Lass mich atmen... von -Miaka- (Yami x Yugi) ================================================================================ Kapitel 1: Versuche, mich zu verstehen -------------------------------------- Lass mich atmen… Chapter 1 - Versuche, mich zu verstehen Ich laufe am Strand entlang, spüre den Sand zwischen meinen Zehen. Er ist nass, wieder und wieder von Wasser berührt. Manchmal wird es bis zu meinen Füßen gespült, tränkt den Strand von Neuem. Das Meer wischt sie alle fort: Jede einzelne meiner Spuren. Die Sonne ist noch am aufgehen und die Luft angenehm warm. Es dauert sicher keine zwei Stunden mehr bis sie heiß auf der Haut brennt, wahrscheinlich zu heiß. Dann kommen die Badegäste, die lauten Kinder und die glänzenden, sonnengebräunten Mädchen. Und der Geruch von hundert verschiedenen Sonnencremes wird sich abermals mit dem von nassem Gummi vermischen. Wie konnte es jemals anders sein? Vielleicht geht der Tauchkurs auf Station, denke ich. Ich wollte dort auch einsteigen. Aber irgendwie finde ich nicht die Zeit dazu. Vielleicht schwimmen heute zwei Luftmatratzen weg, überbieten die gestrige Tagesbilanz. Oder das Herrchen eines Hundes wird vom Bademeister vom Strand verwiesen, weil sein tierischer Freund andere Badegäste belästigt. Oder aber diesmal sind die Wellen nicht hoch genug und der Surfclub zieht traurig davon. Vielleicht. Vielleicht passiert aber auch gar nichts, denn ist das nicht auch gestern schon so gewesen? Jetzt aber ist es noch nicht so weit, noch liegt der Schleier der Stille über dem blauen Ozean und der Strand erholt sich vom Vortag. Irgendwo hinter mir hallt das stetige -Plop- eines Volleyballes, durchbricht die Stille und drückt höchst subtil auf meine Nerven, doch ich versuche jegliche Gefühle zu unterbinden. Ich ignoriere sie einfach. Heute wird ein schöner Tag. Ich denke, ich werde noch eine halbe Stunde hier bleiben bevor ich Anzu aus dem Hotelzimmer hole. Sie wollte ja unbedingt erst Neun Uhr geweckt werden. Dann werden wir im Restaurant frühstücken. Unser Restaurant ist wirklich schön. Anzu mag vor allem die bunten Blumen auf den Tischen, jeden Tag sind es andere. Den ganzen Tag noch schwärmt sie von ihnen. Ich sollte ihr einen Strauß schenken, doch ich weiß nicht, wo ich hier einen Blumenladen finden soll. Ich beschließe, nach dem Mittagessen in der Innenstadt vorbeizuschauen. Es muss doch irgendwo einen Blumenladen geben. Jetzt, plötzlich, dreht sich der Wind und weht mir ins Gesicht. Ich muss mit meinen Haaren kämpfen, denn immer wieder fallen sie mir ins Gesicht. Dann grinse ich. Und breite meine Arme aus. Ich genieße die warme Sommerluft und die Tatsache, dass alles in meinem Leben stimmt. Ich habe Anzu und ich liebe sie. Und mein Abitur habe ich vor drei Wochen bestanden. Was will ich mehr? Jetzt sind wir für drei Wochen im Urlaub. Nur Anzu und ich. Und bisher waren alle Tage einmalig, jeder Strandspaziergang mit ihr unvergesslich. Jedes Mal, wenn sie meinen Namen ruft, klingt er samtig weich, wie von einem Wesen ausgesprochen, dass von einer verzauberten-, aber nicht von dieser Welt stammt. „Yugi!“ Anzu. Sie ist ein wundervolles Mädchen. Aber manchmal brauche ich meine Einsamkeit, manchmal will ich nur alleine sein und nachdenken, so wie jetzt. Mein Glück in Frage zu stellen ist nötig, damit ich mich wieder und wieder daran erinnern kann, was ich habe. Aber vielleicht sollte ich irgendwann sicher sein. Ja, ich sollte mir langsam sicher sein. Mir fehlte es doch an nichts. Und dann überkommt es mich, das Gefühl, dass doch etwas fehlt. Etwas, dass meinem Leben Leben einhaucht. Etwas, dass meinem Atem Luft verleiht. Meinem Herzen ein Klopfen. Ich denke, dass Anzu mein Glück ist. Es muss doch einfach wahr sein. Jedoch holt sie mich immer wieder ein, die eine Vision, die schon lange Zeit in mir wohnt. Eine Idee vom Glück, ein Wunsch, eine anhaltende Sehnsucht: Wie gern möchte ich verstanden werden. Ich sehne mich nach einem Menschen, dem ich mein Leben anvertrauen kann. Anzu versteht mich nicht. Sie liebt mich, aber sie versteht nicht den Sinn in meinen Worten. Sie kann nicht zwischen meinen gesprochenen Zeilen hören. Sie hört nicht den traurigen Touch in meiner Stimme, schätzt unsere Stille nicht. Sie ist ein wundervolles Mädchen, aber laut. Laut und grellbunt. Wie Tage, an denen die Sonne blendet. Ich habe den Wunsch nach dieser einen Person längst aufgegeben, doch manchmal steigt er wieder aus meinem Unterbewusstsein empor und hinterlässt erneut Eindrücke in mir, solch eine traurige Erinnerung an Glück, das niemals in dieser Form da gewesen ist. Ich kehre um, laufe den Strand in entgegengesetzter Richtung zurück. Der Wind streichelt meinen Nacken, haucht meine Gedanken fort. Sie schweben davon wie weiße Schäfchenwolken. Jetzt höre ich auf zu denken, denke ich und denke doch weiter daran. Jetzt muss Schluss sein mit dem Gefrage, mit dem Selbstmitleid. Denn ich habe Alles in meinem Leben und soviel mehr noch, als so viele andere Menschen! Mir fehlt es an nichts und ich darf das nicht vergessen! Wie oft schon habe ich das gedacht, es mir eingeredet? Eine endlose Suggestionskette. Ja, ich höre meine sich stetig wiederholende Stimme, bin mir ihrer hypnotischen Kraft völlig bewusst, doch will ich auch nicht wahrhaben, dass ich mich nur selbst zu manipulieren versuche. Ich laufe den Rest des Weges über die Promenade zurück. Viele Läden haben noch geschlossen, nur Vereinzelte bauen schon die Außenständer auf. Von hier aus sehe ich nur zwei jüngere Frauen, wahrscheinlich Freundinnen und zudem Fans von allerlei kitschigem Krimskrams. Und da kommt mir noch ein Liebespaar entgegen. Und schon laufen sie an mir vorbei, unterbrechen kurz ihre geflüsterten Liebesgedichte und starren mich von der Seite an. Denken sie, ich spüre das nicht? Denken sie, ich sei allen Blicken völlig gleichgültig? Dass ich verliebt bin, aber unglücklich? Ja, sicher. Vielleicht sieht es seltsam aus, wie ich hier alleine laufe, vernarrt in meine Gedanken und den Klang meiner Schritte auf dem betonierten Promenadenweg. Vielleicht lässt es sich nicht deuten, warum ich denn hier alleine und ganz ohne Freundin bin. Ich mache einen Schritt nach vorn, eine gezielte Bewegung die für sich selbst erklären will, dass meine Freundin noch schläft und nicht vor Neun Uhr geweckt werden will. Und dass ich alleine bin, weil ich mein Glück täglich in Frage stellen muss. Weil ich mir in Gedanken vorbete, wie wunderbar alles in meinem Leben ist. Doch das Paar ist schon vorbei, ehe ich den Mund auftue. Ich spüre nur den parfümierten Luftzug am mir vorbeirauschen. Ich gehe schneller. Ich fühle mich plötzlich nicht mehr wohl. Ich spüre plötzlich, dass etwas nicht stimmt. Die Welt stimmt nicht. Oder etwas stimmt nicht mit mir. Einmal mehr ist dies die letzte Erkenntnis. Jedes Mal wieder stelle ich fest wie dumm ich bin. Wie dumm, dass ich nicht zufrieden sein kann. Wie dumm, dass ich mir selbst nicht eingestehen kann, wie schlimm es wirklich in mir aussieht. Wie dumm nur, dass jetzt nicht der Bademeister pfiff und mich aus dem Leben verwies. Ich schaue auf meine Uhr. Es ist Zehn vor Neun. Ich bin fast an unserem Hotel. Nur noch ein paar Schritte und ich sehe die grünen Palmen und die gepflegte Anlage unseres Hotels. Dieses hübsche, romantische Hotel. Ich komme am frisch gestrichenen Zaun an, laufe durch das offene, mit Pflanzen bewachsene Tor und laufe die Treppe hinauf. Diese gewundene Treppe, die scheinbar ebenfalls nicht von dieser Welt ist. Am anderen Ende befindet sich unser Zimmer, es liegt im fünften Stock. Ich könnte auch den Fahrstuhl nehmen, aber dazu bleibt mir keine Zeit. Ich muss meine Anzu wecken. Sie muss die frischen Blumen auf dem Tisch sehen. Auf dem Weg nach oben, mitten in unserem Gang, kommen mir plötzlich drei Jungen -etwa in meinem Alter- entgegen. Sicher sind sie unterwegs zum Frühstücksbuffet. Zwei stürmen voraus, während der dritte -ein für meine Begriffe ziemlich großer Typ- gemütlich hinter ihnen herläuft. Das Erste, was mir auffält, ist seine Ähnlichkeit zu mir. Und seine Größe und diese funkelnd roten Augen. Eine Hand hält er in der Tasche seiner blauen Jacke verborgen, während er mit der anderen durch sein Haare -meinen so unglaublich ähnlich- fährt. Aus mir unergründlichem Affekt will ich ihm sofort im Vorbeigehen sagen, dass es zu warm draußen ist für diese Jacke. Ich laufe also auf ihn zu. Er erblickt mich, öffnet weit die Augen und bleibt stehen. Die Anderen laufen weiter. Ich erkläre ihm lächelnd, dass er die Jacke im Zimmer lassen kann. Doch alles, was ich zurückbekomme ist jene Kälte eines Fremden. „Und du kannst mich in Ruhe lassen.“ Dann streift er sich erneut durchs Haar und läuft an mir vorbei. Ich lächle noch immer, auf diese unbewusste, völlig künstlich Art, blicke auf den roten Teppich zu meinen Füßen und versuche abermals meine Gefühle zu missachten. In mir tobt es. Innerhalb wenigen Sekunden ist etwas in mir gefroren, doch ich denke nicht daran. Ja, eigentlich denke ich nicht daran. Ich denke einfach an Anzu und dass ich sie jetzt wecken muss, weil vielleicht sonst nachher die Tische besetzt sind. Um Neun ist eine beliebte Frühstückszeit hier im Hotel. Ich stürze weiter den Gang entlang bis an unsere Zimmertür, ziehe die weiße, schon mit einer leichten Fettschicht überzogenen Schlüsselkarte durch das Lesegerät und trete in unser kleines gemietetes Wohnzimmer ein. Ich muss nur ein paar Schritte tun, um in den Schlafbereich zu kommen. Und dort liegt sie, Anzu. Ihre langen, braunen Haare sind über dem weißen Kissen gebreitet, bilden den perfekten Kontrast zu den braunen, holznachgeahmten Wänden. Ich lächle unbewusst. Ich möchte sie nicht wecken, aus ihren Träumen aufscheuchen und für ihr unausgeschlafenes Gesicht verantwortlich sein, ehe sie sich waschen geht. Ich möchte sie in den Arm, nehmen und sie küssen, doch ich weiß, wie schnell sie aufwacht, wenn man nicht leise genug ist. Ich fasse Mut und rüttle sie ein wenig. Ganz sanft, denn ihr Schlaf ist ja leider nie sehr tief. Sie schlägt die Augen auf. Als sie mich erkennt, lächelt sie. „Guten Morgen, Yugi.“, begrüßt sie mich und ich lächle noch eine Spur breiter. „Es ist Neun.“, erwidere ich und zwinkere mit einem Auge. Sie setzt sich auf, küsst mich sanft auf die Wange und steht dann aus dem Bett auf. Wie benebelt von ihrem Kuss stehe ich noch immer neben ihr. Sie läuft vorsichtig mit nackten Füßen über die Fließen bis zum Bad. Dort verschwindet sie wortlos und ich setzte mich auf ihr Bett, um zu warten. Sicher schminkt sie sich auch heute. Das ist etwas, was ich an Mädchen wirklich nicht schön finde. Aber Anzu übertreibt es nicht mehr so wie damals in der Schule. Sie macht nur eine dünne schwarze Spur unter ihren Augen und lässt es dabei. Jedoch dauert selbst das seine Zeit und so warte ich. Und während ich warte, steigt wieder sein Bild in mir auf: Wer war der Junge von vorhin, der mir so ähnlich war und doch so fremd...? Wenn ich mich frage, muss ich zugeben, zu glauben, dass er ein eingebildeten Schnösel ist, so ein egoistischer, selbstverliebter, nicht ganz richtig tickender, angeberischer Wichtigtuer. Ich weiß natürlich, dass dies Vorurteile sind, doch kann ich nicht wirklich etwas gegen diesen ersten Eindruck tun. Und doch, seltsamerweise sagt mein Gefühl mir etwas völlig Anderes. Dass ich diese ausdrucksstarken, roten Augen wieder sehen muss. Dass 'fremd' in 'vertraut' umgeschrieben werden kann. Leider aber verdränge ich -wie immer- schon im nächsten Moment jedes meiner Gefühle in die letzte Schublade meines Unterbewusstseins. Und betrachte die Kunstwände, von denen ich umzingelt bin. In diesem kleinen, nach Wärme duftenden Zimmer. Fortsetzung folgt... Kapitel 2: Verbrenne meine Fassade ---------------------------------- Lass mich atmen… Chapter 2 - Verbrenne meine Fassade Anzu steht wieder vor mir, frisch und ausgeschlafen, in ihren Augen das wohlbekannte Glänzen. Seitdem sie zurück im Zimmer ist, will ihr Mund nicht mehr still stehen. So kenne ich meine Anzu. So habe ich sie kennengelernt. Ich lache, obwohl ich keinen Grund finden kann. Vielmehr ist es ein Lachen, das im Halse stecken bleibt und niemals ganz echt klingt. Um mich zu retten, gebe ich ihr mit einem Kuss zu verstehen, dass wir uns beeilen müssen. Schell springt sie auf, läuft ins Wohnzimmer und holt ihre Tasche. Und wieder warte ich auf sie, nicht wissend woran mein Blick sich hängen soll. Doch ich warte gern auf sie. Dann läuft sie wieder lachend auf mich zu, wirft diesen warmen Nebel über mich. Ihr Lachen beherrscht mich. Oder gebe ich mich diesem nur aus einer Laune heraus hin? Ich schließe das Zimmer ab und wir beide verlassen das Hotel über die Treppen. Anzu hängt sich an meinen Arm. Auch ihre Haut ist warm. Wieso nur dringt sie nicht zu mir durch? Ihre Hände klammern sich so unglaublich fest an mich. Ich habe das Gefühl, gebraucht zu werden, wichtig zu sein- Ein Gefühl, das ich liebe... Gefühle sind nur Chemie. Spritzt mir ein paar kleine Hormone und ich bringe Anzu um. Wir laufen über die Anlage, links und rechts von uns stehen duftende Sträucher, sie leuchten uns schon von weitem entgegen. Anzu löst sich und rennt vor mir weg, versteckt sich hinter einem der strammen Palmstämme. Es ist wärmer geworden. Zwar nicht bedeutend wärmer, jedoch kann man schon diese paar Grad mehr deutlich spüren. Ich kann nicht genau sagen, ob das wirklich an der Sonne liegt oder an Anzu. Sie lacht glücklich, als ich sie finde und meinen Arm um sie lege. Wir müssen noch diesen Weg bis zum Ende laufen, bevor wir das Restaurant erreichen. Er ist mit weißen Steinen belegt, sie glitzern in der Sonne. Der Pool, an dem wir vorbeilaufen, wirft einen blauen Schatten auf die weiße Apartmentwand daneben. Ein paar Handtücher liegen auf den Liegestühlen, besetzen sie, bis die Besitzer zurückkommen. Das ist eigentlich verboten, doch wir beide halten uns genauso wenig daran. Es ist menschlich, zu rebellieren. Oder auch nicht. Wir sind am Restaurant und treten ein. Noch sind nicht viele Gäste hier, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass sich das in den nächsten zehn Minuten ändern wird. Anzu packt mich wieder am Arm und zieht mich in die hinterste Ecke zu ihrem Lieblingstisch. Wir haben Glück, dass er noch frei ist und setzen uns für einen Moment. Sogleich bestaunt sie die Tulpen, die vor uns in einer großen, mit dezentem Muster verzierten Vase stehen. Sie erklärt mir etwas über diese Blumen, doch kaum dringt ein Ton an mein Ohr, schon gleitet meine Aufmerksamkeit zu den Jungs hinüber, die gerade erst das Restaurant betreten haben. Sie laufen in unsere Richtung und setzen sich zwei Tische von uns entfernt an einen scheinbar für sie reservierten Tisch. Ich kneife ein wenig die Augen zusammen um zu lesen, was auf dem kleinen Kärtchen steht. - Reserviert für Kuolema, Atemu, Kohtalo - Ich bin nicht sicher ob ich richtig gelesen habe. Und es ist mir auch egal. Völlig gleichgültig. Ich wende mich wieder meiner Freundin zu. Sie hat aufgehört zu reden und starrt stumm durch das Restaurant. Für einen Moment habe ich ein schlechtes Gewissen, ich hätte ihr zuhören sollen. Dann blickt sie in meine Augen. Fragend, richtend, feindlich. "Lass uns essen, Yugi." Sie schiebt ihren Stuhl schnell nach hinten und erhebt sich. Auch ich stehe von meinem Platz auf und zusammen laufen wir vor ans Buffet. Es ist reich gedeckt mit vielen verschiedenen Brot und Brötchensorten.Wurst und Käse liegen auf großen Platten, verziert mit Petersilie und mir unbekannten Blumen. Anzu sagt, sie seien essbar, doch ich verspürekeinen Appetit darauf. Ich nehme mir nur zwei normale Brötchen und schneide ein großes Stück Butter ab. Anzu bringt ein paar verschiedene Wurst-und Käsesorten mit. Wir probieren sie einfach alle durch. Ein paar Schritte weiter gibt es fünf Cornflakes-Sorten. Ein kleines Mädchen und ein kleiner Junge stehen vor mir und schütten sie sich gemischt in kleine Schüsselchen, ehe sie die Milch darüber laufen lassen. Ich muss lächeln. Kinder bringen mich zum Lächeln. Sie erinnern mich an Anzu und mich selbst. Wir kennen uns schon sehr lange. Plötzlich erschrecke ich. Innerlich, wenn das möglich ist. Neben mir steht der Fremde, der mich auf der Treppe so dumm angemacht hat. Er schaut weg, interessiert sich nicht für mich. Ich bin fast einen ganzen Kopf kleiner als er, gehe ihm gerade mal bis zum Kinn. Er stellt sich hinter mich und nimmt sich etwas zu essen. Ich sehe ihn nicht. Ich sehe nicht einmal durch ihn hindurch! Oder vielleicht sehe ich genau das, durch alle Welt hindurch in ein Traumland. Meine Mutter hat immer gesagt, ich wäre ein viel zu großer Träumer und das würde mich eines Tages tief fallen lassen. Anzu winkt mich zurück an den Tisch. Ich lasse mich nicht zweimal bitten und bin in wenigen Sekunden bei ihr. Sie lächelt lieb. Ich erwidere, ich lasse mir meine Gedanken nicht von den Augen ablesen. Der Junge von der Treppe läuft an mir vorbei zurück zu seinem Platz, würdigt mich abermals keines Blickes. Ich setze mich hin und starre Anzu an. Ich merke nicht, dass ich vergessen habe, meine Maske aufzusetzen. Anzu blickt mir tief und besorgt in die Augen. Sie stützt den Kopf auf die aufgestützte Hand und fragt: "Was ist denn los, Yugi? Du scheinst so abensend zu sein. Ist irgendwas passiert?" Ich stocke. Ich bemerke, dass meine Fassade gefallen ist. Schnell hebe ich den Blick, suche die richtigen Worte zwischen Maskerade und Realität. Spinne meine Fassade erneut, suche mir die nächste Maske aus dem Faschingskostümverleih. Borge sie mir für den Moment. "Nichts ist los, Anzu. Ich liebe dich." Und das rede ich mir ein! Ich liebe Anzu! Ich liebe sie! Und doch frage ich mich, was wirklich mit mir los ist. Wo ist meine Konzentration geblieben? Wo meine Aufmerksamkeit? Warum sind es ungeschehene Blicke, die mich mich selbst verletzen lassen? Wieder einmal lasse ich die Gedanken fliegen. Ich lasse sie los. Sie passten hier nicht her. Sie passen nicht zu meinem perfekten Leben. Ich nehme das Lächeln wieder auf und halte Anzus Hand. Halte sie ruhig und zeige ihr, dass alles gut ist. Dass alles gut ist... Doch mein Blick schweift erneut in die falsche Richtung ab. Die Jungs vom übernächsten Tisch beobachten uns. Nur der Dritte, der vom Buffet, hält den Blick starr auf seinem Teller. Ich lasse Anzus Hand los. Ich erkläre, dass ich hungrig bin. Sie lächelt und nickt. Und ich lächle zurück. Meine Gedanken eingesperrt Die Gefühle nach innen gekehrt. < * * * Nach dem Frühstück, wir waren gerade im Zimmer und haben unsere Badesachen geholt, treffen wir auf dem Weg zum Pool Anzus neuen Freundinnen. Ich kenne nur den Namen von einer, sie heißt Yumé, ein sehr sympathisches Mädchen. Die zwei anderen sind, wie ich sie einschätze, genau der Typ Mensch, den ich zu Anfang meiner Teenagerzeit verehrt habe und mittlerweile zutiefst hasse. (Wohlwissend, dass das im Grunde das Selbe ist) Es sind Mädchen der Oberfläche, Menschen, denen der Sinn fehlt. Mit fetten, bunten Pestbeulen im Gesicht und einem eingebildeten Blick. Ich kann sie nicht ansehen, ohne grinsen zu müssen. Wie kann man sein Gesicht nur so verunstalten? Masken, die zu beneiden sind, denn sie scheinen ihnen schon fest wie das eigene Gesicht. Anzu fragt mich, ob sie mit den beiden zum Strand gehen kann und entschuldigt sich hundert Mal, dass sie nicht mit mir kommt. Ich sage Ja, denke mir jedoch meinen Teil. Ich habe da nicht mitzureden. Ich halte mich aus Angelegenheiten von anderen Menschen besser heraus, schließlich ist jeder für sich selbst verantwortlich. Schließlich besitze ich Anzu nicht. Schließlich ist sie es, die mich besitzt. Nachdem Anzu ihr Entschuldigungsritual beendet hat und einsieht, dass ich ihr nicht böse bin, zieht sie mit ihren drei Freundinnen von Dannen. Ich sehe sie noch davonlaufen. Ich sehe hinterher. Das ist wie Warten. Warten, ob sie bleibt oder wiederkommt. Nun weiß ich gar nicht, was ich machen soll, der Tag wird wohl doch nicht so gut wie ich dachte. Ich setzte mich an den Rand des Pools, halte meine nackten Füße hinein. Das ist angenehm bei den Temperaturen. Im Pool zähle ich fünf Leute, drei Kinder, zwei Erwachsene und eine jungen Frau. Sie sitzt am Rand und lässt sich von der Sonne prutzeln. Ich atme leise auf und schließe die Augen. Es geht mir gut. Plötzlich springen zwei Jungs, vielleicht drei Meter von mir entfernt, per Kopfsprung in Wasser. Es sind zwei der Drei von vorhin. Ich drehe mich instinktiv um, vielleicht intuitiv, oder auch getrieben vom Gesetz der Anziehung. Ich suche den Dritten, den mit den pinkfarbenen Haar. Er sitzt auf der Wiese und zieht sich das Shirt über den Kopf. Als dieser wieder zum Vorschein kommt, bleibt er still und sieht mich an, sieht mir für Sekunden direkt in die Augen. Dann löst er den Blick, dreht den Kopf weg und packt seine Sachen in eine schwarze Tasche. Plötzlich steht er auf und kommt näher. Mein Herz macht einen Salto. Warum? Genau neben mir bleibt er stehen, blickt er mich noch einmal von der Seite an, doch dann rufen seine Freunde. "Yami! Jetzt mache ma hinne!", ruft der eine, der andere macht gleich dort weiter und ruft hinterher: "Nachher kommen die Weiber wieder!" Ich kenne jetzt seinen Namen.Yami. Und wahrhaftig, strahlt doch das Dunkle aus ihm. Yami hat verstanden und springt -wie vorher schon seine Freunde- ins Wasser. Er ist es, der letzten Endes den seltsamen Augenblick zischen uns beendet. Ich starre ihm kurz hinterher, mein Herzschlag normalisiert sich. Und plötzlich bin ich wieder allein. Ich sitze wieder allein hier am Pool und blicke durch ein Rauchglas in die Welt. Die Scheiben sind angeschlagen und ich höre nur meinen eigenen Atem. Wo sind die grünen Wiesen? Wann erreicht der Sauerstoff meine Lungen. Warum ist der Moment so deutlich? Ganz sicher ist mir nur, dass ich gerade dem Leben ins Auge gesehen habe. Vor wenigen Minuten habe ich lebendig geatmet. Meine Sehnsucht. Schreit der Wecker mich zurück ins Leben? Und es erwacht, meine Verlangen nach eben diesem... Ich beschließe ein paar Bahnen zu schwimmen, weil ich befürchte, dass es nicht gut ist, solange in der Sonne zu sitzen. Also schlage ich die Decke auf der Wiese auf und ziehe mein Oberteil aus. Die Badehose habe ich schon an. Dann gleite ich langsam ins Wasser und beginne ein paar Bahnen zu schwimmen. Mein Blick schweift dabei immer wieder zu den Drein. Schweift er? Wird er nicht beinah beständig an ihnen festgehalten? Wie auch immer. Sie sind sowieso zu beschäftigt damit, rumzublödeln. Und auch Yami scheint mich nicht zu suchen. Ich bleibe im Wasser stehen und ruhe mich aus. Das Hoffen macht mich müde. Ich steige wieder aus dem Wasser und laufe zur Decke zurück, um mich abzutrocknen. Dabei sehe ich, wie mich Yami mustert. Jetzt erst sieht er mich. Ich wüsste doch zu gerne, was er denkt. Ich gehe zur Poolbar und bestelle mir einen Cocktail. Den letzten hatte ich vor vier Tagen. Während ich warte, trommle ich mit den Fingern auf die hölzerne Theke. Ich mag es nicht wie auf dem Präsentierteller dazustehen, gesehen von so vielen Augenpaaren. Obwohl doch noch fast niemand hier ist. Oder eben deswegen. Plötzlich tippt jemand von hinten auf meine Schulter. Ich drehe mich um und tiefviolette Augen treffen meine. Yami! Mein Herz setzt aus - und schlägt sofort in neuen Tönen. "Hey!", fährt er mich an. Ich bin wahrhaftig gespannt, was noch kommt. "Allein hier?" Erstaunen. Erstaunen? "Im Moment.", antworte ich kurz. "Auch eine nervende Freundin?", fragt er leicht augenverdrehend. Wut. Irgendwie macht mich das sogleich sauer. Was bildet dieser Typ sich eigentlich ein... ? Und warum stört es mich? "Nein! Meine Freundin nervt nicht!", gebe ich zurück uns hebe die Augenbrauen. Ich habe aber irgendwie das Gefühl, Anzu mehr verteidigen zu müssen. "Oha! Noch verliebt, was?!", grinst er, lacht laut und weist mit der Hand zur Theke. Mein Cocktail ist da. Ich nehme ihn, reiche dem Kellner das Geld und verschwinde. Schneller als jedes nächste Wort. Ich will so eine Unterhaltung nicht führen. Ich möchte noch nicht in den Spiegel sehen. Und die Wand aus Rauch erstickt mich. Doch weil ich Atem brauch, küss mich. Damit ich danach wieder Luft hole... < Fortsetzung folgt... *~*~TBC~*~* Kapitel 3: Lass mich das Leben sehen ------------------------------------ Lass mich atmen… Kapitel 3- Lass mich das Leben sehen Mein Kopf liegt auf der Decke, während einer meiner Füße in der Luft baumelt. Ich halte den kühlen Cocktail mit der Hand fest umklammert und starre ins Himmelsmeer. Urlaub. Entspannung. Was könnte es Besseres geben? Ich spüre, wie mich die Erde trägt und doch, wie auch ich sie gewissermaßen trage. Das Gras umspielt die Zehen meines zweiten Fußes, kitzelt meine Haut und beweist, dass es gut ist hier zu sein. Und ich denke nicht. Ich denke gar nicht. Gedanken sind überflüssig, sie kommen und gehen wie Wolken an einem Himmel. Und während ich das weiß, beobachte ich das unbewegte Blau, in welchem mein schwebender Fuß sich pendelnd hin- und herschwingt. Ja, Gedanken sind trügerisch. Und Gefühle ihre nächsten Verwandten. Nur würdig, missachtet zu werden. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Yami und die zwei anderen den Pool verlassen. Sie laufen zu ihrem Sitzplatz, welcher nicht weit von meinem entfernt ist. Ich setze mich neugierig auf. Yami sagt etwas an seine Freunde gewandt und zeigt plötzlich zu mir. Die Anderen nicken vielsagend und schon sehe ich wie Yami die Decke zu mir rückt. Erstaunt sehe ich dabei zu. Was soll das werden? Ich würde mich dies ernsthaft fragen, und doch freue ich mich. Schon sind sie da und Yami grinst mich an. "Entschuldige wegen vorhin. Können wir neben dich?", fragt er und ich bin ein wenig verärgert, weil er mich einfach mit 'Du' anspricht. (Bin ich wirklich verärgert?) Ich willige ein. Eine Chance kann man ihm ja noch geben. (Oder tausend.) Das kann interessant werden. Und allein war ich sowieso schon genug. Gradwanderungsstelzenlauf. Alle drei setzen sich auf die Decke. Einer stellst sich mir als'Janne Kohtalo' vor. Er sagt mir jedoch, dass alle ihn nur 'Jano' nennen. Auch der zweite, 'Vili Koulema', trägt einen Spitznamen: 'Vilaus'. Für einen Moment will ich fragen, ob diese Namen eine spezielle Bedeutung haben, denn diese beiden Gestalten lassen dies leicht vermuten. Als drittes meint Yami, er hieße einfach 'Yami Atemu' und fügt grinsend hinzu, dass 'Yami' völlig ausreiche. Auch ich stelle mich kurz vor, jedoch lasse ich es mir jedoch nicht nehmen, ihnen meinen Namen ausreichend zu erklären. Ich spreche Yami auch kurz auf unsere Begegnung auf dem Gang an. "Ich konnte nicht anders, als dir genau das geben, was du am meisten wolltest.", sagt er. Und verdammt, ich weiß, was er meint. Und doch fragt jemand aus mir, was er damit sagen will. "So ein künstliches Lächeln verlangt es, dass einer kommt und es einreißt." Und er hat mich durchschaut. Wir wechseln das Thema. Ich genieße es wirklich , an diesem Vormittag hier zu sitzen und genau die Leute kennen zu lernen, die ich die ganze Zeit kennenlernen wollte. Und ihnen scheint das auch nicht minder Spaß zu machen. Kleine Mauern zerbrechen schnell, von denen ich dachte, sie seien unüberwindbar. Auf einmal ändert sich die Stimmung. Anzu und die drei Mädchen sind zurück. Anzu rennt auf mich zu, während die Anderen -zu meinem wahren Erstaunen- zu Yami, Jano und Vilaus laufen. Yumé fällt Yami um den Hals. Ihr blondhaariger Kopf verdeckt seinen Blick, während sie ihm etwas ins Ohr flüstert. In diesem Moment verlangt Anzu nach meiner Aufmerksamkeit. Naiv -und auch ein bisschen verwundert- fragt sie: "Hast du dich mit denen angefreundet?" Ihre Augen strahlen. Sie scheint sich wirklich zu freuen, mich mit den Freunden ihrer Freundinnen zu sehen. Ich nicke. Und komme nicht umhin, zu erklären, dass wir uns nur kurz unterhalten haben. Es ist besser, weder in ihr, noch in mir Hoffnung zu wecken, lieber sollte ich sofort auf Distanz gehen. Ich bin doch überhaupt nicht für neue Freundschaften bereit! Es geht mir doch hier nur um Anzu und mich. Und mich, das ist was ich fühle. Und Anzu. Das aber denke ich. Und wieder weiß ich, dass es eine Lüge ist. Wieder überkommt mich ein kaum auszuhaltendes Erstickungsgefühl. Ich ersticke an meinem Selbstbetrug. Ich ersticke in einer Maske, unter der ich ungeschminkt bin. Unter ihr bin ich nackt! Anzu darf mich nicht mit nacktem Gesicht sehen. Und ich will mich so nicht sehen. Und deshalb muss ich weiteratmen. Auch wenn die Luft schon dünn wird. Und abermals schiebt sich das graue Glas zwischen meine Vorstellung und die Lebenssehnsucht, von welcher ich gerade noch gezehrt habe. Und wieder schaue ich einfach zu, wie ich dieses Gefühl zusammenfalte und es in den Schrank stecke. Ganz weit hinten, dass ich es nur ja niemals wieder finde! Ich ignoriere meinen lauwarmen Atem. Als ich aus meinen Gedanken zurück auf der Wiese komme, fährt der Blick Yamis durch mich hindurch. Er sieht mich an, lächelt nicht. Er schaut mich einfach nur an, und ich kann meinen Blick nicht von ihm wenden. Ich weiß nicht warum, doch ich kann es einfach nicht. Schau mich an, dann verletze ich mich durch dich. Doch erst im Selbstzerstörungswahn wirst du mein Spiegel. Und nur in dir finde ich mich.< Jano unterbricht die Stille, indem er uns alle auffordert, gemeinsam zum Strand zu laufen. Vilaus fügt "Beach-Volleyball spielen!" begeistert hinzu, doch Yami muss erst noch in die Stadt und schlägt vor, dass wir uns nach dem Mittagessen irgendwo treffen und dann zum Strand laufen könnten. Wir alle sind im Grunde einverstanden, doch da fallen mir wieder Anzus Blumen ein. Und schon habe ich einen Grund gefunden. "Ach, ich muss auch nochmal ins Zentrum." Ich weiß genau, dass ich nur ein bisschen Zeit mit Yami haben möchte um ihn besser kennen zu lernen, doch ein wenig hier und da am Gedanken gedreht und schon bilde ich mir ein, es nur für Anzu allein zu tun. So einfach ist das. Anzu, Yumé und die zwei Anderen -die sich mir als Ylen und Meikki vorstellen- freuen sich, dass sie in der Zeit, bis Yami und ich wiederkommen, noch zusammen sein können. Und schon sind sie wieder weg. Jano und Vilaus kaufen sich an der Bar ein Bier und Yami und ich verlassen das Hotelgelände. Dieses Mal jedoch zum Vordereingang Richtung Stadt. * * * Hier, auf der Straße, wo keine Bäume mehr stehen, ist es sehr heiß und die Sonne scheint uns dermaßen ins Gesicht, dass ich schon befürchte, nicht ohne Sonnenbrand zurückzukehren. Ausgerechnet heute habe ich vergessen, mich nach dem Sprung ins Kühle noch einmal einzucremen. Während wir beide so die Straße hinunterlaufen, fragt Yami plötzlich etwas, das mich zum Nachdenken zwingt: "Also, ich weiß, das ist eine blöde Frage, aber bist du eigentlich glücklich, Yugi?" Ich sehe ihn an. Eine blöde Frage? Eine erleichternde Frage. Und eine Frage, die schwer zu beantworten ist. Bin ich glücklich? "Ja...", sage ich aus Affekt. Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich erst nachdenken musste. Ja, es IST eine blöde Frage. "Wirklich?", fragt er noch einmal. Seine Stimme ist gesenkt, als würde er ebenfalls die Sonne am Himmel als Lügnerin ertappen wollen. "Ja.", sage ich wieder. Nachdrücklich. "Gut. Tut mir Leid, war echt eine bescheuerte frage. Was Anderes, warum willst du eigentlich ins Zentrum?" Schon stellt er mir die nächste Frage und wechselt damit das Thema. "Blumen.", antworte ich. Irgendwie errwarte ich fast, dass er mich versteht. "Blumen für Anzu.", füge ich hinzu, weil er nicht antwortet. "Liebst du sie?", fragt Yami und blickt mich von der Seite an. (Sieht er die Maske bröckeln?) Für einen Moment treffen sich unsere Blicke. Ich drehe mich weg bevor ich antworte. Ich kann ihn dabei nicht ansehen. "Ja, sehr.", sage ich und klinge halbwegs überzeugend. Ich kann ihn nicht ansehen, wenn ich lüge. Ich finde, es ist ein wirklich guter Moment, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. "Bist du glücklich?", frage nun ich an ihn gewandt. "Nein.", sagt er kurz. "Okay. Und warum willst du in die Stadt?" "Weil ich weg will, Yugi.", erklärt er. "Warum?", frage ich und wir beide bleiben stehen. "Weil ich nicht glücklich bin. Um deine nächste Frage zu beantworten." Er sieht mir tief in die Augen uns schweigt für den Moment. "Aber du ...", beginne ich, doch er unterbricht mich, fällt mir ins Wort: "Nein, Yugi. Ich liebe sie nicht. Ich liebe Yumé nicht." Ich bewundere Yami. Für diesen Moment bewundere ich ihn. Um seinen Mut. Seinen Mut und um seine Selbstreue. Ich weiß, dass ich das Selbe fühle, doch ich kann und ich werde das niemals zugeben. Mein Leben ist perfekt, jeder würde das mit seinem Namen unterschreiben. Jedenfalls glaube ich, dies schon von vielen Menschen gehört zu haben. Aber vielleicht hießen sie auch alle Yugi und spielten ein Theaterstück. Was rede ich mir nur wieder ein?! Statt endlich zu sagen, was ich fühle, jetzt, da ich doch endlich jemandem gegenüberstehe, mit dem ich sicher reden kann. Und doch macht es die Dinge nicht einfacher. Hat Yami gesehen, dass meine Maske heruntergefallen ist? Denn während ich so in Gedanken bin, kommt er mir ganz nah. Ich erschrecke erst, als er längst jede Grenze überschritten hat. "Yugi, ich glaube dir nicht.", haucht er, ich spüre seinen Atem, jedes einzelne seiner Worte auf meiner Haut. Heiß und wahr. "Aber ich gehe wirklich Blumen für Anzu kaufen.", versuche ich verzweifelt meine Fassade aufrecht zu erhalten. "Jaa. Aber du bist nicht glücklich!", sagt er und kommt noch ein Stück näher. Fast berührt seine Stirn meine. "DOCH!", schreie ich fast und weiche zurück. Ich muss weg, mich zurückziehen. Sofort! All meine Nothebel sind gezogen. Es ist nun meine einzige Chance, in den nächsten Kostümladen zu laufen und eine neue Maske zu kaufen. Niemand darf mich so sehen! Niemand darf sehen, wie unglücklich ich bin! Wie sehr ich leide, wie sehr ich mich nach Liebe sehne, nach diesem heißen Atem auf meiner Haut. Ich will weg von dieser -meiner- Schattenwelt, heraus aus meinem Rauchglas. Aber ich darf es nicht zeigen. Es würde die Sache nur schwieriger machen und Kraft kosten, Kraft, die ich nicht habe. Und ich müsste meine Gefühle zeigen. Sie jemandem offenbaren, den ich nicht im Geringsten kenne - Mir selbst. Ich müsste meine Gefühle dem zeigen, der mir all die Zeit lang völlig fremd geworden ist - Mir selbst. "Du kennst mich nicht!", versuche ich noch einmal meine Maske vom Boden aufzuheben. Ich spüre, wie mir die Tränen laufen, doch ich tue, als hätten sie keinen Wirklichkeitswert. Ich versuche sie wegzupacken. In den Schrank. Zu den Gedanken. Doch das ist bereits zu spät. Während ich versuche, die Gedanken zurückzuordnen und mir neue Worte zurechtzulegen, springen mir meine Gefühle aus dem Schrank entgegen! Und immer, wenn ich sie zurückpacke, flutschen sie mir durch die Finger. Und jetzt haben sie sich materialisiert. Sie sind zu Tränen geworden. Zu lebendigen Tränen. "Das stimmt, aber kennst du dich denn?", fragt Yami leise, ohne eine Antwort zu erwarten. Er hält mich im Arm, zieht mich an sich. Ich schluchze. Ich schluchze verbittert in seinen Armen, obwohl ich mich ärgere, die Beherrschung zu verlieren. Im nächsten Moment sitzen wir auf eine nahe gelegenen Bank. Er hält mich und schweigt. Er lässt mich weinen. Er empfindet das nicht als eine Schwäche. Er sieht meine Gefühle, er sieht mein nacktes Gesicht und schweigt. Niemals hätte ich mir das vorstellen können. Hab keine Angst. Wir sind nur Mücken oder nenn es 'Sternenstaub' Alle das, was du im Alltag erlebst ist letzen Endes unwichtig. Das ist so winzig. So verschwindend. < Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)