Es war wirklich ätzend, dass er seine Gedanken daran einfach nicht loswerden konnte. „Vielleicht gibt es ja auch gar keine Antwort darauf.“, entgegnete er mit einem sanften Lächeln, doch auch, wenn er lächelte, war sein Gesichtsausdruck so ernst wie die Worte, die er gesagt hatte, denn in der Tat dachte er darüber nach, ob es auf diese Frage überhaupt eine Antwort gab – eben gerade weil das alles eben doch keine Selbstverständlichkeit war. Der Kommentar mit der Wanne war mal wieder typisch für den Gitarristen und auch, wenn ihm der Gedanke, mit diesem in einem Bett zu schlafen, noch immer irgendwie merkwürdig vorkam, denn er hatte solche Situationen in den ganzen letzten Jahren vermieden, wenn er gekonnt hatte, um seine Erinnerungen zu verdrängen, wollte er nicht dagegen protestieren. „Naja, wenn du meinst.“ Er grinste nun leicht. „Uns wird schon etwas einfallen.“ Und vielleicht würde es ja doch ganz lustig werden. Bela konnte ja auch in der Mitte schlafen… Der Blonde wartete bis Rod neben ihn getreten war und legte ihm freundschaftlich einen Arm um die Schultern. „Das weiß ich doch... Du bist vielleicht kein Mann der großen Worte, aber man kann so Einiges an deinen Augen ablesen. Also musst du gar nicht immer sagen was du fühlst.“ Gemeinsam traten sie nun endlich den Rückweg an, der zum Glück nicht besonders lang war, wodurch sie bald wieder vor der Haustür des Drummers standen. Rods ehemalige Parklücke war noch immer frei. „Okay, jetzt müssen wir nur noch frierend aussehen, was nicht besonders schwer sein dürfte...“ Farin warf einen Blick auf den Kleineren und sofort trat ein Ausdruck der Sorge auf sein Gesicht. „Deine Lippen zittern... Ist dir so kalt?“ Noch immer hatte er den Arm um seinen Bandkollegen gelegt und er drückte ihn fast automatisch enger an sich. „Wenn du krank wirst, bekommt Dirk die Schuld... Aber ich auch, weil ich dich aus dem warmen Auto geholt habe...“ Er überlegte kurz, wobei er fast schon automatisch eine Braue leicht hoch zog. „Das kann ich nicht verantworten!“, meinte der Gitarrist, während er mit einer Hand seine Jacke öffnete. Lächelnd legte er nun auch den anderen Arm um den Chilenen und drückte ihn sanft an sich, wobei er seine Jacke leicht geöffnet hatte und sie nun am Rücken des Anderen so gut wie möglich zu hielt. „Na also... Besser?“ Fast schon automatisch lehnte er seinen Kopf leicht an Rods und schloss die Augen. „Siehst du? Wir brauchen keine Worte...“ Man konnte Dinge an seinen Augen ablesen? Rod wollte lieber gar nicht wissen, wie viel man ihm manchmal anmerken konnte. Auf der einen Seite war es ganz schön, dass seine Freunde offensichtlich nicht immer Worte brauchten, um ihn zu verstehen, doch auf der anderen Seite war es vielleicht auch nicht immer gerade von Vorteil, ein offenes Buch für die besten Freunde zu sein, denn es gab schließlich auch Dinge, die man lieber ganz für sich behielt – zumindest ging es dem Chilenen hin und wieder so und in seinen Augen war das vollkommen normal, denn vermutlich ging es eigentlich allen Leuten so. Während er seinen Gedanken nachhing, liefen sie gemeinsam zur Wohnung des Drummers, der natürlich noch nicht aufgetaucht war in der Zwischenzeit. Es hätte Rodrigo nicht einmal überrascht, wenn ihm unterwegs doch noch irgendwas Zusätzliches eingefallen wäre, denn Bela war und blieb nun mal auf eine irgendwie liebenswerte Art und Weise vollkommen verpeilt. Doch auch, wenn er es nicht für unmöglich gehalten hätte, rechnete er eigentlich nicht damit, dass der Kleinere sie so schnell wieder vergessen haben sollte. Erst, als der Blonde ihn darauf ansprach, nahm der Bassist so richtig wahr, wie kalt es eigentlich wirklich hier draußen war. Sicher, er hatte es auch schon vorher gewusst, doch es war ihm einfach noch nicht aufgefallen, seit sie das Auto verlassen hatten, um zu der Wohnung zu gehen. Er wollte gerade protestieren und dem Blonden klar machen, dass es schon ginge, doch da hatte dieser ihn schon noch dichter an sich gezerrt und sogar seine Jacke mit ihm geteilt. Seine Jacke… In der Nacht, in der die beiden miteinander geschlafen hatten, hatte Farin seine Jacke an Bela weiter gegeben, weil diesem kalt gewesen war. Die Erinnerung war ganz klar und deutlich in seinem Kopf. So deutlich, dass er wirklich keine Ahnung hatte, wie der Gitarrist so ahnungslos sein und einfach alles vergessen haben konnte. Vielleicht hatte es für ihn eben auch gar keine Bedeutung gehabt. Unwichtige Dinge vergaß man eben schneller. „Ja… Das stimmt…“, antwortete er schließlich auf die letzten Worte des Blonden mit einem Lächeln. „Danke… Du bist wirklich… lieb.“ Die letzten Worte des Kleineren zauberten ein Lächeln auf Farins Lippen und er drückte den Anderen noch etwas fester an sich. „Ach was... Es stimmt doch. Und das find ich toll...“ Nun zog der Blonde den Kopf doch etwas zurück, um Rod in die Augen sehen zu können. „Außerdem macht es mich verlegen, wenn du so was sagst!“ Tatsächlich waren seine Wangen leicht gerötet, was man, hätte er nichts gesagt, auch auf die kühle Luft hätte schieben können. „Hey, werden wir sentimental? Oder sind wir einfach mal offen?“ Er überlegte kurz, schüttelte dann allerdings den Kopf und schmiegte sich wieder an Rod. „Was auch immer... Mir gefällts...“ Ein Seufzen löste sich von seinen Lippen, während er die Augen schloss und die Körperwärme des Kleineren genoss. „Klingt vielleicht komisch, aber irgendwie hat es etwas Vertrautes... Schon als du damals meinen Rasen ruiniert hast...“ Er unterbrach sich kurz und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Damals hatte ich auch schon so ein Gefühl... Nenn es Déjà-vu, Kismet oder sonst etwas... Aber so war es.“ Ein leichtes Lachen erklang und er sah dem Anderen wieder ins Gesicht. „Klingt verrückt, oder? Ich hab dir sofort vertraut, obwohl wir uns kaum kannten...“ Farin schloss die Augen und lehnte seine Stirn an die Schulter des Chilenen. „Ich glaub wirklich, wir werden sentimental...“ Am liebsten hätte der Chilene Farin über den Kopf gestreichelt, ihn ganz fest an sich gedrückt und ihn dann am liebsten auch noch geküsst – doch zumindest den letzten Teil musste er wohl ausfallen lassen. „Naja, ich weiß auch nicht… Ich fand einfach, dass das mal gesagt werden musste… Auch, wenn wir uns, wie wir ja eben festgestellt haben, scheinbar auch ohne Worte ganz gut verstehen.“ Ein leichtes Lächeln huschte wieder über Rods Lippen. Irgendwie war es ja wirklich so, dass sie sich auch wortlos ganz gut verstanden, aber es war eine Tatsache. Als der Blonde schließlich anfing, über den Tag zu reden, an dem sie sich offiziell kennen gelernt hatten, hatte der Bassist das Gefühl, als würde er jeden Moment umkippen. Obwohl es so kalt hier draußen war, fühlte er sich plötzlich, als hätte er Fieber, obwohl dies natürlich nicht der Fall war. Ja, natürlich… Jan hatte ein Déjà-vu-Erlebnis gehabt, das war ja auch gar kein Wunder, immerhin hatten sie schon einmal eine Nacht miteinander verbracht vor sehr langer Zeit. Doch Rod würde den Teufel tun, ihn daran zu erinnern, immerhin hatte er sich das im Stillen geschworen. Nein, das lag wirklich keinesfalls in seiner Absicht. Er musste sich irgendeine andere Erklärung einfallen lassen – und zwar schnell. „Ja… Naja, vielleicht bin ich einfach sehr… ähm… vertrauenserweckend.“ Er grinste leicht, doch auf ihn selbst wirkte es so unecht, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass der Ältere ihm diese Lüge abkaufen würde. Er wusste mehr, doch er wollte es nicht sagen. „Macht doch nichts, wenn wir sentimental werden.“ Nein, im Grunde machte es Rodrigo wirklich nichts aus – doch es gab Dinge, die er bei ihrer geistlichen Zeitreise lieber auslassen würde. Farin lachte leicht auf und zerzauste dem Anderen spielerisch das Haar. „Du bist einfach ein wunderbarer Mensch, wahrscheinlich liegt es daran!“ Einen Moment ließ er seine Hand auf Rods Kopf liegen und lächelte ihn liebevoll an. Dann drückte er ihn wieder an sich und zog die Jacke etwas enger um ihn. „Siehst du? Wenn wir hier schon kuscheln dürfte es doch kein Problem sein wenn wir uns ein Bett teilen. Da kann ich dich ja auch wärmen!“ Farins Kopf ruhte erneut auf Rods Schulter, wodurch er dessen Gesicht nicht sah. Gerade als er erneut zum reden ansetzte erklang ein langes Hupen. Überrascht blickte er auf und hatte schon eine patzige Antwort parat als er bemerkte, wer dort gehupt hatte. „Ach ne... Schau mal einer guck!“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf den grade geparkten Wagen, aus welchem nun der Drummer stieg, auf dessen Gesicht eine Mischung aus Freude und Scham lag. Noch immer hielt Farin den Kleineren an sich gedrückt, selbst als er den etwas verwirrten Blick des Älteren bemerkte. „Na los, wir frieren uns den Hintern ab!“ Um seine Aussage zu bestätigen klapperte er leicht mit den Zähnen und hibbelte auf der Stelle. Mit einem verlegenen lächeln näherte sich Bela seinen beiden Bandkollegen, die eng umschlungen vor der Tür standen. „Sorry, war noch mal kurz beim Supermarkt und hab Tee geholt.“ „Schleimen bringt dich auch nicht weiter, schließ die Tür auf“, grinste Farin und warf einen Blick auf Rod. Unbemerkt von dem Drummer zwinkerte er dem Chilenen zu und zog ihn mit sich zur Tür, während Bela diese aufschloss. Nach wie vor war Rod hin- und hergerissen, ob es ihm gefallen sollte, wie der Blonde gerade mit ihm umging oder nicht. Auf der einen Seite war es wirklich wunderschön, doch zugleich hatte er eben auch Angst, sich irgendwie zu verraten – das wäre schließlich kein Wunder gewesen, so rot, wie er manchmal wurde und so merkwürdig, wie er sich manchmal verhielt. Doch vollkommen gleich, wie sehr er sich auch anstrengen mochte, dass es nicht auffiel, was er wirklich empfand, es wollte ihm einfach nicht gelingen. Zum Glück hatten seine Freunde sein Verhalten aber wenigstens noch nicht richtig deuten können. Und wenn ihre Gedanken in die richtige Richtung gegangen wären, so hätten sie wohl einfach vermutet, dass Rod in irgendeine Frau verliebt gewesen wäre. Eine Frau… ja, er hatte die letzten Jahre viel Energie darauf verwendet, darauf zu achten, dass auch ja nicht der Eindruck entstehen konnte, dass der Ärzte-Bassist möglicherweise hätte schwul sein können. Und soweit er das selbst beurteilen konnte, hatte er seine Rolle eigentlich auch ganz gut gespielt. Endlich tauchte der Drummer auf. Als dieser verkündete, er hätte noch Tee gekauft, konnte sich der Chilene ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Also war ihm unterwegs wirklich noch etwas eingefallen – auch, wenn es wohl eher ein Versuch war, Farin glücklich zu stimmen. Frierend auszusehen fiel ihm nicht besonders schwer, immerhin klapperten seine Zähne ohnehin schon und er war ganz glücklich darüber, jetzt endlich die Wohnung des Kleineren betreten zu können. „Hi…“, begrüßte er Bela daher nur, lächelte leicht und folgte den beiden Älteren hinein. Mehr sagte er erst einmal nicht, denn in einer Sache hatte der Blonde mit Sicherheit Recht gehabt: Rodrigo war wirklich kein Mann großer Worte. Knapp eine Stunde später saßen sie um den Esstisch des Drummers versammelt, welcher unter der riesigen Pizzaschachtel, Tellern, Gläsern, Tassen und den etlichen Stapeln Papier kaum noch zu sehen war. „Ah, Rod, ich wollte dir doch noch etwas zeigen! Warte... Ich habs gleich!“ Farin schnappte sich einen der besonders großen Stapel und blätterte diesen durch, wobei er bei jedem falschen Blatt ein leises 'Nein' von sich gab. Er hatte fast das Ende erreicht, als er mit einem triumphierenden Grinsen einen Zettel raus zog und diesen dem Jüngeren entgegen streckte: „Den meinte ich vorhin!“ Er meinte damit den Songtext, welchen er bereits im Auto erwähnt hatte, was schon eine Weile zurück lag. Bela, der dieser Unterhaltung nicht ganz folgen konnte, ließ den Blick über den Tisch schweifen, als würde er etwas Besonderes suchen. Ein Stück Papier, welches dicht bei Rod lag, weckte seine Neugier. „Hey, was ist das denn?“ Noch bevor der Chilene irgendwie reagieren konnte, hatte der Drummer sich den Zettel geschnappt. „Wolltest du den vor uns verstecken? Oder warum lag der so unter deinem Teller?“ Rod nahm gerade einen Schluck von seinem Bier, als er hörte, wie er von Farin angesprochen wurde. Als dieser das Wort ergriff, fiel auch dem Chilenen wieder ein, dass er ihm ja einen Text hatte zeigen wollen, wegen dem er vorhin angefangen hatte zu lachen. Auch der Bassist musste lachen, als er einen Blick auf das Papier warf. Ja, das war wirklich typisch für den Blonden. Es war ein total absurder Text und das Wort 'pflegeleicht' spielte wirklich so etwas wie eine zentrale Rolle in dem Song. Eigentlich total schwachsinnig, doch das passte eben zu dem Gitarristen und Rod musste auch wirklich herzhaft darüber lachen. „Du hattest Recht. Ich halte dich jetzt WIRKLICH für noch bekloppter. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.“, verkündete er mit einem Grinsen im Gesicht, wobei er leicht den Kopf schüttelte. Als Bela sich einen Zettel grabschte, der unter Rods Teller gelegen hatte, verstummte dieser plötzlich und blickte den Drummer nur an. Natürlich wusste er, welchen Zettel der Ältere da in der Hand hatte, doch was er nicht so ganz wusste, war, wie er darauf jetzt reagieren sollte. Er war sich nicht sicher gewesen, ob er den beiden den Text zeigen sollte, doch der andere Schwarzhaarige hatte ihm diese Entscheidung jetzt ohnehin unbewusst abgenommen. Auf der einen Seite mochte er den Text, den er geschrieben hatte, eigentlich – doch er war zugleich auch sehr persönlich, auch, wenn er dies natürlich niemals zugeben würde. Der Schlagzeuger las sich derweil den Text durch. Das Blatt trug die Überschrift „Unser Weg“ und man sah, dass Rod immer wieder einige Änderungen am Text vorgenommen hatte. Bela überraschte das nicht weiter, erstens war das ein ganz normaler Vorgang und zweitens war es kein besonders großes Geheimnis, dass Rod sich meistens eher schwer tat, wenn es ums Texten ging. Schweigend las er sich den Text durch: Strophe 1: Ich bin müde, mein Kopf ist leer. Ich kann nicht schlafen... Denn mein Herz, es schmerzt so sehr. Immer wieder denk ich an uns're Nacht zurück. Es war nicht lange... Nur ein paar Stunden voller Glück. Jetzt siehst du mich an, doch du siehst mich nicht. Und genau das tut weh, denn ich liebe dich! Strophe 2: Dies ist unser Weg, die Laternen erleuchten ihn. Doch du, du nimmst 'ne Abzweigung... Und ich, ich lass dich zieh'n. Du hast alles vergessen was damals zwischen uns war! Nun bist du bei mir... Doch es scheint als wärst du gar nicht da. Jetzt siehst du mich an, doch du siehst mich nicht. Und genau das tut weh, denn ich liebe dich! Refrain: Es waren du und ich - und viel mehr nicht, doch es war uns're Nacht. Und immer wieder wünsch' ich mir wir wären niemals aufgewacht! Jetzt steh'n wir hier und wir seh'n uns an; was ist nur passiert? Hat unser Weg am Ende in verschied'ne Richtung'n geführt? Strophe 3: Du lachst mich an, doch es ist nur freundschaftlich. Und ich lache zurück... Doch im Innern schreie ich. Öffne endlich die Augen und schau mich richtig an! Ich halt's nicht mehr aus... Ich verzweifle noch daran! Und jetzt siehst du mich an, doch du siehst mich nicht. Und genau das tut weh, denn ich liebe dich! Refrain: Es waren du und ich - und viel mehr nicht, doch es war uns're Nacht. Und immer wieder wünsch' ich mir wir wären niemals aufgewacht! Jetzt steh'n wir hier und wir seh'n uns an; was ist nur passiert? Hat unser Weg am Ende in verschied'ne Richtung'n geführt? Refrain: Es waren du und ich - und viel mehr nicht, doch es war uns're Nacht. Und immer wieder wünsch' ich mir wir wären niemals aufgewacht! Jetzt steh'n wir hier und wir seh'n uns an; was ist nur passiert? Hat unser Weg am Ende in verschied'ne Richtung'n geführt? Jetzt steh'n wir hier und wir seh'n uns an; was ist nur passiert? Ist es immer so, dass man am Ende verliert...? Noch immer schweigend musterte er Rod einen Moment und reichte das Blatt dann an den Blonden weiter. Farin nahm das Blatt entgegen und sah sich den Text auf diesem an. "Unser Weg", murmelte er, nachdem er die Überschrift, den vermeintlichen Titel des Liedes gelesen hatte. Schnell las er den eigentlichen Text, ließ ihn kurz auf sich wirken und las ihn erneut. Das machte er häufiger so, da ein Text beim zweiten Mal ganz anders auf einen wirken konnte, war er dann doch schließlich nicht mehr fremd für einen. „Also mir gefällt er!“ Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Blonden, als er den Text zurück an Rod gab. „Es tut richtig gut mal wieder was Romantisches von dir zu lesen. Aber irgendwie ist das auch traurig...“ Er überlegte etwas, wobei er den Kopf leicht in den Nacken legte. „An den Erfolg vom 1/2 Lovesong wirst du sicher nicht ran kommen, das ist einfach unmöglich. Aber trotzdem gefällt mir das Lied!“ Auch Bela hatte leichte Zweifel: „Ja, 1/2 Lovesong ist nunmal dein Lied. Es ist fast schon ein Markenzeichen von dir. Ich mag den Text, wirklich!“ Schnell hob der Drummer die Hände und sah dem Chilenen in die Augen. „Es war nur ein Gedanke...“ Er warf Farin einen Blick zu, als wolle er, dass dieser sich auch noch einmal dazu äußert, doch der Blonde starrte abwesend aus dem Fenster. „Jan?“ Bei der Erwähnung seines Namens zuckte der Gitarrist zusammen und drehte sich schnell um: „Ja, anwesend?“ Erst an den Blicken der anderen beiden bemerkte er, dass er wohl geträumt hatte. „Tut mir Leid, hab ein wenig überlegt. Also wir sollten Rods Text auf jeden Fall in die engere Auswahl packen! Du kannst uns ja nachher mal zeigen, was für eine Melodie du im Kopf hattest!“ Er lächelte kurz, bevor er wieder hinaus sah, wo ein leichter Schneeregen das Licht der Straßenlaternen verschwimmen ließ. Dies ist unser Weg, die Laternen erleuchten ihn... Der Text des Jüngeren hatte etwas, was ihn einen leichten Stich im Herzen spüren ließ. Es war nur ein Song, aber trotzdem... Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden, er wirkte zum ersten Mal an diesem Tag mehr als ernst. Um seine Gefühle zu überspielen zog er ein Stück Papier aus der kleinen Tasche des Rucksacks und legte es auf den Tisch. „Hab fast einen Text vergessen! Hatte den nachträglich rein gestopft, nachdem der Rucksack schon zu war und der Reißverschluss geklemmt hat“, meinte er und deutete auf das zerfledderte Etwas. Der Reißverschluss war nun völlig hinüber, da es Farin nach einem halbstündigen Kampf zu bunt wurde und er mit einer Schere nachgeholfen hatte. Rods Text, oder besser der Eindruck den dieser ihm vermittelt hatte, hatte ihn an einen seiner eigenen Songs erinnert. Er war irgendwie stolz auf das Lied, auch, wenn es etwas... anders war. Mit einer Sache hatte Jan ohne jeden Zweifel Recht: Es war traurig. Ja, natürlich war es traurig, dass er sich nicht daran erinnerte, wie die beiden miteinander geschlafen hatten und dass sie dennoch so viel Zeit miteinander verbrachten. Rod musste immer wieder daran denken, doch der Blonde schien jegliche Erinnerung daran einfach aus seinem Kopf verbannt zu haben. Dass den beiden der Text offenbar gefiel, erleichterte ihn ziemlich. Wie gesagt, es war bekannt, dass er sich mit dem Texten meistens schwer tat, weshalb er sich dabei meistens auch eher helfen ließ. Melodien zu entwickeln lag ihm einfach mehr, denn dabei kam dann sein musikalisches Talent ins Spiel. Es war nun einmal so, dass er zwar sehr musikalisch, aber nicht der so der Mann großer Worte war, weshalb ihm Musik auch leichter fiel als irgendwelche Texte. In diesem Fall jedoch hätte er gar nicht erst irgendwelche Hilfe annehmen wollen, denn das hier war einfach eine viel zu persönliche Sache. Mit der ½-Lovesong-Sache mochten sie Recht haben und vielleicht war der Song auch wirklich nicht so gut, immerhin hatten sie auch die Melodie, die ihm dabei durch den Kopf ging, noch gar nicht gehört, doch an seiner Musik hatten sie eigentlich bisher eher selten etwas auszusetzen, bei ihm ging es meistens wirklich eher um die Texte und den fanden sie ja immerhin schon mal gut, was ein Anfang war. Mit einem leichten Grinsen blickte er zu Farin: „Naja, für dich dürfte es auch schwer werden, an den Erfolg von Männer sind Schweine zu kommen.“ Nun ja, allerdings musste man dazu sagen, dass Farin schon am ehesten derjenige in ihrer Band war, der die größeren Hits landete. Okay, auch da gab es wieder einige Ausnahmen, aber Jans Texte waren manchmal eben auch am mainstreamtauglichsten – und auf der anderen Seite waren manche auch einfach nur vollkommen absurd, was sie natürlich nicht schlecht machte. Im Gegenteil. „Okay, ich spiels euch nachher mal vor.“, entgegnete er deshalb schließlich und blickte zu dem Gitarrist, als dieser noch einen Zettel herausholte. „Wow… Das ist… wow.“, meinte er nur, als er den Text gelesen hatte. Wirklich gut, wie eigentlich immer. Der Blonde schnappte sich eine Papierserviette und knüllte diese zusammen, bevor er sie Rod gegen den Kopf warf. „Erinner mich bitte nicht an DAS Lied!“, grinste er. Sein Blick glitt zu dem Drummer, der grade den Text mit Namen 'Living Hell' nahm und diesen aufmerksam durchlas. Als er fertig war, hob er etwas zweifelnd die Braue und er sah den Schreiber des Textes an. „Sag mal...“ Verlegen legte Bela den Text zurück auf den Tisch und griff stattdessen nach einem übrig gebliebenen Pizzarand, an welchem er nun knabberte. „Der Text... Ist das... Ernst gemeint?“ Tatsächlich hatte er eine ganze Weile gebraucht um diese einfache Frage zu formulieren. Doch statt den Gitarristen nun aufmerksam anzusehen und auf eine Antwort zu warten, knabberte er weiter an dem mit Käse gefüllten Rand und starrte auf einen Punkt, den wohl nur er sehen konnte. Farin weitete überrascht die Augen. Schon der Gedanke... Schnell schüttelte er den Kopf. „Nein, Quatsch! Aber ich muss zugeben der Text schrieb sich fast wie von selbst!“ Sein ach-so-typisches Grinsen erschien, allerdings war es ein wenig gestellt, denn er wollte seine Freunde nicht beunruhigen. Gut, es gab Tage an denen all diese Sachen zutrafen, doch die Tage, an denen es anders war, gab es viel häufiger. Nachdenklich nahm er den Text wieder zur Hand und ging ihn noch einmal durch. War es zu übertrieben? Er wusste es nicht, aber in ihm war eine Art Stolz. Stolz, welchen er nur bei besonderen Liedern verspürte. Und hier war es so. „Aber Rods Text find ich besser“, meinte er plötzlich und zwinkerte dem Jüngeren zu, wobei erneut ein Grinsen auf seinem Gesicht erschien. Und dieses Mal war es echt... Die Reaktion Farins überraschte Rod nicht wirklich, schließlich wusste er ganz genau, wie dieser auf das Lied reagierte. Obwohl es einer ihrer größten Erfolge war – oder vielleicht gerade deshalb – dachte Farin offenbar nicht besonders gerne an das Lied zurück. Einige Leute kannten Die Ärzte auch nur wegen dieses großen Erfolges von Männer sind Schweine und überhaupt war dadurch ziemlich viel Staub aufgewirbelt worden. Schweigend verfolgte der Chilene das Gespräch zwischen den anderen beiden. Er war eigentlich nicht auf die Idee gekommen, dass der Text vielleicht ernst gemeint gewesen sein könnte, doch trotzdem fand er ihn wirklich gut, er verpasste ihm sogar eine leichte Gänsehaut. Der Gitarrist hatte einfach ein tiefes Talent für das Texten. So, wie er für viele andere Dinge auch ein Talent hatte. Rod hätte diese Dinge gar nicht alle aufzählen können, so vieles an dem Blonden war einfach nur wunderbar. Na toll, jetzt fing er wieder an zu schwärmen. Warum in alles in der Welt hatte Rodrigo keinen Aus-Knopf, den er drücken konnte, wenn seine Gedanken wieder einmal anfingen, sich nur um Farin Urlaub zu drehen? Als dieser dann schließlich auch noch sagte, dass er den Text des Bassisten besser fand, röteten sich dessen Wangen sogleich. Jan mochte seinen Text… Mit einem leichten Lächeln erhob er sich, wobei er seinen Kopf jedoch gesenkt hielt. Die beiden anderen sollten nicht bemerken, dass er wieder einmal rot geworden war. Es sollte ihnen nicht doch noch auffallen. „Danke… Ich geh mal eben auf Klo…“, sagte er nur und hatte den Raum auch schon fluchtartig verlassen. Der Drummer blickte seinem Freund nur kopfschüttelnd nach. „Er ist komisch in letzter Zeit, findest du nicht auch?“ Ein leises Seufzen entfuhr dem Älteren. Hoffentlich war mit Rod alles in Ordnung… Auch Farin sah dem Jüngeren hinterher. Tatsächlich benahm sich Rod schon seit geraumer Zeit etwas... seltsam. „Ja, irgendwie schon... Ich hab ihn vorhin darauf angesprochen, aber er wollte nichts Genaues sagen. Wenigstens weiß er, dass wir für ihn da sind...“ Der Blonde seufzte nun ebenfalls und zog sich seine Teetasse etwas heran. Gedankenverloren rührte er in dem inzwischen lauwarmen Gebräu rum ohne auch nur daran zu denken etwas davon zu trinken. „Ich will ihn aber auch nicht zu irgendwas zwingen, weißt du... Er will mit mir nicht drüber reden, das stört mich auch nicht...“ Um zu vermeiden, dass der Drummer die letzte Aussage als Lüge enttarnte, trank Farin nun doch einen Schluck, wobei er sehbar das Gesicht verzog. „Hab ich vielleicht irgendwas gemacht? Er behandelt mich wie immer, aber da ist etwas...“ Fast schon flehend sah er nun auf den Älteren und umklammerte die Tasse in seinen Händen etwas fester. „Könntest du vielleicht... Du musst ihn ja nicht dazu drängen... Aber wenn du ihm auch noch mal bestätigen würdest, dass du für ihn da bist... Vielleicht vertraut er sich dir ja an... Ich hab Angst, dass ihn dieses 'Etwas' kaputt macht, das will ich nicht!“ seine Stimme war fast schon weinerlich, was er eigentlich hatte vermeiden wollen. Aber er war nun mal ein Mensch, der lieber selbst litt als einen ihm wichtigen Menschen leiden zu sehen. Der Gitarrist atmete tief durch und trank den letzten kleinen Schluck Tee, bevor er aufstand und mit leicht hängenden Schultern an die Arbeitsplatte trat, um den Wasserkocher zu füllen und danach einzuschalten. Er machte sich Sorgen um Rod, große Sorgen. Allerdings hatte er Angst dass der Jüngere sich nur noch weiter zurückziehen würde, je häufiger er ihn damit konfrontierte. Schweigend nahm der Drummer zur Kenntnis, was der Blonde ihm erzählte. Ja, es mochte schon stimmen, dass Rod wusste, dass sie für ihn da waren, doch das musste bei dem Chilenen auch nicht unbedingt etwas heißen. Bela seufzte leise. „Naja, du kennst ihn doch… Auch, wenn er das weiß, sagt er nichts, wenn er etwas hat… Er hat doch viel zu viel Angst, uns mit etwas zu belasten. So, wie ich ihn kenne, könnte er bis zum Hals in der Scheiße stecken und würde uns trotzdem nichts sagen, obwohl er uns vertraut, damit wir uns keine Sorgen machen…“ In der Tat trafen diese Worte den Charakter des Bassisten wirklich gut, denn dieser war immer darauf bedacht, dass man sich seinetwegen möglichst wenig Sorgen machte. Eine Eigenschaft, die zwar wirklich liebenswert, aber alles andere als praktisch für seine Freunde war, denn wenn man ihm anmerkte, dass er irgendein Problem hatte, wusste man nie, wie groß dieses war, denn Rodrigo überspielte jedes Problem, das ihn betraf, so gut er nur irgendwie konnte. Als er bemerkte, wie viele Sorgen sich auch Jan scheinbar um den Jüngsten im Bunde machte, huschte ein leichtes Lächeln über das Gesicht des Schlagzeugers. „Okay, ich werde es ihm auch noch mal sagen. Vielleicht vertraut er sich mir ja auch wirklich an, ich rechne nur ehrlich gesagt nicht damit. Wie gesagt… du kennst ihn ja, Jan.“ Wieder seufzte er. „Aber es wird ihn schon nicht kaputt machen… Vielleicht ist es ja auch nichts weiter Schlimmeres…“ Nun, zumindest hoffte Bela dies, doch wie gesagt konnte man das bei Rod leider niemals so ganz genau wissen, doch er wollte auch den Blonden nicht so besorgt sehen und so versuchte er einfach, ihn irgendwie zu beruhigen. Auch, wenn der Gitarrist ihren Freund wohl genauso gut kannte wie er selbst. Einen Versuch war es ja schließlich wert. Während das Wasser vor sich hin brodelte schwang Farin sich auf die Arbeitsplatte und ließ die langen Beine baumeln, die Hände links und rechts von sich abgestützt und den Kopf leicht runter geneigt, damit er sich nicht an einem der Hängeschränke stieß. „Mir würde es sicher gleich besser gehen, wenn du mit ihm redest... Ihr beide habt nun mal ein ganz anderes Verhältnis zueinander. Ihr kennt euch länger, vertraut euch mehr...“ Eigentlich sollten seine Worte nicht eifersüchtig klingen, doch er konnte nichts dagegen tun, dass es so rüber kam. Um davon abzulenken sprang er von seinem Platz runter und wühlte etwas in den Schränken, als würde er den Tee suchen, wobei er genau wusste wo Bela diesen aufbewahrte. „Wenn es mich betrifft... Dann wird er es mir irgendwann erzählen. Dir gegenüber verhält er sich ja wie immer, jedenfalls hab ich nichts mitbekommen was meine Theorie zerschmettert... Wo ist denn der verdammte Pfefferminztee?“ Nun hockte er Blonde auf dem Boden und sah sogar unter der Spüle nach. „Vielleicht sollte er bei dir im Bett schlafen... Nein, das kann ich ihm nicht zumuten, da schlaf ich lieber mit ihm!“ Endlich hatte er den Tee gefunden und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Genau rechtzeitig, denn grade war das Wasser fertig, welches er auch sogleich in die Tasse goss. Plötzlich lief sein Gesicht knallrot an und mit einem Ruck drehte er sich um. „In einem Bett mein ich natürlich! FUCK!“ Bei der schnellen Bewegung war ein wenig des kochenden Wassers auf seinen Fuß geschwappt. Mit einem Knall stellte er den Wasserkocher zurück auf die Plattform und zog sich hinkend die Socke aus. Irgendwie hatte auch dies etwas Vertrautes und hätte er nicht grade mit einem unangenehmen Schmerz zu kämpfen gehabt, hätte er sicher etwas genauer überlegt, warum ihm diese Situation so bekannt vorkam. Damit, dass sie sich länger und auch besser kannten, hatte der Blonde zwar ohne Zweifel Recht, doch trotzdem wusste Bela nur zu gut, dass das bei Rod nicht zwangsweise etwas zu bedeuten hatte. Sicher, es wäre ihm so leichter gefallen, über seine Gefühle zu reden, da sich die beiden besser kannten, doch es war nun einmal eine Tatsache, dass der Chilene niemals jemandem irgendwie zur Last fallen wollte. Und dass er dies nicht tat, konnte man ihm beliebig oft erzählen, er würde es einem doch niemals wirklich glauben, vollkommen gleich, wie oft er das Gegenteil behauptete. Trotzdem versuchte der Drummer bei jeder Gelegenheit, dem Bassisten klar zu machen, dass er sich über so was keine Gedanken machen sollte, doch leider immer wieder vergeblich. Etwas in Farins Stimme riss ihn jedoch aus seinen Gedanken und er blickte den Jüngeren an. „Bist du eifersüchtig?“ Im Grunde wusste er, dass es Quatsch war und doch hatte er auf einmal das Gefühl, dass der Blonde eifersüchtig darauf gewesen wäre, dass Bela und Rod sich so nahe standen. Obwohl dem Schlagzeuger natürlich vollkommen klar war, wie Farin seine Worte mit dem Schlafen gemeint hatte, huschte ihm dennoch ein leichtes Grinsen über das Gesicht, welches jedoch sofort verblasste, als der Größere sich das heiße Wasser über den Fuß goss. Schweigend füllte er kaltes Wasser in einen Kochtopf, den er vor Farin auf den Boden stellte. „Hier… Du solltest das kühlen.“ Auch Rod betrat nun wieder den Raum. Er war gerade auf dem Weg zurück vom Klo gewesen und hatte sich gerade wieder beruhigt, als er den Aufschrei des Gitarristen vernahm. Für einen Moment hielt er in seiner Bewegung inne. Was war jetzt passiert?! Als er bei der Küche ankam, bemerkte er die Bescherung natürlich. „Oh Gott, Jan, was hast du denn gemacht?“, fragte er besorgt. Kaum stand der Topf vor ihm, tauchte Farin den schmerzenden Fuß hinein, auf welchem sich eine Stelle bereits rötlich hervorhob. „Danke“, nuschelte er und stützte sich leicht mit den Händen ab um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Als Rod die Küche betrat sah der Blonde auf und ein Lächeln erhellte sein Gesicht. „Da bist du ja wieder! Naja... Ich hab ein wenig mit kochendem Wasser um mich geschleudert, hab aber nur mich getroffen“, grinste er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Aber ist nicht schlimm, wird schon wieder... Werd nur die Schuhe nicht mehr so eng schnüren können in nächster Zeit!“ Farin zog seinen Fuß aus dem kalten Wasser und betrachtete ihn etwas genauer. Noch immer war die Stelle stark gerötet und würde sich wahrscheinlich zu einer schmerzenden Brandblase entwickeln. „Naja, was soll’s... Vielleicht sollten wir bald ins Bett.“ Während des letzten Satzes warf er dem Drummer einen warnenden Blick zu, damit dieser bloß keine Anspielung auf die unfreiwillige Doppeldeutigkeit einer seiner letzten Aussagen machte. Danach sah er auf den Bassisten und musterte diesen etwas besorgt. Vielleicht sollte er die beiden alleine lassen, damit Bela ihn darauf ansprechen konnte? Nein, es wäre wohl zu auffällig gewesen. Und es hatte sicher noch etwas Zeit. „Haben wir jetzt eigentlich alle Texte durch? Oder fehlt noch einer?“ Nach wie vor besorgt musterte der Bassist den Größeren besorgt, während dieser seinen Fuß in den Kochtopf steckte. Als er die Sache mit dem heißen Wasser erwähnte, fühlte sich Rod wieder einmal unweigerlich an den schicksalhaften Abend und vor allem an die darauf folgende Nacht erinnert, schließlich hatte Farin auch damals mehr oder weniger mit heißem Wasser um sich geschleudert – nicht, dass es nicht auch seine Vorteile gehabt hätte, denn immerhin hatte erst dieses Ereignis eigentlich dazu geführt, dass die beiden miteinander geschlafen hatten. „Du solltest mehr auf dich aufpassen…“, meinte er nur noch dazu und schwieg dann wieder. Viel mehr wollte er dazu auch gar nicht sagen, viel zu groß wäre seine Angst gewesen, wieder zu erröten oder dergleichen. Wäre er jetzt noch einmal auf Toilette geflüchtet, wäre das schließlich alles andere als unauffällig gewesen. In der Tat musste Bela sich zusammen reißen, keine Bemerkung wegen Farins Bett-Kommentar zu machen, doch natürlich wusste er den Blick des Blonden zu deuten und so schwieg er zu dieser Sache. Wenn Farin nicht wollte, dass er einen Kommentar dazu zum Besten gab, musste dies einen Grund haben und der Drummer vermutete sehr stark, dass dieser Grund auf den Namen Rodrigo Gonzalez hörte. Das mit dem Ins-Bett-Gehen gefiel Rod auf den ersten Blick nicht unbedingt, denn er wusste genau: Würde er mit Farin in einem Bett schlafen, würde er sehr stark auf seine Lendengegend aufpassen müssen – oder genauer gesagt darauf, dass diese niemand zu Gesicht bekommen würde, denn in Gedanken sah er bereits, wie seine Shorts im Schritt spannten, wenn er mit ihm in einem Bett lag. Nein, das durfte wirklich niemand bemerken. „Also ich habe keine Texte mehr…“, entgegnete Rod nur, auch, wenn er sich wünschte, dass es anders gewesen wäre, hätte dies doch schließlich das Schlafengehen noch hinauszögern können. „Von mir haben wir auch alle durch.“, meinte auch Bela, „Wir können also ruhig schlafen gehen.“ Der Blonde nickte leicht und besah sich erneut seinen Fuß. „Die Lust auf einen letzten Tee ist mir gerade vergangen... Also ab ins Bett. Was dagegen, wenn ich noch eben dusche?“ Seltsamerweise sah er bei dieser Frage nicht Bela an, dem ja schließlich die Wohnung und somit auch die Dusche gehörte, sondern Rod. Während er das Wasser auskippte und den Topf danach gründlich ausspülte, sah Bela zwischen seinen beiden Freunden hin und her. „Alles klar, ich hau mich aufs Ohr. Macht nicht zu lang... Und Jan, sei nicht so laut...“ Gekonnt wich er dem geworfenen Geschirrtuch aus und grinste den Größeren an. „Beim Duschen! Was du gleich wieder denkst!“ Leicht lachend verließ der Drummer die Küche, wobei er Rod noch leicht auf die Schulter klopfte. Einen Moment herrschte angespannte Stille zwischen ihnen. „Ja... Also wie gesagt, ich wollt noch eben duschen. Dann kannst du schon mal überlegen welche Stellung wir gleich im Bett einnehmen... Also wer wo und wie liegt!“ Noch immer hatte Farin dem Anderen den Rücken zugewandt, worüber er grade mehr als froh war, denn die Röte schoss ihm ins Gesicht und schien sich bis zu den Haarspitzen auszubreiten. Schnell trocknete er den Topf ab und stellte ihn zurück in den Schrank, zu seinen 'Artgenossen'. „Bis gleich!“ Tatsächlich schaffte Farin es, die Küche zu verlassen ohne dem Chilenen in die Augen zu sehen und trotz der Schmerzen im Fuß, welche beim Abrollen entstanden, war er erstaunlich schnell im Badezimmer verschwunden. Ein erleichtertes Seufzen löste sich von seinen Lippen und einen Moment lehnte er sich an die weiße Holztür, wobei er die Augen schloss. „Wenn das so weiter geht, spricht Rod MICH drauf an, was mit mir los ist“, nuschelte er und ging auf die Dusche zu. Zu seiner Verwunderung hatte Bela ihm noch ein sauberes Handtuch hingelegt und er fragte sich, was der Drummer noch so mitbekommen hatte, als er angeblich zu Bett gegangen war. Warum der Blonde ausgerechnet ihn und nicht Bela bei seiner Frage angesehen hatte, konnte Rod nicht so ganz verstehen, doch wahrscheinlich hatte es auch keinen besonderen Grund, zumindest wäre ihm wirklich absolut keiner eingefallen und so kam er zu dem Schluss, dass wirklich nichts weiter dahinter steckte. Warum hätte es auch? Erstens empfand Jan ohnehin nicht mehr als Freundschaft für ihn und selbst, wenn er es getan hätte, wäre dem Chilenen kein besonderer Grund eingefallen. Und wieder stieg ihm die Röte ins Gesicht, als er erst die Worte Belas und dann auch noch die des Gitarristen vernahm, doch glücklicherweise hatte Farin ihm den Rücken zugedreht, während er mit ihm sprach, was diese Situation in Rodrigos Augen wirklich ungemein erleichterte, denn es bedeutete, dass er es nicht bemerken würde. „Ja… Bis gleich.“, meinte er nur, als der Größere den Raum zum Duschen verlassen hatte und machte sich leise seufzend auf den Weg in Belas Schlafzimmer. Ohne jeden Zweifel hätte der Bassist es vorgezogen, auf der Couch zu schlafen, doch daraus würde wohl nichts werden. Nicht, dass das Bett nicht bequem gewesen wäre – doch zusammen mit Farin? Eigentlich konnte das wirklich nur schief gehen… Er seufzte noch einmal und setzte sich aufs Bett, wo er auf den Blonden wartete. Als der Gitarrist aus der Dusche stieg, fühlte er sich um Einiges besser. Mit einem Aufseufzen ergriff er das Handtuch und schlang es sich um die Hüften. Mit großen Schritten näherte er sich dem beschlagenen Spiegel und wischte diesen sauber, bevor er sich auf dem darunter liegenden Waschbecken abstützte und in die Augen seines Spiegelbildes starrte. Er fühlte sich seltsam, aber da war noch etwas, was viel stärker war. Durch seinen kleinen Stunt mit dem kochenden Wasser hatte er fast vergessen, dass er sich Sorgen um den Jüngeren machte. Doch nun, wo er wieder einen klaren Kopf hatte... Entschlossen schnappte er sich seine Sachen - welche er vorm Duschen fein säuberlich auf den Toilettendeckel gelegt hatte - und zog sich die Shorts wieder an, bevor er das Badezimmer verließ und ins Schlafzimmer ging. Leise schloss er die Tür hinter sich, obwohl er nicht wirklich glaubte, dass Bela bereits schließ und trat mit einem sanften Lächeln vor Rod. „Wolltest du auch noch mal duschen?“ Liebevoll zerzauste er das schwarze Haar des Kleineren und genoss einen Moment wie die dunklen Strähnen über seine Finger strichen. Dann riss er sich wieder zusammen. „Falls nicht, würde ich vorschlagen, dass wir uns schlafen legen. Hör zu, wenn es dich stört kann ich auch auf dem Boden schlafen, mir macht das nichts aus.“ Bei den letzten Worten hatte Farin sich bereits abgewandt und legte seine Sachen auf einen kleinen Tisch. „Ich klau dir zwar nicht die Decke oder das Kissen, aber naja... Nur so, ist ja nicht grade groß, das Ding.“ „Nein, ich dusche morgen früh…“, entgegnete der Chilene nur, nachdem Farin zurückgekehrt und ihn gefragt hatte. Für ihn war es einfach eine wunderschöne Sache, wenn man morgens aufstehen und sich dann frisch fühlen konnte. Wenn er abends duschte, hatte er am nächsten Morgen meistens gleich wieder das Bedürfnis, unter die Dusche zu klettern – da konnte er es auch gleich morgens machen. „Wir können also ruhig jetzt schlafen gehen. Ich hab nichts dagegen.“ Wie zur Bestätigung entfuhr ihm ein herzhaftes Gähnen, woraufhin er leicht lächelte, wobei er in die Augen des Anderen blickte. Als dieser ihm wieder einmal durch die Haare strubbelte, schloss der Jüngere für einen Moment genüsslich die Augen. Er liebte die Berührung des Anderen, selbst, wenn es nur so etwas vollkommen Banales war. Doch natürlich war auch das wieder so eine Sache, die wohl auf ewig unausgesprochen bleiben würde. So, wie viele andere Sachen auch. Und dann war es auch noch so süß von ihm, dass er sogar bereit gewesen wäre, auf dem Boden zu schlafen, doch das war eine Sache, die der Bassist nun wirklich nicht wollte. Auch, wenn das Bett des Drummers nicht gerade groß war, würde er es schon irgendwie überleben. Sicher, es mochte ihm gerade noch unangenehm sein, doch er konnte durchaus damit klar kommen. Er musste nur aufpassen, dass es nicht zu allzu vielen peinlichen Berührungen zwischen ihnen kommen würde. „Nein, mach dir keine Gedanken, das ist wirklich vollkommen okay für mich. Wir können ruhig … beide in diesem Bett schlafen.“ Irgendetwas hielt ihn davon ab, das Wort >zusammen< statt >beide< zu verwenden. Noch immer lächelnd legte er sich schließlich in das Bett, schloss die Augen und wartete darauf, dass Jan ihm folgen würde. Nicht sehr lange darauf war er auch schon eingeschlafen, ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht habend. Einen Moment beobachtete Farin den Jüngeren einfach, bevor auch er ins das schmale Bett krabbelte. Fast hätte er einen Arm um den schlafenden Chilenen gelegt, konnte dies allerdings gerade noch vermeiden und schob den Arm stattdessen unter seinen Kopf. Ein leichtes Gähnen löste sich von seinen Lippen und so dauerte es nicht lange, bis er dem Jüngeren ins Reich der Träume folgte. Kapitel 3: Warum haben wir schon wieder gezankt? ------------------------------------------------ Liebe Leute, Danke für die Kommis! ^____^ Freut uns natürlich, wenn die Geschichte gut ankommt. Wir wollen auch gar nicht lange um den heißen Brei herumreden - nur eine Sache: Tut uns Leid, dass die Antworten (also bei wörtlicher Rede) manchmal so weit auseinander liegen >_< Bei der nächsten gemeinsamen Story werden wir es besser machen xD Liebe Grüße, Das_Anni und Imaginary ^^ ~~~ Es war nicht viel Zeit vergangen, tatsächlich schien es erst wenige Tage her seit sie bei Bela gesessen hatten, um sich die engere Auswahl der Lieder zu präsentieren. Doch nun befanden sie sich bereits seit einer Weile im Studio. „Machen wir eine Pause? Ich hab Durst!“ Ohne eine Antwort abzuwarten stand der Drummer auf und warf Rod einen fragenden Blick zu. „Kommst du mit? Dann kannst du eine rauchen und der liebe Jan kann weiter an seiner Gitarre rumspielen.“ Bei den letzten Worten wandte sich Bela dem Blonden zu, der recht schweigsam in einer Ecke saß und anscheinend sein Instrument stimmte. Als sie das Studio betreten hatten, war es so wie immer, sie blödelten rum und konzentrierten sich zwischendurch sogar auf den eigentlichen Grund der Anwesenheit. Doch mit der Zeit wurde Farin immer ruhiger, beteiligte sich kaum noch an den Gesprächen und warf den anderen beiden, wenn er dachte, dass sie es nicht merken würden, fast schon wütende Blicke zu. Bela war dies nicht entgangen und so wollte er dem Gitarristen eine kleine Auszeit gönnen, damit er Druck ablassen oder was-auch-immer machen konnte. Deshalb die Sache mit dem Durst. „Also? Was ist? Kommste mit?“ Unauffällig deutete er auf Farin und verzog leicht das Gesicht, was allerdings nur Rod sehen konnte. Natürlich war auch dem Chilenen nicht entgangen, dass der Blonde scheinbar gerade nicht besonders gut drauf war, auch, wenn er sich nicht so ganz erklären konnte, woran dies wohl liegen mochte, denn eigentlich war es bisher doch ganz gut gelaufen. Sie hatten ihren Spaß gehabt und ausgelassen miteinander herumgealbert und dabei dennoch ein bisschen was geschafft. Ja, im Grunde konnten sie ganz zufrieden mit sich sein und dennoch fühlte sich Rodrigo an den Satz 'Wenn Blicke töten könnten…' erinnert, wenn er bemerkte, wie der Gitarrist die beiden zwischendurch anblickte – und Rod war mehr als nur unwohl bei diesem Blick. Nicht nur, dass er sich fragte, was mit Farin los sein mochte, nein, es verletzte ihn auch, wenn dieser ihn mit einem solchen Blick bedachte, weshalb ihm die Frage des Drummers eigentlich gerade recht kam und natürlich entging ihm dabei auch nicht, dass Bela scheinbar nur ein wenig rausgehen wollte, um Farins schlechter Laune zu entkommen. Davon abgesehen konnte Rod eine Zigarette jetzt wirklich gut vertragen und so nickte er. „Ja, gute Idee. Eine rauchen klingt gut.“ Er blickte kurz zu Farin, schwieg allerdings. Dieser schien wirklich nicht gerade gut auf sie zu sprechen zu sein und so verließ der Bassist schleunigst das Studio und eilte nach draußen. Bela blieb noch einen Moment zurück und warf dem Blonden einen zögernden Blick zu. Doch der Größere schien ihn gar nicht zu beachten, also verließ Bela den Raum mit einem einfachen 'Bis gleich' und schloss die Tür hinter sich. Kaum war die Tür zu, stellte Farin die Gitarre zur Seite und trat wütend den Hocker um, auf welchem er kurz zuvor noch gesessen hatte. „Viel Spaß auch“, zischte er und sah sich in dem sonst so leeren Raum um. Er wusste nicht, was mit ihm los war, fast hätte er gesagt dass er - so absurd es klingen mochte - eifersüchtig war. Seit dem Treffen bei Bela hatten sie sich hin und wieder getroffen und es war so schön wie früher, aber heute... Er fühlte sich ignoriert, wann immer er etwas sagte, unterbrach ihn einer der Dunkelhaarigen (meistens Bela) und sprach auch dann nur den anderen an. Selbst seine Kommentare wurden ignoriert, bekamen aber fast schon stehende Ovationen wenn einer von ihnen (auch meistens Bela) sie kurz darauf wortwörtlich wiederholte. „Alles scheiße!“ Mit einem leichten Seufzen war der Drummer nun ebenfalls raus gegangen, nachdem er aus dem kleinen Kühlschrank, den sie hier hatten, noch zwei Flaschen Bier geholt hatte, stellte dort jedoch fest, dass er Rodrigo nirgendwo entdecken konnte. Er runzelte leicht die Stirn und blickte sich um, doch von dem Bassisten war nirgendwo etwas zu sehen. War er vielleicht doch noch einmal reingegangen? Aber hätte er ihn dann nicht treffen müssen? Immerhin war er doch erst nach ihm nach draußen gegangen. Naja, man konnte nicht wissen und außerdem hatte er ja zwischendurch auch noch das Bier geholt und so ging Bela doch noch einmal hinein ins Studio, um dort nachzusehen, wo der andere Dunkelhaarige hinverschwunden sein mochte, doch nach wie vor konnte er ihn nirgendwo entdecken, dafür jedoch den Blonden, der nun nicht mehr auf dem Hocker saß, so wie eben, sondern im Raum stand, während der Hocker auf dem Boden lag. Vielleicht war er einfach umgefallen, als der Gitarrist aufgestanden war, das war ja eigentlich auch nicht weiter wichtig. Aber vielleicht konnte Farin ihm ja sagen, wo Rod abgeblieben war, denn vielleicht war er ja eben noch mal hier gewesen. Zwar wirkte der Blonde nach wie vor nicht gerade gut gelaunt, aber er würde ihm schon nicht gleich den Kopf abreißen nur weil er ihn fragte, ob er vielleicht Rod gesehen hatte. „Sag mal, hast du Rod zufällig gesehen? War er vielleicht eben noch mal hier?“ Farin hatte nicht bemerkt wie Bela den Raum betrat und so zuckte er leicht zusammen, als dieser ihn plötzlich ansprach. Mit einem Ruck drehte er sich zu dem Drummer um und musterte ihn einen Moment schweigend. Hatte der Ältere seinen kleinen Wutausbruch mitbekommen? Und wenn schon, schließlich war es seine Schuld, jedenfalls zu knapp 50 Prozent. Mit einem Grinsen, welches man nicht oft bei ihm sah, verschränkte er die Arme vor der Brust: „Ach, hat jemand das doppelte Lottchen getrennt? Wie dramatisch... Aber um deine Frage zu beantworten... NEIN, er war verdammt noch mal NICHT hier! Ihr habt den Raum gemeinsam verlassen, also frag mich nicht, wo er abgeblieben ist! Geh ihn doch suchen und bleib am besten gleich weg! Oder noch besser: ICH gehe, werd doch eh wie Luft behandelt und nur dann angesprochen, wenn man was von mir will! Da hätte ich auch gleich zuhause bleiben können!“ Wütend fuhr er herum und packte seinen neuen Rucksack, den er sich sofort über die Schulter warf. „Viel Spaß noch!“ Mit diesen Worten setzte er sich in Bewegung - wobei er dem Hocker zu seinen Füßen noch einen Tritt verpasste - und ging schnurstracks auf die noch offen stehende Tür zu. Eigentlich hatte der Drummer gehofft, dass Farin sich inzwischen wieder ein bisschen einbekommen hatte, doch leider wurde er diesbezüglich enttäuscht, denn schließlich ging er stattdessen sogar vollkommen an die Decke. Mit einem leichten Seufzen blickte Bela seinen besten Freund an und runzelte leicht die Stirn. Das klang ganz so, als wäre er eifersüchtig gewesen, auch, wenn er nicht so ganz nachvollziehen konnte, warum. Sicher, er hatte etwas mehr mit Rod herumgeblödelt diesmal, doch eigentlich hatte er sich keine besonderen Gedanken deswegen gemacht. Warum also schien der Blonde deswegen eifersüchtig zu sein? Eigentlich hatte es doch sogar sein Gutes, denn nachdem sich der Chilene in letzter Zeit so merkwürdig verhalten hatte, wirkte er heute wieder richtig normal. Was genau war also das Problem des Gitarristen. „Jan… Du klingst, als wärst du eifersüchtig, dabei hast du dazu nicht mal einen Grund. Du solltest lieber froh sein, dass Rod sich wieder normaler benimmt. Stattdessen führst du dich auf wie ein eingeschnapptes Mädchen oder so.“ Wieder entfuhr ihm ein leichtes Seufzen. Das Verhalten sollte wirklich erst mal jemand verstehen. „Jetzt hau doch nicht gleich ab.“ Der Blonde blieb im Türrahmen stehen und sah über seine Schulter auf Bela. „Eingeschnapptes Mädchen? Ich hab da einfach keinen Bock drauf. Natürlich bin ich froh, Rod wieder etwas glücklicher zu sehen, sehr sogar. Es ist schön, ihn wieder lachen zu hören, ich komm mir nur ziemlich scheiße vor, wenn ich dafür den Außenseiter spielen muss. Und verdammt, ich bin NICHT eifersüchtig, klar?“ Doch bei den letzten Worten konnte er Bela nicht ansehen, denn dieser hätte sofort erkannt, dass es eine Lüge war. So schulterte er stattdessen seinen Rucksack und sah wieder zur Tür. „Morgen können wir weiter machen, bei eurem Rumgeblödel kommt ja eh nix vernünftiges bei raus!“ Einen Moment zögerte er noch, doch schließlich schüttelte er den Kopf und verließ den Raum. Er wollte nur noch weg, denn zu der aufgestauten Wut kam nun auch noch ein Schamgefühl. Er hatte sich grad total blamiert und sich wirklich wie ein eingeschnapptes Mädchen verhalten. Mit einem leichten Seufzen blickte Bela Farin nach. Egal, was er sagte, man merkte ihm einfach an, dass er eifersüchtig war, auch, wenn er es nicht zugeben wollte. Doch verstehen konnte der Drummer dies nach wie vor nicht. Warum nur verhielt sich der Blonde jetzt auch noch so merkwürdig? Reichte es denn nicht, dass Rod in letzter Zeit so komisch war? Noch jemanden, um den er sich Sorgen machen musste, konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen und doch konnte er nicht umhin, sich jetzt auch noch Gedanken um den Gitarristen zu machen, immerhin verhielt dieser sich auch vollkommen anders als sonst und er konnte einfach nicht nachvollziehen, warum, es war schließlich nicht ihre Absicht gewesen, ihn auszuschließen. Okay, vielleicht hatten sie es wirklich getan, aber aufgefallen war es ihm eigentlich nicht. Er hatte einfach ein bisschen mit dem Chilenen herumgealbert und gedacht, dass Jan heute vielleicht generell nicht so gut drauf war, doch eigentlich hatte er diese beiden Dinge nicht miteinander in Verbindung gebracht. Er seufzte noch einmal und machte sich schließlich wieder auf dem Weg nach draußen, wo er dann auch endlich den Bassisten entdeckte, der nun doch draußen stand und gerade eine rauchte. „Da bist du ja! Wo warste denn?“ „Ich war nur noch kurz auf Klo und als ich raus kam, warst du nicht hier. Sag mal, was ist denn mit Jan los? Der kam hier gerade so rausgestürmt…“, fragte Rod und zog leicht besorgt die Augenbrauen zusammen. Schuldbewusst zuckte der Ältere zusammen. „Jan... Also...“ Einen Moment zögerte er, wobei er den Chilenen unsicher ansah. Doch dann beschloss er, dass lügen alles nur noch schlimmer machen würden. Also erzählte er, was wenige Minuten zuvor im Gebäude passiert war. „Und als er raus ist meinte er noch, dass wir bei unserem Rumgeblödel heute eh nicht weiter kommen würden und wir morgen weiter machen sollten“, schloss der Ältere kurz darauf seine Erzählung. Ein Seufzen löste sich von seinen Lippen, während er auf Rods Zigarette starrte, von der sich der Rauch spiralenförmig in die Luft erstreckte. „Haben wir ihn wirklich so ignoriert?“, fragte er nach einer Weile, sah den Anderen dabei allerdings nicht an. Langsam aber sicher plagte ihn das schlechte Gewissen. „Gut, wir haben viel rumgeblödelt, wie er es nennt, aber normalerweise regt ihn das nicht so auf. Da steigt er doch sonst mit ein oder so... Er schien wirklich eifersüchtig zu sein.“ Einen Moment dachte der Kleinere daran, Rod von der Unterhaltung zu erzählen, die nun eine Weile zurück lag, doch dann hätte er gestehen müssen, dass sie über ihn geredet hatten, also ließ er es lieber bleiben. Schweigend lauschte der Chilene den Worten des Schlagzeugers und dachte nach. Das klang irgendwie so gar nicht nach ihrem Gitarristen und so wusste er nicht so recht, was er davon halten sollte. Hoffentlich war alles in Ordnung mit ihm… Rod war ein Mensch, der sich schnell Sorgen um andere machte und wenn es jetzt auch noch um den Größeren ging, dann nur umso mehr. Er liebte ihn schließlich, vollkommen gleich, wie sehr er diese Tatsache auch versteckte. Es war eine Tatsache und da er diese Gefühle in den ganzen letzten Jahren nicht losgeworden war, rechnete er auch nicht damit, dass sich daran so schnell irgendetwas ändern würde. Wahrscheinlich würde er niemals ganz von ihm loskommen, auch, wenn er nicht behaupten konnte, dass ihm dies wirklich gefallen hätte. Seine letzten Beziehungen waren immer das reinste Chaos gewesen und das nur, weil er den Blonden einfach nicht aus seinem Kopf und seinem Herzen bekommen konnte. Und das Schlimmste war, dass er seinen beiden Freunden – vor allem Farin – nicht einmal davon erzählen konnte, wollte er doch schließlich nicht, dass diese etwas von seinen Gefühlen mitbekamen. Er zog noch einmal an seiner Zigarette, schnippte diese dann auf den Boden und trat sie aus, bevor er antwortete: „Komisch… Stimmt, normalerweise macht er mehr mit… Keine Ahnung, mir kam es nicht so vor, als hätten wir ihn ignoriert, aber vielleicht schon…“ Schuldbewusst senkte er den Blick, holte seine Zigaretten hervor und zündete sich gleich noch eine an. Das mit Jan nahm ihn jetzt schon mit. Hoffentlich war er nicht allzu sauer auf sie. „Hoffentlich kriegt er sich schnell wieder ein… Ich will mich nicht mit ihm streiten.“ So viel konnte er verraten, schließlich war es kein Geheimnis, dass der Chilene nicht gerade ein großer Freund von Streitigkeiten war. Bela nickte leicht und beobachtete Rod dabei, wie er sich die nächste Zigarette anzündete. „Mir kam es eigentlich auch nicht so vor... Aber wenn ich genauer drüber nachdenke... Ich hab ihn ein paar Mal unterbrochen, aber das ist mir in dem Moment nicht wirklich bewusst gewesen. Mir ist halt immer wieder etwas eingefallen und das wollte ich schnell loswerden bevor ich es vergesse. Aber entschuldigt habe ich mich dafür auch nicht.“ Je länger er darüber nachdachte, desto mehr fiel Bela ein, was Farins Aussagen bestärkte. „Anscheinend haben wir doch ganz schön Scheiße gebaut. Meinst du, wir sollten ihn anrufen?“ Der Ältere lehnte sich leicht an die Hauswand und sah zum Himmel. Auch er hasste es sich mit einem der beiden zu streiten, was sich genau genommen eher auf Farin bezog, denn wenn er genauer drüber nachdachte konnte Bela sich an keinen einzigen Streit mit Rod erinnern. Ein paar kleine Meinungsverschiedenheiten vielleicht, aber nichts, was sie nicht kurz darauf bei einem Bier aus der Welt schafften. „Irgendwie fühl ich mich mies...“ Auch Rod nickte. Ihm fielen, wenn er so darüber nachdachte, ebenfalls ein paar Dinge ein, die Farin gut so verstanden haben konnte, als ob sie ihn ignoriert hatten – oder vielmehr fielen ihm Sachen ein, wo sie ihn WIRKLICH ignoriert hatten. Ja, Bela hatte vollkommen Recht: Sie hatten in der Tat ganz schön Scheiße gebaut und auch ihn plagte nun das schlechte Gewissen. Er hasste es wirklich, wenn irgendjemand sauer auf ihn war und besonders bei Farin machte es ihn schon jetzt fast vollkommen verrückt. Was würde sein, wenn Farin für längere Zeit wütend auf sie sein würde? Er wusste, dass er damit gar nicht klar kommen würde, dafür lag ihm einfach zu viel an diesem Mann, viel zu viel sogar. „Ja, stimmt… Wir haben ihn wohl wirklich ziemlich ignoriert… Nicht gerade nett von uns.“ Er seufzte und zog wieder an seiner Zigarette. Seine Laune war jetzt alles andere als gut, immerhin hatten sie sich dem Gitarristen gegenüber total arschig verhalten und das war nun wirklich kein Grund, um sich gut zu fühlen. Mit einem leichten Nicken blickte er schließlich wieder den Drummer an. „Ja, ich fühl mich auch mies… Mir ist das vorhin gar nicht so richtig aufgefallen, aber wenn ich so darüber nachdenke, haben wir ihn ja wirklich manchmal abgewürgt und so… Das war wirklich scheiße… Ich denke schon, dass wir ihn anrufen sollten…“ Bela nickte leicht, während er mit der rechten Hand bereits seine Taschen durchsuchte. Schließlich hielt er das kleine, silberfarbene Mobiltelefon in der Hand und schob es auf. „Er kann noch nicht weit sein... Vielleicht bekomm ich ihn ja überredet, zurück zu kommen.“ Während er sprach ging der Drummer seine Kontaktliste durch, bis er schließlich bei J angekommen war. Der Gitarrist war der erste in dieser Spalte. „Okay... Los geht’s!“ Er atmete noch einmal tief durch und wählte die Nummer, während er das Handy an sein Ohr führte. Doch bereits nach wenigen Sekunden ließ er die Hand wieder sinken und legte auf. „Er hat es ausgemacht... Anscheinend ist er echt sauer.“ Unsicher sah Bela seinen Freund an. Sie hatten sich wirklich schon häufiger in die Wolle bekommen, doch meistens hatten sie kurz danach miteinander gesprochen. „Haben wir es diesmal wirklich übertrieben?“ Man konnte deutlich hören, dass er sich Vorwürfe und vor allem Sorgen machte. Fast schon hoffnungsvoll sah er den Jüngeren an, wartete auf die befreienden Worte. Doch bei genauerem hinsehen wurde ihm klar, dass diese Worte nicht kommen würden. Und wenn doch, dann wären es schlechte Lügen. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken dem Gitarristen einfach eine SMS zu schreiben, doch wahrscheinlich würde er diese gar nicht lesen. Außerdem gab es zuviel zu sagen, da reichten 350 Zeichen sicher nicht aus. „Es bringt nichts, wenn wir hier warten, oder?“ Erwartungsvoll blickte der Jüngere den Drummer an und wartete darauf, dass er Farin anrufen würde, doch als sie leider feststellen mussten, dass dieser sein Handy ausgeschaltet hatte, ließ der Chilene seine Schultern hängen. Sie konnten ihn nicht erreichen, also konnten sie sich nicht einmal bei ihm entschuldigen. Auch das noch… Dann mussten sie wohl mit ihrem schlechten Gewissen irgendwie zurechtkommen, doch das war wiederum eine Sache, welche Rodrigo eigentlich nicht wollte. Viel lieber hätte er jetzt mit Farin geredet, gesagt, wie Leid ihm das alles tat… Doch jetzt war der Gitarrist sauer auf sie und das auch noch mit gutem Grund. Was war, wenn das länger anhalten würde? Das wollte und durfte er nicht riskieren, er wusste gar nicht, wie er es hätte aushalten sollen, wenn der Blonde längere Zeit sauer auf ihn sein würde… „So ein Mist… Scheinbar ja…“ Auch dem Bassisten war mehr als nur deutlich anzuhören, dass er sich Sorgen und Vorwürfe machte. Sie hatten den Bogen in diesem Fall wirklich eindeutig überspannt. Von alleine würde sich das nicht wieder einrenken – soviel war klar. Da mussten sie etwas tun, doch wie, wenn Jan sein Handy ausgeschaltet hatte? Sicher, sie hätten ihm eine SMS schreiben können, doch auch die würde er erst später lesen können, wenn er sein Handy wieder einschalten würde. Und an sein Festnetztelefon würde er im Moment wohl auch nicht gehen. Da gab es nur eine Lösung: Sie mussten zu ihm nach Hause gehen. Doch irgendetwas hielt den Chilenen davon ab, Bela dies vorzuschlagen. Viel lieber wollte er erst einmal alleine mit dem Gitarristen reden und das würde er auch tun… „Ja, denke ich auch… Vielleicht sollten wir nach Hause gehen…“ Dass er auf dem Nachhauseweg ‚zufällig’ noch mal bei dem Blonden vorbeischauen wollte, ließ er lieber unter den Tisch fallen. Der Ältere ließ den Blick zum Himmel schweifen und nickte leicht. „Heute können wir echt nichts mehr machen. Nutzen wir die ungewollte Pause und ruhen uns etwas aus. Morgen sieht die Welt wieder anders aus.“ Bela versuchte seine letzten Worte zuversichtlich klingen zu lassen, doch es gelang ihm nicht so wirklich. So seufzte er noch einmal leise und legte dem Chilenen eine Hand auf die Schulter: „Komm, wir holen die Sachen und machen den Laden dicht. Ich werd nachher versuchen ihn zu erreichen... Und wenn er nicht ans Telefon geht schick ich ihm ein Fax oder buche einen Himmelsschreiber, der es über seinem Haus in die Luft schreiben soll... Ok, dafür müsste ich ihn erreicht kriegen, damit er auch aus dem Fenster guckt.“ Ein schwaches Lächeln umspielte Belas Lippen. Er hasste es einfach, wenn einer seiner Freunde litt, wobei es bei Rod fast noch eine Nummer stärker war. Vielleicht der Beschützerinstinkt oder etwas in der Richtung. Freundschaftlich legte er dem Jüngeren einen Arm um die Schultern und wartete, bis er die Zigarette ausgemacht hatte, bevor er ihn zurück in das kleine Studio zog. Für einen kurzen Moment hatte Rod die Befürchtung gehabt, dass Bela vielleicht auch zu Farin hätte gehen wollen und diesen Vorschlag dann laut aussprechen würde, doch in dieser Hinsicht hatte er zumindest Glück gehabt, denn er hätte auch gar nicht gewusst, wie er dem Drummer diese Idee hätte ausreden sollen. Es war nicht so, dass er ihn grundsätzlich nicht hätte dabei haben wollen oder dergleichen, doch irgendwie wollte er jetzt einfach alleine mit dem Blonden reden, auch, wenn er es sich selbst nicht so ganz erklären konnte. Es musste wohl mit seinen Gefühlen zusammen hängen. Auch über sein Gesicht huschte ein leichtes Lächeln, als er die Worte des Anderen hörte. Auf was für Ideen er nur wieder kam… Manchmal fragte er sich wirklich, wie seine beiden Bandkollegen eigentlich immer auf den ganzen Schwachsinn kamen, doch eigentlich war das auch nicht weiter wichtig. Auf jeden Fall war es immer lustig mit ihnen. Rod selbst hielt sich gerne da heraus, es machte ihm schon Spaß, ihnen einfach zuzuhören und dann seinen Senf dazu zu geben, wenn er gerade das Gefühl hatte, dass ein Kommentar vielleicht passte. „Okay…“, meinte er nur, machte seine Zigarette aus und ließ sich von Bela zurück ins Studio zerren, wo er schnell seine Sachen zusammen suchte, sich von dem Drummer verabschiedete und sich schließlich auf den Weg zu Farin machte. Dort angekommen zögerte er kurz, bevor er den Klingelknopf drückte. Was war, wenn er es ignorieren würde, dass er hier war oder wenn er immer noch viel zu sauer war? Doch schließlich fasste er ein wenig Mut und klingelte wirklich. Farin hatte es sich in seinem Wohnzimmer bequem gemacht und versuchte, sich etwas abzulenken indem er das tat, was ihm meistens half: Gitarre spielen. Doch es schien, als wäre der Tag verhext, immer wieder brach er ab, weil ein Ton falsch klang oder seine Stimme rau wurde. Er hatte grade wieder abgebrochen, als ein helles Läuten erklang. Eindeutig die Türklingel. Und noch bevor er aufgestanden war, um an die Tür zu gehen, noch bevor er die Tür geöffnet hatte, wusste er bereits, wen er auf der anderen Seite finden würde. Und genau diese Tatsache weckte ein Gefühl in ihm, bei dem er sicher war, dass er damit einwandfrei hätte singen können. Doch anstatt den Jüngeren freudestrahlend zu empfangen, trat er nur zur Seite und deutete mit einem leichten Kopfnicken auf den Flur. Zwar war Rod zu ihm gekommen, doch das änderte nichts daran, dass er ihn verletzt hatte. Zwar hatte er nicht mit ihm gesprochen wie es bei Bela der Fall war, doch sein Gefühl sagte ihm, dass die beiden sich eine Weile ausgetauscht, vielleicht sogar Kriegsrat abgehalten hatten. Kaum war Rod eingetreten, schloss Farin die Tür wieder, kam aber nicht umhin vorher einen kurzen Blick in den Himmel zu werfen als die Geräusche eines Propellerflugzeuges an sein Ohr drangen. „Was kann ich für dich tun?“ Er mied Rods Blick, denn diese dunklen Augen, die ihn manchmal so traurig ansahen, hätten die Mauer in seinem Inneren eingerissen und am Ende hätte er sich entschuldigt, bevor Rod auch nur Luft geholt hatte, um ihm zu antworten. Unruhig war Rod von einem Bein aufs andere getreten, solange die Tür noch verschlossen war. Als der Blonde endlich öffnete, wäre der Chilene ihm am liebsten um den Hals gefallen und hätte sich wieder und wieder entschuldigt, doch er musste diese Sache wohl etwas subtiler angehen, immerhin hätte das wohl einen komischen Eindruck erweckt. Aus diesem Grunde atmete er tief durch und überlegte einen Moment, wie er anfangen sollte. Eine Zigarette hätte er jetzt wirklich gut gebrauchen können, obwohl er eben vor dem Studio erst zwei hintereinander geraucht hatte. Er war einfach nervös, doch irgendwie würde es schon klappen. Es musste, auch, wenn er noch nicht wusste, wie das aussehen sollte. „Hi… Also…“ Wie sollte er sich nur entschuldigen? Ihm fiel auf, dass der Gitarrist seinen Blick mied und ihm fiel keine andere Erklärung dafür ein, als dass er noch immer ziemlich sauer auf ihn war und zu seiner eigenen Überraschung stellte Rod fest, dass ihm fast Tränen über die Wangen gelaufen wären, doch er konnte sich noch zusammen reißen. „Es tut mir Leid… Ich wollte dich nicht ignorieren, Jan. Wirklich nicht… Ich weiß, ich hab mich… scheiße verhalten, ziemlich sogar, aber das war keine Absicht… Ich wollte das wirklich nicht, ich hab nicht darüber nachgedacht… Tut mir wirklich Leid… Ich hoffe, du… kannst mir verzeihen.“ Seine Stimme zitterte, obwohl es eigentlich keine große Sache war. Ja, er war ohne jeden Zweifel wirklich verliebt… Farin hörte ihm zu, machte nicht mal Anstalten, ihn zu unterbrechen... Tatsächlich hätte er dies auch gar nicht geschafft, denn jedes Wort von Rod schien seine eigene Stimme zu schwächen und seinen Brustkorb zuzuschnüren. Als der Chilene fertig war, musste Farin sich mehrmals räuspern, bevor er sich traute etwas zu sagen: „Ich hab mich idiotisch verhalten und ziemlich überreagiert. Anstatt ruhig mit euch zu reden hab ich Dirk angeblökt und bin davon gerannt wie ein Kind. Aber...“ Der Blonde machte eine Pause, in der ihm klar wurde, dass er sich nun doch irgendwie entschuldigte. Doch irgendwie störte ihn dies gar nicht, er fühlte sich sogar schon etwas besser. „Ich hatte nicht das Gefühl mit euch drüber reden zu können, ich konnte heute ja gar nicht mit euch reden!“ Von der Entschuldigung zu den Vorwürfen, das war eindeutig ein Schritt in die falsche Richtung. Seufzend strich er sich durchs Haar und krallte sogar einen Moment die Finger in dieses. „Setzen wir uns ins Wohnzimmer. Kann ich dir etwas anbieten? Kaffee? Tee? Wasser?“ Das Gespräch bewegte sich immer mehr in eine Richtung, die es nicht einschlagen sollte, doch er konnte nicht anders, die Worte sprudelten einfach so aus ihm raus. Es gab nur eine Möglichkeit dies zu ändern. Anstatt den Weg ins Wohnzimmer oder in die Küche einzuschlagen drehte Farin sich um und sah nun in die Augen des Jüngeren. Er erschrak als er den Ausdruck in diesen sah, denn das war das Letzte, womit er gerechnet hatte. „Rod...“ Wieder schien seine Stimme zu schwinden, doch ein Räuspern war in dieser Situation mehr als unpassend. Also verzichtete er völlig auf Worte und ließ Taten sprechen, indem er den geringen Abstand zwischen ihnen überwand und den Dunkelhaarigen in seine Arme zog. Wie auf heißen Kohlen wartete Rod auf eine Reaktion des Blonden. Was würde sein, wenn sie sich streiten würden? Der Chilene wusste ganz genau, dass er in einem solchen Fall heute Nacht kein Auge zubekommen würde. Aber vielleicht würde es ja auch gar nicht dazu kommen, vielleicht würden sie sich versöhnen. Er musste es zumindest versuchen. Nach wie vor hatte er das Gefühl, dass ihm jeden Moment die Tränen kommen würden und er verfluchte sich dafür. Warum musste er sich ausgerechnet jetzt, wenn Farin dabei war, verhalten wie ein Mädchen? Das war doch sonst auch nicht seine Art. Sicher, manchmal mochte er sich sensibel verhalten, doch dass er jetzt fast angefangen hätte zu weinen, nur, weil er ein bisschen Streit mit Farin hatte, das war im Grunde schon ziemlich übertrieben und er konnte nur hoffen, dass dem Gitarristen es nicht irgendwie auffallen würde. Der Anfang von Farins Worten klang eigentlich schon mal ganz gut, denn es wirkte ganz so, als wäre er nicht mehr sauer auf ihn gewesen, doch als er dann fortfuhr, hätte Rodrigo ihm am liebsten den Rücken gekehrt und wäre weggerannt. Er machte ihm Vorwürfe… Natürlich, das tat er auch vollkommen zu Recht und dennoch wünschte er sich, dass er es nicht tun würde, denn jedes Wort kam ihm vor wie Peitschenhiebe, die er spürte und die laut in seinen Ohren knallten… Er wollte einfach nicht, dass Farin sauer auf ihn war, er wusste einfach, dass er das nicht ertragen konnte. Das ging nicht. „Das tut mir wirklich Leid… Ich… ich hab nicht darüber nachgedacht… Es war mir ja gar nicht aufgefallen… Ich hätte doch nie… ich hätte mich nicht so idiotisch verhalten… Und du hast nicht kindisch reagiert… Ich kann ja verstehen, dass du dich darüber aufgeregt hast… Wenn man so darüber nachdenkt, dann… haben wir dich ja wirklich ziemlich ausgeschlossen, aber das war keine Absicht… Wirklich. Bitte glaub mir das, Jan. Bitte.“ Er wusste selbst nicht, warum er eigentlich so schrecklich verzweifelt klang, doch irgendwie konnte er auch nicht wirklich etwas dagegen tun. Er schien nicht einmal mehr Herr seiner eigenen Stimme zu sein. Auf die Frage des Blonden schüttelte er nur den Kopf. „Nein… Ist schon gut… Mach dir meinetwegen keine Umstände… Höchstens ein Wasser… Aber bitte… keine Umstände.“, stammelte er und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Als er den Blonden anblickte, dauerte es nicht lange, bis er von diesem auch schon in die Arme gezogen wurde. Er war überrascht über diesen plötzlichen vollkommenen Sinneswandel des Älteren, doch zugleich konnte er nicht abstreiten, dass er diese Umarmung genoss, sehr sogar, schier unendlich. Er lehnte sich an ihn und atmete tief den Duft des Gitarristen ein. Am liebsten hätte er nun für immer so verharrt. Mit einem Schlag war dieses schreckliche Gefühl verschwunden und er fühlte sich wieder viel glücklicher. Und das alles nur durch diese Berührung von Farin. „Es tut mir wirklich Leid, Jan…“, betonte er noch einmal. Statt dem Chilenen zu antworten, schüttelte Farin nur leicht den Kopf und drückte den Anderen leicht an sich. Er hatte es zu weit getrieben und das nur wegen einer so kindischen Angelegenheit. Noch etwas zögernd hob er eine Hand und legte sie auf den Hinterkopf des Kleineren, um diesen noch ein wenig enger an sich zu drücken. „Hör auf... Du musst dich nicht entschuldigen, dafür hast du keinen Grund. Ich hab es übertrieben und das tut mir Leid...“ Sanft glitten seine Finger durch das schwarze Haar des Bassisten, bevor die Hand in dessen Nacken liegen blieb und leicht über diesen strich. „Komm, wir setzen uns jetzt ins Wohnzimmer und da bekommst du erstmal dein Wasser. Ja?“ Farin zog den Kopf ein wenig zurück um in die Augen des Anderen zu sehen und zum ersten Mal an diesem Tag erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. Liebevoll, fast schon zärtlich, strich er ihm ein paar Strähnen aus dem Gesicht und ließ die Hand kurz auf dessen Wange ruhen, bevor er ihn, noch immer leicht an sich gedrückt, ins Wohnzimmer führte. „Du wartest hier, ich bin gleich zurück!“ Noch einmal sah er ihm in die Augen und stellte erleichtert fest, dass sie wieder ein wenig ihres natürlichen Glanzes zurück hatten. „Mach nichts kaputt“, grinste der Ältere und strubbelte spielerisch durch Rods Haar, bevor er sich abwandte und kurz in der Küche verschwand. Wieder einmal war es über ihn gekommen, doch er hatte nichts dagegen. Er liebte es einfach den Ausdruck auf dem Gesicht des Kleineren zu sehen, wenn er dessen Frisur durcheinander brachte, fast so sehr wie die leicht unbeholfenen Gesten kurz danach, mit denen der Chilene versuchte es wieder zu richten. Überrascht ertappte Farin sich dabei, wie er leise vor sich hin pfiff, während er die Wasserflasche aus dem Kühlschrank nahm und ein wenig der klaren Flüssigkeit in ein bereit gestelltes Glas kippte. So weit war es also schon mit ihm... Grinsend stellte er die Flasche zurück und wieder ins Wohnzimmer, wo er einen Moment unbemerkt im Türrahmen stehen blieb und den Bassisten beobachtete. Er hasste es, wenn der Andere unglücklich war und wenn er dann auch noch der Grund dafür war... Es war fast schon unerträglich. „Da bin ich schon wieder!“ Mit diesen Worten stellte Farin das Glas auf dem Tisch ab und ließ sich dicht neben Rod auf die Couch fallen. Nach wie vor plagte den Jüngeren ein schlechtes Gewissen, auch, wenn Farin gesagt hatte, dass er keinen Grund gehabt hätte, sich zu entschuldigen. Er hatte doch eigentlich Recht gehabt: Sie hatten ihn wirklich ziemlich ignoriert und ausgeschlossen und das war nicht fair gewesen. Er hatte sich vollkommen unfair verhalten und da hatte er nun einmal ein schlechtes Gewissen, denn schließlich hatten sie den Blonden durch ihr Verhalten verletzt und das hatte einfach niemals in seiner Absicht gelegen, war es doch so ziemlich das letzte, was er wollte, Farin irgendwie zu verletzen, dafür bedeutete er ihm viel zu viel. „Du musst dich doch erst recht nicht entschuldigen…“ Der Chilene nickte nur, während Farin ihn ins Wohnzimmer bugsierte. Es gab nicht weiter etwas zu der Sache mit dem Wasser zu sagen, außer vielleicht, dass er das Gefühl hatte, es nicht verdient zu haben, dass der Gitarrist ihm auch noch irgendetwas anbot, nachdem er sich diesem gegenüber so mies verhalten hatte, doch er wusste, dass dieser ihm ohnehin widersprochen hätte, wenn er diesen Gedanken geäußert hätte, so gut kannte er ihn. Wieder einmal machte sich Farin an seinen Haaren zu schaffen, doch eigentlich machte es ihm gar nichts aus. Er liebte es sogar, wenn der Blonde ihm durch die Haare fuhr, obwohl er es sonst hasste, wenn sich irgendwelche Leute an diesen vergingen. Bei dem Gitarristen war dies jedoch etwas vollkommen anderes, er war wahrscheinlich der einzige, den er nicht anfauchte, wenn er es tat – sogar bei Bela reagierte er da weniger gelassen. Dennoch versuchte er, seine Haare wieder in ihre ursprüngliche Position zu bringen, während der Blonde in der Küche war – vergeblich. Sie waren eben einfach ziemlich widerspenstig, da konnte man nichts machen. „Das ist gut.“, meinte er nur, „Danke für das Wasser…“ Er nahm dem Größeren das Glas ab und blickte ihn dabei an, sah in seine Augen, woraufhin es ein paar Momente in Anspruch nahm, bis er sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren konnte: Trinken. Farin beobachtete Rod eine Weile, bis dieser schließlich sein Wasser trank. „Weiß Dirk eigentlich, dass du hier bist?“ Schnell hob der Blonde die Hände und sah den Anderen entschuldigend an. „Soll jetzt nicht so klingen, als wenn ihr das alles abgesprochen hättet oder so! Ist nur eine Frage, wirklich!“ Der Gitarrist lehnte sich wieder ein wenig zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Wenn nicht, wird er sicher nachher anrufen oder so. Oder er beauftragt einen Himmelsschreiber, jedenfalls sagt er das immer, wenn wir uns etwas gezofft haben.“ Farin räusperte sich mehrmals, bevor er dann die Stimme des Drummers so gut wie möglich imitierte: „Jan, es tut mir wirklich Leid, ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen! Ich war kurz davor, einen Himmelsschreiber zu engagieren!“ Grinsend sah er auf den Dunkelhaarigen. „Ich hätte das mal aufnehmen sollen, so oft, wie er das schon gesagt hat. Ich seh es schon kommen, irgendwann macht er das wirklich. Dabei sollte er wissen, dass ich ihm nie lange böse sein kann.“ Mit einem Schlag wurden sowohl seine Stimme als auch sein Gesichtsausdruck wieder ernster: „Genau so, wie du es eigentlich wissen müsstest. Ich hab zwar ab und an meine drolligen fünf Minuten, aber meistens bereue ich mein Verhalten schon während ich den ersten Satz sage. Nur leider rede ich mich dann so in Rage, dass ich es nur noch schlimmer mache und mich hinterher total schäme. Deshalb auch meine überstürzte Flucht, es war mir mehr als peinlich wegen solch banaler Sachen so auszurasten. Sonst wäre ich doch nie ohne mich zu verabschieden an dir vorbei.“ Ein trauriges Lächeln umspielte die Lippen des Blonden. Während er sprach hatte er sich leicht nach vorne gebeugt und starrte nun auf seine Hände, die er in den Schoß gelegt hatte. „Dirk hatte wohl Recht, ich war eifersüchtig. Das hatte ich schon mehrmals, keine Ahnung wieso. Ich weiß, es ist mehr als bescheuert, aber ich kann nichts dagegen tun!“ Der Chilene schüttelte bei der Frage des Anderen den Kopf. „Nein, er hat keine Ahnung, glaube ich zumindest. Ich hab ihm jedenfalls nicht gesagt, dass ich hierher komme, ich hab behauptet, ich würde nach Hause gehen… Ich weiß nicht genau, warum, aber… ich wollte lieber allein mit dir reden.“, gestand er und lächelte leicht. Ein Lachen drang aus seiner Kehle, als er Farins Worte bezüglich des Himmelsschreibers hörte. Es war wieder einmal offensichtlich, wie gut sich die beiden kannten, doch Rod musste zugeben, dass es ihn eigentlich auch nicht überrascht hätte, wenn der Drummer diese Worte in die Tat umsetzen würde. Für merkwürdige Ideen war dieser schließlich eigentlich immer zu haben. „Ja, eigentlich weiß ich das auch…“, entgegnete er, nachdem er einen Moment dazu geschwiegen hatte, „Aber du weißt doch… ich hasse es, mich zu streiten. Und wenn du sauer auf mich bist, das ist… die Hölle für mich.“ Er dachte einen Moment nach und hoffte, sich jetzt dadurch nicht irgendwie verraten zu haben. „Also… auch, wenn ich mich mit Dirk streite, natürlich.“ Das war nicht ganz gelogen, denn es war wirklich auch schrecklich für den Bassisten, sich mit diesem zu streiten, doch bei dem Blonden zog es ihm noch ein bisschen mehr herunter. „Naja, ist doch okay…“, meinte er dann noch auf Farins letzte Worte, „Wir haben dich ja auch wirklich ziemlich ignoriert, da ist es doch eigentlich verständlich, dass du eifersüchtig warst… Wir waren ja auch alles andere als fair dir gegenüber. Tut mir wirklich Leid.“ Farin ließ den anderen ausreden, starrte währenddessen allerdings weiterhin auf seine Hände. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, doch erst, als Rod seinen Satz beendet hatte, äußerte der Blonde sich dazu: „Also...“ Er atmete tief durch, fuhr dann allerdings fort, „ich glaube, wenn du dich noch einmal entschuldigst, werde ich dich töten müssen!“ Grinsend betrachtete er den Kleineren, musterte ihn schon fast. „Es ist wirklich okay. Aber eins muss ich jetzt mal loswerden...“ Wieder fand seine Hand den Weg in Rods Haare, welche er auch sogleich zerzauste. „Du bist verdammt süß, wenn du dich entschuldigst! Sonst natürlich auch.“ Seine Hand glitt zu der Schulter des Chilenen, welche auf der ihm abgewandten Seite lag. Schnell packte er diese und zog den Jüngeren erneut in eine Umarmung. „Mach nicht mehr so ein trauriges Gesicht. Du weißt doch ich kann dich nicht so sehen, da geht es mir sofort selbst schlecht...“ Er überlegte einen Moment, zwinkerte dem Kleineren dann allerdings zu: „Also... auch, wenn Dirk so traurig ist, natürlich!“ Er konnte es nicht lassen, dem Anderen die Zunge rauszustrecken. Und dann tat er etwas, was er sich sonst für ihre Bühnenshows aufhob: Er küsste ihn leicht auf die Schläfe. Auch auf die Lippen des Bassisten trat ein leichtes Lächeln, als er Farins Worte hörte. Zumindest bedeutete das alles hier, dass er nicht mehr sauer auf ihn war und das war ihm verdammt wichtig, wahrscheinlich noch sehr viel wichtiger, als der Blonde sich vorstellen konnte, doch er würde ihn bestimmt nicht aufklären, wie sehr es ihn mitnahm, wenn er sauer auf ihn war. Zu einem Teil konnte er es sich wohl ohnehin denken, kannte er doch immerhin den Charakter des Chilenen ganz gut. „Okay, ich werde es mir merken…“, sagte er daher nur und lächelte den Gitarristen an. „Ich will ja schließlich nicht, dass du mich töten musst, da lass ich die Entschuldigungen lieber stecken.“ Jetzt entfuhr ihm sogar ein leichtes Lachen. Farins Gesellschaft tat ihm so unendlich gut, doch er traute sich gar nicht, dies einfach auszusprechen. Er wollte eben einfach nicht zu viel von seinen Gefühlen preisgeben, schon gar nicht in diesem Fall. Manche Dinge blieben halt einfach lieber unausgesprochen. Er räusperte sich leicht, als Farin meinte, er sei süß, wenn er sich entschuldigte und auch ansonsten. „Warum süß…?“, fragte er vorsichtig, denn dies interessierte ihn jetzt schon, auch, wenn darauf wohl kaum ein Liebesgeständnis seitens des Blonden folgen würde. Trotzdem wollte er wissen, warum er das süß fand. Als er plötzlich die Berührung von Farins Lippen an seinem Kopf spürte, hielt er in seiner momentanen Bewegung und sogar in dem Atemzug, den er gerade nahm, inne. Was war das denn jetzt? Warum tat er das? Und auch, wenn es ihn vollkommen verwirrte, lächelte er wieder. Jede Berührung von dem Älteren hatte die Gabe, ihn zum Lächeln zu bringen. „Wofür war das denn jetzt?“ Farin lachte leicht und strich dem Kleineren sanft über den Kopf. „Also süß bist du, weil... Eigentlich find ich gar keinen richtigen Grund, du bist es einfach. Wie du dich um uns sorgst und wie du dich benimmst, das muss man einfach an dir lieben!“ Er lächelte den Dunkelhaarigen strahlend an. „Und das darf ich dir doch wohl mal zeigen, oder?“ Sein Lächeln wurde etwas schwächer, allerdings verblasste es nicht, es wurde nur sanfter, zärtlicher. „Ich hab bis jetzt wenig Menschen getroffen, die so waren wie du... Eigentlich nur einen.“ Der Blonde überlegte kurz und nickte sich dann selbst leicht zu. „Aber bevor wir jetzt zu sentimental werden, sollten wir etwas unternehmen. Der Tag ist noch jung und wir haben überraschend frei. Was hältst du davon, wenn wir gemeinsam kochen?“ Farin schien von seiner eigenen Idee recht begeistert zu sein, denn er strahlte wieder von einem Ohr zum anderen und sah den Anderen hoffnungsvoll an. „Ja? Komm schon, du kannst doch nichts geplant haben für heute! Wir gehen gleich einkaufen oder gucken, was ich hier hab und machen uns einen schönen Tag! Dirk muss ja nichts davon wissen... Und wenn doch, versprechen wir ihm, dass er beim nächsten Mal wieder mitmachen darf!“ Schnell packte der Gitarrist Rods Hände und sah ihm in die Augen. „Komm schon, Rod... Das wird sicher lustig!“ Im ersten Moment wusste Rod noch nicht so ganz, was er von den Worten des Blonden halten sollte. Er fand ihn süß… Und er sagte, dass man etwas an ihm lieben musste, doch natürlich meinte er es nicht so, wie der Chilene es sich gewünscht hätte und er würde es niemals so meinen. „Ach so…“, entgegnete er daher nur langsam und schloss kurz die Augen. Sentimental werden… ja, natürlich sollten sie etwas gegen diesen Zustand tun, nur dummerweise ging das in dem Falle des Bassisten nicht, er konnte gar nicht anders, als sentimental zu sein. Vielleicht lag es in seiner Natur, nachdenklich und sentimental zu sein, er konnte es nicht beurteilen, er war schon so schrecklich lange so und es würde sich wohl niemals etwas daran ändern. Er musste auf jeden Fall endlich versuchen, nicht mehr so viel darüber nachzudenken und sich irgendwie abzulenken, auch, wenn er noch nicht wusste, wie dies aussehen sollte. Vielleicht war Farins Vorschlag, zusammen etwas zu kochen da eine ganz gute Idee. Zwar würde er dabei immer noch Zeit mit ihm verbringen, aber es war ja auch gut möglich, dass er nicht immer an früher denken musste. „Okay, von mir aus können wir zusammen kochen.“ Er schwieg einen Moment und konnte nicht umhin, an Bela zu denken, der sich wahrscheinlich immer noch Vorwürfe machen, weil sie Farin ausgeschlossen hatten. Vielleicht war es ihm gegenüber auch ganz schön unfair, wenn er jetzt mit dem Gitarristen kochte, während der Drummer zuhause saß und sich Gedanken machte. „Ich weiß nicht, ich mach mir aber gerade Gedanken um Dirk… Er sitzt bestimmt noch Zuhause und macht sich Vorwürfe, weil wir dich so blöd behandelt haben… Vielleicht solltest du ihm wenigstens Bescheid sagen, dass du nicht sauer bist oder so…“ Der Blonde überlegte kurz, wobei er sich wieder zurück sinken ließ und den Kopf leicht in den Nacken legte. „Ja, stimmt... Pass auf, ich ruf ihn an und sag, er soll nachher vorbeikommen, dann essen wir zusammen! Wenn er jetzt schon her kommen würde... Das wäre ein Chaos in der Küche!“ Farin warf Rod einen kurzen Blick zu bevor er aufstand und zum Telefon ging. „Du kannst gern schon mal in die Küche und gucken, was ich so hab, dann können wir zur Not noch was einkaufen. Ich ruf eben Dirk an.“ Mit diesen Worten schnappte sich Farin das silberfarbene Telefon und klickte sich kurz durch die gespeicherten Nummern, bis er die des Drummers gefunden hatte und abhob. Allerdings legte er schon nach wenigen Sekunden wieder auf: „Besetzt... Ich ruf ihn schnell auf dem Handy an!“ Wieder ging er die gespeicherten Nummern durch und hob ab, als er Belas Handynummer gefunden hatte. Schneller als erwartet wurde am anderen Ende abgehoben: „Jan, es tut mir Leid, Rod und ich wollten dich nicht ignorieren oder so, wirklich, das musst du mir glauben, ich würde Rod ans Telefon holen, aber er ist nicht da, wir sind beide losgefahren, bitte sei nicht mehr sauer auf uns-“ „Ist ja gut!“ Der Gitarrist grinste leicht, als er Bela schwer atmen hörte. Kein Wunder, hatte dieser doch grade schneller gesprochen als Scatman John zu Lebzeiten 'gerappt' hatte. „Du bist uns nicht böse?“, erklang die Stimme des Älteren hoffnungsvoll. Farin grinste etwas breiter: „Nein, bin ich nicht.“ „Wirklich?“ „Ja, Dirk!“ „Okay, warte kurz!“ Ein leichtes Rascheln war am anderen Ende zu hören, kurz danach die leise Stimme des Drummers, der sich anscheinend wieder dem Festnetztelefon gewidmet hatte und nun die Unterhaltung mit dem ersten Gesprächspartner wieder aufgriff: „Ja, ich bin wieder da. Vergessen Sie die Sache, hat sich grad alles geklärt. Aber schicken Sie mir doch bitte trotzdem die Preisliste fürs Himmelsschreiben, nur für den Fall der Fälle. Wiederhören!“ Wieder kurzes Geraschel, dann war Belas Stimme klar und deutlich zu hören: „Da bin ich wieder! ...Jan? Bist du noch da?“ Farin prustete los, schaffte es allerdings noch, dem Kleineren die Einladung zu überbringen und sich von ihm zu verabschieden, bevor er laut lachend auflegte. Die Idee, dass Bela mit ihnen essen sollte, fand Rod wirklich gut und er hoffte nur, dass der Drummer nicht sauer auf ihn sein würde, weil er alleine zu Farin gegangen war, ohne ihm Bescheid zu sagen, denn auf noch mehr Streit hatte er nun wirklich keine Lust, doch auf der anderen Seite hätte er es wirklich als unheimlich unfair empfunden, ihm gar nicht erst Bescheid zu sagen, so dass er sich weiterhin Vorwürfe machen musste, während er selbst hier bei Farin zuhause war und sich gerade wirklich wieder sehr gut mit diesem verstand. In der Küche sah der Chilene wirklich erst einmal nach, was Farin so im Haus hatte, wobei ihm durch den Kopf ging, was sie eigentlich machen wollten. Sie hatten sich ja noch gar nichts überlegt und so wusste er nicht, wonach genau er jetzt eigentlich gucken wollte. Da der Blonde allerdings gerade noch am Telefonieren war, wollte er jetzt auch nicht ins Wohnzimmer rufen. Dann würde er sich eben erst einmal ein bisschen umsehen und ihn dann fragen. Während er seine Bestandsaufnahme machte, hörte er plötzlich, wie der Gitarrist im Wohnzimmer anfing zu lachen und er fragte sich, was wohl passiert war, dass er sich so amüsierte. Mit einem prüfenden Blick aus dem Fenster stellte der Bassist fest, dass zumindest kein Himmelsschreiber draußen herumflog. Nachdem Farin aufgelegt hatte, steckte der Jüngere den Kopf zur Wohnzimmertür hinein: „Was ist passiert?“ Nur langsam kam der Blonde zur Ruhe. Doch als er Rod sah, der grade in der Tür erschien, hätte er fast wieder los gelacht. Er fuchtelte leicht mit den Händen rum, womit er dem Kleineren signalisieren wollte, dass der sich kurz gedulden möge. Mehrmals atmete der Gitarrist tief durch und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. Erst dann ging er zu Rod und erklärte diesem - noch immer breit grinsend - was grade passiert war: „Ich denke mal, Dirk wird vorbei kommen... Konnte seine Antwort nicht abwarten, hätte aber eh nichts verstanden weil ich so lachen musste.“ Er atmete erneut tief durch und räusperte sich, womit er den aufkommenden Lachanfall unterdrücken wollte. Nach einigen Sekunden fuhr er fort: „Also Dirk hat ja grade auf dem Festnetz telefoniert, nur deshalb hab ich auf seinem Handy angerufen. Naja, als er mitbekommen hat, dass ich nicht sauer bin, hat er kurz mit dem anderen Gesprächspartner gesprochen... Und wenn ich richtig gehört habe, wollte er diesmal tatsächlich einen Himmelsschreiber engagieren! Jedenfalls will er für alle Fälle die Preisliste haben!“ Nun konnte Farin einfach nicht mehr, erneut lachte er los, wobei er sich leicht auf der Schulter des Kleineren abstützte. „Man, warum hab ich ihn angerufen? Hätte echt zu gerne gesehen, was er für einen Text wählt! Man, das nächste Mal warte ich mit dem Anruf!“ Grinsend sah er den Jüngeren an. „Also halt mich ab jetzt immer davon ab, wenn ich ihn anrufen will!“ Auch der Chilene musste lachen, als der Andere ihm erzählte, was Bela vorgehabt hatte. Nicht, dass ihn diese Aktion noch sonderlich überrascht hätte, aber lustig war es dennoch. Der Drummer war einfach ein verrückter Kerl, doch da war er in dieser Band nicht der Einzige, war ihr Gitarrist doch ziemlich auch auf liebenswerte Art und Weise irgendwie irre. Und er selbst? Manchmal kam er sich viel normaler vor als die beiden, vielleicht, weil er ruhiger war, doch auf der anderen Seite musste man wohl auch irgendwie verrückt sein, wenn man mit diesen beiden in einer Band spielte. Wie auch immer, er genoss es nach wie vor und trotz seiner Liebe zu Farin, die er einfach niemals überwinden konnte, hatte er es bis heute eigentlich niemals bereut, dass er als Bassist bei Die Ärzte eingestiegen war. „Warum überrascht mich das jetzt eigentlich nicht?“, fragte er lachend, „Okay, ich werds versuchen, aber für mein schlechtes Gewissen kann ich leider nicht garantierend.“ Ein leichtes Lächeln ging über sein Gesicht. „Aber das mit dem Himmelsschreiber würde ich eigentlich auch gerne sehen.“ Nachdem sich die beiden wieder einbekommen hatte, blickte der Jüngere Farin wieder an. „Was wollten wir eigentlich kochen? Ich hab mich ein bisschen bei dir umgesehen, aber ich wusste nicht so richtig, wonach ich eigentlich gucken soll.“ Auf jeden Fall mussten sie etwas finden, womit sowohl Farin als auch Bela gut leben konnte, was bei den beiden manchmal gar nicht so einfach war, denn ihre Geschmäcker gingen in Sachen Essen wirklich sehr weit auseinander. Gemeinsam gingen sie wieder in die Küche, wo Farin sich kurz umsah. „Das ist eigentlich eine gute Frage... Wie wäre es mit einem Nudelauflauf? Schlicht und einfach, schmeckt aber trotzdem!“ Der Blonde ging kurz im Kopf einige Rezepte durch, nickte dann allerdings. „Wir könnten natürlich auch eine Pizza machen, da hätte Dirk sicher nichts gegen. Allerdings müssten wir dann noch ein paar Sachen holen, was aber nicht das Problem sein dürfte.“ Mit einem leichten Lächeln betrachtete er den Jüngeren und lehnte sich an die Arbeitsplatte, welche sich hinter ihm befand. „Was möchtest du denn essen? Worauf hast du Appetit? Und sag jetzt nicht, du richtest dich nach uns, beziehungsweise nach mir. Ich will deine Meinung hören! Du musst dich nicht immer mit dem zufrieden geben, was wir dir vorschreiben, das tust du viel zu oft.“ Der Blonde legte den Kopf etwas schief, ließ den Blick allerdings noch immer auf den Chilenen gerichtet. „Ich will einfach mal wissen, was du möchtest... Wie gesagt, wir können noch einkaufen, genug Zeit haben wir noch.“ Als wolle er zeigen, dass er sich raus hielt, hob Farin die Hände und zog seine Schultern leicht hoch. „Ich richte mich ganz nach dir!“ Der Bassist konnte nicht umhin, leicht zu seufzen, als der Ältere meinte, dass er nicht sagen sollte, dass es ihm egal sei und dass er sich lieber nach ihnen richten würde. Sein Bandkollege kannte ihn einfach zu gut, denn genau das hätte Rodrigo im Normalfall jetzt gesagt, so aber musste er sich entscheiden. Nicht, dass das wirklich ein Problem dargestellt hätte, doch er hasste es einfach, wenn sich wegen ihm irgendjemand Umstände machen musste, vollkommen gleich, welcher Art diese Umstände auch sein mochten. Vielleicht dachte er zu viel über solche Sachen nach, aber so war er nun einmal und das konnte er nicht einfach abstellen, schließlich waren seine Gedanken und Gefühle keine Sache, die er einfach abstellen konnte, indem er irgendeinen Knopf drückte – obgleich er sich dies schon ziemlich oft gewünscht hätte, das konnte er insgeheim nicht leugnen. „Okay, in dem Fall wäre ich für Nudelauflauf… Pizza haben wir ja neulich erst bei Dirk gegessen.“ Auf diese Art hatten sie zumindest ein bisschen Abwechslung und sie mussten nicht noch einkaufen gehen. Sicher, das wäre auch nicht weiter schlimm gewesen, hätte jedoch auch nur wieder irgendwelche Umstände bedeutet. So war es wirklich einfacher. Ein leichtes Lächeln ging über sein Gesicht. „Siehst du, ich hab mich entschieden. War ganz leicht.“, meinte er, wobei ihm anzuhören war, dass er sich ein bisschen über die Tatsache, dass Farin ihn zu einer Entscheidung in dieser Sache gedrängt hatte, amüsierte. Farin nickte zufrieden und trat auf den Kleineren zu. „Siehst du? War doch gar nicht so schlimm, oder? Beim nächsten Mal bekommst du aber keine Vorgaben, klar?“ Spielerisch zerzauste er ihm das Haar und ließ seine Hand einen Moment auf dem Kopf des Chilenen ruhen. „Okay, dann gucken wir mal, wo alles ist. Du kannst schon mal zwei Töpfe raus holen und die Auflaufform, alles im Schrank überm Herd. Ich such die Zutaten.“ Einen Augenblick bleib der Blonde noch stehen und betrachtete seinen gegenüber, doch dann drehte er sich mit einem leichten Lächeln um und trat an den Kühlschrank, um einige der Zutaten zu suchen. Als er sich sicher war, dass der Andere nicht hinsah, strich er sich mit gespreizten Fingern durchs Haar. Er war verwirrt, sehr verwirrt sogar, wollte sich allerdings nichts anmerken lassen. Wieder einmal hatte es Rod geschafft, ihn aus der Fassung zu bringen und das ohne etwas Bestimmtes zu machen. „Ach ja, falls du Bier trinken willst, sag es am besten jetzt schon, dann fahr ich gleich noch mal zur Tankstelle und hol welches. Kannst natürlich auch hier schlafen, damit es nicht zu stressig für dich wird!“ Während Farin sprach suchte er mit Blicken das Kühlschrank Innere nach einigen der Zutaten ab. Der Chilene lächelte leicht. „Ich glaub, dann fällt mir auch schon irgendwie was ein… Ich werde langsam immer besser darin, eigene Entscheidungen zu treffen.“, witzelte er und betrachtete den Anderen eine ganze Weile und schloss genüsslich die Augen, während er ihm durch die Haare wuschelte. „Das macht dir richtig Spaß, kann das sein?“ Wieder schwang ein amüsierter Tonfall in seiner Stimme mit. Farin hatte wirklich Glück, dass Rod ihn nicht zur Schnecke machte, weil seine Hände sich immer wieder in seine Haare verirrten – aber so war das nun mal. Er konnte diesem Mann eben nicht richtig böse sein. Er schwieg nun, während er alles, was sie an Utensilien benötigten, zusammen suchte und erst einmal auf dem Tisch abstellte, während der Gitarrist noch immer im Kühlschrank herum wühlte und beobachtete diesen mit einem sanften Lächeln, bereit, sofort wieder einen mehr oder weniger neutralen Gesichtsausdruck aufzusetzen, wenn der Andere sich zu ihm umdrehen würde. Als dieser dann noch etwas mit Bier erwähnte, schüttelte der Bassist nur leicht den Kopf. „Nein nein, das ist schon okay. Ich werd nur zwischendurch mal rausgehen und eine rauchen, dann bin ich schon zufrieden.“ Er grinste leicht. „Du brauchst dir also keine Umstände zu machen.“ Während Rod sprach, stapelte Farin einige der Sachen in seinen Armen, hörte allerdings aufmerksam zu. „Ah, gut, dass du davon sprichst! Ich hab was gekauft, extra für deine Besuche!“ Schnell legte der Blonde die Sachen auf den Tisch und trat leicht gegen die Kühlschranktür, woraufhin diese zu fiel. „Warte, bin gleich wieder da!“ Ein geheimnisvolles Lächeln umspielte seine Lippen, während er ins Wohnzimmer eilte. Nur wenige Sekunden später kam er zurück, die Hände hinterm Rücken verborgen. „Da bin ich auch schon wieder! Also wie gesagt, hab etwas für dich besorgt. Zwar wird es hier im Haus bleiben, aber trotzdem gehört es dir. Du bist nämlich der Einzige, der es nutzt...“ Mit einem fast schon verlegenen Grinsen zog er die Hände nach vorne. Zum Vorschein kam ein silberfarbener Aschenbecher, auf dem in verschnörkelter Schrift Rods Name eingraviert war. „Das heißt jetzt nicht, dass ich deine Raucherei gut finde oder so, mir wäre es lieber, wenn dieser und alle anderen Aschenbecher in deinem Umfeld leer blieben! Aber da Dirk von mir seinen eigenen Flaschenöffner bekommen hat, dachte ich mir... Naja... Wie gesagt, ich unterstützte es nicht! War nur so eine Idee, als ich den gesehen hab. Und... Naja...“ Farins Stimme wurde immer leiser und unsicherer, bis er schließlich verstummte und auf den Aschenbecher sah, welchen er dem Jüngeren leicht entgegen streckte. „Vielleicht klappt es ja irgendwann doch mit dem Aufhören, ich würd mich freuen“, nuschelte der Blonde und ein leichter Rotschimmer zierte seine Wangen. Gespannt blickte der Jüngere Farin nach, während dieser verschwand. Was mochte jetzt kommen? Ehrlich gesagt hatte er absolut keine Ahnung, doch er würde es sicherlich gleich sehen – immerhin war der Blonde ja schon dabei, was-auch-immer-er-besorgt-hatte zu holen. Kaum hatte er diesen Gedanken im Kopfe fertig formuliert, kam Farin auch schon wieder – mit einem Aschenbecher in der Hand. Ein Grinsen ging nun über das Gesicht des Bassisten, als er den Gitarristen ansah. „Danke, der gefällt mir.“, meinte er nur, auch, wenn es ihn überraschte, so etwas ausgerechnet von Farin, dem großen Raucherfeind zu bekommen. Nun gut, Raucherfeind war vielleicht etwas übertrieben, denn dieses Wort hätte ja ausgesagt, dass der Blonde ein Feind aller Raucher gewesen wäre und sie waren ja nicht verfeindet, aber Farin hasste das Rauchen nun mal und das war auch kein Geheimnis. Auf der anderen Seite konnte er aber auch Alkohol nicht leiden und hatte Dirk dennoch einen eigenen Flaschenöffner geschenkt, das stimmte schon. „Danke schön.“, meinte er noch einmal und nahm das Geschenk entgegen. Als der Blonde die Sache mit dem Aufhören ansprach, schwieg er einen Moment. Im Grunde lag es nicht in seiner Absicht, mit dem Rauchen aufzuhören, er hatte gar keine Lust dazu, doch wenn der Größere das so ansprach, dann fing er tatsächlich an, darüber nachzudenken. Er würde sich freuen, hatte er gerade gesagt und eigentlich gefiel es dem Chilenen, wenn Farin Urlaub sich über irgendetwas freute… „Wer weiß…“, entgegnete er daher nur langsam und verfiel dann in nachdenkliches Schweigen. Ja, Jan schaffte es wirklich, ihn auf Gedanken zu bringen, die er sonst niemals ansatzweise in Erwägung gezogen hätte. Langsam nahm Farins Gesicht wieder seine natürliche Farbe an, doch er wirkte noch immer etwas verlegen. Glücklicherweise schien Rod etwas nachdenklich zu sein, denn so bemerkte er dies wahrscheinlich nicht - so hoffte Farin jedenfalls. „Okay, also du kannst ihn ja demnächst einweihen! Aber erstmal wird gekocht. Wir kommen sicher nicht mehr dazu, wenn Dirk hier ist. Also los, ich kümmer mich ums Gemüse schneiden, du könntest...“ Und da brach der Blonde ab, während er sich langsam um die eigene Achse drehte. Es gab nicht viel zu tun, abgesehen vom Gemüse schneiden. Zwar musste später alles in eine Pfanne und später in eine Auflaufform, aber das dauerte ja noch. „Na komm, wir zerhacken gemeinsam das Grünzeug und schmeißen es danach in die Pfanne zum anbraten.“ Wieder sah der Gitarrist zu dem Jüngeren, der noch etwas nachdenklich wirkte. Unsicher betrachtete Farin das Geschenk. „Gefällt er dir nicht? Verdammt, ich hätte doch lieber das Zippo nehmen sollen! Das wirkt viel edler und du kannst es mit dir rum tragen. Da hätt ich deinen Namen schließlich auch eingravieren lassen können. Außerdem war es nicht matt wie der Aschenbecher, sondern richtig schön glänzend. Und das kannst du ja auch mal woanders gebrauchen, weil es nicht so komisch aussieht, wenn du mit einem Zippo rumrennst, es sei denn in der Nähe war ein Fall von Brandstiftung. Aber den Aschenbecher kannst du nicht mit dir rumtragen! Okay, sollst du ja auch nicht, der soll ja hier bleiben, damit sozusagen ein Teil von dir hier ist. Hey, vielleicht kann ich das Zippo ja doch noch holen! Dauert sicher nicht lange, bei dem Aschenbecher hat die Gravur höchstens 48 Stunden gedauert! Komm, schmeiß ihn weg, wenn er dir nicht gefällt, du bekommst das Feuerzeug! Warum hab ich mich auf mein erstes Gefühl verlassen...?“ Es schien, als würde der Größere gar nicht mehr Luft holen, es sprudelte aus ihm heraus wie ein Wasserfall. Allerdings wurde seine Stimme gegen Ende zu einem leisen Murmeln, da er nun mehr zu sich selbst sprach. Fast schon wütend schnappte er sich eine Tomate, die kurz darauf zerstückelt wurde. „Okay, dann helf ich dir mit dem Grünzeug.“, entgegnete er mit einem Lächeln und blickte den Blonden an. Mit einer Sache hatte er ohne jeden Zweifel Recht – wenn Bela eintreffen würde, dann würden sie dazu ohnehin nicht mehr kommen, denn es war eine Tatsache, dass der Drummer in der Küche eine einzige Katastrophe darstellte, weshalb Rod – und wohl auch Farin – immer dankbar dafür waren, dass sie in der Regel Pizza oder dergleichen bestellten, wenn sie sich bei Bela trafen. Insgeheim vermutete der Chilene, dass sogar der Schlagzeuger selbst für diese Tatsache ganz dankbar war, denn auch, wenn es gemein war, er konnte sich nicht vorstellen, dass Bela sein eigenes Essen gerne aß. Als Farin schließlich anfing, in einer phänomenalen Geschwindigkeit zu reden und das alles scheinbar ohne auch nur einmal Luft zu holen, wurden die Augen des Bassisten immer größer. Zum einen hatte er nicht den Eindruck entstehen lassen wollen, dass der Aschenbecher ihm nicht gefallen hätte, denn dies war ganz und gar nicht der Fall, er gefiel ihm doch schließlich und zum Anderen fragte er sich wieder einmal, wie ein Mensch nur so schnell reden konnte. Eine Sache, die ihn wirklich immer wieder vor ein Rätsel stellte, denn er selbst wäre niemals dazu in der Lage gewesen und er kannte auch sonst niemanden, der so schnell sprechen konnte wie der Gitarrist. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn dieser ins Guiness-Buch der Rekorde hätte gehen können als schnellster Redner der Welt oder dergleichen, es war wirklich immer wieder verblüffend. „Jan…“, meinte Rod schließlich, als der Andere seinen Monolog endlich beendet hatte, „Es gefällt mir. Ich war nur kurz in Gedanken, aber das hatte nichts damit zu tun. Also doch, indirekt schon, als du das mit dem Aufhören gesagt hast, musste ich darüber kurz nachdenken, aber mehr war da nicht. Der Aschenbecher gefällt mir wirklich.“ Er grinste leicht. „Und das Zippo kannst du mir ja zum Geburtstag schenken.“ Dann hätte ich immer einen Teil von ihm bei mir…, ging es ihm durch den Kopf, wobei er natürlich an das denken musste, was Farin soeben gesagt hatte. Er wollte einen Teil von ihm hier haben…? Fast hätte er den Kopf geschüttelt, doch er hatte Angst, dass Farin das wieder in den falschen Hals bekommen würde, weshalb er nichts dergleichen tat. Es hatte wohl keine Bedeutung. „Aber sag mal… Hast du eine zweite Lunge irgendwo versteckt?“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Ich meine, weil du so schnell sprechen kannst… Du musst doch auch irgendwann mal Luft holen!“ Selbst, wenn er es gewollt hätte, so hätte der Blonde es wohl kaum geschafft, den erleichterten Gesichtsausdruck und das damit verbundene Lächeln zu verbergen. „Wirklich? Das freut mich. Das Zippo bekommst du dann später mal, versprochen. Aber damit dräng ich dich ja echt fast dazu, weiter zu rauchen... Vielleicht sollte ich dir lieber eine Dose kaufen, in der man Nikotin-Kaugummis aufbewahren kann...“ Als Rod die Sache mit der zweiten Lunge erwähnte, sah er ihn einen Moment etwas verwirrt an, lachte dann allerdings auf. „Nein, nicht, dass ich wüsste. Vielleicht würde dir das auch gelingen, wenn du mit dem Rauchen aufhörst!“ Breit grinsend sah er auf den Aschenbecher, dann wieder in die Augen des Chilenen. „Aber wie sollst du das schaffen, wenn dein geliebter Gitarrist dir solche Geschenke macht? Ich weiß, ich bin ein böser Jan... Aber jetzt sollten wir kochen!“ Als wolle er seine Aussage damit bekräftigen, schob Farin die Ärmel seines Shirts hoch und schnitt weiter einige der Tomaten in kleine Würfel. „Ah, kannst du in den einen Topf schon mal Wasser füllen und die Nudeln rein kippen? Die müssen ja noch kochen!“ Lächelnd blickte der Ältere über seine Schulter: „Und du kannst dir schon mal einen Nachtisch überlegen, da werde ich dir nämlich KEINE Vorgaben machen!“ Dass der Gitarrist ihn jetzt endlich richtig verstanden hatte, beruhigte Rodrigo schon ziemlich, denn er hatte ja wirklich keinen falschen Eindruck bei ihm entstehen lassen wollen. Es freute ihn… ja, und was Farin freute, das freute auch Rod, auch, wenn er es nicht übermäßig heraushängen ließ, aber das musste ja auch nicht sein, schließlich konnte er sich auch einfach im Stillen mit dem Blonden freuen. „Das macht auch nichts. Ich habe ja nicht gesagt, dass ich aufhören will, nur, dass ich ganz kurz darüber nachgedacht habe eben.“, entgegnete er dennoch und es entsprach voll und ganz der Wahrheit, immerhin störte es ihn ja nicht, dass er rauchte. Doch wenn er sich zwischen Farin und seinem Laster entscheiden müsste – nun, der Mann, den er liebte, würde diesen Kampf natürlich ohne Weiteres gewinnen, doch solange es nicht sein musste, hatte er es auch nicht vor, denn er hatte keine Lust, sich das Rauchen abzugewöhnen, er brauchte das eben. Auch Rod musste lachen und blickte den Anderen an. „Ja, vielleicht, aber ich glaub, so schnell will ich gar nicht reden können, ich müsste ja nur Angst haben, dabei zu ersticken.“, witzelte er und sah dem Älteren in die Augen. Als er jedoch die Worte 'geliebter Gitarrist' vernahm, war ihm, als hätte sein Herzschlag für einen Moment ausgesetzt und sofort erstickte sein Lachen. Er dachte gar nicht erst darüber nach, dass das vielleicht auffällig sein mochte, es war einfach eine Reaktion. Geliebter Gitarrist… Wenn er doch nur gewusst hätte, wie Recht er damit hatte… Schließlich zwang er sich wieder zu einem leichten Lächeln, auch, wenn er das Gefühl hatte, dass es im ersten Moment schrecklich aufgesetzt wirkte. „Jetzt sag bloß nicht, dass du die Nudeln so da reinschmeißt.“ Während er sprach, nahm er einen der Töpfe, füllte ihn mit Wasser und setzte es auf. „Man soll warten, bis das Wasser kocht.“ Gespielt entsetzt schüttelte er den Kopf und atmete einmal kurz durch. Hoffentlich war Jan doch nichts aufgefallen… „Nachtisch…? Ähm… Wie wäre es mit Eis?“ Wieder atmete er einmal tief durch, nach wie vor gingen ihm die Worte 'geliebter Gitarrist' nicht aus dem Kopf… Eine rauchen war auf einmal ziemlich verlockend. „Gut, dann gibt es Eis! Die Sorte wirst du aber auch noch wählen müssen, mein lieber Rod!“ Grinsend widmete Farin sich wieder den restlichen Tomaten, die er gekonnt in Würfel schnitt und zu den anderen kippte. „Und wegen dem Wasser...Ich wusste, da war was! Ist wohl besser, wenn du dich um die Nudeln kümmerst, wer weiß, was ich damit anstelle!“ Der Blonde widmete sich nun dem restlichen Gemüse, welches er allerdings vorher gründlich abspülte. „Wenn das im Ofen ist, können wir uns ja etwas nach draußen setzen, damit du endlich deinen Schmachter bekämpfen kannst. Vielleicht sollten wir da essen, das Wetter ist gut genug, wir werden sicher nicht erfrieren.“ Er wartete einen Moment, bis das meiste Wasser aus dem Sieb getropft war, bevor er dieses auf den Tisch stellte und nun wieder der Reihe nach alles klein schnitt. „Warum machen wir das eigentlich nicht häufiger? Ich freue mich schließlich immer, wenn ihr mal vorbei kommt und du weißt doch, dass für dich immer ein Bett hier frei ist. Und falls nicht, wenigstens der Platz neben mir in meinem Bett- Fuck!“ Das letzte Wort schrie Farin fast, während das Messer aus seiner Hand glitt und zu Boden fiel. Die andere Hand hatte er bereits zu seinem Mund geführt. „Scheiße, ich sollte gucken, was ich mache... Die meisten Unfälle passieren eben doch im Haushalt“, meinte er nuschelnd, während der verletzte Zeigefinger in seinem Mund steckte. „Ich schmecke Blut... Vielleicht sollte ich den Finger aus dem Fenster halten, um Dirk anzulocken. Wahrscheinlich wäre er dann sogar mal pünktlich!“ Er seufzte und setzte eine gespielt gequälte Miene auf, als würde ihn die Entscheidung in diesem Fall wirklich komplett überfordern, doch in Wirklichkeit fiel es ihm in diesem Fall erstaunlich leicht. „Zitroneneis.“, meinte er nur und konnte sich ein Grinsen jetzt nicht verkneifen. Zum einen mochte er dieses Eis und zum anderen gab es ein gleichnamiges Lied von Farin – wirklich perfekt. „Okay, scheint wirklich besser zu sein.“, sagte er mit einem leichten Kopfschütteln und wartete darauf, dass das Wasser anfangen würde, zu kochen, damit er die Nudeln hinzugeben konnte. „Raus gehen klingt gut…“ In der Tat gefiel ihm das, denn er hatte jetzt wirklich das dringende Verlangen, sich eine Zigarette anzuzünden, nur würde er dies natürlich in Farins Haus unterlassen – aber rausgehen klang aus genau dem Grund wirklich sehr gut, denn auch, wenn der Blonde offenbar nicht bemerkt hatte, wie er auf diese beiden Worte reagiert hatte, brauchte er dringend etwas zur Beruhigung – und dieses Gefühl wurde nur noch verstärkt, als der Gitarrist auf einmal regelrecht anfing zu schreien. Da er sich inzwischen relativ gut in diesem Haushalt auskannte, fing er schweigend an, in einer der Schubladen zu kramen, wo er schließlich auch fand, was er suchte – Pflaster. Ja, es war wirklich immer praktisch, so was nicht nur im Erste-Hilfe-Kasten, sondern auch in der Küche zu haben, wie eben gerade mal wieder von Farin Urlaub bewiesen worden war. Vorsichtig nahm er die Hand des Blonden und zog sie sanft zu sich, wo er sie sich erst einmal ansah. „Naja, scheint nicht allzu tief zu sein…“ Mit einem sanften Lächeln klebte er ein Pflaster auf den Schnitt. „Aber stimmt, das würde ihn bestimmt anlocken.“ Plötzlich hörte der Chilene etwas hinter sich brodeln und wirbelte herum, wobei er feststellte, dass das Wasser kurz vorm Überkochen war. „Oh, fuck, das hab ich jetzt voll vergessen.“, brummte er und fing an, herumzuhantieren. Kochendes Wasser… Wieder wurden Erinnerungen wach. Und abermals versuchte er, diese zu verdrängen. Kaum hatte Rod seine Hand genommen, hielt Farin auch schon still und ließ sich verarzten. „Danke... Tut auch schon gar nicht mehr weh“, grinste er, zuckte dann allerdings ebenfalls zusammen, als er das kochende Wasser hörte. „Ich halte dich von deinen Pflichten ab, tut mir Leid!“ Farin spülte kurz das Messer und das Brett ab, ebenso wie seine Hände und schnitt nun - sehr viel vorsichtiger - den Rest des Gemüses klein. „Also ich bin fertig, muss nur noch angebraten werden. Verdammt, ich muss noch Tofuwürfel schneiden und in den anderen Topf packen!“ Seufzend ging er noch einmal zum Kühlschrank und durchsuchte diesen. „Ach ja, ich hab gar kein Zitroneneis hier oben, das ist im Keller... Ja, ich habe immer welches da, kann ich nichts gegen machen, es ist fast eine Sucht! Ich hol es dann nachher hoch, hat ja noch Zeit.“ Schnell war auch der Tofu geschnitten und in den noch leeren Topf gekippt, dessen Boden mit einer dünnen Ölschicht bedeckt war. „Und? Wie weit sind die Nudeln? Sobald der Tofu fertig ist, kann das Gemüse mit angebraten werden und alles in die Form...“ Farin sah zur Seite und bemerkte erst jetzt, wie dicht er bei Rod stand. Dies ließ sich jedoch nicht vermeiden, hatten sie doch beide am Herd zu tun. „Sorry wegen der Enge, vielleicht sollte ich mir einen zweiten Herd zulegen!“ „Dann bin ich ja beruhigt.“, entgegnete der Jüngere nur und lächelte nun, während er den Anderen betrachtete. „Kein Problem.“ Er wandte sich nun wieder dem Topf zu und kümmerte sich um die Nudeln, wobei er eine Weile schwieg. Wenn ihm jetzt der Topf über die Hose gekippt wäre – nicht, dass die Gefahr wirklich bestanden hätte – dann wäre das nicht nur äußerst schmerzhaft geworden, sondern er hätte auch noch Angst gehabt, dass Farin dann doch irgendwie von früher angefangen hätte. Er wusste nicht so recht, warum der Blonde sich scheinbar nicht an ihn erinnern konnte, doch eigentlich war ihm das auch egal. Da sie sowieso niemals eine Beziehung führen würden, war es besser, wenn ihre gemeinsame Nacht niemals ein Thema zwischen ihnen sein würde. „Okay, lass dir Zeit.“ Wieder schwieg er, nachdem er dies gesagt hatte. Plötzlich stellte er fest, wie nahe sie eigentlich beieinander standen, als Farin dies auch schon aussprach. „Kein Problem… Die Nudeln sind fertig.“, meinte er und ging zur Spüle, um sie dort abzugießen. Der Blonde lächelte leicht und warf das Gemüse mit in den Topf. „Okay, dann kipp die schon mal in die Form, der Rest kommt auch gleich dazu...“ Das Klingeln seines Telefons ließ ihn zusammen zucken. Schnell holte er dieses in die Küche und hob ab: „Ja?“ „Ich bin's“, erklang Belas Stimme am anderen Ende. „Was gibt’s denn, Großer?“ Farin grinste leicht, während er etwas abwesend im Topf rumrührte. „Du mich auch, Jan. Ich wollt eigentlich nur fragen ob du Rod auch angerufen hast. Der sitzt sicher Zuhause und macht sich tierische Vorwürfe, sah vorhin schon richtig elend aus. Es nimmt ihn echt mit, wenn du sauer auf ihn bist. Und er hat ja auch gar nichts gemacht, es war alles meine Schuld. Kannst du ihn bitte anrufen?“ „Dirk? Rod ist schon eine ganze Weile hier.“ Einen Moment war Stille am anderen Ende und Farin konnte das Gesicht des Drummers fast vor sich sehen. „Ah... Ach so... Okay, dann bis gleich!“ Grinsend legte der Blonde auf und sah den Jüngeren an. „Das war Dirk, ich soll dich doch bitte auch anrufen... Kann ja manchmal richtig mitdenken der- was will er denn jetzt schon wieder?“ Der Gitarrist wollte das Telefon grade zur Seite legen, als es erneut klingelte. Wieder ging er ran: „Ja?“ „Ich bin es schon wieder…“ Farin seufzte theatralisch auf und verdrehte die Augen. „Hast du was vergessen?“ „Ja, hab ich... Hat Rod Bier mitgebracht?“ Kapitel 4: ... denn ich bin schon wieder voll --------------------------------------------- Hallo ihr lieben Leutz! Da sind wir schon wieder mit einem neuen Kapitel! Manche von euch denken jetzt vielleicht, dass das ja richtig schnell geht. Naja... Hoffentlich habt ihr euch nicht zu sehr dran gewöhnt, denn jetzt läuft einiges wieder anders. Sina geht wieder zur Schule, die Ferien sind um. Und Anni... Anni... Sina geht wieder zur Schule! *hust* Ah! Genau! Und Anni ist krank! Also physisch, nicht psychisch, das wussten wir ja schon immer. Natürlich bleiben wir dran und schreiben kräftig weiter, aber so, wie es aussieht... Wenn uns nichts besseres einfällt wird das Kapi wirklich lang, da soll soviel rein... Aber sollte beim Prolog ja auch sein und wir haben es geteilt xD Ok, genug gelabert... Eine Anmerkung vielleicht noch. Ein am Ende erwähnter Gegenstand kann bei youtube betrachtet werden, hochgeladen von der Userin mit dem Namen Salia86 (Annis 2. von 3 Accounts xD) Jetzt aber wirklich viel Spaß beim lesen... Und denkt an die Kommis! Und wenn ihr schon an die denkt, könnt ihr sie auch gern tippen und abschicken xD ~~~ Inzwischen waren wieder ein paar Tage vergangen und sie hatten die Arbeiten an dem Album beendet, was sie heute Abend ausgiebig gefeiert hatten – Bela noch etwas mehr als die anderen beiden, zumindest am Alkoholpegel gemessen. Unser Weg war doch nicht mit aufs Album gekommen, Rod hatte sich entschieden, doch eher etwas zu schreiben, was einerseits romantisch, doch andererseits auch ein bisschen lustiger war – das Ergebnis war ein Song mit dem Namen 'Niedliches Liebeslied'. Sie hatten sich für diese spontane Änderung entschieden, weil sie alle der Meinung gewesen waren, dass so was wohl besser ankam. Und Rod war, wenn er so darüber nachdachte, eigentlich auch nicht unglücklich darüber, denn wenn er daran dachte, dass er dieses Lied vielleicht irgendwann live hätte singen müssen, wenn er zusammen mit Farin auf der Bühne stand… nein, so war es wirklich besser. Mit einem leichten Seitenblick betrachtete er den ziemlich stark schwankenden Drummer, wobei er darüber nachsann, dass er ihm die letzten Drinks wahrscheinlich lieber hätte wegnehmen sollen. Naja, nun war es dafür zu spät und so mussten Farin und er den Betrunkenen nach Hause bringen – eine Tatsache, die nur wieder Erinnerungen in dem Bassisten aufwühlte. Bela war betrunken und sie mussten ihn nach Hause bringen… Eine wirklich tolle Voraussetzung dafür, es endlich irgendwann mal zu vergessen, aber wahrscheinlich war ihm das wirklich nicht vergönnt. Leicht seufzend stützte er den anderen Schwarzhaarigen nun und wartete auf Farin. Es dauerte nicht lange, bis auch der Blonde Kneipe verließ und zu den beiden Dunkelhaarigen eilte. „Dirk, ich durfte für deinen Alkohol grade über 100 Euro bezahlen! Und von dir kommt nicht mal so was wie eine Entschuldigung. Wehe, ich bekomm das Geld nicht zurück! Normalerweise wäre es mir ja egal, aber hier... Hörst du mir eigentlich zu?“ Farin hatte sich leicht vor dem Drummer aufgebaut, doch dieser hielt den Kopf gesenkt und lehnte an Rod, der ihn glücklicherweise stützte. „Dirk, jetzt antworte gefälligst!“ Doch als Antwort erhielt er nur ein leises Schnarchen. Bela hatte es tatsächlich mal wieder geschafft, im Stehen einzuschlafen. „Ich fass es nicht... Okay, schleppen wir ihn bis zum Bahnhof, ab da muss er wach bleiben.“ Seufzend schnappte sich der Gitarrist den anderen Arm des Älteren und legte sich diesen über die Schultern. „Alles klar bei dir?“ Kaum sprach er Rod an, war seine Stimme gleich viel ruhiger und sein Gesicht hellte sich auf. „Du hast schließlich auch was getrunken, wenn auch nicht soviel wie Mr. Promille. Wenn du willst, schleppe ich ihn allein.“ Sie hatten sich in Bewegung gesetzt und machten sich auf den Weg zum nächsten Bahnhof. Zwar besaßen sie jetzt alle ein Auto, doch Bela hatte vorgeschlagen, für den Hinweg ein Taxi zu nutzen, da man auf der Reeperbahn so selten einen Parkplatz bekam. Aber so, wie der Drummer jetzt drauf war, wollte Farin keinesfalls mit ihm ein Taxi besteigen. Zu viele böse Erinnerungen kamen hoch, wenn man die Worte 'Taxi', 'Alkohol' und 'Dirk' in einem Satz benutzte. Als Rodrigo bemerkte, dass Bela offenbar wieder mal im Stehen eingeschlafen war, konnte er nicht umhin, leicht den Kopf zu schütteln. Bela B. war wahrscheinlich der einzige – oder zumindest einer der wenigsten – der nicht nur im Stehen, sondern auch noch im Laufen schlafen konnte. Vielleicht hätte er bei medizinischen Forschungen ein gutes Forschungsobjekt abgegeben, denn Rod konnte wirklich nicht verstehen, wie das möglich sein konnte. Naja, vielleicht lag es einfach daran, dass er so viel getrunken hatte. Meistens war Dirk ja vernünftiger als früher, aber… naja, meistens eben und nicht immer. „Nein, das ist schon okay.“, entgegnete Rod schließlich auf die Frage des Blonden und half ihm, den Drummer Richtung Bahnhof zu schleppen. Er hatte zwar durchaus etwas getrunken, doch nicht so viel, dass er es nicht hinbekommen hätte, den Kleineren zu schleppen. Es war schon unheimlich… Nicht nur, dass er sowieso sehr oft an diese Nacht denken musste, nun war auch noch gerade alles so wie damals… Okay, Sahnie hatte keine Rolle gespielt und hatte ihm auch nichts aufs Maul gehauen, stattdessen war er selbst jetzt Bassist bei Die Ärzte, doch ansonsten… nun, wenn es konsequent weiter so laufen würde, würden sie Bela jetzt nach Hause bringen, dort einen Tee trinken, während Bela seinen Rausch ausschlief und danach mit einander schlafen. Der Chilene dachte einen Moment nach. Nein, es war mehr als nur unwahrscheinlich, dass es dazu kommen würde. „Ich hab zwar was getrunken, aber das geht schon. Im Gegensatz zu unserem lieben Dirk hier übertreibe ich es ja nicht.“ Er seufzte leicht. Zwar konnte er sich an frühere Zeiten erinnern – oder auch eher nicht erinnern – in denen sowohl Bela als auch er sehr voll oder auch high gewesen waren, als sie damals bei Depp Jones gespielt hatten, doch diese Zeiten waren nun schon seit vielen Jahren vorbei und sie hatten sich weiter entwickelt. Gut, Dirk für seinen Teil schien manchmal das Bedürfnis zu haben, sich dennoch so volllaufen zu lassen, dass er nicht mehr richtig laufen konnte, Rod hingegen wäre es heute viel zu unangenehm gewesen, wenn seine beiden Freunde ihn hätten nach Hause bringen müssen, weil er es aus eigener Kraft nicht geschafft hätte – mal ganz abgesehen davon, dass er es dem Blonden wirklich nicht antun konnte, dass er ihn auch noch nach Hause bringen musste, denn auf Bela war in dieser Hinsicht nicht allzu viel Verlass, denn wenn Rod voll gewesen wäre, dann der Schlagzeuger erst recht. „Ich hab mich schon immer gefragt, wie er es eigentlich schafft, im Laufen zu schlafen.“ Der Blonde lachte leicht, während er den Arm des Drummers etwas fester hielt und sich ein wenig weiter runter beugte. Auf Dauer machte sich der Größenunterschied doch bemerkbar und zwar in seinem Kreuz, denn er musste leicht gebeugt gehen, um Bela nicht den Arm auszukugeln. „Vielleicht sollten wir ihn irgendwann mal filmen und es ihm zeigen. Mir glaubt er nämlich nie, wenn ich es ihm erzähle.“ An einer Ampel mussten sie stehen bleiben und Farin nutzte die Chance, um sich für kurze Zeit zu seiner vollen Größe aufzurichten. „Vielleicht sollte ich heute Nacht bei ihm bleiben... Wer weiß, was passiert, wenn er wach wird. Vielleicht kommt er auf die Idee, etwas zu kochen und fackelt seine Bude ab.“ Fragend sah der Gitarrist zu Rod. „Oder wolltest du bei ihm übernachten? Ist schließlich schon spät und da du auch getrunken hast... Wenn ich mitbekomme, dass du dich hinters Steuer setzt, gibt es Ärger, das weißt du hoffentlich! Vielleicht wäre es besser, wenn du mir deinen Autoschlüssel gibst... Ich kenn dich, du würdest losfahren, um uns keine Umstände zu machen. Stattdessen könnte ich dann die ganze Nacht nicht schlafen, weil ich mir Sorgen mache.“ Als die Ampel endlich auf grün umsprang, legte der Blonde sich wieder Belas Arm um die Schultern und schleppte ihn gemeinsam mit Rod so schnell wie möglich auf die andere Seite. Auch der Chilene musste lachen, als er die Worte Farins hörte. „Ja, vielleicht sollten wir das wirklich mal machen, damit er uns das auch glaubt. Aber es würde mich wirklich mal interessieren, wie es funktionieren soll, im Laufen zu schlafen… Okay, wir schleppen ihn, aber trotzdem… Irgendwie bewegt er sich dabei ja noch vorwärts.“ Er schüttelte leicht den Kopf. Bela war wirklich ein Mysterium für sich, das ließ sich wohl nicht leugnen. Das Schlimme an Farins Worten bezüglich Bela und seinen dummen Ideen war, dass Rod es ihm ohne weiteres zutraute, im betrunkenen Zustand sein Haus abzufackeln oder dergleichen, schließlich kannte er den Drummer nun schon lange genug und wusste nur zu gut, was dieser manchmal so anstellte, wenn er betrunken war. Nun gut, er hätte lügen müssen, hätte er behaupten wollen, dass er nicht auch so manches Mal in diese Ereignisse verwickelt gewesen wäre. Ja, der Kleinere und er hatten schon so einige merkwürdige Aktionen gestartet, wenn sie betrunken gewesen waren, manchmal auch ziemlich zum Leidwesen Farins. Doch wie gesagt – Rod hatte inzwischen meistens nicht mehr das Bedürfnis, sich so volllaufen zu lassen – zumindest nicht, wenn der Gitarrist dabei war, vor ihm wäre es ihm inzwischen einfach unangenehm gewesen… „Ich weiß nicht…“, entgegnete er schließlich und fühlte sich ertappt, weil er für einen kurzen Moment in der Tat mit dem Gedanken gespielt hatte, einfach zu fahren, damit sich seine Freunde keine Umstände seinetwegen machten, „Würde wohl auch nicht so viel bringen, wenn ich schlafe, dann schlaf ich. Dann würde ich ihn höchstens anschnarchen, wenn er seine Bude abfackelt.“ Als hätte Bela die Worte des Bassisten untermalen wollen, gab er nun wirklich einen schnarchenden Laut von sich. Rod grinste leicht, setzte dann jedoch wieder eine ernstere Miene auf. „Aber ich will dir ja keine schlaflosen Nächte bescheren…“, fuhr er schließlich fort, kramte mit der Hand, mit der er den Drummer nicht stützte, in seiner Tasche und hielt Farin den Schlüssel hin. „Du hast wohl Recht. Ich bin auch betrunken, nachher komm ich womöglich auch noch auf dumme Gedanken.“ Mit einem zufriedenen Lächeln nahm der Größere den Schlüssel entgegen und verstaute diesen sogleich in seiner Hosentasche. „Jetzt werde ich gleich viel ruhiger schlafen können. Aber zur Vorsicht sollte ich auch Dirks Autoschlüssel beschlagnahmen, die müssten auf dem Küchentisch liegen. Oder noch besser, wir nisten uns beide mal wieder bei Dirk ein, dann kann ich euch überwachen. Ich schnapp mir auch die Couch oder einen der Sessel, dann hast du das Bett für dich.“ Sie erreichten endlich den angestrebten Bahnhof und Farin konnte sich ein erleichtertes Seufzen nicht verkneifen. „Sind wir schon da?“ Die plötzliche Frage des Drummers ließ den Blonden zusammenzucken und fast hätte er Bela fallen lassen. „Ach ne, du lebst ja auch noch. Ich muss dich enttäuschen, wir haben grade erst den Bahnhof erreicht und werden noch ein paar Stationen fahren müssen. Aber vielleicht hättest du ja die Güte, wenigstens eine Weile wach zu bleiben, weil wir dich sonst nicht hoch zum Bahnsteig bekommen.“ Tatsächlich blieb der Ältere wach, wenn auch eher krampfhaft. Da er allerdings noch immer etwas zu wanken schien, beschlossen die anderen beiden vorsichtshalber die Rolltreppe zu nehmen. Sie schoben den Drummer auf diese und positionierten sich hinter ihm, damit sie ihn - sollte er nach hinten fallen - auffangen konnten. „Also wie gesagt, ich übernachte auch bei Dirk in der Wohnung. Nein, Dirk, ich habe nicht mit dir gesprochen, ich habe nur deinen Namen gesagt. Halt dich lieber fest und guck nach vorne.“ Bei den letzten Worten hatte Farin den Drummer angesehen, der sich fragend zu ihnen umgedreht hatte und dabei nur noch mehr ins Wanken geraten war. Mit einem zufriedenen Laut, einem Grunzen nicht unähnlich, drehte Bela sich wieder um und verschränkte die Arme links von sich auf dem schwarzen Rolltreppenfesthalteding, um den Kopf auf diesen zu betten. Farin beobachtete ihn kurz, wandte sich dann allerdings wieder an Rod: „Also du kannst das Bett dann diesmal für dich haben, ich werde dir nichts wegnehmen, versprochen! Ich hab mich letztes Mal schon viel zu breit gemacht und so, wie du am nächsten Morgen ausgesehen hast, hast du sicher nicht viel geschlafen. Abstreiten bringt nichts, also fang gar nicht erst damit an.“ Grinsend lehnte der Größere sich etwas zur Seite und betrachtete den Chilenen. „Und wie gesagt, nach Hause fahren ist nicht!“ Zuerst war Rod nicht besonders angetan von der Idee, dass sie beide bei Bela übernachten sollten, denn zum einen war es wie immer eine komische Situation für ihn, dass sie beide dort blieben – vor allem in Anbetracht des Umstandes, dass gerade alles so ähnlich lief wie in ihrer gemeinsamen Nacht – doch zum anderen hatte Farin ja vorgeschlagen, dass er im Bett schlafen konnte, während Farin mit der Couch Vorlieb nahm. So richtig gefiel dem Chilenen dies jedoch auch noch nicht, denn es bedeutete nur wieder, dass sich die anderen beiden Umstände seinetwegen machen mussten, was Rodrigo wiederum auf gar keinen Fall wollte. „Naja, mal sehen…“, entgegnete er nach einer Weile, „Aber dann schlafe ich auf der Couch.“ Er wollte einfach nicht, dass Farin sich Umstände machen musste, nur, weil der Bassist auch was getrunken hatte. „Okay, okay… Ich werde nicht fahren. Schlafen wir eben beide dort…“ In der Tat hatte er nicht viel geschlafen beim letzten Mal, was jedoch weniger mit der Tatsache, dass Farin sich breit gemacht hätte, zusammenhing als damit, dass er sich einfach komisch dabei gefühlt hatte. Dass Bela erwacht war, nahm er nur mit einem leichten Grinsen zur Kenntnis und Rod hielt seine Arme bereit, während sie hinter ihm auf der Rolltreppe standen, für den Fall, dass er nach hinten kippen würde – sicher war sicher. Dabei hatten sie jedoch eine Sache nicht bedacht, denn als sie oben ankamen, hatte der Drummer noch immer seinen Kopf auf das schwarze Rolltreppenfesthalteding gelegt und kippte, statt den Kopf wieder hochzunehmen, vorne über und fiel zu Boden. Die beiden anderen versuchten noch, ihn festzuhalten, doch es war schon zu spät. Ein Fluchen kam vom Boden, wo nun der Schlagzeuger hockte, während Rod irgendwie versuchte, ihn zusammen mit Farin wieder auf die Füße zu heben. „Ach, Dirk…“, seufzte der Chilene nur, während sie den Angesprochenen vom Boden aufsammelten. Fast wäre Farin über den am Boden Liegenden gestolpert. Er sah grade noch rechtzeitig wieder nach vorne und machte einen großen Schritt, wodurch er neben dem Kopf des Drummers zum stehen kam. „Ich hätte echt eine Videokamera mitnehmen sollen“, grinste der Blonde und beugte sich runter, um den Älteren gemeinsam mit Rod wieder auf die Füße zu stellen. Glücklicherweise war nicht viel los, sonst hätten sie einen mittelschweren Stau verursacht. Doch abgesehen von ihnen war nur ein junges Pärchen auf dem Bahnsteig, das auf einer Bank saß und wild rumknutschte. Jedenfalls hoffte Farin, dass es nur das war, obwohl die Bewegungen etwas ganz anderes vermuten ließen. „Na komm, Großer. Wäre wahrscheinlich sicherer für alle, wenn du dich irgendwo hinsetzt.“ Der Blonde nickte Rod leicht zu und deutete auf eine Pärchen-freie Bank, zu welcher sie Bela nun führten. „Poppen die da drüben?“ Die Stimme des Drummers klang etwas lallend, allerdings war sie laut und vor allem deutlich genug, um die beiden Teenies auseinander schrecken zu lassen. „Frag sie doch einfach“, seufzte Farin genervt und drückte den Älteren auf die Bank. Dieser schien bereits wieder das Interesse an den beiden verloren zu haben. Das, oder er hatte etwas anderes verloren - sein Bewusstsein. Ein Blick auf die Anzeigetafel verriet ihnen, dass ihnen noch ein paar Minuten blieben, also stellte der Gitarrist sich vorsichtshalber vor Bela, um diesen leicht zu stützen. „Na komm, setz dich auch noch etwas hin“, meinte er an Rod gewandt, wobei er diesen leicht anlächelte. „Und noch was... Sollte ich dich auch nur in der Nähe der Couch erwischen, gibt es Ärger. Klar soweit?“ Er löste eine Hand von dem Drummer, um Rod mal wieder das Haar durcheinander zu bringen, wobei er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Allerdings zog er die Hand nach wenigen Sekunden wieder zurück, da Bela leicht zur Seite kippte und fast von der Bank gefallen wäre. „Naja, eigentlich hatten wir bis jetzt Glück. Gut, Bela hatte einen kleinen Zwischenfall auf der Rolltreppe und hat sich aufgemault, aber sonst lief es bis jetzt ganz gut. Er hat nicht gekotzt, war sogar eine Weile wach... Es gab schon schlimmere Vorfälle. Hab ich dir eigentlich je die Story erzählt, wo wir vom Taxifahrer mitten auf der Landstraße rausgeschmissen wurden?“ Auch Rod beäugte das Pärchen leicht argwöhnisch, wollte aber lieber gar nicht so genau wissen, was sie dort – wahrscheinlich im wahrsten Sinne des Wortes – gerade trieben und so lenkte er seine Aufmerksamkeit lieber wieder auf seine beiden Freunde und ließ sich ebenfalls auf der Bank nieder. Eigentlich wäre er auch lieber stehen geblieben, denn er wollte Farin nicht die Arbeit überlassen, Bela alleine zu stützen, doch so, wie er den Blonden kannte, hätte dieser wohl ohnehin nicht zugelassen, dass Rod sich nicht hinsetzen würde, weshalb er gar nicht erst versuchte, zu protestieren. Außerdem war ihm selbst ein kleines bisschen schwummrig, hatte er doch schließlich selbst Alkohol getrunken, weshalb er eine kleine Pause eigentlich auch ganz gut verkraften konnte, immerhin hatten sie gerade die ganze Zeit Bela durch die Gegend geschleppt und jetzt noch ein paar Minuten Zeit, bis die Bahn kommen würde. „Na gut, ich werd darüber nachdenken… Aber du solltest dir… naja, eben keine Umstände machen. Ich könnte genauso gut dort schlafen und ich bin auch ein bisschen kleiner als du, ich passe mit Sicherheit viel besser dorthin als du. Und wenn du schon auf unsere Schnapsleiche und mich aufpasst, dann musst du nicht auch noch auf der Couch schlafen… Das ist schon okay für mich, wenn ich das mache.“ Er schwieg einen Moment, während der Blonde weiter sprach und blickte den anderen an. Nein, die Story kannte er nicht, doch selbst, wenn er sie gekannt hätte, wäre es wohl am wahrscheinlichsten gewesen, dass er in ihrer Nacht davon erfahren hätte – und in diesem Fall hätte er dem Gitarristen ganz bestimmt nicht erzählt, dass er davon wusste. So musste er allerdings noch nicht einmal lügen, was er ohnehin nicht sonderlich gerne und nur in Ausnahmesituationen tat. Gut, das hier wäre eine gewesen, doch wenn es nicht sein musste, dann tat er es auch nicht. „Nee, die kenn ich noch nicht.“, antwortete er daher wahrheitsgemäß und war gespannt auf die Geschichte. Farin grinste leicht und betrachtete den schlafenden Drummer. „Naja, hab die auch noch nicht oft erzählt und Dirk hat mich auf Knien angefleht, dass sie nicht mit in die Bio kommt... Schade eigentlich, ich fand sie sehr lustig. Naja, zu dem Zeitpunkt war es die Hölle. Wir waren mit Hans unterwegs, haben mal wieder irgendwas gefeiert und die beiden haben ein Wetttrinken gemacht, mit Tequila. Jedenfalls am Anfang, irgendwann konnte ich dafür sorgen, dass sie nur noch Wasser bekommen haben, aber leider viel zu spät. Als wir die Kneipe verlassen haben, waren beide total hacke und da Hans' Wagen grade erst in die Werkstatt gekommen war, mussten wir ein Taxi nehmen. Erst lief es ganz gut, ich hab mich mit Dirk nach hinten gesetzt, damit die beiden Schnapsleichen nicht zusammen sitzen und was anstellen. Hat aber nicht viel gebracht, Dirk meinte plötzlich, er müsse kotzen und wollte das Fenster runter drehen, wobei ihm der Griff abgebrochen ist. Dadurch musste Hans so lachen, dass er losgekotzt hat, genau aufs Armaturenbrett. Der Fahrer war natürlich nicht sehr begeistert. Er hat eine Vollbremsung hingelegt, Hans' Gesicht ist in seinem eigenen Erbrochenen gelandet und keine 5 Minuten später standen wir auch schon auf der Landstraße. Dirk hat auf Hans eingeschlagen und ich hab mir den Arsch abgefroren. Wir konnten uns kein neues Taxi rufen, also sind wir den Rest der Strecke zu Fuß gegangen... Das waren übrigens mehrere Kilometer. Naja, jedenfalls sind wir erst irgendwann früh morgens Zuhause angekommen, weil Dirk unterwegs der Meinung war, sich für ein Schläfchen hinlegen zu müssen. Es war einfach die Hölle!“ Farin lachte leicht auf und sah den Jüngeren an. „Hans hat den Fahrer später noch mal getroffen und der hat ihm einen Zahn ausgeschlagen, weil er wegen dem vollgekotzten und demolierten Wagen seinen Job verloren hat.“ Der Blonde lächelte einen Moment, schüttelte dann allerdings den Kopf. „Naja, so war das... Und übrigens: ICH schlafe auf der Couch, klar? Dann kann ich euch beide besser überwachen!“ Mit einem immer breiter werdenden Grinsen auf dem Gesicht lauschte Rod den Worten des Blonden. Nein, die Story kannte er wirklich nicht und das, obwohl er nun schon so lange mit den beiden befreundet war. Nun, dass Bela ihm die Story nicht erzählt hatte, überraschte ihn eigentlich auch nicht wirklich und wenn Farin sagte, dass er sie auch noch nicht wirklich oft erzählt hatte, dann war es eigentlich ja auch gar kein Wunder, wenn er in der Richtung noch nichts gehört hatte. Die Geschichte klang wirklich ziemlich amüsant und nicht ohne gewisse Genugtuung stellte der Chilene in Gedanken fest, dass ihm der Teil, dass Hans Runge einen Zahn ausgeschlagen hatte, wahrscheinlich sogar am besten gefiel, doch das würde er lieber für sich behalten. Es war einfach so, dass Sahnie ihm nicht unbedingt sympathisch war, hatte er ihn doch damals ohne ersichtlichen Grund auf einmal geschlagen und war auch aus den Erzählungen der anderen beiden nicht gerade ein wirklicher Sympathieträger, doch den Teil mit der Prügelei konnte er ja auch vor seinen beiden besten Freunden nicht ansprechen. Manchmal hätte er allerdings zu gerne mit Bela darüber geredet, doch wusste er einfach nicht, wie dieser darauf reagieren würde, wenn er ihm sagte, dass er seit vielen Jahren in Farin Urlaub verliebt war und auch schon mit ihm geschlafen hatte, woran sich dieser nur offensichtlich nicht mehr erinnern konnte oder wollte. Und doch… manchmal war es wirklich verlockend, dem Drummer davon zu erzählen. „Klingt nach einer lustigen Geschichte.“, meinte er nach einer ganzen Weile, „Also… zumindest so im Nachhinein, in dem Moment hattest du vermutlich nicht so besonders viel zu lachen.“ Ein mitleidiges Lächeln ging über sein Gesicht, als er den Blonden ansah. „Aber schade, dass ich nicht dabei war. Klingt wirklich lustig.“ Irgendwie war es einfach süß von Farin, dass dieser auf sie aufpassen wollte, dabei fand Rod gar nicht, dass er selbst so betrunken gewesen wäre, aber man konnte ja nie wissen, war er doch schließlich auch schon auf so einige merkwürdige Ideen gekommen im betrunkenen Zustand. „Na schön.“, gab er deshalb klein bei und half Bela dabei, aufzustehen, als die Bahn schließlich einfuhr. „Na dann mal los.“ Mit einem leisen Seufzen erhob sich der Chilene und bugsierte den Schlagzeuger zusammen mit Farin in die Bahn. Der Wagen war leer, was wahrscheinlich daran lag, dass die meisten Leute um diese Uhrzeit bereits in ihren Betten lagen. „Setzen wir uns da hin. Dirk kommt ans Fenster, damit er uns nicht vom Sitz kippt.“ Farin platzierte den Drummer rechts von sich auf einen Fenstersitz und deutete auf die Sitzbank gegenüber. „Ruh dich etwas aus, ich pass schon auf ihn auf. Du bist doch sicher auch kaputt.“ Der Größere lächelte leicht und lehnte sich etwas zurück, um wenigstens halbwegs bequem zu sitzen. Da Bela ziemlich schief saß - fast schon lag - hatte Farin grade mal ein Viertel der Sitzfläche für sich. Doch anscheinend störte ihn dies nicht, denn er wirkte recht zufrieden. „Sag mal... Stört es dich wirklich nicht dass 'Unser Weg' nicht mehr mit aufs Album gekommen ist? Du kannst es mir ruhig sagen, ich würde es verstehen, wirklich.“ Er lächelte den Chilenen an, wobei er den Kopf etwas schief legte. „Ich finde, wir sollten das Lied nicht gleich verwerfen, dafür ist es einfach zu schön. Das wäre eine Veröffentlichung wert. Auch, wenn es nur eine B-Seite wird. Aber so würden wenigstens noch andere Menschen in den Genuss dieses Liedes kommen. Was sagst du dazu?“ Die Bahn war inzwischen angefahren und Farin hatte vorsichtshalber den Arm des Älteren ergriffen, damit dieser nicht vom Sitz rutschte. Doch Bela, der inzwischen wieder in einem halbwegs wachen Zustand war, blieb ruhig sitzen und starrte den klebrigen Fußboden der S-Bahn an. Der Bassist nickte leicht und ließ sich gegenüber von den anderen beiden nieder, wo er erst einmal eine Weile aus dem Fenster blickte. Gut, da konnte man auch nicht viel mehr als die Innenwände des Tunnels bestaunen, doch immerhin musste er nicht irgendwas in der Bahn anfixieren, sondern konnte sich zumindest ein bisschen umsehen. Nicht, dass ihm wirklich schlecht gewesen wäre, doch er wollte auch nicht riskieren, dass es dazu kommen würde. „Okay… Ein wenig schon.“, gestand er schließlich mit einem leichten Blick an den Blonden. In der Tat fühlte er sich ein wenig kaputt, was nicht zuletzt daran lag, dass er eben gerade Bela ein ganz schönes Stück zusammen mit Farin durch die Gegend geschleppt hatte. Eigentlich hatte Rod gehofft, dass 'Unser Weg' nicht wieder ein Thema zwischen ihnen sein würde. Was sollte er dazu denn noch sagen? Im Grunde war er inzwischen doch auch ganz glücklich darüber, dass es nicht mit aufs Album kommen würde, allein schon, weil er nicht das Bedürfnis hatte, es live zu singen. Außerdem war es ihm… zu persönlich? Nein, er wusste nicht, ob das das richtige Wort war, war doch schließlich Geisterhaus zum Beispiel ebenfalls ein sehr persönlicher Song für ihn und da hatte er auch kein Problem mit dieser Tatsache. Und doch… Irgendwie traf es die Beschreibung 'zu persönlich' doch ganz gut, denn er wollte seine Gefühle in dieser Sache einfach nicht zu deutlich offen legen. Und dabei ging es ihm weniger um die Fans als um Farin, auch, wenn dieser den Song ja auch schon kannte. „Ja, das ist wirklich okay für mich. Ich glaub, das ist auch ganz gut so. Ehrlich gesagt mag ich den Song selbst gar nicht so richtig. Er gefällt mir einfach nicht.“ Bei diesen Worten tat er es Bela gleich und starrte zu Boden, denn er schaffte es einfach nicht, dem Gitarristen in die Augen zu sehen, aus Angst, dass dieser durchschauen würde, dass es eine Lüge war. Rod mochte das Lied ja eigentlich, er war ganz stolz darauf, doch er hatte einfach seine Gründe, warum er es auch gar nicht wirklich veröffentlichen wollte… Viel lieber hätte er es Farin eines Tages vorgespielt, es nur für ihn gesungen, verbunden mit einer romantischen Liebeserklärung… doch das würde wohl auf ewig ein unerfüllbarer Traum bleiben. Farin betrachtete den Chilenen nachdenklich. Er glaubte ihm nicht, sein Verhalten sprach für sich. Doch der Blonde hielt es für schlauer, den Jüngeren nicht darauf anzusprechen. In letzter Zeit schien Rod wieder wesentlich besser drauf zu sein. Ob Bela mit ihm gesprochen hatte, wusste er nicht, ihm gegenüber hatte er jedenfalls nichts in der Art erwähnt. Der Blonde war sichtlich erleichtert und versuchte auch nicht, dies zu verbergen. Als er es bemerkt hatte, war er dem Jüngeren um den Hals gefallen und mochte wollte ihn erst nicht loslassen. Der Drummer war es schließlich, der ihn von dem Chilenen weggezogen hatte. Über ihren Köpfen kam ein kratzendes Geräusch aus den Lautsprechern, bei dem man mit viel Fantasie den Namen des nächsten Bahnhofs heraushören konnte. „Erst? Ich dachte, wir sind schon viel weiter“, seufzte Farin und streckte sich gähnend. „Scheiße...“ Belas Stimme war leise und erklang ein wenig nuschelnd, doch das Wort war mehr als deutlich. „Was ist?“ Doch als Antwort erhielt Farin wieder nur ein Wort: „Scheiße...“ Dieses Mal hatte der Ältere etwas lauter gesprochen, hielt den Kopf allerdings weiterhin gesenkt und wippte nur leicht nach vorne, als die Bahn schließlich bremste. „Was ist scheiße?“ Fragend sah Farin sein Gegenüber an und zuckte leicht die Schultern, bevor er wieder auf seinen Sitznachbarn sah. Von diesem kam noch ein mehr als lautes 'FUCK', bevor dieser aufsprang und aus dem Waggon stürmte. „Hat der sie noch alle?“ Farin packte Rods Hand und zog ihn mit sich, grade noch rechtzeitig bevor die Tür sich schloss. Er musste nicht lange nach dem Älteren suchen, denn dieser war gradewegs auf den Mülleimer zugestürzt. Er stützte sich mit beiden Händen auf diesem ab und übergab sich lautstark. Farin schüttelte leise seufzend den Kopf: „Dirk? Das ist RESTMÜLL, du musst es TRENNEN!“ Grinsend sah er auf Rod, dessen Hand er noch immer hielt. „Meinst du, du schaffst einen längeren Fußmarsch?“ Über die Tatsache, dass Farin die Sache mit 'Unser Weg' nicht weiterführte, war der Bassist mehr als nur dankbar und er tat es ihm gleich. Scheinbar hatte der Blonde verstanden, dass er nicht wirklich über das Thema reden wollte, zumindest nicht mit ihm. Doch mit wem hätte er auch sonst reden sollen? Sicher, Bela wäre vielleicht eine Möglichkeit gewesen, doch auch mit ihm tat er sich da ziemlich schwer, denn es fiel ihm einfach nicht besonders leicht, seine Gefühle irgendwie offen zu legen. Wäre er nun in irgendeine Frau verliebt gewesen, so hätte er kein Problem damit gehabt, sich dem Drummer anzuvertrauen, selbst die Tatsache an sich, dass er schwul war, hätte er vielleicht ansprechen können – doch dass ausgerechnet der Gitarrist die Person war, die er liebte? Nein, das war viel zu kompliziert. Er war noch vollkommen in seine Gedanken versunken gewesen, als er auf einmal das Wort 'Scheiße' aus dem Munde des anderen Schwarzhaarigen hörte, was schließlich wieder die Aufmerksamkeit des Chilenen auf diesen lenkte. Was war denn jetzt los? Die Beantwortung dieser Frage ließ nicht sehr lange auf sich warten und schneller, als er es sich versah, war Bela auch schon rausgerannt, gefolgt von Farin, der wiederum Rod selbst mit nach draußen gezogen hatte, dem sich der Magen auch gefährlich umzudrehen schien, als er die Geräusche von Bela vernahm. Er atmete jedoch nur ein paar Mal durch und atmete vorsichtshalber durch den Mund, um den Gestank nicht riechen zu müssen. Auch er setzte ein leichtes Grinsen auf, als er den Blick des Blonden auf sich spürte und bemerkte erst jetzt so richtig, dass sich ihre Hände noch immer berührten, weshalb er die seine vorsichtig aus der von Farin zog. „Ja, klar.“ Er lächelte leicht und fing wieder an, Bela zu stützen, „Das kriegen wir schon hin.“ Nun trat auch Farin an die Seite des Drummers und stützte ihn vorsichtig. „Na komm, wir bringen dich nach Hause... Geht’s?“ Der Drummer gab nur einen grummelnden Laut von sich, nickte allerdings leicht, woraufhin ihn Farin vorsichtig von den Mülleimern wegzog. „Rod? Ich mach das schon... Du siehst etwas blass aus, da will ich dir das nicht auch noch zumuten.“ Besorgt sah der Gitarrist von einem Dunkelhaarigen zum anderen und wieder zurück. „Vielleicht sollten wir uns doch ein Taxi rufen... Wenn es nur Dirk wäre, dann könnten wir ihn gemeinsam nach Hause schleppen, aber du siehst auch so kaputt aus. Vielleicht könnte ich auch euch beide stützten, das wäre sicher nicht schwer.“ Als sie die Rolltreppe betraten stand Farin eine Stufe weiter unten, damit er nun beide im Auge behalten und gegebenenfalls auffangen konnte. „Du kannst dich sonst auch bei mir einhaken oder so. Hauptsache du bleibst in meiner Nähe.“ Er lächelte den Jüngeren sanft an und warf einen kurzen Blick nach vorne, damit ihm nicht das gleiche passierte wie dem Drummer vor nicht allzu langer Zeit. Unten angekommen sprang er von der Treppe und zog Bela ebenfalls von dieser. Der Drummer schien sich bereits wieder im Land der Träume zu befinden, oder war auf dem besten Weg dorthin. „Also? Taxi oder einhaken?“ Fragend sah Farin auf den Chilenen und streckte ihm vorsichtshalber eine Hand entgegen, damit er sicher von der Rolltreppe steigen konnte. Rod hingegen ließ es sich nicht nehmen, den Drummer weiterhin ebenfalls zu stützen und verfluchte sich in Gedanken schon dafür, dass er es so deutlich gezeigt hatte, dass es ihm auch nicht besonders gut ging, denn jetzt musste sich Farin auch noch Sorgen um ihn machen, was nun wirklich nicht das Ziel des Chilenen gewesen war – eher im Gegenteil, weshalb er jetzt fieberhaft überlegte, was er machen konnte, um dem Blonden zu versichern, dass es ihm gar nicht wirklich so schlecht ging. Okay, ein wenig übel war ihm in der Tat, doch im Grunde war er überzeugt davon, dass er es schaffen würde und irgendwie würde er das schon zeigen können. „Das geht schon, wirklich. Mach dir keine Gedanken, Jan. Mir war nur gerade ein bisschen schlecht, als ich Dirk hab kotzen hören, mir geht es schon wieder besser.“ Ein Lächeln trat auf sein Gesicht, als er den Größeren wieder anblickte. „Du mutest mir also nicht zuviel zu, keine Angst. Und dass du uns jetzt auch noch beide schleppst, kommt gar nicht infrage! Es reicht schon, dass du dir überhaupt irgendwelche Umstände wegen uns machen musst. Wir schleppen Dirk zusammen nach Hause, ich helfe dir dabei. Mir geht es wirklich schon besser. Ich kann gerade vielleicht nicht unbedingt Saltos schlagen, aber das hier bekomme ich schon noch hin, wirklich.“ In der Tat fühlte er sich schon wieder etwas besser und nicht mehr so schrecklich wie noch eben bei dem Mülleimer, in welchen der Schlagzeuger sich übergeben hatte. „Wir schleppen ihn zusammen nach Hause.“, betonte er noch einmal mit einem sanften Lächeln. Die Hand des Gitarristen nahm er nicht an; stattdessen ging er schweigend an diesem vorbei. Farin zog die Hand erst wenige Sekunden später zurück und bemühte sich dem Jüngeren nicht zu zeigen, dass ihn diese Geste verletzt hatte. Stattdessen lächelte er leicht und schnappte sich wieder den Arm des Drummers, um sich diesen über die Schultern zu legen. „Sollte es noch mehr Sauftouren geben, die so enden, werde ich Dirk dazu bringen, mir irgendwelche Massagen zu bezahlen. Mein Kreuz macht das schließlich nicht ewig mit!“ Sie verließen den Bahnhof und sahen sich kurz um, bevor sie schließlich den Weg links von ihnen nahmen. „Irgendwie ist die Zeit jetzt wieder sehr schnell vergangen... Das Silvesterkonzert, die Aufnahmen und jetzt ist die CD fertig. Bald kommt der erste Videodreh, die Veröffentlichung und wir gehen wieder auf Tour.“ Ein schwaches, fast schon melancholisches Lächeln umspielte die Lippen des Gitarristen. „Hat mir ganz schön gefehlt. Es ist einfach was anderes, wenn wir drei zusammen Musik machen oder sonst was unternehmen. Oh nein, ich werd wieder rührselig, oder?“ Entschuldigend blickte er Rod an. Von Bela erwartete er bereits keine Antwort mehr, hatte bei diesem doch bei Verlassen des Bahnhofs wieder ein regelmäßiges Schnarchen eingesetzt. Farin sah wieder nach vorne und behielt den Weg im Auge, wobei das Lächeln langsam verblasste. Die Reaktion des Chilenen verwirrte ihn noch immer und er kam nicht umhin, sich die Frage zu stellen, ob er etwas falsch gemacht hatte. Ein Lächeln huschte über Rods Gesicht, als Farin das mit der Massage sagte, doch er sagte nichts dazu, was daran lag, dass er seine Worte nur am Rande mitbekommen hatte, denn viel zu tief war der Chilene gerade wieder einmal in seine Gedanken versunken. Natürlich war es ganz und gar nicht seine Absicht gewesen, Farin mit seiner Geste zu verletzen und er dachte auch gar nicht daran, dass er dies vielleicht getan hatte. Er hatte einfach nur nicht seine Hand nehmen wollen, denn zum einen konnte er sich wirklich noch gut selbst auf den Beinen halten und brauchte einfach keine Hilfe und zum anderen reagierte er eben immer etwas komisch auf Körperkontakt mit dem Gitarristen. Immer wieder, wenn sich ihre Körper in irgendeiner Art und Weise berührten, fürchtete der Bassist, dass sein Kopf unverzüglich die Farbe einer überreifen Tomate annehmen würde und darauf konnte er ganz gut verzichten. Sicher, in dieser Situation hätte er es vielleicht noch irgendwie auf den Alkohol schieben können, doch das wäre eine Lüge gewesen, was ihm auch wieder nicht besonders gut gefallen hätte. Und in Rods Augen war es auch kein Problem, dass er die Hand des Anderen nicht ergriffen hatte. Plötzlich wurde er von der Stimme des Größeren aus den Gedanken gerissen, woraufhin er diesem ganz kurz den Kopf zuwandte, bevor er wieder mehr auf den Weg achtete. „Ja, das stimmt…“ In der Tat war die Zeit wieder einmal schnell vergangen, doch das war immer so, wenn er irgendwie Zeit mit den beiden verbrachte. Irgendwie setzte sein Zeitgefühl dann ziemlich aus. „Und ich finds nicht schlimm, wenn du rührselig wirst, wie du es nennst. Ich freue mich doch auch darauf. Mir hat es auch gefehlt, dass wir uns nicht gesehen haben und dass wir nicht zusammen Musik gemacht hat… Oder das Herumgealbere. Naja, ihr habt mir einfach gefehlt…“ Wie sehr speziell Farin ihm gefehlt hatte – und darüber hinaus sogar jetzt noch, obwohl sie fast direkt nebeneinander liefen, nur mit Bela zwischen ihnen – das würde er dabei lieber – wie immer – unter den Tisch fallen lassen. Der Blonde lächelte leicht, sah allerdings noch immer auf den Weg. „Da ging es uns allen wohl ähnlich. Aber das ist doch ein gutes Zeichen, oder?“ Er atmete tief durch und sah zum Himmel. „Aber ich glaube, bei mir würde es auch gar nicht anders gehen... Also... Euch nicht zu vermissen, das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Klar brauche ich auch mal Zeit für mich, aber selbst da könnte ich den Kontakt zu euch nicht abbrechen.“ Der Blonde überlegte kurz, schüttelte dann allerdings bestimmt den Kopf. „Das geht einfach nicht! Wir kennen uns jetzt schon so lange, ihr gehört einfach zu meinem Leben. So was kann man nicht einfach abschalten.“ Wieder sah er zu Rod und lächelte sanft, doch diesmal wandte er den Blick nicht sofort wieder ab. „Klingt irgendwie komisch, oder? Aber so ist es halt, ich finde keine anderen Worte dafür.“ Farin seufzte leise und packte Belas Arm etwas fester, bevor sie in eine kleine Straße einbogen, die - wie der Gitarrist wusste - eine Abkürzung zu Belas Wohnung war. „Und auch, wenn es dich nervt, ich muss noch mal sagen, dass du dich nicht zurückhalten musst. Du kannst mit uns über alles reden. Und wenn es etwas ist, was du nicht unbedingt mit mir besprechen willst, kannst du immer mit Dirk reden. Umgekehrt natürlich auch. Ich will ehrlich zu dir sein: Wir haben neulich darüber gesprochen, dass du wieder sehr ruhig geworden bist. Ich hatte Angst, dass du vielleicht nicht mehr weiter machen willst oder so. Aber wir wollten dich auch nicht direkt darauf ansprechen, also haben wir erstmal abgewartet. Zum Glück hat es sich dann wieder geändert, als wir angefangen haben, an dem Album zu arbeiten. Aber ich war echt kurz vorm Verzweifeln, besonders weil du dich keinem von uns anvertrauen wolltest. Ich hatte Angst, dass wir dich verlieren.“ Rod überlegte eine Weile. Farins Worte klangen erst einmal ziemlich gut – zumindest dahingehend, dass er den Kontakt zu ihnen nicht abbrechen könnte – denn das wäre so ziemlich das letzte gewesen, was der Chilene gewollt hätte, dafür bedeuteten ihm seine beiden besten Freunde einfach viel zu viel. „Ich könnte den Kontakt auch nicht abbrechen… Ihr beiden Verrückten würdet mir viel zu sehr fehlen.“ Ein leichtes Lächeln ging über seine Lippen, als er den Blonden wieder anblickte und sein Blick dabei auch Bela streifte. Ja, auf perfide Art und Weise würden ihm wohl sogar Situationen wie diese hier fehlen. „Und ich finde auch nicht, dass das irgendwie komisch klingt…“ Er blickte einen Moment zu Boden, während er den Worten des Älteren lauschte. Seinen beiden Freunden Sorgen zu bereiten, war nun wirklich nicht seine Absicht gewesen und er wünschte sich wirklich, dass er es ihnen hätte erklären können, doch das ging einfach nicht, nein, er hätte ihnen niemals erklären können, warum er so gehandelt hatte – zumindest dem Gitarristen nicht, denn diesen betraf es ja schließlich. „Das tut mir Leid… Ich hatte aber auf gar keinen Fall vor zu gehen oder so. Ich will auf jeden Fall weiter machen, das wollte ich die ganze Zeit… Und daran wird sich wohl auch niemals etwas ändern. Es ist nur…“ Er schwieg einen Moment und versuchte, die richtigen Worte – oder eher die richtige Lüge – zu finden. Nur zu gerne hätte er Farin beruhigt, doch er wusste nicht, wie das funktionieren sollte, ohne ihm eine Lüge aufzutischen und schon im Voraus plagte ihn sein schlechtes Gewissen. „Ich hab zu der Zeit nur über einige Dinge nachgedacht, aber das… hatte nichts mit euch zu tun.“, log er, „Natürlich weiß ich, dass ich mit euch reden kann, aber… ich wollte euch nicht damit belasten. Tut mir Leid.“ Natürlich war es eine Lüge, dass es nichts mit ihnen zu tun gehabt hätte und dann nicht einmal eine besonders gute, weshalb er schuldbewusst wieder den Kopf senkte. Der Größere schüttelte leicht den Kopf, sah dabei jedoch nicht auf den Bassisten. „Du belastest uns mit so was doch nicht! Rod...“ Farin war stehen geblieben, wodurch er auch die anderen beiden zum Stillstand brachte. „Wir sind Freunde, oder? Wenn wir ein Problem hätten und nicht mit dir darüber reden würden, was würdest du da zu uns sagen?“ Nun sah er doch auf den Jüngeren und lächelte schwach. „Du würdest so handeln, wie wir es tun. Würdest so denken, so fühlen und vor allem würdest du das gleiche sagen. Du würdest dir auch Sorgen machen und zwar aus einem einfachen Grund: Wir sind Freunde. Also versuch doch einfach, uns zu verstehen. Wie gesagt, wir wollen dich nicht zum Reden zwingen und ich persönlich finde es auch nicht schlimm, wenn es etwas ist, was du mir einfach nicht erzählen kannst. Aber es gibt noch viele andere Menschen, die dir gerne zuhören und helfen, ich bin nicht der Einzige. Vertrau dich einem von ihnen an, damit es dir besser geht. Ja?“ Noch immer lächelte der Blonde, allerdings sah man ihm auch deutlich an, wie ernst ihm die Sache war. Er packte Belas Arm und zog ihn etwas höher, damit sie weiter gehen konnten. Der Weg war noch lang genug, da brauchten sie nicht auch noch irgendwelche Pausen, die er mit seinen Vorträgen füllte. „Ich weiß... Ich sage, wir wollen dich nicht bedrängen und dann kommt so was von mir. Denn damit mache ich genau das, was ich nicht vorhatte. Es tut mir Leid, ich mache mir vielleicht einfach zu viele Gedanken“, nuschelte Farin und sah verlegen zu Boden. „Wenn es dir wirklich so unangenehm ist, dann werde ich mir Mühe geben, dich nicht mehr zu nerven. Egal in welcher Hinsicht.“ Die letzten Worte flüsterte er fast und sprach sie eigentlich eher unbewusst aus, da seine Gedanken wieder um die Szene am Fuß der Rolltreppe kreisten. Der Chilene hatte weiterhin seinen Kopf gesenkt, während er den Worten des Größeren lauschte. Wenn er ihm doch nur die Wahrheit hätte sagen können… Doch wie sollte das aussehen? Er konnte ja schlecht ankommen mit den Worten 'Ach, weißt du, Jan, eigentlich bin ich nur so komisch, weil ich in dich verliebt bin. Und das eigentlich schon seit wir damals Bela nach Hause gebracht und dann miteinander geschlafen haben. Meine Gefühle zu dir machen mich so fertig, dass ich kaum noch an was anderes denken kann. Übrigens – 'Unser Weg' ist an dich gerichtet.'? Nein, so ging das wirklich nicht, da gab es gar keine Diskussion. Allein schon der Gedanke daran klang vollkommen absurd. „Ja, du hast ja Recht. Ich würde es wohl auch schade finden, dass ihr euch mir nicht anvertrauen wollt. Naja, das ganze hat sich inzwischen sowieso erledigt, war auch eigentlich gar nicht so wichtig. Hab mir halt nur zu dem Zeitpunkt ein paar Gedanken gemacht, aber das hab ich jetzt hinter mir. Es läuft alles wieder gut.“ Er setzte ein leichtes Lächeln auf, doch selbst dieses Lächeln erschien ihm vollkommen falsch. „Es war mir einfach unangenehm, überhaupt mit jemandem darüber zu reden, das hatte nichts mit dir oder mit Dirk zu tun. Aber mach dir keine Sorgen…. jetzt ist ja alles wieder gut.“ Bei den letzten Worten des Blonden riss er leicht die Augen auf. Er hatte nicht gewollt, dass dieser so über die Situation denken würde. Wirklich nicht, das war das letzte gewesen, was er damit hatte bezwecken wollen. „Aber… du nervst mich nicht! Das könntest du gar nicht! Es hatte wirklich nichts mit dir zu tun. Mir war einfach die Situation unangenehm und ich wollte euch nicht belasten, das war alles. Du nervst mich wirklich nicht, Jan. Und es ist okay, wenn du dir Gedanken machst… Das ist… lieb von dir.“ Farin grinste leicht, wenn auch etwas verlegen, und kratzte sich mit der freien Hand am Hinterkopf. „Ich mach mir halt Sorgen, kennst mich doch! Naja... So war ich immer und so werde ich wohl auch immer bleiben. Uwah!“ während er gesprochen hatte war Belas Arm langsam abgerutscht und fast wäre der Drummer mal wieder auf dem Boden gelandet. Allerdings schaffte Farin es grade noch, den Älteren festzuhalten. „Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid“, sagte er schnell, wobei man allerdings nicht ausmachen konnte, ob diese Entschuldigungen nun Bela oder Rod galten, dem er mit dieser Aktion für einen Moment ziemlich viel zugemutet hatte. „Vielleicht sollten wir versuchen, etwas schneller zu gehen, damit ihr zwei ins Bett kommt. Oder wäre das zu anstrengend für dich?“ Er warf dem Chilenen einen fragenden Blick zu und legte den Kopf dabei ein wenig schief. „Und sei ehrlich! Ich hab Dirk schon oft nach Hause geschleppt und hab Übung darin, also musst du dir keine Sorgen machen, dass es für mich alleine zuviel wäre. Hab ihn sogar einmal Huckepack geschleppt. Am nächsten Tag hatte er eine Beule, weil ich einem Ast ausgewichen bin, indem ich den Kopf runter gemacht habe... An Dirk hab ich dabei nicht gedacht. Man, der war vielleicht wütend... Aber egal, zurück zu meiner Frage!“ Grinsend sah der Gitarrist auf den Jüngeren und wartete dessen Antwort ab, obwohl er sich zu 99,9% sicher war, wie diese lauten würde. Vielleicht stellte er die Frage auch einfach nur so oft, um den Kleineren etwas zu ärgern. Schließlich hatte er grade keine Hand frei, mit der er ihm das Haar hätte zerzausen können. Rod nickte nur leicht, denn darauf, dass der Blonde sich Sorgen machte, wusste er nichts mehr zu sagen. Ja, natürlich wusste er es, doch manchmal wünschte er sich wirklich, dass dem einfach nicht so gewesen wäre, denn er wollte einfach nicht, dass Farin sich Sorgen um ihn machte, wollte er doch schließlich einfach nicht der Grund dafür sein, dass es jemand anderem in irgendeiner Hinsicht schlecht ging – zumindest nicht, wenn es sich bei dieser Person um einen seiner Freunde handelte. Und wenn man sich Sorgen um jemanden machte, konnte man schließlich nicht wirklich von sich behaupten, dass es einem richtig gut gegangen wäre. Als der Drummer fast gefallen wäre, keuchte der Bassist leicht auf, doch da hatte Farin die Situation bereits wieder unter Kontrolle gebracht. „Nein, das geht schon. Wir können uns gerne etwas mehr beeilen. Und das sag ich nicht einfach nur so, es geht wirklich in Ordnung für mich. Je schneller wir bei Dirk ankommen, desto eher kann ich in Ruhe eine rauchen.“ Der Jüngere grinste leicht. „Mach dir keine Gedanken, sooo viel hab ich ja auch gar nicht mal getrunken, mir ging es wirklich schon schlechter. Jetzt gerade ist mir nicht mal schlecht.“ Als wollte er dies unter Beweis stellen, beschleunigte er seine Schritte nun etwas. Dadurch, dass sie etwas schneller gingen, dauerte es nicht lange bis sie bei der Wohnung des Drummers ankamen. Jedenfalls war es theoretisch so. Praktisch jedoch standen sie noch unten vor der Haustür und waren damit beschäftigt, den Älteren irgendwie aufzuwecken, damit dieser die Schlüssel rausrückte. „Komm schon, Dirk. Wir sind müde, uns ist kalt und wir wollen rein“, flehte der Blonde und hielt Bela etwas fester. Dieser war nicht besonders erfreut darüber, dass man ihn aus dem Land der Träume holen wollte und machte mit der Hand eine leichte Bewegung, als wolle er ein lästiges Insekt verscheuchen. „Gut, wie du willst... Rod? Kannst du ihn kurz alleine festhalten? Ich durchwühl die Taschen!“ Der Gitarrist wartete, bis Rod den Kleineren sicher hielt, dann löste er den Griff und durchsuchte die Jacken- und Hosentaschen des Drummers. Jedoch ohne Erfolg. „Hoffen wir einfach mal, er hat sie in der Innentasche... Sonst schlepp ich ihn zur Alster und tauch ihn so lange dort ein, bis er nüchtern ist und uns die Schlüssel freiwillig gibt!“ Leicht genervt öffnete Farin nun die Jacke des Älteren und wollte grade an dessen Innentasche, als... KLATSCH! Bela, der wohl dachte jemand wollte ihn bestehlen - oder einfach nur schlecht träumte - hatte mit viel Schwung die Faust hochgerissen und dabei die Nase des Blonden getroffen. Mit einem leisen Aufkeuchen taumelte dieser zurück und presste die Hand auf das schmerzende Körperteil. „Fuck!“, war alles, was er raus brachte, zu sehr war er vom Schmerz abgelenkt. Noch dazu kam die Verwirrung durch diese mehr als ungewöhnliche Reaktion seines Bandkollegen. Sonst hatte er diesen sogar entkleiden können, wenn er besoffen war. Natürlich nur, um ihm einen angenehmeren Schlaf zu ermöglichen. „Okay, was zuviel ist, ist zuviel!“ Wütend ergriff der Blonde Belas freien Arm und hielt diesen fest gepackt, während er mit der freien Hand - welche kurz zuvor noch auf der leicht blutenden Nase gelegen hatte - dessen Innentasche durchwühlte und auch schnell den gesuchten Gegenstand fand. Während Rod den Drummer einfach nur festhielt, hoffte er, dass Farin den Schlüssel bald finden würde, denn sie mussten ihren Bandkollegen schließlich auch noch irgendwie bis nach oben schaffen und darüber hinaus hatte er noch ein weiteres Bedürfnis zu den von dem Gitarristen aufgezählten hinzuzufügen: RAUCHEN! Schon den ganzen Weg über war ihm nach einer Zigarette gewesen, doch Rauchen mit einem besoffenen Bela am Arm funktionierte eben einfach nicht besonders gut. Jetzt trennten sie jedoch nur noch ein paar Türen – und dummerweise mehrere Stockwerke – von der Wohnung des Kleineren. Als er es plötzlich klatschen hörte, schreckte der Chilene auf und bemerkte, dass Farin blutete. „Jan…“, sagte er nur langsam und hoffte, dass zumindest nichts gebrochen war, doch wenn er so darüber nachdachte, hatte er zumindest kein Knacken gehört. Anders als damals, als Farin Sahnie ins Gesicht geschlagen hatte… Warum musste er jetzt schon wieder daran denken? Es gab in diesem Moment wirklich wichtigere Dinge! „Bist du soweit in Ordnung…?“, fragte er, hielt Bela nun mit einem Arm fest und kramte mit der anderen in seiner Jackentasche herum, bis er schließlich eine Packung Taschentücher in der Hand hatte, welche er nun dem Blonden hinhielt. „Hier…“ Auch, wenn er wusste, dass Bela im Grunde nichts dafür konnte, weil er nun mal betrunken war, verfluchte er den Schlagzeuger in diesem Moment und hätte ihn am liebsten ebenfalls geschlagen, denn wenn Rodrigo eine Sache nicht leiden konnte, dann, wenn man Farin auf irgendeine Art und Weise wehtat… Noch immer etwas fluchend schloss der Blonde schnell die Tür auf und hakte sie fest, damit sie ungehindert eintreten konnten. Den Schlüssel steckte er in die Jackentasche, während er mit schnellen Schritten zu den beiden Dunkelhaarigen eilte, wo Rod ihm bereits eine Packung Taschentücher entgegen streckte, welche er dankend annahm. Während er den freien Arm des Drummers packte, zog er sich eines der Taschentücher raus und drückte es vorsichtig an die noch immer schmerzende Nase. Als er den Blick des Jüngeren bemerkte, lächelte er leicht und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Alles halb so schlimm, scheint nichts gebrochen zu sein. Aber jetzt sollten wir ihn wirklich erstmal nach oben bringen, sonst macht er sich als nächstes über deine Nase her. Oder noch schlimmer, er begibt sich in tiefer liegende Regionen.“ Das ehemals weiße Taschentuch verschwand vorläufig in der Hosentasche und so hatte Farin wieder beide Hände frei um den Älteren zu schleppen. Und die würde er auch brauchen, immerhin ging es mehrere Etagen hoch und den Fahrstuhl zierte schon seit langer Zeit ein 'Defekt'-Schild. „Ich würde sagen, die Tür lassen wir erstmal offen, zur Not renn ich gleich runter und mach sie zu“, seufzte der Blonde und wischte sich mit dem Handrücken kurz über die Nase. Dass nichts gebrochen zu sein schien, beruhigte den Chilenen erst einmal und trotzdem hätte er Bela für diese Aktion am liebsten auch was auf die Nase gegeben – nicht zuletzt, weil Farin ihm damals auch geholfen hatte. Gut, das war etwas anderes gewesen, hatte Sahnie ihn doch ganz bewusst geschlagen und Bela eigentlich nur, weil er betrunken war und schlief, aber trotzdem… Rod konnte es einfach nicht ausstehen, wenn Farin irgendwelche Schmerzen haben musste. Dennoch würde er sich einfach zurückhalten und nichts tun außer Farin ein bisschen wegen seiner Nase zu bemitleiden. Alles andere hätte wohl auch einen ziemlich komischen Eindruck bei seinen beiden besten Freunden gemacht. „Okay, das muss ja nicht sein.“, erwiderte er schließlich mit einem leichten Lachen, denn er wollte die Faust des Drummers weder in seinem Gesicht noch sonst irgendwo haben, weshalb der Bassist es in der Tat eher vorzog, den Kleineren nun irgendwie nach oben zu schaffen – auch, wenn sich das wohl ziemlich schwierig gestalten würde, kam jetzt doch schließlich der komplizierteste und anstrengendste Teil an der ganzen Sache. Und das alles nur, weil der Fahrstuhl schon seit Ewigkeiten kaputt war. „Okay…“ Zusammen mit Farin fing Rod nun an, den Drummer mehr oder weniger nach oben zu tragen. Ein paar Mal versuchte der Chilene, seinen Freund dazu zu bewegen, aufzuwachen, um doch selbst auch ein bisschen mitzuhelfen, doch dieser ließ sich nicht stören und schlief seelenruhig weiter, was durch ein regelmäßiges Schnarchen bezeugt wurde. „Wir sollten ihn einfach im Treppenhaus schlafen lassen.“, grummelte Rod, der noch immer sauer wegen des Schlags auf Farins Nase war, nach einer Weile. Der Blonde lachte leicht und stoppte, als sie die zweite Etage erreicht hatten. „Dann dürfen wir uns morgen um eine Leiche kümmern. Ich meine... Du hast es selbst gesehen, der schafft es sogar sich auf einer Rolltreppe hinzupacken. Der würde wahrscheinlich hier die Treppen runter krachen und trotzdem weiter schlafen. Machen wir einfach eine kleine Pause, vielleicht bekommen wir ihn gleich wach.“ Mit diesen Worten ließ er den Drummer vorsichtig auf den Boden sinken und lehnte ihn leicht gegen die Wand. „Und wenn nicht... Dann können wir ihn immer noch hier zurück lassen, ich hab ja den Schlüssel“, grinste der Blonde und setzte sich nun selbst hin. Seine Nase blutete noch immer leicht und so zog er ein neues Taschentuch aus der Packung, um die rötliche Flüssigkeit vorsichtig abzutupfen. „Also ab heute weiß ich, dass ich mir Dirk niemals zum Feind machen werde... Wenn der besoffen und schlafend schon so einen Schlag drauf hat... Holla!“ Seufzend blickte er den Bassisten an und klopfte dann neben sich auf den kalten Boden. „Na komm, mach eine Pause. Wird dir sicher gut tun...“ Der Jüngere zögerte einen Moment, ließ sich dann jedoch wirklich neben dem Größeren nieder – jedoch nicht, ohne einen gewissen 'Sicherheitsabstand' zu wahren, denn ihn zu berühren hätte nur wieder fatal geendet. Wahrscheinlich machte sich der Chilene nur wieder zu viele Gedanken, doch er wollte nichts riskieren, weshalb er lieber ein kleines bisschen Abstand halten würde. Das einzige, was er dabei hoffte, war, dass Farin es nicht wirklich bemerken würde, doch selbst wenn… irgendwie würde Rod sich dann schon herausreden. Er wollte bei dem Blonden einfach nicht den Eindruck entstehen lassen, dass er ihn nicht gemocht hätte, doch er wollte ihm eben einfach auch nicht zeigen, wie gern er ihn eigentlich hatte. Ja, in diesem Fall blieb wirklich nur zu hoffen, dass er der Gitarrist es nicht bemerken – oder sich zumindest nichts dabei denken – würde. Nachdem er es sich auf dem Boden so bequem wie möglich gemacht hatte, fuhr er sich erst einmal nervös durch die schwarzen Haare. Obwohl er nun schon gut dreißig Zentimeter Abstand von dem Blonden hielt, fühlte er sich dennoch unbehaglich bei der ganzen Sache, doch vielleicht würde dieses Gefühl ja auch vergehen, wenn er erst einmal einen Moment hier sitzen würde. „Naja, umbringen will ich ihn ja auch nicht gleich…“, meinte Rod schließlich, als ihm auffiel, dass er auf Farins Worte noch gar nichts entgegnet hatte und ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht, „Aber verdient, im Treppenhaus zu schlafen hätte er auf jeden Fall nach der Aktion mit deiner Nase.“ Eigentlich fiel ihm gar nicht weiter auf, dass er diese Worte laut aussprach, denn nach wie vor war Rodrigo vollkommen in seine Gedanken versunken. Es war dem Blonden natürlich nicht entgangen, dass Rod noch immer versuchte, einen gewissen Abstand zwischen sie zu bringen. Auf dem Weg war es kein Problem, da hatten sie schließlich den Drummer zwischen sich. Doch der 'Abstandhalter' saß nun ein wenig entfernt von ihnen auf dem Boden und schlummerte friedlich vor sich hin. Nachdenklich starrte Farin auf einen Fleck auf dem Boden. Es dauerte eine Weile, bis er registrierte, dass dies ein Blutfleck war, den er selbst dort hinterlassen hatte. Seufzend zog er das Taschentuch wieder hervor und tupfte sich die nun schon pochende Nase ab. Aus dem Augenwinkel beobachtete er Rod, der ebenfalls seinen Gedanken nachhing. Als er jedoch plötzlich sprach, zuckte Farin zusammen und sah schnell wieder auf den Boden. Er setzte grade zum reden an, da hörte er die letzten Worte des Chilenen und seine Augen weiteten sich überrascht. „Wegen meiner Nase? Ich... Ach was, das ist doch alles halb so schlimm. Er hat es ja nicht absichtlich gemacht. Gut, wenn er nicht soviel getrunken hätte, wäre es gar nicht erst dazu gekommen, aber...“ Seufzend strich der Gitarrist sich durchs Haar und sah auf Rod. Er zögerte einen Moment, bevor er näher an diesen heran rutschte und ihm durchs Haar strubbelte. „Ist wirklich alles halb so wild. Keine Sorge.“ „Ja vielleicht…“, entgegnete Rod nachdem auch er wieder eine Weile geschwiegen hatte, „Aber trotzdem… Ich weiß, dass das keine Absicht von ihm war, natürlich… Aber das hätte ja trotzdem nicht sein müssen.“ Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht, welches jedoch, begleitet von einem leichten Zusammenzucken, relativ schnell wieder verblasste, als der Blonde sich auf ihn zu bewegte, um ihm durch die Haare zu strubbeln. Hatte der Bassist sich eben noch so viel Mühe gegeben, auf Abstand zu bleiben, saß der Gitarrist nun doch wieder direkt neben ihm. Im Grunde hätte Rod ja nichts dagegen gehabt, dass Farin ihm so nah kam, im Gegenteil… doch unter diesen Umständen war es einfach nicht gut, zumal eben alles irgendwie ziemlich ähnlich lief wie damals in ihrer gemeinsamen Nacht. Er hatte eben gerade auch nicht zusammen zucken wollen und er hoffte inständig, dass Farin es nicht falsch auffassen würde, doch vermutlich würde er dies tun, immerhin wusste er ja auch gar nicht, warum Rod so merkwürdig reagierte, und er würde es auch niemals erfahren. Warum nur konnte sich der Chilene in der letzten Zeit nur so schwer zusammen reißen? Früher war es doch auch immer relativ gut gegangen. Ein leichtes Seufzen entfuhr ihm, während er wieder in seine Gedanken versank. Warum musste nur alles so schrecklich kompliziert sein? Seufzend richtete Farin sich auf und ging zum Drummer. „Bringen wir ihn ins Bett, damit wir uns auch endlich schlafen legen können. Außerdem muss ich gleich noch runter, die Haustür schließen...“ Eigentlich wollte er sich wie immer benehmen, aber da dies bereits die dritte abweisende Reaktion des Bassisten war - an einem Abend wohlgemerkt - konnte er dies einfach nicht mehr. Bevor er Belas Arm packte, wühlte er kurz in der Tasche, um den Haustürschlüssel griffbereit zu haben, waren sie doch schließlich fast am Ziel. „Wenn du willst, kannst du auch eben runter und die Tür schließen, dann bring ich Dirk alleine hoch. Mir ist das Jacke wie Hose.“ Er sah den Chilenen nicht an während er mit ihm sprach und zuckte nur leicht die Schultern: „Such dir aus, was dir lieber ist.“ Er hatte es endlich geschafft den Älteren auf die Beine zu bringen und das sogar ohne eine verplättet zu bekommen. Doch er registrierte es kaum. Zu sehr dachte er über das mehr als merkwürdige Verhalten des Jüngeren nach. Der Bassist schüttelte nur den Kopf auf den Vorschlag des Größeren hin. Es reichte schon, dass Farin sich offensichtlich verletzt durch sein merkwürdiges Verhalten fühlte, da musste er ihn nicht auch noch alleine den Drummer hochschleppen lassen. Nein, das würde er auf gar keinen Fall tun. Nur zu gerne hätte er alles erklärt oder sich zumindest entschuldigt, doch es ging einfach nicht. Sicher, er hätte sich einfach nur sagen können, dass es ihm Leid tat, dass er sich dem Anderen gegenüber so merkwürdig benahm, doch dann hätte er dieses Verhalten ja auch irgendwie erklären müssen, sonst würde das ja auch nicht viel bringen – und genau das konnte er eben nicht, er konnte dem Gitarristen einfach nicht sagen, warum er sich so merkwürdig benahm, so sehr er sich auch wünschte, dass es anders gewesen wäre. „Nein, ich bring ihn mit dir zusammen hoch. Danach kann ich die Tür aber ruhig schließen gehen, das ist kein Problem.“ Für einen Moment blickte er in das Gesicht des Älteren und wieder hätte er ihm am liebsten alles erklärt, doch es ging nicht. Stattdessen zögerte er nur kurz, strich Farin kurz aufmunternd über den Arm und half ihm dann, Bela nach oben zu bringen. Einen Moment blickte der Gitarrist nachdenklich auf seinen Arm, bevor er schwach nickte und sich mit den beiden Dunkelhaarigen auf den Weg machte. Bei ihrer Pause hatten sie bereits über die Hälfte geschafft, wodurch es nicht mehr lange dauerte, bis sie vor der Wohnungstür des Drummers standen. Farin hatte den Schlüssel schon auf den letzten Stufen zur Hand genommen und brauchte dadurch glücklicherweise nicht besonders lange bis er die Tür geöffnet hatte. Mit routinierten Griffen knippste er das Flurlicht an und schaffte es sogar irgendwie, den Drummer aus seinen Schuhen zu befreien, ohne ihn dabei loszulassen. „Bringen wir ihn erstmal ins Bett, danach geh ich runter und kümmer mich um die Tür. Dann kannst du in der Zwischenzeit ins Bad und dich nachtfertig machen.“ Das Schlafzimmer war nicht weit von der Wohnungstür entfernt und nachdem Farin auch dort das Licht an gemacht hatte, ließen sie Bela auf das Bett fallen. Wie auf Kommando öffnete dieser die Augen und schielte zu seinen beiden Bandkollegen hoch: „Jan, was'n mit deiner Nase?“ Als sie endlich in der Wohnung des Drummers ankamen, lächelte Rod leicht, auch, wenn ihm im Moment eigentlich so ganz und gar nicht danach zumute war, er fühlte sich viel zu schlecht, weil er sich Farin gegenüber eben so kalt verhalten hatte, obwohl es eigentlich nicht einmal wirklich in seiner Absicht gelegen hatte. Er hatte ihm doch niemals wehtun wollen und doch war ihm genau das jetzt passiert. Ein schwaches Nicken war die einzige Antwort, die er entgegnete, doch er hatte nicht vor, sich nachtfertig zu machen. Erst einmal brauchte er danach eine Kippe und dabei würde er sich überlegen, wie er sich am besten entschuldigen konnte, denn sein schlechtes Gewissen plagte ihn nun doch zu sehr und auf gar keinen Fall wollte er Farin weiterhin verletzen. Gut, die Wahrheit konnte er nicht sagen, was er schon schlimm genug fand, doch noch viel weniger wollte er den Blonden so unglücklich sehen – und schon gar nicht, wenn es seine Schuld war. Nein, das konnte er einfach nicht ertragen. Als Bela dann doch mal die Augen öffnete, konnte Rod jedoch nicht umhin, doch ein wenig zu lächeln. „Das warst du.“, meinte er, „Du hast ihm was auf die Nase gegeben, als er deinen Haustürschlüssel gesucht hat.“ Verwirrt blickte der Schlagzeuger von einem zum anderen. „Ach, echt? Sorry, Jan, das wollt ich nich.“, nuschelte er. Der Gitarrist grinste leicht und schüttelte schwach den Kopf. „Schlaf am besten weiter, du kannst dir morgen eine Standpauke bei mir abholen. Und bei Rod kannst du dich dann auch gleich entschuldigen!“ Verwirrt hob der Liegende eine Braue. Jedenfalls versuchte er das, denn der Alkohol und die Müdigkeit schienen einiges mit seiner Koordination gemacht zu haben - wovon allerdings unten nichts zu merken war, wie der Blonde leicht grinsend bemerkte. „Wieso? Hab ich dir auch eine verplättet?“ Bela sah nun fragend auf den Chilenen, kniff allerdings kurz darauf die Augen zu. Er hatte genau ins Licht geguckt. „Nein, aber Rod ist auch nicht grade fit und durfte dich schleppen. Und als du deinen Magen unterwegs entleert hast, hätte er sich fast dazu gesellt!“ Farin grinste unschuldig und sah kurz auf den Bassisten. Sofort verblasste das Grinsen und er wandte den Blick ab. „Ich geh mal unten die Tür schließen“, murmelte er und war kurz darauf aus dem Schlafzimmer und aus der Wohnung verschwunden. „Ach so…“, grummelte Bela nur noch, doch im nächsten Moment hatte er seine Augen auch schon geschlossen und befand sich wieder auf dem direkten Wege ins Land der Träume. Rod betrachtete ihn noch eine Weile schweigend, deckte ihn vorsichtig zu und machte sich auf dem Weg ins Wohnzimmer, wo er sich erst einmal eine Zigarette anzündete, die er laut eigener Einschätzung jetzt auch mehr als dringend nötig hatte. Mit einem leichten Seufzen ließ sich der Chilene auf dem Sofa nieder, wo er erst einmal auf Farin wartete. Noch wusste er nicht so richtig, was er diesem gleich sagen sollte, doch Fakt war, dass er es tun musste. Naja, okay, er musste vielleicht nicht, denn direkt zwang ihn ja keiner dazu, doch er hatte einfach das Bedürfnis, es zu tun, hatte er den Gitarristen doch offensichtlich ziemlich verletzt, was niemals in seiner Absicht gelegen hatte. Doch leider konnte er sein Verhalten von eben nicht mehr rückgängig machen und so würde er sich einfach gleich dafür entschuldigen. Er zog an seiner Zigarette und seufzte ein weiteres Mal. Während Rod es sich im Wohnzimmer bequem gemacht hatte, eilte der Gitarrist die Treppe runter um unten die Tür zu schließen. Als er unten ankam, setzte er sein Vorhaben jedoch nicht sofort in die Tat um, sondern blieb etwas draußen stehen um die frische Luft zu genießen. Egal, wie oft Rod das Gegenteil behauptete, etwas beschäftigte ihn! Und dieses Etwas hatte wohl auch mit ihm zu tun. Vielleicht auch mit der Band, wobei ihm wieder auffiel, dass Rod mit Bela noch immer ganz normal umging. Seufzend schloss Farin die Haustür und machte sich auf den Rückweg. Hatte es vielleicht etwas mit seiner langen Abwesenheit zu tun? Es lag schon eine Weile zurück, aber wenn er genauer drüber nachdachte, hatte es ungefähr zu der Zeit seiner Rückkehr begonnen. Allerdings waren da auch noch Momente, in denen Rod sich wie immer verhielt, in denen nichts zu sein schien. Es war einfach alles viel zu verwirrend. Leise schloss er die Wohnungstür und zog sich die Schuhe aus, bevor er ins Wohnzimmer schlurfte. Zu seiner Überraschung fand er dort Rod im Sessel sitzend vor. Einen Augenblick blieb Farin verwundert stehen, schüttelte dann allerdings leicht den Kopf und trat ans Fenster, um dieses zu öffnen. „Gar nicht müde?“ Nach wie vor war Rod in seine Gedanken versunken, als er plötzlich die Stimme des Blonden hörte. Da er ihn nicht hatte kommen hören, schreckte er leicht auf und hätte dabei noch fast seine Kippe fallen lassen, setzte dann jedoch ein leichtes Lächeln auf, als er Farin anblickte. „Hey… Nein, im Moment geht es eigentlich… Außerdem war die Sehnsucht nach meinem Schmachter hier größer.“ Weiterhin lächelte er leicht, schwieg nun jedoch wieder einen Moment. Wie sollte er nur anfangen? „Hör mal, Jan…“ Naja, der Anfang war nicht besonders gut, doch es war zumindest schon mal einer. Doch wie sollte er weitermachen? Schließlich konnte er ihm nicht einfach die Wahrheit sagen, das ging nicht, schon allein der Gedanke war einfach nur lächerlich. Und doch… Irgendetwas musste er sagen, das war er seinem Freund schuldig und außerdem hatte er jetzt ja auch schon damit angefangen. „Mein Verhalten von eben tut mir Leid. Ich wollte nicht so abweisend zu dir sein. Das war nicht fair dir gegenüber, denn du hast überhaupt nichts getan. Ich weiß, dass du… es nicht verstehst. Aber es ist wirklich nicht deine Schuld. Es tut mir Leid.“ Mit traurigen Augen blickte er den Älteren an. Der Blonde blieb am offenen Fenster stehen und starrte auf die flackernden Straßenlaternen, wobei er jedoch den Worten des Dunkelhaarigen lauschte. „Es ist nicht meine Schuld, aber trotzdem lässt du es nur mich spüren. Warum?“ Er seufzte leise und ließ den Kopf hängen. „Nein, warte, lass mich raten... Du kannst es mir nicht sagen, oder?“ Mit einem Ruck drehte er sich um und zuckte leicht zurück als er den Blick des Jüngeren sah. Schuldbewusst sah er zu Boden. „Schon gut. Ich find es einfach nur... unfair. Du behandelst Dirk wie immer und mich... Versteh mich nicht falsch, ich will nicht, dass du ihn auch so abweisend behandelst. Es ist nur...“ Ja, was war es eigentlich? Er wusste es nicht. Es war verletzend, aber warum genau, das konnte er nicht sagen. Langsam trat er zu der Couch - die ihm als Lager für die Nacht dienen sollte - und ließ sich auf dieser nieder. „Ich bin wohl einfach etwas gereizt in letzter Zeit. Und ihr müsst drunter leiden, tut mir Leid.“ Mit einem traurigen Lächeln legte er den Kopf in den Nacken: „Kein Wunder, dass Dirk mir dieses Aggressionsbewältigungs-Huhn geschenkt hat“, murmelte er und dachte an das seltsame Spielzeug, welches auf Knopfdruck die Melodie vom Ententanz abspielte und dem man bei Bedarf die Kehle zu drücken konnte, wodurch die Augen und die Zunge leicht heraus traten. Je mehr Rodrigo mitbekam, dass seine Art zu handeln den Blonden verletzte, desto mehr wünschte er sich, dass er es ihm einfach hätte sagen können, doch er hätte den wahren Grund einfach nicht über seine Lippen gebracht, außerdem war das ja keine Kleinigkeit. Es war nichts, was Farin mit ein bisschen Glück vielleicht am nächsten Morgen wieder vergessen hätte, nein, ein Liebesgeständnis wäre wohl länger haften geblieben. Wobei… er hatte ja offensichtlich auch ihre Nacht vergessen, doch eigentlich war das auch wieder was Anderes, immerhin hatten sie sich damals noch nicht gekannt. Doch wenn Rod jetzt so was sagen würde, dann würde der Gitarrist es sich bestimmt merken, dessen war der Chilene sich dann eigentlich doch relativ sicher. „Ich…“, setzte er an, brach jedoch sofort wieder ab. Er hatte ein so schreckliches Gewissen und wusste eigentlich gar nicht, was er dem Älteren nur sagen sollte, „Es ist wirklich nicht deine Schuld.“, beteuerte er noch einmal, „Und ich würde es dir schrecklich gerne sagen, aber es geht nicht. Es ist nicht so, dass ich dir nicht vertrauen würde oder so, aber… ich mag einfach nicht darüber reden. Mit niemandem… Sonst würde ich es dir sagen, wirklich, aber… ich kann einfach nicht. Selbst, wenn ich wirklich wollen würde, ich würde es nicht über meine Lippen bringen.“ Ein trauriges Lächeln huschte über sein Gesicht. „Aber bitte glaub mir, dass es wirklich nicht deine Schuld ist, absolut nicht. Du kannst nichts dafür und du hast Recht… es ist unfair. Ich… ich werde versuchen, nicht mehr so zu dir zu sein. Ich will dir nicht wehtun und ich… ich…“ Für einen Moment musste der Bassist die Augen schließen, um nicht vor dem Größeren loszuweinen, „Ich… tue es trotzdem, ich weiß… Es tut mir Leid. Aber ich kann es dir einfach nicht sagen. Oder Dirk. Einfach niemandem.“ Er wusste selbst nicht so recht, was eigentlich in ihn gefahren war, dass er soviel redete. „Es tut mir wirklich Leid.“ Er schwieg einen Moment. „Und eigentlich wollte ich Idiot dir das gar nicht sagen, jetzt machst du dir sicherlich nur wieder Sorgen und das sollst du doch nicht…“ Bei der Erwähnung des Antiaggressionshühnchens huschte nun wieder ein leichtes Lächeln über sein Gesicht, denn Dirk hatte ihm von dem Ding erzählt. Doch im nächsten Moment verblasste das Lächeln schon wieder, denn ihm war einfach nicht nach lächeln zumute. Der Ältere beugte sich leicht vor und legte die Unterarme auf die Knie. „Ich will dir keine Vorwürfe machen... Wie gesagt, du musst es mir nicht sagen... oder Dirk... Aber Rod, irgendwem solltest du schon davon erzählen. Und wenn es die Kassiererin von Lidl ist, Hauptsache, du sprichst es dir von der Seele! Du gehst langsam daran kaputt...“ Er sah auf den Jüngeren und ergriff schließlich, nach einigem Zögern, dessen Hand. „Und ich würde mir eh Sorgen machen, egal ob du das grade gesagt hättest oder nicht. Wahrscheinlich hätte ich mir sogar nur noch mehr gemacht, wenn du nicht langsam angefangen hättest zu reden. Rod...“ Ein leises Seufzen löste sich von den Lippen des Blonden als er wieder zu Boden sah. „Ich kann es nicht ertragen, dich leiden zu sehen, das habe ich dir schon oft gesagt. Und wenn du nicht bald irgendwas unternimmst, werde ich das wohl übernehmen. Und du weißt, wie hartnäckig ich sein kann!“ Farin lächelte schwach und sah den Chilenen nun wieder an. „Was ist schlimmer? Es jemandem zu sagen oder dich weiter zu quälen und damit nicht nur dir, sondern auch deinen Freunden zu schaden?“ An einer Sache gab es gar keinen Zweifel: Die Worte des Blonden hatten gesessen. Sie hatten sogar so gut gesessen, dass Rod für einen Moment gar nicht wusste, was er darauf eigentlich erwidern sollte, denn zumindest im Stillen musste er zugeben, dass Farin mit jedem einzelnen seiner Worte vollkommen Recht hatte. Es mochte dem Bassisten auf Dauer schaden, das alles nur in sich hineinzufressen und vor allem wollte er natürlich auch seinen Freunden nicht schaden. Er selbst war seiner eigenen Meinung nach nicht besonders wichtig, doch seine Freunde – vor allem eben Farin – bedeuteten ihm unglaublich viel, er konnte einfach nicht ständig ihre Gefühle ignorieren, zumal er sich dabei dann immer nur noch mieser gefühlt hätte als sowieso schon. „Es tut mir Leid… Ich wollte einfach nicht, dass du dir Sorgen machst und vor allem will ich dir doch gar nicht wehtun…“ Ein wehmütiges Lächeln trat auf seine Lippen, als er den Gitarristen mit tränenverschleiertem Blick ansah, „Ich hasse mich richtig dafür, wenn ich euch wehtue, ich finde es absolut schrecklich… Und dann bin ich manchmal trotzdem so blöd, vor allem zu dir, dabei hast du das doch gar nicht verdient… Aber ich… ja, vielleicht rede ich mal mit irgendjemandem… Mal sehen.“ Eigentlich wollte er nicht schon wieder abblocken, doch in diesem Fall wusste er einfach nicht, wem er es eigentlich sagen sollte. „Aber dann muss ich es wohl jemandem sagen. Wenn es nur um mich ginge… das wäre nicht so schlimm, es wäre mir nicht wichtig… Aber euch will ich nicht schaden, auf gar keinen Fall.“ Die Tränen quollen nun stärker aus seinen braunen Augen hervor und er vermochte nicht zu sagen, ob es nun daran lag, dass er betrunken war oder daran, dass er endlich zumindest einen Teil von dem, was er dachte, aussprechen konnte, doch eigentlich war es auch egal. Ein wenig fühlte er sich dadurch sogar besser. Es schien als würde dem Blonden ein Stein vom Herzen fallen. Einen Moment hatte er sich bei diesem Erpressungsversuch mehr als mies gefühlt, aber da es anscheinend etwas brachte... Als er jedoch die Tränen des Jüngeren bemerkte, weitete Farin erschrocken die Augen. So weit hatte er ganz sicher nicht gehen wollen. „Rod...“ Er zog den Kleineren an sich und legte vorsichtig die Arme um ihn. „Tut mir Leid, das hab ich nicht gewollt. Wirklich.“ Sanft strich er ihm über den Rücken und legte seinen Kopf leicht auf den des Anderen. Immer wieder redete er leise auf ihn ein und strich sanft über den Rücken des Kleineren. „Komm, ich bring dich ins Bett... Du solltest ein wenig schlafen...“ Langsam nahm er Rod die Zigarette ab und drückte sie im Aschenbecher aus, bevor er wieder beide Arme um den Anderen legte und mit ihm aufstand. Er führte ihn ins Schlafzimmer und setzte ihn vorsichtig auf dem Bett ab. „Wenn du willst, leiste ich dir noch Gesellschaft bis du eingeschlafen bist. Einverstanden?“ Wieder strich er dem Chilenen durchs Haar, doch war es diesmal nicht um ihn zu necken oder etwas in der Art... er wollte einfach für ihn da sein und ihn beruhigen. Der Bassist nickte nur leicht, er registrierte nicht einmal richtig, wie Farin ihm die Zigarette abnahm. Er drückte sich einfach, jetzt endlich weniger zurückhaltend, an ihn, genoss seine Nähe, atmete seinen Duft ein… und wusste trotzdem, dass diese Berührung gleich wieder vorbei sein würde. Es war nur eine Umarmung, nur ein flüchtiger Augenblick… eine Umarmung als Freunde, denn mehr würden sie niemals sein, vollkommen gleich, wie sehr sich Rodrigo auch mehr wünschen mochte. „Ist schon okay… Ehrlich gesagt geht es mir schon ein bisschen besser… Mach dir also bloß keine Vorwürfe, weil mir jetzt die Tränen gekommen sind…“ Wieder huschte ein leichtes Lächeln über seine Lippen, als er den Älteren anblickte. Auf den Vorschlag seines Bandkollegen hin nickte er nur. Eigentlich wäre es ihm wohl komisch vorgekommen, ihn in seiner Nähe zu haben, wenn er im Bett lag, doch er sehnte sich jetzt einfach nach ihm, nach seiner Gesellschaft. Ja, er wollte den Älteren nur zu gerne in seiner Nähe haben. Und wenn sie schon nicht zusammen sein konnten, dann konnte er ja wenigstens eine Weile bei ihm bleiben. „Das ist lieb von dir… Danke.“ Mit diesen Worten erhob er sich und ging, gefolgt von Farin, zu Bett. Der Blonde trat ans Fenster und öffnete dieses einen Spalt breit, bevor er die Vorhänge zu zog. Er ließ sich extra viel Zeit, um Rod die Möglichkeit zu geben sich bettfertig zu machen. Erst als er hörte wie der Andere unter die Decke kroch, drehte er sich wieder um und trat ans Bett. Vor diesem blieb er jedoch unschlüssig stehen und sein Blick wanderte von der Bettkante über die Decke bis hin zu Rod. Mit einem leichten Schulterzucken setzte er sich schließlich neben den Chilenen und streckte sich leicht. „Okay, dann leiste ich dir noch etwas Gesellschaft... Und hör auf dich für so was zu bedanken, das ist ja wohl mehr als selbstverständlich!“ Grinsend knuffte er dem Jüngeren leicht in die Seite, legte dann allerdings plötzlich den Arm um ihn und zog ihn zu sich rüber. „Na dann los, schlaf etwas... Oder erzähl mir was... Ich kann dir natürlich auch ein Gute-Nacht Lied singen! Oder ich erzähle dir ein Märchen... Oder ich quatsch weiter so rum, da wirst du schnell freiwillig einschlafen, damit ich nicht weiter nerve!“ Wieder huschte ein leichtes Lächeln auf das Gesicht des Bassisten, als der Blonde sich neben ihn setzte. Seine Anwesenheit tat ihm gut. Sicher, sie brachte ihn auch so manches Mal vollkommen aus dem Konzept, doch auf der anderen Seite tat sie ihm auch unglaublich gut. Er liebte es einfach, Farin in seiner Nähe zu haben – nur eben mehr, als ihm manchmal gut tat. Doch vielleicht konnte er sich ja in Zukunft auch etwas zurückhalten, damit er sich nicht mehr so merkwürdig ihm gegenüber verhalten würde, früher hatte dies ja schließlich auch ganz gut funktioniert. Fast hätte er sich wieder bedankt, doch dann fielen ihm die Worte des Anderen wieder ein. „Dabei hätte ich jetzt fast schon wieder Danke gesagt.“ Nun grinste er leicht. „Naja, du musst auch gar nichts machen…“ Zögernd legte er nun seine Hand auf die des Gitarristen und nun spürte er sich auch langsam oder sicher von der Müdigkeit übermannt. „Es reicht mir schon, dass du einfach hier bist…“ Mit diesen Worten schloss er die Augen. Und der Ältere blieb bei ihm, bis Rodrigo schließlich eingeschlafen war. Kapitel 5: Du sagst ihm nicht, was du fühlst, weil du ihn nicht verlieren willst... ----------------------------------------------------------------------------------- So, da sind wir auch schon wieder! Mit einem neuen Kapitel! Also ich find... Das Kapitel ist ein Knaller! Im wahrsten Sinne des Wortes... - müsst ihr nicht verstehen, werdet ihr sehen! Wir wollen ja nicht zuviel verraten. Es gibt viele Überraschungen! Viele Sätze! Viele Wörter! Und jede Menge... Naja... Schlechte Witze xD Ich frag jetzt einfach mal: Soll ick jetzt den Knaller zünden? *nick* Zünd den Knaller! Und wer denkt, wir seien jetzt schizophren geworden, weil diese Einleitung so klingt, der...- hat vermutlich vollkommen Recht xDD Wir haben mehrere Seiten! Und meistens sind sie grün! Wir danken jedenfalls allen für ihre Kommis (und betteln selbtverständlich nach mehr! xD) und wollen diese fabelhafte Einleitung ja nicht zu sehr in die Länge ziehen, da Imaginary schon vor Lachen fast vom Stuhl fällt! xD Deshalb übernimmt Anni nochmal, sieht etwas verwirrt zu Imaginary und sagt... Ja... Lesen und kommin! und Imaginary fragt sich, warum Anni verwirrt ist, nickt das aber ab und wird dann jetzt wohl das Kapi in den Upload hauen xD Viel Spaß^^ ~~~ Es war einige Wochen später, als die beiden Dunkelhaarigen sich zum ersten Mal seit langem alleine trafen, was auf Rods ausdrücklichen Wunsch hin passierte. Bela hatte die Hoffnung, dass der Jüngere endlich über sein Problem - oder gar seine Probleme - sprechen würde, also hatte er alles in seiner Macht stehende getan, damit sie bei diesem Treffen ungestört waren. Er hatte einen neutralen Ort gewählt, damit nicht plötzlich irgendwer vorbei kommen konnte. Allerdings war dies schwerer als erwartet. Sie hatten mehrere Cafés und ähnliches fluchtartig verlassen, weil in fast jedem jemand war den sie beide kannten. So saßen sie nun auf einer Bank in der nächsten Fußgängerzone und lauschten der Musik eines jungen Mädchens, die anscheinend ihre eigenen Songs vortrug. „Also, hier sind wir ungestört... Und du kannst hier sogar rauchen, dürfte doch noch ein Pluspunkt sein, oder?“ Grinsend sah der Drummer auf die am Boden liegenden Zigarettenstummel, bevor sein Blick zu der glühenden Zigarette in Rods Hand wanderte. Man musste ihn nicht sonderlich gut kennen um zu bemerken, dass er nervös war. „Hey, wir sind hier ungestört. Und so schnell dürfte uns auch keiner erkennen, also komm schon!“ Fast schon beiläufig tippte Bela seine Schirmmütze an, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte, wodurch sie fast schon den Rand seiner Sonnenbrille berührte. Der Chilene nickte leicht und zog an seiner Zigarette. In der Tat war er ziemlich nervös und mit jeder weiteren Sekunde, die verging, wurde dieses Gefühl eigentlich nur noch stärker. Zwar hatte es ihn einige Überwindung gekostet, doch schließlich hatte er sich doch entschieden, Bela von seinen Gefühlen zu Farin zu erzählen – auch, wenn er absolut keine Ahnung hatte, wie der Kleinere darauf reagieren würde. Zumindest schienen sie hier wirklich ungestört zu sein, was auf jeden Fall schon mal ein enormer Vorteil war, denn das war dem Bassisten auch wirklich unglaublich wichtig. „Also…“, setzte er an und versuchte, irgendwie die richtigen Worte zu finden, doch leider erwies sich dies als gar nicht so einfach, damit hatte er jedoch schon gerechnet. Obwohl er erst ein Wort gesagt hatte, verfiel er erst einmal wieder in tiefes Schweigen und lauschte der Musik des Mädchens, welches, wie man wirklich zugeben musste, eine ziemlich gute Stimme hatte. Doch so richtig konnte er sich auch nicht an der Musik erfreuen, zu vertieft war er noch immer in seine Gedanken. Kaum hatte er die Zigarette, die er eben noch geraucht hatte, ausgetreten, zündete er sich auch schon die nächste an. „Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll, aber… ich hab mich verliebt. Deshalb bin ich so komisch in letzter Zeit.“ Mehr würde er erst einmal noch nicht sagen – er wollte dieses Thema lieber vorsichtig anfangen. Aufmerksam lauschte Bela den Worten seines Freundes und kippte fast von der Bank, als Rod endlich sein Geheimnis offenbarte. „Du bist verliebt? Aber das ist doch wunderbar!“ Freundschaftlich klopfte er dem Jüngeren auf die Schulter. Verliebt... Warum war er nicht von selbst drauf gekommen? Er hatte gemeinsam mit Farin lange überlegt, was den Chilenen wohl so sehr belastete, aber darauf wären sie nie gekommen. Dem Blonden würde sicher ein Stein vom Herzen fallen, so, wie es bei ihm selbst grade der Fall war. „Ich freue mich für dich, wirklich! Erzähl doch mal, wie ist sie denn so? Kenn ich sie?“ „Jein.“ Der Drummer hob verwirrt eine Braue: „Jein? Ah, also kenne ich sie vom sehen?“ Der Chilene zuckte nur mit den Schultern: „Jein.“ Bela schien nun nur noch verwirrter als vorher. „Jein... Okay... Aber ich bin ihr schon begegnet, oder?“ „Jein.“ „Warum denn schon wieder jein? Gut, habe ich mit ihr wenigstens schon mal geredet? Sie begrüßt oder sonst was?“ Doch wieder folgte nur die gleiche Antwort: „Jein.“ Langsam wurde es dem Älteren zu bunt: „Verdammt, kannst du mir nicht endlich mal eine vernünftige Antwort geben?“ „Kannst du nicht einfach mal vernünftig fragen?!“ Überrascht blinzelte Bela den Jüngeren an. „Vernünftig? Das mach ich doch, oder? Wie genau meinst du das denn jetzt?“ „Frag doch einfach nach… 'der Person'.“ Der Drummer öffnete kurz den Mund, als wolle er eine weitere Frage stellen... Doch dann schien er zu begreifen. „Gut, also noch mal von vorne...“ Er atmete tief durch und schloss die Augen, bevor er seine erste Frage - wenn auch etwas anders formuliert - wiederholte: „Kenne ich... die Person?“ Diesmal bekam Bela auch gleich eine vollkommen klare Antwort zurück: „Ja.“ Der Drummer war fast schon verblüfft, wie leicht das auf einmal ging und so fragte er sofort weiter: „Und ich kenne sie so richtig? Also persönlich?“ Auf diese Frage hatte der Bassist jedoch wieder nur die inzwischen Bela wohl nur zu bekannte Antwort: „Jein.“ Der Ältere sprang fast auf: „Warum denn jetzt schon wieder jein?!“ „Du fragst wieder falsch!“ Bela überlegte kurz, dann ging ihm ein Licht auf: „Mit sie meinte ich die Person! Aber gut, dann halt so... Kenne ich DIE PERSON persönlich?“ „Ach so… Dann ja.“ Der Drummer seufzte leise und lehnte sich ein wenig zurück. „Du machst es aber auch kompliziert... Also ich kenne die Person, ich kenne die Person sogar persönlich... Kenn ich die Person schon etwas länger?“ Der Chilene seufzte leicht: „Ja.“ „Okay... Ist die Person älter als du?“ Wieder ein Seufzen: „Ja.“ Bela dachte nach, wobei sich eine leichte Falte zwischen seinen Augenbrauen bildete. „Hmm... Und ich kenne die Person wirklich?“ Langsam riss Rodrigo der Geduldsfaden: „Ja, verdammt, du kennst ihn! Du kennst ihn LÄNGER als ich! Du kennst ihn BESSER als ich! Du hast ihn öfter geküsst als ich! Du hast ihn wahrscheinlich auch schon häufiger nackt gesehen als ich! Du hast schon häufiger mit ihm in einem Bett geschlafen als ich! Verdammt, es würde mich nicht wundern, wenn du häufiger mit Jan geschlafen hättest als ich!“ Das war zuviel für den Älteren. Seine Augen weiteten sich hinter der dunklen Sonnenbrille und sein Mund klappte auf, als wären die Gelenke zerbrochen. Einen Moment herrschte angespannte Stille in der Bela nicht mal zu atmen schien. Doch dann fing er wild an zu gestikulieren, wobei er immer wieder auf Rod und dann in die Richtung deutete, in der sich seines Erachtens der Gitarrist befand. „Du hast mit Jan geschlafen? Also ist Jan sie? Also er? Also es? Also die Person? Du hast mit ihm geschlafen? Wann hast du mit der Person geschlafen? Also mit Jan?“ Für einen Moment schwieg der Chilene. Jetzt hatte er es also tatsächlich ausgesprochen und gar nicht einmal richtig darüber nachgedacht. Eine Weile konnte er nicht umhin, sich zu fragen, ob das richtig von ihm gewesen war, doch rückgängig machen konnte er es ohnehin nicht mehr. Jetzt hatte er Bela sowieso schon davon erzählt, da konnte er auch einfach seine Frage beantworten. „Ja… Das ist… schon ewig her. Ich war damals noch gar nicht in der Band, ich war noch nicht mal volljährig. Ich… war auf einer von diesen Ärzte-Parties und Sahnie hat eine Prügelei mit mir angefangen… Dann kam Jan und hat mir geholfen und er musste dich nach Hause bringen, weil du so betrunken warst. Naja, da hab ich ihm halt meine Hilfe angeboten und…“ Er seufzte leicht. „Wir saßen eine Weile in eurer Küche und haben uns unterhalten und dann… ist es halt passiert.“ Der Drummer schien völlig fertig zu sein. Zwar hatte er aufgehört vor sich hin zu plappern, aber er machte noch hin und wieder diese ruckartigen Gesten zu Rod und danach irgendwo hinter sich. „Okay... Du hast also mit...“, wieder die Geste hinter sich, „geschlafen. Und das schon vor langer Zeit. Weil Hans dir eine verplättet ha-“ Die Augen des Älteren weiteten sich, was allerdings erst zu sehen war, als er fassungslos seine Sonnenbrille ab nahm. „DU warst das? Ich war zwar besoffen, aber ein bisschen kann ich mich noch dran erinnern. Hauptsächlich an Hans' gebrochene Nase, die am nächsten Tag wie ein Sektkorken aussah, aber... Ja, doch... Ein bisschen erinner ich mich an den Abend in der Kneipe... Und das warst du? Und dann hast du mit...“, erneut die Geste, „geschlafen? Also Jan hat mit...“ Diesmal deutete er auf Rod bevor er weiter sprach: „...geschlafen? Eigentlich will ich keine Details, aber ihr...“ Nun verband Bela wieder beide Gesten, fuhr allerdings nicht fort. Er schüttelte mehrmals verwirrt den Kopf, wandte den Blick dabei allerdings nicht von dem Jüngeren ab. „Heftig... Und Jan weiß nicht wer du bist?“ Wieder seufzte der Chilene, schnippte den Zigarettenstummel auf den Boden und zündete sich noch eine an. Eigentlich rauchte er nicht so viel hintereinander, doch jetzt war er nervös – immerhin hatte er Bela gerade von seinen Gefühlen zu Farin erzählt, da war es wohl vollkommen normal, dass man nervös war. Er nickte leicht, während er an seiner neuen Zigarette zog. „Ja… Ich war das. Ein komischer Zufall, dass ich dich dann später kennen gelernt hab, oder?“ In der Tat hatte er schon öfter über diesen Zusammenhang nachgedacht. Dass er dann mit dem Blonden in einer Band gelandet war, war ja schon weniger ein Zufall gewesen, schließlich hatte er Bela damals dann schon gekannt, aber dass er diesen kennen gelernt hatte, war irgendwie schon ein sehr merkwürdiger Zufall. „Naja, offensichtlich nicht.“, entgegnete der Größere mit einem leichten Seufzen, „Und wenn doch, dann kann er es verdammt gut verbergen. Ich weiß nur nicht, wieso er sich nicht erinnern kann… Ich meine… naja, ich hab ihm nicht meinen Namen gesagt oder so und bin einfach am nächsten Morgen verschwunden… Aber…“ Wieder seufzte er. „… er kann sich scheinbar gar nicht daran erinnern. Oder er will sich einfach nicht daran erinnern, keine Ahnung.“ Belas Zuckungen hatten sich derweil gelegt und er beließ es dabei, den Jüngeren einfach anzustarren und seinen Worten zu lauschen. Zwischendurch nickte er leicht, da er sich nicht sicher war, ob er bereits wieder einen vernünftigen Satz zusammen bekam, ohne diesen mit Zuckungen enden zu lassen. Es waren viele Infos, die er auf einmal verarbeiten musste. Seine beiden besten Freunde hatten etwas miteinander... Gut, eigentlich war es nur ein One-Night-Stand und selbst der lag schon Jahre zurück, aber trotzdem. Der eine dachte seitdem wohl sehr oft daran, während der andere sich nicht mehr an diese Nacht erinnerte... „Moment... Jan soll das alles vergessen haben? Also... wirklich alles? Das klingt irgendwie komisch. Ausgerechnet Jan, der einem halbwegs noch erzählen kann was man am 9. Juni 1986 gegessen hat! Und er kann sich noch an vieles aus der Zeit erinnern... Das verwirrt mich grade. Vielleicht hat er es verdrängt? Aus welchem Grund auch immer...“ Der Chilene konnte auf die Worte des anderen Dunkelhaarigen hin nur leicht mit den Schultern zucken. Natürlich klang es komisch, doch es schien einfach eine Tatsache zu sein. Warum auch immer, ob er es nun vergessen oder einfach nur verdrängt hatte – Fakt war, dass sich der Gitarrist offenbar nicht mehr daran erinnerte oder zumindest nicht darüber nachdachte. Und wenn, dann hatte er zumindest offensichtlich keine Ahnung, dass Rod derjenige war, mit dem er damals geschlafen hatte. „Offensichtlich ja schon. Also ich weiß nicht, ob er es vergessen oder verdrängt hat, aber das tut doch eigentlich auch nichts zur Sache. Jedenfalls weiß er es nicht mehr, wie es scheint. Oder er weiß zumindest nicht, dass ich derjenige von damals bin, ich bin ja auch einfach geflüchtet damals.“ Er seufzte wieder leicht und für einen Moment konnte er nicht umhin, sich zu fragen, was heute wäre, wenn er damals nicht einfach abgehauen wäre, doch er konnte keine Antwort auf diese Frage finden, weshalb er den Gedanken beiseite schob. „Offensichtlich ist er ja nicht einmal über die Sache gestolpert, als er den Text von 'Unser Weg' gesehen hat…“ Der Drummer nickte leicht und schob sich die Sonnenbrille unauffällig wieder auf die Nase, da einige der vorbei gehenden Leute bereits interessierte Blicke in ihre Richtung warfen. „Der Text... Deshalb war er dir so wichtig aber auch gleichzeitig so unangenehm... Du spielst auf eure gemeinsame Nacht an! Warte... Du hast alles vergessen was damals zwischen uns war! Nun bist du bei mir... Doch es scheint als wärst du gar nicht da. Klar, das ist mehr als deutlich! Und der Trottel kapiert das nicht...“ Der Ältere seufzte leise und schnappte sich die Zigarette des Kleineren um einmal dran zu ziehen, was einen mittelschweren Hustenanfall zur Folge hatte. Doch wenigstens half es ihm wieder klar im Kopf zu werden. „Aber es gibt noch ein paar Fragen die sich mir aufdrängen. Ich fange einfach mal mit der wichtigsten an: Warum zum Teufel hast du nicht früher mit mir drüber gesprochen?“ Ein leichtes Schnauben entfuhr dem Bassisten, als er die Frage des Drummers hörte und er wollte schon antworten, als er sich die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Ja, sicher, vielleicht hätte er früher mit Bela über die Sache reden können, doch es war ihm einfach unangenehm gewesen. War das denn so schwer zu verstehen? Doch auf der anderen Seite fühlte er sich jetzt eigentlich viel besser, als er es sich jemals hätte vorstellen können. Die ganze Zeit hatte er sich ausgemalt, dass ihm das alles schrecklich peinlich sein würde, doch jetzt fühlte er sich im Gegenteil sogar sehr viel besser. Farin hatte also tatsächlich Recht damit gehabt, den Chilenen regelrecht dazu zu drängen, sich jemandem anzuvertrauen. Auch Rod waren die interessierten Blicke der umstehenden Leute nicht entgangen, weshalb er sicherging und seine Sonnenbrille, die er die ganze Zeit über nicht abgenommen hatte, lieber auch noch mal unauffällig ein Stück hochschob, bevor er sich kurz umblickte, um sicherzugehen, dass niemand auf einmal direkt hinter ihnen stand oder dergleichen. „Naja, mir… war die ganze Sache irgendwie unangenehm…“, entgegnete er schließlich, wobei er die Stimme senkte, so dass sie kaum noch mehr als ein Flüstern, jedoch für Bela noch deutlich genug war, „Ich meine ich habe euch nie erzählt, dass ich… naja, auf Männer stehe…“ Wieder blickte er sich kurz um. „Und ich wollte niemanden damit belasten und irgendwie… naja, wie gesagt, es war mir einfach total unangenehm und irgendwie… peinlich. Sogar vor dir.“ Der Drummer seufzte leise, bevor er Rod eine Hand auf die Schulter legte. „Mir ist klar, dass es dir peinlich war. Naja, nicht peinlich, aber...“ Er holte tief Luft und überlegte, wie er seine Gedanken in Worte formen konnte. „Du hattest Angst vor unseren Reaktionen, beziehungsweise vor meiner... Über Jan reden wir jetzt mal nicht, das ist ein ganz anderer Standpunkt. Aber es ging dir immer schlechter und wir haben uns von Tag zu Tag größere Sorgen gemacht. Und trotzdem hast du nichts gesagt und dich weiterhin alleine damit gequält.“ Der Ältere seufzte leise und beugte sich etwas vor. Doch plötzlich musste er grinsen und man sah deutlich, dass er sich nur schwer ein Lachen verkneifen konnte. „Sorry, aber... Ein bisschen komisch ist es schon. Also nicht deine Situation, sondern... Naja... Jan kam so oft zu mir und hat mir sein Herz ausgeschüttet. Er hat immer wieder erzählt, dass er dachte... Nun... Er hat geglaubt, du hasst ihn. Dabei ist es das genaue Gegenteil. Okay, es ist noch immer nicht komisch, sondern eher absurd, aber... Doch, es ist auch ein bisschen komisch!“ Der Drummer räusperte sich leicht und wurde wieder ernst. „Er wollte sogar noch ein Jahr ins Ausland damit Ruhe einkehrt.“ Bei den Worten des Älteren riss Rodrigo leicht erstaunt die Augen auf, was man hinter der Sonnenbrille jedoch natürlich nicht erkennen konnte. Er wandte sich dem Drummer zu und frage irritiert: „Er dachte wirklich, dass ich ihn hasse?“ Der Chilene schwieg einen Moment. Ja, er hatte definitiv die falschen Signale ausgesandt, auch, wenn es natürlich auch nicht sein Ziel gewesen war, dem Blonden zu zeigen, was er wirklich für ihn empfand. „Naja, vielleicht hätte ich einfach… früher mit dir reden sollen, das stimmt schon… Aber wie gesagt, es war mir einfach unangenehm und ich wollte dich auch nicht irgendwie damit belasten.“ Wieder zog er an seiner Zigarette, doch er spürte, dass seine Nervosität jetzt zumindest ein bisschen nachließ. Ja, jetzt fühlte er sich wirklich schon um Einiges besser. „Ich wusste eben nicht, wie du darauf reagieren würdest…“ Wieder herrschte einen Moment Schweigen zwischen ihnen. „Aber du darfst ihm auf gar keinen Fall davon erzählen. Niemals. Ja?“ Der Ältere beugte sich leicht grinsend weiter zu Rod. „Du hast mein Wort als Freund und Schlagzeuger. Aber das ist eine gute Überleitung zu meiner nächsten Frage.“ Bela sah sich noch einmal kurz um und wurde etwas leiser: „Willst du es ihm denn nie sagen? Ich meine... Du liebst ihn und das schon eine ganze Weile. Ihr habt sogar schon miteinander geschlafen. Willst du es wirklich immer für dich behalten? Kannst du das?“ Die letzte Frage war eigentlich fast schon überflüssig, denn das bisherige Verhalten des Jüngeren hatte bewiesen, dass er es sehr gut für sich behalten konnte. „Warte, ich formuliere es anders... Ich weiß, dass du all die Jahre versucht hast, wen zu finden, mit dem du zusammen sein kannst. Dein Verschleiß an Frauen hat das mehr als deutlich gemacht. Aber es schien ja nie etwas Ernstes zu sein, oder? Kannst du das weiter durchziehen? Bis in alle Ewigkeit? Du liebst Jan, das wissen wir beide... Gut, ich weiß es erst seit ein paar Minuten, aber trotzdem. Willst du es ihm nicht irgendwann sagen?“ Entschlossen schüttelte der Größere den Kopf. Er hatte geahnt, dass Bela irgendwann noch solche Fragen stellen würde, doch für den Bassisten hatte eigentlich schon ewig festgestanden, dass er es Farin niemals sagen würde und an diesem Prinzip würde er auch eisern festhalten. Er hatte einfach nicht vor, es ihm zu sagen, denn wahrscheinlich hätte das alles nur noch viel schlimmer gemacht. Der Gitarrist würde ihn abweisen und das würde dann nur noch viel schlimmer für ihn sein, als wenn er so weitermachte wie bisher. Und Farin würde sich dann wahrscheinlich nur Vorwürfe machen, weil er Rod nicht glücklich machen konnte. Und am Ende würden sie vermutlich alle drei unglücklich enden, weil Rod Farin liebte und dieser diese Gefühle aber nicht erwidern konnte… und Bela würde unglücklich sein, weil seine beiden Freunde unter der Situation litten und am Ende würde es womöglich noch die Band riskieren. Und das wollte der Chilene auf gar keinen Fall. „Nein, ich will es ihm nicht sagen. Niemals. Das… funktioniert so schon irgendwie. Bis jetzt hat das auch irgendwie geklappt und ich… vielleicht finde ich ja doch irgendwann jemanden, das ist ja nicht unmöglich. Ich will einfach nicht alles aufs Spiel setzen. Seien wir doch mal ehrlich…“ Er unterbrach sich einen Moment und blickte sich wieder um. „… meine Gefühle würden doch niemals erwidert werden und am Ende würde Jan sich nur Vorwürfe machen, weil mich das noch unglücklicher macht. Diese ganze Sache ist ewig her, vielleicht erinnert er sich auch wirklich nicht mehr daran, vielleicht hatte er auch einen guten Grund, es zu vergessen. Vielleicht will er gar nicht daran denken, dass er mal mit einem Mann… - wie auch immer. Ich denke, dass es besser ist, wenn er es einfach niemals erfährt. Ich kann das schon irgendwie durchziehen. Ich muss einfach.“ Bela seufzte leise und musterte den Jüngeren. „Bis jetzt hat es geklappt, hm? Ja, das stimmt schon. Aber denk doch noch mal kurz darüber nach wie es geklappt hat. Du hast gelitten und dich zurückgezogen, bist Jan gegenüber sehr abweisend gewesen worunter wiederum er gelitten hat. Das hat dich dann natürlich ziemlich mitgenommen und es ging dir noch schlechter als vorher. Also sag mir bitte... WO hat das geklappt? Ihr zwei geht daran kaputt! Und ich kann nur zusehen, weil ich dich nicht zwingen kann, Jan die Wahrheit zu sagen. Und ich selbst würde es ihm nie verraten, weil ich damit dein Vertrauen missbrauchen würde!“ Der Drummer sank leicht in sich zusammen und starrte auf den dreckigen Boden. „Gut, du musst ihm nichts verraten, denn wenn es wirklich so ausgeht, wie du grade prophezeit hast, würde es euch auch nicht besser gehen... Aber so wie bisher kann es auch nicht weiter gehen. Also lass uns das alles ein wenig ändern.“ Der Ältere atmete tief durch und sah wieder auf Rod. „Wenn Jan etwas gemacht hat, wodurch du dich irgendwie komisch fühlst, dann kommst du zu mir, klar? Dann musst du dich nicht in dein Schneckenhaus verkriechen und leiden, sondern kannst dir alles ganz einfach von der Seele reden. Gleichzeitig würdest du Jan nicht so abweisend behandeln, also du würdest ihn nicht verletzen. Damit würde es euch beiden gut gehen. Und mir erst recht. Abgemacht?“ Rod nickte leicht. Das war zumindest eine Abmachung, mit der er durchaus leben konnte. Okay, manchmal würde er sicherlich noch unsicher sein, ob es auch richtig war, Bela davon zu erzählen, doch schließlich hatte dieser es ihm ja gerade eben selbst angeboten und somit würde es schon irgendwie in Ordnung gehen. Außerdem hatte der Drummer ja Recht – dann würde er zumindest Farin nicht mehr verletzen und die ganze Sache würde nicht mehr so sehr aus dem Ruder laufen, wie es vor allem in letzter Zeit der Fall gewesen war. Er hatte jetzt endlich jemanden, mit dem er darüber reden konnte und in diesem Augenblick wünschte er sich wirklich, dass er es schon vorher gewagt hätte, den Schlagzeuger einzuweihen, denn schließlich hatte er es jetzt nicht bereut, so, wie er die ganze Zeit befürchtet hatte – im Gegenteil, es ging ihm sogar sehr viel besser, jetzt, da er sich den ganzen Kram von der Seele geredet hatte. „Okay, das werde ich machen.“, entgegnete er, „Und den Rest bekomme ich schon irgendwie hin. Hauptsache ist, dass ich nicht mehr so abweisend ihm gegenüber bin, alles andere ist mir egal… Und das sollte ja zu schaffen sein mit deiner Hilfe. Danke.“ Ein leichtes Lächeln trat nun auf sein Gesicht. Bela hob etwas verwirrt eine Braue. „Wofür bedankst du dich denn jetzt? Hör mal... Wir sind Freunde, da ist so was doch wohl mehr als selbstverständlich! Und wie gesagt, dein Geheimnis ist bei mir sicher. Allerdings werde ich Jan irgendwas erzählen müssen... Er hat mich fast schon auf Knien angefehlt herauszufinden, was mit dir los ist Nicht aus Neugier oder so, sondern weil er sich solche Sorgen gemacht hat...“ Der Ältere legte nachdenklich den Kopf in den Nacken. „Also? Was soll ich ihm erzählen? Vielleicht... Ich kann ihm doch eigentlich sagen was los ist, oder? Halt, nicht so wie du denkst! Wenn ich ihm erzähle, dass du verliebt bist... Oder warst... Also unglücklich verliebt und die Person hat sich für... Okay, lassen wir es. Bei meinem Glück verplapper ich mich noch.“ Wieder überlegte der Drummer, wobei er nachdenklich mit den Fingerspitzen auf der Bank trommelte. „Ich könnte ihm sagen dass eine junge Frau dich als Vater ihres Kindes angegeben hat und du soviel Stress wegen dem Vaterschaftstest hattest... Wie wäre das?“ „Hm…“ Nachdenklich schwieg der Bassist einen Moment, denn er wusste auch nicht so recht, was Bela dem Gitarristen hätte erzählen können. Die ganze Sache war in der Tat irgendwie ziemlich verworren, doch die Wahrheit wollte er ihm mit Sicherheit nicht erzählen, zumindest nicht die ganze. Doch Bela hatte Recht – hätte er ihm erzählt, dass Rod in irgendjemanden verliebt sei, wäre die Gefahr, sich zu verplappern, viel zu groß gewesen. Nein, dann schon lieber die andere Lösung, auch, wenn Rod auch diese zunächst leicht misstrauisch beäugte. „Okay. Das könntest du ihm wirklich sagen.“ Der Chilene nickte leicht. „Wäre mir wahrscheinlich auch unangenehm gewesen, über so was zu reden, für den Fall, dass es womöglich gestimmt hätte…“ Er überlegte noch einen weiteren Moment, um die Geschichte, die Farin wohl zu hören bekommen würde, selbst noch einmal zu verinnerlichen. „Ja, okay. Sag ihm das.“ Tatsächlich hatte der Drummer die Geschichte mit dem Vaterschaftstest übernommen und nur etwas ausgebaut, bevor er sie dem Blonden erzählt hatte. Und um ihn zusätzlich zu beruhigen hatte er Rods Verhalten damit erklärt, dass er Angst vor einem schwachen Moment hatte in dem alles raus geplatzt wäre. Und genau dazu hätten viele Situationen führen können. Farin hatte sich glücklicherweise mit dieser Erzählung zufrieden gegeben und dem Älteren versprochen, Rod nicht darauf anzusprechen. So schien alles wieder seinen Lauf zu nehmen, insbesondere die Zeit, die rasend schnell verging. So überraschte es sie auch nicht, als kurz darauf die Videopremiere ihrer ersten Singleauskopplung 'Junge' bevor stand. Und als hätten sie sich mit diesem Song wieder in den Herzen und Gehirnen ihrer Fans eingenistet, war die Anzahl der Fanbriefe von Tag zu Tag gestiegen. Die ersten Interviews hatten sie bereits hinter sich gebracht und die nächsten waren noch etwas hin, also gönnten die drei sich eine kleine Auszeit um zu lesen wie der neue Song bei ihrer Zielgruppe ankam - den Fans. Rod war mehr als nur froh darüber, dass Farin nicht nachgefragt hatte wegen der ganzen Angelegenheit und seitdem fiel es ihm auch um einiges leichter, mit der ganzen Sache irgendwie umzugehen. Natürlich schmerzte es nach wie vor, in der Nähe des Blonden zu sein, ohne dass dieser ahnte, was in ihm vorging, doch wenigstens konnte er jetzt mit Bela über die Sache reden, wenn ihn etwas belastete, so dass Rod inzwischen wirklich mehr als nur glücklich darüber war, dass er sich dem Drummer doch endlich nach der langen Zeit anvertraut hatte. Irgendwie lief jetzt alles wieder besser. Nun, Rod ahnte noch nicht, wie sehr in wenigen Minuten alles wieder aus dem Ruder laufen würde. Natürlich las auch er in den Fanbriefen und im Großen und Ganzen ähnelten diese sich wie immer ziemlich stark. Viel Bewunderung sowie einige Briefe von leicht verrückten, aber doch irgendwie liebenswerten Fans, die ihnen Geschichten zuschickten, in denen 'Die beste Band der Welt' die Hauptrolle spielte und fleißig untereinander verkuppelt wurde. Rod für seinen Teil musste ein paar Mal schwer schlucken, wenn er und Farin auf einmal die Hauptrolle spielten, doch da sich die meisten ohnehin um Farin und Bela drehten, belächelte er diese Briefe – oder teilweise auch Emails – meistens nur. Schließlich hielt er einen schön verzierten Umschlag in der Hand. Der Schreiber oder die Schreiberin hatte sich offensichtlich viel Mühe mit seinem oder ihrem Werk gegeben und er war eindeutig an Rod adressiert, weshalb natürlich auch er sich damit befasste und nicht einer der anderen beiden. 'Lieber Rod', fing es dort an, 'Erst einmal will ich dir auf jeden Fall sagen, wie toll ich Die Ärzte finde! Ihr seid wirklich die Beste Band der Welt, das stimmt auf jeden Fall! Und dich fand ich auf jeden Fall schon immer sehr interessant! Du bist so musikalisch, das bewundere ich total an dir! Und deine Rolle innerhalb der Band find ich auch richtig cool! Du reißt zwar nicht so viele lustige Sprüche wie die anderen beiden, aber das macht gar nichts! Dein ruhiger Charakter macht dich auch total sympathisch! Übrigens… neulich habe ich Bela und dich bei einem sehr interessanten Gespräch belauscht…' An dieser Stelle musste der Chilene inne halten, denn fast wäre ihm der Brief aus der Hand gefallen. Sie waren neulich belauscht worden? Hoffentlich drehte es sich nicht um das Gespräch, von dem er befürchtete, dass es gemeint war… Schweigend las er weiter: 'Ich persönlich fand dieses Gespräch mehr als amüsant und habe festgestellt, dass Bela nicht nur auf der Bühne so verrückt ist. Also wirklich... Vaterschaftstest, auf die Idee muss man auch erstmal kommen. Aber ich muss gestehen... Danach habe ich nicht mehr zugehört, ich musste weiter. Termine, Termine, Termine. Aber ich schätze mal, das wirklich wichtige an dem Gespräch war vielmehr der Anfang. Wer hätte das bitte gedacht? Rod und Farin haben miteinander geschlafen. Und während es für dich die Liebe deines Lebens ist, war es für ihn nur ein One-Night-Stand, ohne Verpflichtung, ohne Bedeutung. Wirklich, du kannst einem fast schon Leid tun. Aber für mich ist das alles sehr praktisch, diese Infos können mir sehr helfen. Keine Angst, vorläufig bleiben sie unter uns, allerdings wirst du dafür so einiges tun müssen. Andernfalls werden viele Leute davon erfahren, angefangen bei Farin. Vorerst solltest du den Kontakt zu diesem etwas einschränken. Damit meine ich, dass ihr nur noch treffen solltet, wenn es um die Band geht. Und glaub mir, ich finde es raus, wenn es nicht so war!' Wieder wäre dem Chilenen fast der Brief aus der Hand gefallen und er wurde ziemlich bleich im Gesicht, als er diese Zeilen las. Was sich anfangs als netter Fanbrief angedeutet hatte, ging jetzt in ziemliche Erpressung über. Normerweise hätte er so was weniger ernst genommen, doch wer auch immer diesen Brief geschrieben hatte – er oder sie wusste von dem Gespräch mit Bela neulich. Er wusste, was damals zwischen Rod und Farin vorgefallen war und hatte die Macht, alles mit einem Schlag kaputt zu machen. Darauf bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, las der Bassist noch weiter: 'Und auf gar keinen Fall solltest du mich dazu treiben, dass ich etwas verrate, denn mach dir gar nicht erst irgendwelche falschen Hoffnungen: Ich habe dein nettes Gespräch mit Bela von neulich aufgezeichnet und wenn du meine Forderungen nicht erfüllst, werde ich die Aufnahme Farin zukommen lassen – und danach der Presse. Glaub mir, ich habe kein Problem damit, einen Skandal auszulösen und das willst du doch nicht riskieren, nicht wahr? Also solltest du dich lieber an meine Forderungen halten, sonst könnte diese ganze Sache sehr unangenehm für dich werden, Rod. Ich werde dich beobachten und damit auch jeden deiner Schritte. Also tu lieber nichts Unüberlegtes, sonst bekommt Farin auch bald einen Brief von mir. Und das willst du doch nicht, oder? Du wirst wieder von mir hören, garantiert. Und solltest du dich nicht an meine Anweisungen halten, wird der nächste Brief sehr viel... Er wird nicht grade angenehm, sagen wir es so. Ein "Fan"...' Ein weiteres Mal schluckte der Chilene schwer, nachdem er den Brief gelesen hatte und erhob sich langsam. Er fühlte sich wie mechanisch und wusste gar nicht, was er jetzt machen sollte. Mit Bela konnte er ja schlecht über diese Sache reden, denn dann würde der Erpresser mit Sicherheit Farin auch einen Brief schicken und das durfte Rodrigo auf gar keinen Fall riskieren – doch was sollte er dann machen? „Jungs, ich… ich geh mal eben raus, frische Luft schnappen und in Ruhe eine rauchen…“, sagte er langsam, setzte dann jedoch ein Lächeln auf, in der Hoffnung, dass ihnen nicht auffallen würde, dass etwas an ihm anders war. Jetzt musste er wirklich höllisch aufpassen. Er durfte auf gar keinen Fall irgendetwas riskieren und würde einfach alles tun, was von ihm verlangt wurde, so weh es ihm auch tat. Er sollte sich nur noch bei Bandtreffen mit Farin treffen… Schon allein der Gedanke tat ihm in der Seele weh, doch leider hatte er ja gar keine andere Wahl. Er musste tun, was von ihm verlangt wurde, wenn er nicht wollte, dass Farin von der ganzen Sache erfahren würde… Es gab sogar eine Tonaufnahme, so dass Rod es nicht einmal leugnen konnte, wenn Farin davon erfahren würde… Er hatte überhaupt keine Alternativen… Und er konnte nicht einmal Bela davon erzählen in diesem Fall… Er schloss kurz die Augen und verließ dann in der Tat den Raum. Den Brief hatte er in die Tasche gesteckt. „Ist gut…“, entgegnete der Drummer nur auf die Worte des Chilenen, warf Farin dann jedoch einen fragenden Blick zu, kaum, dass der Jüngste der drei den Raum verlassen hatte. Was war denn jetzt los? Der Blonde war grade dabei einen seitenlangen Fanbrief zu lesen, sah jedoch auf, als Rod den Raum verließ. Sein Blick huschte zu Bela und er zuckte leicht die Schultern. „Was hat er denn auf einmal? Er wirkt irgendwie...“ Seufzend sah er wieder zur Tür. Rods Laune hatte sich grade wieder gebessert, er war fast wie früher. Was hatte ihn plötzlich so zurück befördert? „Meinst du, es ist okay, wenn wir ihn alleine lassen?“ Der Blonde legte den Brief zur Seite und stand auf, um sich dem Platz zu nähern, auf dem wenige Sekunden zuvor der Chilene gesessen hatte. Allerdings war da nichts was Grund zur Sorge war, alles schien normal zu sein: Fanbriefe mit Liebesgeständnissen, jede Menge Unterwäsche und die eine oder andere Zeichnung war alles, was dort lag. „Hat sich das jetzt eigentlich geklärt? Also... Die Sache mit dem Test. Vielleicht gibt es da ja immer noch Probleme. Dann wäre es kein Wunder, dass er so unruhig ist.“ Farin sprach mit gedämpfter Stimme, für den Fall, dass Rod noch in der Nähe war. Bela zog leicht die Augenbrauen hoch, als Farin das mit dem Vaterschaftstest ansprach. Dass es etwas damit zu tun hatte, war zu bezweifeln, immerhin war diese Geschichte ja nur eine Erfindung gewesen, was der Blonde jedoch natürlich nicht wusste und dabei sollte es auch bleiben – schließlich hatte der Drummer Rod sein Wort als Freund und Schlagzeuger gegeben. Doch auch mit Farin konnte es doch im Grunde gar nichts zu tun haben – immerhin hatte dieser gar nichts gemacht, sondern einfach nur seine Fanbriefe abgearbeitet. Wirklich eine komische Sache… Warum um alles in der Welt verhielt sich der Bassist nun doch auf einmal wieder so merkwürdig? Vielleicht würde er es ihm später ja auch sagen, doch im Moment hatte Bela nun wirklich nicht das Gefühl, dass es so sein würde, denn dann hätte Rod ihn auch einfach kurz mit nach draußen lotsen können. Irgendetwas musste allerdings dahinter stecken und entweder hatte es mit den Briefen zu tun oder es war dem Chilenen ziemlich plötzlich eingefallen. Im Grunde klang Farins Theorie wirklich am logischsten – wäre sie nicht vom Drummer selbst erfunden worden. „Ich weiß nicht…“, entgegnete er nach einer Weile, ebenfalls mit gedämpfter Stimme, und setzte eine nachdenkliche Miene auf, „Ich dachte eigentlich, es hätte sich geklärt, ja… Aber vielleicht gibt es ja doch noch irgendwelche Probleme…“ Die Frage war nur, was für welche – denn mit diesem angeblichen Test, den es gar nicht gab, konnte es ja gar nichts zu tun haben. Wieder sah der Blonde besorgt zur Tür, bevor er sich aufrichtete und das Handgelenk des Älteren packte. „Was auch immer es ist, es beschäftigt ihn! Also haben wir nur zwei Möglichkeiten... Entweder wir quetschen ihn aus bis er sich uns anvertraut, oder wir entführen ihn jetzt irgendwo hin, wo er etwas abgelenkt wird und uns vielleicht freiwillig alles erzählt. Mir egal, Hauptsache, es geht ihm besser!“ Farin sah dem Dunkelhaarigen fest in die Augen. „Die Fanpost wird schon nicht weglaufen, also kümmern wir uns jetzt lieber um das, was wichtig ist: Rod!“ Im Vorbeigehen griff Farin sich seine Jacke und warf sich diese über die Schulter, bevor er die Tür aufriss und auf den Flur trat. „Was ist? Kommst du? Bring am besten Rods Sachen mit und schließ ab, ich geh schon mal zu ihm!“ Der Raum, in dem sie sich befunden hatten, lag im ersten Stock und so dauerte es nicht lange, bis der Gitarrist an Rods Seite trat. Mit einem leichten Lächeln strubbelte er ihm durchs Haar und deutete ein leichtes Kopfnicken in Richtung der Parkplätze an: „Feierabend für heute, wir unternehmen jetzt etwas!“ Bela nickte nur und tat, wie ihm geheißen. Vielleicht würde ein bisschen Ablenkung Rod wirklich ganz gut tun und eventuell würden sie dabei ja auch herausfinden, was den Jüngeren denn nun eigentlich belastete. Sicher, vielleicht hatte es auch wirklich irgendwas mit Farin zu tun, dann würde der Chilene es ohnehin nicht vor dem Blonden äußern, doch dann konnten sie ihn vielleicht zumindest wirklich für einen Moment auf andere Gedanken bringen. Nun, einen Versuch war es auf jeden Fall wert. Der Bassist selbst stand derweil auf dem Parkplatz und schreckte leicht zusammen, als er spürte, wie Farin ihn berührte und ansprach. Diesmal lag es nicht an der Tatsache, dass der Gitarrist derjenige war, der ihn berührte, sondern einfach nur daran, dass er vollkommen vertieft in seine Gedanken gewesen war und somit nicht mitbekommen hatte, dass der Größere ihm nach draußen gefolgt war. „Gott, hast du mich erschreckt…“, murmelte er, lächelte jedoch leicht, um zu signalisieren, dass er deswegen nicht böse war oder dergleichen. Dann wurde ihm jedoch klar, dass Farin ihn gerade irgendwohin verschleppen wollte oder zumindest etwas in der Art, was wohl ganz klar den Rahmen für Band-Treffen sprengte. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, bevor er antwortete: „Ich weiß nicht… Ich hab… noch viel zu tun.“ Auch Bela war nun inzwischen zu seinen beiden Freunden gestoßen, nachdem er abgeschlossen hatte, und stand neben ihnen. Der Blonde hob leicht verwirrt eine Braue und warf Bela einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder dem Jüngeren zuwandte. „Viel zu tun? Das hat Zeit, zur Not helfen wir dir. Komm schon, in letzter Zeit haben wir hauptsächlich Interviews gegeben oder sonst was für die Band getan. Heute tun wir mal wieder etwas für uns. Bitte, Rod. Ich will was mit dir unternehmen. Und wenn es nur damit endet, dass wir Dirk nach Hause schleppen, das ist doch eigentlich immer ganz lustig. Wir können ihn ja auf eine Rolltreppe stellen!“ Grinsend legte er dem Chilenen einen Arm um die Schultern und drückte ihn leicht an sich. „Ich sorge auch dafür, dass du rechtzeitig Zuhause bist. Normalerweise würden wir jetzt noch ein paar Stunden oben sitzen, also kannst du mir nicht erzählen, dass du irgendwas für heute geplant hast!“ Nach wie vor zögernd blickte Rod zwischen seinen beiden Freunden hin und her. Er wollte eigentlich nichts riskieren, doch irgendwie konnte er auch nicht widerstehen, wenn Farin so mit ihm umging, hatte Farin doch eben gerade schließlich ganz deutlich gesagt, dass er etwas mit ihm unternehmen wollte. Für einen Moment wünschte sich Rod wirklich, dass er in der Lage gewesen wäre, dem Gitarristen seine Gefühle zu gestehen, denn in diesem Fall hätte er sich gar nicht erst irgendwelche Gedanken machen müssen, doch nach wie vor wollte er es nicht sagen. Schließlich fasste er sich allerdings zumindest doch ein Herz, was das mit der Unternehmung anging. Wer auch immer versuchte, ihn zu erpressen, konnte ja auch schlecht ständig ein Auge auf ihn haben und so würde er oder sie wohl gar nichts davon mitbekommen. Und Rod sehnte sich jetzt einfach nach der Nähe seiner beiden besten Freunde, er wollte sich wirklich nur zu gerne von ihnen ablenken lassen. „Okay.“, entgegnete er schließlich, „Du hast wohl Recht. Und was schlagt ihr so vor?“ Sofort hellte sich Farins Gesicht auf und er drückte den Kleineren noch etwas mehr an sich. „Na also, geht doch! Okay, als erstes sollten wir... Und dann natürlich... Nicht zu vergessen... Ich hab keine Ahnung.“ Verlegen grinsend kratzte er sich an der Wange. „Naja, gehen wir was essen und planen dort, was wir danach machen. Ist nicht momentan wieder Hamburger DOM? Und wird der aktive Part in der Sado-Maso-Szene nicht auch 'Dom' genannt? Oder verwechsle ich da was?" Der Blonde tat einen Moment so, als würde er darüber nachdenken, zuckte dann allerdings nur die Schultern. „Egal jetzt, gehen wir essen. Zur Not machen wir nachher einen kleinen Abstecher auf die Reeperbahn und ich geh nachfragen.“ Grinsend zog der Gitarrist Rod einfach mit sich zu ihren Autos, blieb allerdings zögernd vor seinem stehen. „Vielleicht sollten wir alle zusammen fahren und die anderen Autos nachher hier abholen. Könnte etwas schwer werden, drei Parkplätze zu finden, oder?“ Die beiden Dunkelhaarigen lachten leicht auf, als Farin anfing, von der Sado-Maso-Szene zu faseln. „Ich hab keine Ahnung, Jan, aber ich finde es interessant, dass du da so bewandert zu sein scheinst.“, scherzte Rod jetzt und grinste leicht. Obwohl er sich eigentlich noch immer Gedanken wegen dieses Briefes machte, versuchte er nun einfach, zumindest im Moment nicht mehr so sehr darüber nachzudenken und stattdessen einfach den Rest des Tages mit seinen beiden besten Freunden zu verbringen. Irgendwie würde das schon gut gehen – hoffte er zumindest. Als sie schließlich vor den Autos standen, nickte der Bassist leicht. „Ja, stimmt. Wäre ja auch irgendwie Schwachsinn, wenn wir jetzt alle einzeln in der Kolonne dorthin fahren würden. Und wer fährt?“ Diese Frage veranlasste den Drummer zu einem Grinsen: „Na natürlich fährt Jan, ich wurde doch schon von ihm zum Saufen verdonnert, damit ihr mich nach Hause tragen könnt. Und weil Saufen alleine nur halb so viel Spaß macht wie mit dir zusammen, solltest du auch lieber nicht fahren.“ Der Blonde schmollte gespielt und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hey, das hab ich mal aufgeschnappt. Außerdem wäre das ziemlich logisch, es könnte nämlich die Abkürzung vom lateinischen 'Dominus' sein, was ja 'Herr' bedeutet.“ Farin hob leicht eine Braue und musterte den Drummer lange. „War ja klar, dass du die Gelegenheit beim Schopfe packst. Aber gut, dann fahr ich halt. Aber wehe du kotzt mir das Auto nachher voll!“ Grinsend zog er seinen Schlüssel hervor und öffnete den Wagen, wodurch das Geräusch der Zentralverriegelung erklang. „Dann mal rein mit euch. Ihr dürft euch drum kloppen wer vorne sitzt. Meinetwegen könnt ihr auch beide nach hinten, aber nachher mache ich die Kindersicherung rein. Wer weiß, auf was für Ideen ihr sonst kommt!“ Der Gitarrist ließ sich auf den Fahrersitz sinken und ließ die Tür zufallen, während er nach seinem Gurt tastete. „Und noch etwas... Meine Stimme zählt für drei, also wird gehört, was ich will, klar?“ Von der Rückbank war ein genuscheltes 'gleich fahr ich selbst' zu hören, welches eindeutig vom Drummer kam, doch Farin tat so, als hätte er es nicht gehört und startete grinsend den Motor. Wieder waren ein paar Tage vergangen und bisher hatte Rod zumindest noch nichts weiter von dem Erpresser gehört und er war inzwischen wirklich ganz guter Hoffnung, dass es dabei auch bleiben würde. Vielleicht hatte der- oder diejenige wirklich nicht mitbekommen, dass sie neulich zu dritt unterwegs gewesen waren – wie auch immer, zumindest gab es keinen Ärger im Moment und darüber war der Chilene mehr als nur dankbar – blieb also nur zu hoffen, dass es dabei auch wirklich bleiben würde, denn nach wie vor hatte er ziemlich große Angst, dass Farin irgendetwas erfahren würde. Nun wollten die drei wieder ihre Fanpost durchgehen und insgeheim konnte der Bassist nicht leugnen, dass er ein bisschen Angst vor der ganzen Sache hatte, immerhin war es ja auch durchaus möglich, dass der Erpresser wieder einen Brief dort hinterlassen würde, diesmal für Farin, um ihm zu sagen, was Rod für ihn empfand… „Ich geh schon mal hoch.“, meinte Farin mit einem leichten Grinsen und blickte kurz auf Rods Zigarette, „Ihr könnt ja gleich nachkommen!“ Mit diesen Worten verschwand er auch schon und ließ die beiden Dunkelhaarigen unten zurück. Gerade hatte Rod daraufhin seinen Zigarettenstummel auf den Boden geworfen und wollte dem Blonden nach drinnen folgen, als er von Bela am Arm zurückgehalten wurde. „Warte noch.“ Verwundert sah Rodrigo den Älteren an. Bela wartete, bis der Blonde ganz sicher außer Hörweite war, bevor er sich leicht breitbeinig vor den Jüngeren stellte. „Okay, raus mit der Sprache... Was hat er wieder angestellt? Du warst neulich schon wieder so komisch. Jan dachte, es hätte mit dem Vaterschaftstest zu tun, aber da es den ja nicht wirklich gibt... Ich hab natürlich nichts gesagt, musste ihm aber versprechen, dich mal etwas auszuhorchen. Das hatte ich aber ohnehin vor. Also? Hat er etwas gesagt? Oder gemacht?“ Der Ältere lehnte sich leicht an die Wand, wobei er Rod nicht aus den Augen ließ. „Oder musstest du an etwas denken? Ich muss gestehen, dass dein Verhalten mich ziemlich verwirrt hat, weil es so plötzlich kam. Und Jan saß doch eigentlich ganz ruhig auf seinem Platz und hat gelesen.“ Während die beiden Dunkelhaarigen noch vor der Tür standen, hatte Farin im ersten Stock die Tür aufgeschlossen und das Zimmer betreten, in dem mal wieder ein Haufen Fanpost auf sie wartete. Einige der Briefe waren schon etwas älter und waren bereits in drei Stapel unterteilt, allerdings war da auch ein Karton mit neuer Post. Diesen zog er sich heran, während er sich auf einem Stuhl nieder ließ und warf einen Blick hinein. Es würde noch etwas dauern, bis die anderen hoch kamen, also konnte er die Briefe schon mal so gut es ging sortieren. Meistens erkannte man schon an den Umschlägen, für wen von ihnen der jeweilige Brief bestimmt war. Der Chilene schwieg nur, als Bela ihn anfing, auszufragen. Natürlich hatte er befürchtet, dass er ihn irgendwann noch fragen würde, was mit ihm los gewesen war, doch obwohl er bereits damit gerechnet hatte, hatte er sich dummerweise noch immer keine Antwort zurechtgelegt, weshalb er jetzt eigentlich absolut keine Ahnung hatte, was er dem Drummer erzählen sollte. Die Wahrheit fiel weg und bei ihm konnte er auch nicht mit der Vaterschaftstest-Geschichte kommen, hatte Bela diese doch schließlich selbst erfunden. Doch was sollte er jetzt stattdessen sagen? Übergehen konnte er die Frage nicht und so musste er sich jetzt verdammt beeilen, wenn er wollte, dass der Kleinere ihm auch glaubte, denn wenn er zulange überlegen würde, würde ihn das sicher nur unglaubwürdig wirken lassen. „Naja, irgendwie… Keine Ahnung, ich bin beim Lesen von irgendeinem Fanbrief irgendwie… mit den Gedanken abgeschweift und musste auf einmal wieder so an die ganze Sache denken. Du weißt doch bestimmt, wie das ist, du liest irgendwas und das erinnert dich an irgendwas und irgendwie kommst du dann auf einen bestimmten Gedanken oder so. Naja und ich musste dann eben wieder so daran denken… Und dann bin ich irgendwie durchgedreht, tut mir Leid. Es… es wird nicht wieder vorkommen.“ Sofort wurde der Drummer etwas ruhiger und seine Haltung wesentlich entspannter. „Ach so... Daran hab ich gar nicht gedacht, entschuldige. Klar, dass du der Sache nicht immer aus dem Weg gehen kannst. Was hat dich denn plötzlich dran erinnert?“ Der Kleinere sah sich kurz um, bevor er sich wieder Rod zuwandte. „Ich denke mal nicht, dass irgendwer gefragt hat, ob du was mit Jan hast, oder? Obwohl... Ich hab schon viele Briefe und Mails mit dieser Frage bekommen. Oder diese Geschichten...“ Bela stockte leicht und musterte den Chilenen erneut. „Sag bloß, dir schicken sie die jetzt auch schon. Da ist es ja kein Wunder, dass du daran erinnert wirst. Du wirst ja fast überall damit konfrontiert!“ Wieder zögerte der Ältere kurz bevor er fortfuhr. „Aber sag mal... Willst du es wirklich für dich behalten? Ich weiß, ich hab dich das schon gefragt, aber ich kann es einfach noch nicht verstehen! Man will doch mit der Person zusammen sein, die man liebt! Warum versuchst du es dann nicht? Ich meine... Du hast doch gemerkt, dass er Männer irgendwie- hallo Manni!“ Grade noch rechtzeitig hatte der Drummer den Hausmeister bemerkt, der um eine Ecke gebogen kam. Ansonsten hätte es böse enden können. So wechselte er ein paar Worte mit dem jungen Mann und versuchte so unschuldig wie möglich rüber zu kommen. Erst als Manni die Glastür passiert hatte und in einem der Zimmer verschwunden war, fuhr er mit seinem eigentlichen Text fort: „Du hast doch gemerkt, dass er Männer irgendwie anziehend findet... Also naja... Jedenfalls ist er nicht abgeneigt. Immerhin war er an dem Abend nüchtern... So wie an jedem anderen in seinem Leben...“ Das Gehirn des Bassisten fing schon an, auf Hochtouren zu laufen, um sich etwas auszudenken, was ihn angeblich daran erinnert haben sollte, als Bela selbst es war, der ihm eine Idee lieferte. Die Geschichten, die sie manchmal zugeschickt bekamen, natürlich! Eigentlich war das die Idee! So beiläufig wie nur möglich nickte der Chilene. „Naja, ich bekomme sie sicherlich nicht so oft wie Jan oder du, aber hin und wieder schon.“ Das war nicht einmal vollkommen gelogen, denn in der Tat hatte er schon ein paar zugeschickt bekommen. Das einzig Gelogene an der Sache war eben, dass die Geschichten nicht der Grund für das Verhalten von Rod gewesen waren, doch das musste er ja nicht sagen. Auf die nächste Frage des Drummers hin zog der Jüngere leicht die Augenbrauen hoch. Was für eine Frage… Und eigentlich hatten sie diese Sache doch ohnehin schon geklärt. Rod wollte es nicht erzählen und daran hatte sich auch in den letzten Tagen nicht wirklich etwas geändert. Gerade wollte er antworten, als sich der Schlagzeuger unterbrach, da Manni, der Hausmeister, auf der Bildfläche erschien, was Rods Gesichtfarbe für einen Moment ungewohnt blass werden ließ. Als er jedoch feststellte, dass Manni anscheinend nichts Wichtiges mitbekommen hatte, beruhigte er sich wieder und antwortete doch schließlich: „Ja, will ich. Ich… er soll es nicht erfahren, das stand für mich schon fest, als ich in die Band gekommen bin. Das war mit Sicherheit sowieso nur das einzige Mal für ihn und er… es wird wohl kaum noch ein zweites Mal passieren. Wahrscheinlich wollte er es nur mal ausprobieren oder so. Sicher, man will gerne mit dem zusammen sein, den man liebt, aber… in diesem Fall würde das doch sowieso nicht gehen.“ Bela seufzte leise auf und ließ sich gegen die Glastür sinken. „Rod... Du hast mit ihm geschlafen... Da solltest du doch am besten wissen, was für einen Eindruck er gemacht hat. Wollte er wirklich nur etwas ausprobieren? Hat es ihm gefallen? Ist er gekommen?“ Der Drummer schauderte leicht. „Streich die letzte Frage, soviel möchte ich dann doch nicht über Jans Sexleben wissen. Aber die anderen Fragen können stehen bleiben, wenn du mit deinen Antworten nicht zu sehr ins Detail gehst. Wie gesagt, du müsstest doch gemerkt haben wie er sich gefühlt hat. Er war sicher nicht abgeneigt, sonst hätte er nicht mal einen hoch bekommen... Verdammt, jetzt geh' ich ins Detail!“ Der Ältere strich sich leicht durch die Haare und atmete tief durch. „Okay, ich werde jetzt ganz professionell an die Sache gehen. Du wirst ihn ja kaum dazu gezwungen haben, oder? Und wenn er den aktiven Part übernommen hat, erst Recht nicht.“ Wieder schauderte der Drummer leicht. „Worauf ich hinaus will... Das hab ich jetzt vergessen. Verdammt, zu viele Bilder in meinem Kopf!“ Er hatte nichts gegen Schwule, das ganz sicher nicht. Und es lag auch nicht daran, dass seine besten Freunde miteinander geschlafen hatten. Er wollte sich einfach nicht vorstellen, wie einer von den beiden Sex hatte, egal mit wem. Der Jüngere schwieg einen Moment und dachte nach. „Ja, naja, schon. Es… schien ihm gefallen zu haben, aber das heißt doch nicht, dass ich… deswegen irgendeine Chance hätte. Das heißt doch noch lange nicht, dass es mehr als nur eine Ausnahme war oder dass er es irgendwann noch mal machen wollen würde. Es heißt doch nicht, dass er… jemals mehr als Freundschaft für mich empfinden könnte.“ Rod blickte sein Gegenüber kurz an und schloss dann die Augen. Wieder mussten sie diese Sache durchkauen und auch, wenn der Bassist natürlich durchaus wusste, dass sein Freund es nur gut meinte und ihm nur helfen wollte, gab es ja doch keine Lösung, zumal Rod die Treffen zwischen ihm und Farin jetzt ohnehin auf Bandinternes beschränken musste, wenn er nicht wollte, dass alle von seinen Gefühlen zu dem Gitarristen erfahren würden. „Natürlich hab ich ihn nicht dazu gezwungen… Ja, es schien ihm wirklich gefallen zu haben, aber… aber…“ Er unterbrach sich einen Moment und musste sich räuspern, um überhaupt noch Worte über seine Lippen zu bringen, „aber das ist jetzt schon so fürchterlich lange her und wahrscheinlich sieht er es nur als eine Art Jugendsünde. Versteh doch… es würde niemandem etwas bringen, wenn ich ihm alles sage… Mir nicht und auch ihm nicht. Es ist… eine Sache, ob man vor vielen Jahren… einen One-Night-Stand mit jemandem hatte oder ob man auf einmal eine Beziehung mit einem seiner besten Freunde eingeht… Nur, weil da früher was zwischen uns war, heißt das doch noch lange nicht, dass er gleich mit mir zusammen sein wollen würde, wenn er es wüsste…“ Bela seufzte leise und legte dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter. „Weißt du was, Rodrigo? Du kannst einen ganz schön in den Wahnsinn treiben. Ich verstehe ja, dass du die Freundschaft nicht aufs Spiel setzen willst, aber... aber... Verdammt, du tust dir doch nur selbst weh damit!“ Leider brachte dieses Argument nichts, was der Drummer nur zu gut wusste. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte einen Moment auf ein Flugzeug am Himmel, das einen breiten Kondensstreifen hinter sich bildete, ähnlich einer weißen Mauer auf dem blauen Hintergrund. „Und es gibt keine Möglichkeit, dich davon abzubringen? Selbst wenn Jan sich an diese Nacht erinnern kann und gar nicht so abgeneigt war?“ Schnell hob der Ältere die Hände. „Ich erzähl ihm nichts, das hab ich versprochen! Aber wenn ich mit ihm über den Abend allgemein reden würde... Da könnte ich gucken, an was er sich so erinnert. Davon würde er mir sicher nichts erzählen, aber ich kenne ihn langsam gut genug, um zwischen den Zeilen zu lesen. Es wäre doch einen Versuch wert.“ Hoffnungsvoll betrachtete er den Chilenen. Er wollte doch nur helfen! Denn eines stand fest: Rod würde das nicht ewig durchhalten, egal, was er behauptete. Dieser war jedoch nicht so sonderlich überzeugt von dem Vorschlag des Drummers, denn er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte. Womöglich würde sich dabei nur herausstellen, dass der Blonde sich in der Tat noch an Einiges erinnern konnte oder ihm würden wieder Dinge einfallen und das wollte der Chilene wiederum auf gar keinen Fall riskieren. Auch, wenn Rod manchmal unter dieser Sache litt, so wollte er Farin nicht auch noch damit belasten, denn das hatte er einfach nicht verdient. „Das ist mir egal, Dirk.“, entgegnete Rod schließlich mit fester Stimme, „Es macht mir nichts aus, solange ich wenigstens nur mit damit wehtue. Aber ich… ich will einfach nicht, dass Jan sich auch noch mit der ganzen Sache auseinandersetzen muss. Es reicht doch schon, wenn ich daran denken muss, immer wieder, jeden Tag. Und wenn du ihn auf diesen Abend ansprechen würdest, dann würde er sich vielleicht bloß wieder an was erinnern und das will ich nicht. Ich schaffe das schon. Ja, ich weiß, ich mache nicht unbedingt immer den Eindruck, aber es ist so. Ich kann das schaffen, ich muss mir einfach mehr Mühe geben. Vertrau mir einfach, ich… ich schaffe das. Wirklich.“ Der Drummer hob zweifelnd eine Braue, sagte aber vorerst nichts. Er wollte den Jüngeren nicht noch weiter bedrängen aus Angst, dass dieser sich dann nur noch mehr zurückziehen würde, selbst vor ihm. Dadurch würden sie wieder am Anfang stehen. So hatte er wenigstens Bela, dem er sich anvertrauen konnte. „Okay, wir lassen es erstmal. Aber... Du weißt, dass du mich immer anrufen oder vorbei kommen kannst, oder? Tag und Nacht, für dich hab ich immer Zeit. Wenn Jan mal wieder was anstellt, dann klingelst du kurz durch, damit du weißt, wo ich bin. Zur Not treffen wir uns irgendwo unterwegs und trinken einen Kaffee.“ Er lächelte den Chilenen aufmunternd an und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Wir können ja auch erstmal dafür sorgen, dass ihr nicht so oft alleine irgendwo seid, damit keine unangenehmen Situationen auftreten können. Vielleicht halte ich mich auch mal etwas mit meinem Alkoholkonsum zurück, anscheinend liegt es daran, dass irgendwas zwischen euch passiert. Letztes Mal kam Jan auch erst morgens aus dem Schlafzimmer, kurz bevor du aufgestanden bist. Was war da eigentlich los? Hat er dich geweckt?“ Der Ältere wusste nicht, dass er damit ein Geheimnis des Blonden verriet. Dieser hatte Rod gegenüber beteuert das Schlafzimmer verlassen zu haben, kurz nachdem dieser eingeschlafen war - er selbst hatte angeblich friedlich auf der Couch geschlafen. Rod nickte nur, froh darüber, dass Bela so sehr für ihn da war. „Danke…“ Gut, eigentlich sollte er sich nicht dafür bedanken, das beteuerte ihm der Drummer schließlich immer wieder, doch er konnte einfach nicht umhin, denn er freute sich einfach viel zu sehr über diesen Umstand. All die Jahre hatte er es für sich behalten müssen, doch nun konnte er mit Bela darüber reden – und doch konnte er ihm nicht alles sagen, denn das mit dem Erpresserbrief musste er für sich behalten, auch, wenn es ihm ganz schön schwer fiel, besonders in Momenten wie diesen. Bei dem zweiten Teil von Belas Erzählungen zog der Chilene jedoch leicht die Augenbrauen hoch. Hatte er gerade gesagt, dass Farin das Schlafzimmer erst verlassen hatte, kurz, bevor Rodrigo aufgestanden war? Warum hatte er ihm dann etwas ganz Anderes erzählt? Verwirrt fuhr sich der Bassist durch die Haare und dachte noch eine Weile schweigend nach, doch so richtig konnte er damit nichts anfangen. Warum hatte Farin ihm etwas Anderes erzählt, als in Wahrheit der Fall gewesen war? „Ähm… Jan hat mich eigentlich nur zu Bett gebracht und hat gewartet, bis ich eingeschlafen bin… Das hat er mir zumindest erzählt.“, gestand Rod schließlich. Der Drummer boxte dem Jüngeren leicht in die Seite, wobei er sich nur schwer ein Grinsen verkneifen konnte. "Du sollst dich doch nicht immer bedanken." Erst hatte er ihm durch die Haare streichen wollen, doch seit er beobachtet hatte, wie oft der Blonde dies tat, hatte er sich fest vorgenommen sich dies abzugewöhnen. Als Rod ihm erzählte, was in dieser Nacht eigentlich passiert war, hob Bela leicht verwirrt eine Braue. „Ach ja? Okay... Also für mich sah das ganz anders aus. Ich hatte euren Streit über den Schlafplatz mitbekommen, wenn auch nur so halb. Naja, als ich Jan nicht auf der Couch gesehen hab, dachte ich, er wäre im Bad. War ja noch ziemlich früh, ich hätte selbst noch geschlafen, wenn die Natur nicht ihre Rechte gefordert hätte. Hab also kurz gewartet, aber statt aus dem Bad kam er plötzlich aus deinem Zimmer. Hab mich dann aber auch nicht weiter gewundert, dachte, er würde dich wecken oder dir sonst was erzählen. Ich war nur froh, endlich meine Blase erleichtern zu können.“ Der Ältere dachte einen Moment an jenen Morgen. „Wenn ich es mir so überlege... Er sah ziemlich müde aus, jedenfalls bevor er duschen gegangen ist. Aber da hast du ihn ja gar nicht mehr gesehen. Also ich würde glatt sagen, er hat die Nacht durchgemacht.“ Bela stockte leicht und betrachtete den Größeren. „Warum hat er dich eigentlich ins Bett gebracht und gewartet, bis du eingeschlafen bist?“ Rod brauchte einen Moment, um sich die Einzelheiten jener Nacht wieder in Erinnerung zu rufen, war er doch schließlich selbst auch nicht mehr ganz nüchtern gewesen. Schließlich hatte er jedoch das Gefühl, die ganze Sache wieder mehr oder weniger gut im Hinterkopf zu haben und blickte den Anderen an. „Naja…“, begann der Chilene schließlich, „Also das war so… Wir haben dich ja nach Hause gebracht und ich hab mich da mal wieder ziemlich komisch Jan gegenüber verhalten… Als wir an einer Rolltreppe waren, hat er mir seine Hand angeboten und ich hab das ignoriert und solche Sachen…“ Der Bassist seufzte leicht, noch immer hatte er ein schlechtes Gewissen, wenn er an diesen Abend zurückdachte, „Ich hab mich ziemlich scheiße verhalten und später haben wir darüber geredet und ich hatte ein schlechtes Gewissen und… naja, ich hab angefangen zu heulen, er hat mich getröstet und dann wollte er mich zu Bett bringen. Und dann hab ich eben Ja gesagt und er ist mitgekommen und hat sich an meinen Bettrand gesetzt. Ich war dann auch ganz schnell weg und dachte eigentlich, er wäre danach auch schlafen gegangen… Aber wieso er so lange dort gewartet hat, weiß ich auch nicht… Keine Ahnung.“ Sofort bereute Bela es, dieses Thema angesprochen zu haben. Anscheinend dachte der Jüngere nicht besonders an diesen Abend zurück, was auch verständlich war wenn man erstmal einige Details kannte. „Also das liegt ja wohl klar auf der Hand! Er hat sich Sorgen gemacht und wollte lieber bei dir sein, falls etwas ist.“ Der Drummer verschränkte die Arme leicht vor der Brust und nickte schwach. Eine andere Erklärung gab es für ihn nicht, besonders da er wusste, wie sehr Farin sich um den Jüngsten im Bunde sorgte. „Ich denke, er hatte Angst, dass du wach wirst und es dir dann wieder schlecht geht, also wollte er für den Fall der Fälle da sein. Also wenn du mich fragst, was du zwar nicht tust, aber egal... Er macht sich mehr Gedanken um dich, als du vielleicht sehen willst. Glaub mir, er hat bestimmt nicht die ganze Nacht bei dir gesessen, weil er ein schlechtes Gewissen oder Langeweile hatte. Er wollte für dich da sein, als du ihn gebraucht hast.“ „Ja… mag sein.“, entgegnete der Bassist langsam, „Das glaub ich dir ja…“ Für einen Moment schwieg der Jüngere der beiden und dachte wieder nach. „Aber falls du damit jetzt andeuten willst, dass er vielleicht doch… etwas für mich empfinden könnte, dann…“ Ja, dann was? So richtig wusste Rod eigentlich selbst nicht, was er als Gegenargument liefern sollte. Das einzige Problem war eben einfach nur, dass der Chilene nicht daran glaubte, dass Farin so was wie Liebe für ihn hätte empfinden können. Natürlich war auch nicht gesagt, dass Bela dies hatte andeuten wollen, doch man konnte ja nie wissen. „Also ich denke, dass er das für dich auch getan hätte, das will ich damit sagen. Also falls du so was damit andeuten wolltest, dann kann ich dir in diesem Fall nicht zustimmen… Es ist einfach nicht so.“ Leider, wie er in Gedanken hinzufügte. Der Drummer grinste leicht und stieß sich ein wenig von der Glasscheibe ab. „Ja, er hätte es für mich auch getan... Hat es aber nicht. Ich meine... Du hast geschlafen und ich lag in meinem Bett, ziemlich voll und hätte in der Nacht loskotzen können, das hätte niemand mitbekommen. Ich hatte nicht mal einen Eimer da stehen, an den denkt Jan eigentlich immer seit ich sein Laminat... Also was ich damit sagen will: Er hatte in dem Moment anscheinend nur dich im Kopf. Ich will nicht sagen, dass er dich liebt... Ich will aber auch nicht sagen, dass er dich nicht liebt. Okay, was will ich überhaupt sagen?“ Auf dem Gesicht des Drummers breitete sich ein sanftes Lächeln aus. „Du bedeutest ihm eine ganze Menge, das merkt man ihm an. Wie viel, das weiß nur er selbst. Aber bevor du wieder so traurig wirst denk noch mal drüber nach... Es gibt nicht viele Leute, für die sich Jan die Nacht um die Ohren geschlagen hätte oder ähnliches. Und es gibt auch nicht viele Leute, die es schaffen ihn fast schon depressiv zu machen, weil sie ein wenig Abstand einhalten. Solltest du bei deiner Entscheidung bleiben, ihm nie die Wahrheit zu sagen... Dann denk einfach dran, was zwischen euch ist... Und nicht daran, was nicht ist...“ Dass Bela irgendwo wahrscheinlich schon Recht hatte, war Rod klar und doch konnte er sich das alles nicht vorstellen, was den Jüngeren nur dazu veranlasste, leicht den Kopf zu schütteln. Zwischendurch fiel es ihm ziemlich schwer, seinem Freund noch zu folgen, denn zu tief war er bereits wieder in seine Gedanken versunken. Bei den letzten drei Sätzen schaltete sich seine Aufmerksamkeit dann allerdings doch wieder ein und er blickte den Schlagzeuger eine Weile schweigend an. Im Grunde war es fast schon egal, was zwischen Farin und ihm jetzt war und was nicht, denn Rod musste ohnehin Abstand zu ihm halten, wenn er nicht wollte, dass der Erpresser alles bekannt machen würde. Wieder hatte er den starken Drang, dem anderen Dunkelhaarigen einfach alles zu erzählen, doch er konnte nicht. Er hatte viel zu große Angst, dass, wer auch immer diesen Brief geschrieben hatte, seine oder ihre Drohung, die Aufnahme an den Gitarristen zu schicken, wahr machen würde und das wollte er gar nicht erst riskieren. „Ja, vielleicht hast du Recht…“ Wieder schwieg er eine Weile. „Aber ich bleibe auf jeden Fall dabei. So, wie es jetzt läuft, ist es einfach am besten für alle.“ Auch Rod stieß sich nun leicht von der Wand, an die er sich vorher gelehnt hatte, ab. „Wollen wir langsam auch mal reingehen?“ Bela seufzte leise und ließ den Blick noch einmal über den leeren Platz vor dem Gebäude wandern bevor er sich der Tür zuwandte. „Ja, gehen wir lieber hoch. Wir können Jan ja nicht ewig da sitzen lassen. Außerdem gibt es noch genug zu tun, da wartet eine Menge Fanpost, die wir langsam durchlesen sollten. Immerhin wird es täglich mehr.“ Er ließ dem Jüngeren den Vortritt und folgte ihm dann langsam die Stufen hoch. Allerdings hielt er Rod noch einmal auf, bevor sie das Zimmer betraten. „Wie wär’s wenn wir am Wochenende was unternehmen? Ohne Jan... Ich will ihn nicht ausgrenzen oder so, aber vielleicht kommst du dadurch mal etwas von deinen Gedanken los. Musst dich ja nicht sofort entscheiden, lass es dir einfach durch den Kopf gehen, ja?“ In der Zwischenzeit hatte der Gitarrist alle Briefe sortiert. Nicht nur nach Empfänger, nein. Er hatte sie sogar alphabetisch sortiert, wobei er erst nach den Vor- und dann nach den Nachnamen der Absender gegangen war. Zwar gab es auch ein paar Briefe ohne Absender, aber diese waren meistens eh an sie alle adressiert und so hatte er sie einfach auf einen Haufen gelegt. Einer dieser Briefe hatte allerdings von Anfang an seine Neugier geweckt. Er war ein wenig dicker als die anderen und der Umschlag war stark verziert. Auf der Rückseite standen ihre Namen in geschwungener Schrift, wobei neben Rods Namen noch ein kleines Herz gemalt war. Farin wusste nicht wieso, aber auf einmal überkam ihn das Bedürfnis, den Brief selbst zu öffnen und zu lesen. Vielleicht war es Eifersucht, er redete sich allerdings weiterhin ein, dass es einfach Neugier war. Er zögerte nicht länger und zog seinen Schlüsselbund raus, um den Umschlag auf zu schlitzen. Grade als sich die Tür öffnete, setzte er an, hörte noch den Anfang von Belas Entschuldigung... doch dann war nur noch ein lauter Knall zu hören. Irgendwer rief seinen Namen, es klang nach dem Drummer, doch Farin konnte nicht länger darüber nachdenken. Alles wurde schwarz und sein Körper schlug auf dem harten Boden auf. Kapitel 6: Ich will bei dir sein. Immer bei dir sein. ----------------------------------------------------- Hey Leute! Da sind wir wieder und zwar mit dem nächsten Kapi! Ihr werdet euch sicher wundern... Und eigentlich wundere ich mich auch... Wir leben noch! Dachte schon ihr würdest uns killen wegen dem Break xD Ja! Aber merkwürdigerweise leben wir noch! Wobei... ihr hättet ja nie erfahren, wie es weitergeht, wenn ihr uns gekillt hättet! Es sei denn wir haben unter den Lesern ein paar geschickte Hacker... Aber da das Ende noch nicht geschrieben ist... Ich schweife ab, oder? xD Also jedenfalls ist hier das neue Kapi. Und... Ja... Ob hier überhaupt noch wer liest? Die wollen doch sicher alle wissen wie es weiter geht... Hmmm... I'm a Barbie girl... In a Barbie wooorld *sing* o__O Was wird da gesungen? Gar nicht gut! O__O *Haare rauf* ähm... naja... wie auch immer xDD Hier ist das Kapitel jedenfalls ^^ Viel Spaß beim lesen! Und bitte denkt an die Kommis *rumtanz* Jepp, die Kommis! Die sind das wichtigste! Je mehr Kommis ihr schreibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihr ein Happy End bekommt! Ist das nicht Erpressung? Hmm... Egal! *Waffen zück* Wir sind Erpresser. Und wir stehen dazu. Denn wir sind krank! Krank ist böse und böse ist gut! Vergesst unsere Worte nicht beim Lesen! Viel Spaß ^^ ... Und Anni ist nicht da und wir haben den Titel vergessen... Naja, egal... Irgendwann hatten wir mal einen überlegt und den hatte ich aufgeschrieben, also nehm ich den jetzt einfach mal xDD ~~~ Unruhig lief Rod im Warteraum des Krankenhauses auf und ab. Immer wieder wanderte sein Blick ungeduldig zur Uhr, denn seiner Meinung nach dauerte das alles schon viel zu lange. Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seit es diese Explosion gegeben hatte, obwohl er ungefähr alle zwanzig Sekunden auf die Uhr gesehen hatte. Dennoch wusste er nicht, wann sie hier angekommen waren, selbst jetzt hatte er schon wieder vergessen, wie spät es eigentlich war. Schon die ganze Zeit kreisten seine Gedanken nur um Farin und um diese Explosion. Offenbar hatte sich in dem Umschlag, den der Blonde geöffnet hatte, eine Briefbombe befunden. Die Explosion war verhältnismäßig nicht sehr stark gewesen, das Gebäude stand zumindest noch, aber dennoch hatte sie ausgereicht, damit Farin bewusstlos geworden war. Jetzt warteten seine beiden Freunde schon die ganze Zeit über im Krankenhaus darauf, dass sie erfahren würden, wie es ihm ging. Für Rod bestand keinerlei Zweifel daran, dass das alles seine Schuld war. Mit Sicherheit war das der Erpresser gewesen, es war seine Schuld, dass das passiert war… Nur, weil er nicht auf ihn gehört hatte… Er hatte etwas mit Farin unternommen, obwohl der Entführer geschrieben hatte, dass er es nicht tun sollte. Und der Bassist hatte dies mehr oder weniger ignoriert und jetzt lag der Gitarrist wegen ihm hier im Krankenhaus. Mit Tränen in den Augen lief er weiterhin immer hin und her, denn er hätte jetzt einfach nicht stillsitzen können. Es war seine Schuld… „Rod... Bitte, kannst du nicht einen Moment stehen bleiben?“ Bela wartete ebenfalls auf Neuigkeiten, allerdings hatte er sich setzen müssen, da sonst seine Knie nachgegeben hätten. Er selbst sah ebenfalls immer wieder zur Uhr, hatte allerdings - im Gegensatz zu Rod - genau registriert wie lange sie nun schon warteten: Eine halbe Ewigkeit. Jedes Mal, wenn eine Krankenschwester vorbei kam, konnte sie keine Auskunft geben oder durfte nichts sagen. Es war zum Verzweifeln. „Es geht ihm gut, ganz sicher... Sie werden ihn untersuchen, behandeln und dann können wir schon zu ihm.“ Der Drummer versuchte zuversichtlich zu klingen, allerdings gelang ihm dies nicht so wirklich. Leise seufzend erhob er sich nun doch und trat an Rods Seite. „Hey... Er kommt wieder in Ordnung. Soll ich dir einen Kaffee besorgen?“ Er selbst war auch sichtlich nervös, sein Blick huschte mindestens genauso oft zur Uhr, aber er wollte unbedingt etwas für den Jüngeren tun. „Rod...“ So plötzlich von seinem Bandkollegen angesprochen, zuckte der Bassist leicht zusammen und blickte Bela eine Weile an. „Ich… tut mir Leid.“ Mit einem leichten Seufzen setzte Rod sich schließlich hin, doch er fühlte sich nicht wohl dabei. Er konnte einfach nicht ruhig sitzen bleiben, weshalb er nach einer halben Minute schon wieder aufstand und wieder anfing, nervös hin und her zu laufen, blieb jedoch stehen, als der Ältere schließlich an seine Seite trat. „Was ist, wenn es ihm nicht gut geht? Wir haben keine Ahnung und warten hier schon ewig… Wenn es ihm gut ginge, hätten wir doch schon längst irgendwas von ihm hören müssen! Und nein, ich will keinen Kaffee.“ Wieder spürte der Chilene, wie ihm Tränen in die Augen traten, doch diesmal machte er sich gar nicht erst die Mühe, sie wegzublinzeln oder dergleichen. Es war alles seine Schuld, warum sollte er es noch verstecken? Dass das hier passiert war, war nun wirklich schlimm genug, doch auf gar keinen Fall durfte Rodrigo zulassen, dass noch mehr Dinge in der Richtung passieren würden. „Das ist alles nur meine Schuld, verdammt…“ Der Ältere sah ihn verwirrt an. „Wie kommst du denn bitte auf den Blödsinn? Du hast damit ebenso wenig zu tun wie ich!“ Vorsichtig legte er den Arm um den Chilenen und drückte ihn leicht an sich. „Rod... Du bist einfach etwas verwirrt in letzter Zeit. Aber trotzdem hast du nichts damit zu tun, klar? Und es ist erst Recht nicht deine Schuld.“ Beruhigend strich Bela dem Anderen über den Rücken. „Jan hat einen Brief geöffnet in dem eine... Naja... Ein Sprengkörper war. Was genau es war, kann uns die Polizei erst später sagen. Aber der Brief war an ihn gerichtet oder an uns alle. Sonst hätte er ihn nicht geöffnet. Also wird der Täter oder die Täterin es auf ihn abgesehen haben. Das, oder es war egal wen es trifft, Hauptsache, es ist einer von uns. Aber ich verspreche dir, wenn ich den Kerl oder das Weib in die Finger bekomme...“ Hier brach der Drummer ab, allerdings ließ sein Gesichtsausdruck ansatzweise vermuten, was er vorhatte. Energisch schüttelte der Jüngere den Kopf. Natürlich dachte Bela nicht, dass Rod etwas damit zu tun gehabt hätte, wusste er doch schließlich nichts vom dem Erpresser oder der Erpresserin – doch das würde sich gleich ändern, auch, wenn er ihn dafür gleich womöglich hassen würde. Es war doch schließlich allein seine Schuld, dass das passiert war… Vorsichtig schüttelte er den Arm seines Freundes ab und begann wieder, auf und ab zu laufen, wobei er überlegte, wie er am besten anfangen sollte, denn er musste es dem Anderen jetzt endlich alles erklären. „Okay, pass auf, ich… ich war… neulich nicht ehrlich zu dir. Als ich beim Fanpostlesen auf einmal rausgerannt bin, da hatte ich… keine von diesen Geschichten gelesen oder so, ich… ich…“ Der Bassist schluckte und wischte sich kurz die Tränen aus den Augenwinkeln, bevor er weitersprach. „Irgendjemand hat uns beide belauscht und scheinbar aufgenommen, als… als ich dir das mit Jan und mir erzählt hab. Und… ich hab da gerade einen… einen Brief gelesen, in dem stand… dass ich meinen Kontakt mit Jan auf Bandinternes beschränken soll, weil er es sonst erfahren würde oder weil sonst etwas anderes Schlimmes passieren würde… Dirk, versteh doch… Es ist alles meine Schuld! Hätte ich mich einfach von ihm fern gehalten, dann wäre das hier nicht passiert!“ Jegliche Farbe wich aus dem Gesicht des Drummers. „Aber... Rod... Verdammt, warum hast du mir das nicht erzählt? Ich habe dich gefragt, vorhin habe ich dich drauf angesprochen! Jan war nicht dabei, da hättest du mir das erzählen können? Warum hast du das nicht gemacht?!“ Bela war aufgesprungen und stand nun zitternd vor Rod. „Verdammt, der Kerl oder die Tusse hätte ebenso gut dir etwas tun können! Hast du daran schon mal gedacht? Ich dachte, wir reden jetzt endlich über alles!“ Am liebsten hätte er ausgeholt und dem Jüngeren ein paar kräftige Schläge oder zumindest Ohrfeigen verpasst. Allerdings nicht, weil er ihm die Schuld für das Geschehene gab, sondern aus Sorge. Einer seiner besten Freunde wurde grade behandelt und nun erfuhr er fast schon beiläufig, dass der Andere ebenfalls in Gefahr war. Mit einem Ruck zog er den Chilenen in seine Arme und drückte ihn erneut an sich. „Verdammt, du könntest jetzt da liegen... Ist dir das klar? Aber trotzdem verstehe ich nicht, warum der Täter oder die Täterin dann eine Briefbombe an Jan schickt... Anscheinend hat er oder sie es auf dich abgesehen, wahrscheinlich ein fanatischer Fan von Jan... Warum also ging der Brief an ihn? Selbst, wenn er an uns alle gerichtet war, konnte diese Person nicht sicher gehen, dass du den Brief öffnest... Vielleicht hat es ja auch gar nichts mit dem Brief von neulich zu tun...“ Es dauerte eine ganze Weile, bis Rod reagierte, ganz lange stand er einfach nur da und blickte den Drummer mit tränenverschleiertem Blick an. „Ich… ich hatte Angst, dass der- oder diejenige es mitbekommen würde… Dass Jan dann alles erfahren würde… Ich wusste doch nicht… ich konnte doch nicht wissen, dass so was passiert… Ja, ich weiß, ich hätte damit rechnen können, dass irgendwas passiert, aber das… das hab ich nicht… Und wenn es mich erwischt hätte, dann wäre es wenigstens fair gewesen, aber Jan hat doch gar nichts getan… Er weiß doch gar nicht von dieser ganzen Sache, er weiß nichts von meinen Gefühlen oder sonst was… Und jetzt liegt er dort… Das ist einfach nicht fair… Und ich verstehe das auch nicht, vielleicht ist der- oder diejenige einfach total verrückt, aber ich… ich glaub schon, dass es damit zu tun hat…“ Die Tränen liefen ihm jetzt immer schneller über die Wangen und er senkte den Kopf, statt dem Kleineren weiterhin in die Augen zu sehen. „Ich wünschte, ich würde da liegen und nicht er, ich… ich… vielleicht sollte ich aussteigen.“, sagte er langsam, eigentlich, ohne richtig darüber nachzudenken, was er da eigentlich gerade von sich gab. Der letzte Kommentar des Jüngeren brachte das Fass zum Überlaufen. Ohne lange nachzudenken holte Bela aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. „Hast du den Verstand verloren? Wegen dieser Sache wirst du ganz sicher nicht aussteigen! Und auch nicht aus irgendeinem anderen Grund! Und verdammt noch mal, hör auf zu sagen, dass du da liegen solltest! Keiner von euch sollte das! Es ist schrecklich, was Jan passiert ist, aber es würde die Sache auch nicht besser machen, wenn er nun hier bei mir stehen würde und wir uns Sorgen um dich machen müssten! Für mich wäre es am leichtesten, wenn ich da liegen würde, aber nicht wegen irgendwelchen Schuldgefühlen oder so, sondern weil ich dann wüsste, dass ihr beide in Sicherheit wärt! So wird es Jan auch gehen, sobald er zu sich kommt, er wird niemandem Vorwürfe machen, er wird einfach nur froh sein, dass wir in Sicherheit sind! Und wenn du jetzt aussteigen würdest... Was meinst du, wie er sich da fühlen würde? Er kennt den Grund nicht und wird ihn wohl auch nie erfahren, was soll er denn da bitte denken? Er würde wahrscheinlich verzweifeln und sich die Schuld geben, wenn du aussteigst. Du hast ihn nicht gesehen, als er Angst davor hatte, dass du aussteigen würdest... Aber wenn du wissen willst, wie er aussah, dann musst du jetzt einfach nur in den Spiegel sehen!“ Leicht irritiert ließ der Chilene seine Hand über seine Wange streifen, ließ sie dann jedoch wieder sinken und blickte den Älteren wieder eine ganze Weile an, wobei er diesmal jedoch nicht so lange brauchte, um zu antworten. „Ja, wahrscheinlich hast du Recht, keiner von uns sollte dort liegen, aber mir wäre es lieber, wenn ich es wäre und nicht er, weil ich wenigstens… weil ich finde, dass es meine Schuld ist. Aber tut mir Leid, ich…“ Er unterbrach sich und überlegte, wie er am besten in Worte fassen sollte, was ihm gerade durch den Kopf ging, „Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt machen soll. Ich kann doch nicht einfach so weitermachen und riskieren, dass er oder sie Jan noch mal etwas tun will oder dass dir irgendwas passiert. Ich kann das nicht zulassen, verstehst du das denn nicht? Ich… ich will… ich will doch nur, dass er in Sicherheit ist!“ Schluchzend lehnte er sich nun an den Kleineren und weinte eine ganze Weile. Es war doch nicht so, dass er das wirklich gewollt hätte, sondern er machte sich einfach nur Sorgen und wusste nicht, wie er die anderen beiden sonst schützen sollte. Er wurde von irgendwem erpresst und brachte die anderen beiden offensichtlich durch seine Anwesenheit in Gefahr und das war einfach nur ein schreckliches Gefühl. „Ich will doch nicht, d-dass ihm was passiert… oder dir…“ „Und da willst du lieber aussteigen oder wie? Dir ist klar, dass es dadurch nicht besser werden würde, oder? Denn dadurch wäre jedes Treffen ein privates Treffen und jedes Mal würde die Gefahr bestehen, dass du beobachtet wirst. Das würde alles eher noch verschlimmern! Oder willst du den Kontakt dann vollständig abbrechen? Das würdest du nicht schaffen, selbst wenn du das Land verlässt. Denk nicht mal dran! Denn das erste, was Jan und ich machen würden, wäre Koffer packen und dich suchen. Und wir würden dich finden, das kannst du mir glauben. Denn vorher geben wir nicht auf. Also schlag dir das aus dem Kopf mit dem aussteigen!“ Langsam entspannte der Ältere sich wieder, er lächelte sogar leicht. „Vielleicht besteht die Gefahr, dass mir etwas passiert... Oder Jan... Und ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke Jan würde das gleiche sagen, wenn er alles wüsste...“ Bela machte eine kurze Pause und grinste den Anderen an: „Es ist mir scheißegal! Bitte, soll der Täter mir doch Briefbomben schicken oder sonst was. Meinetwegen wöchentlich oder sogar täglich. Denn irgendwann macht er einen Fehler und dann kriegen wir ihn.“ „Dir mag es vielleicht egal sein, wenn dir was passiert, mir aber nicht! Ich will das nicht riskieren, ich…“ Er brach ab und seufzte leicht, denn er musste sich selbst eingestehen, dass der Drummer im Grunde vollkommen Recht hatte. Er hätte sie nur schützen können, indem er das Land verlassen würde oder dergleichen und das wollte er nicht. Und doch… wenn es sich als der einzige Weg rausstellen würde, um seine beiden besten Freunde zu schützen, so würde er keinen Moment lang zögern, es zu tun, in dem festen Wissen, sich damit nur noch unglücklicher zu machen, doch auch das wäre ihm egal gewesen, solange es nur den anderen beiden so gut ging, wie nur möglich. „Ich hab doch nur Angst um euch… Und nach dem, was heute passiert ist, weiß ich einfach nicht, was ich tun soll… Ich kann doch nicht einfach so tun, als wäre nichts passiert, ich hab es schon mal mehr oder weniger ignoriert und das Ergebnis ist, dass Jan jetzt hier im Krankenhaus ist. Und wenn ich den Kontakt auf Bandinternes beschränke, dann wird er nicht verstehen, warum. So eine Scheiße!“ Größtenteils wütend auf sich selbst trat der Chilene gegen den Stuhl, auf dem Bela bis vor einer Weile noch gesessen hatte und blickte den Drummer schließlich hilflos aus den dunklen Augen an. „Was soll ich denn jetzt nur machen…?“ Der Ältere seufzte leise und strich sich ein paar der dunklen Strähnen aus dem Gesicht. „Nein, das würde er wirklich nicht verstehen... Vielleicht noch ein Grund mehr, es zu lassen. Wenn du ihn vor ein paar Monaten gesehen hättest... Ich glaube, das wäre für dich schlimmer gewesen als diese Sache hier. So habe ich ihn noch nie gesehen...“ Der Drummer seufzte erneut und schüttelte schwach den Kopf. „Aber das ist jetzt egal. Am wichtigsten ist momentan die Sicherheit von allen! Nicht nur von Jan und mir! Nachher wollte eh noch jemand von den Bullen vorbei kommen und Jan befragen, sollte er das Krankenhaus noch nicht verlassen können. Vielleicht haben sie bis dahin schon neue Hinweise.“ Sanft, aber doch bestimmt drückte Bela den Jüngeren auf einen der Stühle. „Aber bis wir zu Jan können, werden wir hier warten. Und ich will nichts mehr von einem Ausstieg hören, klar?“ Ein liebevolles Lächeln huschte über sein Gesicht, als er sich vor Rod hockte und dessen Hände ergriff. „Und bitte... Hör auf, dir die Schuld daran zu geben. Du hast doch grade selbst gesagt, dass Jan es nicht verstehen würde, wenn du dich nur noch auf bandinterne Treffen beschränkst... Also hast du nichts falsch gemacht, klar? Du hast es sogar genau richtig gemacht, weil du dem, den du liebst, nicht schaden wolltest. Verstanden?“ Der Chilene ließ sich von dem Älteren auf den Stuhl drücken, ohne sich groß zu wehren und blickte ihn schließlich an, während er sprach. Bela war so lieb zu ihm und das, obwohl das alles seine Schuld war. Sicher, der Drummer sagte, dass er sich die Schuld nicht geben sollte, doch dagegen konnte Rodrigo einfach nichts tun, er hätte auch gar nicht gewusst, was. Doch nach wie vor war er der Meinung, dass er seine beiden besten Freunde keiner Gefahr aussetzen durfte. „Na schön… Ich werde nicht mehr von Ausstieg reden, zumindest erstmal nicht. Aber ich kann für nichts garantieren, wenn… wieder etwas Schlimmes passiert, denn ich will euch wirklich nicht in Gefahr bringen, vorher verschwinde ich lieber wirklich von hier. Und glaub mir, mir… würde das auch verdammt schwer fallen. Aber ich würde euch nicht gefährden. Aber ich… werde jetzt erstmal abwarten…“ Der Größere seufzte leicht. Allein das Wort gefiel ihm schon nicht, denn er wusste ganz genau, dass er nicht einfach die ganze Zeit herumsitzen und darauf warten konnte, dass wieder irgendetwas passieren würde. Und dennoch hatte er sich soeben durch seine zustimmenden Worte ganz genau dazu verdammt. „Es ist verrückt…“, meinte er nach einer Weile, „Für eine kurze Zeit hab ich sogar darüber nachgedacht, es ihm doch einfach zu sagen, weil ich… mir dachte, dass der oder die, die mir droht, es ihm dann ja wenigstens nicht mehr verraten kann. Naja, egal.“ Erstmals trat nun ein schwaches Lächeln auf die Lippen des Jüngeren. „Ich werde… einfach abwarten.“, wiederholte er schließlich, „Besser so?“ Der Ältere wirkte sofort ein wenig erleichtert. „Nicht perfekt, aber ja... Etwas besser. Wir können momentan eh nichts anderes machen als abwarten. Die Bullen wollten den Briefumschlag untersuchen, ob da noch irgendwelche DNA Spuren sind oder so ein Kram... Würde mich wundern, wer leckt schon einen Briefumschlag ab, in dem ein Sprengkörper ist? So was macht man nur bei-“ Bela stockte und seine Augen weiteten sich leicht. „Das ist es doch! Man sind wir beknackt, warum sind wir da nicht gleich drauf gekommen? Der erste Brief! Da war der Täter sicher nicht so vorsichtig und hat sicher ein paar Spuren hinterlassen. Rod, wenn du den an die Bullen gibst, können sie vielleicht etwas rausfinden! Und wenn du ihnen alles erklärst, werden sie Jan sicher nichts über den Inhalt des Briefes sagen. Aber es wäre einen Versuch wert! Vielleicht kann man auch eine Schriftprobe nehmen oder so was... Nein, dafür müsste jeder Mensch auf der Welt eine Probe abgeben... Aber das mit den DNA Spuren könnte etwas bringen. Bitte sag mir, du hast den Umschlag noch!“ Hoffnungsvoll blickte er den Größeren an. Dieser nickte leicht. „Ja, schon…“ Ein leichtes Seufzen entfuhr dem Bassisten, er war sich nicht sicher, was er jetzt zu dieser Sache sagen sollte. Auf der einen Seite wollte er den Brief ganz sicher nicht der Polizei zeigen, damit diese den Inhalt lesen konnten, doch auf der anderen Seite ging es bei dieser ganzen Angelegenheit jetzt nicht mehr nur um ihn selbst, sondern auch um Bela – und vor allem um Farin und wenn er auch nur die kleinste Chance hatte, seine Freunde zu schützen, dann musste er sie nutzen. Und solange die Polizei dem Gitarristen oder sonst wem nichts davon erzählen würde, musste es eben gehen, auch, wenn es ihm mehr als nur peinlich war. Wie zum Beweis zog er den Brief, der ihn neulich so in Aufregung versetzt hatte, nun aus der Innentasche seiner Jacke und reichte ihn an dem Drummer weiter. „Das hier ist er.“ Wieder seufzte er, am liebsten hätte er dieses verdammte Stück Papier und den Umschlag in tausend Teile zerrissen, doch das würde auch nichts an seiner Lage ändern und außerdem hatte Bela vielleicht Recht – vielleicht konnte die Polizei irgendwas damit anfangen. Mit spitzen Fingern nahm der Drummer den Brief entgegen. Schließlich wollte er nicht durch ein dummes Versehen eventuelle Spuren vernichten „Da hat sich jemand Mühe gegeben. Sieht wirklich wie ein ganz normaler Fanbrief aus. Schade, dass wir Jan den Umschlag nicht zeigen können, mich würde interessieren, ob da vielleicht irgendwelche Ähnlichkeiten bestehen. Wenn die Bombe für dich bestimmt war, dann war das ganz sicher der Fall. Immerhin musste der Täter sicher gehen, dass du den Brief irgendwie erkennst...“ Bela seufzte leise und faltete nun das Stück Papier auseinander. Normalerweise las er die Briefe der anderen natürlich nicht, aber dies war eine ganz andere Situation. „Also die Schrift sagt mir nichts, tut mir Leid... Aber ich denke mal der Brief wurde absichtlich in Druckschrift geschrieben, damit man es gut lesen kann... Oder damit man es nicht erkennt... Was denken Sie, Watson?“ Obwohl es nicht wirklich angebracht war, konnte der Drummer sich diesen Kommentar nicht verkneifen, kam er sich doch schließlich wie ein Möchtegern-Detektiv vor. Allerdings interessierte er sich bereits wenige Sekunden später nicht mehr für den Brief: Ein Mann mittleren Alters trat zu ihnen, dessen weißer Kittel bei jeder seiner Bewegungen leicht zu flattern schien. Sofort richtete sich Bela auf und sah gespannt in das ausdruckslose Gesicht des Arztes. „Wie geht es Jan?“ Der Bassist nickte nur, doch auch er hatte das Thema im nächsten Moment schon wieder so gut wie vergessen, als der Arzt zu ihnen kam. Er steckte nur noch gedankenverloren die ersten zwei Seiten des Briefes in die Hosentasche und nur die dritte zurück in den Umschlag. Die Polizei musste eigentlich doch gar nicht mehr wissen als dass er erpresst wurde. Den Grund musste er ihnen ja nicht zeigen. Warum mussten Ärzte eigentlich immer so verflucht unbeteiligt gucken? Man konnte diesem Mann absolut gar nichts im Gesicht ablesen! Und so hatte Rodrigo absolut keine Ahnung, ob er gute oder schlechte Nachrichten für sie hatte. Was war, wenn es Farin nicht gut ging, wenn ihm nun irgendwas Schlimmeres passiert war? Sie hatten die ganze Zeit über noch nichts von ihm gehört und nach wie vor war Rod der festen Überzeugung, dass schon viel zu viel Zeit vergangen war, seit sie hierher gekommen war. Zu viel Zeit, in der sie nichts von dem Gitarristen gehört hatten, was in Rods Augen nur den Schluss zuließ, dass es ihm nicht besonders gut gehen konnte, doch vielleicht dachte er auch nur zu schwarz. Was auch immer es war – der Chilene hoffte, dass der Arzt schnell auf die Frage des Drummers antworten würde. Bela war schon kurz davor, den Arzt am Kragen zu packen und die Antwort aus ihm raus zu prügeln, als dieser endlich sprach: „Herr Vetter hat einige Schürfwunden und Hämatome im Gesicht und am Oberkörper, welche wahrscheinlich durch die Wucht der Explosion und die weggeschleuderten Bestandteile der Bombe entstanden sind, sowie Verbrennungen ersten Grades an den Händen und Unterarmen. Glücklicherweise trug er nur ein T-Shirt. Zwar hatte er dadurch direkten Kontakt mit dem Sprengkörper, aber grade das hat ihn wahrscheinlich geschützt. Hätte er an den betroffenen Stellen Kleidung oder ein anderes Material gehabt, hätte sich dieses sozusagen in die Haut brennen können und es hätte zu einer subdermalen Verbrennung, wenn nicht sogar zur Verbrennungsnekrose, kommen können. So ist allerdings nur die Epidermis betroffen, es wird also zu einer narbenlosen Ausheilung kommen. Sie können nun auch zu dem Patienten, die Untersuchungen und Behandlung sind abgeschlossen. Er sollte noch einige Stunden hier bleiben, da wir eine durch den Sturz bedingte Gehirnerschütterung nicht ausschließen können, aber sofern keine Komplikationen auftreten, wird er noch vor dem Abendessen entlassen. Allerdings sollte er heute und auch morgen das Bett hüten und wirklich nur dann aufstehen, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Das habe ich ihm aber bereits gesagt.“ Der Arzt nickte den beiden Dunkelhaarigen leicht zu, bevor er an ihnen vorbei schritt, wahrscheinlich auf dem Weg zum nächsten Patienten. Erleichtert sank Bela gegen die Wand und stützte sich leicht an dieser ab. „Ein Glück... Es geht ihm gut... Es geht ihm gut...“ Weiterhin konnte Rod gar keinen klaren Gedanken fassen, alles in seinem Kopf drehte sich um Farin und darum, was mit diesem nun eigentlich genau war. Weiterhin hoffte der Chilene, dass der Blonde nicht allzu schlimm verletzt war und folgte sehr aufmerksam dem, was der Arzt sagte, wobei seine Augen immer größer wurden. Alles in allem klang das gar nicht allzu schlimm – oder zumindest hätte es wohl eindeutig wesentlich schlimmer ausgehen können. Dennoch brauchte das Gehirn des Chilenen einen Moment, um diese Informationen zu verarbeiten. Jan ging es gut… Freudentränen traten ihm in die Augen, während der Arzt verschwand und mit einem Lächeln blickte er nun den Älteren an. „Ja, zum Glück!“ Rodrigo war deutlich anzumerken, dass ihm ein riesiger Stein vom Herzen fiel wegen dieser Tatsache. Zumindest für den Moment vergaß er seine Bedenken, dass er den Gitarristen eigentlich nur während der Bandtreffen sehen sollte, denn im Moment zählte nur eine Sache für ihn: Farin ging es gut! Und Rod hatte nun das unüberwindbare Bedürfnis, seinen Freund zu sehen. „Komm, wir gehen zu ihm, der Arzt meinte doch, dass wir jetzt zu ihm können!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, packte der Größere nun den Arm des Drummers und zog ihn mit sich zum Zimmer des Blonden, wo er schließlich anklopfte, auch, wenn er am liebsten einfach die Tür aufgerissen hätte. Auch Bela wäre am liebsten ins Zimmer gestürmt, konnte sich allerdings noch zusammenreißen bis ein leises 'Herein' erklang. Danach jedoch war er nicht mehr zu stoppen, er stieß die Tür förmlich auf und hätte dabei fast eine Krankenschwester über den Haufen gerannt, die grade noch rechtzeitig zurück springen konnte. Kopfschüttelnd verließ sie den Raum, doch selbst das bemerkte der Drummer nicht mehr. Wie gebannt starrte er den Blonden an, der aufrecht in seinem Bett saß und mit einem fast schon genervten Gesichtsausdruck an seinem Krankenhaus-Nachthemd zupfte. Sein T-Shirt hatten sie aufschneiden müssen, worüber er sich noch immer aufregte. Als er jedoch seine beiden Bandkollegen sah, hellte sich sein Gesicht sofort auf. Wenn man nicht grade auf die bandagierten Arme oder die Pflaster sah, wirkte er ziemlich fehlplaziert in dem sterilen Krankenzimmer. „Ein Glück, euch ist nichts passiert.“ Zwar hatte der behandelnde Arzt ihm dies schon gesagt, doch erst jetzt, wo Farin die beiden Dunkelhaarigen sah, fühlte er sich besser. „Na los, schnappt euch einen Stuhl oder hockt euch zu mir aufs Bett. Keine Angst, ich fall schon nicht auseinander! Mir geht es gut, sieht man doch!“ Auch Rod stürmte regelrecht in das Zimmer, nachdem das Herein erklungen war und blickte den Blonden eine ganze Weile an. Es ging ihm wirklich gut… Sicher, der Arzt hatte ihnen das eben ja schon gesagt, doch jetzt fühlte sich der Chilene noch besser, da er es mit eigenen Augen sehen konnte, dass der Mann, den er über alles liebte, wohlauf war. Fast wären ihm vor Freude und Erleichterung wieder Tränen in die Augen gestiegen, als der den Größeren ansah, doch er blinzelte sie weg und setzte stattdessen ein Lächeln auf. „Jan…“ Mehr brachte er noch nicht über seine Lippen, in diesem Moment hatte er das Gefühl, nur noch den Namen des Gitarristen sagen zu können, jeder Gedanke, der nicht irgendwie mit dem Blonden zusammenhing, schien auf einmal wie weggefegt zu sein. Schon allein der Gedanke, an etwas oder jemanden anderen denken zu können, schien in diesem Moment absolut absurd zu sein, doch das musste er auch nicht. Farin ging es gut – das war einfach alles, was in diesem Augenblick zählte. „Jan…“, setzte er noch einmal an, „Du… zum Glück ist dir… nichts Schlimmeres passiert…“ Am liebsten hätte er ihm alles erzählt, wie sehr er sich selbst die Schuld daran gab, dass das passiert war, doch es ging nicht. Stattdessen schnappte er sich einfach einen Stuhl und zog ihn sofort neben das Bett, um sich dann draufzusetzen. „Und dir… geht es wirklich gut soweit? Kann ich irgendwas für dich machen?“ Der Blonde grinste leicht in Rods Richtung, während Bela sich aufs Bett setzte. „Seh ich etwa nicht so aus? Lass dich von dem blöden Nachthemd nicht täuschen, das hab ich nur an weil die mein Shirt zerschneiden mussten... Keine Ahnung wieso, bin doch kurz danach aufgewacht, da hätte ich es auch selbst ausziehen können. Was denken die eigentlich? Dass schwarze Shirts auf Bäumen wachsen?“ Er zuckte leicht die Schultern und ließ sich zurück ins Kissen sinken. „Aber ich bin echt froh, dass euch nichts passiert ist... Vor allem, weil der Brief an uns alle war. War wohl Glück, dass ich ihn geöffnet habe... Aber egal jetzt, reden wir nicht drüber. Ich will einfach nur so schnell wie möglich hier raus, bevor die mich noch mit ihrem Futter vergiften.“ Leise seufzend legte Farin den Kopf in den Nacken, während Bela ihm einen fragenden Blick zuwarf. „Mal aus reiner Neugier... Willst du halbnackt das Krankenhaus verlassen? Oder behältst du das tolle Hemdchen an? Naja, du wärst ein echter Hingucker, das ist mal sicher. Trägst du noch was drunter?“ Grinsend zupfte der Drummer an der Bettdecke. „Naja, doch, du siehst… auf jeden Fall besser aus, als ich befürchtet hatte.“ Der Bassist lächelte sanft und betrachtete den Blonden wieder einmal. Zum Glück war ihm nichts Schlimmes passiert… Als er die Sache mit dem Brief ansprach, horchte Rod jedoch wieder auf. Er war an sie alle drei adressiert gewesen? Das irritierte den Chilenen dann doch irgendwie, denn eigentlich hätte er damit gerechnet, dass er nur an ihn gewesen wäre oder vielleicht auch nur an Farin, aus Rache an Rod eben, weil er nicht auf die Drohung gehört hatte – doch an alle drei? Wenn diese Briefbombe wirklich von dem Erpresser gekommen war, wovon Rod eigentlich ausging, dann war er sogar noch verrückter und skrupelloser als ohnehin schon, doch eigentlich hätte er sich das auch denken können, denn in jedem Fall hätte er auch noch Bela erwischen können, denn normalerweise hätten sie sich auch direkt bei Farin befunden und wären nicht erst auf dem Weg nach drinnen gewesen. In dem Sinne hatten die beiden Dunkelhaarigen wohl Glück gehabt und doch überkam Rod für einen Moment wieder der stille Wunsch, dass er doch gelegen hätte und nicht Farin, denn dieser hatte es nun wirklich nicht verdient. „Ich bin so froh, dass dir nichts Schlimmes passiert ist…“, meinte Rod, nachdem der Schlagzeuger gesprochen hatte und sah dem Blonden in die Augen. Überrascht sah Farin den Jüngeren an. „Rod... Hey, wie gesagt, mir passiert so schnell nichts! Die Verbände sollen auch nur die ersten paar Tage dran bleiben. Für die Zeit werde ich dann einfach auf Fertiggerichte umsteigen. Und ich soll zwar ziemlich viel liegen, aber... Wie will der Quacksalber das bitte kontrollieren? Hier werde ich natürlich immer brav 'ja' und 'Amen' sagen, aber auch nur, damit ich schnell raus kann. Gibt schließlich genug zu tun, da kann ich mir keine Auszeit leist- Dirk, lass endlich die Decke in Ruhe! Ich trage noch Shorts, also gibt’s da nichts zu gucken!“ Sofort setzte der Drummer sich aufrecht hin und tat so, als könne er kein Wässerchen trüben. Seufzend zog Farin sich den Nachttisch ran und griff nach der darauf stehenden Wasserflasche. „Der Arzt hat irgendwas von Polizei gefaselt... Bitte sagt mir, dass er sich versprochen hat. Wegen so einem dummen Kinderstreich habt ihr nicht wirklich die Polizei gerufen, oder? Man, diese scheiß Flasche!“ Mit einem Knall stellte der Gitarrist die Flasche - welche er aufgrund der Verbände nicht öffnen konnte - wieder auf den Tisch und sah nun fragend zu den beiden Dunkelhaarigen. Schweigend griff der Chilene nach der Wasserflasche, nachdem Farin diese wieder auf den Nachttisch gestellt hatte und öffnete sie für den Blonden. Er wusste nicht so recht, was er jetzt zu dieser Sache sagen sollte – Farin hatte ja gar keine Ahnung, was los war, in welcher Gefahr sie sich im Moment befanden… und er konnte es ihm nicht sagen, ohne alles zu verraten. „Jan… Das war nicht einfach nur irgendein Kinderstreich…“, fing er schließlich an, „Kinder… machen Klingelstreiche oder sonst was, aber sie schicken keine Briefbomben… Das ist… total schrecklich, also… dir hätte sonst was passieren können bei dieser ganzen Sache, natürlich mussten wir da die Polizei einschalten…“ Nun wieder schweigend betrachtete er kurz die Flasche und hielt sie schließlich dem Blonden hin. „Hier, bitte…“ „Was wollen die schon machen? Es wird als 'Anzeige gegen Unbekannt' laufen und später bei den Akten landen. Das wars auch schon, mehr können sie einfach nicht machen.“ Das Gesicht des Gitarristen entspannte sich leicht als er die Flasche entgegen nahm. „Danke... Vielleicht solltest du in den nächsten Tagen jeden Morgen vorbei kommen und mir genug Flaschen aufdrehen, die ich dann über den Tag verteilt leer trinke“, meinte er grinsend und kippte etwas der klaren Flüssigkeit in sein Glas. „Ich finde es noch immer blöd, also die Sache mit den Bullen... Aber wenn ihr euch dadurch besser fühlt, werd ich eine Aussage machen. Was auch immer ich denen erzählen soll... Da stand schließlich kein Absender drauf.“ Der Blonde trank einen großen Schluck und ließ den Blick zum Fenster schweifen. Plötzlich erhob sich der Drummer: „Ich werd mal eben ins nächste Geschäft fahren und dir ein neues Shirt oder so besorgen. Kannst ja nicht halbnackt nach Hause, auch, wenn du im Auto sitzt. Rod? Bleibst du bei Jan? Super, danke!“ Bela hatte die Antwort nicht wirklich abgewartet und verließ bereits wenige Sekunden später das Zimmer. Leicht verwirrt darüber, dass Bela sich gerade so schnell aus dem Staub gemacht hatte, dachte Rod über die Worte des Gitarristen nach. Ja, Farin hatte absolut Recht, im Grunde konnte die Polizei wirklich nicht besonders viel machen, doch sie konnten auch nicht einfach die Hände in den Schoß legen und nichts tun. Dieser Irre – oder diese Irre – musste gefunden werden, damit sie in Sicherheit waren, doch es war mehr als einfach nur unwahrscheinlich, dass die Polizei den Täter oder die Täterin finden würde. Es gab einfach viel zu viele Menschen auf dieser Welt, wie sollte man da herausfinden, wer einen anonymen Brief geschickt hatte? Diese Bombe hätte eigentlich von nahezu jedem kommen können. „Ja, du hast wohl Recht… Wirklich viel können sie wirklich nicht machen… Aber sie müssen es auf jeden Fall zumindest versuchen, wir können… schließlich nicht einfach nichts tun… Ich hoffe nur, dass so was nicht noch einmal passiert, ich… ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht… Die ganze Zeit hab ich mir gewünscht, ich würde hier liegen und nicht du… Ich hatte solche Angst um dich…“ Auch Farin war einen Moment etwas verwirrt, murmelte dann allerdings nur ein leises 'Danke' bevor der Drummer die Tür schloss. Mit einem leisen Seufzen lehnte er sich wieder zurück und lauschte Rods Worten. Bei den letzten Sätzen weitete er allerdings die Augen: „Rod! Was würde es bitte bringen, wenn du hier liegst? Nichts, davon abgesehen, dass ich mir wahnsinnige Sorgen gemacht hätte.“ Er zögerte einen Moment, bevor er weiter sprach: „Im Nachhinein bin ich sogar sehr froh, dass ich den Brief geöffnet habe... Es stimmt zwar, dass er an uns alle war, aber... Egal. Ich habe ihn geöffnet, es ist mir passiert und daran kann man nichts mehr ändern.“ Sanft lächelnd richtete er sich auf und ergriff die Hand des Jüngeren, um diesen zu sich zu ziehen. Vorsichtig legte er die Arme um Rod und drückte ihn an sich. „Tut mir Leid, dass du dir Sorgen gemacht hast... Aber es geht mir gut, okay? Das sind nur kleine Verletzungen, die gehen wieder weg. Wirst schon sehen, ich bin bald wieder fit.“ Farin strich dem Chilenen leicht über den Hinterkopf, ließ ihn allerdings noch immer nicht los. „Und ich will nie wieder hören, dass du hier liegen willst oder so was...“ Die Augenbrauen des Bassisten zogen sich bei den Worten des Blonden leicht zusammen. „Aber was? Du kannst nicht einfach irgendwelche Sätze anfangen und dann auf einmal abbrechen… Was meintest du eben mit deinem Aber?“ Er schwieg einen Moment und seufzte dann ebenfalls leicht. „Ja, ich weiß, es würde auch nichts bringen, aber ich… ich hab mir eben einfach so schreckliche Sorgen um dich gemacht und… ich hab mir einfach gewünscht, dass ich hier liegen würde und nicht du, weil ich dann gewusst hätte, dass es dir wenigstens gut geht, dass dir nichts passiert ist… Und es ist ja nicht deine Schuld, dass irgendein Irrer oder eine Irre uns eine Briefbombe schickt.“ Nein, wenn jemand Schuld hatte, dann war Rod selbst das, doch dies würde er ganz gewiss nicht vor Farin aussprechen, zumal er es ohnehin nicht verstanden hätte, kannte er doch schließlich die genauen Umstände nicht. Obwohl es ihm oftmals komisch vorkam, von dem Gitarristen umarmt zu werden, genoss der Jüngere es in diesem Moment zutiefst. Viel zu groß war seine Angst um den Anderen gewesen. „Aber wenn ich irgendwas für dich tun kann, dann sag Bescheid, ja? Irgendwas, egal was.“ Erstens wollte er seinem Freund einfach helfen und zweitens hatte er noch immer Schuldgefühle wegen dieser ganzen Sache. Farin drückte den Kleineren noch ein wenig fester an sich, zog ihn sogar leicht aufs Bett. Es stimmte, der Brief war an sie alle adressiert, aber wenn ihn nicht dieses Gefühl von Eifersucht überkommen hätte, dann wäre es sicher Rod gewesen, der den Brief und somit die Bombe geöffnet hätte. Schließlich hatte der Täter - oder die Täterin - neben Rods Namen ein kleines Herz gemalt. Dies war sicher kein Zufall, aber wenn er es jetzt gesagt hätte... Rod hätte sich wahrscheinlich Vorwürfe gemacht. Und er selbst hätte erklären müssen, wieso er den Brief geöffnet hatte, wo dieser Brief doch eigentlich auf Rods Stapel gehört hätte. „Es ist aber auch nicht deine Schuld, dass wir so 'knallige' Post bekommen. Und Dirks ist es auch nicht. Schuld ist nur dieser Irre, klar? Er hat die Bombe gebastelt, die Adresse drauf geschrieben, den Umschlag zugeklebt, die Briefmarke gekauft, sie abgeleckt, auf den Umschlag gepackt, in den Briefkasten geworfen...“ Mit einem leichten Lächeln strich der dem Jüngeren durchs Haar und drückte ihn erneut an sich. „Du kannst tatsächlich etwas für mich tun... Und zwar genau so sitzen bleiben. Es sei denn es ist unbequem für dich, dann darfst du dies eben ändern, aber bleib hier. Bitte...“ Irgendwas gab Rodrigo das Gefühl, dass da noch mehr war, doch vielleicht wollte Farin es ihm ja auch einfach nicht sagen. Wie auch immer, das musste der Blonde ja selbst wissen, der Chilene konnte ihn schlecht dazu zwingen, irgendwas zu sagen, das hätte er auch gar nicht gewollt – mal ganz abgesehen davon, dass Rod fand, dass er selbst gar nicht das Recht dazu gehabt hätte, die ganze Wahrheit zu verlangen, wo er diese doch schließlich selbst nicht an den Größeren weitergab. Er selbst verriet ihm ja schließlich auch nicht, warum er sich ihm gegenüber oftmals so merkwürdig verhielt oder was eigentlich der Grund dafür war, dass das mit der Briefbombe passiert war – obwohl Farin ein Recht darauf gehabt hätte. Doch Rod konnte es ihm einfach nicht sagen. Wenn er dem Gitarristen gesagt hätte, dass man ihnen eine Briefbombe geschickt hatte, weil er sich nicht an die Bedingungen eines Erpressers gehalten hatte, würde er ihn nur fragen, womit er erpresst wurde. Und genau das war es schließlich, was er auf gar keinen Fall preisgeben wollte. Wahrscheinlich war es auch für den Blonden viel besser, wenn er es nicht wusste. Nein, eigentlich war Rod sogar vollkommen überzeugt davon, dass es so besser gewesen wäre. Bei den Worten des Anderen huschte schließlich wieder ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht. „Ja… Warte…“ Er erhob sich nun und setzte sich zu dem Anderen aufs Bett, damit dieser ihn besser umarmen konnte und Rod selbst dabei etwas bequemer saß. „So ist es besser…“ Er erwiderte die Umarmung vorsichtig. „Ja… Ich bleibe hier. Solange, wie du möchtest.“ Der Größere schloss langsam die Augen und lehnte seinen Kopf an den des Dunkelhaarigen. Er hatte verdammtes Glück gehabt, dessen war er sich bewusst. Aber wenn er daran dachte, für wen diese Briefbombe wahrscheinlich bestimmt war... „Rod... Ich...“ Der Blonde schüttelte den Kopf und drückte sich etwas fester an den Anderen. Er konnte es ihm einfach nicht sagen. „Tut mir Leid...“ Ein leises Schluchzen löste sich von seinen Lippen und er verbarg sein Gesicht an dem Hals des Kleineren. Hätte Rod den Brief geöffnet, würde er hier liegen, mit wahrscheinlich weitaus schlimmeren Verletzungen. Der Arzt hatte ihm die Sache mit der Kleidung erklärt, was allerdings nicht nötig gewesen wäre, da diese Sache auch bei dem Ersten Hilfe Kurs vor einigen Jahren angesprochen wurde. Rod trug ein Hemd mit langen Ärmeln und - wie es aussah - aus schnell entflammbaren Material. Er wäre sicher nicht mit Verbrennungen ersten bzw. fast schon zweiten Grades davon gekommen. Farin fing an zu zittern, als er daran dachte, was dem Jüngeren hätte passieren können. „Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist... Wenn Dirk nicht mit dir unten geblieben wäre, hättest du den Brief sicher geöffnet...“ Noch immer schluchzte er leise, er konnte es einfach nicht zurückhalten. „Hey, Jan…“, entgegnete der Kleinere leise und strich ihm vorsichtig über den Kopf. Er konnte ihn einfach nicht weinen sehen, davon abgesehen traf Farin doch in absolut gar keiner Hinsicht irgendeine Schuld! Was war nur los, dass der Blonde auf einmal angefangen hatte, zu weinen? Der Chilene verstand es nicht, doch eine Sache war klar: Er würde für seinen Freund da sein. „Was ist denn los…? Es ist doch nicht deine Schuld, dass das passiert ist. Und es ist nicht mal gesagt, dass es mich sonst erwischt hätte… Dirk hätte das genauso passieren können, du sagst ja schließlich, der Brief war an uns alle adressiert, oder? Es… hätte jeden von uns treffen können und… das ist ja auch gar nicht passiert. Und dir braucht nichts Leid zu tun, absolut gar nichts, Jan…“ Wieder überkam den Bassisten ein ziemlich schlechtes Gewissen, weil er dem Älteren nicht sagte, um was es eigentlich die ganze Zeit ging. Er hatte in der Tat ein Recht darauf, zu erfahren, dass das alles nur deshalb passierte, weil Rodrigo Gefühle für den Gitarristen hegte und es einfach nicht über sich brachte, dies auch zuzugeben. Alles nur, weil er solche Angst vor der Reaktion des Anderen hatte… Und wieder machte sich der Chilene Vorwürfe, weil er es ihm noch immer nicht sagte. Warum konnte er nicht einmal in seinem Leben über seinen verdammten Schatten springen? In diesem Moment hasste er sich wirklich selbst dafür. Der Größere schüttelte nur leicht den Kopf und klammerte sich fester an Rod. Er wollte es ihm nicht sagen, er konnte es ihm nicht sagen. „Tut mir Leid... Ich bin wohl etwas durch den Wind...“ Langsam wurde er ruhiger, das Schluchzen ließ etwas nach und er brachte sogar ein schwaches - wenn auch gespieltes - Lächeln zustande. „War wohl wirklich etwas zuviel heute, tut mir Leid... Kann ich... Kann ich dich vielleicht um einen Gefallen bitten?“ Mit geröteten Augen sah er den Kleineren an „Kannst du vielleicht für eine Weile... Also... Würdest du zu mir ziehen? Bis ich wieder fit bin und so was... Natürlich nur, wenn es dir nichts ausmacht, ich will dich ja nicht zu irgendwas drängen oder so! Ich hätte dich nur so gern bei mir...“ Dies war nur die halbe Wahrheit. Es ging Farin auch darum, den Jüngeren um sich zu haben, damit er ihn beschützen konnte, sollte der Täter oder die Täterin es noch immer auf ihn abgesehen haben. Wenn erstmal raus kam, dass nicht Rod, sondern er die Briefbombe in die Finger bekommen hatte, würde es vielleicht zu einem zweiten Angriff auf Rod kommen. Wieder fing der Ältere an zu zittern. „Wie gesagt, ich will dich zu nichts zwingen... Es wär einfach... es wär schön...“ „Du brauchst dich wirklich für nichts zu entschuldigen, Jan. Ich versteh das doch…“ Nach wie vor drückte der Chilene den Blonden zärtlich an sich, jedoch sehr sorgfältig darauf bedacht, ihm nicht irgendwie wehzutun. Als der Größere dann die Sache mit dem Gefallen ansprach, war Rod natürlich ganz Ohr, fest entschlossen, alles zu tun, was Farin wollte, solange es ihm dann irgendwie gut gehen würde. Doch dann sprach Farin aus, dass Rod für eine Weile zu ihm ziehen sollte und für einen Moment wurde das Gesicht des Jüngeren vollkommen ausdruckslos. Er sollte zu ihm ziehen…? Am liebsten hätte er sich darüber jetzt erst einmal mit Bela beraten, doch der war ja nicht einmal in der Nähe. Nur zu gerne hätte er Farin die ganze Zeit über um sich gehabt, doch was war, wenn dann etwas passieren würde? Wenn Farin alles erfahren würde? Und doch schob der Bassist diese Gedanken beiseite, hatte dabei allerdings im Hinterkopf, dass das nicht das einzige Problem war. Würde er selbst es überhaupt durchstehen, dem Gitarristen die ganze Zeit über so nahe zu sein ohne dass er das für ihn sein würde, was er gerne gewesen wäre? Nun… er musste. Denn eines stand für ihn fest: Er würde es tun. Wenn der Blonde wollte, dass Rod für eine Weile zu ihm zog, dann würde er ihm diesen Gefallen eben tun. Langsam nickte er: „Okay. Wenn du das willst, dann zieh ich… eine Weile zu dir. Das macht mir nichts aus.“ Es war vollkommen masochistisch, doch niemals im Leben wäre Rodrigo dazu in der Lage gewesen, Nein zu sagen. Dafür liebte er Farin Urlaub einfach viel zu sehr. Dem Gitarristen entging das kurze Zögern des Jüngeren nicht. Unsicher sah er auf die weiße Bettdecke, wobei er leicht auf seiner Unterlippe rumkaute. „Normalerweise würde ich das nie von dir verlangen, aber... Sonst...“ Wieder schüttelte er den Kopf. „Ich möchte dich bei mir haben... Bitte nimm es mir nicht übel...“ Er hätte Rod nur zu gerne von seinem Verdacht erzählt, aber dann würde dieser ganz sicher nicht zu ihm ziehen. Im Gegenteil, er würde sich von ihm und Bela fern halten, um die beiden nicht in Gefahr zu bringen. Also war dies die einzige Möglichkeit, den Bassisten zu 'überwachen'. Ein leises Klopfen an der Tür ließ ihn leicht zusammenzucken. Im ersten Moment dachte er der Drummer wäre schon zurück, doch es war nur eine der Krankenschwestern, die ihm mitteilen wollte, dass er nicht über Nacht bleiben musste und das Krankenhaus verlassen könne, sobald die Unterlagen fertig waren. So schnell wie die junge Frau erschienen war, verschwand sie auch wieder. „Na also... Endlich mal eine gute Nachricht... Vielleicht sollte ich mich schon mal fertig machen, dann muss ich nur noch das Shirt anziehen, wenn Dirk zurück ist.“ Der Blonde wischte sich leicht über die Augen und lächelte den Jüngeren liebevoll an. „Mal gucken, wo sie meine Sachen gelassen haben... Also alles was nicht zerschnitten wurde...“ Mit einem leichten Grinsen zerstrubbelte er das schwarze Haar des anderen. „Ha! Das geht selbst mit Verband noch ziemlich gut!“ Der Jüngere schüttelte entschlossen den Kopf. „Ich nehm dir gar nichts übel… Ich habe nur einen Moment darüber nachgedacht…“ Auf was hatte er sich da jetzt nur wieder eingelassen? Gut, natürlich wollte er im Grunde genommen wirklich gern in der Nähe des Anderen sein, doch wahrscheinlich würde er damit nur wieder einmal herausfordern, dass sein eigenes Herz zerbrach. Das war zwar nichts wirklich Ungewöhnliches für ihn, doch trotzdem fragte er sich manchmal wirklich, warum er das eigentlich immer wieder tat. Auf der anderen Seite würde er auf diese Frage allerdings wohl niemals eine Antwort finden und so musste er sich einfach damit abfinden, dass er sich in dieser Hinsicht vollkommen masochistisch verhielt. Immerhin konnte er inzwischen mit dem Drummer über das reden, was ihn belastete und dafür war er wirklich unendlich dankbar. „Aber sag mal… warum fragst du eigentlich ausgerechnet mich und nicht Dirk oder so? Also… versteh mich nicht falsch…“ Der Chilene lächelte sanft. „Ich mach das gerne für dich und es stört mich auch nicht oder so, aber ich versteh nicht so ganz, warum du ausgerechnet mich bei dir zuhause haben willst…“ Was stellte er da nur wieder für eine vollkommen dämliche Frage? „Tut mir Leid, dass ich so eine blöde Frage stelle, ich musste mich das nur gerade eben irgendwie fragen…“ Wie immer ließ er es sich von dem Gitarristen gefallen, wie dieser ihm die Haare zerstrubbelte und schloss sogar für einen kurzen Moment richtig genießerisch die Augen. Als er sie wieder öffnete, traf sein Blick den des Anderen und für einen Moment hatte er das tiefe Bedürfnis, die Lippen auf die seinen zu legen, auch, wenn er nicht genau erklären konnte, warum ausgerechnet jetzt. Doch obwohl er es schrecklich gern getan hätte, unterließ er es, denn er blieb dabei: Farin sollte niemals von seinen Gefühlen erfahren. Sofort errötete der Blonde. „Naja... Ich möchte dich halt bei mir haben... Weil... Weil...“ Farin räusperte sich leicht und schlug die Decke zurück. Mit zittrigen Beinen stand er auf und trat langsam an den Schrank, an welchem er sich sofort abstützte. „Es wäre natürlich schön, wenn ihr beide bei mir einzieht für die Zeit... Ich könnte Dirk ja fragen, ob er auch will. Aber dich habe ich gefragt, weil... Ich möchte es einfach. Ich möchte dich um mich haben, verstehst du?“ Langsam öffnete der Gitarrist den Schrank und nahm seine Jeans raus, welche er zum Bett warf. „Ich kann es nicht wirklich erklären, das hat nichts mit denken zu tun... Eher mit...“ Mit einem leisen Seufzen brach er ab und griff nach seinen Schuhen. Er hatte nicht mal gelogen. Zwar war es sein Kopf, der ihm sagte, dass er den Chilenen besser beschützen konnte, wenn dieser für eine Weile bei ihm einzog, aber da war auch noch etwas anderes. Noch etwas wankend trat er wieder ans Bett und ließ seine Schuhe vor dieses fallen bevor er die Hände in den Nacken legte um den Knoten des Nachthemds zu öffnen. „Man, diese scheiß... Argh! Rod, kannst du vielleicht den Knoten öffnen?“ Verlegen grinsend kratzte der Größere sich am Kopf. „Mit eingewickelten Händen geht das irgendwie nicht... Vielleicht sollte ich das blöde Nachthemd einfach zerschneiden... Als Rache für mein Shirt!“ Verwundert stellte Rod fest, dass der Andere errötete, auch, wenn er sich nicht so richtig erklären konnte, warum. Doch vermutlich wusste er einfach nicht, wie er es am besten beschreiben konnte. Der Chilene wollte gar nicht erst anfangen, irgendwie so zu denken, dass bei dem Blonden mehr als freundschaftliche Gefühle im Spiel gewesen wären, erschien ihm diese Möglichkeit doch viel zu unrealistisch. „Okay…“, entgegnete er schließlich nach einer Weile, „Ich weiß zwar nicht, womit es etwas zu tun hat, aber ist schon okay. Es ist ja eigentlich auch nicht so wichtig. Ich werde auf jeden Fall… zu dir kommen. Ich kann dich ja schließlich nicht einfach dir selbst überlassen.“ Bei dem letzten Satz grinste der Chilene nun ein kleines Bisschen und erhob sich, um den Knoten für den Größeren zu öffnen. „Tu das, wenn du unbedingt Ärger mit dem Krankenhaus willst.“ Nach wie vor grinste er leicht, zögerte kurz und schloss dann schließlich den Blonden für einen kurzen Moment von hinten in die Arme. „Pass bitte in Zukunft besser auf dich auf… Bitte.“ Leicht lachend ließ Farin das Nachthemd zu Boden gleiten. „Das wäre nur fair, immerhin haben die auch mein Shirt zerstört! Und seh ich vielleicht so aus, als würde ich so viele schwarze Shirts besitzen?“ Er wollte sich grade umdrehen, als er plötzlich die Arme des Kleineren um sich spürte. Einen Moment blieb er reglos stehen, doch dann legte er mit einem sanften Lächeln seine Hände auf die des Jüngeren. „Mach ich... Du aber auch, ja?“ Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, aber es war auch nicht nötig, lauter zu sprechen. „Rod? Falls du demnächst einen Brief mit stark verziertem Umschlag erhalten solltest... Bitte öffne ihn nicht... Schmeiß ihn am besten sofort weg, aus dem Fenster oder so. Das gleiche gilt auch für Dirk...“ Nun drehte der Größere sich doch um und sah dem Chilenen fest in die Augen. „Am besten öffnest du vorerst gar keine Fanpost! Wer weiß, was sich dieser Irre noch so einfallen lässt.“ Mit einem leisen Seufzen legte er die Arme um Rod und drückte diesen an sich. „Bitte, das musst du mir versprechen... Egal was drauf steht, öffne ihn nicht...“ Zittrig drückte er das Gesicht an den Hals des Kleineren und hauchte einen leichten Kuss auf diesen. Der Chilene schloss die Augen, während er Farin von hinten umarmte und wünschte sich, dass dieser Moment niemals enden würde. Es tat so gut, dem Blonden so nah zu sein, auch, wenn er wusste, dass sie wohl niemals ein Paar sein würden. Auf diese Art konnte er ihm wenigstens für einen Moment so furchtbar nah sein, sich so fühlen, als wäre Liebe zwischen ihnen gewesen und für einen Moment dieses schreckliche Gefühl der Einsamkeit, die er schon so lange in seinem Herzen spürte, vergessen. Schließlich spürte er jedoch, wie Farin sich umdrehte, was Rodrigo veranlasste, langsam die Augen zu öffnen und den Älteren anzusehen. „Also…“ Was war, wenn der Erpresser sich noch mal melden würde? Sollte er das dann wirklich einfach übergehen? Auf der anderen Seite hatte der Gitarrist jedoch auch vollkommen Recht – man konnte wirklich nicht wissen, was sich dieser Irre noch einfallen lassen würde, denn das, was heute passiert war, hatte deutlich gezeigt, zu was er – oder sie – fähig war. „Ja. Ich verspreche es dir. Aber das gilt dann auch für dich, Jan…“ Wieder huschte ein leichtes Lächeln über sein Gesicht, welches jedoch in genau dem Moment verblasste, in dem er die Lippen des Blonden an seinem Hals spürte. War das gerade ein Kuss gewesen? An seinem Hals? Warum tat der Gitarrist das? Vollkommen verwirrt nahm der Bassist wahr, wie ihm nun gleichzeitig heiß und kalt wurde, er spürte, wie sich bei ihm eine Gänsehaut aufstellte und war in diesem Moment wirklich dankbar dafür, dass er sich heute etwas Langärmliges angezogen hatte. Wieder überkam ihn dieses tiefe Bedürfnis, den Mann, den er über alles liebte, zu küssen, ihn einfach an sich zu drücken und mit zärtlichen Küssen zu überhäufen, doch er musste sich zurückhalten. Selbst, wenn Farin ihm gerade einen Kuss auf den Hals gehaucht hatte – was Rod sich nach eigener Einschätzung wohl ohnehin nur eingebildet hatte – bedeutete das noch rein gar nichts, weshalb der Chilene nun auf gar keinen Fall irgendwie die Nerven verlieren durfte. Er musste einfach irgendwie mit dieser Situation klarkommen. Aus diesem Grund entschloss er sich einfach dazu, so zu tun, als wäre nichts gewesen und lächelte den Größeren wieder sanft an. „Alles okay?“, fragte er dennoch. Farin nickte leicht, löste sich allerdings noch nicht von dem Kleineren. „Gut, ich werde keine Fanbriefe öffnen, nur noch Mails lesen... Da kann schließlich nichts passieren. Aber das wird auch noch etwas warten müssen, momentan kann ich ja wohl kaum tippen!“ Mit einem leichten Grinsen hielt er die Hände leicht vor sich. „Aber ich glaub, so langsam sollte ich wenigstens die Hose anziehen... Falls die Schwester noch mal zurückkommt, die kriegt sonst einen Herzinfarkt oder erblindet!“ Mit einem Seufzen schnappte er sich die Hose vom Bett und stieg in diese. Allerdings hatte er ein kleines Problem, als er sie schließen wollte. „Ähm... Rod?“ Schnell schüttelte er den Kopf, während seine Wangen sich langsam rötlich färbten. „Schon gut, vergiss es! Vielleicht bringt Dirk ein langes Shirt mit, dann gehts schon!“ Er räusperte sich mehrmals bevor er in seine Schuhe stieg und das nächste Problem auftrat. „Okay, die können auch offen bleiben... Vielleicht wird es ja modern! Und falls ich mich aufmaul, bin ich wenigstens gleich am richtigen Ort!“ Auch Rod nickte und war beruhigt, dass Farin ihm zustimmte, erst einmal keine Fanbriefe mehr zu öffnen. Auf Dauer konnte es so zwar nicht weitergehen, aber zumindest für den Anfang würden sie so auf jeden Fall sicherer leben. Dennoch hatte der Chilene Angst davor, was dem Verrückten als nächstes einfallen würde, denn sicherlich würde das noch nicht das Letzte gewesen sein. Doch eigentlich war das eine Sache, über die man wirklich nicht nachdenken wollte. Wer hätte schon gerne voll und ganz realisiert, dass man sich selbst und darüber hinaus seine beiden besten Freunde in Gefahr brachte, egal, was man tat? Er konnte nicht mehr davor weglaufen, solange dieser Irre sich auf freiem Fuß befand. Nicht, solange Rod in der Nähe seiner beiden Bandkollegen war. Doch es stimmte – der Gitarrist hätte wohl nicht verstanden, wenn der Bassist sie verlassen hätte und eigentlich wollte dieser das auch gar nicht. Schweigend nahm Rodrigo zur Kenntnis, wie sich der Ältere nun eine Hose anzog. Dass er sie nicht zumachen konnte, tat ihm zwar wirklich Leid, aber das war eine Sache, bei der er dem Anderen nun nicht unbedingt helfen wollte – das hätte nur im Chaos geendet. Bei seinen Schuhen sah das allerdings anders aus. Mit einem leichten Lächeln hockte er sich vor den anderen und half ihm dabei, die Schuhe zuzubinden. „Ich mach das schon für dich, bevor du wirklich abmaulst… Das muss ja nicht sein.“ Während Rod dem Größeren die Schuhe zuband, achtete er jedoch sehr genau darauf, den Kopf auch ja gesenkt zu halten – denn ganz bestimmt wollte er gar nicht erst damit anfangen, Farin auf den Schritt zu starren. Leicht grinsend beobachtete Farin den Kleineren. „Danke, das ist richtig süß von dir. So kann ich wenigstens einigermaßen normal gehen... Zur Not leihe ich mir Dirks Jacke und binde sie mir um, dann fällt es nicht so auf... Eine der Krankenschwestern will ich jetzt nicht unbedingt um Hilfe bitten, die denken dann vielleicht sonst was.“ Wie aufs Stichwort öffnete sich die Tür und Bela trat ein - in der linken Hand hielt er eine kleine Tüte: „So, hab was gefunden. Ist zwar nicht schwarz, aber es wird dir sicher trotzdem gefallen!“ Einen Moment blieb der Drummer stehen und betrachtete die beiden Jüngeren. „Okay... Jan, ich werde dich jetzt nicht fragen, warum deine Hose offen ist, dafür wirst du gleich ohne Kommentar dein neues Shirt anziehen.“ Mit einem diabolischen Grinsen gab Bela die Tüte an den Blonden, welcher bereits eine böse Vorahnung hatte. Er hatte sie kaum geöffnet, da schloss er sie auch schon wieder und sah den Kleineren böse an. „DAS werde ich auf keinen Fall anziehen!“ Feixend lehnte Bela sich an die gegenüberliegende Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was denn? Ein wenig Farbe würde dir mal stehen. Passt besonders zu deinen blonden Haaren. Damit siehst du dann aus wie... wie...“ Mit hochrotem Kopf zog Farin das Oberteil - welches sich als rosa Polohemd entpuppte - aus der Tüte und streckte es dem Drummer entgegen: „Barbie?“ „Ja, das trifft es ziemlich gut. Ach, komm schon! Rosa ist modern, auch bei Männern. Ich würde es auch tragen, aber Polohemden stehen mir nicht so.“ Der Blonde seufzte leise und betrachtete das 'Etwas' in seiner Hand. „Dafür musst du irgendwann auch mal rosa tragen... Einen rosa Anzug zum Beispiel!“ Als Bela auf einmal den Raum betrat, errötete der Chilene leicht, hockte er doch schließlich immer noch vor Farin, dessen Hose offen war, um ihm die Schuhe zuzubinden, womit er allerdings gerade fertig wurde, weshalb er wieder aufstand und, noch immer mit geröteten Wangen, schweigend zwischen den anderen beiden hin und her blickte. Ebenfalls mit dunkler Vorahnung lauschte er dem Dialog der beiden Älteren und fragte sich, was um alles in der Welt Bela da nur besorgt hatte, als er besagtes Kleidungsstück auch schon erblickte. Sofort breitete sich ziemliches Mitleid für den Blonden aus, denn dass er DAMIT nicht durch die Gegend laufen wollte, war mehr als nur klar und vollkommen verständlich. Fieberhaft überlegte er, ob er dem Blonden irgendwie helfen konnte. „Ich könnte dir meine Jacke leihen, Jan…“, meinte er schließlich nach einer Weile und bedachte den Drummer mit einem tadelnden Blick, weil er den armen Gitarristen so sehr ärgerte. „Die ziehst du dann einfach über und dann sieht das keiner.“ Ein sanftes Lächeln huschte über sein Gesicht. Auch der Blonde lächelte nun. „Wenigstens einer ist nett zu mir. Aber was anderes hätte ich von dir auch nicht erwartet, du bist und bleibst ein Schatz!“ Grinsend legte er den Arm um Rod und warf dem Drummer einen Blick zu. „Und weil Dirk mich mal wieder ärgern wollte, darf er meine Hose zu machen!“ Bela seufzte leise und stieß sich von der Wand ab. „Okay, dann kümmer ich mich um deine Hose. Du hast dich auch oft genug um meine gekümmert.“ Er zögerte einen Moment, bevor er grinsend fortfuhr: „Wenn das jemand hört, steht es spätestens morgen in der Zeitung. Könnte man ja etwas falsch verstehen, oder?“ Noch immer grinsend stellte er sich vor Farin und schloss dessen Hose, wobei er Rod entschuldigend ansah. „So, das war’s auch schon. Aber das Shirt bekommst du alleine an, oder?“ Farin betrachtete erneut das Rosa-Ungetüm in seiner Hand und verzog leicht das Gesicht. „Ja, wenn auch eher widerwillig. Nur das Preisschild muss noch ab. Wie viel hast du dafür eigentlich ausgegeben?“ Er warf einen Blick auf das Schild und hob leicht eine Braue. „Für dieses Ding hast du 40 Euro ausgegeben? Sonst geht es dir gut, oder?“ Bela zuckte leicht die Schultern und riss die dünne Plastikhalterung ab. „Naja, dein Gesichtsausdruck war jeden Cent wert. Na los, anziehen!“ Mit einem resignierten Seufzen zog Farin sich das Polohemd an, welches zu seiner Verwunderung wie angegossen passte. Wieder errötete Rod leicht, als Farin meinte, dass er ein Schatz sei und beobachtete die beiden wieder, wobei der Chilene wieder tief in seine Gedanken versank. Er würde erst einmal zu Farin ziehen, wie er es ihm versprochen hatte, doch würde das auch wirklich gut gehen? Allein schon, wenn er nur an den Erpresserbrief dachte, den er bekommen hatte, drehte sich ihm schon wieder komplett der Magen um, er hatte einfach kein besonders gutes Gefühl bei dieser ganzen Angelegenheit, denn wahrscheinlich war es wirklich viel zu gefährlich, jetzt auch noch zu dem Blonden zu ziehen. Und doch hatte er es ihm versprochen und er wollte ihm ja auch gerne helfen, weshalb er es eben einfach tun würde, in der Hoffnung, dass alles ein gutes Ende nehmen würde, doch eigentlich rechnete er damit wirklich nicht. Während Farin und Bela sich unterhielten, konnte der Jüngste im Raum nicht umhin, den Oberkörper des Blonden anzustarren und heimlich zu bewundern. Hätte der Gitarrist doch nur nicht so unglaublich gut ausgesehen… Schließlich zwang er sich allerdings doch dazu, den Blick abzuwenden, schließlich sollte sein Angebeteter nicht mitbekommen, dass er angestarrt wurde. Statt den Größeren weiter anzustarren zog der Bassist deshalb nun einfach seine Jacke aus und hielt sie, immer noch lächelnd, dem Blonden hin. „Bitte schön…“ Der Gitarrist war noch immer nicht so wirklich zufrieden mit seinem neuen Oberteil, ertrug es allerdings ohne weiteres Murren und nahm stattdessen mit einem sanften Lächeln die Jacke entgegen. „Danke, Rod... Aber wird das dann nicht etwas zu kühl für dich?“ Sie hatten schließlich Herbst und die sommerlichen Temperaturen waren ebenso schnell verschwunden wie die Weihnachtsartikel im Supermarkt aufgetaucht waren. „Rod? Muss ich ihn immer noch fragen? Er war gemein zu mir!“ Gespielt schmollend schob er die Unterlippe ein wenig vor und blinzelte den Jüngeren schniefend an. Bela unterdessen sah verwirrt von einem zum anderen und zurück. „Fragen? Hab ich was verpasst?“ Farin sah noch einmal kurz auf Rod und seufzte dann leise. „Ich hab Rod gefragt, ob er ein paar Tage zu mir zieht und wollte dich eigentlich auch fragen. Aber nach dieser Aktion grade kannst du das vergessen. Dann machen Rod und ich uns eben eine schöne Zeit, ohne dich!“ Grinsend legte er einen Arm um den Chilenen und küsste ihn leicht auf die Wange. „Nein!“ Der Drummer hatte fast geschrieen, wodurch der Blonde sofort zurück zuckte. Verlegen räusperte der Älteste sich und sah Farin an. „Nein... Ähm... Das kann ich Rod nicht antun! Da leiste ich ihm lieber Gesellschaft und ziehe auch bei dir ein.“ Gewissermaßen entsprach dies sogar der Wahrheit: Das konnte er dem Bassisten nicht zumuten, alleine mit einem fast schon anhänglichen Farin Urlaub in einem großen Haus. Mit einem Lächeln schüttelte Rod den Kopf. „Nein, das geht schon. Ich bin ja trotzdem noch langärmlig angezogen, du nicht. Außerdem kann ich so was ab.“ Das stimmte, Rod war relativ unempfindlich, was irgendwelche Temperaturen anging, ihm wurde nicht allzu schnell kalt und auch, wenn die Temperaturen im Sommer in die Höhe schossen, kam er ziemlich gut damit zurecht – eine praktische Sache. Wenn Bela auch erstmal zu Farin ziehen würde, würde das die Situation zumindest etwas auflockern, denn Rodrigo hoffte, dass ihn seine Gefühle zu dem Blonden wenigstens nicht so sehr belasten würden, wenn er nicht alleine bei Farin war. Doch plötzlich war es bei dem Bassisten ohnehin vorbei mit der Ruhe, als der Größere ihn auf einmal auf die Wange küsste. Wieder entgleisten seine Gesichtszüge und er musste sich wirklich Mühe geben, die Ruhe zu bewahren. „Okay…“, meinte er schließlich und wandte sich leicht von Farin ab, jedoch nicht, ohne ihm vorher leicht zuzugrinsen, damit er nicht wieder denken würde, dass Rod sauer auf ihn wäre oder dergleichen, „Dann sollten wir uns am besten auf den Weg machen.“ Der Blonde wirkte noch immer etwas verwirrt wegen Belas Aktion, sagte allerdings nichts mehr und schloss stattdessen die Jacke. „Gut, gehen wir... Fuck, die Unterlagen. Egal, ich frag vorne nach!“ Er sah sich noch einmal im Zimmer um und ging schließlich auf die Tür zu. Allerdings öffnete er diese nicht, sondern blieb unschlüssig stehen. „Wenn ich jetzt da rum renne wie ein junger Gott werden sie mich sofort wieder ins Zimmer schicken, oder?" Leise seufzend sah er auf die beiden Dunkelhaarigen. „Kann ich mich bei einem von euch abstützen? Nur so, damit die nicht rum zicken.“ Bela hatte Rod grade einen Blick zugeworfen und wollte sicher gehen, ob mit ihm alles in Ordnung war. So registrierte er die Worte des Blonden erst gar nicht, spürte allerdings dessen Blick. „Was? Ja, alles klar, wie auch immer. Ich hol deine Unterlagen.“ Der Drummer sah noch einmal auf den anderen Dunkelhaarigen, bevor er das Zimmer verließ und schon mal vorging. Farin sah ihm einen Moment verwirrt hinterher und hob leicht eine Braue. „Hat der mir überhaupt zugehört? Also... Die letzten Sekunden?“ Sein Blick wanderte zu dem Chilenen und ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Dann gehen wir mal... So, wie der grade drauf ist, trau ich es ihm zu, dass er ohne uns losfährt weil er uns vergisst!“ Er zögerte einen Moment und öffnete schließlich die Tür. „Das mit dem Stützen lassen wir, die werden schon nichts sagen.“ Mit wenigen Schritten hatte er das Zimmer verlassen und war um die Ecke gebogen, wo er leicht gegen die Wand taumelte. Genau diese Schwäche hatte er vor Rod verbergen wollen. Auch Rod hätte die Worte des Blonden fast überhört, viel zu sehr war er damit beschäftigt, seine Gedanken wieder irgendwie zu ordnen, doch im Gegensatz zum Drummer schaffte er es, seine Aufmerksamkeit wieder auf Farin zu lenken, als dieser anfing, zu sprechen. Gut, Farin zu stützen würde im ersten Moment auch wieder ein sehr merkwürdiges Gefühl sein, doch das machte nichts. Er würde schon irgendwie damit zurechtkommen, immerhin hatte er selbst entschieden, Farin niemals etwas von seinen Gefühlen zu sagen, deshalb MUSSTE er schon irgendwie von allein damit klarkommen. Sie waren schließlich Freunde, da war es vollkommen normal, sich zu helfen, wenn es dem einen weniger gut ging. Er musste endlich lernen, unbefangener an diese ganze Sache ranzugehen und eigentlich war das hier eine ziemlich gute Gelegenheit dazu. „Ja, wirkte irgendwie so.“, entgegnete Rodrigo schließlich mit einem leichten Lächeln und folgte dem Blonden dann nach draußen. Zwar hatte der Chilene nicht bemerkt, dass sein Freund so getaumelt war, da er zu dem Zeitpunkt noch nicht um die Ecke gewesen war, doch trotzdem hatte er kein gutes Gefühl bei der Sache – auch, wenn er nicht wusste, woran es lag. „Und rede keinen Unsinn, natürlich wirst du gestützt.“ Ein sanftes Lächeln huschte über sein Gesicht, als er vorsichtig Farins Arm ergriff und über seine Schulter legte. „Das ist selbstverständlich, Jan.“ Kapitel 7: Nichts auf dieser Welt geschieht ohne Grund ------------------------------------------------------ Liebe Irre, diesmal wird es richtig spannend! Und das sagen wir nicht einfach nur so! Genau, wir meinen es auch so! Ganz ehrlich und wirklich und was-auch-immer! Natürlich ist das keine Entschuldigung... Ja... Es hat ziemlich lange gedauert. Wir wollten eigentlich immer ein Kapitel in Reserve haben, das nächste ist aber noch nicht ganz fertig und wir kamen in letzter Zeit kaum zum Schreiben. *hust* Ja, is meine Schuld... *HUST* Können wir das Thema wechseln? Reden wir doch schon mal über unsere bevorstehende Beerdigung! Ja... Am Ende des Kapitels werdet ihr schon sehen, wieso wir die planen müssen. Aber Sina ist es eh egal ob ich sterbe, also... Fu: "Nicht nur ihr, Glatze!" Willst du mir das jetzt noch ewig vorhalten?! Außerdem... es ist nicht nur ihre Schuld, sondern meine. Naja... Wie ihr seht, ist Schizophrenie eine verwirrende Krankheit! Wir sind Millionen und wir werden noch mehr sein *sing* ... Wie auch immer. Ich werde diesen Wahnsinn hier jetzt beenden und den nächsten Wahnsinn einleiten - das neue Kapitel. MUAHAHAHAHA! Lest es! Oder... LEST ES! Für welche der beiden Optionen ihr euch auch immer entscheiden mögt, wir wünschen euch viel Spaß dabei^^ Ich auch! ^^ Viel Spaß wünschen also Das_Anni und Evenfall ~~~ „Ich muss mir erstmal was anderes anziehen, sonst dreh ich durch!“ Kaum hatte Farin die Tür aufgeschlossen, steuerte er auch schon aufs Schlafzimmer zu. Der Drummer sah ihm kurz hinterher und schloss seufzend die Tür. „Schade, ich hätte gerne noch ein Foto von ihm gemacht. Dann hätte ich ihn erpressen können!“ Grinsend zog Bela Jacke und Schuhe aus und schlenderte ins Wohnzimmer. „Vielleicht sollten wir ihm die Couch zurecht machen, dann kann er sich hinlegen und ist trotzdem nicht alleine.“ Fragend sah er zu dem Chilenen und hob leicht eine Braue. „Wie kommt es eigentlich, dass wir jetzt hier wohnen? Normalerweise hätte Jan uns nach Hause geschickt um uns keine Probleme zu machen... Hat er dir gegenüber irgendwas gesagt?“ Der Kleinere schnappte sich einige Kissen und stapelte diese an einem Ende der Couch, bevor er sich suchend nach einer Wolldecke umsah. Der Termin mit der Polizei war auf den nächsten Tag verschoben, damit Farin sich von den Strapazen erholen konnte. Außerdem hätten sie bis dahin sicher die ersten Laborergebnisse vorliegen. „Ich bin jedenfalls froh, dass ihm nichts Schlimmeres passiert ist... Glaubst du, dass es wirklich der Erpresser war?" Bela hatte die Stimme gesenkt und sah immer wieder zur Tür, allerdings war von dem Blonden nichts zu sehen. Ebenfalls grinsend blickte der Chilene Farin nach und folgte dann dem Drummer ins Wohnzimmer, wo er erst einmal Bela dabei half, das Sofa zu präparieren, damit der Blonde es sich dort gleich bequem machen konnte. „Naja…“, setzte er an, nachdem er über die Szene im Krankenhaus noch mal nachgedacht hatte, „Er hat mich eben gefragt, ob ich nicht eine Weile zu ihm ziehen würde, bis er wieder fit ist und ich… konnte nicht Nein sagen. Das hätte ich nicht über mich gebracht, obwohl… naja, irgendwie ist es komisch… Aber ich komm damit klar!“, meinte er schnell, bevor Bela irgendwas Kritisches hätte äußern können, denn darüber wollte er nicht schon wieder mit dem Schlagzeuger diskutieren. „Er meinte, dass er… mich einfach gerne um sich hätte und dich auch, deshalb meinte er, dass er dich auch fragen könnte, weil wir dann beide hier sind. Und wenn wir beide hier sind, fällt mir… das auch alles irgendwie viel leichter… Danke.“ Ein leichtes Lächeln huschte über das Gesicht des Bassisten, er wurde jedoch schnell wieder ernst, als er die Frage mit dem Erpresser vernahm. „Ja, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich meine, er hat doch gesagt, der nächste Brief würde unangenehm werden, wenn ich nicht tue, was er sagt… Naja, so kann man das natürlich auch auslegen.“ Er seufzte leicht und blickte ebenfalls zwischendurch immer wieder zur Tür. Bela betrachtete den Jüngeren einen Moment nachdenklich, verkniff sich allerdings jeden Kommentar. Stattdessen grinste er leicht und schnappte sich eines der Kissen, welches er sofort auf den Bassisten warf. „Du sollst dich nicht für so was bedanken! Außerdem tu ich das für euch beide. Zum einen will ich dich etwas im Auge behalten und zum anderen mach ich mir noch immer ein wenig Sorgen um Jan. Er tut zwar so, als wäre nichts, aber wirklich fit sieht er auch nicht aus." Der Drummer seufzte leise und schlug die Decke zurück. Er wollte grade noch etwas sagen, als er den Blonden in der Tür stehen sah. „Jan! Wo ist dein neues Shirt?“ Grinsend musterte er den Anderen... und stockte. Farin hob langsam die Hand, in der er einen stark verzierten Briefumschlag hielt. Sein Blick war auf Rod gerichtet und man konnte deutlich erkennen, dass er zitterte. „Seit wann hast du diesen Brief?“ Farins Stimme klang bedrohlich, aber vor allem... verletzt. Der Bassist nickte nun nur leicht und sagte nichts mehr zu der Sache, dass Bela es für sie beide tat. Er wusste es ja schließlich und in seinen Augen gab es auch nichts mehr hinzuzufügen, was ihn dazu veranlasste, jetzt zu schweigen, wobei er allerdings ein Lächeln auf dem Gesicht hatte. Dieses Lächeln sollte allerdings verschwinden, als der den Blonden – oder vielmehr das, was dieser in der Hand hatte – erblickte, denn es war der Erpresserbrief, den er bekommen hatte. Farin hatte ihn gefunden und in dem Moment, in dem Rodrigo ihn bemerkte, wusste er auch ganz genau, warum – schließlich hatte er den Umschlag wieder in die Jackentasche gesteckt und Farin hinterher die Jacke gegeben. Und jetzt hatte er offensichtlich den Brief gefunden. Wenigstens hatte Rod – wenn auch mehr durch Zufall – die ersten beiden Seiten aus dem Umschlag genommen und in die Hosentasche gesteckt, denn wenn Farin diese auch gelesen hätte, dann hätte er auch gewusst, welche Gefühle der Chilene für ihn hegte. Doch dem war nicht so und ein Problem hatte er trotzdem, denn so, wie es aussah, war Farin ziemlich sauer auf ihn. „Jan…“, setzte er an, doch ihm fehlten die Worte. Wie sollte er ihm das nur erklären? „Ich… also… seit ein paar Tagen…“ Betroffen schloss er nun die Augen und wünschte sich wieder einmal, dass er in der Lage gewesen wäre, dem Gitarristen einfach seine Gefühle zu gestehen, doch das konnte er nicht. Und jetzt würde Farin wahrscheinlich sehr lange wütend auf ihn sein, weil er ihm nichts gesagt hatte. Auch Bela sah unsicher auf den Umschlag in Farins Hand und warf Rod einen unsicheren Blick zu. Es dauerte einen Moment bis ihm einfiel, dass der Chilene die ersten beiden Seiten in die Hosentasche gesteckt hatte, um zu verhindern, dass bei der Polizei jemand erfuhr womit er erpresst wurde. Einerseits war es Glück, aber andererseits... Hätte er den ganzen Brief in die Hosentasche gesteckt, dann hätte der Blonde ihn nicht gefunden. Aber so... Farin trat langsam näher, wobei er den Brief vor sich hielt wie eine Waffe. „Ein paar Tage? Ein paar Tage? Und das behältst du für dich? Sag mal, hast du sie noch alle? Ist dir klar, was hätte passieren können? Wenn ihr beide mit oben gewesen wärt, hättest du wahrscheinlich den Brief mit der Bombe geöffnet und du wärst im Krankenhaus gelandet, würdest wahrscheinlich noch immer da liegen!“ Der Gitarrist blieb zitternd vor Rod stehen und hielt ihm den Brief vor die Nase. „Womit wirst du erpresst? Raus mit der Sprache!“ Bela hatte die ganze Zeit geschwiegen, trat nun allerdings auf Farin zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Jan, er hat es nicht absichtlich gemacht, okay? Er war einfach... Naja... Unsicher...“ Wütend drehte der Größere sich zu ihm um: „Du wusstest davon?!“ „Jan…“, meinte der Bassist langsam, doch wieder wusste er nicht, wie er anfangen sollte. Wie sollte er das denn nur richtig erklären, ohne ihm alles zu verraten, ohne ihm seine Liebe zu gestehen? Er konnte ihm doch gar nicht sagen, womit er erpresst wurde, ohne zu sagen, dass er Gefühle für ihn hegte, war doch dies schließlich der Grund und genau das WOLLTE er ihm eben nicht sagen. „Das wäre wenigstens fair gewesen, da er ja scheinbar für mich bestimmt war.“, gab Rod zurück, schüttelte dann aber leicht den Kopf. „Ich konnte es dir einfach nicht sagen, ich wollte es eigentlich nicht mal Dirk sagen, es war… ich war wirklich unsicher. Es tut mir Leid, dass ich es dir nicht gesagt habe, aber ich… ich…“ Was sollte er denn jetzt nur sagen? Er konnte den Grund doch nicht einfach sagen, er konnte doch jetzt auf einmal nicht alles wegwerfen, wofür er die ganze Zeit gekämpft hatte. Endlich fiel es ihm wieder leichter, in der Nähe des Blonden zu sein ohne durchzudrehen, sobald er ihn auch nur ansah und jetzt sollte er das alles zerstören? Alles aufs Spiel setzen, nur, weil Farin den Brief gefunden hatte? Nein, das ging einfach nicht. „Ich hätte es Dirk auch nicht gesagt, wenn ich mir im Krankenhaus nicht solche Vorwürfe gemacht hätte, dass es dich erwischt hat, obwohl die Bombe bestimmt eigentlich für mich gedacht gewesen wäre!“ Gut, das stimmte vielleicht nicht zu hundert Prozent, konnte man allerdings doch so stehen lassen. Die Frage nach dem Grund überging er einfach, auch, wenn der Gitarrist natürlich nicht dumm war, das wusste er ganz genau. Er würde es wohl bemerken. Farin ließ langsam die Hand sinken und sah zwischen den beiden Dunkelhaarigen hin und her. Er fühlte sich betrogen, von beiden! „Du wolltest es ihm nicht sagen, aber du hast es... Und ich bin mal wieder der Dumme! Ich bekomme ja gar nichts mehr zu erfahren! Und die ganze Zeit hast du so getan, als wenn alles okay wäre, als wenn es wie immer wäre! Und dass du dich mir gegenüber so anders verhältst, ist wohl nur reiner Zufall, wie? Das kannst du sonst wem erzählen! Ich hab da keinen Bock mehr drauf, immer das Arschloch spielen zu müssen, mir reichts!“ Wütend schmiss der Blonde den Umschlag zu Boden. „Es wäre fair gewesen, wenn dich die Bombe erwischt hätte? Nein... Weißt du, was fair gewesen wäre? Wenn du es uns erzählt hättest! Dann würde keiner von uns mit diesen beschissenen Verbrennungen rumrennen! Dann würde es uns allen gut gehen!“ Farin riss die Klammern vom Verband seiner linken Hand und ließ sie zu Boden fallen - ebenso wie kurz darauf den Verband selbst. Dies machte er auch mit der anderen Hand, bevor er Rod wieder in die Augen sah. „Aber dir ist das ja alles egal, oder?“ Nun schüttelte der Chilene immer wieder den Kopf. Farin hatte ja gar keine Ahnung, warum er es ihm nicht erzählt hatte, er verstand das alles vollkommen falsch und dann konnte er noch nicht einmal etwas dafür. Es war und blieb Rods Schuld, das war ihm vollkommen klar, doch was sollte er sagen? Er hatte doch niemals gewollt, dass so etwas passierte und auch nicht, dass es zu so einer Situation wie jetzt kam. Dafür liebte er den Blonden doch viel zu sehr, er hatte ihm niemals wehtun wollen – vollkommen gleich, auf welche Art. „Nein, Jan, das stimmt so gar nicht. Ich… ich…“ Tränen traten ihm nun in die Augen, er wusste wirklich nicht mehr, was er noch dazu sagen sollte. Als dann von Farin auch noch Vorwürfe kamen, war alles vorbei. Natürlich hatte der Gitarrist vollkommen Recht, wie hätte er da widersprechen können? „Ich… du hast Recht… D-Du hast vollkommen Recht.“ In diesem Augenblick konnte Rod nichts Anderes tun als auf die Arme des Größeren zu starren und es fiel ihm schwer, den Blick von ihnen abzuwenden. Und doch tat er es – als er sich umdrehte und sich der Tür zuwandte. „Es… es tut mir so Leid, Jan…“ Mit diesen Worten stürmte er nach draußen. Seufzend wandte sich Bela nun dem Blonden zu und sah ihn an. „Jan, ich versteh ja, dass du sauer bist, aber musste das jetzt sein?“ Kaum war Rod aus dem Zimmer gestürmt, wurde Farin bewusst, was er grade gesagt, was er getan hatte. Zitternd sah er auf seine Hände und spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Er war zu weit gegangen, eindeutig. Langsam ballte er die Hände zu Fäusten, was einen stechenden Schmerz hervor rief, doch eben dieser Schmerz tat gut... Es war nichts im Vergleich dazu, was er dem Jüngeren angetan hatte. „Dirk? Kannst du ihm bitte folgen? Falls... Ihm könnte sonst etwas passieren...“ Er sprach nur sehr leise und vermied es, dem Drummer in die Augen zu sehen. Er schämte sich. Bela zögerte einen Moment, entschied dann allerdings, dass es im Moment besser war, bei Rod zu bleiben. Ohne ein weiteres Wort folgte er dem Chilenen und nahm im Vorbeigehen Farins Ersatzschlüssel vom Haken - nur für den Fall der Fälle - und folgte dem Chilenen. Sein Wagen stand noch beim Studio, sie hatten Belas Auto genommen, um ins Krankenhaus und danach zum Haus des Blonden zu fahren. Außerdem befanden sich die Autoschlüssel mit großer Wahrscheinlichkeit noch in der Jacke, welche wiederum irgendwo im Schlafzimmer des Gitarristen lag. Und Taxen fuhren nicht grade häufig durch diese Gegend, demzufolge konnte Rod nur zu Fuß unterwegs sein. Es dauerte auch nicht lange, bis er den Bassisten eingeholt hatte und dessen Handgelenk zu packen bekam: „Rod, jetzt warte doch!“ Der Angesprochene hatte gar nicht richtig mitbekommen, wohin ihn seine Füße getragen hatte, viel zu tief war er in seine Gedanken um Farin und um das, was er eben gerade gesagt hatte, gewesen. Er hatte so verdammt Recht. Wäre der Chilene nicht zu feige gewesen, es jemandem zu sagen oder Farin sogar einfach seine Gefühle zu gestehen, dann wäre niemandem etwas passiert. Jetzt war der Blonde offensichtlich wahnsinnig sauer auf ihn und er hatte auch noch allen Grund dazu, immerhin hätte er ohne ihn diese Verbrennungen nicht gehabt und es würde ihm gut gehen. Die ganze Zeit über konnte er das Bild von den Armen des Gitarristen nicht aus seinem Kopf bekommen und stetig quollen die Tränen aus seinen Augen hervor wie kleine Sturzbäche oder wie kleine Wasserfälle, die sich ihren Weg zu Boden bahnten. Es war seine Schuld. Immer wieder wiederholte sich dieser Gedankengang in seinem Kopf. Seine Schuld ganz allein. Was sollte er jetzt nur tun? Es war seine Schuld. Wahrscheinlich hätten sich seine Gedanken jetzt noch stundenlang einfach im Kreis gedreht, hätte er nicht auf einmal gespürt, wie jemand seinen Arm packte. Im ersten Moment schrak er stark auf, doch als er die Stimme des Drummers hörte, entspannte sein Körper sich langsam wieder. Trotzdem drehte er sich noch nicht um. Sein Körper bebte leicht und wurde immer wieder von Schluchzern durchgeschüttelt. „J-Jan hat doch Recht. Es ist wirklich meine Schuld.“ Leise seufzend legte Bela die Arme um den Jüngeren. „Rod, er hat es nicht so gemeint... Er hat Angst um dich. Wahrscheinlich ist ihm jetzt erst so richtig klar geworden, was hätte passieren können... Vielleicht war die Bombe wirklich für dich bestimmt. Jan ist der einzige von uns, der den Umschlag gesehen hat. Und wer weiß, was da so war. Er hat im Auto irgendwas von einem stark verzierten Umschlag gesagt und der Erpresserbrief war auch in so einem Umschlag, vielleicht waren es ja die gleichen!“ Der Drummer drückte Rod leicht an sich und strich ihm beruhigend über den Arm. „Kaum bist du raus gerannt, war Jan ganz anders... Er wollte so was nicht sagen, er hat wirklich nur Angst um dich... Ich weiß, das war eine verdammt beschissene Art das auszudrücken... Aber etwas Grund zum sauer sein hat er ja irgendwie. Nein, nicht wegen der Bombe...“ Bela löste sich langsam von dem Jüngeren und drehte diesen zu sich um. „Es ist wieder etwas, was du ihm nicht erzählt hast... Und da du dich in den letzten Wochen eh schon so komisch verhalten hast denkt er natürlich, dass du ihm nicht mehr vertraust... Die Sache mit dem Vaterschaftstest glaubt er sicher auch nicht mehr, er denkt jetzt bestimmt, diese Sache mit dem Erpressen geht schon länger...“ Rod seufzte leicht und lauschte den Worten des Älteren. Vielleicht hatte er Recht, und trotzdem tat es ihm weh, wie Farin eben mit ihm geredet hatte – auch, oder gerade eben weil er damit ja im Grunde genommen vollkommen Recht hatte. Wäre Rod nicht so feige gewesen, wäre wahrscheinlich niemandem etwas passiert. „Wenn der Umschlag genauso aussah, versteh ich aber nicht, wieso er ihn geöffnet haben sollte, weil dann… also an dem Erpresserbrief hat man ja auch gesehen, dass er für mich bestimmt war… Und wenn der Umschlag auch so aussah… dann versteh ich echt nicht, wieso Jan ihn geöffnet hat…“ Nach wie vor war der Chilene der Meinung, dass es am fairsten gewesen wäre, wenn er selbst den Umschlag geöffnet hätte, doch das würde er Bela gegenüber jetzt nicht noch mal aussprechen, das Letzte, wonach ihm jetzt war, war noch mehr Streit. Nach wie vor weinte er und drückte sich an den Drummer, als dieser ihn in dem Arm nahm. Es tat gut, sich an jemanden anlehnen zu können. „Ja… vielleicht hast du wirklich Recht… Aber ich… es ist doch wirklich meine Schuld… Ich wollte doch n-nie, dass ihm was passiert…“, stammelte er und sah dem Schlagzeuger traurig in die Augen. „Wenn ich doch nur nicht so verdammt feige wäre… Wenn ich… wenn ich doch wenigstens endlich mal alles vergessen könnte, wenigstens für einige Zeit…“ Bela drückte den Chilenen erneut an sich. „Also ich denke mal, dass der Brief an uns alle adressiert war, damit es nicht so auffällt... Vielleicht stand ja noch etwas drauf, wodurch du es erkannt hättest... Oder der Erpresser dachte sich, dass du den Umschlag erkennst und den Brief sofort an dich nimmst. Niemand konnte ahnen, dass Jan alleine bei der Fanpost sitzt und diese öffnet. Wenn ich dich nicht aufgehalten hätte...“ Der Drummer verstummte und ließ den Kopf leicht hängen. „Es ist nicht deine Schuld, Rod... Niemand von uns hat Schuld. Und Jan wollte nie etwas in der Richtung sagen, da bin ich mir ganz sicher. Du kennst ihn doch. Er war froh, dass uns nichts passiert ist, an sich hat er dabei gar nicht gedacht. Vielleicht stand wirklich etwas auf dem Umschlag, etwas, wodurch man im Nachhinein denken könnte, dass die Bombe für dich bestimmt war. Jan dachte natürlich, dass der Täter gleich diese Briefbombe geschickt hat, wie sollte er auch etwas anderes denken? Normalerweise hättest du es gesagt, wenn ein Erpresserbrief oder so gekommen wäre. Aber hier hast du es nicht getan, weil es etwas betrifft, was Jan nicht wissen darf. Und jetzt hat er erfahren, dass du schon mal einen Brief erhalten hast, eine Drohung. Und ihm ist bewusst geworden, wie lange du schon in Gefahr schwebst und dass diese Bombe wirklich für dich bestimmt war. Ich will sein Verhalten nicht entschuldigen, aber ich will es verstehen... Und ich will, dass du es verstehst. Jan hasst dich nicht, ganz im Gegenteil. Er hat einfach Angst um dich.“ Es dauerte eine Weile, bis die Worte mehr oder weniger zu Rod durchgedrungen waren, doch schließlich nickte er leicht. „Ja… Du hast wohl wirklich Recht, aber…“ Ja, aber was eigentlich? Gedankenverloren blickte er gen Himmel, als stünde in diesem die Antwort auf alle seine Fragen, doch natürlich war dem nicht so. Niemand konnte eine Antwort haben oder eine Lösung für sein Problem. Umso mehr wünschte er sich, dass er nicht immer wieder darüber hätte nachdenken müssen. „Aber ich fühl mich trotzdem… einfach so schuldig…“, fuhr er schließlich nach einer ganzen Weile fort, „Ich wünschte, ich hätte es ihm einfach gesagt, aber ich… ich kann das nicht. Ich würde es niemals über mich bringen, ihm alles zu gestehen… Das… ich kann das einfach nicht… Aber ich hab ihn in Gefahr gebracht… Und wahrscheinlich bringe ich ihn noch immer in Gefahr und dich… und ich will das doch alles gar nicht… Ich will doch nur, dass… d-dass alles wieder gut werden kann…“ Ein lauter Schluchzer drang aus seiner Kehle und der Bassist drückte sich fester an den Kleineren. „Ich will doch n-nur, dass es allen gut geht und ich mach trotzdem ständig a-alles falsch… Ich will… ich wollte das doch nicht…“ Sein Körper erzitterte und weiterhin drückte er sich an Bela, die Augen nun fest geschlossen. „Rod... Okay, ich kann es nicht ändern, dass du dich schuldig fühlst... Das kann wohl niemand... Auch, wenn es total unbegründet ist.“ Er lächelte den Jüngeren schwach an und strich ihm einige Tränen weg. „Jan weiß nicht, was dahinter steckt, also versteht er auch nicht, warum du ihm nichts gesagt hast... Und die Tatsache, dass ich es offiziell erfahren habe, hat es nur noch verschlimmert.“ Einige Passanten waren stehen geblieben und sahen neugierig zu ihnen rüber. „Komm, wir gehen irgendwo anders hin und reden in Ruhe drüber. Einverstanden?“ Es störte Bela nicht, dass man sie ansah, fast schon beobachtete. Aber die jüngsten Ereignisse hatten ihm gezeigt, wie leicht man sie belauschen konnte. Und man wusste nie, wer in der Nähe war. Er lächelte den Chilenen leicht an und strich ihm über die Wange. „Das ist auch viel gemütlicher... Und noch etwas: Du bringst weder Jan noch mich in Gefahr, das machen wir schon selber. Klar?“ Auch Rod war der Ansicht, dass es wahrscheinlich besser war, wenn sie woanders hingehen würden, denn das letzte, was er wollte, war, dass sie wieder der Erpresser belauschen konnte. Sicher, er hätte ihnen dann auch einfach folgen können, immerhin wussten sie ohnehin nicht, wer er war, doch trotzdem war es, wie Bela ja auch gemeint hatte, in jedem Fall immer noch gemütlicher. Aus diesem Grunde nickte er schwach und löste sich vorsichtig wieder von dem Drummer. „Okay, ich… Ich werd versuchen, das nicht mehr zu denken… Aber irgendwie… irgendwie kann ich mir nicht so richtig vorstellen, wie das funktionieren soll. Ich… Fühl mich eben einfach schuldig… Und ich hab das Gefühl, dass ich euch in Gefahr bringe, das lässt sich nicht so einfach abstellen…“ Mit einem leichten Seufzen setzte er sich in Bewegung, auch, wenn er noch nicht so richtig wusste, wohin sie jetzt gehen sollten. „Und wohin gehen wir?“ Bela überlegte kurz, wobei er den Blick über die wenigen Häuser schweifen ließ. Es war wirklich ein Kaff, nicht besonders viele Häuser, dafür an beiden Enden des Ortes ein Aldi und ein Lidl. Da sie sich dort allerdings schlecht rein setzen konnten, überlegte der Schlagzeuger weiter. „Die Kneipe?“ Er musste nicht mal sagen, welche Kneipe, es gab eh nur eine im Ort. Und da diese nicht weit weg war, konnten sie den Weg auch gut zu Fuß zurücklegen. „Na komm, da kannst du rauchen, es ist gemütlich und wenn wir einen Ecktisch nehmen, haben wir auch alles gut im Blick.“ Er lächelte den Jüngeren noch einmal an und steuerte die Hauptstraße an. „Außerdem können wir da was trinken, auch sehr praktisch.“ Die letzte Aussage war nicht mal auf Alkohol bezogen, sondern vielmehr darauf, dass sie den ganzen Tag nicht wirklich zur Ruhe gekommen waren und er sich fast schon ausgetrocknet fühlte. Der Chilene nickte auf den Vorschlag des Drummers hin. Rauchen klang sehr gut und trinken eigentlich auch nicht gerade schlecht, weshalb er sich schließlich zusammen mit dem Älteren auf dem Weg in die Kneipe machte. Vielleicht konnte er da wenigstens mal für den Moment ein bisschen abschalten, zumindest hatte er keine Lust, die ganze Zeit über weiterhin über den ganzen Kram nachzudenken. Ja, vielleicht würde es so funktionieren. Zumindest für diesen Abend. „Okay, gehen wir dorthin.“ So machte sich der Bassist zusammen mit Bela auf den Weg in die Kneipe, wo sie schließlich in der Tat einen Platz an einem Ecktisch bekamen. In Rodrigos Augen gehörten Kneipen, Kippen und Alkohol irgendwie zusammen, weshalb er die Gelegenheit gleich nutzte, um eine zu rauchen. Als eine Bedienung kam, orderte der Chilene gleich zwei Bier – eines für Bela und eines für sich selbst – und wartete darauf, dass diese kommen würden. „Okay… Hier fühl ich mich schon etwas wohler, hier kann einen nicht jeder beobachten…“ Er seufzte leicht. Der Ältere nickte leicht und sah sich in der kleinen Kneipe um. Es war nicht unbedingt ein Ort für Familienfeiern oder Kindergeburtstage, aber welche Kneipe ist das schon? Die kleinen Lampen hingen tief über den Tischen und ließen nur noch deutlicher erkennen, wie vollgequalmt der Raum eigentlich war. Und das dunkle Holz der Möbel ließ alles etwas trist wirken. Irgendwo in der Nähe der Tür war eine Dartscheibe, man hörte zwischendurch ein leises Piepen, wenn einer der Pfeile die Scheibe traf. Die Toiletten konnte man erreichen wenn, man eine Treppe in ihrer Nähe runter ging, was wahrscheinlich bei erhöhtem Alkoholgehalt im Blut sehr schwer zu schaffen war. Aber im Großen und Ganzen war es einfach nur eine kleine, billige Kneipe in der man sein Feierabendbier trinken konnte, was die meisten Gäste wohl auch grade taten. Noch einmal ließ der Schlagzeuger den Blick durch den Raum schweifen bevor er sich Rod zuwandte: „Ich weiß, du willst Jan nichts sagen, das hast du ja schon häufiger deutlich gemacht... Aber irgendwas musst du ihm sagen. Weißt du noch, was alles auf der letzten Seite vom Brief stand? Ich meine... Er scheint nichts von deinen Gefühlen zu wissen, aber er weiß, dass du erpresst wirst. Und er wird sicher keine Ruhe geben bis er weiß warum dies der Fall ist.“ Ja… Das war eine ziemlich gute Frage, wie der Bassist feststellte. Vorhin hatte er die Frage einfach übergehen können, doch das würde in der nächsten Zeit nicht mehr klappen, denn Bela hatte vollkommen Recht: Farin würde nicht lockerlassen, was nur wieder ein weiteres Problem in der Sammlung des Chilenen darstellte. Er hatte ja auch sonst noch nichts, was ihn irgendwie beschäftigt hätte – jetzt durfte er sich auch noch ausdenken, warum er erpresst wurde, weil er den richtigen Grund nicht sagen konnte. „Ich weiß nicht… Also da stand halt im Großen und Ganzen nur, dass ich erpresst werde und dass etwas passieren würde, wenn ich nicht auf den Erpresser höre. Und… es stand dort, dass Jan auch bald einen Brief bekommen würde, wenn ich mich nicht an die Forderungen halte. Aber warum, das stand nicht auf der dritten Seite… Zum Glück.“ Er seufzte leicht und orderte bei der Bedienung, die gerade das Bier brachte, noch eine Flasche Jack Daniels dazu. „Aber leider hab ich auch noch keine Idee, was ich ihm erzählen könnte… Ich kann ihm nicht die Wahrheit sagen, aber ich weiß auch nicht, womit ich mich sonst erpressen lassen würde.“ Wieder seufzte er und blickte den Drummer an. „Okay… Wenn du mich erpressen wollen würdest, womit würdest du mir drohen?“ Bela verschluckte sich fast an seinem Bier, als er die letzte Frage hörte. „Ich? Dich erpressen? Solche Briefe werden von Irren, von Psychopathen mit schlimmer Kindheit geschrieben, die noch ganz nebenbei ein paar Gehirnzellen durchs Saufen oder so verloren haben... Mir wird schon was einfallen!“ Der Schlagzeuger trank einen großen Schluck und starrte einen Moment nachdenklich vor sich hin. „Also es muss etwas sein... Nun... Warum steht in dem Brief nicht, dass der Kerl es sonst mir erzählt? Gut, ich weiß es natürlich, aber man müsste es Jan irgendwie erklären. Warum ihm und der Presse? Und was habe ich damit zu tun? Warum hast du es mir erzählt?“ Wieder nahm er einen Schluck. „Da gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit...“ Er sah den Jüngeren an und zuckte leicht die Schultern bevor er weiter sprach. „Wir beide sind zusammen oder haben jedenfalls etwas miteinander“, sagte er wie selbstverständlich. „Also nicht so, aber es könnte bei einem Gespräch so rüber gekommen sein. Deshalb will er Jan etwas davon sagen, deshalb hast du mir von dem Brief erzählt... Und deshalb hast du nichts weiter dazu gesagt, weil es einfach nur bescheuert ist. Natürlich haben wir den Brief nicht ernst genommen, weil es einfach lachhaft ist.“ Auf die Worte des Drummers hin zog Rod leicht die Augenbrauen hoch. Die Idee war vollkommen abwegig und schwachsinnig, sie war verrückt, sie war… genau das, was sie brauchten. Mit einem dankbaren Lächeln nahm er einen Schluck von seinem Bier, zog noch einmal an seiner Zigarette und drückte diese dann im Aschenbecher aus. „Also, ich muss sagen… Die Idee klingt zwar vollkommen verrückt, aber das könnte gehen. Ja, vielleicht… glaubt Jan das ja irgendwie. Ich meine, mir wäre das sicherlich unangenehm, auch, wenn es nicht stimmt, das müsste ja trotzdem nicht jeder erfahren, nachher glauben das noch alle…“ Er nickte langsam und lächelte dankbar. „Danke. Mir wäre wahrscheinlich nichts eingefallen.“ Auch er nahm noch einen Schluck und registrierte nebenbei, dass jetzt auch seine Flasche Jack Daniels an seinem Tisch angekommen war, weshalb er sich auch aus dieser Flasche etwas einschenkte und einen großzügigen Schluck nahm. „Du rettest mir mal wieder den Arsch.“ Bela grinste leicht und lehnte sich ein wenig zurück. „Sag das nicht zu laut, sonst glauben die Leute demnächst wirklich, dass wir was miteinander haben... Also wenn du mich und deinen Arsch im gleichen Satz erwähnst.“ Er sah einen Moment nachdenklich auf die Jack Daniels Flasche in Rods Hand, schüttelte dann allerdings innerlich den Kopf. Der Chilene hatte an diesem Abend den Alkohol wohl für sich gepachtet und da brauchten sie eine vernünftige Person, die sich darum kümmern würde, dass nichts passierte. Jemand, der in solch einer Situation nicht gedankenlos zur Flasche griff, der dem Alkohol die Stirn bot und sagen konnte 'nein, es wäre einfach nur bescheuert sich zu besaufen'! Leider war Farin nicht da, also musste diese Rolle wohl oder übel vom Schlagzeuger übernommen werden. Seufzend sah dieser auf die Bierflasche in seiner Hand und fragte sich unwillkürlich, wann er das letzte Mal nüchtern geblieben war, obwohl genug Alkohol da war. „Also erzählen wir es ihm so... Nein, falsch! DU erzählst es ihm. Ich werde deine Aussage höchstens bestätigen!“ Der Bassist lachte leicht. „Okay, ich werds mir merken und lieber nichts in der Richtung mehr sagen, das wollen wir schließlich nicht.“ In der Tat musste es nicht sein, dass das auf einmal alle glauben würden. Gut, es entsprach ja nicht der Wahrheit, aber trotzdem… irgendwie hätte er sich dann nur um noch mehr Dinge Gedanken machen müssen und das konnte er im Moment wirklich nicht gebrauchen. Es war eine Sache, ob sie irgendwelche Geschichten zugeschickt bekamen, doch eine vollkommen andere, ob auf einmal irgendwelche Gerüchte oder dergleichen auftauchen würden. Wieder nahm er einen Schluck Jack Daniels und nickte dann leicht. „Okay, werd ich machen. Danke, du bist ein echter Freund.“ Ein leichtes Lächeln trat auf sein Gesicht. „Dann ist das Problem ja wenigstens erstmal gelöst…“ Er nahm einen Schluck von seinem Bier. Der Ältere sah kurz zwischen den beiden Getränken des Bassisten hin und her, sagte allerdings nichts. Stattdessen nahm er selbst noch einen Schluck von seinem Bier und sah sich wieder in der Kneipe um. „Damit hätten wir wenigstens ein Problem weniger... Jetzt müssen wir nur noch den Erpresser finden, was nicht unbedingt leicht werden dürfte. Und... Hab ich mich grad verhört oder hast du dich schon wieder bedankt?“ Mit einem leichten Grinsen schlug Rod sanft gegen den Hinterkopf. „Pfui! Das sollst du doch nicht! Ich bin froh, wenn es dir gut geht. Und wenn zwischen dir und Jan alles gut läuft. Also... Den Umständen entsprechend.“ Erneut nippte Bela an seinem Bier und starrte einen Moment nachdenklich vor sich hin. „Sag mal... Ich weiß, die Frage werde ich bereuen, aber meine Neugier ist grade stärker als alles andere... Wie ist Jan eigentlich im Bett? Und wie küsst er so? Ich würde ihn ja auch über dich ausfragen, aber da es nicht geht, kann ich nur dich ausquetschen!“ Interessiert betrachtete er den Jüngeren, wandte sich dann allerdings zur Theke und orderte noch ein zweites Bier für sich. Bei diesen Fragen wäre es nun fast an dem Chilenen gewesen, sich an seinem Bier zu verschlucken. Hatte Bela ihn gerade wirklich gefragt, wie Farin im Bett war oder wie er küsste? Eigentlich hatte er nicht angenommen, dass der andere Dunkelhaarige dies so genau hätte wissen wollen, doch eigentlich hatte er auch nicht das Bedürfnis, über so was zu reden. Wenn der Drummer jedoch neugierig war, würde er diese Neugier eben einfach stillen, immerhin half er ihm auch die ganze Zeit, da konnte er ihm den Gefallen auch tun. Vorher jedoch nahm er noch einen Schluck von dem Whiskey und blickte sich um, ob ihnen auch niemand zuhörte. Da dem jedoch nicht so zu sein schien, entschloss er sich nach einer Weile – und ein paar weiteren Schlücken Bier und Jack Daniels – dazu, doch auf die Fragen zu antworten. „Naja, er ist… gut. Ziemlich gut sogar.“ Ein zufriedenes Grinsen ging nun über das Gesicht des Bassisten, als er an diese Nacht vor vielen Jahren zurückdachte. Gedankenverloren nahm er wieder etwas von seinem Whiskey. „Auch im Küssen.“ Beim Sprechen hatte er seine Stimme dennoch gesenkt – schließlich wollte er nicht belauscht werden oder dergleichen. Damit hatten sie schon genug Ärger am Hals. „Es war die beste Nacht meines Lebens.“ Der Schlagzeuger lächelte leicht und trank den letzten Schluck Bier aus. „Man... Du bist echt verknallt. Also nicht, dass ich daran je gezweifelt hätte! Aber... Kaum denkst du daran wie es damals war... Da sieht man es dir deutlich an. Und er soll das vergessen haben? Ich weiß nicht... Menno, warum darf ich ihn denn nicht drauf ansprechen?“ Der Ältere seufzte leise und nahm sein zweites Bier, welches grade gebracht wurde. „Ich weiß, ich weiß... So ist es deiner Meinung nach besser. Aber trotzdem...“ Er nahm einen kleinen Schluck und stellte das Bier widerwillig zurück auf den Tisch. Schließlich wollte er möglichst nüchtern bleiben. „Okay, reden wir über etwas anderes... Hattest du gar keine Schmerzen? Also... Wenn ich so daran denke... Nein, Bilder im Kopf!“ Der Drummer atmete mehrmals tief durch, bevor er sich wieder Rod zuwandte: „Das muss doch höllisch wehtun, oder?“ Auch Rod setzte wieder an und trank einen großen Schluck, diesmal auch wieder von seinem Bier. „Naja, es ist wirklich besser so, wenn er nichts davon weiß. Offenbar erinnert er sich ja nicht mehr daran und das wird ja wohl irgendeinen Grund haben, wenn er nicht daran denken will oder so. Vielleicht ist es ihm unangenehm.“ Der Jüngere zuckte leicht mit den Schultern und nahm diesmal wieder einen Schluck Jack Daniels. „Es geht eben nicht… Wieso willst du ihn denn eigentlich unbedingt darauf ansprechen? Das versteh ich noch nicht so ganz…“ In der Tat kam er da noch nicht so ganz mit. War es nur, weil Bela es für das Beste hielt, obwohl es dies doch ganz klar nicht war? Auch er seufzte leicht, lächelte allerdings wieder, als der Kleinere weiterfragte. „Naja… am Anfang schon etwas, aber dann war er einfach…“ Er unterbrach sich einen Moment und versuchte, die richtigen Worte zu finden. „eben unbeschreiblich. Ich kann keine Worte dafür finden, es ist… als wärst du high oder so. Es war eben einfach wunderbar. Also… es ging schon. Nur am Anfang eben, aber dann…“ Weiterhin lächelte er. Bela grinste noch immer leicht, versuchte allerdings dies zu verbergen. Er wollte nicht den Anschein erwecken, dass er sich über den Jüngeren lustig machte oder etwas in der Art. Schnell trank er noch einen Schluck und beugte sich ein wenig vor. „Warum ich das will? Nun... Ich hab keine Ahnung. Vielleicht, weil ich ihn endlich wach rütteln will. Oder damit du nicht mehr so drunter leiden musst. Ich weiß nicht, was genau meine Gründe sind, aber irgendwas davon wird es sein...“ Er warf einen unauffälligen Blick auf die Uhr und überlegte einen Moment, ob er dem Blonden vielleicht eine SMS schicken sollte. Sicher machte dieser sich bereits Sorgen. Doch dann verwarf er den Gedanken und trank stattdessen noch einen Schluck. Geschah ihm schließlich ganz recht, sollte er noch etwas schmoren, bevor er erlöst wurde. „Rod? Wie wär's mit einer Runde Dart?" Grinsend sah er den Jüngeren an. „Von 501 runter, na komm schon! Wir spielen auch eine leichte Runde, also mit einfach Abschluss!“ „Ach so…“, entgegnete er nach einem weiteren Schluck Jack Daniels, „Aber mach dir keine Gedanken, das geht schon. Wir genießen jetzt ein bisschen den Abend und dann geht’s mir erstmal gut. Und das mit Jan krieg ich schon in den Griff, hab ich dir doch gesagt. Und Dart klingt gut.“ Er lächelte dem Anderen aufmunternd zu und erhob sich schließlich, wobei er jeweils eine Flasche Alkohol in den Händen hielt – die wollte er schließlich nicht einfach hier sich selbst überlassen. „Oh Gott, ich glaub, ich hab ewig nicht mehr gedartet.“, merkte er an, doch es war ja nicht so, als wäre dies wirklich schlimm gewesen, ging es doch schließlich nicht ums Gewinnen, sondern in erster Linie ohnehin erstmal darum, dass er wieder auf andere Gedanken kam und das würde er dann schon. Aus diesem Grund stellte sich Rod dann vor die Dartscheibe, wo er auf den Drummer wartete und nahm einen Schluck Bier. Bela hatte in der Zwischenzeit an der Theke Geld gewechselt und kam nun mit - einigen Ein Euro Münzen bewaffnet - dazu. „Okay, dann legen wir mal los... Scheiße, mein Bier!“ Schnellen Schrittes eilte der Ältere noch einmal zurück zu ihrem Ecktisch und schnappte sich die halbvolle Flasche. „Ich sollte mir das Zeug echt besser einteilen“, nuschelte er und ging zurück zu dem Bassisten. „Okay, also wie gesagt von 501 runter. Je nach Treffsicherheit wird das eine Weile dauern, aber egal.“ Er stellte die Flasche auf dem nächstbesten Tisch ab und trat an die Dartscheibe, um alle Einstellungen vorzunehmen. Schließlich startete er das Spiel und trat mit jeweils drei Dartpfeilen wieder hinter die Markierung. „Alter vor Schönheit, also mach ich den Anfang.“ Bela legte Rods Pfeile auf den Tisch bevor er sich dicht hinter der Linie aufstellte - der rechte Fuß genau an dem Stück Klebeband, der andere etwas nach hinten versetzt. Die ersten drei Würfe waren schnell gemacht, was ihm allerdings nicht sonderlich viele Punkte eingebracht hatte. Mit einem Seufzen trat er an die Scheibe und zog seine Pfeile raus: „Du bist!“ Einige Stunden – und in Rods Fall auch ziemlich viele Schlücke Bier, Jack Daniels und ein paar kleine Feiglinge – später befanden die beiden sich schließlich wieder auf dem Weg zu Farin nach Hause. Rod fühlte sich inzwischen wirklich besser. Gut, manchmal war ihm ein bisschen schwummrig vor Augen, doch nicht wirklich schlecht und so amüsierte er sich auf dem Rückweg eigentlich wirklich gut. Besonders lustig für ihn wurde es, als er bei der Straße 'Finkenallee' statt des richtigen Namens 'Fickenallee' las, in der festen Überzeugung, dass er sich eben nicht verlesen hatte, sondern dass diese Straße wirklich so hieß. Seitdem lachte er immer wieder in unregelmäßigen Abstanden leise in sich hinein, während er zusammen mit Bela gen Farins Zuhause lief. Der Drummer seufzte leise und bemühte sich nach Leibeskräften Rod heil nach Hause zu bringen. Oder besser: Zu Farin. An Fahren war nicht mehr zu denken, immerhin hatten beide getrunken. Und ein Taxi... Bela wollte gar nicht erst versuchen, den zu zahlenden Preis auszurechnen. Außerdem sollten die beiden sich so schnell wie möglich aussprechen. Als er den Jüngeren allerdings kurz ansah, dachte er, dass diese Aussprache wohl besser bis zum nächsten Morgen warten sollte. Nach endlos wirkenden Minuten standen sie endlich vor der Tür des Gitarristen und Bela schloss diese mühselig auf. Zum ersten Mal wusste er, wie die anderen beiden sich immer fühlten und entschied gleichzeitig, dass er sie demnächst mal irgendwohin einladen würde. Überrascht stellte er fest, dass im Wohnzimmer noch Licht brannte. Er fragte sich grade, ob der Blonde wohl irgendwann einfach eingeschlafen war, als dieser auch schon in der Tür erschien. Farins Augen weiteten sich, als er erst auf Rod und kurz danach auf Bela sah, welchen er auch sofort ansprach: „Was ist passiert? Wer war das?“ Der Ältere seufzte leise und schob die Tür hinter sich mit dem Fuß zu: „Jack Daniels, Jim Beam und viele kleine Feiglinge!“ So ganz hatte Rodrigo den Weg zurück zum Haus des Blonden nicht mitbekommen, doch dies empfand er auch nicht als weiter schlimm. Jetzt waren sie da und sofort fühlte er sich wieder rundum glücklich, als er den Größeren erblickte, weshalb gleich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht trat. Dann fiel ihm jedoch wieder ein, dass sie sich ja gestritten hatten, weshalb das Lächeln wieder verblasste und sein Gesichtsausdruck wieder ernster wurde. Wahrscheinlich wäre es am besten gewesen, jetzt einfach zu Bett zu gehen, doch darüber mochte der Chilene gar nicht nachdenken, bevor er nicht mit dem Gitarristen gesprochen haben würde. Er musste mit ihm reden, sonst würde ihn nur wieder sein Gewissen belasten. Gut, im Moment nahm er diese ganze Angelegenheit nicht ganz so schwer, schließlich war er ziemlich betrunken, doch eine winzige Ecke in seinem Gehirn sagte ihm noch, dass er erst mit Farin sprechen wollte. „Danke für alles, Dirk. Du bist wirklich ein echter Freund.“, meinte er und klopfte dem Kleineren anerkennend auf die Schulter, bevor er den Blonden dann doch wieder ansah, wobei sein Gesicht abermals einen ernsten Ausdruck annahm. „Jan? Kann ich mit dir reden?“ Der Drummer sah noch einmal zwischen seinen beiden Bandkollegen hin und her, bevor er Rod aufmunternd anlächelte. „Du sollst dich nicht bedanken, schon vergessen? Aber kein Problem, war doch ein lustiger Abend!“ Er sah noch einmal auf Farin - seinen Blick konnte man gut mit den Worten 'wir sprechen uns morgen' übersetzen - bevor er schließlich nach oben ging. Der Blonde sah ihm einen Moment hinterher, bevor er sich schließlich an Rod wandte: „Klar... Gehen wir am besten ins Wohnzimmer...“ Er zögerte noch einen Moment bevor er schließlich vor ging und sich auf der Couch nieder ließ. Seine Hände waren noch immer nicht verbunden, allerdings hatte er sich ein Oberteil mit langen Ärmeln angezogen um die Verbrennungen größtenteils zu verbergen. „Setz dich... Möchtest du etwas trinken? Also... Etwas ohne Alkohol?“ Er versuchte den Kleineren anzulächeln, allerdings blieb es auch dabei. Ihm war nicht nach Lächeln zumute. Relativ unbekümmert winkte der Bassist dem anderen Dunkelhaarigen nach und folgte dem Größeren schließlich ins Wohnzimmer, wo er sich schließlich neben ihm auf der Couch niederließ. Wie sollte er anfangen? Rod beschloss, einfach nicht weiter darüber nachzudenken, denn das würde ihn im Moment wahrscheinlich nur irgendwie überfordern und er wollte sich nicht überfordert fühlen, dafür genoss er es noch zu sehr, betrunken zu sein und aus diesem Grund eigentlich nicht so viel nachdenken zu müssen. Mit einem leichten Kopfschütteln verwarf er schließlich seine Gedanken und blickte auf die Unterarme des Älteren, die nun jedoch zu großen Teilen von Ärmeln überdeckt wurden. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen… Ich hätte… es dir sagen sollen. Tut… mir Leid.“ Er lallte etwas beim Reden, doch nicht so stark, dass es schwer gewesen wäre, ihn zu verstehen. Zwar war er betrunken, doch das musste er ihm einfach jetzt schon sagen. Mit seinem schlechten Gewissen wollte er auch im betrunkenen Zustand nicht ins Bett. „Tut mir… wirklich Leid, Jan…“ Der Blonde sah unsicher auf seine Arme und zog die Ärmel noch ein wenig mehr über die Hände. „Du musst dich nicht entschuldigen, dafür gibt es keinen Grund. Ich... Ich hab vorhin ziemlich überreagiert. Ich hab vieles gesagt, was ich gar nicht sagen wollte... Und was ich sagen wollte, blieb ungesagt.“ Er seufzte leise und sah wieder auf Rod. „Ich hab mir tierische Sorgen gemacht. Du hast mir im Krankenhaus versprochen, dass du nie so einen Brief öffnest... Und dann fällt hier bei mir genau SO ein Brief aus deiner Tasche. Ich glaube, da ist mir dann erst richtig klar geworden, was dir hätte passieren können." Er zögerte einen Moment und wandte schuldbewusst den Blick ab. „Ich hab dir nicht alles gesagt. Der Brief mit der Bombe... Es stimmt, er war an uns alle gerichtet... Aber... Auf dem Umschlag... Bei deinem Namen... Da hatte der Täter ein kleines Herz hingemalt. Normalerweise hättest du den Brief wahrscheinlich geöffnet, es sah schließlich so aus, als würde der Brief von einem Fan kommen, der besonders auf dich steht...“ Der Chilene zögerte einen Moment, bevor er antwortete. „Naja, aber eigentlich hattest du ja Recht… Wahrscheinlich wäre das nicht passiert, wenn ich dir gleich gesagt hätte, was Sache ist… Auch dir und nicht nur Dirk…“ Er seufzte leicht. „Tut mir wirklich Leid.“ Während der Blonde weiter sprach, betrachtete der Jüngere ihn schweigend. Der Brief war also eigentlich wirklich für ihn bestimmt gewesen… Was das für ihn jetzt bedeutete, wusste er gerade selbst nicht so genau abzuschätzen, darüber würde er morgen noch mal nachdenken. Auf jeden Fall hatte der Täter nicht Farin erwischen wollen, soviel stand fest. Und doch hatte er es mit dieser Aktion ja zumindest in Kauf genommen. „Aber mir… mir ist ja nichts passiert. Ich hatte Glück. Ich wünschte nur, du hättest auch Glück gehabt. Ich wollte wirklich nicht, dass dir irgendwas passiert… Das lag niemals in meiner Absicht, Jan…“ Schuldbewusst blickte er dem Größeren in die Augen. Farin schüttelte leicht den Kopf. „Besser mir als dir... Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, damit du dir keine Vorwürfe machst... Es war meine eigene Entscheidung, den Brief zu öffnen und ich bin froh, dass ich es getan habe! Normalerweise würde ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben... Aber auch nur, wenn es ein richtiger Brief gewesen wäre. Aber so bin ich froh drüber... Weil dir dadurch nichts passiert ist.“ Nun lächelte der Blonde doch ein wenig. „Rod... Du musst mir nicht sagen, worum es in dem Brief ging. Es ist etwas, was ich nicht erfahren soll, soviel habe ich verstanden. Und auch, wenn ich fast durchdrehe, weil ich es wissen will... Ich werde dich nicht dazu drängen, mir davon zu erzählen. Ich würde mich freuen, wenn du es irgendwann von alleine machst... Aber dann weil du es willst...“ Leise seufzend sah er wieder zu Boden. „Hör zu... Es tut mir wirklich Leid, was ich vorhin gesagt habe... Bitte glaub mir das.“ Wieder schwieg der Chilene eine Weile und ließ sich das, was der Blonde gesagt hatte, durch den Kopf gehen. Dass er ihn nicht dazu drängen wollte, ihm zu sagen, worum es bei dieser ganzen Sache eigentlich ging, war natürlich wunderbar, doch trotzdem überkam Rod dabei ein schlechtes Gewissen, weil er wusste, wie sehr es Farin interessierte. Doch so musste er ihn zumindest nicht anlügen, denn auch das war eine Sache, die er nicht besonders mochte, er hasste es regelrecht. Der Bassist hatte noch nie besonders gerne gelogen und dem Gitarristen gegenüber sowieso nicht, liebte er diesen doch schließlich. „Okay. Ich werds auf jeden Fall versuchen.“, entgegnete er schließlich und lächelte sanft. Das stimmte. Er wollte versuchen, sich nicht mehr so viele Vorwürfe zu machen und vielleicht würde er ja eines Tages doch die Kraft finden, Farin die Wahrheit zu sagen. Dann musste er ihn nicht anlügen und es doch nicht ewig für sich behalten. Doch jetzt wäre der falsche Augenblick dafür gewesen, immerhin war er nach wie vor betrunken. Und wenn er Farin vielleicht doch eines Tages seine Liebe gestehen würde, wollte er nüchtern sein. Das war nichts, von dem er riskieren wollte, es zu vergessen oder dergleichen. „Ist schon gut. Ich glaube dir.“ Weiterhin blickte er dem Älteren in die Augen und setzte ein liebevolles Lächeln auf. Farin weitete leicht die Augen, lächelte dann allerdings sanft. „Rod... Ich...“ Erneut schüttelte er den Kopf und atmete tief durch. „In letzter Zeit war es echt etwas seltsam zwischen uns... Und es hat mir ziemlich wehgetan... Das soll kein Vorwurf sein, das ganz sicher nicht!“ Farin sah wieder auf und sein Blick traf den des Bassisten. „Aber ich ertrage es einfach nicht, wenn es so ist...“ Langsam hob er eine Hand und strich sanft über die Wange des Jüngeren. „Rod, ich...“ Er schüttelte leicht den Kopf und beugte sich etwas weiter zu dem Kleineren. „Tut mir Leid... Aber ich...“ Er brach ab und legte stattdessen seine Lippen sanft auf die des Anderen. Langsam glitt seine Hand von Rods Wange hinab zu dessen Schulter und verweilte dort für einen Moment bevor sie sich langsam in den Nacken des Jüngeren schob und sich in den schwarzen Haaren vergrub. Die Augen waren nur noch einen Spalt geöffnet und zittrig versuchte er, jede Reaktion auf dem Gesicht des Anderen zu erkennen. Der Chilene nickte leicht bei den Worten des Anderen. „Ich will auch nicht, dass es so ist…“, entgegnete er, wobei er dem Älteren weiterhin in die Augen sah, so tief, dass er für einen Moment fürchtete, regelrecht in ihnen zu versinken. Dass er auf einmal die Lippen des Blonden auf den seinen spürte, löste ein unglaubliches Gefühl in ihm aus – Rodrigo war vollkommen hin und weg. Ihm war, als würden Schmetterlinge in seinem Bauch herumflattern und auch, wenn er nicht so richtig realisierte, WARUM Farin ihn gerade küsste, genoss er dies doch zutiefst. Es war so ein wunderbares Gefühl, genauso toll wie damals, wenn nicht sogar noch besser. Die Gesichtszüge des Bassisten entspannten sich merklich und er erwiderte den Kuss voller Leidenschaft, mit allen Gefühlen, die er nicht aussprechen konnte. Ohne darüber nachzudenken, was das hier vielleicht alles auslösen mochte, legte er all seine Gefühle in diesen Kuss und genoss es einfach. In diesem Moment hatte er nicht das Gefühl, irgendwas zu der Situation sagen zu müssen. Taten sagten hier mehr als jedes Wort es jemals vermocht hätte. Farin weitete überrascht die Augen, allerdings nur für einen Moment. Dann schloss er diese sanft lächelnd und strich mit der freien Hand am Arm des Kleineren hinauf. Er zögerte kurz, bevor er sie zu dessen Rücken gleiten ließ und ihn mit sanftem Druck an sich zog. Gleichzeitig legte er sich auf die Couch und zog den Bassisten somit auf sich. Es war ihm egal, was am nächsten Tag oder in wenigen Stunden war... Für ihn zählte nur dieser Moment, mit dem Jüngeren in seinen Armen. Und diesen wollte er voll und ganz genießen. Sein Atem beschleunigte sich und mit einem leisen Keuchen öffnete er die Lippen. Sein Körper schien zu glühen, als stünde er in Flammen und der Abstand zwischen den Schlägen seines Herzens schien von Mal zu Mal kürzer zu werden. „Rod...“ Seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern, welches von dem leidenschaftlichen Kuss fast erstickt wurde. Wie von selbst wanderte seine Hand unter das Hemd des Anderen, wo er zart über dessen Rücken strich. Genüsslich schmiegte sich der Jüngere in die Arme des Gitarristen, auch für ihn zählte nur noch dieser Augenblick. Wie weggefegt waren all die Dinge, die ihn im Moment eigentlich belasteten, die ganze Sache mit dem Erpresser, für ihn war nur noch wichtig, dass er und Farin hier zusammen waren und am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn dieser Moment niemals enden würde. Er wollte einfach für immer mit dem Blonden zusammen sein und alle Gedanken, die er sich diesbezüglich in all den letzten Jahren gemacht hatte, waren auf einmal verschwunden. Jetzt waren sie hier zusammen, sie hatten sich geküsst und alles schien perfekt zu sein. Nichts hätte diesen Moment irgendwie zerstören können oder zumindest fiel dem Chilenen nichts ein, was dazu in der Lage gewesen wäre, doch darüber wollte er auch gar nicht erst nachdenken. Er wollte es einfach nur genießen und nicht nachdenken. Einfach nur mit Farin zusammen sein, war dies doch genau das, was er sich in all den letzten Jahren mehr als alles andere auf der Welt gewünscht hatte. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen ergriff er die Hand des Blonden, die nicht gerade unter dem Hemd des Bassisten verweilte und betrachtete sie kurz, wie sie vereint waren, so vereint, als wäre es niemals anders gewesen, als hätte es genau so immer sein sollen. „Du brauchst gar nichts zu sagen…“, hauchte er, „Lass es uns einfach genießen…“ Wieder küsste er den Größeren. Farin sah den Jüngeren einen Moment keuchend an, lächelte dann allerdings wieder und schloss die Augen, als er Rods Lippen auf den eigenen spürte. Seine Hand wanderte etwas höher, schien jeden Millimeter des Anderen ertasten zu wollen. Langsam zeichneten die Fingerspitzen Rods Wirbelsäule nach, fuhren immer tiefer und verweilten schließlich am Hosenbund. Keuchend drückte er sich dem Bassisten entgegen, presste seine Lippen fester auf dessen und stupste neckisch seine Zunge mit der eigenen an. Seine Hand glitt an der Seite des Chilenen hinauf bis zu seinem Brustkorb und mit zittrigen Fingern machte er sich an den Knöpfen des Hemdes zu schaffen. Es dauerte eine Weile, bis der oberste Knopf schließlich aufsprang und Farin wusste nicht, ob es an der Aufregung lag oder daran, dass er doch ein wenig abgelenkt war. Noch immer etwas zittrig nahm er sich den nächsten Knopf vor, welcher sich allerdings nicht so leicht öffnen ließ wie der vorige. Der Gitarrist war kurz davor, einfach kurzen Prozess zu machen und das Hemd aufzureißen. Mit geschlossenen Augen umspielte Rod die Zunge des Älteren mit seiner eigenen und keuchte ebenfalls leicht. Sein Atem war heiß und er spürte sein Herz bis zum Halse schlagen. Alles um ihn herum schien nun so klein, so unbedeutend zu sein. Es gab nichts Anderes mehr für ihn als Farin und diesen Moment. Diesen einen Moment, den er zutiefst genießen würde, so, wie er es dem Blonden eben gerade gesagt hatte. Immer wieder blitzten Erinnerungen in einem Teil seines Gehirns auf, doch auch diese schienen auf einmal belanglos, fast vollkommen unbedeutend. Das hier war noch viel besser, als er es in Erinnerung gehabt hatte, es gab einfach gar nichts, was er diesem Moment hier vorgezogen hätte. Alles war so perfekt… Wie lange hatte er darauf warten müssen? So lange, dass er die Hoffnung, dass es jemals wieder zu einer solchen Situation kommen würde, eigentlich vollkommen aufgegeben hatte… Und doch waren sie nun gemeinsam hier, als hätte es niemals irgendwelche Zweifel daran gegeben. Die Hände des Chilenen strichen nun sanft über den Körper des Älteren, angefangen bei den Schultern, immer tiefer wandernd, bis über die Hüften, wo sie schließlich verweilten und den Stoff des Shirts des Blonden festhielten und sich dann unter dieses schoben, während er wieder genüsslich die Augen schloss. Bei der Berührung stöhnte der Gitarrist leise auf und hielt einen Moment in jeglicher Bewegung inne. Erst nach einigen Sekunden widmete er sich wieder dem Hemd des Anderen und knöpfte dieses weiter auf, was erstaunlicherweise plötzlich viel leichter zu gehen schien. Er löste seine Lippen von Rods und beugte sich zu dessen Hals. Heißer Atem strich über die Haut des Kleineren, als Farin sich noch ein wenig weiter runter beugte und mit den Lippen sanft drüber strich. Währenddessen schob er das Hemd langsam über Rods Schultern, zog es ihm jedoch nicht aus. Langsam wanderte er mit seinen Küssen tiefer, als wolle er jedes Stück freigelegte Haut mit diesen erkunden. Sein Körper bebte vor unterdrücktem Verlangen, als er mit der Zunge sanft das Schlüsselbein des unter ihm Liegenden nachzeichnete. Plötzlich jedoch hörte er auf - wenn auch widerwillig - und sah in das Gesicht des Bassisten. Seine Wangen waren gerötet und sein Atem ging keuchend; die blonden Haare waren etwas wirr und die Augen wirkten ein wenig glasig. Doch auf seinen Lippen war ein liebevolles Lächeln. „Rod... Wir...“ Auch Rod stöhnte auf, als er die Lippen des Anderen auf seiner Haut spürte. Ein unglaubliches Verlangen nach mehr keimte in ihm auf, er sehnte sich danach, dass es weitergehen würde, dass das, was sie hier gerade erlebten, noch intensiver werden würde und außerdem wünschte er sich, dass es niemals zu Ende gehen würde. Er wollte ihn noch mehr spüren, als es in diesem Moment schon der Fall war, doch plötzlich hörte der Ältere auf, was den Chilenen vollkommen irritierte. Leicht verwirrt blickte er in das Gesicht des Gitarristen und konnte das Verlangen nach mehr auch auf diesem erkennen – warum also hörte er also auf, wo sie doch beide zu wollen schienen, dass er weiterging? „Jan… Was ist los? Ist alles in Ordnung?“ Obwohl der Blonde lächelte, war Rodrigo noch immer ein wenig irritiert darüber, dass er aufgehört hatte und wollte lieber sichergehen. Diese Tatsache hielt ihn jedoch nicht davon ab, Farin sanft über den Rücken zu streicheln. Der Größere grinste verlegen und sah kurz auf den Boden, bevor er sich wieder Rod zuwandte. „Es wird etwas eng... Also hier oben, auf der Couch.“ Langsam beugte er sich wieder zu dem Hals des Kleineren und knabberte sanft an diesem. „Ich frage mich, ob wir das nicht vielleicht woanders fortsetzen sollten... Irgendwo, wo wir nicht die Angst haben müssen, gleich runter zu fallen...“ Er wanderte zu dem Ohr des Anderen und knabberte auch an diesem, bevor er sich wieder leicht aufrichtete und in die dunklen Augen des Chilenen sah. Er wusste, dass dies ein übles Nachspiel haben konnte, er hörte förmlich eine Stimme in seinem Kopf - die seltsamerweise wie Bela klang - welche ihm riet, jetzt aufzuhören, denn sonst wäre es zu spät. Doch er ignorierte die Stimme, ebenso wie alle Gedanken an später. Er wollte es, wollte den Jüngeren spüren, ihm nah sein, ihn berühren... Und davon würde ihn nichts abhalten. „Was sagst du?“ Auf die Worte des Älteren hin lachte der Bassist leicht, hatte er sich doch schließlich schon Gedanken gemacht, dass vielleicht irgendetwas nicht in Ordnung sein mochte. Dies klang jedoch vollkommen normal – immerhin bedeutete es nicht, dass sie ganz aufhören würden, sie würden nur woanders hingehen. Für einen kurzen Moment schaltete sich Rodrigos Gehirn wieder ein und erinnerte ihn daran, dass das hier wahrscheinlich übel enden würde, doch er wollte nicht darüber nachdenken. Er wollte Farin, ihn spüren, sonst nichts, war das doch genau das, was er immer schon gewollt hatte. Und jetzt, wo er die Möglichkeit hatte, zu bekommen, wonach er sich schon so lange sehnte, sollte er einfach vernünftig werden? Nein, nie im Leben. Vernünftig sein war wirklich das allerletzte, was er jetzt wollte. „Das klingt gut…“, entgegnete er daher und hauchte dem Gitarristen wieder einen sanften Kuss auf die Lippen. „Sehr gut sogar…“ Farin lächelte leicht und ließ seinen Blick prüfend durchs Zimmer wandern. „Aber zu weit weg will ich jetzt auch nicht, viel zu umständlich.“ Er zögerte einen Moment, zuckte dann allerdings nur leicht die Schultern. „Vorsicht.“ Kaum hatte er die Warnung ausgesprochen, packte er den Kleineren und ließ sich einfach mit ihm von der Couch fallen, wodurch Rod nun wieder auf ihm lag. „Autsch... Okay, etwas schmerzhaft, aber wir liegen unten. Nicht grade logisch, ich weiß. Da wollte ich es vermeiden, mit dir runter zu fallen und dann...“ Der Blonde schüttelte leicht den Kopf und grinste verlegen. „Egal jetzt...“ Seine Hände glitten langsam an den Armen des Kleineren hinauf, verhakten sich in das Hemd - welches kaum noch etwas verdeckte - und streiften dieses störende Stück Stoff wie in Zeitlupe ab. Wieder lachte der Chilene leicht, als er feststellte, wie Farin diese ganze Sache gemeint hatte. Es störte ihn auch nicht weiter, hier mit ihm auf dem Boden zu liegen, Hauptsache, sie waren zusammen, alles andere zählte ohnehin nicht. Und das, was sie hier gerade miteinander teilten – und was sie noch miteinander teilen würden – würde ihnen niemals jemand nehmen können. Gut, wenn Bela auf einmal hereinkommen würde, würde die Situation wohl etwas merkwürdig werden, doch nichts und niemand konnte sie wirklich zerstören. „Naja, macht doch nichts…“, entgegnete er schließlich, „Hier ist es nicht unbequem, solange wir beide zusammen hier sind.“ Mit einem sanften Lächeln sah der Bassist dem Älteren wieder tief in die Augen und drückte ihm einen weiteren Kuss auf, während er spürte, dass Farin ihn von dem Hemd befreite. Dies veranlasste ihn dazu, sich nun auch an dem Shirt des Blonden zu schaffen zu machen und ihm jenes vorsichtig über den Kopf zu ziehen. Der Größere verkrampfte sich für einen Moment und wandte beschämt den Blick ab. Die Arme legte er schnell um den Chilenen und drückte ihn an sich. Er wollte die Verbrennungen verbergen, wollte nicht, dass der Andere sie jetzt ansehen musste. Zwar hatte er auch am Oberkörper kleine Verletzungen, doch diese waren weitaus weniger schlimm. Einen Moment drückte er das Gesicht an Rods Hals, atmete dessen Duft tief ein und versuchte, sich wieder zu entspannen. Es dauerte einen Moment, doch schließlich löste er sich wieder von dem Kleineren und sah diesem in die Augen. Langsam ließ er eine Hand nach vorne gleiten und strich durch das schwarze Haar des Jüngeren. Ein liebevolles Lächeln erschien auf dem Gesicht des Blonden als er sich ein wenig hoch beugte und seine Lippen auf Rods legte, nicht wild und leidenschaftlich, sondern sanft, zärtlich... Seine Hand tastete sich an der Couch entlang, bis er schließlich die Wolldecke fand und diese auf den Boden zog. So gut wie mit einer Hand möglich, breitete er diese neben sich auf und drehte sich so mit dem Bassisten, dass dieser mit dem Rücken auf ihr zum Liegen kam. Eigentlich hätte Farin seine Verbrennungen allerdings auch gar nicht verstecken müssen, denn dafür hatte der Chilene im Moment nun wirklich keine Augen, er interessierte sich nur noch für die Liebe seines Lebens. Er wollte einfach nur mit ihm zusammen sein und ihn spüren und auch, wenn er sich vorhin noch riesige Vorwürfe gemacht hatte wegen der ganzen Erpresser-Sache, schien das alles in diesem Moment ganz, ganz weit weg zu sein. Hier gab es nur noch Farin und ihn, sonst nichts. Das alles hier tat so gut… Immer mehr breitete sich die Erregung und Lust in dem Bassisten aus, was sich nun auch deutlich in seinem Schritt erkennen ließ. Mit einem leichten Grinsen blickte er den Anderen an und erwiderte den Kuss ebenso sanft. „Du bist so süß…“, meinte er schließlich, nachdem der Gitarrist die Decke auf den Boden gelegt hatte. Die Wangen des Blonden verfärbten sich rötlich und er sah einen Moment verlegen zu Boden. Doch dann schüttelte er den Kopf und sah dem Kleineren wieder in die Augen. „Süß bin ich ganz sicher nicht... Alles andere vielleicht, aber nicht süß“ Mit einem leichten Grinsen beugte er sich runter und küsste über den Hals des Anderen. Er änderte seine Haltung, wodurch er sich nun nur noch mit einem Arm abstützte. Die Hand des anderen Armes strich betörend langsam über die Seite des Jüngeren, wanderte immer tiefer, bis er den Bund seiner Hose erreichte. Nur mit den Fingerspitzen strich er an diesem entlang, arbeitete sich langsam zum Gürtel vor, bis zur silberfarbenen Schnalle, an welcher er einen Moment verweilte. Auch ihm war die Erregung deutlich anzusehen und es kostete ihn alle Mühe, nicht über den Kleineren herzufallen. Langsam öffnete er die Gürtelschnalle und den Knopf der Hose, pausierte dann allerdings und hob den Kopf leicht an. Sein Blick glitt über den bebenden Körper des Anderen, wanderte an diesem einmal hinab und wieder hinauf, bis er erneut in das Gesicht des Bassisten sah. Auf besagtem Gesicht zeichnete sich ein sanftes und doch zugleich lustvolles Lächeln ab, welches sogar noch ein bisschen breiter wurde, als der Blonde sich an seiner Hose zu schaffen machte. „Jan…“, hauchte er wieder nur und blickte ihn sehnsüchtig an, wobei er dem Blonden mit der Hose behilflich war und sich nun mit leicht zittrigen Fingern der Gürtelschnalle der Hose des Älteren zuwandte. Für einen kurzen Moment fragte er sich noch einmal, wie das hier wohl enden würde, was passieren würde, wenn sie das hier durchzogen, doch im Grunde war dies nicht wichtig. Er wollte auch eigentlich gar nicht über so was nachdenken, war es doch in seinen Augen in diesem Moment vollkommen ohne Belang. Sie waren zusammen und allein das zählte. Rod würde endlich bekommen, wonach er sich so sehr sehnte, nichts hätte besser sein können. Warum also musste er immer wieder darüber nachdenken? Der Blonde lächelte leicht und beugte sich ein wenig zu dem Jüngeren, bis sein Gesicht dicht vor dessen war. „Nicht reden... Genießen...“ Voller Leidenschaft küsste er den Anderen und presste seinen Körper leicht an Rods. Er musste sich beherrschen, doch dies fiel ihm von Sekunde zu Sekunde schwerer. Langsam öffnete er den Reißverschluss des unter ihm Liegenden und ließ seine Hand in dessen Hose gleiten. Er zögerte einen Moment, wanderte dann allerdings tiefer und strich über das heiße Glied des Chilenen. Unsicher löste er sich von dessen Lippen und betrachtete ihn einen Augenblick. Er wollte ganz sicher gehen, dass er nichts falsch machte, wollte jedes Zeichen, das möglicherweise auf Unbehagen hindeutete, wahrnehmen... Er wollte voll und ganz auf den Kleineren und dessen Bedürfnisse eingehen. Ein sanftes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Chilenen, als Farin vom Genießen sprach. Ja, genießen… das hatte er eben ja auch selbst schließlich schon gesagt und natürlich tat er dies auch, gar keine Frage, auch, wenn er dennoch ein wenig in seine Gedanken versunken war. Natürlich bedeutete das nicht, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, das alles hier zu genießen – im Gegenteil. Er lächelte weiterhin, als er die Berührung der Hand des Gitarristen an seinem Glied spürte und stöhnte lustvoll auf. Ein wohliges Schaudern durchfuhr seinen Körper, doch ihm war mehr als nur deutlich anzumerken, dass er das hier genoss und dass es ihm nicht irgendwie unangenehm war. Nein, das hier war einfach wunderbar. Er hatte viel zu lange darauf warten müssen… Farin zögerte einen Moment und betrachtete das Gesicht des Jüngeren. Er wirkte entspannt und genau das hatte er gewollt. Langsam zog er die Hand zurück und hakte die Finger in den Bund von dessen Hose, welche er langsam tiefer zog. Dabei war sein Blick noch immer auf das Gesicht des Chilenen gerichtet. Als dieser jedoch keine Einwände erhob streifte er ihm auch noch die Shorts ab. Wieder zögerte er, das Herz schlug ihm bis zum Hals... doch er wollte sich nichts anmerken lassen. Sanft strichen seine Hände wieder höher und legten sich an die Hüften des Dunkelhaarigen. „Wenn... Solltest du etwas nicht wollen... Oder es ist dir unangenehm... Dann sag es.“ Die Stimme des Gitarristen war kaum mehr als ein Flüstern und doch so deutlich, dass sie den Raum zu erfüllen schien. Er lächelte den Anderen noch einmal liebevoll an, bevor er sich runter beugte und sanft über dessen Bauch küsste. Noch immer lächelnd schloss er die Augen und wanderte immer tiefer... Kapitel 8: Ich weiß nicht genau, was los ist, ich hab so ein Gefühl... ---------------------------------------------------------------------- *rein schleich* *mir ein Namensschild ankleb* *dort deutlich Das_Anni steht* Hallo... kennt ihr uns noch? *auch mit Namensschild reinkommt* *das mich als Evenfall ausweist* Joa... *Staub wisch* *anfang zu husten* Wir wissen, was ihr jetzt sagen werdet: Hat ja ganz schön lange gedauert. Aber wir haben gute Entschuldigungen! ... Okay... Wir haben Entschuldigungen! Haben wir? Ah, ja, doch! Haben wir! Sina hat nämlich ihr Abi gemacht ^^ Also sie hat jetzt die Prüfungen hinter sich und musste ziemlich leiden, aber sie hat es geschafft! Und ich... ich... Sina hat ihr Abi gemacht! und weil uns jetzt auch schon die Entschuldigungen ausg- ... ich meine... weil wir euch das neue Kapitel natürlich nicht noch länger vorenthalten wollen *HUST* fangen wir am besten einfach mal an Es ist frisch beendet und noch ganz warm... ich denke pervers, ist wohl das Zeichen unser Gelaber zu beenden >.< Okay... dann wünschen wir euch jetzt einfach mal viel Spaß beim Lesen ^-^ Und wir setzen uns bald ans nächste Kapi, versprochen! ~~~ Am nächsten Morgen befand sich Bela in der Küche und war gerade dabei, Kaffee zu kochen. So, wie es sich angehört hatte, war Farin bereits wach, Rod jedoch noch nicht, was ihn jedoch auch nicht weiter überraschte, wenn man bedachte, wie viel Alkohol jener am gestrigen Abend konsumiert hatte, was jedoch auch nicht weiter schlimm war – normalerweise war Bela es schließlich selbst, der sich ziemlich volllaufen ließ. Das einzige, was er hoffte, war, dass es zwischen dem Blonden und Rod noch gut gelaufen war. Er wusste zwar nicht, wie er dieses 'gut gelaufen' nun definieren sollte, aber vielleicht hatten sie sich ja ausgesprochen oder dergleichen, so dass der Chilene – und natürlich auch Farin – heute wieder besserer Laune sein würden. Dass Rodrigo nun jedoch so lange schlief, schien schon mal ein gutes Zeichen zu sein, denn wenn sie sich weiter gestritten hätten, hätte er vermutlich gar nicht so lange schlafen können, wenn überhaupt. Nicht ohne gewisse Überraschung stellte der Drummer schließlich fest, dass er gar keinen Kater hatte. Gut, dafür hatte er auch bei weitem nicht genug getrunken, doch es war wohl das erste Mal seit verdammt langer Zeit, dass er in einer Kneipe gewesen und am nächsten Morgen nicht verkatert gewesen war. Ein Tag, der in die Geschichtsbücher hätte eingehen sollen. Bela grinste leicht bei dem Gedanken und goss nun den inzwischen fertigen Kaffee in eine der Kannen, welche er dann auf den Tisch stellte. Nur wenige Minuten später hörte man die Haustür zufallen und Farin betrat die Küche. Mit einem Seufzen warf er eine Brötchentüte und eine Zeitung auf den Tisch. Er hatte Bela nicht bemerkt und wandte sich - wie jeden Morgen - erstmal zum Wasserkocher um. Als er dadurch dem Älteren direkt gegenüber stand, zuckte er sofort zurück. „Musst du dich so anschleichen? Oder... So schleichend stehen... Ach, wie auch immer!“ Der Blonde schüttelte leicht den Kopf und zog sich erstmal die Handschuhe aus. „Die haben mich angeguckt, als wär ich ein Verrückter, weil ich bei dem Wetter Handschuhe getragen habe! Dabei hätte ich mir das sparen können! Spätestens als mir die Zeitung so entgegen gelacht hat.“ Fast schon wütend packte er sich eben genanntes Objekt und hielt es dem Drummer vor die Nase. „Da! Die haben etwas über die Briefbombe geschrieben! Woher wissen die das?“ Es klang fast so, als würde er Bela Vorwürfe machen. Allerdings wollte er einfach seine Wut ablassen und da der Stein, welchen er den Rückweg über vor sich her getreten hatte, nicht mehr in der Nähe war, musste nun der Dunkelhaarige dran glauben. Noch dazu kamen die Erlebnisse des Vorabends. Es war nicht so, dass er sich dafür schämte; er würde dem Chilenen nur nie wieder in die Augen sehen können, geschweige denn mit ihm reden oder auch nur in seiner Nähe sein. Und er war sich sicher, dass es dem Anderen auch so gehen würde. Ein leichtes Grinsen ging über das Gesicht des Drummers. „Tut mir Leid, ich war schon wach, da hab ich Kaffee gekocht. Und ach ja, Wasser für deinen Tee hab ich übrigens auch aufgesetzt.“ Als er jedoch bemerkte, in welcher Stimmung der Blonde offensichtlich war, verblasste sein Grinsen und er fragte sich, was passiert sein mochte. Im ersten Moment fragte er sich, ob die beiden sich gestern Abend noch weiter gestritten hatte, doch dann erblickte er den Grund: den Zeitungsartikel. Nun gut, das erklärte ziemlich vieles, auch, wenn sich Bela ebenfalls fragte, woher sie das wusste, aber so war die Presse eben. Irgendwoher bekamen diese Leute nun mal eben immer ihre Informationen und so hatte es auch nicht besonders viel Sinn, sich darüber aufzuregen – auch, wenn der Schlagzeuger die Stimmung des Blonden nun durchaus nachvollziehen konnte. „Eine gute Frage…“, gab der Ältere zurück, nachdem er eine Weile über die Sache nachgedacht hatte, „Aber du kennst doch diese Reporter. Durch irgendwelche Schlüssellöcher holen die sich ihre Informationen doch immer, das war immer so und wird wohl auch immer so sein.“ Auch er seufzte nun leicht während er sich eine Tasse Kaffee einschenkte. Doch auch, wenn Rod offenbar nicht der Grund für die Stimmung des Blonden war, fragte sich Bela dennoch, ob sie sich wieder vertragen hatte. Darauf ansprechen wollte er den Gitarristen allerdings nicht – nur für den Fall, dass ihr Gespräch nicht besonders gut verlaufen sein sollte, denn in dem Fall sollte lieber Farin anfangen zu erzählen, wenn er es loswerden wollte. Der Blonde lächelte dankbar, als Bela das aufgesetzte Wasser erwähnte, allerdings verblasste dieses Lächeln ebenso schnell wie es gekommen war. „Jetzt ist es eh zu spät um etwas zu ändern. Und sobald man mich sieht, findet man heraus, dass es die Wahrheit ist. Da fällt mir ein... Könntest du mir nachher mit den Verbänden helfen? Ich hab es vorhin schon versucht, aber irgendwie hat es nicht geklappt. Mich stört es so nicht, aber es ist nicht grade ein schöner Anblick. Außerdem will ich nicht das Rod-“ Der Größere stockte leicht und ließ den Satz unbeendet. Er wollte jetzt lieber nicht über den Chilenen reden. Jedenfalls einerseits, aber andererseits... Mit einem leisen Seufzen suchte er sich eine Teesorte aus dem Schrank und setzte sich an den Küchentisch. Früher oder später würde er dem Jüngeren gegenüber stehen und es würde auch nicht lange dauern, bis dieses Thema angesprochen wurde. Entweder das oder es würde sie kaputt machen. „Dirk? Kann ich mit dir reden?“ Der Drummer nickte leicht. „Klar, kann ich machen.“ Wieder huschte ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht, doch sein Gesichtsausdruck wurde wieder ernster, als der Blonde sich bei der Erwähnung Rods auf einmal unterbrach. Warum brach er ab, als er auf den Chilenen zu sprechen kam? Bela wusste noch nicht, was dies zu bedeuten hatte, doch vermutlich war es nichts Gutes, denn der Gitarrist machte definitiv nicht den Eindruck, als ob sie eine schöne Aussprache hinter sich gehabt hätten. Vielleicht hatte es noch mehr Streit gegeben, vielleicht war auch irgendetwas ganz Anderes vorgefallen, auch, wenn er nicht so recht zu sagen vermochte, was das hätte sein sollen. Allerdings war der Chilene am Vorabend mehr als nur leicht angeheitert gewesen und wer konnte da schon wissen, was sich alles im Bereich des Möglichen befand? Hatte er ihm an Ende vielleicht doch seine Gefühle gestanden? Nein, das war auch mehr als nur unwahrscheinlich. Vollkommen gleich, wie betrunken er gewesen war, er hatte eindeutig nicht mit Farin über diese ganze Sache reden wollen. Doch was war es dann? „Klar. Um was geht’s denn?“ Kaum hatte der Schlagzeuger diese Frage gestellt, betrat der Bassist den Raum, der alles andere als gesund aussah. Seinen Gesichtsausdruck kannte Bela nur zu gut aus dem Spiegel nach einer Nacht mit viel Alkohol. „Guten Morgen.“, brummte Rodrigo schließlich, nachdem er seine beiden Freunde angesehen hatte und wandte sich dann dem Blonden zu: „Jan? Hast du zufällig Aspirin im Haus?“ Ein schwaches Lächeln trat auf sein Gesicht, das allerdings relativ schnell wieder verblasste. Diese verdammten Kopfschmerzen… Als Rod die Küche betrat und ihn dann auch noch direkt ansprach, wäre Farin vor Schreck fast aufgesprungen. Schnell sah er auf den Tisch und murmelte etwas wie 'ich guck mal eben' bevor er nun doch aufsprang und mit schnellen Schritten im Badezimmer verschwand. Rod benahm sich völlig normal, als wäre es etwas Alltägliches dass sie... Schnell schüttelte er den Kopf und trat an den kleinen Medizinschrank. Sicher wollte er einfach nicht, dass Bela etwas bemerkte. Aber falls dies der Fall war, steckte in dem Chilenen ein begabter Schauspieler. Er selbst versank vor Scham - oder was auch immer es war - fast im Boden und Rod... Der tat so, als wäre nichts gewesen, abgesehen von den Unmengen Alkohol, die er sich eingeflößt hatte. Endlich hatte er die Aspirin gefunden, musste allerdings mehrmals tief durchatmen bevor er in die Küche zurückkehrte. „Hier, hatte noch welche...“ Er nuschelte noch immer und mied den Blick des Jüngeren. Vielleicht sollte er wirklich mit ihm drüber reden. Aber... Wie? „Warte, bekommst noch einen Schluck Wasser.“ So hatte er wenigstens einen Grund, den Anderen nicht ansehen zu müssen. Mit zittrigen Fingern zog er ein Glas aus dem Schrank und dachte noch daran, dass dies unmöglich gut gehen könne... da rutschte es ihm auch schon aus der Hand und zersplitterte auf der Arbeitsplatte. „FUCK!“ Der Chilene wartete und hoffte, dass Farin noch Aspirin im Haus haben würde, doch so, wie er sein Glück in solchen Dingen einschätzte, würde dies vermutlich nicht der Fall sein. Sein Kopf hämmerte, als würden Bauarbeiten darin stattfinden und je mehr er versuchte, sich an den Vorabend zu erinnern, desto mehr schien alles vor ihm zu verschwimmen – und desto stärker waren auch seine Kopfschmerzen. Er konnte sich noch daran erinnern, dass er mit Bela auf dem Weg zurück gewesen war und auch dunkel daran, dass sie ein bisschen miteinander geredet hatte, doch er konnte sich weder an den Inhalt des Gesprächs erinnern noch daran, wie er danach eigentlich in sein Bett gekommen war. Er war nur vorhin dort aufgewacht und hatte eine Weile lang versucht, sich zu erinnern, was wohl passiert sein mochte – ohne Erfolg, er hatte einen Filmriss. „Danke.“, entgegnete er schließlich mit einem leichten Lächeln. Zumindest schien Farin nicht mehr sauer auf ihn zu sein, auch, wenn Rodrigo nicht so richtig wusste, wie es dazu gekommen war. Die Hauptsache war jedenfalls, DASS es so war. Vollkommen in seine Gedanken versunken, schreckte er auf, als er das Glas zerspringen hörte. Gerade hatte er Farin dabei zur Hilfe kommen wollen, als Bela abwinkte. „Lasst nur, ich mach das schon.“ Mit diesen Worten schnappte er sich Handfeger und Schaufel und fegte die Sachen schnell zusammen – der Bassist hatte immerhin Kopfschmerzen und der Blonde musste sich neben seinen Verbrennungen ja nicht auch noch schneiden. Schweigend holte er nun ein neues Glas aus dem Schrank und stellte es dem Chilenen hin, woraufhin dieser sich bedankte und die Kopfschmerztablette einnahm. „Gut geschlafen?“ Der Drummer grinste nun leicht, auch, wenn er sich noch immer fragte, was mit Farin los war. Rodrigo zuckte nur leicht mit den Schultern. „Ja, ging eigentlich. Ich weiß zwar nicht mehr, wie ich ins Bett gekommen bin, aber sonst gings…“ Er seufzte leicht. „Bis auf den Kater, den ich jetzt hab.“ Farin hatte den Drummer einfach machen lassen und war auf seinen Platz am Tisch zurückgekehrt. Selbst auf seinen Tee verzichtete er, das hätte nur zum nächsten Unglück geführt. Stattdessen zog er nun die Zeitung näher und versuchte den Artikel über sich zu lesen, doch leider mangelte es an Konzentration. Als der Chilene dann einen Filmriss andeutete, weitete Farin die Augen. „Du kannst dich an nichts erinnern? Gar nix? Absolut nix? Nada? Niente? NICHTS?“ Erst als er sein letztes Wort von den Wänden widerhallen hörte, bemerkte er, dass er lauter geworden war. Errötend ließ er sich zurück sinken. War es wirklich so, dass der Andere keinerlei Erinnerungen an den Vorabend hatte? Dann wusste dieser auch sicher nicht mehr, dass sie sich vertragen hatten - und das gleich mehrmals, wenn man es genau nahm. Der Gitarrist errötete noch ein wenig stärker und starrte auf die Tischplatte. „Naja... Ich kann bei so was ja nicht mitreden.“ Beide Dunkelhaarige blickten leicht verwirrt zu dem Blonden bei dessen kleinem 'Ausbruch'. Warum regte er sich über diese Tatsache so auf? Während Bela weiterhin das Gefühl hatte, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte und ihn das Gefühl beschlich, dass er die beiden am Vorabend wohl nicht miteinander hätte allein lassen dürfen, fragte Rod sich wirklich, was passiert war. Er konnte sich nicht erinnern, was war also geschehen? Wenn Farin deswegen so laut wurde, musste es ja irgendwas ziemlich Schlimmes sein oder so. „Schrei doch bitte nicht so…“, brummte er dennoch erst einmal, denn als der Gitarrist die Stimme erhoben hatte, bekam der Chilene nur wieder das Gefühl, dass irgendjemand mit einem Vorschlaghammer oder einem Amboss auf seinen Kopf einschlagen würde. Dann setzte er jedoch wieder ein schwaches Lächeln auf und blickte den Blonden an. „Nein, tut mir Leid… Ich weiß noch ein bisschen, wie Dirk mich nach Hause gebracht hat und dass ich wegen irgendwas ganz Dämlichen gelacht hab… Keine Ahnung, warum, ist ja auch egal. Und sonst weiß ich, dass ich mit dir geredet hab… Ich weiß aber leider nicht mal mehr, worüber…“ Leicht peinlich berührt senkte der Bassist den Kopf. „Tut mir Leid, dass ich dich das fragen muss, das ist doof, aber… haben wir uns wieder vertragen…?“ Der Blonde starrte unsicher auf den Tisch und wischte imaginäre Krümel weg. „Ähm... Ja... Man könnte sagen...“ Ein Seufzen löste sich von seinen Lippen. Eigentlich sollte er doch froh sein, dass der Andere es vergessen hatte. Wenn es zum Gespräch gekommen wäre, hätte er schließlich nicht mal erklären können, was über ihn gekommen war. Doch irgendwie fühlte er sich alles andere als glücklich. Trotzdem zwang er sich zu einem Lächeln und sah den Jüngeren an. „Wir haben uns ausgesprochen und vertragen. Schade, dass du dich nicht erinnern kannst, das Gespräch hat richtig gut getan. Du hättest da sein sollen...“ Die letzten Worte waren eher gemurmelt und kaum zu verstehen, da Farin den Kopf wieder senkte. Er zuckte zusammen, als plötzlich eine Tasse auf den Tisch gestellt wurde, dicht vor seinen Händen. „Dein Tee... Musst ihn nur noch etwas ziehen lassen.“ Bela lächelte den Blonden leicht an und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Wenigstens hatten die beiden sich wieder vertragen. Aber warum war der Blonde dann so... verwirrt? Hatten sie sich vielleicht gar nicht vertragen und er sagte das nur so, damit alles wieder wie vorher war? Er musterte den Gitarristen noch einen Moment, schüttelte dann allerdings den Kopf und ging an den Kühlschrank. Selbst wenn dies der Fall war... Farin wollte den Streit begraben und wenn es am Vorabend nun mal nicht zur Versöhnung gekommen war, so war der Blackout des Chilenen vielleicht ein Wink des Schicksals. Eine Art Neuanfang. „Was wollt ihr auf Brötchen?“ Nachdenklich betrachtete Rod den Blonden eine Weile. Er machte nicht den Eindruck, als hätten sie sich wirklich ausgesprochen oder dergleichen, doch warum hätte er diesbezüglich lügen sollen? Rodrigo hatte keine Antwort auf diese Frage, er wusste nicht, warum Farin sich so merkwürdig verhielt, doch vielleicht sollte er es auch einfach auf sich beruhen lassen. Vielleicht war ja auch doch alles in Ordnung und es kam ihm nur so vor, als wäre irgendwas anders gewesen, als es hätte sein sollen. Der Chilene wusste es nicht, schließlich hatte er einen Filmriss, doch vielleicht sollte er einfach versuchen, damit aufzuhören, sich über diese Sache solche Gedanken zu machen. Wenn Farin irgendetwas beschäftigte, würde er es ihm in diesem Fall wohl ohnehin nicht sagen, auch, wenn dem Bassisten dieser Gedanke wieder einen leichten Stich versetzte. „Ja… schade, dass ich mich nicht erinnern kann…“, stimmte er zu, „Tut mir Leid. Eigentlich sollte ich so was ja nicht vergessen.“ Auf die Frage des Drummers hin schüttelte Rod nur leicht den Kopf. „Für mich kein Brötchen erstmal, aber danke. Ich hab nicht so wirklich Hunger.“ Er lächelte leicht. „Ich mach mir dann einfach nachher was.“ Farin lächelte schwach und schüttelte den Kopf. „Ach was... Du kannst doch nichts dafür. Also... Indirekt... Okay, du hast ziemlich viel getrunken, aber bestimmt nicht, um einen Filmriss zu bekommen! Du heißt schließlich nicht Dirk.“ „Hey!“ Grinsend drehte der Blonde sich um und warf einen Blick auf den Drummer. „Was denn, stimmt doch. Oder kannst du dich an alles erinnern was passiert ist, wenn du getrunken hast?“ Der Ältere lehnte sich leicht an den Kühlschrank und überlegte einen Moment. „Ja... Eigentlich schon... Also... Okay, ein paar Ausnahmen gibt es natürlich. Aber die sind echt gering. Aber die wichtigen Sachen weiß ich noch ganz genau! Kannst es ja mal ausprobieren. Frag mich etwas!“ Ein siegessicheres Grinsen erschien auf Belas Gesicht während er sich auf die Arbeitsplatte setzte. Farin überlegte einen Moment. „Okay... Vor... Knapp einem Jahr, als du der einen Bedienung einen Antrag gemacht hast.“ Ein lautes Poltern erklang, als der Schlagzeuger von seinem Platz sprang und den Blonden entgeistert anstarrte. „Ich hab WAS?! Ach du scheiße... Nich wirklich, oder? Fuck... Was hat sie gesagt? Wie sah sie aus? War sie großbusig oder eher flach?“ Die meisten Worte waren eher gestammelt aber trotzdem gut zu verstehen. Farin warf Rod einen verschwörerischen Blick zu, bevor er schließlich loslachte: „Soviel zu deinem guten Gedächtnis, hm? Frei erfunden! Aber deine Reaktion war echt... Das war es wert!“ Der Chilene lachte leicht und stellte nicht ohne gewisse Zufriedenheit fest, dass sein Kopf dabei nicht mehr so hämmerte wie vorher, die Kopfschmerztablette leistete nun also schon ihre Dienste. In einer Sache hatte der Gitarrist auf jeden Fall Recht: Die Reaktion des Drummers war es wirklich wert gewesen, denn dieser blickte noch immer entsetzt zu dem Blonden. „Also… das war gemein. Fuck, ich hätte es dir echt fast geglaubt… Aber wenn du mich testen willst, dann musst du dir schon etwas einfallen lassen, was auch wirklich passiert ist, mein Lieber!“ Rod grinste nur und warf ein: „Ich glaub, das kann er sich sparen. Allein mir würden schon zig Geschichten einfallen, an die du dich bestimmt nicht mehr erinnern kannst, allein schon Sachen aus der Zeit von Depp Jones.“ „Wie willst du dich daran erinnern? Da hast du doch selbst genug getrunken, um einen Filmriss zu haben.“, konterte Bela und grinste ebenfalls. Rod schüttelte, immer noch grinsend, den Kopf. „Wie du meinst!“ Farin hörte den beiden Dunkelhaarigen eine Weile schweigend zu, wobei ihn wieder ein Gefühl überkam, welches er schleunigst abzuschütteln versuchte. Es war ein Gefühl, das nun wirklich nicht passte aber trotzdem präsent war. Mit einem leisen Seufzen erhob er sich von seinem Platz. „Ich bin gleich wieder da, hol nur eben eine neue Kiste Selter aus dem Keller.“ Er hatte Angst wieder etwas Falsches zu sagen oder zu machen, weshalb er lieber das 'Krisengebiet' verließ bis dieses Gefühl abgeklungen war. Nachdenklich sah Bela dem Blonden hinterher, bevor er sich wieder zu Rod an den Tisch setzte. „Und du kannst dich wirklich nicht erinnern? Er wirkt etwas... bedröppelt. Du hast doch nicht irgendwas ausgeplaudert, was du eigentlich für dich behalten wolltest, oder?“ Misstrauisch musterte er den Chilenen und beugte sich ein wenig nach vorne. „Okay, Rod... gestehe! Hast du ihm etwas gesagt, was er nicht wissen sollte?“ Leicht verwirrt blickte Rod dem Gitarristen nach und sah dann den Drummer mit einem leichten Kopfschütteln an. „Nein, da gibt es nichts zu gestehen. Also… vielleicht schon, aber wenn ja, dann erinnere ich mich nicht mehr daran. Ich hab wirklich einen totalen Filmriss. Ich kann mich noch ein bisschen daran erinnern, wie du mich nach Hause gebracht hast und ich weiß auch, dass ich mit Jan reden wollte… und dass wir dann ins Wohnzimmer gegangen sind… Aber ich weiß nicht mal mehr, über was wir geredet haben, geschweige denn, wann und wie ich in mein Bett gekommen bin.“ Er seufzte leicht und betrachtete sein Wasserglas. „Ich hoffe ja mal nicht, dass ich ihm irgendwas gesagt habe… Genau das will ich ja schließlich nicht… Aber wer weiß, was ich alles gesagt haben könnte, ich war schließlich voll…“ Die braunen Augen des Chilenen suchten nun die des anderen Dunkelhaarigen. „Meinst du wirklich, dass ich mich gestern Abend vielleicht verplappert habe und dass er sich deswegen so merkwürdig benimmt…?“ Der Schlagzeuger zuckte leicht die Schultern. „Naja, das war einer meiner Gedanken... Aber dafür verhält er sich noch zu normal. Vielleicht...“ Bela zögerte kurz und musterte den Jüngeren eine Weile. Vielleicht war es wirklich so, wie er vermutet hatte. „Was, wenn ihr euch gar nicht vertragen habt? Also nicht weil keiner wollte oder so... Wer weiß, vielleicht warst du zu keinem vernünftigen Gespräch fähig. Deshalb hatte Jan noch ein schlechtes Gewissen dir gegenüber, weil er sich nicht bei dir entschuldigen konnte. Aber als er dann erfahren hat, dass du dich an nichts erinnern kannst... Da hat er die Chance genutzt und dir gesagt, dass ihr euch vertragen habt. Damit dieses Problem aus der Welt ist. Er wirkte irgendwie erleichtert... Okay, erst war er geschockt und irgendwie ein bisschen frustriert... Vielleicht hattet ihr auch ein sehr angenehmes Versöhnungsgespräch und er findet es traurig, dass du es nicht mehr weißt...“ Fast hätte der Drummer sich die Haare gerauft weil er wissen wollte was mit dem Blonden los war. Vielleicht wollte er ihm davon erzählen kurz bevor Rod rein kam... Rod seufzte leicht und fuhr sich nachdenklich durch die schwarzen Haare. Ja, irgendwie klang alles, was Bela sagte, durchaus logisch, doch was nun letztendlich der Grund für Farins Verhalten war, wusste wohl nur dieser selbst und auch, wenn der Chilene nur zu gerne gewusst hätte, was mit dem Größeren los war, würde es ihm wohl auch nichts bringen, ihn danach zu fragen, denn vermutlich hätte er ohnehin nicht darüber reden wollen und die ganze Sache dann nur abgetan oder dergleichen. „Ja, klingt irgendwie alles ganz logisch…“, entgegnete er nach einer Weile, „Ich hoff nur, dass ich ihm wirklich nichts gesagt hab… Mann, wenn ich mich doch nur erinnern könnte…“ Für einen kurzen Moment schloss er die Augen, um sich besser konzentrieren zu können, doch auch dies brachte ihn nicht sonderlich weiter. Die Erinnerung war und blieb weg. Am besten hätte ihm da wirklich noch die Option, dass sie sich vertragen hatten und Farin es nur schade fand, dass er sich nicht erinnern konnte, gefallen, doch irgendetwas sagte ihm, dass es dies nicht war. Doch im Grunde hatte es auch keinen Sinn, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Es würde sie ja doch nicht irgendwie weiterbringen. „Ich werde nie wieder Alkohol trinken.“, verkündete er feierlich und seufzte noch einmal. Der Drummer lachte leicht und beugte sich zu dem Jüngeren, welchem er freundschaftlich eine Hand auf die Schulter legte. „Den Satz habe ich schon sehr oft von mir gegeben... Aber wirklich gehalten habe ich mich nie dran, wie du wissen müsstest.“ Noch immer grinsend lehnte er sich wieder zurück und schnappte sich seine Kaffeetasse, um einen Schluck zu trinken. „Also du wirst ihn nicht drauf ansprechen und es einfach so dabei belassen... Richtig?“ Bela blickte über den Rand der Tasse hinweg. „Okay, wäre wahrscheinlich am besten... Falls irgendwas war, wird er es mir vielleicht erzählen. Eben schien es schon so, als wenn er mir etwas erzählen wollte. Warten wir einfach ab. Wenn es etwas Schlimmes war, wird er schon damit rausrücken.“ Der Ältere lächelte Rod aufmunternd an und nahm noch einen kleinen Schluck. „Wie geht’s deinem Kopf? Schon besser?“ „Ich weiß.“, entgegnete dieser mit einem Lächeln schließlich auf die Alkohol-Sache, „Ich werde mich wohl auch nicht daran halten. Aber im Moment ärgere ich mich schon, dass ich mich nicht erinnern kann.“ Er nickte leicht. „Okay, tu das. Vielleicht ist es ja auch wirklich gar nichts Schlimmes… Ich hoffe es zumindest.“ Wenn er sich doch nur hätte erinnern können… Doch vollkommen gleich, wie sehr er sich dies wünschte – es war eben nicht so. Und auch, wenn er sich jetzt den Kopf darüber zerbrach, würde er sich davon wahrscheinlich auch nicht erinnern können. Die einzige Folge wären wohl Kopfschmerzen gewesen und auf die konnte er wirklich nur zu gut verzichten. „Richtig… Ich glaube auch, dass es so einfach am besten ist. Ich will es ihm schließlich nicht erzählen…“ All die Jahre hatte er sich gefragt, wie Farin ihre Nacht nur hatte vergessen können und jetzt war er gezwungen, sich zu fragen, ob er vielleicht irgendein Liebesgeständnis oder so gemacht und dann vergessen hatte, doch das würde es schon nicht sein. Außerdem war er betrunken gewesen, während der Blonde keinen Alkohol trank und deshalb schon mal keinen Blackout deswegen haben konnte. „Jepp… Meinem Kopf geht’s schon viel besser… Kopfschmerztabletten sind eine verdammt praktische Erfindung.“ Er lächelte leicht. Der Schlagzeuger betrachtete Rod noch einen Moment, schüttelte dann allerdings leicht lächelnd den Kopf. „Du bist zu gut für diese Welt, echt jetzt. Was du alles auf dich nimmst...“ Er nahm noch einen Schluck aus seiner Tasse und lehnte sich zurück. „Aber weißt du... So was wie gestern können wir ruhig häufiger machen. Einfach etwas um die Häuser ziehen oder so. Natürlich irgendwo, wo auch etwas los ist. Wir beide, du und ich. Wie früher.“ Der Ältere lächelte leicht und erhob sich von seinem Platz. „Das würde dir sicher gut tun, wegen- Jan! Du solltest nicht so schwere Sachen heben!“ Mit hochgezogener Braue betrachtete er den Blonden, welcher grade mit einer Kiste Selter die Küche betrat. Leicht grinsend schüttelte dieser den Kopf: „Dirk... Ich bin nicht schwanger, ich hab nur ein paar Probleme mit den Händen. Und wenn du nicht im Weg stehen würdest, wäre ich die Kiste längst los!“ Der Chilene zuckte leicht mit den Schultern. „Es geht eben nicht anders. Wenn ich das nicht machen würde, würde wahrscheinlich das totale Chaos ausbrechen und das kann ich eben einfach nicht zulassen…“ Er seufzte leicht, lächelte jedoch immer noch. Auch, wenn er Farin liebte – oder gerade deswegen – durfte er eben nicht zulassen, dass alles durcheinander geraten würde. Nein, das hier war und blieb die beste Lösung. Die einzig richtige. Auf den Vorschlag des anderen Schwarzhaarigen hin nickte er schließlich. Vielleicht würde ihm das ja wirklich irgendwie helfen, nicht mehr so viel an die Sache mit dem Gitarristen zu denken und es hatte ja irgendwie auch wirklich Spaß gemacht. Gut, gerade hatte er gesagt, nie wieder Alkohol trinken zu wollen, doch da er sich daran ohnehin nicht halten würde, war dies auch nicht weiter wichtig. Als er schließlich den Blonden bemerkte, stand Rodrigo auf und ging auf ihn zu. „Komm, lass mich das machen. Du solltest deine Hände schonen.“ Ein sanftes Lächeln ging über sein Gesicht und er nahm ihm die Kiste ab. Sofort lief Farins Gesicht dunkelrot an, was jedoch - glücklicherweise - unbemerkt blieb. Ihm schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er seine Hände am Vorabend alles andere als geschont hatte. „Danke“, gab er nuschelnd von sich und ließ sich wieder auf seinem Platz nieder. Bela derweil blickte nervös von einem Bandkollegen zum anderen. Anscheinend hatte der Blonde nichts von ihrem Gespräch mitbekommen, jedenfalls nichts Verräterisches. Trotzdem bewies das plötzliche Auftauchen des Größeren, dass es unklug gewesen wäre, noch häufiger über das Thema zu sprechen. Jedenfalls so lange sie sich in dem Haus des 'Problems' befanden. „Ach, ich wollte ja noch bei den Bullen anrufen. Die können mir dann auch gleich erklären, wie die Infos an die Presse kamen. Jan, ich benutz dein Telefon, ich will lieber nicht riskieren, dass sie meine Nummer haben!“ Mit diesen Worten eilte der Schlagzeuger ins Wohnzimmer, wo man ihn kurz darauf telefonieren hörte. Farin sah ihm einen Moment hinterher, musste dann allerdings grinsen. „Na danke... Immer schön auf meine Rechnung, das hab ich gern.“ Noch immer grinsend sah er zum Chilenen, bis er feststellte, dass sie alleine waren. Ganz allein. Wie am Vorabend... „Gern geschehen…“, entgegnete Rod nur und blickte Bela nach, als dieser den Raum verließ. Jetzt war er also allein mit Farin… Nicht, dass er nicht gerne allein mit diesem gewesen wäre, doch es war eben immer wieder aufs Neue eine komische Situation. Um die Situation etwas aufzulockern, lachte der Bassist leicht, nachdem der Drummer rausgegangen war und fuhr sich leicht nervös durch die Haare. Fieberhaft dachte der Chilene nun nach, was er hätte sagen können, doch ihm wollte einfach nichts einfallen. Nachdenklich setzte er ein Lächeln auf und blickte den Blonden an. Er hätte ihn fragen können, ob sie sich wirklich vertragen hatten, doch er wollte dies nicht offiziell anzweifeln und außerdem hätte der Blonde ihm wohl in jedem Fall gesagt, dass sie dies getan hätten, so dass es auch gar keinen Sinn gehabt hätte, ihn zu fragen. „Und hast du gut geschlafen?“, fragte er schließlich nach einer Weile, „Oder hattest du noch irgendwelche starken Schmerzen an den Armen?“ Ein sanftes Lächeln trat auf sein Gesicht. Der Blonde zögerte leicht. Tatsächlich hatte er kaum ein Auge zu gemacht, was aber mehr an den Ereignissen der letzten Nacht lag. Natürlich konnte er dies nicht sagen, aber ebenso wenig konnte er es auf seine Arme schieben, aus Angst, dass der Kleinere sich wieder Vorwürfe machen würde. „Naja... Hab etwas unruhig geschlafen, lag allerdings eher daran, dass ich Rückenschmerzen hatte. Muss mich falsch gedreht haben.“ Dies war nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. Den Gitarristen plagten wirklich Rückenschmerzen, welche allerdings eher von seinem kleinen Couch-Stunt kamen. „Vielleicht habe ich auch Verspannungen. So oft, wie wir Dirk in letzter Zeit nach Hause geschleppt haben, würde es mich nicht wundern“, fügte er grinsend hinzu. „Das hab ich gehört!“ Die Stimme des Drummers kam leicht gedämpft aus dem Wohnzimmer. Überrascht hob Farin eine Braue. „Was brüllst du den armen Bullen so ins Ohr?“ „Ich bin in der Warteschleife, da ist grad gar kein Bulle- Ah, schönen guten Tag, Felsenheimer mein Name...“ Der letzte Teil war etwas leiser, trotzdem noch gut zu hören. Farin konnte sich nur schwer ein Lachen verkneifen. Für einen Moment musste der Chilene sich fragen, ob Farin ihm auch wirklich die Wahrheit sagte, denn er hatte einfach ein ungutes Gefühl, auch, wenn er sich dieses nicht so richtig zu erklären vermochte, weshalb er schließlich beschloss, dem Älteren einfach zu glauben. Weiterhin lächelte er liebevoll und sah den Mann, den er liebte, dabei an. Wahrscheinlich machte er sich einfach wieder einmal viel zu viele Sorgen und Farin sagte ihm wirklich die Wahrheit und er hatte einfach irgendwie Rückenschmerzen. Es hatte ja eigentlich auch keinen Zweck, sich darüber jetzt den Kopf zu zerbrechen, denn das würde ihn auch nicht wirklich weiterbringen – außerdem vertraute er dem Blonden. Auch über sein Gesicht huschte nun ein Grinsen. „Naja, das könnte natürlich sein.“, entgegnete er schließlich, „Aber in letzter Zeit war es ja nur einmal.“ Als er Belas Stimme aus dem Wohnzimmer hörte, konnte Rod sich im Gegensatz zu dem Größeren nicht beherrschen und lachte los. Das war wieder einmal typisch für ihren Drummer. Ein fast schon erleichtertes Lächeln huschte über die Lippen des Blonden, als er Rod so lachen hörte. Es war viel passiert und die meiste Zeit hatte er den Bassisten eher verschlossen und zurückgezogen erlebt. Außerdem wirkte er sehr viel nachdenklicher, was - wie er jetzt wusste - an dem Erpresserbrief lag. Bei diesem Gedanken setzte Farin sich plötzlich auf und heftete seinen Blick auf den Dunkelhaarigen. „Rod? Ich weiß, du kannst dich nicht an gestern erinnern“, worüber er einerseits nicht unglücklich war, was ihn andererseits jedoch irgendwie belastete, „aber... Ich mach die Stimmung ungern kaputt, nur... Ich wollte mit dir noch einmal über den Erpresserbrief reden.“ Es war ihm unangenehm, die gute Laune des Jüngeren zu trüben, doch er wollte nicht länger irgendwelche Heimlichtuereien ertragen. „Worum genau geht es? Ich will alles wissen. Wenn die Briefbombe an dich war und du schon eine ganze Weile erpresst wirst, bist du sicher noch in Gefahr. Und um dich zu schützen muss ich soviel wie möglich wissen. Also?“ Wieder richtete er den Blick auf den Anderen. Selbst, als Bela seufzend die Küche betrat, sah er nicht weg, sondern beobachtete jede Regung des Chilenen. Dessen Lachen verstummte, als er die Frage des Blonden vernahm. Er konnte sich zwar an nicht viel von gestern Abend erinnern, doch als Bela und er ausgeheckt hatten, was er Farin erzählen konnte, war er immerhin noch nüchtern gewesen, weshalb er auch noch wusste, was sie besprochen hatten. Und auch, wenn er sich noch ganz genau daran erinnern konnte, zögerte er für einen Moment, ob er es ihm wirklich sagen sollte. Er fühlte sich einfach nicht besonders wohl bei dem Gedanken, dem Gitarristen eine Lüge aufzutischen, doch er wollte und konnte ihm auch nicht die Wahrheit sagen. So sehr er es sich in diesem Moment auch wünschte, es ging einfach nicht. Und so warf er dem Drummer noch kurz einen unsicheren Blick zu, bevor er schließlich wieder zu dem Blonden sah und ein paar Mal tief durchatmete. Er hatte keine Wahl. Irgendetwas musste er ihm schließlich sagen und die Wahrheit ging nicht. „Ich… naja, also das war so…“ Er konnte Farin nicht in die Augen sehen, viel zu groß war sein schlechtes Gewissen, weil er ihn weiterhin belügen musste. „Naja, also ich war irgendwann mal wieder mit Dirk unterwegs und da haben wir… keine Ahnung, ein bisschen herumgealbert und so. Dabei kam es wohl so rüber, als hätten wir beide irgendwas miteinander und das hat er belauscht und aufgenommen… Und weil der Typ jetzt denkt, dass zwischen uns was läuft, will er scheinbar, dass du und die Presse davon erfahrt, wenn ich nicht das tue, was er will. Am Anfang… haben wir das nicht so ernst genommen, immerhin haben wir ja auch gar nicht wirklich was miteinander, aber ich… ich hab mich eben darauf eingelassen, weil ich trotzdem nicht will, dass solche Gerüchte entstehen…“ Der Chilene senkte leicht den Kopf, während er sprach. Hätte er dem Menschen, den er liebte, doch nur die Wahrheit sagen können… Fast wäre Farin vom Stuhl gefallen, als er Rods Worte hörte. „Moment... WAS denkt der?“ Er sah zwischen den beiden Dunkelhaarigen hin und her, als wartete er darauf, dass einer von ihnen etwas wie April April sagen würde. Doch nichts dergleichen kam. „Also... Ihr habt rumgealbert... Und deshalb denkt der... Dirk, was hast du gemacht?“ Fast schon wütend fuhr der Blonde herum und warf dem Älteren einen Blick zu, der dessen Grinsen schnell verblassen ließ. „Was? Warum gibst du mir die Schuld? Was kann ich denn dafür, wenn das falsch verstanden wird?“ Seufzend schüttelte der Gitarrist den Kopf: „Wenn man etwas auf der Bühne macht, gehört es zur Show... Aber in der Öffentlichkeit... Da ist es doch kein Wunder! Aber warum bekommt Rod die Erpresserbriefe und nicht du?“ Sofort warf der Drummer einen unsicheren Blick in Rods Richtung. Die Frage des Blonden war berechtigt, nur leider hatte er keine Ahnung, was er darauf antworten sollte. „Ähm... Weißt du... Ich hatte auch schon einen! Hab den aber nicht gelesen, konnte schon am Umschlag erkennen woher der ist. Also hab ich den gleich weggeschmissen!“ Nachdenklich beobachtete der Bassist die Reaktion des Blonden. So ganz verstand er nicht, wieso er so wütend auf Bela zu sein schien, aber wahrscheinlich war es einfach die Wut darüber, dass er überhaupt erpresst wurde. Oder auch immer noch darüber, dass sie es ihm nicht gleich gesagt hatten, immerhin war der Grund, den er ihm eben genannt hatte, eigentlich etwas, worüber sie im Normalfall mit ihrem Freund hätten reden können. Gut, wahrscheinlich wäre es Rod wirklich irgendwie peinlich gewesen, dass irgendjemand davon erfahren hätte, doch normalerweise hätten sie auch in der Tat darüber reden können. „Naja… Mir war… das auf jeden Fall peinlich. Also es stimmt ja nicht, aber trotzdem… ich hätte keine Lust darauf gehabt, dass in dämlichen Klatschblättern wie der Bravo auf einmal steht, dass Dirk und ich irgendwas miteinander hätten und… schwul sind und dass dieses blöde Gespräch, dass man falsch verstehen kann, auf einmal an irgendwelche Radiosender gesandt wird…“ Er seufzte leicht. „Tut mir Leid, dass wir dir nicht früher davon erzählt haben.“ Es klang so wahr und doch war es eine Lüge. Und es würde niemals mehr sein als das… Der Gitarrist wirkte noch immer etwas skeptisch, hörte allerdings auf, Bela irgendwelche Vorwürfe zu machen und drehte sich stattdessen wieder zum Tisch. „Okay, ihr werdet also wegen diesem Gespräch erpresst... Und es wurde aufgezeichnet... Ich verstehe nur nicht, warum der Erpresser das MIR sagen will! Der müsste sich doch eigentlich denken, dass ich es wissen würde, wenn es denn so wäre.“ Bela ließ sich auf einen der Stühle sinken und wandte das Gesicht ab. Der Ansatz ihres Plans hatte gut geklungen, nur leider hatten sie nicht bedacht, wie scharfsinnig der Blonde sein konnte. Besonders dann, wenn es nicht angebracht war. „Ich kann mich nicht mehr so genau daran erinnern, was da war. Vielleicht hab ich beim Rumblödeln irgendwas gesagt was der Erpresser falsch verstanden hat, wie so ziemlich alles. Aber wechseln wir das Thema, die Situation ist schon peinlich genug, besonders für Rod!“ Wieder dachte der jüngste der drei fieberhaft nach. Das war wirklich eine sehr berechtigte Frage, die der Blonde da stellte und nur einmal mehr wünschte sich der Chilene fieberhaft, dass er einfach in der Lage gewesen wäre, alles, was ihn belastete, vollkommen ehrlich auszusprechen, ihm endlich seine Gefühle zu gestehen… Es war ja nicht einmal so, dass er Farin nicht hätte zeigen wollen, was er empfand, doch er konnte es einfach nicht… Gut, er hatte auch Angst davor, das war schon richtig – immerhin wollte er nicht das Risiko eingehen, die Freundschaft zwischen ihnen zu zerstören oder dergleichen. Und doch… Ein Teil von ihm hätte es den Gitarristen nur zu gerne wissen lassen, doch das Problem war, dass er es einfach nicht über seine Lippen gebracht hätte. Er liebte den Blonden, doch das konnte er nicht aussprechen. Es war fast, als würde irgendein Zauber über ihm liegen, der ihm die Lippen versiegelte, sobald er auch nur mit dem Gedanken spielte, die Wahrheit zu sagen. Einen Brief schreiben oder dergleichen konnte er ihm auch nicht, denn er wusste, dass er niemals fähig gewesen wäre, es über sich zu bringen, ihm diesen auch zu geben. Und er konnte ihn schließlich auch nicht einfach küssen. Die Lage war wirklich aussichtslos… „Ja, mir… wäre so ein Themenwechsel ehrlich gesagt auch lieber… Das ist… wirklich irgendwie peinlich…“ Praktischerweise errötete er bei diesen Worten sogar ein wenig – auch, wenn man sagen musste, dass es vielmehr an der Tatsache, dass er den Größeren belügen musste, lag, als daran, dass es ihm peinlich gewesen wäre. Farin wollte erst widersprechen, ließ es allerdings bleiben, als auch Rod um einen Themenwechsel bat. „Na gut... Aber damit ist die Sache noch lange nicht vom Tisch! Und wo wir grad bei Tisch sind... Ihr zwei werdet jetzt etwas essen, ich dulde keine Widerworte!“ Mit einem Ruck erhob sich der Blonde und trat an den Kühlschrank. „Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass ihr seit dem gestrigen Frühstück nicht wirklich viel gegessen habt.“ Er warf einen kurzen Blick auf die Uhr und schloss den Kühlschrank schließlich unverrichteter Dinge. „Eigentlich wäre schon Mittagessen angebracht... Warum setzt ihr euch nicht ins Wohnzimmer? Und ich mach euch etwas.“ Grade als Bela widersprechen wollte hob der Gitarrist leicht die Hand und sah ihn fest an: „Das war keine Frage sondern ein Befehl... Los, ab jetzt!“ Zunächst wollte Rod sagen, dass er eigentlich keinen besonderen Hunger hatte, doch er wusste, dass es ohnehin keinen Sinn hatte, Farin Urlaub zu widersprechen – zumindest nicht in einer solchen Situation. Und vielleicht würde es ihm ja auch doch irgendwie ein wenig gut tun, wenn er ein bisschen was in den Magen bekommen würde – immerhin fühlte er sich jetzt dank der Kopfschmerztablette schon wieder wesentlich besser und nicht mehr so, als würde sich ein Blasorchester mit einem Vorschlaghammer prügeln. „Bist du dir sicher, dass wir dir nicht irgendwie helfen sollen? Ich meine wegen deines Arms…“ Leicht fragend blickte Rod den Größeren an, doch da wurde er schon von einem grinsenden Bela regelrecht aus der Küche geschoben. „Du hast Jan doch gehört, das ist ein Befehl, du weißt doch, dass es da keinen Sinn hat, zu widersprechen.“ Der Chilene seufzte leicht und ließ sich im Wohnzimmer nieder. „Da hast du wohl Recht…“ Farin sah den beiden noch kurz hinterher, bevor er sich schließlich der Zubereitung des Mittagessens widmete. „Also, Rod. Jetzt mal ganz ehrlich: weißt du wirklich nicht mehr, was gestern passiert ist? Oder tust du nur so, weil es etwas Schlimmes war?“ Der Blick des Drummers war stechend, bohrend. Gut, Rod hatte am Vorabend wirklich viel getrunken - und es sollte schon was heißen, wenn Bela dies zugab - doch noch lange nicht genug um einen Blackout auszulösen. „Jan wollte es mir anscheinend erzählen... Habt ihr euch gestritten? Hast du ihm was gesagt?“ Der Ältere hatte sich in einen Sessel fallen lassen und legte, nach einem prüfenden Blick zur Küche, die Füße auf den Tisch. Wieder musterte er den Anderen. Vielleicht hätte er seine beiden Freunde nicht alleine lassen sollen. Er hatte erst lauschen wollen, doch ein kleines Engelchen auf seiner Schulter hatte auf ihn eingeredet, wobei es sich sehr nach dem Gitarristen angehört hatte. Mit einem leichten Seufzen blickte der Chilene seinen Freund an und schüttelte schließlich den Kopf. „Nein, ich erinnere mich wirklich nicht mehr daran…“, entgegnete er, „Keine Ahnung, warum. Wenn wir uns früher betrunken haben, konnte ich mich eigentlich immer an alles erinnern…“ Das stimmte sogar, die meisten Sachen aus der Ära von Depp Jones hatte er noch durchaus im Hinterkopf, obwohl oftmals viel Alkohol im Spiel gewesen war. „Ich kann mich grad noch so daran erinnern, wie wir von der Kneipe aus zurückgegangen sind, aber danach ist irgendwie alles weg… Ich hab keine Ahnung, was ich mit Jan geredet hab… Ich weiß auch nicht, ob ich ihm irgendwas gesagt hab… Ich hoffe mal nicht… Aber leider habe ich wirklich keine Ahnung, auch, wenn ich wünschte, dass es anders wäre.“ Nachdenklich senkte Rodrigo den Kopf. Wenn er sich doch nur hätte erinnern können… Doch je mehr er versuchte, sich den Vorabend in Erinnerung zu rufen, desto weiter schien dieser sich zu entfernen. Nachdenklich lehnte der Kleinere sich zurück, wobei er die Arme leicht hinterm Kopf verschränkte. „Also nichts... Ich kann versuchen, ihn zu fragen... Aber wer weiß, was das bringen würde. Vielleicht mache ich damit alles nur noch schlimmer. Dadurch könnte er auf irgendwelche Ideen kommen.“ Mit einem Ruck setzte er sich wieder auf und schlug die Handflächen mit einem lauten Klatschen auf seine Oberschenkel. „Wenn etwas Schlimmes passiert wäre, würde er sich anders verhalten. Ich kenn den Trotzkopf da drüben schon lange genug, um behaupten zu können, dass ich weiß, wie er tickt. Also machen wir uns mal keine Gedanken.“ Leicht grinsend trat der Schlagzeuger näher, bis er vor Rod zum Stehen kam. Er beugte sich ein wenig zu dem Sitzenden und legte die Hände auf dessen Schultern. „Und wenn du nicht endlich mal wieder lächelst... Dann reiß ich dir die Sachen vom Leib und du darfst gucken, was du Jan erzählst!“ Er warf einen prüfenden Blick zur Küchentür und beugte sich noch etwas weiter runter. „Wir bekommen das schon hin... Vertrau mir.“ Mit einem aufmunternden Lächeln zerstrubbelte er das dunkle Haar des Jüngeren. Ein Räuspern, welches hinter Bela erklang, ließ diesen zusammenzucken. Farin stand mit vor der Brust verschränkten Armen im Türrahmen und beobachtete die beiden Dunkelhaarigen mit säuerlichem Gesichtsausdruck. „Dachte, ihr könntet schon mal den Tisch decken. Aber macht ruhig weiter, ich bekomm das schon hin!“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand wieder in der Küche. „Hm… Naja, du musst ihn ja auch nicht fragen…“, entgegnete Rodrigo nach einer Weile, denn wenn er eines nicht wollte, dann, dass diese ganze Sache noch schlimmer werden würde. „Vielleicht sollten wir es ja auch einfach erst einmal dabei belassen…“ Natürlich wusste Rod durchaus, dass das schwer für ihn werden würde, doch eine andere Wahl hatten sie im Grunde genommen auch nicht, denn der Chilene wollte nicht, dass Farin auf irgendwelche Gedanken kam. Schließlich war der Blonde nicht dumm und wenn Bela ihn mit Fragen löchern würde, dann würde es vielleicht doch noch zu irgendeiner Katastrophe kommen. Vielleicht hatte er ihm ja auch wirklich gar nichts gesagt und er machte sich nun vollkommen umsonst so viele Gedanken… Wenn er ihm doch nur einfach seine Gefühle hätte gestehen können… Irgendwie wünschte er sich für einen Moment wirklich, dass er Farin einfach die Wahrheit gesagt hätte, denn das hätte immerhin bedeutet, dass seine Gefühle ausgesprochen waren und dass der Gitarrist es wusste… Doch auf diese Art würde er es niemals erfahren. Gut, dafür hatte sich der Bassist ja auch selbst entschieden, doch manchmal wünschte er sich wirklich, dass es einfacher gewesen wäre. Als Bela ihm die Hände auf die Schultern legte, seufzte er leicht. Wenigstens konnte er mit dem Drummer über das alles reden, auch, wenn es natürlich eine ganz andere Sache war. Wenn er doch nur besser mit seinen Gefühlen hätte umgehen können… „Okay… Vielleicht hast du ja Recht… Ich mach mir wahrscheinlich einfach mal wieder viel zu viele Gedanken. Tut mir Leid.“ Bei dem Räuspern des Blonden schreckte der Chilene schließlich auf und erblickte erschrocken dessen wütenden Gesichtsausdruck. Was war denn jetzt in ihn gefahren…? Ohne lange darüber nachzudenken stand er schnell auf und folgte dem Größeren in die Küche. „Jan… Tut mir Leid, ich helfe dir.“ Unsicher sah Bela seinen beiden Freunden hinterher. Was war nur mit dem Blonden los? Er hatte nur selten in diesem Ton mit ihnen gesprochen und so angesehen hatte er sie nie. Sie hatten ihn mit der Arbeit allein gelassen, aber er hatte schließlich darauf bestanden. Oder war das eine Anspielung darauf, dass er Hilfe brauchte? Wenn ja, dann war es eine der schlechtesten Anspielungen, die er je gehört hatte. In der Zwischenzeit war Farin wieder an den Herd getreten und rührte wütend in einem der Töpfe, wobei die kochende Flüssigkeit zu allen Seiten spritzte. Er achtete jedoch gar nicht darauf; stattdessen starrte er die gekachelte Fläche vor sich an. Wieso hatte er so überreagiert? Was war mit ihm los? Als es vor ihm leise zischte, zuckte er zusammen und sah auf den brodelnden Topf vor sich. Sofort stellte er die Herdplatte niedriger und tastete nach einem der Deckel, um diesen auf den betroffenen Topf zu tun. „Verdammt“, nuschelte er und griff nach einem nassen Lappen, um die Sauerei zu entfernen. Schweigend betrachtete Rod den Blonden. Hatte er ihn nicht gehört oder einfach ignoriert? Ersteres wäre ihm bedeutend lieber gewesen, denn er hasste es einfach, wenn Farin sauer auf ihn war – zumal er eigentlich nicht einmal wusste, warum er hätte sauer sein sollen, aber man konnte ja nie wissen. Irgendwie verhielt er sich gerade ziemlich merkwürdig und der Chilene hätte alles darum gegeben, zu erfahren, was der Grund für sein Verhalten war, doch wahrscheinlich würde er es nicht erfahren. Gut, vielleicht sollte er ihn einfach fragen, doch was war, wenn das auch so eine Sache war, die es wahrscheinlich nur noch schlimmer gemacht hätte? Genau das wollte er schließlich vermeiden. Ohne weitere Worte zu verlieren, eilte er dem Gitarristen zu Hilfe, als dieser nach einem Lappen griff. Schon war Rod an seiner Seite und half ihm, die Sauerei zu beseitigen. „Jan… Ist alles in Ordnung…? Bist du… sauer auf mich? Was ist los?“ Relativ viele Fragen auf einmal, doch der Bassist wollte einfach Antworten. Das hier beschäftigte ihn eben… Tatsächlich hatte Farin den Jüngeren nicht gehört und zuckte dementsprechend zusammen, als dieser plötzlich zu ihm trat. Er warf einen kurzen Seitenblick auf diesen, bevor er sich wieder dem Essen widmete. War er in Ordnung? War er sauer auf Rod? Was war mit ihm los? Unsicher wandte er den Blick ab und sah interessiert auf die Arbeitsplatte. Er war nicht sauer, nein. Vielmehr... enttäuscht? Eifersüchtig? Er wusste es nicht. Aber wenn er dem Chilenen keine Antwort geben würde, dann würde dieser sich Vorwürfe machen. „Nein, ich bin nicht sauer... Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Vielleicht wird mir jetzt erst klar, was alles hätte passieren können.“ Er sah den Anderen nur kurz an, bevor er wieder weg sah, dieses Mal auf seine Hände. „Ich hab viel nachgedacht... Also letzte Nacht, im Bett...“ Worüber, das konnte und wollte Farin nicht sagen. „Tut mir Leid dass ich euch gestört hab... Und dass ihr hier Krankenpfleger spielen müsst“, murmelte er verbittert und schnappte sich den Kochlöffel um den nächsten Topf zu massakrieren. Nachdenklich betrachtete Rod den Älteren und überlegte, was er hätte sagen können. Warum dachte Farin, dass er ihn gestört hätte? Der Chilene verstand nun wirklich die Welt nicht mehr. Irgendwie wurde das alles hier nur immer verwirrender. So langsam aber sicher kam er wirklich nicht mehr mit. Dachte er jetzt etwa, dass zwischen Bela und ihm wirklich irgendetwas gewesen wäre? Dabei war das nun wirklich vollkommen abwegig, immerhin liebte Rod den Gitarristen… Gut, das wusste er nicht – oder zumindest vermutete Rodrigo, dass er es nicht wusste – doch wenn er so etwas wirklich denken sollte, musste das ja bedeuten, dass er wirklich keine Ahnung von seinen Gefühlen hatte. „Jan…“, meinte er schließlich wieder und blickte seinen Freund lange und sanft an, „Du hast uns doch gar nicht gestört… Ich… hab mir nur ein paar Gedanken gemacht und Dirk hat versucht, mich aufzuheitern. Du… könntest uns doch gar nicht stören…“ Wieder blickte er ihn an. „Und das hier macht uns doch nichts aus. Wenn ich einfach gleich geredet hätte, wäre das ja auch nicht passiert… Und außerdem ist das selbstverständlich. Schließlich sind wir Freunde.“ Ja, Freunde. Das waren sie – doch leider würden sie wohl niemals mehr sein als das. „Kann ich dir irgendwie helfen?“ Der Blonde starrte weiter vor sich hin, hielt jedoch in jeder Bewegung inne. Hatte er wirklich wegen einer solchen Kleinigkeit überreagiert? Wegen einer Lappalie? Er hörte auf zu rühren und legte den Löffel zur Seite: „Hör auf, dir die Schuld zu geben... Es war meine eigene Dummheit... Und wie gesagt wäre es sonst dir passiert, also ist es besser, wie es ist.“ Nun sah er den Jüngeren doch an, oder eher dessen Oberkörper. Er schämte sich zu sehr, als dass er ihm in die Augen sehen konnte. „Rod, hör zu. Das von eben tut mir Leid. Ich hab es übertrieben. Vielleicht sollte ich etwas an die frische Luft gehen oder was weiß ich.“ Ein lang gezogenes Seufzen löste sich von seinen Lippen. „Also nach dem Essen... Und du musst mir nicht helfen, wirklich. Ich mach euch schon genug Ärger, da ist das ja wohl das Mindeste.“ Er zwang sich zu einem Lächeln, welches eher einer Grimasse glich. „Setz dich ruhig wieder ins Wohnzimmer. Und mach dir keine Gedanken, ich komm hier schon zurecht.“ Nun sah Farin dem Anderen doch in die Augen, was er sofort bereute. Egal, wie sehr er sich auch anstrengte, wie sehr er sein Gesicht unter Kontrolle hatte... An seinen Augen konnte man immer erkennen, wie er wirklich über etwas dachte. Er war nun mal nicht so ein guter Schauspieler wie die beiden Dunkelhaarigen. Was war denn nur los mit Farin? Vollkommen gleich, wie viele Gedanken sich der Chilene diesbezüglich auch machen mochte, er wusste es einfach nicht. Klar war nur, dass irgendetwas nicht in Ordnung war und er vermochte einfach nicht zu sagen, was genau es war. Meistens hatte Rod den Eindruck, dass zwischen ihnen niemals mehr sein würde als Freundschaft, doch dann, in Momenten wie diesen, hatte er den merkwürdigen Eindruck, dass der Gitarrist eifersüchtig gewesen wäre… Konnte das denn möglich sein? „Ach Quatsch, du machst uns doch gar keinen Ärger… Ich… also wir… helfen dir doch gerne…“ Auch er blickte dem Anderen nun in die Augen. „Ich bin immer für dich da, Jan… Dir muss nichts Leid tun, es ist okay… Hör zu…“ Warum nur brachte er das, was er fühlte, nicht einfach über seine Lippen? „Ich mach das hier gerne. Nicht einfach nur, weil ich gewissermaßen Schuld an dieser ganzen Sache bin… Ich helfe dir einfach gern… Also mach dir keine Gedanken, dass du mir irgendwie zur Last fallen würdest, denn das ist nicht so, okay…?“ Ein sanfter Ausdruck war in den dunklen Augen des Bassisten zu erkennen, es war vollkommen klar, dass er die Wahrheit sprach. Farin fiel ihm nicht zur Last. Das würde er niemals können, viel zu sehr liebte Rodrigo den Größeren, auch, wenn er ihm dies niemals so sagen konnte. Der Blonde wandte unsicher den Blick ab, wollte nicht in Rods Richtung sehen. In letzter Zeit hatte er sich einfach nicht unter Kontrolle. Das lag nicht nur an dem kleinen Briefknaller - wie er es in Gedanken nannte. Den genauen Grund wusste er nicht, es war einfach da, überkam ihn in manchen Situationen. „Okay... Ich nerv euch noch eine Weile und ihr lasst euch noch von mir nerven. Abgemacht?“ Nun sah er den Kleineren doch wieder an und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Er war nicht wirklich wütend und wollte dieses Gefühl auch gar nicht erst vermitteln. Selbst wenn es so gewesen wäre: Ein Blick in die sanften, braunen Augen des Chilenen beruhigte ihn immer schnell. „Steht dein Angebot noch? Also mit der Hilfe... Oder würdest du mir wenigstens etwas Gesellschaft leisten?“ Der Blonde räusperte sich übertrieben, um seine Verlegenheit zu überspielen. Auch Rod lächelte nun, als er wieder in die Augen des Anderen sah. Immerhin schien jetzt wieder alles in Ordnung zu sein, zumindest mehr oder weniger und das beruhigte den Bassisten. „Naja, du nervst zwar nicht, aber okay. Abgemacht.“ Die Wahrheit war, dass Rod trotz seiner Gefühle für den Anderen, von denen er befürchtete, dass man sie ihm anmerken könnte, einfach sehr gerne in der Nähe des Blonden war. Es gab ihm ein schönes Gefühl, dass er ihn helfen und dabei immer um ihn sein konnte, auch, wenn es ihm diese ganze Sache auch nicht unbedingt leichter machte. „Und natürlich leiste ich dir Gesellschaft.“ Der Chilene lächelte sanft. „Ich kann dir auch gerne helfen. Ich kann das auch ruhig machen und du setzt dich und ruhst dich etwas aus. Wirklich“ der Jüngere betrachtete Farin eine Weile „vielleicht solltest du dich etwas hinsetzen und lässt mich das machen. Immerhin bist du immer noch verletzt. Ich mach das schon. Dann leistest einfach du mir Gesellschaft.“ Leicht grinsend hob der Blonde eine Braue und verschränkte die Arme vor der Brust. „Kann es sein, dass du hier grade den Spieß umdrehst? Erst willst du mir nur helfen, jetzt willst du mich zum nichts tun verdonnern?“ Er schüttelte leicht den Kopf und legte dem Kleineren eine Hand auf die Schulter. „Das kannst du vergessen. Du weißt, wie sehr ich es hasse einfach nur dumm rum zu sitzen... also los, machen wir weiter!“ Er zögerte einen Moment und ließ seine Hand, wo sie war. „Rod? Tut mir wirklich leid...“ Er lächelte etwas gequält und wandte sich schnell wieder zum Herd um. Noch immer fühlte er sich komisch, wusste allerdings nicht genau woran dies lag. Er versuchte, es dabei zu belassen und widmete sich stattdessen wieder dem Essen, wobei er sich nicht wirklich auf dieses konzentrieren konnte. „Was macht Dirk jetzt eigentlich? Wenn er wieder einen Himmelsschreiber anheuern will-“ „Als wenn ich DAS je machen würde!“ Erschrocken wandte der Gitarrist sich um und sah auf den Älteren, welcher mit einem breiten Grinsen am Türrahmen lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt und ein schelmisches Blitzen in den Augen. „Ich find es ja schön, dass ihr euch ausgesprochen habt... Aber da brennt etwas an, das hab ich sogar im Wohnzimmer gerochen.“ Auf die Worte des Blonden musste Rodrigo wieder lachen. Natürlich hatte er ihn durchschaut, aber es war eben so, dass er nicht wollte, dass Farin sich womöglich überanstrengte oder dergleichen. Er wusste jedoch auch, dass es ohnehin keinen Sinn hatte, ihn davon überzeugen zu wollen, sich zu schonen, denn wenn er sich nicht schonen wollte, sondern viel lieber Essen machen zu wollen schien, dann würde er sowieso nicht auf Rod hören, denn dafür war der Gitarrist nun wirklich viel zu dickköpfig. Und so nickte er nur auf die Worte des Größeren und half ihm dabei, das Essen zuzubereiten. Als Bela den Raum betrat, entfuhr dem Chilenen abermals ein Lachen. Ja, das mit dem Himmelsschreiber war wirklich so eine Art ewiger Running Gag zwischen ihnen und es fehlte nur noch, dass er dies wirklich in die Tat umsetzen würde. „Hm?“, entfuhr es ihm schließlich, als der Drummer die Sache mit dem Essen ansprach. „Oh fuck.“ Schnell wandte er sich zu der Kochinsel um, um zu sehen, was noch zu retten war. Bela beobachtete das Geschehen weiterhin leicht grinsend, machte jedoch nicht die kleinsten Anstalten, ihnen zu helfen. Stattdessen trat er an den Küchentisch und zog sich einen Stuhl zurück um sich auf diesen zu setzen. „Und? Wann gibt’s endlich etwas zu Essen? Gibt es heute überhaupt noch etwas zu essen? Was wird das? Was sollte es werden? Wird es noch, was es werden sollte? Wo ist die Nummer vom Pizza-Service?“ Leicht grinsend beugte sich der Drummer vor, die Arme auf dem Tisch verschränkt, den Blick mal auf Rod, mal auf Farin gerichtet. Letzterer verzichtete darauf, ihm zu antworten und schleuderte ihm stattdessen ein Geschirrhandtuch entgegen. „Du musst das ja nicht essen! Kannst dir ruhig eine Pizza bestellen, Rod und ich lassen es uns in der Zwischenzeit schmecken“, nuschelte der Blonde, musste allerdings leicht grinsen während er wieder an den Herd trat. Belas Fragen waren berechtigt, wenn man sich das Chaos auf dem Herd genauer ansah. „Okay, bestellen wir etwas. oder?“ Fragend blickte er den Jüngeren an, welcher dicht neben ihm stand. „Tut mir leid, dass es nix wird mit der guten alten Hausmannskost... Ich hätte mich mehr aufs Essen machen konzentrieren sollen.“ „Ich hab eine bessere Idee.“ Mit einem Ruck erhob sich der Drummer, wobei er den Stuhl laut über den Boden schrammen ließ - wofür Farin ihm einen mehr als bösen Blick zuwarf. Doch anscheinend entging dies dem Älteren: „Ich fahr zum China-Mann und besorg uns was zu Futtern!“ Wieder einmal musste der Chilene leicht lachen, als er die Worte des Kleineren hörte, wandte sich dann jedoch dem Blonden zu. „Das macht doch nichts… Ist ja schließlich nicht deine Schuld! Und keine Widerrede!“, meinte er schließlich mit einer leichten Bestimmtheit, denn das letzte, was er jetzt wollte, war, dass der Andere sich irgendwelche Vorwürfe machte, weil das Essen nun nichts geworden war – Rod selbst hatte schließlich genauso wenig aufgepasst wie Farin und passiert war eben passiert. „China-Mann klingt gut“, gab er schließlich mit einem leichten Grinsen von sich, „Ich nehm die Nummer 42.“ Seine typische Bestellung bei besagtem China-Mann. Farin betrachtete die Reste des geplanten Mittagessens noch eine Weile, bevor er schließlich seufzend nickte: „Gut, dann also etwas vom China-Mann.“ Er trat an eine kleine Pinnwand, an welche er meist wichtige Notizen oder Telefonnummern heftete - etwas, was in Zeiten von Handys mit Erinnerungsfunktion wohl die wenigsten taten - und löste einen Flyer mit der Speisekarte des einzigen Chinesischen-Restaurants in der Gegend. „Ich nehme die Nummer 335 mit Reis. Am besten weißen Reis, passt besser. Und dazu noch die 13. Vielleicht kannst du von der Tanke noch Eis mitbringen, als Nachtisch. Kuchen ist etwas trocken und Torte sättigt zu sehr und macht fett. Ich wollt abnehmen. Rod, such du dir auch noch etwas aus, Dirk zahlt.“ Fragend sah der Drummer den Blonden an und versuchte eine Braue zu heben, wie es sonst für Farin typisch war - wobei es bei dem Versuch blieb. Nach einigen Sekunden gab er den Kampf auf und verschränkte stattdessen die Arme vor der Brust. „Und wieso bitte sollte ich zahlen?“ „Rod und ich haben gekocht“, stellte der Gitarrist fest und deutete dabei auf die Töpfe. „Ja, aber daraus ist nix geworden. Deshalb fahre ich ja zum Chinamann!“ Mit einem leichten Grinsen wandte Farin sich ab und zog unter der Spüle eine Mülltüte hervor, in der die verkohlten Reste landen sollten: „Dirk, es geht hier um die Logik. Rod und ich standen die ganze Zeit in der Küche und haben uns um das Essen gekümmert, während du im Wohnzimmer warst und nix getan hast. Also ist es doch nur fair wenn du zahlst, oder?“ Seufzend schüttelte der Drummer den Kopf: „Und wo ist da bitte die Logik? Wenn ihr euch um das Essen gekümmert hättet, wäre es nicht angebrannt!“ Noch immer grinste der Blonde als er über seine Schulter zu den beiden Dunkelhaarigen sah und leicht eine Braue hob. „Dirk, wir haben uns soviel Mühe gegeben um dir ein nahrhaftes Mahl zu kredenzen! Wir haben uns einen abgerackert und trotz der mehr als hohen Außentemperatur am heißen Herd gestanden, geschwitzt und geschuftet! Wir wollten mehrmals aufgeben, doch trotz allem haben wir das durchgezogen weil wir dir eine Freude bereiten wollten! Es war wirklich nur ein kleiner Moment der Unachtsamkeit, der eine sicherlich wohlschmeckende Mahlzeit zu einem Haufen Steinkohle gemacht hat! Wir sind untröstlich, schau uns doch an! Das Wort 'schuldig' steht uns förmlich ins Gesicht geschrieben! Da ist es doch wohl eine Selbstverständlichkeit, dass du uns mit dieser Geste in Form einer Essenseinladung zeigst, dass du uns vergibst.“ Während Farin sprach, starrte der Ältere ihn an, warf nur zwischendurch einen kurzen Blick auf Rod, der sich anscheinend nur schwer ein Grinsen verkneifen konnte und hin und wieder bestätigend nickte und dabei versuchte, so schuldbewusst wie möglich dreinzublicken. Seufzend ließ Bela die Arme sinken und sah nun wieder auf den blonden Gitarristen: „Du hast kein Geld im Haus, oder?“ „Keinen müden Cent.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)