Wenn die Sonnenblumen blühen von Torao (Chap 6 on) ================================================================================ Kapitel III ----------- „Und? Konntest du dir alles merken?“, fragte Koch Yurimoto seinen potentiellen Nachfolger, der ihm soeben auf einem Rundgang durch die große Küche des Anwesens gefolgt war, nachdem Jun ihn sozusagen an ihn übergeben hatte. Rei nickte: „Ja, ich denke schon.“ Sicherlich hatte er sich nicht jedes kleine Detail, das der Koch ihm gezeigt hatte, einprägen können, doch Rei war zuversichtlich, dass er sich schnell in der gepflegten und ordentlichen Küche zurecht finden würde – zumindest hatte er bisher nie Probleme gehabt, sich an neuen Orten einzuarbeiten. „Sehr gut.“ Sein Vorgesetzter ging in Richtung Vorratskammer. „Dann lass uns gleich damit anfangen, das Abendessen vorzubereiten, damit wir rechtzeitig fertig werden.“ Der Schwarzhaarige nickte, ehe er begann, Yurimotos Anweisungen zu folgen. Im Hause Mizuhara wurde ausschließlich mit frischen und den besten Zutaten gekocht und keine Mahlzeit – das Frühstück ausgenommen – bestand aus weniger als drei Gängen. Sicherlich viel Aufwand, wenn man bedachte, wie wenig Leute hier tagtäglich speisten, doch Rei war bereit Tag für Tag Stunde um Stunde hier zu stehen und zu kochen. Denn Kochen war so etwas wie seine Passion – sein Lebenssinn. Tadao beobachtete den Neuen genau: Jeden Fehler den er gemacht hätte, hätte er sofort bemerkt. Doch Rei machte nicht den kleinsten Fehler. Mit welchem Geschick er mit verschiedenen Gewürzen hantierte und mit welcher Eleganz er zwischen den einzelnen Arbeitsflächen hin und herwechselte, beeindruckte ihn sehr. „Du kochst schon lange, oder?“, erkundigte Tadao sich. Mit einem Grinsen antwortete Rei: „Seit ich über die Kante einer Küchenarbeitsplatte sehen kann.“ „Und wo hast du gelernt?“, erkundigte sich der Andere weiter. „In der Welt“, war die Antwort. Diese Aussage schien Tadao ein wenig zu überraschen, zumindest schwieg er nun zunächst, ehe er zuversichtlich lächelte. „Ist sie nicht schön?“, mit glücklichem Gesichtsausdruck begutachtete Max die Rose, die er aus Hiromis Strauß genommen und nun in einer schmalen Vase auf die Fensterbank in seinem Zimmer gestellt hatte. „Mhm.“ war wiederum die karge Antwort von Kai, der etwas abseits an der Zimmerwand lehnte. Er beobachtete Max die ganze Zeit. Seit sie hoch gegangen waren, hatte er seinen Blick nicht von ihm lassen können: Sein Schützling wirkte in den letzten Tagen wieder äußerst bedrückt. Und er wusste, dass Max’ Lächeln, das er durch den Tag trug, nur eine Maske war, denn Hitoshi hatte ihm längst alles über den blonden Erben des Hausherren erzählt. Der Junge sehnte sich nach der Freiheit – er hatte Fernweh. Und in Momenten wie diesen, wenn der Jüngere wieder einmal darum bemüht war, dies zu überspielen, hätte Kai ihn gerne zum Tor des Grundstücks gebracht, dieses geöffnet und ihn einfach hinausgestoßen – hinaus in die Welt. Doch genau das durfte er nicht – er hatte zu verhindern, dass Max je die andere Seite der Grundstücksmauer zu Gesicht bekam, solange sein Vater es verbat. Und der Graublauhaarige hatte keine Wahl, denn er stand tief in der Schuld Max’ Vater. Max drehte sich zu Kai um: „Willst du nicht zu Hitoshi gehen?“ „Du weißt, dass das nicht geht“, bekam er von dem Halbrussen als Antwort. Ja, er wusste, dass Kai ihn nicht aus den Augen lassen durfte. Nur wenn Max Unterricht hatte oder nachts, wenn er auf seinem Zimmer war und sämtliche Türen nach draußen bereits verschlossen waren, dann durfte Kai mit seinem Ersatzschlüssel – unter der Auflage, dass er stets darauf achtete, dass er die Türen hinter sich wieder verschloss – das Haus ohne Max verlassen. Und Max tat es leid, dass Kai nun seine Gefangenschaft in gewisser Weise teilen musste, auch wenn es dem Graublauhaarigen offensichtlich nicht allzu viel ausmachte. Zumindest griff er nun, wie an fast jedem Nachmittag nach dem Buch auf dem Tisch an der Wand, liess sich im Sessel daneben nieder, schlug jene Seite auf, an der er am Vortag aufgehört hatte und begann zu lesen. Der Blonde widmete sich wieder der Blume und der Landschaft, die sich jenseits seines Fenster erstreckte, um erneut in seine Träumereien zu verfallen. Das Abendessen kam schleppend wie jeden Tag. Als es endlich soweit war, ließ Max sich gelangweilt auf seinen Stuhl im Esszimmer fallen. Dass der Nachmittag für Max die langweiligste Tageszeit war, wusste nicht nur Hitoshi. Auch Kai war dies bewusst. Er selbst hatte keine Probleme damit, Stunden mit einem guten Buch zu verbringen oder die ein oder andere Runde Shogi gegen Max zu spielen – auch wenn er gerne etwas mehr Zeit mit einer anderen Person verbracht hätte. Doch Max war ganz anders als er: Der Jüngere konnte nicht so lange still sitzen. Daher ging er am liebsten hinaus in den Garten, in der Hoffnung, dass Takao schon Feierabend machen durfte und mit ihm etwas Fußball oder ähnliches spielte. Der Altgärtner sah es zwar gar nicht gerne, wenn die zwei auf der großen Grünfläche in der Nähe des Pools herumtollten und den Rasen in Mitleidenschaft zogen, doch solange der Hausherr es nicht verbat, musste er es wohl oder übel akzeptieren. Allerdings musste Takao häufig bis zum Abendessen arbeiten, sodass keine Zeit für Max blieb. Während die Hausmutter ihnen noch das Abendessen kredenzte, räusperte sich Herr Mizuhara, der inzwischen neben seinem Sohn Platz genommen hatte, dezent: „Es gibt einige Dinge, die ich euch dringend mitteilen muss.“ Max, Kai und Hitoshi blickten ihn abwartend an. „Ihr wisst ja, dass der werte Tadao uns bald verlassen wird. Ich möchte euch daher zunächst unseren potentiellen zukünftigen Koch vorstellen.“ Herr Mizuhara nickte der Hausmutter zu. Diese verschwand daraufhin in der Küche und kehrte wenig später mit dem schwarzhaarigen Neuankömmling im Schlepptau zurück. „Das ist Rei Kon – er wird Tadaos Stelle übernehmen, sollte er sich in der Probezeit beweisen können“, stellte der Hausherren den jungen Mann vor. Dieser verbeugte sich höflich: „Es freut mich außerordentlich, Sie kennenzulernen und für Sie kochen zu dürfen, die Herrschaften.“ „Er wird uns jetzt schon vorgestellt? Er ist doch bisher nur Anwärter auf die Stelle.“ Kai schallten die Worte Herrn Mizuharas im Kopf wieder, während er den Neuen scharf musterte: Das musste bedeuten, dass Herr Mizuhara bereits von ihm angetan war. Herr Mizuhara bestätige Kais stumme Vermutung: „Angesichts seiner Erfahrung und Tadaos Bericht, wie ausgezeichnet er sich heute schon in der Küche gemacht hat, bin ich sehr zuversichtlich, dass Rei uns in den nächsten Jahren als Koch beglücken wird.“ „Als Koch beglücken...“, schoss es Kai durch den Kopf, „Der würde mich beglücken, wenn er ganz schnell wieder verschwinden würde.“ Warum er wollte, dass der Neue wieder ging, wusste der Graublauhaarige nicht – er wollte es einfach und sah ihn daher finster an. Aber Rei, der sich nun wieder aufgerichtet hatte, schien sich an Kais Blick voller Abneigung nicht zu stören. Zumindest beobachtete er stattdesseh Max. Und wie Kai bei einem Blick zu seinem Schützling feststellt, blickte dieser mit einem Lächeln zurück. „Das hier ist also deine Feuerprobe, Rei. Mal schauen, ob uns schmeckt, was du gekocht hast.“, kam es von Herr Mizuhara, der sich nun sogleich dem Essen vor ihm widmete und einen kleinen Happen probierte. Hitoshi und Max taten es ihm gleich. Ein Augenblick der Stille verging. „Lecker!“, kam es schließlich begeistert von dem Blonden, der strahlend in die Runde blickte. „Ja, ich muss sagen, es schmeckt ausgezeichnet“, bestätigte sein Lehrer. „Wirklich vorzüglich.“ Auch der Hausherr teilte diese Meinung offensichtlich und blickte wieder zu Rei. „Deine Kochkünste scheinen wirklich gut zu sein.“ „Freut mich, dass es Ihnen schmeckt. Ich werde dann gleich mit dem nächsten Gang weitermachen“, entgegnete der Schwarzhaarige. Der Hausherr nickte und Rei kehrte zurück in die Küche. Hitoshi blickte Kai an: „Was ist? Du hast ja gar nicht probiert.“ Stur blickte er auf seinen Teller: „Ich habe keinen Hunger.“ „Du lässt dir aber wirklich was entgehen“, sagte Herr Mizuhara, während er weiteraß. Doch Kai blieb rührte das Essen nicht an. Hitoshi seufzte angesichts der Starrsinnigkeit des Jüngeren und sah wieder den Hausherren an: „Du wolltest uns doch noch mehr mitteilen, Yuuto.“ Sein Gegenüber nickte und ließ wieder vom Essen ab: „Richtig. Ich habe einen dringenden Anruf zu einem Geschäftstermin in Frankreich erhalten. Mein Flug geht morgen früh um kurz nach neun.“ Kaum hatte er geendet, blickte Kai zu Max. Dieser hatte mit den Worten seines Vaters inne gehalten und ließ nun langsam sein Besteck sinken. „Oh, und wann kommst du wieder?“, erkundigte Hitoshi sich. Yuuto Mizuhara schien seinen Sohn nicht zu beachten: „Erst in einer Woche – es handelt sich um einen wichtigen Geschäftspartner.“ „Wirklich bedauerlich“, verkündete Hitoshi und blickte nun ebenfalls zu Max, welcher traurig auf das Essen vor ihm sah: Ihm schien jeder Appetit vergangen zu sein. Der Einzige, dem dies offensichtlich nicht auffiel, war sein Vater – er aß genüsslich weiter. „Willst du schon ins Bett gehen?“, erkundigte sich Kai, als er und Max wieder auf dem Zimmer des Jüngeren waren, wo er ihn beobachtete, wie er sein Bett aufschlug. Sie waren gemeinsam vom Tisch aufgestanden und nach oben gegangen. „Ja“, war Max’ knappe Antwort, in der ein trauriger Unterton lag. „Aber du hast kaum etwas gegessen“, fuhr der Graublauhaarige fort. Max sah ihn nicht an: „Immerhin mehr als du.“ Kai seufzte: Er hatte Recht. Er selbst hatte das Essen des Neuen nicht einmal angerührt – nur weil ihm Rei unsympathisch war. Max hingegen hatte, nachdem sein Vater seine Abreise am nächsten Tag verkündet hatte, nur in seinem Essen herumgestochert – und Kai wusste warum. „An deiner Stelle hätte ich ihm meine Meinung gesagt“, kam es von dem Älteren. Doch Max lächelte: „Ach, seine Geschäfte sind nun mal wichtiger – ich habe schließlich jedes Jahr Geburtstag.“ Kai jedoch wusste, dass es seinem Gegenüber das Herz gebrochen hatte, dass sein Vater über seinen Geburtstag in drei Tagen nicht zu Hause war, sprach ihn aber nicht weiter darauf an. „Ich bin dann mal im Bad.“ Der Blonde verschwand im Nebenraum Kai sah ihm kurz nach und ging dann zum Fenster. Sein Blick wanderte von der Rose auf der Fensterbank hinaus in die Abenddämmerung: Waren Väter eigentlich generell so herzlos? _________________________________________________________________ Ja, es hat lange gedauert, aber das war endlich der 3. Teil zu WdSb. =3 Ich hoffe er war akzeptabel. ôo Danke natürlich auch für alles Kommis zum letzten Teil. ^___^ Und es lohnt sich dran zu bleiben: Denn im nächsten Kapitel geht's heiß her! XDDD Ly x3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)