Wenn die Sonnenblumen blühen von Torao (Chap 6 on) ================================================================================ Kapitel II ---------- Das Essen verging erneut so eintönig wie jeden Tag. Max gähnte kurz, als die Hausmutter das Geschirr wieder abräumte. „Hand vor den Mund!“, belehrte Hitoshi ihn. Der Angesprochene grinste verlegen: „Tut mir leid.“ Doch hinter seinem Grinsen verbargen sich erneut rebellische Gedanken – Gedanken die ihn darauf stießen, wie sehr er dieses Leben hasste. Hitoshi erhob sich kurz darauf: „Ich habe noch zu tun. Bis heute Abend.“ Mit einem vielsagenden Blick auf Kai verließ er das Zimmer. Max seufzte wenig später. „Was ist?“, fragte Kai ihn kühl. „Nichts.“ Der Blonde lächelte wieder und stand auf. „Ich gehe in den Garten.“ Während er bereits aus dem Raum ging, sah Kai ihm nach: Er wusste, dass in Max weit mehr vorging als ‚Nichts’ – dass er sein Leben verfluchte. Doch wenn dieser nicht von alleine darüber sprach, dann bohrte Kai auch grundsätzlich nicht weiter nach. „Geld ist eben doch nicht alles“, war sein Gedanke, der ihm öfters in den Sinn kam, wenn er Max so erlebte. Schweigend folgte er dem Jüngeren. Max verließ das Haus wie gewohnt durch die Hintertür im Wohnzimmer, blieb kurz an den Stufen, die von der Terrasse in den Garten hinabführten, stehen und sah sich um, bevor er fand, wonach er Ausschau gehalten hatte und die Treppe hinablief. Kai folgte ihm weiterhin stumm. „Takao!“, rief der Blonde bereits aus einigen Metern Entfernung dem blauhaarigen Jungen in der Nähe des großen Rosenbeetes zu. Dieser sah auf und rieb sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn: „Ah, hallo, Max!“ „Na, was machst du heute noch so?“, fragte der Blonde interessiert, als er bei dem Anderen ankam. Dieser seufzte: „Ich muss noch das ganze Beet hier fertig machen.“ Max sah ihn bemitleidend an: „Oh, kann ich dir irgendwie helfen?“ Doch Takao lachte auf: „Frag mich das doch nicht immer. Du verstehst doch gar nichts davon.“ Max schob schmollend die Unterlippe vor, als Shigeru Shoji, der Altgärtner, hinter den angrenzenden Sträuchern hervorkam: „Spuck’ nicht immer so große Töne, Grünschnabel! Ich möchte wetten, dass der junge Herr ein besserer Gärtner wäre als du. Wenn ich nicht mehr bin, wird hier doch alles verrecken und verdrecken.“ Takao sah seinen Lehrmeister pikiert an, während Max grinsen musste, kannte er doch die kleinen Sticheleien, denen sich der angehende Gärtner tagtäglich stellen musste. Während Shigeru wieder mit seiner Heckenschere hinter dem Gestrüpp verschwand, wandte Takao sich zähneknirschend an Max: „Heute motzen aber auch alle wieder an mir rum.“ „Alle?“, kam es verwundert von seinem Gegenüber. „Ja“, seufzte er. „Eben kam Hitoshi hier vorbei und hat nicht mehr zu sagen als ‚Arbeite schneller, Takao!’. Der hat leicht Reden – muss nicht hier in der Hitze ackern, isst mit euch gemütlich zu Mittag und hat jetzt Feierabend. Wir mit unserer mickrigen Stunde Mittagspause. Und Feierabend habe ich auch erst um fünf.“ Wieder musste Max kurz lachen: Takao klagte wie immer über seinen Job und fluchte über seinen Bruder, der als einziger Angestellte das Privileg genoss, mit der Familie zu speisen. Dabei war er eigentlich froh, dass Hitoshi einen guten Draht zu Max’ Vater pflegte und ihm so die Stelle hier verschafft hatte. Und Takao machte die Arbeit Spaß – das wusste Max. Manchmal beneidete er ihn sogar darum, auch wenn es anstrengend war. „Hör auf zu meckern und kümmere dich um deine Arbeit!“, hörte man Shigeru, der bald in Rente gehen und damit Takao seinen Platz überlassen würde, hinter den Sträuchern. Wieder zog der Blauhaarige ein langes Gesicht, ehe er erneut Max ansah: „Aber du kannst mir doch helfen.“ Er deutete auf die steinerne Sonnenuhr hinter ihnen. Dort lagen einige abgeschnittene Rosen. Max ging auf sie zu und begutachtete die Blumen: Ihr warmer, roter Farbton leuchtete im hellen Sonnenlicht entgegen. „Kannst du sie bitte Hiromi bringen?. Sie müssen dringend ins Wasser gestellt werden, sonst verwelken sie“, erklärte der Blauhaarige. „Ich komme ja hier gerade nicht weg ohne Rüffel zu kassieren, wie du siehst.“ Max lächelte und nahm den Strauß auf: „Wird gemacht.“ „Danke“, antwortete Takao, bevor er sich wieder dem Beet vor sich widmete. Der Jüngere hingegen wandte sich an Kai, der etwas entfernt von ihm stand: „Sind die nicht hübsch?“ „Nur dank meiner vorbildlichen Pflege“, grinste Takao beiläufig, während er ein paar braune Blätter von den blühenden Rosen auf dem Beet abzupfte. „Mhm“, gab Kai trocken von sich, ohne auch nur einen Blick auf den Strauß zu werfen. Er beobachtete stattdessen, wie Jun aus dem Haupthaus zum nahegelegenen Nebengebäude ging, in dem die Angestellten des Hauses wohnten. Kai hatte aus Desinteresse beim Essen nicht mitbekommen, wer gekommen war, um sich für die bald freiwerdende Stelle des Kochs zu bewerben. Umso überraschter war er nun, als ein junger, gut aussehender Mann in seinem Alter dem Butler folgte, hatte er doch mit einem älteren Bewerber gerechnet. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke, und Kai spürte die Ablehnung, die er dem Schwarzhaarigen gegenüber empfand. Woher diese kam, wusste er nicht, doch er merkte, dass er den Neuen nicht hier haben wollte, hatte dieser offenbar vom Hausherren die Zusage bekomme zumindest schon mal auf Probe hier arbeiten zu dürfen. Andererseits hätte Jun ihn wohl eher zum Tor geleitet. „Ich zeige dir erst einmal das Nebengebäude, wo du mit mir und den anderen Angestellten wohnen wirst. Du wirst dort dein eigenes Zimmer haben.“ Der schamle Butler führte den Schwarzhaarigen vom Büro des Hausherren durch die Eingangshalle und nun quer durch Garten zum Haus des Personals. „Welche Konfektionsgröße hast du, Reimond?“ „M“, antwortete der Angesprochene. „Gut. Da werden wir sicher passende Arbeitskleidung für dich da haben“, antwortete Jun. „Und wieder einer, der nicht versteht, dass mich jeder ‚Rei’ nennt.“ Der Schwarzhaarige musste bei diesem Gedanken schmunzeln, war es doch gewohnt, dass dies nicht jeder fertig brachte. Immerhin hatte er Herr Mizuhara nicht zweimal darum bitten müssen, nachdem dieser vor wenigen Minuten eingewilligt hatte, ihm die Möglichkeit zu geben, hier als Koch zu arbeiten – wenn auch erst auf Probe. Würde er seine Arbeit gut machen, so könnte er im nächsten Monat, wenn der jetzige Koch Tadao Yurimoto seine Verlobte heiraten und mit ihr wegziehen würde, festangestellt werden, so hatte er es ihm versprochen. Überhaupt machte der Hausherr auf Rei einen recht sympathischen, wenn auch gefühlskalten Eindruck. Und das konnte nur gut so sein, wenn sein Arbeitgeber in Spe kein finsterer Zeitgenosse war, der es darauf anlegte, seine Beschäftigten zu schikanieren. Solche Vorgesetzten hatte er in seinem jungen Leben nämlich schon zu Genüge erlebt. Doch bevor er erstmals die Küche zu Gesicht bekam, zeigte Jun ihm nun sein Zimmer, wo er sein Gepäck, welches er die ganze Zeit in einem großen Beutel, der über seiner Schulter hing, mit sich herumtrug, abstellen konnte. Interessiert sah Rei sich im Garten, der genauso wie der Vorgarten, äußerst gepflegt schien, um. In einiger Entfernung entdeckte er einige Personen: Drei Jungen in seinem Alter. Einer von ihnen war an einem der Blumenbeete beschäftigt. Der zweite war der hübsche blonde Junge, der ihm schon ins Auge gefallen war, als er das Haus erstmals betreten hatte und nun mit einem blühenden Rosenstrauß im Arm da stand. Und der letzte war einer mit finsterer Miene, der die Hände desinteressiert in die Hosentaschen gesteckt hatte und ihn nun kalt ansah. Doch Rei störte sich nicht weiter an ihm, wandte seinen Blick wieder ab und betrat nun mit Jun das Nebengebäude. Verwirrt sah Max Kai an, als er bemerkte, dass dieser nicht reagierte: „Ist was?“ Stumm sah der Ältere weiter in die Richtung, wo Jun eben mit dem Schwarzhaarigen vorbeigegangen war. Gemeinsam waren sie im Seitengebäude verschwunden. Max folgte dem Blick Kais mit dem eigenen, sich fragend, was er dort beobachtete. Da wandte der Ältere sich plötzlich mit gewohnt kaltem Tonfall zum Gehen: „Komm, wir bringen die Blumen zu Hiromi!“ Irritiert blickte Max ihm nach, als er bereits auf das Haupthaus zu ging, sah dann jedoch noch mal mit einem Lächeln zu Takao: „Bis später vielleicht. Und lass dir die Arbeit nicht zu schwer werden.“ Dieser sah auf und erwiderte nickend das Lächeln, bevor Max Kai nacheilte und er selbst sich wieder den Pflanzen widmete. Max entdeckte Hiromi im Wohnzimmer, wo sie mit dem Staubwedel eine Skulptur an der Wand neben der Tür zur Eingangshalle sorgfältig säuberte, dabei leise eine Melodie vor sich hin summend. Er zog eine der Rosen, die er selbst behalten wollte, aus dem Strauß und drückte sie Kai in die Hand: „Hier. Halt mal bitte kurz.“ Etwas trotzig sah Kai auf die Blume in seiner Hand, fühlte er sich gerade als Ablagefläche benutzt, beobachtete jedoch dann, wie Max zu dem jungen, hübschen Hausmädchen lief. Dieses bemerkte ihn augenblicklich und lächelte freundlich: „Hallo, Max.“ „Hey, Romi-Chan!“, er hielt ihr die Rosen entgegen. „Die soll ich dir von Takao geben.“ „Oh, sind die schön.“ Begeistert von den leuchtenden Farben und dem angenehmen Duft, der ihr entgegenströmte, nahm die Braunhaarige die Blumen in Empfang. „Er hätte sie dir ja gerne selber gebracht, aber er muss noch arbeiten.“ grinste Max. Er wusste genau, wie schwer verliebt die beiden in einander waren. Doch keiner von ihnen hatte den Mut, dies dem anderen direkt zu gestehen. Und so beobachteten alle in ihrem Umfeld nur, wie Takao ihr immer wieder die schönsten Blumen aus dem Garten brachte oder, wie dieses Mal, bringen ließ, ohne ein Wort seiner Zuneigung zu verlieren. Mit einem glücklichen Lächeln steckte sie ihre Nase zwischen die Blütenblätter, um ihren schönen Duft stärker wahrzunehmen, bevor sie wieder ihr Gegenüber ansah. „Danke dir. Sie werden sicher ganz bezaubernd auf dem Sockel neben der Treppe aussehen. Ich werde sie schnell ins Wasser stellen.“ Damit verließ das junge Mädchen den Raum und ging in die Eingangshalle. Die beiden Jungen folgten ihr und beobachteten, wie das Mädchen den alten Blumenstrauß aus der großen Porzellanvase neben der Treppe, die nach oben führte, entfernte und den neuen hineinstellte. Einige Zeit blieb sie bewundernd davor stehen, ehe sie davon eilte, um frisches Wasser zu holen. Die anderen Zwei sahen ihr nach, wobei Kai Anstalten machte, Max die Rose zurückzugeben, wandten ihre Blicke jedoch ab, als die Haustür aufging. Jun trat mit dem Schwarzhaarigen, der nun die gleiche Arbeitskleidung wie der Koch des Hauses trug, ein und führte ihn in Richtung Küche. Während er beiläufig die Rose entgegennahm, beobachtete Max den Schwarzhaarigen, welcher mit einem sanften Lächeln zurückblickte, dann auf die Rose und von ihr, mit ernsterem Gesichtsausdruck, zu Kai sah. Der Graublauhaarige blickte ebenso ernst zurück, wie Max bemerkte. Eine eigenartige Spannung entstand zwischen ihnen, ehe der Neue mit Jun in der Küche verschwand und Kai sich auf den Weg in den ersten Stock machte. Nach kurzem Zögern und einem letzten Blick auf die Küchentür folgte Max ihm. _________________________________________________________________ Danke an alle, die das erste Kapitel bisher gelesen & vor allem auch kommentiert haben. x3 Ich hoffe, das zweite hat euch genauso gut gefallen und ihr bleibt dran. -_____^ Ly x3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)