Die Insel der tausend schaurigen Masken von jack-pictures ================================================================================ Kapitel 8: Eine Insel mit viel Wald und… ---------------------------------------- Sie schipperten jetzt schon eineinhalb Tage in dem kleinen Beiboot auf dem großen, weiten Meer herum, ohne wirklich an ein Ziel zu gelangen. „Ich weis nicht, wo wir hier sind.“ „Mitten auf dem Meer.“ Tala zog die Mundwinkel hoch: „Witzig, Kleiner. Aber im Ernst. Wir sind schon so lange unterwegs und das ohne Wasser oder Proviant. Ich glaub nicht, dass wir das noch lange durchhalten werden.“ Plötzlich durchdrang ein tiefer Schrei die Stille der See, der sich nach unendlichem Schmerz anhörte. „Hast du das gehört?“, fragte Ray unsicher. „Ja, hab ich. Und weist du, was das bedeutet?“ „Das in der Nähe jemand sein muss. Ein Schiff.“ „Oder eine Insel.“, schätzte Tala mit gewisser Vorfreude in der Stimme. „Aber wenn jemand so einen Schrei ausstößt, dass kann da nichts gutes vor sich gehen.“ „Das ist doch erst mal unwichtig. Wir werden so oder so sterben, also warum nicht schauen, wer da so geschrieen hat? Vielleicht sind es ja Menschen, die ein Tier erlegt haben und es jetzt braten.“, schmatzte der Rothaarige bei dem Gedanken an einen Braten. Ray lächelte und legte sich in die Riemen. Sie steuerten ihrem Gefühl nach einfach die in die Richtung des Schreies. Und wirklich, nachdem sie kurze Zeit gepaddelt hatten, sahen sie eine Insel mit weißem Sandstrand wie gemalt. „Das ist wunderschön…“, bewunderte Ray mit einem Blick über die Schulter die Landschaft, die sich vor ihm auftat. Dann sahen sie am Strand jemanden herumlaufen. Er hatte die Hände nach oben und wedelte ihnen wie wild zu. Tala half jetzt ebenfalls beim Paddeln, indem er mit den Händen im warmen Wasser herumfuchtelte. Als sie mit dem Boot am Strand aufsetzten, kam ihnen der Junge entgegengelaufen. „Hallo, willkommen, Freunde.“, sagte er in gebrochener Sprache. „Hallo.“, sagte Ray zögerlich, ging dann aber an Land und fühlte den weichen Sand, der unter seinen Füßen nachgab. Es war ein herrliches Gefühl. Auch Tala stieg aus und sah sich um: Strand, Meer und Palmen wohin das Auge blickte. Es war wirklich wie das Paradies. „Mein Name sein Paloop. Ich Sohn des Häuptlings.“ „Ich bin Ray und das hier ist Tala.“ Der Junge sah Tala mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen an und streckte dann die Hand nach Tala’s Kopf aus. Dieser ging einen Schritt rückwärts. „Nicht. Ich nicht haben schlimmes vor. Nur überzeugen.“ „Überzeugen? Wovon?“ „Du sein nicht Mensch.“ Tala lief es kalt den Rücken runter. Ray blickte zwischen ihnen hin und her. „Paloop, woher kannst du unsere Sprache?“ Die Ablenkung schien zu funktionieren, denn scheinbar stolz auf sein Talent, die fremde Sprache erlernt zu haben, antwortete er: „Damals, drei Männer kamen. Nahmen alles, was sie finden. Nicht schön. Darunter auch Frauen. Und Kinder. Ich dabei sein.“ „Ich verstehe. Kannst uns in dein Dorf bringen?“ Er nickte und ging voran durch den Dschungel. Unzählige Begegnungen mit Spinnen, Schlangen und Echsen später hörten sie den Schmerzensschrei, den sie schon auf hoher See gehört hatten, wieder und diesmal erheblich lauter. „Was ist das? Es kommt wirklich von dieser Insel.“ Paloop drehte sich zu ihnen um: „Ihr meinen den Ruf?“ Beide nickten. „Das sein schwarz Frau. Mit Pflog gepfählt. Viel Blut. War im Meer, wurden angespült durch Flut. Sie sein im Dorf. Wahrscheinlich Opfer von Opferung. Sie sein nicht menschlich. Sie sein Ausgeburt der Finsternis!“ Er ging wieder voran durch die grüne Hölle. „Eine Frau? Mit einem Pflog gepfählt.“ „Aber sie lebt noch, wenn ich das so richtig verstanden hab.“ „Dann würden wir es ihr verdanken, dass wir noch leben?“ „Sieht fast so aus.“, nickte Tala. Nach weiteren Begegnungen mit Krabbeltierchen kamen sie an eine kahle Stelle im Dschungel. Eine gigantische Fläche war wie eine Steppe mit Gras bewachsen, aber von allen Seiten von enormen Bäumen umgeben. Auf der Lichtung standen kleine Hütten mit Strohdächern und Vorhängen aus langen Grashalmen. Paloop führte sie in die größte aller Hütten, scheinbar die seines Vaters. „Das hier sein Vater, Häuptling Kappup.“ Tala und Ray verneigten sich vor dem rundlichen Mann, der ihre Sprache wohl nicht verstand. Doch er lachte, als er ihre Gesten sah. Paloop übersetzte für beide, dass sie sich doch setzten sollten und die Schalen mit Wasser annehmen. Sie erzählten, was ihnen widerfahren war, und Paloop übersetzte für seinen Vater. Als sie geendet hatten, gab Kappup Paloop die Anweisung, die beiden erst mal mit Nahrung zu versorgen. Als sie wieder in die Sonne traten, kamen ihnen die Bewohner des Dorfes entgegen und brachten ihnen lokale Leckereien. „Wie nett.“ Tala griff gleich nach einer Fleischkeule, in die er auch sogleich hinein biss. Auch Ray griff sich etwas, wandte sich dann aber an Paloop: „Können wir zu der Frau, von der du uns erzählt hast?“ Er nickte: „Mir folgen. Ich euch hinbringen.“ Tala lud sich noch zwei Keulen in die Tasche, bedankte sich mit einer Verneigung und folgte dann den beiden in eine kleinere Hütte. Drinnen war es dunkel und roch nach Medizin, doch nach kurzer Zeit hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Auf einer Decke lag sie, flach atmend, mit einem riesigen Blatt auf ihrer Brust. Ray war geschockt, was aber weniger mit dem riesigen roten Fleck zu tun hatte, der durch das Blatt dran, sondern die Tatsache, dass sie Ohren besaß, von denen zumindest eines an die einer Katze erinnerte. „Sie ist…“ „… auch ein Dämon.“, beendete Tala seinen Satz mit vollem Mund. „Aber woher kommt sie?“ „Aus Meer.“, sagte Paloop mit gewisser Düsterheit in der Stimme. „Von der Death Corpse.“ „Däff…“, versuchte der kleine Einheimische zu wiederholen. „Das Schiff deiner Schwester?“, fragte Ray ihn. Tala nickte: „Das ist der Captain. Jack, ein Katzendämon.“ „Wenn ihr über jemanden redet, dann solltet ihr das entweder leise tun oder wo anders.“, drang eine schwache Stimme zu ihnen. „Sie kann sogar noch reden.“ „Hör mal, wenn sie diese Schreie noch rausbekommt, dann wird sie ja wohl noch sprechen können.“, meinte Tala mit einer Priese Ironie in der Stimme. „Sie sterben. Bald sogar.“, meinte Paloop immer noch mit der gewissen Düsternis in der Stimme. „Red keinen Stuss, Wurm. Ich muss mich noch rächen. Ich werde nicht sterben.“ Sie versuchte, sich aufzurichten, wobei das Blatt so verrutschte, dass man das Loch kurz über ihrer Brust sehen konnte, aus dem immer noch Blut rang. Sie sog scharf die Luft ein, nachdem sie saß, und atmete ruckartig ein und aus. Dann wanderten ihre Blicke von ihren ‚Besuchern’ hin und her. Auf Ray blieb er haften. „Du bist…“ Ray zuckte zusammen aufgrund der plötzlichen Schärfe und Festigkeit in ihrer Stimme. „Du bist… Ray…“ „Ich hab mich doch noch gar nicht vorgestellt… Woher kennst du mich?“ Sie winkte ihn mit dem Zeigefinger näher zu sich. Zunächst zögerte er, doch dann kam er ihrer Aufforderung nach. „Ich kenne dich seit deiner Kindheit. Du bist ebenfalls ein Dämon. Hast die Fähigkeit, Wunden zu heilen.“ „Was?!“, drang es aus seiner Kehle. Sie nickte mit dem Kopf und formte die Hand zu einem Kelch. In diesem leuchtete etwas auf und mit einer blitzschnellen Bewegung lag ihre Hand auf seinem Brustkorb. Er keuchte auf. Dann nahm sie die Hand weg und an der Stelle, wo sie die Hand aufgelegt hatte, stieg eine kleine Rauchwolke auf. „Was hast du getan?“ Sie grinste nur und sah mit an, wie sich Ray’s Körper geringfügig veränderte: Seine Ohren wanderten weiter nach oben, bekamen Fell, verfärbten sich weiß mit schwarzen Streifen und saßen jetzt oben auf seinem Kopf. Unter seiner Hose wurde es eng und etwas bewegte sich. Paloop konnte es nicht fassen, was sich vor seinen Augen abspielte: Ray hatte Katzenohren und einen Schwanz, der sich in seiner Hose sichtlich eingeengt fühlte. „Was hast du getan?“ „Merkst du nicht, was du bist?“ Ray betastete seine neuen Ohren, fummelte dann seinen Schwanz aus der Hose und betrachtete ihn: Schneeweiß, mit kleinen schwarzen Streifen, beweglich und ungewohnt. Er schüttelte den Kopf. „Ich muss träumen.“ „Nein, Ray.“, sie sackte zurück auf die Matte, „Du bist ein Katzendämon, ein Tigerdämon, um genau zu sein.“ „Aber warum?“ „Was, warum?“ „Warum wusste ich nicht davon? Du, wohlgemerkt eine Fremde, die ich zuvor noch nie gesehen habe, aber schon?“ „Was weis ich denn, vielleicht Zufall?“ Tala legte den Kopf schief, wohl wissend, dass Jack alles andere als eine Plaudertasche war. „Erzähl hier keinen Stuss, du weis sehr wohl, dass ich kein Mensch war, bin… ach was weis ich denn?!“ „Soll ich dir von deinen Eltern erzählen?“ Ray’s neue Ohren spitzten sich: „Meine Eltern? Woher weist du von ihnen?“ „Alte Bekannt, wenn man es so ausrücken will.“ „Du weist doch mehr, als du sagen willst.“ „Ach so? Tu ich das?“ Ray hob beschwichtigend die Hände, als sie versuchte, sich wieder aufzurichten, denn für sie war es mehr als nur demütigend von unten zu ihrem Gegenüber zu sprechen. „Schon gut, schon gut. Was weist du über sie?“ „Na ja, wohl nur etwas mehr als du. Aber auch nicht sonderlich viel. Kenne sie von früher. Aber die Menschen haben früher die Dämonen gejagt. Manche tun es immer noch, andere helfen ihnen zwar, sind aber nicht wirklich von ihrer Anwesenheit begeistert.“ Sie blickte zu dem einheimischen Jungen, der immer noch in gebührendem Abstand zu ihr verweilte. „Leider erging es deinen Eltern so wie mir, gehetzt bis zum Äußersten. Nur ihnen fehlte der Überlebenswille, so wie den meisten anderen. Tze, haben selbst einen kleinen Welpen zurückgelassen, um ihr eigenes Leben zu schützen. Töricht und gebracht hat es ihnen auch nichts. Sie wurden dahingemeuchelt. Fein säuberlich, wie sich das für einen Menschen schickt. Einmal in der Mitte durch und einmal senkrecht. Vier schöne praktische Stückchen, grillfertig.“, lachte sie mit Galgenhumor bei dem man merkte, dass sie nur Abscheu gegen Ray’s Eltern empfand. „Ich hab dich dann gefunden. Allerdings war es unmöglich, dich mitzunehmen, also musstest du irgendwo sicher unterkommen. Das hätte aber nie funktioniert, wenn du nicht wie ein Mensch ausgesehen hättest.“ „Und deswegen musste ich zu dieser alten Schreckschraube?!“ Sie nickte: „Es ging nicht anders.“ „Und du hast mich damals verwandelt? Aber wie hast du mich erkannt?“ „Magie, die man einmal verhängt hat, verliert ihre Aura nicht so schnell, wie ein normales Leben anhält. Ich werd ja wohl noch in der Lage sein, meinen eigenen Zauber wieder zu erkennen.“ Sie sah wieder zu Tala. „Du bist ein Wolfsdämon.“ Paloop war überwältigt. Drei Dämonen in einer ihrer Hütten. „Du sein nicht böse. Du sein verwirrt.“, sagte er zu Ray. Jack warf ihm vernichtende Blicke zu: „Wicht!“ Tala wendete sich an die Katzendämonin: „Du sagtest, Ray hätte Heilkräfte?“ „Zumindest müsste das so sein. Schließlich waren seine Eltern ein Heilmagier und Tigerdämonin, die eigentlich ihr ganzes Leben in ihrer Tiergestalt verbracht hat.“ „Was?! So was wie Sodomie?“ „Was sein Sodomie?“ „Warum hast du mich wieder zurückverwandelt? Lee wird was weis ich sagen!“ „Was sein Sodomie?“, fragte Paloop erneut, immer wieder begeistert, etwas Neues zu lernen. „Lee wird nichts dazu sagen, schließlich ist er mit Lyco und Karin auf einem Schiff. Wenn er das überlebt, dann wird der glücklich sein, ein bekanntes Gesicht zu sehen.“ „Was sein Sodomie?“ „Aber schau mich an! Ich hab Katzenohren!“ Jack langweilte das Gespräch. Doch in diesem Moment wurde der Vorhang aus Gras zur Seite geschoben und ein Mann, bekleidet mit einem vollständigen Fell inklusive Kopf eines Jaguars, kam herein. Ray blieb erst einmal der Atem weg, als des das Fell erkannte, während Tala dem Mann Platz machte. Paloop verneigte sich von dem Fellträger. „Quacksalber.“, grummelte die Dämonin dem Neuankömmling entgegen. „Das sein ehrwürdiger Medizinmann. Er versuchen, sie zu heilen.“ „Der macht gar nix, außer Deck verteilen und ekelhaft stinkendes Zeugs auf Wunden schmieren.“ Der Medizinmann beugte sich zu Paloop und sagte ihm etwas in ihrer Sprache, worauf dieser die Hütte verlies. Jack streckte ihm eine Handfläche entgegen, auf der sich kleine schwarze Blitze sammelten und zu einer Kugel formten. „Ich warne dich: Lass die Finger davon, es wird dir Leid tun!“ Ray wandte sich an Tala, während er immer wieder Blick zu dem handeln neben ihm warf: „Und was machen wir jetzt? Ich meine, wir sitzen hier ja wohl oder übel fest. Ich mein, es ist ja schön hier, aber…“ „Du willst zu deiner Familie zurück? Sie hat dir doch erzählt, was geschehen ist.“ „Aber Lee… er ist doch mein Bruder. Ich kann ihn schlecht da draußen verrotten lassen.“ „Nimm das Zeug da weg!“ Mit einem gewaltigen Knall flog eine Wand der Hütte in Richtung Wald davon. Der Knall brachte Ray und Tala dazu, die Köpfe einzuziehen, doch ihnen blieb das Schicksal der Wand erspart, denn sie standen an der gegenüberliegenden Wand. Der Medizinmann hatte sich gerade rechtzeitig zur Seite retten können, bevor Jack ihre Blitzkugel losgelassen hatte. Scheinbar fluchte er vor sich hin, während er das übergroße Loch in der Wand betrachtete. Tala und Ray standen an der eigentlichen Tür, durch die sogleich eine kleine Armee von Männern kam, scheinbar die Jäger des Stammes, denn alle waren von baumstammartiger Statur. Diese stürzten sich jetzt auf die verwundete Dämonin und hielten sie fest. Normalerweise wäre es für sie ein leichtes gewesen, die Männer wieder loszuwerden, doch mit einer solchen Verletzung ging nun mal gar nichts. Paloop stand im ‚Türrahmen’ und funkelte nur mit vielsagendem Blick zu dem Haufen hinüber. „Nehmt eure vermaledeiten Griffel von mir, ihr Würmer!“, fauchte sie. Der Medizinmann klopfte sich den Staub vom Fell und kam mit einer Schale näher. „Weg, hab ich gesagt!“ Doch sie konnte sich gegen das Gewicht, das auf ihr lastete, nicht wehren und so musste sie sich zeitweilens geschlagen geben. Der einheimische Heilkünstler nahm das Blatt bei Seite und bestrich die Wunde mit der übel riechenden Mixtur in der Schale. Als Folge davon quoll eine undefinierbare Verbindung aus Blut, Wasser und zermatschten Beeren aus der Stelle, was bei Ray einen unabwendbaren Brechreiz verursachte, weshalb er auch nach draußen musste. „Na, Kleiner? Ist wohl nichts für dich.“ Ruckartig drehte Ray sich um, als er hinter sich eine Stimme hörte, die seine Sprache fließend beherrschte. Das Essen, das er erst vor wenigen Minuten von den Einheimischen erhalten hatte, lag nun am Waldrand, doch ihm hin immer noch etwas im Gesicht, über welches er gerade mit dem Ärmel wischte. „Nein, schein wohl so.“ „Ist aber auch nicht wirklich appetitanregend. Aber die kommt schon wieder auf den grünen Zeig, mach dir darüber keine Gedanken. Sie ist hart im Nehmen.“ Ray nickte: „Wer bist du überhaupt?“ „Ich? Wie unhöflich von mir, mich nicht vorzustellen: Ich bin Lex.“ „Aha…“, machte Ray, als würde ihm der Name allein schon alles über sein Gegenüber verraten, „Und was verschlägt dich auf diese Insel?“ „Die Liebe, mein Freund. Schau dich doch mal um! Hier laufen so viele hübsche Mädchen rum, die warten doch nur auf so jemanden wie mich!“ Er fuchtelte übertrieben mit den Armen herum. „Aha…“, machte Ray wieder, obwohl ihn das eher weniger interessierte, „Und was macht dich da so sicher?“ „Schau dir doch mal ihre Gesichter an.“, er fuhr sich über sein perfekt gestyltes Haar, „Darin kann man doch eindeutig erkennen, dass die mal ne Abwechslung von dem tristen Leben hier brauchen. Verstehst du? Spannung, Abenteuer, Eskapaden, Feuerproben, Wagnisse und das alles eben. Das können die Männer hier nicht bieten.“ „Ich hab von Paloop erfahren, dass die Menschen hier gerne ihren Frieden haben und auch eher wenig von ‚Spannung’ wissen wollen.“ Lex wedelte mit der Hand herum, als würde er eine Fliege verscheuchen. „Papalapap! Alles Lüge. Der Kleine is noch viel zu jung, um von so was ne Ahnung zu haben.“ „Aber du, ne?“ „Was? Ich bin alt genug für so was!“ Ray nickte und lenkte seine Schritte wieder in die demolierte Hütte hinein. Mittlerweile hatten sich die Männer wieder verzogen, wohl, um Baumaterial für die Wand zu besorgen. Der Medizinmann wedelte mit einem Strauch vertrockneter Blumen und Kräuter umher, Paloop stand noch immer dicht an der Tür und Tala hatte sich näher an Jack herangesetzt. Beide schienen sich zu unterhalten. Ray trat näher und der Medizinmann erklärte seine Arbeit für beendet, weshalb er die Hütte auch sogleich verlies. Paloop hielt Ray noch auf, bevor er nah genug an Jack und Tala war: „Ich jetzt gehen und Arbeit verrichten. Kommen später wieder. Werden zu euch kommen, wenn Essen fertig seien.“ Ray nickte und sah zu, wie der Junge fast fluchtartig die Hütte verlies. Doch kaum war er draußen, kam auch schon Lex herein. Seine rechte Wange war deutlich gerötet. „Die Mädels sind alle etwas gereizt heute.“, verteidigte er sich, noch bevor Ray ihn auf das Geschehene ansprechen konnte. „Du schon wieder?!“ Jack’s Stimme klang wieder schwach, vermeintlich durch die Medizin und durch die Anstrengung, sich vergeblich gegen die Muskelmasse von Männern zu wehren. „Jack, meine kleine Kratzbürste! Wie geht’s dir?“ „Verschwinde, Lex. Es gibt viele, die ich nicht gebrauchen kann, und du gehörst dazu!“ „Aber, Jack, Liebes. Wer wird denn gleich aus der Haut fahren? Ich bin doch nicht hier, um dir was zu tun. Ich bin nur mal zu Besuch vorbeigekommen.“, lächelte er, doch sein Grinsen sprach für sich. „Mach’s wie die Fliegen, wenn erneut en Kuhfladen runterkommt: Schwirr ab!“ „Wie immer schlecht gelaunt. Jack, wir müssen was an deinem Auftreten verändern.“ „Verschwinde endlich!“, fauchte sie schwach. Ray schüttelte nur den Kopf: „Lex, vielleicht solltest du später noch mal vorbeikommen. Jetzt ist wohl ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt.“ Tala stimmte mit einem Nicken zu und dieser Übermacht hatte Lex nichts mehr entgegenzusetzen. „Drei Dämonen in diesem kleinen Kaff, unglaublich.“, grummelte er, während er nach draußen ging. „Und du willst echt noch mal gegen Bosco antreten? Ich meine, schau dich an. Ich denk kaum, dass du es schaffen wirst.“ „Du bist echt das komplette Gegenteil von deiner Schwester. Außerdem hat er mit unsauberen Mitteln gekämpft. Der vermaledeite Dreckskerl hält sich wirklich an keine einzige der Kodexregeln! Und so einer schimpft sich Pirat!“ Ray lies sich neben Tala nieder und lauschte der Unterhaltung. Jack betrachtete nur die Decke, während Tala scheinbar nach einem Gesprächsthema suchte. „Sag mal, du hast doch vorhin erwähnt, dass ich so was wie Heilfähigkeiten besitz.“, meinte Ray zu der Verletzten. Diese blickte ihn jetzt direkt mit den dunkel blauen Augen, die durch die Anstrengung nur noch mehr schimmerten, an, was ihm schon etwas Angst machte. Mit einem Nicken symbolisierte sie die Richtigkeit seiner Aussage. „Könnte ich dich dann nicht theoretisch deine Wunden heilen?“ Verwundert zogen sich ihre Augenbrauen in die Höhe. „Ray, du hast erst vor wenigen Minuten erfahren, dass du ein Dämon mit eben diesen Fähigkeiten bist. Und jetzt willst du dich schon an ihr vergreifen? So als Versuchskaninchen?“, argwöhnte Tala mit kritischem Blick zu dem Tigerdämon. „Warum nicht?“ „Ich hätt da mal ne andere Frage an dich.“, wandte sich Tala kopfschüttelnd wieder an Jack. Deren Blick wanderte von Ray zu Tala zurück. „Du hast doch den Ruf, unglaubliche Regenerationskräfte zu haben. Noch mehr, als jeder andere Dämon, mal von denen mit Heilmagie abgesehen.“ Sie lachte leicht auf, bereute es aber im gleichen Moment schon wieder. „Glaubst du echt alles, was die Leute sagen?“ Tala schaute sie fragend an. „Die sagen auch, dass der Teufel in der Not Fliegen frisst. Tut er aber nicht. Wenn’s wirklich hart auf hart kommt, zieht er jederzeit seinen eigenen Schwanz so einem Insekt vor.“ „Also alles nur Gerücht?“ Sie nickte. „Aber selbst mit der dämoneigenen Regeneration müssten die Wunden schon längst verheilt sein.“ Angewidert betrachtete Tala, wie erneut ein Schwall Blut unter dem Blatt hervorkam, allerdings war das Blut keinesfalls rein, sondern mit der Pampe, die der Medizinmann benutzt hatte, versetzt. „Was weis ich denn, warum das nicht so geht, wie es soll? Bin immer noch der Überzeugung, dass der Schleim da keineswegs der Wundheilung dient, eher das Gegenteil.“ „Denkst du immer nur das Schlechteste von den Menschen?“ „Die Menschen sind zu allem fähig. Sie haben absolut keinen Respekt vor irgendwas. Du hast doch vorhin selbst gesehen, mit was sich dieser Quacksalber schmückt. Fremdes Fell eines Artgenossen!“ Ray schüttelte den Kopf: „Was ist, wenn es schon tot war, als er es gefunden hat und sich dann nur noch das Fell genommen hat?“ „Naivität in ihrer schönsten Form.“, grinste Jack verbittert, „Hast du den Wald um das Dorf bemerkt?“ Ray nickte. „Dort leben nur wenige dieser Großkatzen. Aber die wollen ja nun einmal auch fressen. Weil aber die Menschen meinen, sie könnten Rehe, Wasserschweine und sonstige Beutetiere einfach so erlegen, bleiben die eigentlichen Jäger auf der Strecke. Auf der Suche nach neuen Jagdgründen müssen die Katzen früher oder später auf diese Siedlung stoßen. Hier wimmelt es von leichter Beute, sei es nun ein unvorsichtiges Schwein oder ein neugieriges Kind, das sich zu nah an den Waldrand gewagt hat, es wird geschnappt, so ist die Natur nun einmal. Aber der Mensch will über sie herrschen, so wie eigentlich über alles. Er kann sich nicht eingestehen, dass es jemanden über ihm gibt, außer ihren Göttern. Deswegen wird jedes wilde Tier, das zu nah an die Niederlassung herankommt, kaltblütig abgestochen. So erging es auch diesem armen Kerl, der nun das Haupt dieses selbsternannten Medizinmann schmückt.“ Ray dachte über das eben gesagte nach, doch dann fiel ihm wieder ein, wie sie überhaupt auf dieses Thema gekommen waren: „Soll ich’s jetzt probieren?“ Tala schaute immer noch skeptisch, doch Jack schien einverstanden. Sie nahm seine Hände: „Leg deine Hände hier darauf, so.“ Sie drückte seine Hände gegen die Wunde, was Ray dazu brachte, rot anzulaufen, als er die warme Haut unter seinen Fingern spürte, aber er verspürte auch Ekel angesichts der immer noch blutnassen Wunde. „Jetzt stell dich nicht so an! Du bist ein Heiler. Ein guter, wenn du wirklich was von deinem Vater geerbt haben solltest. Jetzt konzentier dich auf Wolken.“ „Wolken?!“ „Ja, Wolken, oder was anderes leichtes.“ Ray zog die Brauen hoch, schloss dann aber die Augen und konzentrierte sich auf Wolken. Unter seinen Fingern kribbelte es und er fühlte sich wie eine Katze vor einem warmen Karmin im Winter. Dann war das Gefühl verschwunden und nur noch ein leichtes Rauchwölkchen stieg von seinen Fingerspitzen auf. „Hat’s funktioniert?“, erkundigte er sich. Als Reaktion erhielt er ein Würgen, das nicht gerade für Erfolg sprach. Tala schaute besorgt zu Jack, die sich auf die Seite gerollt hatte und nun den vorhandenen Mageninhalt auf verkehrtem Weg ans Tageslicht brachte. „Scheint nicht der Fall zu sein.“, zog Tala die Schultern nach oben. Ray wollte sich entschuldigen, doch als Jack sich schwer atmend wieder auf die Matte fallen lies, blieben ihm die Worte im Mund stecken: Ihr Mund war blutverschmiert und das Gemisch aus Speichel, Blut und Magensäure lief ihr am Kinn hinunter. „Das musst du aber noch üben.“, witzelte sie und legte den Arm über die Augen. ~* ~* ~* Yeah! Und da is wieder eins, das in mühevoller Handarbeit entstanden is ^^ @ Lyco: Wie schon angedeutet, bin ichirgendwie davon abgekommen, mir Ray verwandt zu sein... Wer könnte sich denn sonst an ihn ranschmießen, wenn du ihn schon mir Faust betrügst >.< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)