Taste Of Confusion II von Karma (Adrian x Jonas) ================================================================================ Kapitel 7: Überraschungen ------------------------- Sou, und hier ist auch schon wieder ein neues Kapitel. Ziemlich lang sogar dieses Mal, aber ich hoffe, das stört euch nicht. ^.~ XD Vielen Dank übrigens noch für die lieben Kommis. *alle knuddel* Ich freu mich über jeden einzelnen. ^__^ Viel Spaß beim Lesen! Karma oOo Abgrundtief seufzend verlasse ich den Bahnhof und mache mich langsam zu Fuß auf den Weg nach Hause. Ich könnte zwar auch den Bus nehmen – dann bräuchte ich nur knapp zehn Minuten –, aber ich entscheide mich doch dafür, lieber zu laufen. Ich brauche jetzt einfach etwas Zeit für mich, um über das nachzudenken, was da vorhin passiert ist. Wie konnte ich nur so blöd sein und Dennis mitten in der Stadt ins Gesicht schreien, dass ich schwul bin? Wie unglaublich dämlich – und peinlich – ist das denn bitte? So bin ich doch sonst nicht. Allerdings habe ich es langsam auch wirklich satt, dass sich ständig jeder, den ich kenne, ungefragt in mein Leben einmischt. Nico will mich andauernd verkuppeln, Dennis ebenso und selbst meine Eltern fragen mich immer und immer wieder, ob es da nicht vielleicht ein Mädchen gibt, das ich ihnen vorstellen möchte. Warum können sie mich nicht einfach alle in Ruhe lassen, verdammt? Es ist auch ohne die ständigen Tipps und die ewige Fragerei schon schwer genug. Vollkommen in meine Grübeleien verstrickt bemerke ich erst, dass ich meine Abzweigung verpasst habe, als ich plötzlich in einer Sackgasse stehe. Ganz offenbar bin ich vorhin geradeaus weitergegangen, anstatt nach links in die Markgrafenstraße einzubiegen. Na wunderbar. Jetzt darf ich den ganzen Weg wieder zurücklatschen. "Toll gemacht, Jo.", bescheinige ich mir selbst und mache mich abgrundtief seufzend auf den Rückweg. Dieses Mal achte ich allerdings besser darauf, wo ich hinlaufe. Auf noch eine weitere Odyssee habe ich wirklich keine Lust. Vielleicht sollte ich doch den Bus nehmen. Ich wäge gerade mental die Vor- und Nachteile einer Busfahrt gegenüber einem Spaziergang ab, als mir ein schwarzer Lockenkopf ins Auge fällt, den ich nur zu gut kenne. Was macht Miriam denn in der Innenstadt? Und dann auch noch offensichtlich alleine, denn ihren Idiotenfreund kann ich nirgendwo entdecken, so sehr ich mich auch umblicke. Ich sehe nur Miriam, die auf einer Bank sitzt, mit hängenden Schultern auf ihre Schuhspitzen starrt und nervös mit einem ihrer Jackenknöpfe spielt. Okay, hier stimmt etwas nicht. Und zwar ganz und gar nicht, wenn ich das richtig deute. Sie sieht aus wie ein Häufchen Elend, also muss irgendetwas Schlimmes passiert sein. Hat ihr Freund etwa Schluss gemacht? Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber man weiss ja nie. Ausserdem würde es auch erklären, warum ich sie in dieser Woche noch gar nicht in der Schule gesehen habe. Als ich sehe, wie sie sich verstohlen über die Augen wischt, gebe ich mir einen Ruck, gehe zur Bank hinüber und reiche ihr mit einem leisen "Hier" ein Papiertaschentuch. Überrascht und etwas erschrocken blickt sie zu mir auf. In ihren Augen schwimmen Tränen. Was auch immer mit ihr los ist, muss wirklich verdammt übel sein. "Danke.", schnieft sie leise, nimmt das Taschentuch und versteckt ihr Gesicht einen Moment lang darin. "Was machst Du denn hier, Jonas?", will sie wissen, nachdem sie sich wieder etwas gefasst hat. "Ich bin auf dem Weg nach Hause.", gebe ich zur Antwort und lege fragend den Kopf schief. "Und Du? Du warst heute nicht in der Schule." Genau betrachtet habe ich sie seit Sonntag nicht mehr gesehen. Scheisse, wenn sie wirklich Stress mit ihrem Freund hat, ist das wahrscheinlich meine Schuld! Was, wenn er den Blödsinn, den ich ihm erzählt habe, tatsächlich ernst genommen hat? "Ich bin krankgeschrieben.", unterbricht Miriams leise Stimme meine Selbstvorwürfe. "Mir geht's nicht so gut. Schon seit ner ganzen Weile, aber seit Montag ist es besonders schlimm." Ihr Gesicht ist wirklich erschreckend blass, das ist unbestreitbar. Sie sieht ganz schön mitgenommen aus. "Warst Du schon beim Arzt?", erkundige ich mich besorgt und bekomme ein zögerliches Nicken zur Antwort. "Ja. Heute morgen.", murmelt sie und ich sehe mit Entsetzen, wie ihr wieder Tränen über das Gesicht laufen. Ohne lange nachzudenken ziehe ich sie von der Bank hoch und nehme sie in den Arm. Ich habe einfach das Gefühl, dass sie das im Augenblick braucht. Ausserdem wüsste ich auch nicht, wie ich sie sonst trösten sollte. Ich bin nicht unbedingt Experte auf diesem Gebiet, könnte man sagen. Im ersten Moment versteift Miriam sich, aber schon eine Sekunde später klammert sie sich schluchzend an mich. Ich bin mit der Situation etwas überfordert und nicht sicher, was ich sagen soll, also sage ich gar nichts, sondern streiche ihr nur tröstend über den Rücken. "So schlimm?", fragte ich nach einer Weile leise, bekomme aber keine Antwort. Nur das Schluchzen wird lauter und ich beginne, mir zu wünschen, dass irgendjemand anders hier wäre. Ich bin noch nie ein besonders talentierter Tröster gewesen. Ob ich Adrian anrufen soll? Oder meinetwegen auch Devlin? Ich tue alles, was nötig ist, wenn ich damit nur erreiche, dass sie aufhört zu weinen! Ich hadere noch mit mir, was ich denn nun unternehmen soll, als Miriam sich urplötzlich aus meiner Umarmung löst, zwei Schritte rückwärts macht und beide Hände vor ihren Mund schlägt. Ihr Gesicht ist noch blasser geworden und so langsam mache ich mir ernsthaft Sorgen um sie. Was in aller Welt ist denn bloß los mit ihr? Ich kann förmlich spüren, wie meine Augen sich weiten, als mir ein ganz bestimmter und sicherlich auch total abwegiger Gedanke kommt. Sie wird doch nicht etwa...? Oder vielleicht doch? Ich meine, theoretisch wäre es zwar durchaus möglich, aber... Nein. Nein, ich irre mich bestimmt. Das wäre doch zu abwegig. Aber wenn ich sie mir so genau ansehe, könnte sie möglicherweise doch... "Sag mal, bist Du vielleicht schwanger?", platze ich heraus und Miriams Wangen nehmen eine hektische rote Färbung an. "Ja.", nuschelt sie. "Achte Woche. Ich hab's schon vermutet, aber ganz sicher weiss ich es erst seit heute morgen. Da war ich bei meiner Ärztin. Deshalb war ich auch nicht in der Schule." Der Blick, der mich bei diesen Worten trifft, ist so verzweifelt, dass ich schwer schlucke. Ach Du heilige Scheisse! "Was soll ich denn jetzt machen, Jonas?", will sie von mir wissen und ich gebe ihr die einzige Antwort, die ich ihr im Augenblick geben kann: Ein vages Schulterzucken. "Weiss nicht. Aber Du solltest es Deinem Freund sagen, denke ich." Gut, ich habe keine Ahnung, wie dieser Typ darauf reagieren wird, dass seine Freundin schwanger von ihm ist, aber was soll ich ihr sonst ragen? "Ich kann ja mitkommen, wenn Du willst. Dann bist Du nicht ganz alleine." Und wenn ich sie begleite, kann ich Adrian auch endlich wiedersehen. Das sage ich zwar nicht laut, aber der Gedanke ist da. Ich weiss, es ist ganz schön eigennützig von mir, in so einer Situation an mich zu denken – dafür schäme ich mich auch, wirklich –, aber ich kann einfach nicht anders. "Ich... ich hab ihn schon angerufen. Er wollte mich hier abholen.", murmelt Miriam erstickt. Noch immer sieht sie aus, als wäre ihr ziemlich übel, aber wenigstens ist sie nicht mehr ganz so blass wie vorhin. "Und wann wollte er...", setze ich an, werde aber von einer nur allzu bekannten Stimme unterbrochen. "Bin schon da.", kommt es von hinter mir und ich zucke erschrocken zusammen. Heilige Scheisse, muss der Kerl sich so anschleichen? Da kriegt man ja nen Herzinfarkt! "Und ich hab alles gehört.", fährt Devlin vollkommen ungerührt fort und ich sehe, wie Miriams Augen vor Schreck ganz groß werden. "Aber...", fängt sie an, beendet ihren Satz aber nicht, sondern lässt stattdessen den Kopf hängen. Ihr Freund drängt sich an mir vorbei, aber zu meiner Überraschung schubst er mich dieses Mal nicht aus dem Weg. Stattdessen geht er zielstrebig auf seine Freundin zu, wirft seine obligatorische und noch nicht vollständig aufgerauchte Zigarette weg – womit ich gerade Zeuge des achten Weltwunders werde – und zieht Miriam dann in seine Arme. Ich kann hören, wie sie wieder zu schluchzen beginnt, aber seine nächsten Worte sind das, was mich beinahe aus den Socken fegt. "Heirate mich." Nur das, sonst nichts, und das für eine volle Minute. "Bitte, Miriam", fügt er dann so leise hinzu, dass ich schon beinahe glaube, mir das nur eingebildet zu haben, "sei meine Familie." Okay, ich spinne doch nicht. Oder Miriam und ich haben die gleiche akustische Halluzination. Das sagt jedenfalls ihr Gesichtsausdruck. Scheinbar kann sie das, was ihr Freund gerade gesagt hat, auch nicht so ganz glauben. "Ist das Dein Ernst?", fragt sie zaghaft und der große Schweiger nickt. Dabei sieht er ihr genau in die Augen und zieht sie schliesslich, als ihr wieder Tränen – aber offenbar dieses Mal Freudentränen – über die Wangen laufen, wieder in seine Arme. "Natürlich.", antwortet er. "Seit unserer ersten Begegnung warst Du alles, was ich je wollte." Sein Tonfall hat etwas so Ernstes und Feierliches, dass ich versuche, mich leise und ungesehen aus dem Staub zu machen. Bei dem, was die Beiden zu bereden haben, störe ich sowieso nur. Das ist etwas Privates zwischen ihnen. Da habe ich nichts verloren. Ich komme allerdings keine zwei Meter weit. "Wo willst Du denn hin?", holt Devlins Stimme mich ein und als ich mich umdrehe, hat er einen Arm um die Schultern der noch immer leise schniefenden Miriam gelegt und sieht mich geradeheraus an. "Ich wollte euch nicht stören.", erkläre ich und er grinst mich an. Zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, ist dieses Grinsen aber weder aufgesetzt noch von der Abscheu geprägt, die ich sonst immer erkennen konnte – eine Tatsache, die mich doch sehr verwundert. Wollte e mich nicht vor drei Tagen noch mit seinen eigenen Händen umbringen? "Komm mit.", fordert er mich auf und nickt zu seinem Auto hinüber. "Warum?", will ich wissen und sein Grinsen wird noch ein kleines bisschen breiter. Wenn ich darüber nicht so verwundert wäre, würde ich spätestens jetzt Angst bekommen. Devlin und mich angrinsen – das ist wie... Ich finde keinen passenden Vergleich, aber es ist jedenfalls einfach seltsam. Am Sonntag noch wäre es ganz in seinem Sinne gewesen, wenn ich gestolpert wäre und mir das Genick gebrochen hätte. Und jetzt will er mich plötzlich mitnehmen, nachdem er seiner schwangeren Freundin einen Heiratsantrag gemacht hat? Irgendwie ist das wirklich verdammt komisch. Noch komischer ist allerdings seine Antwort auf meine Frage. "Weil ich Dich als Trauzeugen brauche.", erklärt er mir mit einem Schulterzucken und ich habe das Gefühl, mich trifft der Schlag. Was ist denn jetzt kaputt? "Warum?", frage ich erneut, denn ich verstehe seinen plötzlichen Stimmungsumschwung mir gegenüber nicht. Ich soll sein Trauzeuge werden? Wieso? "Ich dachte, Du hasst mich." "Hab ich auch.", gibt er unumwunden zu und fingert eine neue Zigarette aus seiner Manteltasche. "Aber jetzt nicht mehr.", fährt er fort und sieht mich mit schiefgelegtem Kopf fragend an. "Also kommst Du jetzt oder was?" Mein Blick irrt kurz zu Miriam, die augenscheinlich gleichermaßen erleichtert wie glücklich darüber ist, dass ihr Freund tatsächlich zu ihr und dem Kind stehen und sie sogar heiraten will, und ich ertappe mich dabei, wie ich nicke. "Okay.", gebe ich mich geschlagen und folge den Beiden zu Devlins rotem Wagen. Dort quetsche ich mich auf die Rückbank, damit Miriam – die mittlerweile so sehr strahlt, dass ich fast geblendet werde – neben ihrem Freund – oder vielmehr ihrem Verlobten – sitzen kann. Die ganze Fahrt über schweigen wir, aber das ist mir eigentlich nur recht. Ich muss das, was heute alles passiert ist, nämlich erst mal verdauen. Was für ein abgefahrener Tag! "Wir sind da.", werde ich kurz darauf von Miriam aus meinen Grübeleien gerissen. Ich nicke nur, löse meinen Anschnallgurt und steige dann aus, um den Beiden zu folgen. Devlin steuert zielsicher auf ein kleines Einfamilienhaus zu, das sich zumindest rein äusserlich in keinster Weise von den anderen Häusern in dieser Straße unterscheidet. Ein rotes Backsteinhaus mit einem weiss gestrichenen Lattenzaun und einem sauber gestutzten Vorgarten. Vollkommen spießig also, was mich doch etwas überrascht. Irgendwie hatte ich etwas anderes erwartet, wenn ich ehrlich bin. Devlin scheint meinen Gesichtsausdruck genau richtig zu deuten. "Willkommen im Spießerhimmel.", kommentiert er und grinst wieder in meine Richtung, während er den Schlüssel aus seiner Tasche zieht und die Tür aufschliesst. Er lässt Miriam und mir den Vortritt und dirigiert uns dann durch den tiefrot gestrichenen Flur ins Wohnzimmer, wo wir uns gleich darauf einer etwas verdutzten Rita gegenübersehen, die in einem der Sessel lümmelt und ganz offenbar bis gerade ein Buch gelesen hat. "Oh, hi, Jojo.", werde ich begrüßt, bevor sie ihren Neffen fragend ansieht. "Was ist hier los, Dev?", will sie von ihm wissen. "Bin gleich zurück.", ist seine einzige Antwort, bevor er sich umdreht und wieder in Richtung Flur verschwindet. Etwas verwirrt – ich glaube, ich werde nie verstehen, wie dieser Typ tickt – bleibe ich neben der Couch stehen, auf die Miriam sich inzwischen gesetzt hat. Ich komme mir irgendwie überflüssig vor. Fast so wie bestellt und nicht abgeholt. "Verrat bloß nicht zu viel!", murrt Rita ihrem Neffen hinterher, bevor sie sich auf dessen Freundin konzentriert. "Was auch immer das hier zu bedeuten hat, geht scheinbar die ganze Familie an.", stellt sie fest und ihr Blick wandert zu mir. "Gehst Du eben Adrian holen, Jojo?", bittet sie mich. "Sein Zimmer ist das mit der Rose auf der Tür.", erklärt sie noch und ich nicke, während mir mein Herz bis zum Hals klopft. Ich habe zwar jetzt einen Vorwand, um zu ihm zu gehen, aber das verringert meine Nervosität auch nicht. "Mach ich.", bringe ich dennoch irgendwie heraus und verlasse dann schnell das Wohnzimmer, damit niemand merkt, dass mein Gesicht mal wieder zu glühen begonnen hat. Adrians Zimmer zu finden ist tatsächlich nicht schwer. Über beinahe die gesamte Höhe der Tür ist – genau wie Rita gesagt hat – eine gigantische rote Rose gemalt, auf deren Blütenblättern Tautropfen glitzern. Sie sieht so realistisch aus, dass ich über mein Staunen beinahe das Klopfen vergesse. Als mir das wieder einfällt, hole ich es nach, bekomme aber keine Antwort. Ich klopfe erneut und öffne dann leise die Tür, als sich noch immer nichts tut. Ganz offenbar hat Adrian mein Klopfen nicht gehört, denn er liegt rücklings auf seinem Bett, hat ein aufgeschlagenes Buch auf seinem Bauch liegen und scheint zu schlafen. Ich zögere einen Moment und speichere erst einmal das Bild ab – was mir gleich wieder heftiges Herzflattern beschert –, dann betrete ich den Raum, gehe zum Bett und rüttele ihn leicht an der Schulter. Es dauert einen Moment, doch dann schlägt er seine Augen auf und blickt etwas verschlafen zu mir hoch. "Jojo?", murmelt er und mein Herz macht einen doppelten Salto. "Wo kommst Du denn her?", fragt er verwundert und setzt sich auf. "Ich bin Miriam in der Stadt zufällig begegnet und Dein Cousin hat mich gleich eingepackt und mitgenommen, als er sie abgeholt hat.", erkläre ich, trete einen Schritt zurück, damit er aufstehen kann, und fange einen skeptischen Blick auf. "Und er hat Dich am Leben gelassen?", will er wissen und ich kann mir nicht helfen: Ich muss grinsen. "Bis jetzt ja. Aber das liegt wohl hauptsächlich daran, dass er seinem zukünftigen Trauzeugen nicht umbringen wollte.", antworte ich und Adrians Augen werden groß. "Mooooooment! Hast Du gerade 'Trauzeuge' gesagt oder spinne ich?", hakt er nach und lässt sich wieder auf sein Bett fallen, als ich nicke. "Da schläft man ein einziges Mal übers Lernen ein und schon verpasst man alles!", jammert er und ich versuche krampfhaft, nicht zu lachen. Das gelingt mir jedoch nicht, denn Adrians theatralisches Seufzen ist einfach zu komisch. "Das ist nicht witzig!", beschwert er sich, aber da er inzwischen selbst auch grinst, meint er das offenbar nicht ernst. "Doch, ist es.", entgegne ich und grinse zurück. "Aber das ist heute bei mir wohl normal. Mein ganzer Tag ist vollkommen abgefahren. Dein Cousin ist eigentlich nur die Krönung des Ganzen.", fügte ich seufzend hinzu und finde mich im nächsten Moment neben Adrian auf seinem Bett wieder, weil er mein Handgelenk gepackt und mich so zu sich gezogen hat. Ich lande mit einem "Wah!" keine zwanzig Zentimeter von ihm entfernt in den Laken und vergesse beinahe das Atmen, als er mir aus dieser kurzen Distanz genau in die Augen sieht. Mein Herz rast mit Lichtgeschwindigkeit, meine Kehle ist wie zugeschnürt und ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Gesicht gerade eine prima Leuchtreklame abgeben würde – wenn auch nur für das Rotlichtviertel. Adrian scheint das jedoch entweder nicht zu bemerken oder er geht einfach nur nicht darauf ein, um mich nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Was es auch ist, ich bin ihm dankbar dafür. "Das klingt, als wäre mehr passiert als nur das mit Picasso.", mutmaßt er und sieht mich fragend an. "Willst Du darüber reden?" Ich überlege einen Moment, dann nicke ich wieder. Was habe ich schon zu verlieren? Immerhin weiss er ja Bescheid. Trotzdem kann ich ihn dabei nicht ansehen, deshalb rolle ich mich seufzend auf den Rücken und starre an die Zimmerdecke. "Ich hab mich heute vor meinem besten Freund geoutet.", beginne ich und seufze erneut abgrundtief. "Aber nicht absichtlich, sondern mehr aus Versehen. Dennis hat wieder mal versucht, mich zu verkuppeln, und da ist mir einfach der Kragen geplatzt. Ich hab ihm mitten in der Stadt ins Gesicht geschrieen, dass ich schwul bin." Ich traue mich nicht, zur Seite zu blicken, deshalb halte ich meine Augen fest auf die Decke gerichtet. "Und was hat er gesagt?", erkundigt Adrian sich leise und über meine Lippen huscht ein schiefes Grinsen. "Dass er das erst mal verdauen muss. Ich soll ihn am Sonntag anrufen, damit wir reden können.", erwidere ich und spüre im nächsten Moment seine Hand auf meinem Arm. "Du hast Angst davor, oder?", fragt er mitfühlend und ich presse meine Augenlider fest zusammen, während ich nicke. Auf keinen Fall will ich jetzt anfangen zu heulen. Nicht vor ihm! "Das kenne ich.", gesteht Adrian leise und seufzt. "Ich hatte damals auch wahnsinnigen Bammel, es meiner Mutter und Dev zu erzählen. Aber zum Glück haben beide das recht locker aufgenommen. Meine Mutter meinte, Kinder könnte ich ja im Notfall auch adoptieren, damit sie mal Oma wird, und Dev hat mir gleich gesagt, dass er mich zwar auch liebt, aber eben nur als Cousin und nicht mehr." Bei diesen Worten ruckt mein Kopf ungewollt herum und ich sehe ihn doch wieder an. "Du warst in Deinen Cousin verliebt?", frage ich und er nickt. "Mit dreizehn, ja. Durch Dev hab ich damals gemerkt, dass Mädels mich nicht interessieren.", erzählt er und ich wünschte mir, ich hätte nicht gefragt. Das wollte ich wirklich nicht wissen. "Aber das hatte sich auch bald wieder erledigt. Kurz nachdem er mir einen Korb gegeben hat, hab ich meinen ersten Freund kennen gelernt und dann war die Schwärmerei für Dev auch schon vergessen. Und unserem Verhältnis hat das glücklicherweise nie geschadet." "Bei mir hat's wesentlich länger gedauert, das abzuhaken.", murmele ich leise und blicke wieder zur Zimmerdecke hoch. "Eigentlich hab ich bis vor ein paar Wochen noch für ihn geschwärmt.", gebe ich weiter zu und sehe aus dem Augenwinkel, dass Adrian sich auf einen Arm stützt, um mich besser ansehen zu können. "Dein bester Freund, oder?", fragt er und ich nicke nur stumm. "Ja.", gebe ich nach einer Weile zu. Warum sollte ich es auch leugnen? Immerhin ist Adrian ja wohl der Einzige, der das wirklich verstehen kann. "Er hat mich geküsst. Auf der Party zu seinem vierzehnten Geburtstag. Es war so eine blöde Aufgabe beim Flaschendrehen, die er sich selbst gestellt hat. Das hatte absolut nichts zu bedeuten, aber es war mein erster Kuss und ich.. ich fand ihn schön. Am gleichen Abend hat mich auch eine Klassenkameradin geküsst, die ich nicht leiden konnte. Ich hab sie weggeschubst und angebrüllt, aber Dennis hätte ich am liebsten um einen weiteren Kuss gebeten. Das hab ich natürlich nicht gemacht. Ihm war das Ganze auch so schon peinlich genug und ich wollte ihn nicht deswegen verlieren. Aber irgendwie war mir danach klar, dass ich nichts von Mädchen wissen will." "Und Miriam?", erkundigt Adrian sich leise und ich schliesse seufzend die Augen. "Ich mag sie. Wirklich. Aber ich war nie in sie verliebt. Jeder in unserer Klasse wusste von diesem Typen, in den sie verliebt war. Meine Eltern haben mich zu der Zeit dauernd gefragt, ob ich denn immer noch keine Freundin hätte und Nico hat mich auch ständig gelöchert. Ich wusste mir einfach nicht mehr anders zu helfen. Und dann war auch noch Dennis mal wieder bei uns und hat mich auch ausgefragt. Ich hätte ihm damals beinahe die Wahrheit gesagt, aber dann hat er von seiner neuen Freundin geschwärmt und... Ich hab Miriam dann einfach vorgeschoben und behauptet, dass sich das Mädchen, das ich will, nicht für mich interessiert. Blöderweise hat Nico das mitgekriegt und hatte natürlich nichts Besseres zu tun, als Miriams Freundin Claudia davon zu erzählen. Die Beiden waren der Meinung, wir würden ja so gut zusammenpassen, also haben sie alles versucht, um uns zu verkuppeln. Ich wollte sie davon abbringen, aber das ist mir nicht gelungen. Und dann hat Miriam Deinen Cousin wiedergetroffen und ich stand wieder als der Loser da, der einfach keine Freundin findet. Alle wollten mich trösten und mir dann andere Mädchen schmackhaft machen. Besonders mein Bruder. Ich weiss ja, dass er's nur gut meint, aber trotzdem wäre ich froh, wenn er das endlich mal lassen würde. aber ich kann ihm einfach nicht sagen, warum er damit aufhören soll. Er glaubt, dass das immer noch an Miriam liegt, und ich traue mich einfach nicht, ihm die Wahrheit zu sagen. Ich weiss, das ist total erbärmlich, aber..." Weiter komme ich nicht. Noch bevor ich wirklich registriere, was hier passiert, finde ich mich auch schon in Adrians Armen wieder. "Hey, nicht weinen.", flüstert er in meine Haare und ich merke erst bei diesen Worten, dass ich tatsächlich heule. Ich versuche, mich aus der Umarmung zu lösen, aber anstatt loszulassen, drückt er mich nur noch etwas fester an sich – so lange, bis ich meinen Widerstand aufgebe und mich an ihm festhalte. "Und das alles schleppst Du jetzt schon so lange mit Dir rum, ohne dass Du jemanden zum Reden hast?", fragt er leise und ich kann nur nicken. Sprechen kann ich im Augenblick nicht, weil ich meine ganze Konzentration darauf verwende, bloß nicht laut zu schluchzen. Das wäre mir einfach viel, viel zu peinlich. Ich will nicht, dass er mich für einen Trottel hält, der wegen jeder Kleinigkeit in Tränen ausbricht. "Ist schon okay. Lass es ruhig endlich raus, Jojo." Das sind die Worte, die den Damm endgültig brechen. Ich beisse mir auf die Unterlippe, so fest ich nur kann, aber so sehr ich es mir auch wünsche, selbst das hält die Tränen nicht auf. Und die Tatsache, dass Adrian mir die ganze Zeit beruhigend über den Rücken streichelt und mir tröstende Worte ins Ohr flüstert, macht es auch nicht besser. Im Gegenteil. Wie lange ich mich schniefend an ihn geklammert habe, kann ich hinterher nicht sagen. Zwischendurch hat irgendjemand – ich glaube, es war Rita – kurz die Tür aufgemacht, ist aber gleich wieder gegangen. Darüber bin ich ehrlich gesagt auch wirklich froh. Ich möchte nicht noch jemandem erklären müssen, was gerade mit mir los ist. Dafür ist mir das Ganze viel zu peinlich. Adrian hingegen scheint es nichts auszumachen. Als ich etwas von ihm abrücke, drückt er mir wortlos ein Taschentuch in die Hand und lächelt mir aufmunternd zu. "Geht's Dir jetzt ein bisschen besser?", will er wissen und ich nicke leicht, nachdem ich mir die gröbsten Tränenspuren aus dem Gesicht gewischt habe. "Ja. Danke.", murmele ich peinlich berührt, aber er winkt einfach nur ab, steht auf und reicht mir seine Hand. Ich lasse mich von ihm hochziehen und lächele zaghaft zurück. "Kein Thema. Ich hab Dir doch gesagt, dass Du jederzeit mit mir reden kannst, wenn was ist. Ich hab immer ein offenes Ohr für Dich.", erinnert er mich noch mal und legt dann fragend den Kopf schlief. "Verrätst Du mir jetzt auch, was es mit dem Gerede über Trauzeugen auf sich hat?", will er wissen und ich muss beinahe gegen meinen Willen wieder grinsen. "Och, Dein Cousin hat Deiner Schwester vorhin in der Stadt einen Heiratsantrag gemacht.", erkläre ich leichthin und Adrian sieht mich aus großen Augen an. "Echt? Kein Witz?", hakt e nach und als ich den Kopf schüttele, beginnt er, breit zu grinsen. "Das schreit nach einer Feier.", meint er und ich ziehe den Kopf ein. "Deshalb wollte ich Dich eigentlich auch wecken, aber das ist ja ziemlich aus dem Ruder gelaufen.", nuschele ich beschämt und weiche seinem Blick aus. Das Ganze ist mir einfach furchtbar peinlich. "Tut mir echt..." Weiter komme ich nicht, denn Adrian legt mir einen Finger auf die Lippen. "Du musst Dich nicht bei mir entschuldigen. Das ist schon okay.", sagt er und lächelt so, dass mein Herz gleich wieder zu flattern beginnt. "das hab ich gern gemacht, Jojo. Wirklich.", bekräftigt er und legt einen Arm um meine Schultern. "Aber jetzt lass uns zu den Anderen gehen, ja? Sonst verpassen wir nachher noch die ganze Party." Darauf kann ich nur nicken, denn ich traue meiner Stimme nicht. Mein Gesicht glüht schon wieder und Adrians Nähe ist mir mehr als bewusst. "Okay.", krächze ich irgendwann mühsam und werde im nächsten Moment auch schon in Richtung Wohnzimmer geschoben. Drei Köpfe drehen sich zu uns um und ich würde am liebsten im Boden versinken. Hoffentlich sieht mir niemand an, dass ich gerade noch geheult habe. "Was hab ich gehört, Picasso? Du willst mein Schwesterchen heiraten?" Adrian grinst seinen Cousin an, drückt mich in den freien Sessel und hockt sich dann auf die Lehne. Miriam strahlt wie ein Honigkuchenpferd, Rita grinst in die Runde und Devlin nickt einfach nur, während er an seiner Zigarette zieht. "So sieht's aus.", antwortet er und zieht seine Verlobte zu sich, so dass sie sich an ihn kuscheln kann – was sie natürlich auch nur zu gerne tut. Ich muss zugeben, ich bin ein bisschen neidisch. Wie gerne würde ich mich jetzt so an Adrian lehnen? "Ausserdem wirst Du Onkel.", fügt Devlin nach einem weiteren Zug von seiner Zigarette hinzu und im nächsten Moment hält Adrian sich an meinem Arm fest, was mich gleich noch heftiger erröten lässt. Zum Glück sind alle Anderen mit der Eröffnung von Miriams Schwangerschaft so beschäftigt, dass das niemand merkt. "Ohne Scheiss?", will Adrian wissen und sein Cousin nickt wieder, während nun auch Miriam rot wird. "Ja. Achte Woche.", murmelt sie und sieht ihren Halbbruder mit einem zerknirschten Gesichtsausdruck an. Das ändert sich allerdings, als er aufsteht, sie von der Couch zieht und sie umarmt. "Glückwunsch, Schwesterchen.", gratuliert er und drückt ihr einen Kuss auf die Schläfe. "Dir auch, Picasso.". schiebt er noch hinterher und lässt Miriam wieder los, so dass sie zurück auf ihren Platz neben ihren Freund rutschen kann. Adrian selbst setzt sich wieder zu mir auf die Sessellehne und blickt dann fragend in die Runde "Sollten wir das nicht feiern?" Diese Worte sind der Auftakt zu einer kleinen, spontanen Feier, in deren Verlauf Devlin seine Miriam ein weiteres Mal zu Tränen rührt, indem er ihr einen Ring schenkt, den er laut Adrian von seiner heissgeliebten, kürzlich verstorbenen Großmutter geerbt hat. Rita verkrümelt sich zwischendurch heimlich, kommt kurz darauf mit einer ihrer Kameras wieder und macht Fotos von uns allen – auch von ihrem Neffen, der das augenscheinlich nicht besonders toll findet. Trotzdem gibt er sich irgendwann grummelnd geschlagen, zieht Miriam auf seinen Schoß und küsst sie lange und tief, was, laut Rita, ein "absolut süßes Motiv" ist. Ich kann ihr da nur zustimmen. Die Beiden gehören ganz offenbar wirklich zusammen. es sieht jedenfalls ganz danach aus, als wären sie sehr glücklich miteinander. "Ich glaube, ich sollte langsam nach Hause.", wende ich mich ein paar Stunden später an Adrian, als mir auffällt, dass es draussen schon stockfinster ist. Zu meiner Überraschung antwortet mir aber nicht er, sondern sein Cousin. "Ich fahr Dich.", sagt er und noch bevor ich irgendwie reagieren kann, finde ich mich auch schon vor dem Haus wieder und werde in Richtung des Autos gescheucht. Etwas verwirrt steige ich auf der Beifahrerseite ein und schnalle mich an. Devlin lässt sich in der Zwischenzeit auf den Fahrersitz fallen und startet den Wagen, nachdem ich ihm meine Adresse genannt habe. Eine Weile konzentriert er sich schweigend auf den Verkehr und auch ich bleibe stumm, aber irgendwann wirft er einen Blick in den Rückspiegel und sieht mich an. "Das war mein Ernst.", sagt er und ich blinzele verwirrt. "Was denn?", will ich wissen und über sein Gesicht huscht ein kurzes, aber eindeutig amüsiertes Grinsen. "Was wohl? Dass Du mein Trauzeuge werden sollst.", erklärt er mir und ich sehe ihn skeptisch an. "Warum ausgerechnet ich? Am Sonntag hättest Du mich noch am liebsten gekillt. Wieso der plötzliche Stimmungswechsel?", frage ich ihn und sein Grinsen vertieft sich noch etwas. "Meine Familie mag Dich.", antwortet er schlicht, so als würde das einfach alles erklären. "Und das genügt mir. Ausserdem hast Du mir ziemlich eindeutig klargemacht, dass ich mir Deinetwegen keine Sorgen machen muss." Bei diesen Worten schaut er konzentriert auf die Straße. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt glauben, dass es ihm peinlich ist, darüber zu reden. "Hat ja auch lange genug gedauert.", kann ich mir nicht verkneifen und wieder grinst er kurz. "Du bist in Ordnung.", sagt er, als er den Wagen vor meiner Haustür parkt. "Du auch, glaube ich – jedenfalls wenn Du mich nicht gerade killen willst.", erwidere ich und er lacht leise. "Wenn Du das sagst.", kontert er und fährt wieder los, nachdem ich die Beifahrertür zugeschlagen habe. Ich sehe dem Wagen nach, bis er um die Ecke ist, dann schüttele ich schmunzelnd den Kopf und schliesse die Tür auf. Nach einem kurzen Gruß an meine Eltern verkrümele ich mich gleich in mein Zimmer, ziehe mich aus, krabbele in mein Bett und schliesse die Augen. Nico ist noch nicht da, aber da wundert mich nicht wirklich. Und wenn ich ganz ehrlich bin, dann bin ich auch froh darüber. Im Moment ist mir die Ruhe, die ich habe, nur recht. Heilige Scheisse, was für ein abgefahrener Tag! oOo Na, habt ihr damit gerechnet? Tjaaaaaaaaaaa, ich hatte die Szene mit dem Heiratsantrag schon lange geplant. Und jetzt konnte ich sie endlich unterbringen. *freufreufreufreufreu* Übrigens sind die nächsten zwei Kappis auch schon storytechnisch durchgeplant in meinem Kopf und müssen nur noch geschrieben und abgetippt werden. ^___^ Also dann, bis zum nächsten Mal! *wink* Karma Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)