Broken Souls - Can you heal them? von robin-chan ================================================================================ Kapitel 25: Die Fronten prallen aufeinander II ---------------------------------------------- Sich zu verabschieden, gehörte seit Anbeginn zum Alltag. Sei es bei einem Telefonat nach der Arbeit oder Schule, beim Verlassen des Hauses oder der Wohnung, wenn man unterwegs Bekannte trifft und kurz plaudert, oder wenn man nach einer Verabredung getrennte Wege geht. Doch das Wissen, dass das womöglich das letzte Mal war, hatte man erst im Nachhinein. „Geh schon, so schlimm wird es nicht werden. Versöhnt euch, sprecht euch aus. Er wird dir nicht immer die kalte Schulter zeigen.“ Skeptisch hob Nami eine Augenbraue. Die letzten Stunden waren relativ schnell vorbeigegangen und wenn sie ehrlich war, diese Zeit beinhielt die schönsten Momente der letzten Wochen. Nun, wo der Abschied bevorstand, fühlte Nami deutlich, wie ihre Geborgenheit und Sicherheit wieder schwand. Zorro war oben in der Wohnung und eine erneute Eiszeit stand bevor. Die junge Frau wusste, dass es Robin nur gut meinte, doch woher sollte Zorros plötzlicher Sinneswandel kommen? Er sprach kaum mit ihr, wenn dann nur mürrisch und seine Blicke, ja, die hatten es in sich. Viel lieber hätte sie die Schwarzhaarige dabei, hätte gern darauf gehofft, dass sie noch ein wenig bei ihr blieb. Zu ihrem Bedauern ging das nicht. Geschlagen stieß sich Nami vom Auto ab und stellte sich vor Robin. „Schon gut, ich gehe. Sollten wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen, dann darfst du die Verantwortung dafür übernehmen“, scherzte sie und lächelte dabei. Ja, sie fühlte sich wohl in der Gegenwart der älteren Frau. All die Last, die auf ihr lag, fühlte sich kleiner an. Nach ihrem Tränenausbruch hatte sich Nami nach minutenlanger Fürsorge gefangen gehabt. Die letzten Vorkommnisse waren nicht lange das herrschende Thema. Viel mehr versuchten sich die zwei näher zu kommen. Zuvor war man darauf bedacht gewesen, sich auf die wichtigeren Sachen zu konzentrieren. Doch am Ende war - wie immer - das Gegenteild er Fall gewesen. Ihre Gefühle zu einander rückten schlussendlich doch in den Vordergrund. „Nami…,“ fing die Schwarzhaarige an zu sprechen und ein Seufzer entfloh ihrer Kehle, „Verschrei es lieber nicht. Jedenfalls, der Nachmittag war sehr schön. Ich hoffe, dass wir es demnächst wiederholen können und wer weiß, vielleicht hat sich der Rest bis dahin auch in Luft aufgelöst.“ Robin trat einen Schritt vor und zog diese in eine Umarmung. „Pass auf dich auf, hörst du? Und wenn was ist, du weißt ja, wie du mich erreichen kannst“, flüsterte sie ihr ins Ohr und festigte kurz den Griff. Nami lächelte und nickte. Nachdem sie sich so lange dagegen gesträubt hatte, würde sie nun darauf zurückgreifen, definitiv. „Irgendwie schaff ich es doch immer. Und, obwohl ich es mir vor einiger Zeit nicht gedacht hätte, ich habe dich vermisst und will nicht wieder so lange auf deine Anwesenheit verzichten. Daher, bis bald.“ In Namis Stimmlage lag ein sanfter Ton. Während sie diese Worte sprach, hatte sie zur Schwarzhaarigen aufgeblickt, ihre Arme um deren Nacken gegeben und erlag, sofort als der letzte Satz gesprochen war, ihrem Verlangen und küsste Robin zum Abschied, die diese Geste nur allzu gern erwiderte. „Bis bald, versprochen“, hauchte sie gegen Namis Lippen und ließ von ihr ab. Robin blieb regungslos stehen, blickte der jungen Frau, die noch ein letztes Mal ihre Hand zum Abschied hob, nach und wartete ab, bis Nami sicher im Gebäudekomplex verschwunden war. „Ich bin wieder da“, rief Nami als sie die Wohnung betrat und gab die Schlüssel in eine Schale, die auf der Kommode gleich neben dem Eingang stand. Während sie zuvor schon extra das Treppenhaus genommen hatte - natürlich um Zeit zu schieden, ließ sie sich diese auch hier und entledigte sich nur äußerst langsam ihrer Sachen. Mit einem tiefen Atemzug begab sie sich ins Wohnzimmer, wo Nojiko mit einem Buch saß und zu ihr aufblickte. „Schon wieder zurück?“ „Ja, ist Zorro da? Ich würde gerne mit euch sprechen.“ Nojiko schlug das Buch zu und in ihrem Blick lag ein Hauch von Besorgnis. „Ist etwas passiert?“, fragte sie und wollte sich schon erheben, als Nami die Hände hob und abwinkte. „Nein, nein. Bleib sitzen, du musst dich noch ausruhen. Ich will lediglich diesen Zwist zwischen uns, besser gesagt den zwischen Zorro und mir bereinigen. Außerdem,… solltest du nicht im Bett sein?“ Nojiko strich sich verlegen durch die Haare. „Auf Dauer ist es anstrengend. Ich kann mich hier genauso gut hinlegen. Zorro ist in der Küche.“ Nami schüttelte den Kopf. Ihre Schwester war unverbesserlich, in dieser Hinsicht waren sie sich gar nicht mal so unähnlich. Schnellen Schrittes begab sie sich in die Küche und fand Zorro vor dem Kühlschrank vor, gerade dabei sich einen kleinen Snack zu machen. Ehe er ihre Anwesenheit richtig realisiert hatte, wurde er von Nami am Arm gepackt und regelrecht ins Wohnzimmer geschleppt. „Was soll der Mist? Ich hab Hunger“, meckerte dieser und war alles andere als erfreut darüber. Die junge Frau ließ sich davon nicht beirren und schupste ihn neben Nojiko auf das Sofa, die sich ein leises Kichern nicht verkneifen konnte. „Ich will reden. Essen kannst du später noch immer“, gab Nami entnervt zurück und setzte sich ebenfalls, jedoch in den dazugehörigen Sessel. Zuvor hatte sie diesen noch gedreht, wodurch sie den beiden gegenüber saß. Zorro verschränkte die Arme und sah sie mit einem grimmigen Gesichtsausdruck an. Er hatte definitiv keine Lust darauf. „Dann beeil dich“, grummelte der junge Mann. Nami nahm mehrere tiefe Atemzüge und suchte nach den passenden Worten. „Okay, wenn dir nicht passt, was ich zu sagen habe, dann kannst du gehen, aber gib mir wenigstens eine Chance und hör zu, bitte.“ Als keine Widerworte kamen und Nojikos Blick ihr vermittelte, sie könne reden, sprach sie weiter. „Ich möchte mich – nochmal – für all meine Fehler, die ich begannen habe, entschuldigen. Denn ungeschehen kann ich sie nie mehr machen, so viel ist mir klar. Nach dem Tod von Bellemere hätte ich mich euch nicht so verschließen dürfen. Noch weniger hätte ich in diese dubiosen Kreise begeben sollen. Es ist nun mal passiert. Ich war schon immer ein Hitzkopf, ihr wisst es, ihr kennt mich. Und dieser Verlust hat mich aus der Bahn geworfen. Ich konnte irgendwie nicht mit euch darüber reden, ihr habt mich alle an sie erinnert. Ich war sauer auf das Leben, auf mich. Nach all den Kämpfen, die wir immer wieder ausfochten mussten, hatte ich keine Kraft mehr. Die Schule war mir egal, ich wollte nur noch abschalten können. Aus diesem Grund ging ich in diverse Clubs und lernte dort auch ihn kennen. Ich wurde geblendet, geblendet von dem Leben, das er führte, von der Macht, die er hatte, von allem. Irgendwie gab es mir Sicherheit, einen Ort, an dem mich wahrlich nichts an mein anderes Leben erinnern konnte. Dann ist es mir entglitten und viel zu spät habe ich realisiert, was eigentlich geschehen war. Und es ist noch nicht vorbei. Noch immer treibt er sein Unwesen und mit ihm bleibt auch Vivi verschollen. Nie hätte ich gedacht, dass er es auf sie abgesehen hatte, dass er durch mich lediglich Informationen sammelte. Ich dachte, er würde sich wirklich für mich als Person interessieren. Ich will auch kein Mitleid auf mich ziehen, im Gegenteil, ich will dafür gerade stehen.“ Eine kurze Pause trat ein, in der niemand sprach und darauf gewartet wurde, dass Nami erneut das Wort erhob. Nojiko und Zorro hatten untereinander Blicke ausgetauscht, während Nami wie gebannt auf ihre Hände starrte, ehe sie Zorro ins Visier nahm. Seine Augen strahlten diese einschüchternde Härte aus. Vergebens suchte sich nach seiner Sanftmütigkeit, seiner Güte, die er sonst in diesen trug. „Zorro, es tut mir leid. Du bist kein Freund für mich, du bist mein Bruder und es tut weh, wie sehr ich dich verletzt und von mir gestoßen habe. Ich will mich nicht länger mit dir bekriegen. Ich will wieder die Beziehung, die wir immer zueinander hatten. Ich will meinen Bruder zurück, mit dem ich jeden Mist angestellt habe, den man nur machen kann, der mich aufzieht und der mir sagt, wenn du für etwas kämpfst, dann kannst du alles schaffen, aber mir auch meine Grenzen zeigt und mich zurück auf den Boden holt. Nicht den Bruder, der mich ignoriert und nur Wut für mich übrig hat.“ Schweigen. Namis Hals schien sich zuzuschnüren. Es fiel ihr sichtlich schwer die Fassung zu behalten, denn Zorros Blick schien sich kaum geändert zu haben. Am Ende war es Nojiko, die ihm fürsorglich die Hand auf die Schulter legte und ihm ein aufmunterndes Lächeln schenkte. Kurz erwiderte er diese Geste. Schwungvoll erhob sich Zorro und machte sich auf den Weg Richtung Küche. Nami schluckte hart und wischte sich schnell eine Träne aus dem Augenwinkel. Kurz bevor er aus dem Raum war, drehte er sich um und lächelte sanft. „Du hast ihn nicht verloren. Er hat lediglich darauf gewartet, dass du endlich den Mund aufmachst, er sehen kann, dass es dir wirklich leid tut und du dir über deine Taten bewusst geworden bist. Du wirst mich nie verlieren, egal was du tust. So und nun genug der Gefühlsduselei. Ich hab Hunger.“ Gähnend ging er weiter und konnte sich endlich sein bereits ersehntes Sandwich machen. Nami sprang auf und lief ihm bis in den Flur hinterher. „Du Idiot!“, schrie sie aufgebracht und hörte ihn lachen. „Zicke!“ •¤• Der Nachmittag war längst vorüber und die Abenddämmerung hatte eingesetzt. Als Robin ihren Wagen in der Auffahrt parkte, verharrte sie noch ein Weilchen in diesem. Sie ließ die letzten Stunden Review passieren und das Lächeln auf ihren Lippen wollte nicht verblassen. Die Anstrengungen der vorangegangen Wochen waren vorerst verschwunden und der Gedanke, dass sich ihre Laune wieder ändern konnte, schien erstmal in weiter Ferne. Ihr Handy vibrierte und ihr allzu bekannter SMS-Ton erklang. Nojiko hat dich herzlich zum morgigen Essen eingeladen. Wehe du kommst nicht! ;-) xo, las die Schwarzhaarige und gluckste dabei. Schnell war eine Antwort getippt und das Telefon verschwand in ihrer Jackentasche. Mit Elan verließ sie das Auto und betätigte den Knopf am Schlüssel, die Zentralverriegelung ließ ein Knacken verlauten und die verchromten Seitenspiegel klappten ein. Vor der Haustüre hielt sie inne und wieder durchdrang der Klang ihres Mobiltelefons die Stille. Dieses Mal war es keine SMS sondern ein Anruf. Seufzend betrachtete das Display. Smoker. In gewisser Hinsicht war sie mit ihm nicht im Reinen. Er war es immerhin, der sie von Nami ferngehalten hatte. Zwar verstand sie all seine Gründe, dennoch war es ihr Problem. Sie war erwachsen, Nami volljährig. Anfangs war sie ihre Klientin und er wusste, dass sie den Fall längst abgegeben hatte. Sie würde Nami nun als Freundin beistehen. Warum konnte er es nicht so einfach hinnehmen? Jeder machte Fehler und dieser gefiel ihr sogar. „Hallo?“ „Hallo, Robin. Hättest du nachher Zeit? Aoki und ich würden gerne vorbei kommen und mit dir etwas besprechen.“ Anhand seiner Stimme konnte sie ihn nur schwer einschätzen. Worüber musste gesprochen werden? Doch nicht etwa wieder diese Sache? „Worum geht’s?“ „Nichts, worüber ich am Telefon sprechen möchte.“ „Okay, ich bin gerade nach Hause gekommen und hab nichts weiter vor.“ „Gut, sind in ungefähr einer Stunde bei dir.“ Aufgelegt. Skeptisch ließ sie das Handy sinken. Irgendetwas war faul an der Sache, was, würde sie wohl früh genug noch herausfinden. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit. Von einem Lächeln war keine Spur mehr zu sehen. Was war los? Als sie die Türe aufschloss und ins Haus ging, spürte sie nur noch zwei Arme, ehe ihr schwarz vor den Augen wurde. •¤• „Du siehst glücklich aus“, meinte Nojiko und lächelte ihre Schwester an, die mit einer Tasse Tee das Wohnzimmer betrat. Nickend ließ sich Nami neben diese auf die Couch sinken und lehnte sich zurück. „Seit langer Zeit kann ich sagen: Ja, ich bin es. Selbst, wenn es mir ein schlechtes Gewissen bereitet. Immerhin ist noch nicht alles wieder im Lot. Vivi ist noch immer verschwunden und der Fall ungelöst. Trotzdem, immer einen Schritt nach dem anderen, richtig?“ Das Gespräch mit Zorro hatte ihr gut getan und die Wogen waren halbwegs geglättet. Kurz trafen sich die Blicke der beiden, ehe sich der Student wieder seiner PS3 widmete. Es schien alles auf einen ruhigen Abend hinaus zu lauefn, wo sie einfach nur ihr beisammen sein genossen, so wie es bis zu Bellmeres Tod immer der Fall war. „Robin kommt gern zum Essen und ich soll mich für die Einladung bedanken.“ „Gut, ich hätte eine Absage so oder so nicht akzeptiert. Ich bin ihr sowieso noch was schuldig. Immerhin hat sie sich um die gekümmert und geschafft zu dir durchzuringen. Auch, wenn ich mir gewünscht hätte, dass ihr euch unter anderen Umständen getroffen hättet. Sie tut dir gut. Und ihr zwei, also, ihr seid nun zusammen?“ Nami errötete leicht und sah zur Seite. Bisher hatte sie noch nie offen darüber geredet, jedenfalls nicht mit Nojiko. Eigentlich mit kaum jemandem, außer… Vivi. Das war jedoch eine andere Geschichte. Schnell vergaß Nami den Gedanken und blickte wieder zu ihrer Schwester, die begierig auf eine Antwort wartete. „Wir gehen es langsam an, aber ja, alles läuft darauf hinaus. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich in sie verlieben könnte, geschweige, dass ich sie jemals irgendwoe mögen würde. Anfangs hielt ich sie für eine Besserwissern, die sich um ihren eigenen Kram kümmern sollte, aber dann. Sie hat mir geholfen, hat mir, eigentlich einer Wildfremden, von ihrem Leben erzählt. Doch erzähl du mir Schwesterchen, was läuft zwischen dir und Ace?“, gab sie mit einem immer breiter werden Grinsen von sich. „Immerhin, ein gut aussehender Typ, dessen Bruder zwar bei uns arbeitet, aber dennoch zu dir ans Krankenbett kommt? Soweit ich gehört habe, ist er auch nur schwerem Herzens gegangen? Kommt er morgen auch?“ Nojiko lachte und zuckte mit der Schulter. „Wer weiß, wer weiß", entgegnete diese unschuldig. Provokant gab Zorro ein lautes Brummen von sich, welches die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte. „Könnt ihr euer Frauengewäsch nicht woanders fortführen? Ist ja nicht auszuhalten“, gab er genervt von sich, wodurch beide Frauen zugleich die Augen verdrehten. Diese Art von Gesprächen nervte Zorro. Ein Kloß bildete sich in Namis Hals, als sie auf seine Körperdeutung achtete, wie er versuchte seine Gedanken und Gefühle für sich zu behalten. Ja, er war stark, unantastbar, unzerstörbar. Ja, er wollte allen weismachen, dass er all das war. Jeder hatte seine Schwächen, so auch Zorro. Seine Schwäche war noch immer seine verstorbene Ex-Freundin, die er nicht vergessen konnte. An jenem Tag hatte Nami ihren Augen nicht getraut. Zorro, ihr liebgewordener Freund, der immer mehr zum großen Bruder geworden war, hatte geweint, mehr als das. All seine Stärke war wie weggeblasen. In diesem Moment wirkte er zerbrechlich. Das Bild eines gebrochenen jungen Mannes, der all sein Leben noch vor sich hatte und doch am Rande des Abgrunds stand. Bis heute gab er sich die Schuld daran, obwohl er nichts hätte tun können. Nami erhob sich und trat an ihn heran, ihren Blick auf das Spiel gerichtet, ehe sie von hinten die Arme um seinen Hals schlang und den Kopf an seiner rechten Schulter bettete. „Du solltest ebenfalls endlich den entscheidenden Schritt nach vorne machen“, wisperte sie ihm ins Ohr und fühlte wie sich seine Muskeln kurz anspannten. Ruckartig ließ sie von ihm ab, gab ihm einen Klaps auf die Schulter und stibitze sich den Controller. „Danke“, lachend setzte sie sich auf den Boden und spielte an Zorros Stelle weiter. Dieser war verdutzt, murmelte irgendetwas vor sich hin, während Nojiko die zwei mit einem sanften Lächeln beobachtete. Das war ihre kleine Familie, die sie mehr als alles auf dieser Welt liebte, die sie sich nicht mehr nehmen lassen und beschützen wollte. •¤• „Endlich!“ Mit Begeisterung stand Spandam vor Robin, die mit den Händen am Rücken gefesselt auf ihrem Sofa saß und noch immer benommen war. Wie lange hatte er diesen Augenblick herbei gesehnt? All die Jahre, die er in seiner kleinen Zelle ausharren musste. Ohne dem Wissen, ob er jemals wieder die Luft außerhalb des Gefängnisses genießen konnte. In diesem Zeitraum drehten sich seine Gedanken stets um ein Thema: Rache. Rache an der Person, die ihn verraten und alles genommen hatte. Hinter Gitter gab es nicht allzu viel zu tun. Er konnte sich ganz seinen Fantasien widmen, die sich nur um diese Frau drehten. Ein widerwertiges Lachen entfloh seiner Kehle, wodurch Jabura die Augen verdrehte. Erneut fragte er sich, warum er sich das antat. Zusammenzuarbeiten mit solch einem Idioten. Die Antwort war parat. Geld und die Freiheit seiner Mordlust folgen zu können. Was anderes hatte er nie gelernt. In dieser Welt ging es darum zu überleben und zwar mit dem, was man am besten konnte. Es war ein Job für ihn, nicht mehr und nicht weniger. Seitdem sie Robin überrumpelt hatten, war noch keine Stunde vergangen und allmählich kam diese wieder zu Bewusstsein. Jabura stand mit dem Rücken zu ihr und lauschte. Ein Husten, ein Röcheln, ein tiefer Atemzug. Alles war ohne Komplikationen verlaufen. In dem Moment in dem sie das Haus betrat und die Türe schließen wollte, hatte er sie außer Gefecht gesetzt, ganz ohne sie körperlich zu verletzen. Präzession stand hier an oberster Stelle. Während Jabura entspannt die Fassung behielt, war Spandam bereits von seiner Gier übernommen. Sein Gefühl sagte ihm, dass das nach hinten losgehen könnte, sein Boss war eine Gefahrenquelle. Zwei, drei weiteren Minuten vergingen ehe Robin halbwegs bei sich war und realisieren konnte, was hier geschah. „Du dummes Weib hättest deine Schlösser wechseln sollen“, höhnte Spandam und lachte erneut auf. Robin, die längst bemerkt hatte, dass sie gefesselt war, versuchte ein Grinsen zustande zu bringen. „Wofür? Weil ich dann sicherer bin? Die meisten Menschen glauben, dass sie sich hinter Sicherheitsschlössern und Alarmanlagen sicher fühlen und verstecken können. Als ob. Wenn jemand in dein Haus will, dann hält ihn nichts dabei auf. Es ist unseren Köpfen verankert und doch belügen wir uns selbst. Vor dem wahren Bösen ist niemand sicher.“ Ihre Stimme klang kalt und ihr Blick war ins Leere gerichtet, sie sprach aus Erfahrung. Spandam sah sie irritiert an. Ihre Worte hatten ihn nicht so sehr interessiert, mehr war es ihr Grinsen gewesen. Wie konnte sie in dieser Situation bloß…? Wut kroch hoch. Reflexartig verpasste er ihr einen Schlag ins Gesicht. Robin spürte wie sich der Geschmack von Blei in ihrem Mundwinkel breit machte, Blut. Der Schlag hatte gesessen, ihr Kopf schmerzte, jedoch kein Schmerz, der nicht zu ertragen war. „Du wagst es?" In diesem Moment ertönte die Türklingel. Jabura hob den Kopf und starrte zur Haustür. Robin erstarrte, wie auch Spandam, der in seinem Vorhaben inne hielt und belämmert den Kopf drehte. Smoker, war der erste Gedanke der Schwarzhaarigen. Es war als ob Jabura ihn gehört haben könnte, denn dieser drehte sich zu ihr um. „Nein, ich habe dein Gespräch mitbekommen und ihm eine höfliche Absage per SMS erteilt, aber selbst wenn er es ist, hat er verdammt schlechte Karten“, erklärte Jabura und zog eine Waffe hervor. „Du solltest besser deine Klappe halten“, ermahnte er Robin noch und auch Spandam schien nicht unbewaffnet zu sein. Erneut die Glocke. Robins Magen zog sich zusammen. Sie hoffte inständig, dass es nicht die beiden waren. Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn und spätestens nun fühlte sie die Angst. Jabura schlich sich auf die Tür zu und blickte durch den Spion. Ein Blick zurück und ein Nicken. Verdammt, dachte sich Robin und versuchte zu überlegen, was sie tun sollte. Verschwindet! Sie wollte sie nicht in Gefahr bringen. Doch weit kam sie nicht bei ihren Gedanken. Plötzlich überspitzte sich die Situation. Die Tür wurde mit voller Wucht eingeschlagen, Jabura, der noch an dieser stand, bekam den Rückstoß ab und stolperte nach hinten. Spandam zückte seine Waffe um auf Smoker zielen zu können, erkannte jedoch in seinem Blickwinkel, dass bereits jemand von hinten auf ihn los stürmte. Alle Anwesenden hatten sich auf die Vordertüre konzentriert, doch was dahinter los war, blieb unbeachtet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)