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Immortal

von

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5.Überlegungen

Raphael nickte nachdenklich und schob sich mal wieder die Brille hoch. Vielleicht sollte er auf Kontaktlinsen umsteigen. Es war Pause und wir hatten uns, abseits vom Schulhoftreiben, mal wieder auf eine Parkbank gesetzt.

Eigentlich war ja allein die Vorstellung, dass Millennium und Ischariot gemütlich neben-einander saßen und sich Gedanken darüber machten, wie sie gemeinsam gegen Hellsing vor-gehen könnten, ziemlich amüsant.

„Bist du eigentlich die einzige?“, fragte er dann unvermittelt.

„Wovon die einzige?“

„Ob du das einzige, ich sag jetzt mal, Kind von Ischariot bist. Alle anderen würden ja wohl kaum einsehen, dass wir uns verbünden müssen, wenn wir eine Chance haben wollen – ich habe die Reaktion von deinem Wachhund vorhin gesehen. Was hatte es mit der Backpfeife auf sich?“

Ich zuckte mit den Schultern, auch wenn ich es mir natürlich denken konnte. „Yumiko übertreibt manchmal.“ Oh ja, besonders wenn ihr anderes Ich durchschlägt. „Aber ja, ich bin die einzige – Zölibat, kein Sex vor der Ehe…“ Ich grinste schief. „Katholiken haben nicht allzu viele Möglichkeiten, Kinder zu zeugen.“

„Dann sieht’s aber schlecht für uns aus, Vic.“

Raphaels Lächeln machte diese Bemerkung eindeutig zweideutig. Ich war auch mehr als gewillt, darauf mit einem ähnlichen Kommentar zu antworten. Doch noch bevor ich wusste, was ich erwidern sollte, wurde meine Aufmerksamkeit auf die Straße einige Meter weiter gelenkt.

Ein jüngerer Mann riss einer alten Frau, die ein seltsames, grellbuntes Halstuch und einen Krückstock trug – Himmel, das war ja die Oma, die Heinkel heute morgen fast über den Haufen gefahren hätte! – die überdimensionale Handtasche weg und rannte davon. Ömchen fing diesmal nicht an zu schreien, sondern sah ihm gemütlich nach und holte dann aus ihrer rosa Strickjacke – ach ja, es war April, hatte ich das schon erwähnt? - einen Snickers heraus, den sie auspackte und in den sie dann in aller Seelenruhe hinein biss. Danach setzte sie sich in Bewegung. Erstaunlich, aber innerhalb kürzester Zeit hatte sie den Dieb eingeholt. Als sie ihm auf die Schulter tippte, drehte er sich überrascht halb um, schrie auf, ließ die Tasche fallen und gab Fersengeld.

Raphael pfiff leise. „Meinst du, wir können die Oma davon überzeugen, dass sie uns hilft?“

„Keine Ahnung. Bestimmt haut sie dann mit dem Krückstock auf den Ketzer ein oder was? Ich jedenfalls“, ich machte eine kurze Pause, „werde nie wieder aus dem Haus gehen, ohne Snickers in der Tasche zu haben.“

Van Winkle lächelte flüchtig. „Ist möglicherweise sicherer, Vic. Mir würden sie ja höchstens Übelkeit bereiten.“

„Oh!“ Die Albernheit verschwand so plötzlich wie sie aufgetaucht war. Automatisch wollte ich meine Kette zurecht ziehen, als jedoch meine Hand ins Leere griff, fiel mir wieder ein, dass ich sie noch gar nicht wieder umgelegt hatte.

„Stimmt.“ Der Vampir hatte es absolut richtig gedeutet und grinste breit, hob sogar die Tarnung auf, die seine Eckzähne für gewöhnlich verbarg. „Du bist vollkommen schutzlos. Wenn ich wollte, könnte ich dich jetzt ohne weiteres anfallen und aussaugen.“

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Das würdest du nicht überleben. Mal davon ab, dass wir wesentlich wichtigere Dinge vor uns haben.“

„Lass mir doch meinen Spaß.“ Er seufzte theatralisch. „Außerdem habe ich Hunger. Du würdest doch noch nicht einmal wirklich sterben, oder willst du mir erzählen, dass eine Ischariot von Geburt mit 17 tatsächlich entjungfert sein soll? Das bezweifle ich nun doch stark.“

Er beugte sich vor, machte plötzlich eine schnelle Bewegung, sodass er mehr oder weniger über mir kniete und drückte mich gegen die Bank.

„Lass mich los!“, knurrte ich und spannte mich an.

„Nicht so verkrampft, meine Liebe.“ Er lächelte und kam noch weiter vor. Ich spürte seine Lippen an meinem Hals. Es jagte mir Angst ein und machte mich zornig, aber gleichzeitig war da ein vollkommen anderes Gefühl, das ich jetzt eigentlich gar nicht weiter erforschen wollte. Mit einer Hand tastete ich nach der Beretta, bis sich der kühle Griff in meine Hand schmiegte. Ich riss sie hervor und hatte sie noch in derselben Bewegung auf seine Brust gesetzt.

„Ich habe gesagt, du sollst mich loslassen!“

Raphael erstarrte und zog sich dann langsam und vorsichtig zurück, wobei ich die Waffe weiterhin auf ihn richtete. Ich lächelte bitter. „Du solltest dir wirklich angewöhnen, auf mich zu hören. Sonst können wir das sowieso alles vergessen.“

Mittlerweile stand er denn schon vor mir, starrte aber noch immer misstrauisch auf den kurzen Lauf der Beretta.

„Normale Waffen können mir gar nichts anhaben.“

„Ich weiß. Aber deiner Reaktion entnehme ich auch, dass du ganz genau weißt, dass wir von Ischariot niemals etwas anderes als Silberwaffen benutzen würden.“ Ein leises Seufzen entrang sich meiner Kehle. „Ich mag dich wirklich, Raphael, aber nicht genug, um so ein Höllenwesen zu werden. Das werde ich auf gar keinen Fall, verstanden? Und wenn wir tatsächlich zusammen arbeiten wollen, was wir ja müssen, wenn das irgendwer überleben soll, dann solltest du a) mich unter keinen Umständen anfassen und b) auf das hören, was ich dir sage! Haben wir uns jetzt endlich verstanden?!“

Der Vampir biss sich auf die Unterlippe. Es dauerte eine Weile, bis er ein gepresstes „Meinetwegen“ ausspuckte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-06-10T22:25:01+00:00 11.06.2009 00:25
o.O Was das zum Vamp werden angeht ist sie Integra...
*grins*


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