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Arkane

Der Weg des Magiers
von

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Ein heißer Feger

Es zog.

Meister Kaliban schloss die Fenster seines Schlafzimmers, das er nun zwangsläufig zu seinem Studierzimmer umfunktioniert hatte.

Das hieß im Klartext: Das Bett stand senkrecht an der Wand und seine Kuscheltiersammlung war auf dem Boden verteilt, damit der gewaltige Schreibtisch genug Platz hatte.

Er setzte sich an seinen Schreibtisch.

Er hatte Messinstrumente aufgebaut, die einem Chemiker sicherlich Freude gemacht hätten und welche die weiße Tapete in seinem Zimmer schwarz färbten, je länger sie in Betrieb genommen wurden.

Der Berater des Königs wusste nun genauso viel wie er und innerlich trat sich der Erzmagier in den Hintern. Denn jetzt hatte er einen Konkurrenten mehr!

Und wieder kam ihm der Gedanke, dass es besser keinen Konkurrenten geben sollte, da er sonst Gefahr lief, mal wieder der Letzte zu sein.

Generell kämpfte Meister Kaliban mit dieser Angst schon Jahren. Er hatte immer hinter seinem Bruder Haltan zurückgestanden, auch wenn er um Jahre älter war. Seine Eltern waren seinem jüngeren Bruder immer mehr zugeneigt gewesen.

Verflucht seien seine Eltern!

Im Moment blätterte der Magier in seinem großen Atlas und suchte einen bestimmten Punkt im hohen Norden.

Sein runzliger Finger fuhr über die knotigen Risse im Pergament und blieben genau an einem Punkt haften.

"Da bist du ja...", murmelte er.

Sein Auge las die Buchstaben einzeln ab: Damnhot...Der Vulkan, den er noch im Kopf hatte. Natürlich...

Dort musste er suchen! Und sein Bruder würde ihm auch eine Hilfe sein, sobald er die Prüfungen der Hexe kannte. Vielleicht musste er ja Hilfe in Anspruch nehmen in seinem Alter.
 

Während der alte Magier weiter über seinen Atlanten brütete, wütete Innozenz innerlich.

Der Alte war raffiniert und das Ziel durchaus schmackhaft, aber seinen Bruder wollte er deswegen nicht töten lassen. Das käme einem Blutsverrat gleich!

(Anmerkung: Man sagte ja, Magier seien eigen und glaubten noch an die großen Lügen der Menschheit, wie Gerechtigkeit und Ehre und so. Aber Bordellbesitzer sind sogar noch eine Spur eigener. Sie glauben schließlich noch an die wahre Liebe!

Und Innozenz hatte, seit der Schließung seines Bordells wegen Sodomie, wieder begonnen, an die wahre Liebe zu glauben und seine alte Liebe, die Familie, wiederentdeckt, nachdem er sie zehn Jahre lang verflucht hatte, weil er nicht so "gut bestückt" war wie er gern hatte sein wollen!

Die Liste seiner Hassbriefe an seine Mutter deswegen ist legendär in Fachkreisen!)

Innozenz musste verhindern, dass seinem Bruder etwas zustieß. Sein Vater würde ihn sonst entmannen und seine Mutter würde ihm seine Nudel zu essen geben. Was nun angenehmer war, wusste er nicht einzuschätzen, aber beschloss, gewisse Schritte einzuleiten und setzte erneut einen Brief auf.

Diesmal jedoch sollte er in den Wald von Darkthorne gehen.

Hoffentlich erinnerte man sich noch an ihn!
 

"Bist du sicher, dass dies hier der Weg ist?", fragte Vincent zum dritten Mal.

Und zum dritten Male würde er nun dieselbe Antwort von seinem Begleiter erhalten.

"Keine Ahnung. Denke ja!"

Sie hatten mittlerweile den größten Teil der Berge hinter sich gelassen.

Als sie die Leiter hinauf geklettert waren, standen sie plötzlich auf dem Gipfel des Berges Zork, in dessen Inneren die Zwergenstadt lag.

Der Himmel war bewölkt, das wetter dementsprechend mies und beide Reisenden mies gelaunt. Vincent deswegen, weil er einen Führer an die Seite gestellt bekommen hatte, der regelmäßig den Weg vergaß oder sich gar nicht erst daran erinnerte.

Zwischenzeitlich hatte er schon versucht, dem kleinen Magnus mit einem Zauber gedanklich wieder auf die Sprünge zu helfen, aber das Resultat hatte den Zwerg nur eine Reihe von Haaren gekostet.

Vor ihnen lag nun die Bergkette, die sie zur großen Treppe "Longrun" führen sollte.

Hugin flatterte munter wie eh und je um die beiden herum, während Magnus noch immer seinen braunen Bart streichelte, der ihm geblieben war. Alles Haupthaar hatte Vincent leider weggesprengt.

"Kannst du mir verzeihen?", fragte er.

Magnus schnaubte und die Luft kräuselte sich zu kalten Rauchspiralen.

"Also nicht."

So marschierten sie eine lange Weile weiter, ehe der Zwerg plötzlich das Schweigen brach.

"Da vorne ist es. Dort geht es ins Drachenkönigreich Boum."

"Wir müssen an Drachen vorbei?!"

Das war etwas, dass Vincent, wenn möglich, vermeiden wollte. Aus dem einfachen Grund, weil Drachen meistens nur zwei Gesprächsthemen kannten:

Die Unendlichkeit und Vergänglichkeit jeder Daseinsform und natürlich ihr Stuhlgang.

Alle beiden Themen natürlich in Form und Farbe, mit einer bemerkenswerten Liebe zum Detail, geschildert.

Magnus blickte über den Kamm hinunter in das Land, wo es schwelte und dampfte wie in einer Suppenküche.

"Ich denke, wir müssen da runter!", kommentierte er, während Hugin sich von der Schulter seines Meisters löste.

Wie ein Falke stieß er ins Tal hinab, nur um Sekunden später mit einem brennenden Bürzel und einem ohrenbetäubenden Kreischen zurückzukehren und sich hinter Vincents schmalem Kreuz zu verstecken.

"Was ist passiert?", fragte der Lehrling seinen Vogel.

Hugin krähte nach Leibeskräften, aber seine Aussprache war verwaschen und ungenau.

(Anmerkung: Hier sei erwähnt, dass unser Protagonist nicht die Sprache der Vögel beherrschte. Früher hatte er sich als Kind immer eingebildet, ein Eichhörnchen zu verstehen, ehe ihn das Eichhörnchen in die Kronjuwelen biss, weil er es andauernd angeschrien hatte.

Jetzt ist für ihn jegliche Sprache ein fremder Dialekt!)

"Ich glaube, Hugin hat die Drachen gefunden!", sagte er zu dem Zwerg, der bereits den Bergpfad hinunter marschierte.

"Joho! Und da vorne haben wir schon den ersten!"

Sich an den Felsen festhaltend stiegen sie langsam den rötlichen Pfad hinab, der sich wie eine schlange am Felsen entlang schlängelte.

Die Steine stachen unangenehm durch Vincents Wanderschuhe und die schwielige Luft verursachte Atembeschwerden. Er hielt den Brief noch immer mit einer Hand in der Tasche fest, damit er auch ja nicht herunter fiel.

Magnus stieg diese Felsen wie ein Fassadenkletterer aus Halmenos herab. Ohne erdenkliche Mühe sprang er von Stein zu Stein und hatte kaum mehr Ähnlichkeit mit einem Zwerg. Eher mit einem Elfen.

(Anmerkung: Das sollte man einem Zwerg aber niemals sagen!)

Der Drache hatte sich am Ende des Pfades postiert.

Komischerweise entsprach er nicht Vincents Vorstellung einer monströsen Echsengestalt, sondern war vielmehr erschreckend menschlich.

Der Drache war gut einen Kopf größer als unser Lehrling und besaß flammend rotes Haar. Seine schlitzförmigen Augen mit den ebenso stechenden wie auffallenden zinnoberroten Augen blickten durch die Gegend und versuchten, Eindringlinge zu finden.

Als Gewand trug er nur eine Art rote Robe und ein kurzes Schwert mit sich, was schlaff an seiner Seite baumelte.

Als sich unsere Freunde dem Drachen näherten, wirbelte er mit dem Kopf umher, obwohl sie beide, gut sichtbar, vor ihm standen.

"Halt! Stehen geblieben!!!", schrie er Vincent ins Gesicht.

Hugin krähte laut und der Kopf stoppte die Bewegung.

Eine grazile, dünne Hand tastete sich langsam nach vorne und drückte Vincents Nase.

"Ah! Da seid ihr! Wer seid Ihr und was wollt Ihr?"

Doppeltes Seufzen.

"Wir wollen nur hier durch!", sagte der Lehrling und wischte sich die Hand aus dem Gesicht.

Hässliche Rußflecken zierten nun sein Gesicht und verunstalteten den weißen Teint und das helle Haar.

"Hier durch? Hier durch?????"

Der Drache schien sich darüber zu erbosen, als Magnus das Wort ergriff.

"Sag mal, reden wir Elfisch? Wir...Wollen...Nur...Hier...Durch!!!"

Die Letzten Worte hatte er mit wortlosen Gestiken untermauert, die vermutlich nicht mal ein Experte in Sachen Pantomime hätte entziffern können. Aber das schien bei diesem Exemplar eines Drachens nichts zu bringen.

"Gut gut...Das muss mein König entscheiden, ob ihr ohne Weiteres durch könnt!"

"Dann bring uns doch zu deinem König!", sagte Vincent und streichelte Hugins Kopf.

"Sicher sicher. Könntet Ihr mich vorher nur in Richtung Weg drehen?!"

Magnus lachte laut.

"Wieso? Bist du blind oder was? Der Weg ist direkt dort!"

Fakt ist, dass auch Magnus den Weg mit einem stück heißer Magma verwechselte, die hier zuhauf herumlag.

Grundsätzlich kann man sagen, dass in diesem Land die Farbe Rot eindeutig vorherrschend war. Der Sand war rot, der Boden, die Magma, also ergo auch die Flüsse. Vincent blickte nun in eine Landschaft voller Rottönen, die sich in mannigfaltiger Form manifestierten. So geschehen bei den unzähligen Lavaseen rund um sie herum.

Der Lehrling sah deutlich den gewundenen Pfad, der sich durch diese Seen schlängelte und schluckte.

"Um deine Frage zu beantworten:", sagte der Drache. "Ja, ich bin blind. Mein Name ist Sealamin Darkeyes! Und ich bin Späher des Drachenreiches Boum!"

"Du bist Späher und blind???"

"Ja! Spricht etwas dagegen?", fragte Sealamin und setzte seinen unsicheren Gang fort.

Er klopfte mit einem Stock auf den harten Untergrund und schien sich so zu orientieren. Schlau, dachte Vincent.

(Anmerkung: Muss man hier anmerken, dass Späher Darkeyes bereits über ein Dutzend Mal in die heiße Lava gefallen war? Natürlich immer aus naturwidrigen Umstände, wie zum Beispiel das Vergessen seines Stocks oder das Vergessen des Umstandes, dass er blind war!

Er hätte sich blendend mit Magnus verstanden!)

So marschierten sie los, in Richtung des Drachenreiches Boum, dessen Grenzen sich schon von Weitem durch gewaltige, dampfenden Vulkane und andere Kleinigkeiten (wie zum Beispiel jene Lavaseen) ankündigten.

Vincent seufzte und wünschte sich weg, während Magnus vergnügt vor sich hin pfiff.

Eigentlich bedeutete das nur, dass der Zwerg mal wieder vergessen hatte, wo sie eigentlich hin wollten!

Nun, dachte der Lehrling. Vielleicht war das auch gut so!
 

Zur gleichen Zeit stürzte im Wald von Darkthorne ein Bote zur Tür herein.

Der Anführer der 'Mücken', einer brutalen Räuberbande, sah skeptisch von seinem Mittagsmahl auf und grunzte.

Douglas Geyette war ein Hüne von einem Schweinemenschen. Seine Schulter konnten angeblich einen Ochsen tragen und sein Gesicht war in der Lage, Steine zu zertrümmern.

(Anmerkung: Letzteres kann man heute sagen, weil der gute Douglas nicht gerade der Geschickteste war. Er fiel eines Tages über eine Sonnenblume, die verbotenerweise auf einem Schlachtfeld gestanden hatte, und zertrümmerte einen Stein unter seinem Knie!

Da er aber so krumm gelegen hatte, nahm die Welt an, dass er ihn mit dem Kopf zertrümmert habe.)

Er wackelte mit der Schweinenase und seine langen Ohren stellten sich auf. Drohend bleckte Douglas die Hauer und blickte den Störenfried mit einer vernichtenden Miene an. Die grauen Haare in seinem Gesicht hatten sich alle aufgestellt.

(Anmerkung: Alle Haare, bis auf die, die von der Bratensoße verklebt waren. Das ziepte seine Schweinigkeit!)

"Was willst du?", grollte Douglas.

Der Bote sah verängstigt zu seinem Boss auf. Denn schließlich war er nur Mensch. Sein Boss dagegen sah aus, als wäre seine Mutter von einem Wildschwein beglückt worden.

"I...Ich habe einen...einen..."

Zack! Die erste Rehkeule hatte seinen Weg an den Kopf des Boten gefunden.

"Mach voran! Ich will heute noch mein Essen...äh...essen!", rief Douglas und sah den Boten wieder an.

Die rote Tracht stand ihm gar nicht, dachte er. Vielleicht hätte ich das Tutu weglassen sollen. Das ist doch lächerlich!

"Ich hab einen Brief für Euch, großer Geyette!"

Eine gewaltige und haarige Hand bahnte sich ihren Weg zwischen den Essensbergen hindurch und fuchtelte fordernd mit den Fingern.

"Na gib schon her!"

Der Bote überreichte das Schreiben und tänzelte dann nach draußen, während Douglas den Brief zerriss und anschließend die Seiten wieder zusammenlegte, um ihn zu lesen.

(Anmerkung: Man sieht hier den unglaublichen Intellekt von Schweinemenschen! ACHTUNG IRONIE! Im Ernst: Douglas Geyette hatte einen IQ von 5, bei 8 grunzt die Sau!)

Wütend überflog er die Zeilen seines alten Freundes Innozenz und mampfte nebenbei eine Fleischkeule.

"Hilfe...Bruder...gromph...mampf...alte Liebe...sexuelle Dienste...Hust!"

Douglas verschluckte sich.

Dann brüllte er nach seinem persönlichen Adjutanten.

Dieser kam hereingeschlittert. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug aus feinsten Kettenhemden und eine gewaltige Axt auf dem Rücken.

"Bring mir Pananalas! Mach schnell!"

Douglas hoffte, dass damit die, im Brief erwähnte Peinlichkeit getilgt wäre.
 

Der Palast des Drachenkönigs war nicht mehr als ein riesiger Felsvorsprung, auf dem die Riesenechsen auf der faulen Haut lagen.

Endlich normale Drachen, dachte Vincent und blickte zu Magnus, der versuchte, einen Drachen zu überreden, ihm eine Schuppe zu geben.

Rund um den Felsen herum war eine Art Bach aus Lava, der Menschen und andere Völker davon abhielt, zum König hinauf zu kommen.

Obwohl sich dieser wirklich nicht vor Menschen fürchten musste.

Der König war der Letzte der goldenen Drachen und überragte selbst seine Freunde und Genossen der gleichen Rasse um gut zwanzig Meter. Seine Schuppen glänzten im schwachen Sonnenlicht und aus seinen Nüstern stoben kleine Schwaden von schwefelhaltigem Rauch.

Die warmen, goldenen Augen hatte er auf Vincent und Magnus gerichtet, während er sich noch genüsslich mit seinen Freunden unterhielt.

"Aber ja doch! Heute morgen war er braun! Gestern etwas zu fest. Es hätte mir beinahe den Ar..."

"Mein König!", rief Sealamin Darkeyes laut empor.

"Sealamin! Was bringst du mir? Mittagessen?!"

"Nein großer König Smok! Ich bringe Besucher, die 'nur durch' wollen!"

Smok sah zu den beiden hinunter und wirkte ein wenig desinteressiert.

Das lag ganz einfach daran, dass in seinen Augen Menschen nichts an der Realität ändern konnten und somit nicht im Wechselwirkungsgefüge von Dasein und Vergänglichkeit Platz fanden.

"König Smok...", begann Magnus.

"Eigentlich werde ich Kniaz genannt! Kniaz Smok!"

(Anmerkung: Kniaz = drakonisch für Obermotz, Der-Der-Zu-Sagen-Hat, Boss)

"Kniaz Smok! Mein Wegbegleiter Winfried und ich sind auf dem Weg zu...äh...zu...äh..."

Smok atmete aus und eine gewaltige Schwefelwand schoss auf unsere beiden Freunde zu. Vincent jedoch war schnell genug.

Er hob die Hand und murmelte schnell ein silbenreiches Wort, was im normalen Sprachgebrauch sicherlich zu Gelächter und anderen Missetaten führte. Aber in diesem Zusammenhang zog sich der Wind zusammen und bildete eine Art Luftschild um sie beide, sodass der Schwefel einfach abprallte.

"Oho...Ein Magus!"

"Das ist altbacken! Heute sagen wir Magier. Aber nichtsdestotrotz: Wie mein, leicht seniler, Freund hier eben sagen wollte, sind wir auf dem Weg zum Vulkan von Damnhot. Deswegen erbitten wir untertänigst das Durchmarschrecht für Euer Land, Kniaz Smok!"

"Durchmarschrecht.", grummelte der Kniaz und schwankt mit dem Kopf leicht hin und her.

Vincent hatte mal einen Barden gesehen, der ein Instrument zupfte und genauso aussah. Zumindest bis man ihm das Instrument wegnahm und auf dem Kopf zerschlug.

Die anderen Drachen, die um den König herum lagen und eine Art schuppige Allee bildeten, grummelten mit dem Kniaz im Rhythmus.

Magnus hatte derweil von dem Drachen, den er bestochen hatte, eins auf den Deckel bekommen und torkelte an die Seite unseres Lehrlings zurück.

"Es ist schon gemein, Winfried!", sagte er.

"Vincent! Was ist gemein?"

"Dass Drachen so hart zuschlagen können!"

Seufzen. Natürlich schlugen Drachen hart zu, wenn die Birne so weich wie Plumpudding war, dachte Vincent bei sich und wandte sich erneut dem Kniaz zu.

"Was ist nun, Kniaz Smok?!"

Der König der Drachen beugte sich hinunter.

"Nun...", sagte er und qualmte eine neuerliche Schwefelwolke in Vincents Richtung.

Der junge Magier hob die Hand und winkelte den Mittelfinger an. Ein leichter Windstoß kam auf und pustete den Schwefelrauch in Richtung der Drachen zurück.

"Das Durchmarschrecht sei euch gewährt! Mein Diener wird euch zwei zu der großen Treppe Longrun bringen!"

Die beiden verneigten sich und blickten sich nach allen Seiten um.

Sealamin Darkeyes stand noch immer vor einem Blumentopf, den er mit unnachgiebiger Leidenschaft angrub, als wäre es die schönste Maid nördlich von Boum.

Magnus wandte sich dem Drachenkönig zu.

"Ist dieser Trottel unser Führer?"

Der Kniaz knurrte.

"Nein! Er ist einfach nur ein blinder Einfallspinsel, der sich für einen Drachen hält! Wir benutzen ihn als Späher für die Südgrenze!"

Der Lehrling und der Zwerg zuckten die Schultern, als eine junge Frau hinter den Drachen vortrat.

Sie hatte kurzgeschnittenes, braunes Haar und ebenso kastanienbraune Augen. Ihr Gesicht war leicht rundlich, aber ihre Figur schlank. Sie trug eine Dienstmädchentracht mit schwarzem Faltenrock, einer weißen Bluse und eine Schürze.

Ebenso trug sie eine Schleife im Haar und rauchte, komischerweise, eine Zigarette.

Magnus troff der Geifer aus den Mundwinkeln.

"Zähne rein! Gibt keine Nüsse!", keifte das Dienstmädchen und trat vor die beiden. "Ihr seid also die beiden Orientierungslosen, ja?!"

Vincent nicke, während der Zwerg auf die Knie fiel und versuchte, ihre Hand zu küssen.

"Wenn du es wagen solltest, meine Hand mit deiner Sabberschnauze auch nur zu berühren, trete ich dir die Klüsen eckig!"

Das saß!

Magnus zog sich mit verliebten Blick zurück und stieß Vincent an.

"Ich glaub, sie steht auf mich, William!"

Und wieder ein Seufzen.

Der Kniaz der Drachen wandte sich zu seiner Dienerin.

"Bring sie zu der großen Treppe im Nordosten!"

Die Dienerin nickte und wandte sich den beiden Idioten zu, die sie führen musste.

Vincent und Magnus standen da wie zwei Pinguine. Wie bestellt und nicht abgeholt.

"Damit eins klar ist: Kein Grabschen, kein Fummeln, kein Küssen und vor allen Dingen: Wenn ich einen von euch erwische, der mir meine Höschen klaut..."

Sie nahm eine ihrer Zigaretten und vollzog eine eindeutige Geste mit ihr.

"...den mache ich persönlich zum Sopran? Verstanden?!"

Vincent blickte nun auch die Frau und fühlte sich seltsamerweise in guten Händen. Auch wenn diese Hände vermutlich einen Elefanten zum schwitzen hätten bringen können, war er doch überzeugt, dass sie eine gute Führerin abbekommen hatten.
 

Erzmagier Kaliban war unruhig.

Denn in seinem Koffer war kein Platz mehr für seine Teddybären. Er verfluchte das Schicksal und sein Leben so lange, bis es an der hölzernen Tür pochte.

"Herein...", sagte er und rieb sich die Augen mit Zeigefinger und Daumen.

"Ich habe Neuigkeiten!"

Innozenz betrat dieses Zimmer, als wäre es klinisch verseucht und mied jede Form von Stühlen und Tischen.

Das dunkelbraune Haar hatte er sich zu einem sauberen Zopf gebunden und die Augenbrauen sahen frisch gezupft aus. Kaliban konnte immer wieder über die Eitelkeit des Beraters lachen und setzte sich in seinen Sessel, wo er die Beine übereinander schlug.

"Nun?"

Innozenz setzte sich ebenfalls und faltete die Hände im Schoss.

"Meine Späher haben berichtet, wie Vincent den Damnhot verlassen hat und in Richtung der Berge aufgebrochen ist."

"Welche Berge denn? Wir haben Hunderte alleine im näheren Umkreis!"

"Es sind die Berge von Silverswan."

Der Magier atmete tief ein und blickte nach unten. Seine kalten, blauen Augen fixierten einen Staubflusen am Boden und seine buschigen, grauen Augenbrauen zogen sich im Rhythmus seines Herzschlages zusammen.

Die Robe kratzte.

"In Ordnung. Wenn Ihr so freundlich wärt, Innozenz, meinem Diener Bescheid zu geben, dass er meine Kutsche vorfahren lassen soll! Ich würde vorschlagen, wir reisen noch heute ab!"

Magier und Berater lächelten sich gleichermaßen an und jeder verfluchte den anderen.
 

"Sind wir bald da?"

Magnus war keineswegs so verliebt wie eben. Sein Gesicht troff vor Schweiß und die Halbglatze glänzte im herabfallenden Sonnenlicht. Die Luft um die kleine Reisegruppe war so heiß, man hätte sie schneiden können.

Sand Witch schien das nichts auszumachen.

Sie schritt leichtfüßig und mit wackelnden Hüften vor der Reisegruppe her und machte keinerlei Anstalten, ihr Tempo zu verlangsamen. Auch wenn der Erschöpfungszustand unserer beiden Freunde sich dem Maximum zuneigte.

(Anmerkung: Das ist noch freundlich ausgedrückt! Vincent und Magnus Amnesius gingen auf dem Zahnfleisch!!!)

"Wir sind da, wenn wir eben da sind! Und jetzt Klappe, du Flachzange!"

Sand war absolut nicht gut gelaunt, fand Vincent und fragte sich wieso.

"Bist du immer so jähzornig?"

"Nein. Manchmal ist meine Laune auch schlecht!"

Seufzen.

Die Gegend um sie herum war ein wenig farbenfroher geworden.

Zu den Lavaseen und den Rottönen hatten sich nun auch gewisse Abstufungen in Grau und Zartrosa dazugemischt. Die Seen waren nicht mehr so allgegenwärtig und der Pfad, auf dem sie gingen, war steiniger und breiter als der von vorhin.

Magnus schleppte schwer an seiner großen Axt, aber sprach tapfer kein Wort und beklagte sich nicht.

Vermutlich hatte er ohnehin wieder vergessen, weshalb er sich beklagen wollte.

Hugin saß zufrieden auf der schulter seines Herrn und blickte auf die Führerin ihrer kleinen Touristengruppe hinab.

Ehe er sich einem neuen, spannenderen Thema zu wandte. Ein Wurm hatte seine Aufmerksamkeit erregt.
 

Nach kurzer Zeit erreichten sie endlich die Treppe.

Longrun war die Ausgeburt eines jeden Bergsteigeralptraums. Vincent blickte die steinigen Stufen hinauf und sah an der Spitze oben einen leichten Nebeldunst. Mit etwas Fantasie konnte man sich ein Haus vorstellen, aber das wollte Vincent in der Schwebe lassen.

Keuchend standen sie vor den ersten Stufen, während Sand Witch bereits einige hinaufkletterte.

"Nun kommt endlich, ihr Flaschen!", rief sie. "Es wird bald Nacht und ich habe keine Lust, mit euch Pennern die Nacht zu verbringen!"

Jetzt reichte es!

Vincent baute sich auf und sah nach oben.

Die Sonne blendete ihn und er senkte doch den Blick.

"Nein. Jetzt ist es gut. Wir brauchen eine Pause, sonst reißt es mir die Organe aus dem Kadaver! Also schwing deinen Hintern hier runter und setz dich, sonst gibt's nichts zu fressen!"

Scheinbar zeigten seine rauen Worte Wirkung.

Sand Witch sah nach oben zum Gipfel und blickte dann mit einem merkwürdigen Blick nach unten.

(Anmerkung: Ein erfahrener Psychologe hätte hier nun eine gewisse Kausalität feststellen können! Aber unserem lieben Vincent waren diese Weisen natürlich schnurz.

Wären sie ihm nicht so schnurz gewesen, hätte er vielleicht sogar durchaus Erfolg beim weiblichen Geschlecht!)

Dann kam sie nach einer Weile herunter und setzte sich wortlos neben den Lehrling, der sich daran gab, eine Suppe zu kochen.

Eine kleine Pause konnte ja nicht schaden!
 

© by Charon777



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mara_Black
2008-04-21T14:33:53+00:00 21.04.2008 16:33
Mh... Sand Wich ist ja eine echte kleine Kratzbürste...
Bis auf den Kurzhaarschnitt kann ich aber keine große Ähnlichkeit (weder zu Mona noch zu mir) ausmachen...
Abgesehen davon ist sie RAUCHER
Iiiieh
Bäääh
Igittigitt
XP

Dafür wird mir Kaliban immer sympathischer. Diese Plüschtier-Anhänglichkeit hat doch viel Identifikationspotential ^^

Ansonsten spannungsmäßig ganz gut aufgebaut, wenn auch nicht direkt ein Cliffhanger. Dafür habe ich keine Grammatik oder Rechtschreibfehler gefunden, bis auf Seite 2, wo Vincetn Sandwich anschaut fehlt das "an".
^^
*großes Lob dalass*
Guti-Feini

XD
Von:  Mara_Black
2008-04-19T07:35:00+00:00 19.04.2008 09:35
Drachen?
Ich liebe Drachen!

*freu*

Hey, ich glaube Vincents ehemaliger Meister wird mir noch direkt sympathisch... Plüschtierfanatiker.. XD

Weiter so (Kapitel kann ja so unmöglich fertig sein, oder?)


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