Die Insel der tausend schaurigen Masken von jack-pictures ================================================================================ Kapitel 3: Auf hoher See ------------------------ Über ihm halten die Schritte wider, doch noch konnte er nicht zuordnen, wo er sich gerade befand. Vorsichtig öffnete er die Augen. „Lee! Na endlich. Ich dacht schon, du wachst gar nicht mehr auf.“ „Langsam, Ray… boah, brummt mir der Schädel… Was ist passiert?“ Ray blickte sich um: „So genau weis ich das auch noch nicht. Aber sicher weis ich, dass ich da oben an dem Fenster gestanden und gesehen hab, wie sich ein Typ von hinten an dich herangeschlichen hat. Der hatte nen Knüppel oder so was bei sich. Tja, aber leider konnte ich dich nicht mehr warnen, bin von irgendwem in das Zimmer gezerrt worden und hab dann selber eine übern Schädel bekommen.“ Lee rieb sich den Kopf. „Gut, ich hab zwar jetzt nur die Hälfte wirklich verstanden, aber ist nicht ganz so wichtig. Und wo sind wir hier im Moment?“ „Das hier ist die Dark Shark. Scheinbar sind wir geshanghait worden, wie Tala sagte.“ „Die Dark Shark?!“, rief Lee entsetzt, bereute es aber im selben Augenblick wieder, denn sein Kopf brummte immer noch gehörig, „Weist du, wer hier Kapitän is?!“ „Ja, weis ich. Aber jetzt komm erst mal wieder runter. Im Moment können wir gar nichts tun und an unserer Situation können wir erst recht nichts ändern. Die Tür ist verschlossen und in dem Schrank da hinten ist auch nichts Brauchbares drin. Nur ne Karte, sieht aber nicht nach ner Schatzkarte aus.“ „Und die hast du natürlich mitgehen lassen, gell?“, grinste Lee, während er sich in ihrem Gefängnis etwas umsah. „Natürlich nicht! Das würde ja auffallen. Ne, ich hab sie abgezeichnet. Hier auf mein Bein, willst du mal sehen?“ „Ne, lass mal. Ich…“, doch weiter kam er nicht, denn vor ihrer Zelle kam Bewegung auf und die Schritte direkt auf die Tür zu. „Schnell! Stell dich schlafend!“, befahl Lee und Ray gehorchte aufs Wort. Langsam wurde die Tür geöffnet. „Hey, ihr. Seid ihr schon wach?“, drang eine besorgte Stimme zu ihnen. „Du hier?!“ „Ja.“, meinte er niedergeschlagen. „Siehst du, ich hatte Recht! Tala ist ein Pirat!“, zeigte Lee mit dem Finger auf eben jenen. „Es tut mir wirklich Leid, das müsst ihr mir glauben. Das wollte ich wirklich nicht.“ „Aha, und das sollen wir jetzt glauben?“ „Es ging mir dabei doch nur um Geld.“ „Lösegeld?“ „Nein, ich…“ „Sind die beiden Grazien endlich wach?!“, grölte ein tiefe Stimme zu ihnen. „Der Kaptain!“, erkannte Tala nüchtern. „Und was jetzt?“ „Hört jetzt genau zu: Er wird euch wahrscheinlich an Deck bringen, um euch erst mal von der ganzen Mannschaft zu demütigen. Wenn ihr einen günstigen Moment seht, springt über Bord. Hinter uns ist die Death Corpse ausgelaufen. Mit etwas Glück erreicht ihr sie. Wenn nicht, dann findet ihr einen sanften Tod in den Wellen. Besser als hier ist es allemal.“ „Eure Schiffe haben alle so einladende Namen…“, bemerkte Ray mit einem Hauch Galgenhumor. Tala ging nach draußen und seinem Kaptain entgegen. „Und was machen unsere beiden Dornröschen?“, fragte ihn sein Kapitän ohne Rückhalt. „Beide schlafen noch.“, verkündete Tala unterwürfig. „Was?!“ Ungehalten stürmte der hochgewachsene Mann an ihm vorbei und durch die Tür, die dabei mit solcher Wucht geöffnet wurde, dass sie gegen die Wand und aus ihren Angel folg. „Ihr miesen kleine Ratten! Bewegt euer nichtsnutzigen Ärsche!“ Ein schlecht gezielter aber dennoch schmerzhafter Tritt genügte, um Ray aufkeuchen zu lassen. Auch Lee war jetzt auf den Beinen, nicht zuletzt, um sich schützend vor Ray zu stellen. „Beim Klabautermann, sind die zwei schmächtig! Los, bring sie an Deck!“ „Aye, aye, Captain Bosco. Los, bewegt euch!“, kommandierte Tala die beiden Gefangenen vorwärts. Mit angsterfülltem Blick ging Lee an Bosco vorbei, der nur mit einer guten Portion Genugtuung grinste, als Ray, der ebenfalls an ihm vorbeimusste, sich immer noch den Bauch hielt. An Deck blickten ihnen ca. 40 Piraten entgegen. Alle von der Sonne gebranntmarkt, die meisten mit Narben übersäet und alle in zerrissenen, abgetragenen Klamotten. Lee war geschockt, doch Ray knuffte ihm in die Seite: Er solle den Rat des Kutschers nicht vergessen. Hinter ihnen kam Bosco an Deck. „Das hier, meine Lakaien, sind die neunen! Frischfleisch, wie man allzu gern sagt. Also begrüßt sie recht herzlich!“, breitete er seine Arme aus und wies auf die beiden Schwarzhaarigen. Die gesamte Mannschaft grölte auf und jubelte ihrem Kaptain zu. „Jetzt.“, flüsterte Tala und stieß Ray leicht an. Der verstand und rannte los, Lee in die entgegengesetzte Richtung. „Verfluchte Bastarde! Haltet sie auf!“, schrie Bosco, was einen wahren Tumult auslöste. Hinter den beiden Jungen war jeweils eine beachtliche Zahl von Verfolgern her, doch durch einen gekonnten Hechtsprung schaffte es Lee über die Rehling hinab in die salzige See. Ray hatte jedoch weniger Glück: Die rettende Brüstung schon in Griffweite packte ihn eine wahre Pranke am Kragen und zog ihn zurück. „Ah!“ „Ray!“, brüllte Lee gegen die schlagenden Wellen an. Doch er konnte nicht mehr machen. Außerdem musste er zusehen, dass er wegkam, denn Bosco’s Männer ließen schon das Beiboot zu Wasser, um ihn wieder einzusammeln. „Schi~iä~äff in Siä~ächt!“, grölte es aus dem Krähennest. „Und was für eins? Eines vom König?“, wollte Lyco erregt wissen. „Halt doch die Füßen still.“ „Du hast hier gar nichts zu sagen. Schließlich ist Jack hier Kaptain, nicht du.“ „Die nimmt ihren Job aber nicht sonderlich ernst, deswegen muss ich als Vize eingreifen!“, meinte Kai mit einer Hand zu Jack, die die Arme hinter Kopf verschränkt hatte und gegen die Rehling gelehnt schlief. „Die macht doch nur so. Das weist du. Selbst mit ihrem Krübelohr hört die noch gut genug, um dich gleich zur Sau zu machen.“ Bei dem Gesagten zuckte eben dieses ‚Krüpelohr’ blitzschnell nach vorne. „Hallo? Ist vielleicht irgendjemand an dem Schiff da hinten interessiert?!“, luckte Max über’s Krähennest nach unten. „Unser Kaptain hier zumindest nicht.“, grummelte Kai vor sich hin. „Was is er denn für eins?“ „Sag bitte eins vom König, bitte, bitte, bitte. Ich hab Langweile. Ich will entern. Bitte, sag eins vom König, bitte, bitte.“, flehte Karin mit gedrückten Daumen. „Zumindest keines von König. Es sei denn, die haben ihre Segel und Flaggen ausgetauscht. Hat die schwarze Flagge gehisst.“, bemerkte Ian, der auf Spencer’s Schultern saß und durch ein Fernglas das fremde schiff betrachtete. "Scheiße!", fluchte Karin enttäuscht. „Wer?“, drang es nüchtern von hinten, worauf Lyco und Kai einen Schritt zur Seite machten und sich im Einklang empörten: „Jack, erschreck mich mal nicht so!“ „Ihr würdet ein hübsches Pärchen abgeben, wirklich. Also, Ian, wer?“ Kai stand der Mund weit offen, Lyco’s Schwanz und Ohren hingen schlaff herunter. „Ich weis nicht genau.“, erwiderte Ian, während Jack auf ihn zukam. „Hey! Da ist en Kopf im Wasser!“ „Ein Kopf im Wasser?“, äußerte Kai verwirrt. „Wird ne Meerjungfrau sein.“ „Was?“, trafen vier Paar Augen auf Jack. „Meine Nerven.“ „Nein, der ist über Bord gegangen.“ „Ihh, der Kopf alleine? Ekelhaft, diese Piraten.“ Jack schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn, angesichts von Lyco’s Bemerkung, welche nur über ihre eigene Äußerung lachen konnte. „Was denkst du, Max, freiwillig?“ „Ja, sieht fast so aus. Die anderen lassen ein Boot runter. Scheint fast so, als ob sie ihn wieder einsammeln wollen.“, schilderte Max das Szenario. „Gib mal her.“, riss Jack Ian sein Fernrohr aus der Hand und verschaffte sich so einen Überblick. Was sie aber dabei nicht beachtete, war, dass Ian noch die Kordel um den Hals hatte. Dementsprechend schief saß er nun auf Spencer’s Schultern. „Na los, worauf wartet ihr noch? Lasst ein Boot runter und fischt ihn raus!“ Sofort war Aufregung in der kleinen Piratenmeute und wenig später auch ein Boot im Wasser. „Die Strömung treibt ihn direkt auf uns zu. Perfekt!“ „Kommst du denn nicht mit?“ „Bin ich denn lebensmüde, Flohfänger?! Ich geh mit euch bestimmt nicht auf solch eine Nussschale. Und jetzt los!“, befahl sie Karin und dem kleinen Rettungstrupp. „Die hat doch nur Angst vor Wasser.“, grummelte die helle Wölfin und ruderte mit dem kleinen Rettungstrupp los. Die verbleibende Besatzung der Death Corpse beobachtete die Aktion, wobei Jack ein komisches Gefühl hatte. Sie begutachtete die Jolly Roger genau und sie kam ihr bekannt vor. „Bosco… Bosco! Dieser vermaledeite alte Halsabschneider. Warum schmeißt er seine Crew über Bord? Oder er hat sie nicht mehr unter Kontrolle.“, nuschelte sie nachdenklich. „Ruder schneller, Fettwans!“, knurrte Lyco Tyson an, der im gemächlichen Tempo die Paddel schwang. „Warum diese Aufregung? Der Kerl kommt doch in unsere Richtung. Das Meer ist auf unserer Seite.“ „Tyson! Du kleine, verblödete Schwabbelbacke!“, kläffte Karin ihn an. Lyco warf einen verwirrten Blick zu ihrer Artgenossin. Dass beide Tyson nicht leiden konnten, war allgemein bekannt und auch, dass dieser des Öfteren solche Sachen an den Kopf geworfen bekam. Aber das Karin gleich so aufdrehte, war neu. „Ich erklär’s dir, Tyson.“, grummelte Kai, „Auch ganz langsam und einfach, damit selbst du das verstehst: Also, der wird zwar durch die Strömung zu uns getrieben, damit aber auch das andere Schiff. Leuchtet das ein?“ „Japp, verstanden. Also müssen wir schneller rudern?“ „Erfasst, Proviant-Vernichter.“ Karin ignorierend legte sich Tyson in die Riemen und das Boot kam dem über Bord Gegangenen näher, bis sie schließlich bei ihm angekommen war. Zusammen mit Karin und Lyco zog Kai ihn an Bord. Das erwies sich allerdings als schwieriger, denn seine Kleidung hatte sich mit Wasser voll gesogen, wodurch er wesentlich schwerer wurde. „Hach! Sie haben ihn!“ Jack hielt sich die Ohren zu: „Ian! Ich steh drei Zentimeter von dir entfernt! Da kannst du deine Freudenschreie vielleicht etwas zügeln!“ „Sorry, Captain.“, meinte dieser kleinlaut, „Ach, schau! Da rudern sie, die Feiglinge! Die haben Angst vor uns!“ „Ian!“ Dieser drehte sich zu Jack, die mit dem Finger im Ohr rumpoppelte. „Hoppala…”, lachte er und kratzte ich verlegen am Hinterkopf. „Also ich glaub eher, dass Karin’s Zunge ihnen ungeheuer ist.”, mutmaßte Spencer angesichts der Szene, die sich da auf hoher See abspielte. Jack legte die Stirn in Falten, schnappte sich von Ian das Fernglas und schaute zu dem Rettungsboot. „Ich fass es nicht…“, schlug sie sich mit der flachen Hand gegen die Stirn: Karin stand am Bug des kleinen Rettungsbootes und winkte wie eine Verrückte. Da ihr aber ihre zwei Hände scheinbar nicht ausreichten, nahm sie auch noch ihre Zunge zur Hilfe. „Verständlich, dass die flüchten. Könnte immerhin ansteckend sein, diese Blödheit. Die Death Corpse ist schon vollkommen eingenommen. Samt Kapitän.“, seufzte Jack resigniert auf, während sie zur Schiffsseite ging, an der der Rettungstrupp samt Gerettetem eintreffen sollten. „Und ich sag dir, das ist der Kerl aus der Bar!“ „Quatsch hier keinen Müll, Karin. Der hat ganz anders ausgesehen.“, meinte Lyco mit einem Kopfschütteln. Sie legten an der Death Corpse an und kletterten die Strickleiter hinauf, während Kai noch das Boot vertaute. „Mission erfüllt, Kaptain.“, salutierten Karin und Lyco mit dem bewährten Grinsen. „Volldeppen.“, schüttelte Spencer nur den Kopf und begutachtete aus dem Augenwinkel den Neuankömmling. Ian stand neben ihm und konnte seine Neugier kaum zügeln: „Wo kommt der her? Wie alt isser? Hat er ne Freundin?“ „Ian!“ „Was denn?“ Bryan ging neben Jack zu Rettungstrupp. „Gute Arbeit, Leute. Also, Jungchen, dann erzähl mal.“ Lee blieb stumm, blickte nur starr auf seine nassen Schuh. „Wo ist denn dein Freund von gestern?“, fragte Ian neugierig. „Kenny! Mach Tee! Bryan, hol ihm trockene Sachen. Wir wollen ja nicht, dass wir ihn wieder zurück ins Meer werfen müssen, nur weil er krank geworden ist und deswegen das Zeitliche segne. Schließlich haben wir ja keine Unterbringung für ne Leiche, gell? Hamsterbacke! Du kümmerst dich um ihn, Spencer, Tyson, zurück auf eurer Posten. Kai, ans Steuer. Lyco, Karin, ihr…“, suchend schaute sie zu allen Seiten, „Wo sind die beiden nur schon wieder hin?“ „Und ich sag dir, das ist er Typ von gestern Abend.“ Lyco schüttelte den Kopf. „Nur weil er nass ist, stinkt, als wäre er von nen Eimer Waltran überschüttete worden, und seine attraktive Begleitung fehlt, nur deswegen erkennst du ihn nicht wieder.“ „Warum verstecken wir uns eigentlich noch mal hier, obwohl es hier nach toter Ratte stinkt?“ Karin seufzte aus: „War Jack nicht gründlich genug? Normalerweise siehst du hier keine Ratte, weder tot noch lebendig. Aber wir sind hier, damit Jack uns nicht findet und somit nicht für irgendwelche bescheuerten Arbeiten einspannen kann.“ Lyco nickte: „Klingt sehr vernünftig, was wir hier machen. Aber irgendwann müssen wir doch mal wieder raus hier. Igitt! Was ist das?!“ Karin zog die Ratte am Schwanz hoch und hielt sie Lyco vor’s Gesicht: „Zwischenmahlzeit gefälligst?“ Lyco wedelte wild mit den Armen: „Nei~ein! Eklig! Mach das weg!“ „Schade drum.“, zuckte Karin mit den Schultern und lies den wild zappelnden Nager wieder laufen, der auch gleich hinter den endlosen Kistenbergen verschwand. ~* ~* ~* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)