Taste Of Confusion II von Karma (Adrian x Jonas) ================================================================================ Kapitel 8: Das Konzert ---------------------- So, und hier geht's auch gleich weiter. Ich hoffe, ihr seid auf Zucker und Kitsch gefasst, denn ich fürchte, ich hab hier eine ordentliche Portion von beidem zu bieten. *drop* Nya, so bin ich eben. Damit müsst ihr dann halt leben. *kicher* Und jetzt spar ich mir das Vorgelaber und wünsch euch einfach viel Spaß mit Jonas neuesten Gefühlsverwirrungen. ^__^ Karma oOo "Du, Jojo, ich komm heute Abend nicht mit. Ich treffe mich mit Gina. Sei nicht sauer, ja? Meine Karte kannst Du behalten, wenn Du willst." "Was?" Vollkommen entgeistert starre ich meinen Bruder an. Habe ich mich gerade verhört oder hat er mir tatsächlich gesagt, dass er zu seiner Freundin will – obwohl er mir schon vor Monaten versprochen hat, heute Abend mit mir zum Crüxshadows-Konzert zu gehen? "Das ist doch wohl ein schlechter Scherz, oder?", frage ich ihn, doch Nico schüttelt den Kopf und schenkt mir einen halb reumütigen, halb bittenden Blick. "Komm schon, sei nicht so, Jojo.", versucht er, mich zu erweichen. Heute beisst er damit bei mir allerdings auf Granit. Ich freue mich schon seit Wochen auf den heutigen Abend, bin schon seit fast einer Stunde fertig angezogen und geschminkt und habe eigentlich nur noch auf meinen Bruder gewartet, damit wir endlich loskönnen. Und was macht er? Erzählt mir jetzt, dass er mich nicht begleiten, sondern lieber zu seiner Freundin gehen will? "Na, herzlichen Dank auch. Viel Spaß wünsche ich Dir. Und danke, dass Du mir so früh Bescheid gesagt hast.", pflaume ich ihn an, aber das scheint ihn nicht zu stören. "Jetzt stell Dich doch nicht so an, Jojo.", murrt er stattdessen, so als wäre es meine und nicht seine Schuld, dass der Abend ruiniert ist. Ganz toll, wirklich. "Du hat doch jetzt zwei Karten. Da kannst Du doch noch jemanden mitnehmen. Ruf einfach Vanessa oder Carina an. Die stehen beide voll auf Dich. So kommst Du wenigstens auch endlich mal zu nem Date." Nico sieht aus, als würde er sich am liebsten selbst für seinen genialen Einfall auf die Schulter klopfen. Dass ich weder ein Date mit Carina noch eins mit Vanessa will, interessiert ihn ebenso wenig wie die Tatsache, dass ich mich eigentlich darauf gefreut hatte, endlich mal wieder einen Abend nur mit meinem Bruder zu verbringen. Immerhin hat er ja so gut wie keine Zeit mehr, seit er mit Gina zusammen ist. Nicht, dass ich ihm sein Glück nicht gönnen würde – das tue ich wirklich; Gina ist ein tolles Mädchen und sie tut ihm gut –, aber ich finde es mies, dass er ihretwegen alles andere komplett vergisst – auch mich. "Danke für den Tipp.", grolle ich deshalb aber die Ironie in meiner Stimme entgeht Nico völlig. "Gern geschehen.", strahlt er fröhlich, schnappt sich seine Jacke und ist nach einem knappen "Bis morgen dann!", das er mir im Vorbeirauschen zuruft, auch schon aus dem Haus. Ich bleibe alleine in unserem Zimmer zurück und blicke seufzend auf die zwei Konzertkarten in meiner Hand. Was soll ich denn jetzt damit anfangen? Einerseits ist mir die Lust auf den heutigen Abend gründlich vergangen, aber andererseits will ich die Karten auch nicht verfallen lassen. Ich kenne mich gut genug um zu wissen, dass ich mich morgen schwarz ärgern werde, wenn ich heute nicht hingehe. Aber ganz alleine möchte ich das Konzert auch nicht besuchen. Nur – wen sollte ich mitnehmen? Ich will ganz sicher keinem Mädchen falsche Hoffnungen machen. Da würde ich mir schäbig vorkommen. Also was soll ich tun? Mein Herz gerät – wieder einmal – vollkommen aus dem Takt, als mir Adrian in den Sinn kommt. Ich weiss, dass er die Musik zumindest mag, also wäre das vielleicht keine schlechte Idee. Aber andererseits weiss ich nicht, ob er heute Abend schon etwas vorhat. Immerhin ist Samstag, also wird er sicher wieder mit Devlin und Miriam ausgehen – falls es Miriam inzwischen etwas besser geht. Sie war die ganze Woche über nicht in der Schule, aber ich habe niemandem erzählt, dass ich sie getroffen habe und was mit ihr ist. Das zu erzählen ist ihre Sache, nicht meine. Aber zurück zum Thema. Was würde Adrian wohl denken, wenn ich ihn anrufe und frage, ob er heute mitkommen will? Da ich das wohl nie erfahren werde, wenn ich es nicht ausprobiere, nehme ich all meinen Mut zusammen, lege die Karten auf mein Bett und hole mir dann schnell das Telefon aus dem Wohnzimmer. Mit zitternden Fingern wähle ich seine Nummer, lausche mit angehaltenem Atem auf das Freizeichen und verfluche meine Nervosität. Das ist doch peinlich, verdammt noch mal! Ich bin achtzehn und benehme mich wie zwölf. "Gräfe?", meldet sich Adrian schliesslich und unterbricht so meine Gedanken. "Adrian? Hi. Ich bin's, Jonas.", erkläre ich, nachdem ich mich kurz geräuspert und meine Verlegenheit verflucht habe. Hilfe! "Jojo? Was ist los? Ist alles okay?", erkundigt er sich gleich besorgt und ich fühle, wie mir bei der Erinnerung an den vergangenen Mittwoch, als ich mich bei ihm praktisch ausgeheult habe, die Röte ins Gesicht kriecht. "Ja, schon. Mir geht's gut. Relativ jedenfalls.", antworte ich und spreche schnell weiter, um ihm nur ja keine Möglichkeit für weiteres Nachfragen zu geben. Ich will nicht, dass er sich meinetwegen unnötige Sorgen macht. "Eigentlich rufe ich auch nur an, um Dich zu fragen, ob Du vielleicht Lust hast, heute Abend mit mir zum Crüxshadows-Konzert zu gehen Nico wollte lieber zu seiner Freundin und hat mich mit zwei Karten sitzen lassen. Und ich dachte mir, alleine ist es langweilig und vielleicht hast Du ja noch nichts vor." Kann mich mal jemand stoppen? Ich benehme mich ja wie ein Vollidiot! "Ich weiss, es ist ziemlich kurzfristig, aber mein dämlicher Bruder hat mir auch erst vor zehn Minuten Bescheid gesagt und ist dann gleich abgehauen, also dachte ich, ich frage einfach mal und..." Weiter komme ich nicht. "Klar komm ich mit.", werde ich unterbrochen. Adrians Stimme klingt erfreut und mein Herzschlag beschleunigt sich rasant. "Ich hab heute eh nichts vor, weil ich bis zuletzt noch versucht hab, eine Karte für heute Abend zu kriegen. Ich war schon halb verzweifelt, weil’s nicht geklappt hat. Wann ist denn Einlass?", erkundigt er sich und ich muss nicht in den Spiegel sehen um zu wissen, dass ich strahle wie ein Kaufhausweihnachtsbaum. Er kommt mit! Er kommt wirklich mit! Ein ganzer Abend lang nur er und ich! "Um sieben.", antworte ich und werfe einen Blick auf die Uhr über meinem Bett. Gerade halb sechs durch, also schaffen wir das locker. "Okay. Dann hole ich Dich so um sechs ab, in Ordnung?", fragt er und ich nicke hektisch. "Klar. Bis gleich." "Bis gleich." Und aufgelegt. Ich klammere mich förmlich am Telefon fest und kann mein Glück kaum fassen. Adrian holt mich gleich ab und fährt dann mit mir zu dem Konzert. Nur er und ich, sonst niemand. Kein Nico, kein Devlin, keine Miriam und auch keine Rita, sondern nur Adrian und ich. Heilige Scheisse, hoffentlich überlebe ich den Abend! Ein Klingeln an der Haustür reisst mich aus meinen Gedanken und ich stelle mit Schrecken und einem weiteren Blick auf die Uhr fest, dass es inzwischen schon kurz nach sechs ist. Habe ich etwa wirklich eine halbe Stunde lang wie ein Idiot das Telefon in meiner Hand angegrinst? Wie peinlich ist das denn bitteschön? Was für ein Glück, dass das niemand gesehen hat! "Guten Abend.", höre ich die Stimme meines Vaters aus dem Flur. Sofort springe ich auf, kralle mir meinen Mantel und die Karten und sause ebenfalls dorthin – gerade noch rechtzeitig, um das absolut umwerfende Lächeln zu sehen, mit dem Adrian Papa begrüßt. "Guten Abend.", erwidert er und Papa wirft mir einen fragenden Blick zu. "Hi. Keine Zeit, Paps. Wir müssen los.", fertige ich ihn schnell ab und schiebe Adrian gleich wieder durch die Tür nach draussen. "Bis später!", rufe ich meinem Vater noch über die Schulter hinweg zu und das Letzte, was ich von ihm mitbekomme, ist ein Winken und ein "Viel Spaß, ihr Zwei.", bevor er die Haustür hinter uns schliesst. Ich atme so unauffällig wie möglich auf und nehme mir dann erst einmal die Zeit, um Adrian genauer anzusehen – ein Anblick, der mir die Sprache verschlägt. Wie üblich trägt er auch heute Schwarz – von den Stiefeln über die Lederhose bis hin zu seinem langen Ledermantel –, seine langen Haare fallen ihm offen über die Schultern und um seinen Hals hängt ein Lederband mit einem silbernen Pentagramm, dessen beinahe exaktes Spiegelbild sich unter meinem Pulli befindet. Scheint, als hätten wir in mehr als einer Hinsicht einen sehr ähnlichen Geschmack. "Du siehst gut aus.", spricht er meine Gedanken aus und ich spüre zu meinem Leidwesen, wie ich wieder einmal puterrot werde. "Danke.", nuschele ich beschämt und glücklich zugleich. "Du aber auch.", gebe ich das Kompliment zurück und wieder lächelt er so, dass meine Knie ganz weich werden. "Dann lass uns mal losdüsen.", schlägt er vor und ich folge ihm nickend zu seinem Wagen. "Du hast mich übrigens gerettet.", erzählt er mir, nachdem wir losgefahren sind. Ich sehe ihn verständnislos an und er grinst. "Wenn Du nicht angerufen hättest, würde ich jetzt zu Hause hocken und aus lauter Frust und Langeweile für meine nächste Geschichtsprüfung lernen.", erklärt er und mein Blick wird fragend. "Geschichtsprüfung?", hake ich nach und er nickt. "Ja. Ich studiere Geschichte und Englisch auf Lehramt.", lautet seine Antwort und meine Augen werden groß. "Du willst Lehrer werden?" Also damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Immerhin ist seine Mutter Fotografin und sein Cousin malt, soweit ich weiss. Und dann will er Lehrer werden? Das passt doch irgendwie nicht zusammen, oder? "Ja, das hab ich vor.", erwidert Adrian mit einem weiteren Nicken. "Klingt komisch bei meiner Familie, ich weiss, aber irgendjemand muss in dem Haushalt ja vernünftig und mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben. Ausserdem finde ich besonders Geschichte extrem spannend und das möchte ich irgendwann mal weitergeben.", erzählt er und zuckt mit den Schultern. "Lehrer ist vielleicht nicht unbedingt ein Traumberuf, aber da ich nun mal kein künstlerisches Talent habe, muss ich eben das Beste aus dem machen, was ich kann. Und reden kann ich nun mal verdammt gut. Zumindest behauptet das jeder." "Das bewundere ich.", gebe ich ehrlich zu und ernte einen überraschten Seitenblick, der die Schmetterlinge in meinem Magen gleich wieder unruhig werden lässt. "Wirklich?", will er wissen und als Belohnung für mein Nicken erhalte ich ein weiteres, absolut umwerfendes Lächeln. "Ja, auf jeden Fall. Ich könnte das nicht. Ausserdem habe ich auch noch keine richtige Ahnung, was ich nach dem Abi machen will. Meine Mutter hofft, dass ich irgendwas Tolles wie Jura oder Medizin studiere, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob das wirklich das Richtige für mich ist. Aber ich hab ja auch noch ein knappes halbes Jahr Zeit, bis ich mich entscheiden muss." Während meiner Worte hat Adrian seinen Wagen auf dem Parkplatz des Clubs geparkt, in dem das Konzert stattfindet. Wir steigen beide aus und auf dem Weg zum Eingang nimmt er den Faden wieder auf. "Warte bloß nicht zu lange damit.", rät er mir. "Vor allem nicht mir der Überlegung, was Du wirklich machen willst. Wenn Du etwas anfängst, nur weil es jemand von Dir erwartet, wirst Du damit auf Dauer bestimmt nicht glücklich.", fügt er hinzu und ich nicke bedächtig. Er hat definitiv Recht. So langsam sollte ich mir wohl wirklich mal endlich Gedanken darüber machen, was ich nach der Schule mit meinem Leben anfangen will. Aber darüber werde ich mir am besten ab Montag den Kopf zerbrechen. Heute will ich erst mal das Konzert geniessen und morgen muss ich einen klaren Kopf für das Telefonat mit Dennis haben. Davor habe ich mächtigen Bammel, wenn ich ehrlich sein soll. Ob wir nach dem Gespräch überhaupt noch Freunde sein werden? "Komm, wir können rein." Adrians Stimme und sein Arm um meine Taille bringen mich wieder in die Realität zurück. Mein Gesicht glüht schon wieder, aber es gelingt mir trotzdem irgendwie, die Karten aus meiner Manteltasche zu fingern und sie entwerten zu lassen. Dabei bemühe ich mich, weder nach rechts noch nach links zu sehen. Was mögen die Anderen wohl denken, die sich heute Abend auch das Konzert ansehen wollen? Ob sie glauben, dass Adrian und ich zusammen sind? Bei dieser Überlegung verdunkelt sich meine Gesichtsfarbe noch mehr, aber trotzdem merke ich, wie ich zu lächeln beginne. Irgendwie gefällt mir die Vorstellung, dass wir für Aussenstehende wie ein Paar aussehen könnten. Sicher, es ist nicht wahr – leider –, aber man wird ja wohl noch etwas träumen dürfen, oder? Gemeinsam geben Adrian und ich unsere Mäntel an der Garderobe ab, nachdem ich mich wieder etwas gefangen habe. Dann folgen wir den anderen Fans in Richtung Bühne. Wir suchen uns einen Platz in der Ecke des Saales, von dem aus wir nachher alles sehen können, ohne allzu sehr im Gedränge zu stehen. Dort machen wir es uns gemütlich und vertreiben uns die letzte Stunde bis zum Konzertbeginn mit Reden über Gott und die Welt. Dabei stelle ich immer wieder erstaunt fest, dass ich mich mit ihm nicht nur wunderbar unterhalten kann, sondern dass Adrian und ich auch in vielen Dingen ähnliche Ansichten haben. Ich bin so in das Gespräch vertieft, dass ich nicht mal mitbekomme, dass der Saal sich immer mehr füllt. Das plötzliche Verdunkeln überrascht mich also völlig und das Letzte, was ich vor dem Einsetzen der Musik noch höre, ist Adrians Lachen, dass wieder einmal alles in mir zum Kribbeln bringt. Heilige Scheisse, dieser Mann macht mich noch wahnsinnig – und das ganz offenbar, ohne das auch nur im Geringsten zu bemerken! Dadurch, dass es inzwischen schon so voll ist, bekomme ich irgendwann plötzlich einen Stoß, der mich straucheln lässt. Bevor ich allerdings das Gleichgewicht verlieren kann, werde ich festgehalten und finde mich gleich darauf genau vor Adrian wieder. "Geht's so?", fragt er leise und seine Stimme so nah an meinem Ohr verschafft mir eine Gänsehaut am ganzen Körper. So nah war er mir noch nie, vom vergangenen Mittwoch einmal abgesehen. "Ja. Danke.", flüstere ich zurück und im nächsten Moment stockt mir beinahe der Atem, denn er legt von hinten seine Arme um mich und verschränkt seine Hände vor meinem Bauch. Eine Schrecksekunde lang versteife ich mich völlig, aber der prüfende Blick, den ich aus dem Augenwinkel auffange, sorgt dafür, dass ich mich sofort wieder entspanne. Auf keinen Fall will ich, dass er mich loslässt, nur weil er vielleicht glaubt, dass mir das unangenehm ist. Das ist es nämlich nicht. Ganz im Gegenteil. abgesehen von den Milliarden von Schmetterlingen in meinem Blutkreislauf und dem Glühen meines Gesichts ist das hier so ziemlich das Schönste, was ich je erlebt habe. "Damit Du mir hier nicht umkippst.", erklärt er mir, aber das höre ich nur wie durch Watte. Ich bin viel zu benebelt von seiner Berührung, als dass ich jetzt antworten könnte, also lasse ich das. Ich glaube, wenn Nico morgen nach Hause kommt, muss ich mich bei ihm für meine Laune heute entschuldigen – und mich dafür bedanken, dass er mir durch seine Absage den besten Abend meines Lebens beschert hat. Irgendwann, ich weiss nicht genau wann, schliesse ich einfach meine Augen und lehne mich zaghaft an Adrian. Es tut so unglaublich gut, von ihm im Arm gehalten zu werden, dass ich einfach nicht anders kann. Er lässt mich auch nicht los, wie ich eine Sekunde lang befürchte, sondern zieht mich stattdessen sogar noch etwas näher an sich und stützt sein Kinn auf meiner rechten Schulter ab. So ist er mir noch näher als vorhin schon und ich bin mir sicher, dass er so ganz genau spüren kann, wie schnell mein Herz klopft. Dazu sagt er jedoch nichts und auch ich bleibe stimm. Ich will das hier einfach nicht kaputtmachen, sondern es einfach nur geniessen, solange es anhält. Das, was auf der Bühne – oder auch im Publikum; Rogue verlässt die Bühne nun mal gerne während des Auftritts – passiert, interessiert mich nicht mehr. Viel, viel wichtiger ist mir, dass Adrian mich hält. Ich kann fühlen, dass seine Daumen meinen Bauch durch den Pulli streicheln, und diese sanften Berührungen bringen mich zum Lächeln. Ich glaube, so rundum glücklich und zufrieden war ich in meinem ganzen Leben noch nicht. Viel zu schnell für meinen Geschmack ist das Konzert – von dem ich, wie ich peinlicherweise zugeben muss, nicht einmal die Hälfte mitbekommen habe – allerdings leider auch schon zu Ende. Die Band verabschiedet sich nach einer letzten Zugabe, die Saalbeleuchtung geht wieder an und ich blinzele ob der plötzlichen Helligkeit. "Schade.", murmele ich und von hinter mir kommt ein leises "Stimmt.", bevor die warmen Arme, die mich gerade noch festgehalten haben, verschwinden. Ich bin mir nicht sicher, ob Adrian und ich dasselbe meinen, denn ich hab gerade nicht von dem Konzert gesprochen. Zögerlich drehe ich mich halb um und glaube, für einen Sekundenbruchteil so etwas wie Bedauern in seinen Augen gesehen zu haben, aber ganz sicher bin ich mir da nicht und ich traue mich auch nicht, ihn danach zu fragen. Wie sähe das denn aus? "Wie sieht's aus, wollen wir uns noch ein paar Autogramme holen?" Fragend sieht Adrian mich an und ich nicke zustimmend. "Das bin ich Nico wohl schuldig." Schon alleine, weil er mir seine Karte überlassen hat und ich so den Abend mit Adrian verbringen konnte. "Er steht ein bisschen auf Jessica, musst Du wissen.", füge ich erklärend hinzu und grinse leicht. "Wenn ich ihm nicht wenigstens ein Autogramm mitbringe, dann jammert er mir morgen den ganzen Tag die Ohren voll." "Na, das wollen wir lieber nicht riskieren.", grinst Adrian, zwinkert mir zu und greift dann nach meinem Arm. Und auch wenn er das nur tut, damit wir im Gedränge nicht voneinander getrennt werden, beschleunigt sich mein Herzschlag trotzdem rasant. Dieser Abend ist eindeutig der beste meines bisherigen Lebens. Es kostet und noch mal eine gute Dreiviertelstunde, bis wir durch die Masse der wartenden Fan durch sind und unsere Autogramme haben. Zu meinem – oder vielmehr zu Nicos – Glück habe ich sogar Jessica für ein Foto erwischt. Wehe, mein Bruder freut sich nicht darüber, wenn ich es ihm morgen gebe! Dann kann er beim nächsten Mal, wenn er mich versetzt, zusehen, wer so blöd ist, ihm Autogramme und Fotos mitzubringen. "Aufbruch?", wendet Adrian sich an mich, als wir es endlich bis zur Garderobe geschafft haben. Ich werfe einen Blick auf meine Uhr und nicke dann. "Wäre besser.", stimme ich zu, obwohl ich eigentlich noch nicht wirklich nach Hause will. aber ich sollte für das Telefonat mit Dennis lieber fit sein, also ist es wohl besser, jetzt zu fahren. "Okay, dann los.", werde ich aufgefordert. Wir lassen uns unser Mäntel geben und verlassen gemeinsam den Club, nur um draussen vor der Tür wie angewurzelt stehen zu bleiben und auf das Bild zu starren, dass sich uns bietet. "Es schneit.", stellt Adrian verwundert fest und ich kann nur nicken, denn er hat eindeutig Recht. Es schneit tatsächlich große, weisse Flocken, die im Licht der Straßenlaternen wie unzählige Diamanten glitzern. "Wunderschön.", murmele ich ergriffen, ohne etwas gegen das Strahlen unternehmen zu können, das sich beim Anblick der Schneeflocken vollkommen automatisch auf meinem Gesicht ausbreitet. Ich liebe Schnee! "Allerdings." Adrians Stimme klingt irgendwie seltsam und als ich meinen Blick vom Himmel löse, um ihn anzusehen, stelle ich fest, dass er nicht den fallenden Schnee beobachtet, sondern mich. Er mustert mich, als würde er mich zum allerersten Mal überhaupt wirklich ansehen und ich spüre, wie mir unter diesem Blick ganz komisch wird. Mein Herz schlägt Purzelbäume, in meinem Magen flattern wieder Millionen von Schmetterlingen und mein Gesicht glüht so sehr, dass die Schneeflocken, die mir zu nahe kommen, schon in der Luft zu schmelzen beginnen. "Ähm... Wollen wir?", frage ich heiser und gehe schon mal vor zum Wagen, als er einfach nur stumm nickt. Heilige Scheisse, es wird immer schlimmer mit mir! Hilfe! Die Rückfahrt nach Hause erfolgt in – zumindest von meiner Seite – ausgesprochen gespanntem Schweigen. Ich starre beinahe die ganze Zeit über aus dem Beifahrerfenster und bin regelrecht erleichtert, als Adrian irgendwann das Radio anmacht. In der Fensterscheibe kann ich erkennen, dass er immer wieder prüfende Blicke zu mir wirft, aber ich schaffe es nicht, ihn direkt anzusehen. Dazu bin ich viel zu verwirrt. Hat er vorhin mit seiner Zustimmung den Schnee oder mich gemeint? Oder habe ich wieder Herzrasen und feuchte Hände für nichts und wieder nichts? Die Ungewissheit macht mich noch nervöser, als ich ohnehin schon bin, und ich weiss einfach nicht, was ich jetzt tun soll. Was erwartet er von mir? Erwartet er überhaupt etwas? Soll ich irgendetwas sagen? Aber was? Ich bin so sehr mit Grübeln beschäftigt, dass ich erschrocken zusammenzucke, als Adrian mich irgendwann plötzlich am Arm berührt. "Wir sind da, Jojo.", informiert er mich leise und ich werde wieder rot, denn er zieht seine Hand nicht zurück, sondern lässt sie auf meinem Unterarm liegen. "Hab ich gar nicht bemerkt.", stammele ich und er schmunzelt leicht. "Du warst ja mit Deinen Gedanken auch ganz weit weg.", sagt er, zieht seine Hand zurück und löst seinen Anschnallgurt, um auszusteigen. Ich tue es ihm gleich und verfluche innerlich das Zittern meiner Finger, das diese kleine Sache in einen regelrechten Kampf für mich ausarten lässt. Verdammt, ich hasse es, nervös zu sein! Nach einer gefühlten Ewigkeit kann ich mich schliesslich doch noch von dem Gurt befreien. Aufatmend klettere ich aus dem Auto und trete zu Adrian, der bereits vorgegangen ist und vor der Haustür auf mich wartet. Drinnen ist, wie ich mit einem schnellen Blick feststelle, schon alles dunkel und darüber bin ich mehr als froh. Ich möchte meinen Eltern wirklich nicht erklären müssen, warum mich die Nähe eines anderen Mannes so unglaublich durcheinanderbringt. Darauf, mich vor meiner Familie zu outen, muss ich mich mental erst einmal ausgiebig vorbereiten. "Danke für den schönen Abend, Jojo." Irre ich mich oder klingt Adrians Stimme wirklich irgendwie förmlich? Und warum kommt mir sein Blick noch intensiver vor als sonst? "Keine Ursache.", erwidere ich und versuche zu grinsen, aber das gelingt mir mehr schlecht als recht, fürchte ich. "Ich hab mich gefreut, dass Du mitgekommen bist.", schiebe ich noch schnell hinterher und wünsche mir gleichzeitig ein Loch zum Verkriechen. Wie rot kann man eigentlich werden? "Und ich hab mich gefreut, dass Du mich angerufen hast. Sehr sogar." Bei diesen Worten habe ich förmlich das Gefühl, dass meine Haut vor lauter plötzlicher Spannung prickelt. Kommt es mir nur so vor oder hat sich die Stimmung, die zwischen uns herrscht, gerade schon wieder verändert? Aber wenn ich mir das einbilde, warum wird mein Herzklopfen dann immer heftiger? Und warum sagt Adrian nichts dazu? So laut, wie das Geräusch ist, muss er das doch auch hören. Ich komme nicht dazu, mir lange Gedanken darüber zu machen. Urplötzlich ist Adrians Gesicht meinem ganz nah und noch bevor ich auch nur im Entferntesten ahne, was er vorhat, legen sich seine Lippen auf meine. Der Kuss ist langsam, sanft und warm, nicht mehr als eine winzige Berührung unserer Lippen, aber ich vergesse trotzdem beinahe das Atmen. Passiert das hier gerade wirklich? Oder bilde ich es mir nur ein, weil ich es mir so sehr wünsche? Ich würde mich ja selbst kneifen, um das zu überprüfen, aber meine Hände weigern sich gerade, den Befehlen meines Gehirns Folge zu leisten. Mein Kopf ist wie leergefegt und meine Augen schliessen sich wie von selbst. Auch wenn das hier nur ein Wunschtraum ist, dann will ich ihn doch trotzdem wenigstens auskosten. Wer weiss schon, wann ich das nächste Mal einen so schönen Traum habe? Viel zu schnell für meinen Geschmack verschwindet der Druck der fremden Lippen von meinen. Beinahe sofort setzt mein Atemreflex, den ich fast vergessen hatte, wieder ein. Ich schnappe nach Luft und starre Adrian aus weit aufgerissenen Augen an, denn das Kribbeln meiner Lippen macht mir klar, dass ich mir das hier doch nicht eingebildet habe. Ist es wirklich nur eine Sekunde her, dass Adrian mich geküsst hat? "Entschuldige, Jojo, aber das wollte ich schon lange tun. Fast den ganzen Abend, wenn ich ehrlich sein soll.", gesteht er leise und durch diese Worte beschleunigt sich mein Herzschlag noch mehr. Er wollte mich küssen? Schon fast den ganzen Abend? Heisst das etwa, er...? "Ich mag Dich, Jojo. Sehr sogar.", beantwortet er meine unausgesprochene Frage und lächelt etwas schuldbewusst – wohl, weil er mich gerade so überrumpelt hat. "Und ich hoffe, Du nimmst mir den Kuss nicht übel. Ich wollte..." Weiter lasse ich ihn nicht reden. Woher ich den Mut dazu nehme, weiss ich nicht, aber bevor er noch mehr sagen kann, packe ich seinen Mantelkragen, ziehe ihn wieder zu mir und küsse ihn dieses Mal von mir aus. Wenn ich versuchen würde, ihm meine Gefühle mit Worten zu erklären, würde ich nur stottern. Zu einer vernünftigen verbalen Artikulation bin ich im Augenblick nicht in der Lage, aber ich bin mir sicher, dass er diese Aktion auch ohne Worte versteht. Scheinbar habe ich mit meiner Vermutung voll und ganz Recht, denn Adrian fackelt nicht lange. Obwohl ich ihn offenbar schon etwas überrumpelt habe, fasst er sich schnell wieder, zieht mich an sich und hält mich fest, wie um mich am flüchten zu hindern. Ha, als ob ich das wollen würde! Im Gegenteil! etwas anderes als das hier will ich doch gar nicht – was er offensichtlich auch begreift, denn in der Sekunde, in der meine Arme wie von selbst ihren Weg in seinen Nacken schlinge, streicht seine Zunge über meine Lippen und dieses Gefühl lässt meinen ganzen Körper kribbeln. Erschrocken aufkeuchend öffne ich meinen Mund und bekomme gleich darauf den ersten richtigen Kuss meines Lebens. Und Himmel, das ist absolut kein Vergleich zu Dennis oder dem, was ich bisher unter Küssen verstanden habe! Warum hat mir eigentlich noch nie jemand gesagt, wie unglaublich schön es sich anfühlt, so geküsst zu werden? Eine halbe Ewigkeit später löst Adrian sich wieder von mir. Wir ringen beide schwer um Atem, aber er grinst mich an und ich bin mir sicher, auch ich grinse wie ein Idiot. "Darf ich das so verstehen, dass Du mir nicht böse bist?", fragt er schelmisch und ich nicke. "Scheint fast so.", bringe ich irgendwie heraus, obwohl ich selbst nicht glauben kann, dass es mir wirklich noch gelingt zu sprechen. Warum klingt meine Stimme eigentlich so seltsam? Auf meine Worte hin beginnt Adrian leise zu lachen. "Du bist wirklich etwas ganz Besonderes, Jojo.", murmelt er danach und haucht mir noch einen flüchtigen, zärtlichen Kuss auf die Lippen, der mich leise seufzen und schwindelig werden lässt. "Rufst Du mich morgen an?", will er wissen und ich nicke erneut. Dabei habe ich das Gefühl, mindestens einen halben Meter über dem Boden zu schweben. Er findet wirklich, ich bin etwas Besonderes! Ich kann gar nicht so sehr strahlen, wie ich gerade möchte. "Gut. Ich freu mich schon darauf. Schlaf gut, Jojo. Und träum was Schönes, ja?" Ein letztes Streicheln über meine Wange, ein letztes Lächeln nur für mich, dann dreht er sich um, geht zu seinem Wagen zurück, steigt ein und fährt los. "Wünsch ich Dir auch.", flüstere ich ihm leise hinterher, obwohl er das schon nicht mehr hören kann. Danach bleibe ich mit klopfendem Herzen vor der Haustür stehen und sehe dem Auto nach, bis es komplett aus meinem Blickfeld verschwunden ist. Erst dann fingere ich den Schlüssel aus meiner Manteltasche, schliesse die Tür auf und schleiche mich so leise wie möglich in mein Zimmer. Auf keinen Fall möchte ich meine Eltern jetzt noch wecken, denn ich bin sicher, dass sie mir ansehen könnten, dass irgendetwas passiert ist, was mich total aus der Bahn geworfen hat. Und ich lege wirklich absolut keinen Wert darauf, jetzt noch ausgefragt zu werden. Ich bin noch nicht bereit, darüber zu sprechen, was da gerade passiert ist. Jetzt möchte ich einfach nur in mein Bett und schlafen, damit möglichst schnell morgen wird und ich Adrian anrufen – und vielleicht auch gleich wiedersehen – kann. Himmel, ich kann es kaum noch erwarten! oOo Sou, das war's dann auch wieder. *gähn* *völlig fertig ist* Wann ich die nächsten zwei Kappis, die ich schon vorgeschrieben hab, abtippen kann, weiss ich noch nicht, aber ich werd versuchen, wenigstens eins bis zum nächsten Wochenende zu schaffen. Versprechen kann ich aber nichts. Lasst euch einfach überraschen, ja? Das tu ich auch. ^___^ Man liest sich! Karma Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)