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Immortal

von

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1. Verabredung

Ich war nicht zu spät. Ich war viel zu spät.

Erstens war ich schon zehn Minuten über der Zeit gewesen, als ich das Berliner Quartier von Ischariot verlassen hatte. Zweitens war heute wieder so ein Verkehr, dass ich kaum durch gekommen war, obwohl ich mit dem Fahrrad fuhr – Enrico passte das zwar nicht, er meinte, es sei zu gefährlich für mich, obwohl er selbst veranlasst hatte, dass ich ein vollwertiges Mitglied von Ischariot wurde und irgendwelche Leute an meinen Genen rumpfuschten - versteh einer diese Gedankengänge – aber wann interessierte es mich schon, was Enrico wollte? Ihm war ja auch egal, was mich interessierte und was ich wollte.

Na ja… und drittens war ich erst vor zwei Wochen aus Rom hierher nach Berlin gekommen und hatte mich dadurch hoffnungslos verfahren. Aber jetzt war ich endlich da.

Ich schloss mein Fahrrad vor dem Park ab. Wenn alles so lief, wie es sollte, und vor allem meine Verabredung überhaupt noch da war, würde ich es heute möglicherweise nicht mehr brauchen.

Zur Abwechslung einmal hatte ich Glück. Nach einer Weile bemerkte ich auf einer Bank, den Rücken mir zugewandt, die gesuchte Person in ein Buch vertieft, wie so oft. Ausnahmsweise vollkommen allein. Leise schlich ich mich an.

„Die Mühe hättest du dir schenken können, Maxwell. Ich weiß schon, dass du da bist, seit du auf einen halben Kilometer Entfernung heran bist“, murmelte die Person auf der Bank, noch bevor ich auf drei Meter an sie getreten war, und so leise, dass ich es nur hörte, weil ich so stark gentechnisch verändert worden war. Es war bestimmt eher eine Untertreibung als eine Übertreibung, zumindest bei diesem Jemand. „Du hast viel zu lange gebraucht, Maxwell.“

„Vic“, entgegnete ich trocken, trat ganz heran und setzte mich daneben auf die Bank. „Nicht Maxwell. Vic. Und ich hab’s halt nicht gefunden, Schlauberger. Ich bin erst seit zwei Wochen in Deutschland.“

Van Winkle hob endlich den Kopf und sah mich belustigt an. „Dann hast du aber ganz schön schnell Deutsch gelernt, Vic“, lächelte Rips blonder Sohn.

„Das konnte ich vorher auch schon. So schwer ist eure Sprache auch wieder nicht, zumindest nicht, wenn man vorher schon Italienisch, Latein und Englisch gelernt hat.“

Raphaels Grinsen wurde noch etwas breiter. „Angeberin! Aber du hast trotzdem einen starken italienischen Akzent.“

Ich zuckte mit den Schultern. „Von mir aus. Nichts desto trotz solltest du mir erklären, was du willst. Wenn uns irgendwer von deinen Leuten hier sieht, sind wir beide tot, das weißt du.“

„Genauso, wie wenn jemand von Ischariot hier auftaucht, oder etwa nicht?“

Ich schüttelte den Kopf. „Weniger. Erstens bin ich die Tochter vom Chef, zweitens war dein Vater auch mal bei uns. Ich könnte behaupten, dass ich nur Information sammeln wollte. Das würde nur deinen Kopf kosten. Du siehst also, dass das Risiko für dich wesentlich größer ist. Außerdem hast du mich hierher zitiert, nicht umgekehrt. Also?“

Der Blondschopf wirkte mit einem Mal ernster als zuvor, legte sein Buch an die Seite und schob sich seine Brille hoch. „Meinetwegen. Das muss aber nicht jeder wissen, rück noch ein Stück weiter rüber.“ Er hielt einen Moment inne und dann glitt sein Blick von meinem Gesicht auf mein Dekolleté. Ich wollte schon auffahren, als er nach einem Moment fort fuhr: „Pass nur auf, dass mir das Ding nicht zu nahe kommt.“

Ich sah herunter und mein Blick glitt auf das silberne Kreuz, das an meiner Kette mit jeder Bewegung sanft mitschwang. Mit einem leisen „Oh“ nahm ich die Kette ab und verstaute sie in einer Seitentasche meines Mörderrucksacks. Mir war wohl bewusst, dass es nicht unbedingt klug war, Silber vom Hals zu nehmen, wenn man sich direkt neben einen Vampir setzte, aber ich bezweifelte, dass Raphael vorhatte, mich jetzt zu beißen. Dann rückte ich näher und van Winkle begann leise, mir zu erklären, was er von mir wollte. Mein Lächeln erlosch dabei wesentlich schneller, als es mir lieb war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-06-10T22:08:29+00:00 11.06.2009 00:08
Nazi-Vamp und Iskariot-Tochter als Romeo und Julia?
gute Idee...
Von: abgemeldet
2008-05-04T11:30:49+00:00 04.05.2008 13:30
>>Ich war nicht zu spät. Ich war VIEL zu spät.<<

Dieser Satz ist so genial und lässt schon am Anfang Vorfreude auf das Kapitel aufkommen xDD Dein Schreibstil war mal wieder übelst genial...~ Die Dialoge waren klasse, die Gedankengänge auch. xD Und die letzten Sätze machen richtig Lust aufs nächste Kapitel ^^
Ohne zu schleimen, ich fands super ^^ Ich liiiebe deinen Schreibstil und diese FF gehört auf jedenfall zu meinen Favoriten xD (Übringeds sagten mir bis jetzt so gut wie alle aufgetauchten Charaktere etwas *yeah* xD)Wirklich toll mal wieder *gg*
Ich freu mich aufs nächste Kapitel, welches ja tollerweise schon on ist *gg²*

Ganz liebe Grüße ^___^


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