Auge des Wolfs von SessyFuchs ================================================================================ Kapitel 3: Illusion ------------------- Illusion Drei Wochen waren seit der Begegnung der beiden Magier vergangen und inzwischen kannten sie sich ziemlich gut. Shin war froh, Idromeel an seiner Seite zu haben, denn um das ein und andere Mal waren dessen Elementkräfte ziemlich nützlich. So hatte Idromeel einmal eine Brücke über einen Fluss wachsen lassen oder einen Schutz vor wilden Tieren errichtet. Shin hatte Recht gehabt, als er sagte, dass er alleine niemals eine solche Reise hätte antreten können. Doch auch Shin trug zu der Gemeinschaft bei, in dem er in den kleinen Dörfern und Höfen mit seiner Heilmagie Geld verdiente. Sie waren gerade von einem kleinen Gehöft aufgebrochen, in dem sie ein krankes Schwein behandelt und einen neuen Brunnen errichtet hatten, als sie plötzlich lautes Gebrüll hörten. Neugierig gingen sie dem Geräusch nach und fanden, als sie um eine Ecke bogen einen Trupp Männer, die einen kleinen Jungen umzingelt hatten. Shin und Idromeel waren nicht nahe genug dran, um zu verstehen, was dort gesprochen wurde, aber von dem Verhalten, das die Männer an den Tag legten schlossen sie, dass es sich um Räuber handeln müsste. „Der Junge hat doch alleine keine Chance gegen sie.“ ,raunte Idromeel zu Shin „Ich bin der Meinung, wir sollten ihm helfen.“ Shin nickte. „Ich stimme dir zu... Räuber wie diese, die einen kleinen Jungen überfallen, haben es nicht verdient, von uns verschont zu werden. Ich habe sowieso was gegen Räuber.“ Vorsichtig schlichen die Gefährten näher, doch auf einmal stoppten sie. Was sie dort sahen erstaunte sie. Die Räuber begannen zu schreien und rannten sich gegenseitig über den Haufen, als sie versuchten, von dem Jungen weg zu kommen. Verwirrt sahen Shin und Idromeel sich an. „Was ist denn mit denen los?“ Idromeel zuckte als Antwort nur mit den Schultern und legte seine Stirn in Falten. Nachdem er kurz nachgedacht hatte begann er zu Grinsen. „Ich glaube, der Kleine da ist Magier. Aber ich frage mich, was er hier alleine macht und wo er herkommt. Von dem Hof jedenfalls nicht.“ „Stimmt. Fragen wir ihn doch einfach. Ich glaube nämlich nicht, dass er gefährlich ist. Und wenn, sind wir immer noch zu zweit.“ Shin stand auf und ging offen auf den Jungen zu. Idromeel folgte ihm. „Hey Kleiner! Was war denn mit den Räubern los?“ Der Junge drehte sich zu ihnen um. „Die waren nur ein bisschen verwirrt und außerdem bin ich kein Kleiner. Ich bin schon zwölf Jahre alt und einen Namen habe ich auch.“ „Ist ja schon gut. Wir haben deinen Namen nur nicht gekannt und tun es auch jetzt noch nicht.“ bemerkte Idromeel. „Und ich werde ihn nicht auch nicht sagen. Denkt ihr etwa, ich bin Blöd?“ „Natürlich denken wir das nicht,“ beschwichtigte Shin den aufgebrachten Jungen „aber du hast gesagt, du hättest einen Namen und da du anscheinend nicht Kleiner genannt werden möchtest, währe es nur logisch anzunehmen, du würdest ihn uns verraten, damit wir dich nicht mehr Kleiner nennen müssen.“ „Äh, so wie du das jetzt formuliert hast eigentlich ja“ stotterte der Junge „Also ich heiße Mirodin. Aber jetzt währe es höflich, wenn ihr mir auch eure Namen nennen würdet.“ „Oho!“ ,lachte Shin „Du bist wohl einer der genauen. Also ich heiße Shin und bin siebzehn Jahre alt, falls du das auch wissen willst, da du uns dein Alter genannt hast.“ „Und mein Name ist Idromeel und ich bin achtzehn Jahre alt.“ „Freut mich euch kennen gelernt zu haben. Darf ich fragen, was ihr hier tut? Es ist sehr ungewöhnlich in dieser Gegend Reisende anzutreffen.“ „Genau das selbe wollten wir dich fragen,“ bemerkte Idromeel „Aber da du uns zu erst gefragt hast, werden wir dir auch zuerst Antworten. Also wir sind zwei Wandermagier auf einer Reise durch das Land, um den Leuten unsere Hilfe anzubieten und um stärker zu werden.“ „Aha. Dann seid ihr ja genau wie ich Magier. Ich bin jedenfalls auf dem Weg zur Magierakademie um dort eine Ausbildung zu beginnen.“ „Ein Anfänger also. Aber warum bist du nicht schon mit elf Jahren zur Akademie gegangen?“ fragte Shin Mirodin. „Ganz einfach. Als ich elf war, hatte ich meine Kräfte noch nicht. Illusionsmagie zeigt sich immer erst später.“ antwortete der Junge. „Ich habe mir schon gedacht, dass du über Illusionskräfte verfügen musst,“ meinte Idromeel wissend „Was hätte die Räuber denn sonst so verwirrt. Was hast du ihnen eigentlich gezeigt?“ „Na ja, es gibt Gerüchte, dass es in dieser Gegend einen Minozier geben soll. Also habe ich ihnen einen der Viecher vorgegaukelt. Ihre Reaktion war äußerst witzig.“ „Einen Minozier? Woher wusstest du denn, wie einer aussieht?“ Shin schüttelte den Kopf. „Als ich in deinem Alter war, wusste ich noch nichts von denen. In der Akademie haben wir das erst später gelernt.“ Mirodin grinste. „Mein Großvater hat mal einen gesehen, als er noch jung war. Immer wenn er am Kamin saß, hat er mir von dieser Begegnung erzählt. >Mirodin< hat er gesagt, >nie werde ich den Moment vergessen, als mir der Minozier begegnet ist. Ich war ganz alleine auf dem Weg in die nächste Stadt, als mir mitten auf dem Weg diese riesige Katze mit den zwei Köpfen entgegenkam. Die Köpfe waren rot wie Kupfer und der Körper schwarz wie die Nacht. Er hatte alle beide Augenpaare auf mich gerichtet und schien mich mit seinem Blick zu durchbohren. Du musst wissen, Mirodin, dass Minoziere die Fähigkeit haben, Menschen und Tiere mit ihrem Blick zu lähmen und dass ihr Schrei einem das Bewusstsein raubt. Also habe ich die Augen zu gemacht und mir die Ohren zugehalten. Plötzlich spürte ich, wie der Minozier näher kam und schließlich an mir vorbeiging. Ich blieb noch lang mit geschlossenen Augen und zugehaltenen Ohren stehen und wartete. Als ich die Augen wieder aufmachte, war ich alleine.< Die Geschichte kann ich längst auswendig.“ „Dein Großvater war sehr klug,“ stellte Idromeel fest „Nur die wenigsten Menschen wissen, das Minoziere das Interesse verlieren, wenn sie ihr Opfer nicht mit dem Blick oder ihrem Schrei belegen können.“ „Stimmt,“ fügte Shin hinzu „Zwar wären sie stark genug, um einen auch mit den Tatzen oder den Zähnen zu töten, aber das machen sie nicht, es sei denn, jemand ist so dumm und fängt an zu schreien.“ „Klar war mein Großvater klug. Er war schließlich auch ein Illusionsmagier.“ „Dann ist es ja klar.“ ,Shin lächelte Mirodin zu „Aber jetzt müssen wir weiter. Sonst kommen wir nämlich nicht rechtzeitig an, wo auch immer wir ankommen werden.“ „Genau.“ ,stimmte Idromeel ihm zu „Es hat Spaß gemacht mit dir zu reden.“ Die beiden setzten sich in Bewegung und waren schon ein gutes Stück weiter, als Mirodin ihnen hinterher rief: „Wartet! Könnt Ihr mich mitnehmen? Ich weiß nämlich nicht genau, wo die Magierakademie liegt!“ Shin und Idromeel blieben stehen und sahen sich besorgt an. Beide schienen das selbe zu denken schließlich zuckte Shin mit den Schultern und drehte sich um. Mirodin war ihnen inzwischen nachgekommen und Shin sagte zu ihm: „Es tut mir Leid, aber dass ist keine so gute Idee. Idromeel und ich sind nämlich ziemlich gefährlich.“ Mirodin sah erst ihn und dann Idromeel mit hochgezogenen Brauen an. „Wieso gefährlich? Ihr seht nicht gerade gefährlich aus. Außerdem bin ich doch auch ein Magier.“ „Ja schon, da hast du Recht.“ Idromeel überlegte, wie er Mirodin die Sache mit dem Wolf am Besten erklären sollte, ohne ihm zu große Angst ein zujagen. „Wir beide,“ , er zeigte auf sich und Shin „sind verflucht. Jeden Vollmond verwandeln wir uns und werden zu überaus gefährlichen Wölfen, die alles und jeden angreifen.“ Shin nickte, doch Mirodin schien diese Nachricht keinesfalls zu ängstigen. „Das macht doch nichts. Wölfe sind doch nur etwas zu groß geratene, nicht erzogene Hunde und mit denen bin ich zu Hause auch fertig geworden. Also mir macht das nichts aus.“ Es entstand eine Pause, in der sich Shin und Idromeel wieder ansahen. Nach einiger Zeit stummer Überlegung, beendete Idromeel das Schweigen. „ Wenn es dir wirklich nichts ausmacht, kannst du mit und kommen. Allerdings musst du uns versprechen, dich bei Vollmond zu verstecken. Ich möchte nämlich auf keinen Fall, dass einer von uns dir etwas als Wolf antut und wir dann am Morgen feststellen müssen, dass wir dich verletzt haben.“ „Okay, kein Problem. Ich bin gut im Verstecken.“ Mirodin sah erwartungsvoll von einem zum anderen. „Dann darfst du mit uns kommen. Wir müssen schließlich auch zur Akademie.“ „Warum denn das? Ich denke ihr seit schon fertig ausgebildet.“ „Ja schon,“ ,antwortete Idromeel auf seine Frage „aber wir wissen noch nicht alles und wir hoffen, dass Meister Valenstar uns bei unserem kleinen Wolfsproblem helfen kann.“ „Ach so. Dann sollten wir aber auch los, damit wir nicht zu spät dahin kommen, wo immer wir auch hin wollen.“ Frech grinste Mirodin die beiden Magier an. „Du hast es erfasst.“ Shin lachte und er, Idromeel und ihr neuer Reisegefährte Mirodin gingen los. Am Abend suchten sie nach einem Ort, an dem sie übernachten könnten, allerdings stimmte das mit dem Gerücht über den Minozier und es gab weit und breit kein Haus geschweige denn ein Dorf. So waren die drei gewissermaßen gezwungen, im Freien zu übernachten. „Ist doch kein Problem,“ meinte Idromeel aufmunternd „Ich kann uns doch einfach einen Unterschlupf wachsen lassen.“ „Genau!“ ,stimmte Mirodin zu „Und ich lass den dann einfach wie ein Felsbrocken aussehen.“ „Kannst du das denn?“ , fragte Shin leicht zweifelt „Ich meine, du hast deine Kräfte doch noch nicht so lange. Kannst du da eine Illusion die ganze Nacht aufrecht erhalten?“ „Ach, kein Problem!“ Mirodin winkte ab „Seit ich sie bekommen habe, habe ich meine Kräfte ständig unter der Anleitung meines Großvaters trainiert. Es ist sehr praktisch, Illusionen hervorrufen zu können, vor allem, wenn man sich selbst damit vorgaukeln kann, dass man alles hat, was man will.“ „Er ist eben ein schlaues Kerlchen“ ,meinte Idromeel Schulter zuckend „Ich habe die Elementmagie auch fast sofort beherrscht. Kallmoren.“ Der Boden bebte nachdem Idromeel seinen Zauber ausgesprochen hatte. Kleine Erdhügel entstanden, brachen auf und dichtes Buschgestrüpp wucherte aus dem Boden und formte eine Höhle. „Wahnsinn! So was kann man auch mit Magie machen?“ Mirodin hatte die Augen und den Mund vor Staunen weit aufgerissen. „Klar.“ ,erklärte ihm Shin, während er die Taschen in die Höhle brachte. „Es gibt viele verschiedene Arten von Magie. Die Elementmagie, die Illusionsmagie, die Heilmagie, die Kampfmagie, die Tiermagie und die Trankmagie. Die Elementmagie nutzt die fünf Elemente Wasser, Holz, Feuer, Erde und Metall, um die Umgebung zu verändern. Zum Beispiel um Nebel herzustellen, Pflanzen wachsen zu lassen, Feuer zu kontrollieren, Erdwälle aufzuschichten und Metall zu verbiegen oder ähnliches. Illusionsmagie, das weißt du ja schon selber, ruft Bilder und Geräusche in den Köpfen der Menschen und Tieren hervor. Man kann aber auch den Verstand eines Gegners angreifen und ihn Wahnsinnig werden lassen oder Gedanken manipulieren. Heilmagie heilt alle Verletzungen, Knochenbrüche oder Krankheiten. Manchmal ohne Hilfsmittel wie Kräuter oder Salben und manchmal mit. Kampfmagie nutzt man in Kämpfen. Sie setzt Energie frei, die den Gegner erfasst oder einen wie ein Schild umgibt und so vor gegnerischer Energie zu schützen. Meistens wird die Energie sichtbar, aber Magier, welche die Kampfmagie wirklich gut beherrschen, schaffen es auch, sie unsichtbar anzuwenden. Tiermagie ermöglicht einen Tiere zu beherrschen, zum Beispiel kann man durch sie wilde Wölfe zu zahmen Schoßhunden werden lassen oder Schnecken befehlen das Gemüse von irgendjemanden zu fressen. Das beste daran ist, dass man als Tiermedium, wie man die Magier nennt, die Tiermagie einsetzten können, mit den Tieren reden kann. Als Trankmeister kann man die geheimen Kräfte aller materiellen Dinge nutzen, aber jeder Zauber benötigt eine lange Vorbereitungszeit. Schließlich kann man nicht einfach einen Stein nehmen und dessen Kräfte benutzen, sondern muss den Stein mit anderen Sachen zum Beispiel Pflanzen oder Vogelfedern aufkochen, um an die Kraft zu kommen. Wie du siehst hat jede Art von Magie ihre Vorteile, aber ein Magier kann sich meistens nur auf ein oder zwei Kräfte spezialisieren. Ich zum Beispiel beherrsche die Kampf- und die Heilmagie, bin aber in den anderen Magiearten eher schlecht. Idromeel ist ein Elementmagier und kann die restliche Magie nicht so gut. Du bist ein Illusionsmagier und hast noch nicht einmal wirklich etwas von anderen Magiearten gewusst. Es gibt aber auch Magier, die in keiner von diesen Magiearten besonders gut sind. Ein Freund von mir zum Beispiel, beherrscht alle Arten von Magie gleich gut, aber dafür hat er in jeder Magie nur die durchschnittliche Kraft.“ Mirodin hatte die gesamte Zeit Shins Erklärungen zugehört. „Ah ja. Es macht dir aber nichts aus, wenn ich nur die Hälfte verstanden habe? Zumindest weiß ich jetzt, was für unterschiedliche Magie es gibt.“ Idromeel begann zu lachen. „Ist ja in Ordnung. Shin hat gerade alles, was wir in den sechs Jahren an der Akademie über die Magie und deren verschiedenen Arten gelernt haben zusammengefasst. Kein Wunder, wenn du da etwas nicht verstehst. Jetzt sollten wir aber langsam schlafen.“ „Dann ist ja gut.“ Mirodin schloss die Augen und Shin befürchtete schon, dass er Idromeel wörtlich nehmen und auf der Stelle einschlafen würde, aber dann begann sich das Gestrüpp zu verändern. Es verlor an Farbe, wurde grau, veränderte die Form und sah schließlich wie ein großer Stein aus. „So fertig. Das dürft die ganze Nacht halten.“ Mirodin machte die Augen wieder auf und sah seine großen Freunde an. „Da geht es rein.“ Er zeigte auf eine Stelle auf dem glatten Stein und ging darauf zu. Plötzlich verschwand er mitten im Gestein. „Na dann mal los.“ Idromeel ging Mirodin nach und war kurz darauf auch verschwunden. Shin trat auf den grauen Brocken zu und streckte seine Hand aus, die glatt durch den Stein hindurch ging. Dann ging auch er mitten in die Illusion hinein. Am nächsten Morgen stieg die Sonne langsam wie ein roter Feuerball hinter dem Horizont auf und tauchte die Gesamte Umgebung in rot-oranges Licht. Ein großer Felsbrocken, der mitten in dem karg bewachsenen Gebiet prangte, verlor langsam seine Form und wurde grün. Nach etwa einer Viertelstunde war er ganz verschwunden und an seiner Stelle ragte ein seltsam gewachsenes Gebüsch aus dem trockenen Boden. Noch rührte sich nichts doch schon kurz darauf begannen die Glätter des Strauches an zu rascheln und aus einer kleinen Öffnung wurde ein Kopf hinausgestreckt. „Aufgewacht ihr beiden! Die Sonne ist längst aufgegangen und wir sollten bald aufbrechen.“ „Sei still Shin.“ Idromeel stimme klang dumpf aus dem Strauch. „Ich konnte nicht gut schlafen. Mirodin hat halb auf mir gelegen.“ Shin war jetzt vollends aus dem Gebüsch gekrochen und streckte sich. „Du hättest es halt wie ich machen und ihn weg drücken sollen, wenn er dir auf die Pelle gerückt ist.“ „Wollte ich eigentlich auch.“ Idromeel kam auch aus dem Gebüsch raus und stellte sich neben Shin. „Aber er hat sich nicht wegdrücken lassen.“ Er drehte sich um. „Reshto“ Das Gebüsch wuchs in die Erde zurück, gerade so, als hätte man auf eine Rückspultaste gedrückt. Mirodin lag quer auf dem freigelegten Boden und schnarchte laut. „Siehst du, er ist immer noch am Schlafen. Ich sag dir, es wird eine schwere Reise.“ Idromeel schüttelte den Kopf. „Auch wenn er noch so erwachsen tut, er ist immer noch ein Kind.“ „Du hast ja recht.“ Shin seufzte auf „Aber er muss in die Magierakademie und wir wollen da eh hin. Außerdem will ich nicht, dass er alleine unterwegs ist. Auch wenn er ein Magier ist, ist er, wie du gesagt hast, immer noch ein Kind.“ „Stimmt auch wieder.“ „Ja. Ich weiß noch, wie es war, als ich alleine zur Akademie gegangen bin. Ich war zwar ein Jahr jünger als Mirodin jetzt ist, aber es war sehr sehr schwer. Erst der lange Weg, dann die Einsamkeit und dann noch die kalten und dunklen Nächte im Freien. Brrr. Selbst wenn ich nur daran denke, läuft es mir kalt über den Rücken.“ Shin schüttelte sich, aber Idromeel zog die Augenbrauen hoch. „Warum bist du allein gegangen? Mich hat mein Vater und mein Bruder begleitet und ich fand die Reise eigentlich ziemlich spannend.“ „Du warst auch nicht allein. Ich musste alleine gehen, weil doch nur die Familie der Schüler mit zur Akademie dürfen. Meine Eltern waren zu krank um mitzukommen. Später sind sie auch an dieser Krankheit gestorben.“ „Oh, tut mir leid, das wusste ich nicht.“ Idromeel sah seinen Freund betroffen an. „Ich verstehe, warum du dich so in seine Lage versetzt.“ „Na ja, ich möchte halt nicht, dass es ihm genauso geht wie mir. Ich frage mich nur...“ Shin wandte seine Kopf zu dem schlafenden Jungen und legte seine Stirn in Falten, dachte kurz nach und winkte dann ab. „Ach vergiss es, ist nicht so wichtig.“ Er ging zu Mirodin hin und rüttelte ihn leicht an der Schulter. „Hey aufwachen! Wir müssen weiter, damit wir rechtzeitig zur Akademie kommen.“ „hmm... nunofünwinuden...“ „Was soll denn das bitte schön heißen?“ Idromeel schüttelte den Kopf. „Ist das vielleicht eine andere Sprache?“ „So könnte man sagen.“ Shin musste sich das Lachen verbeißen. „Es ist Schlafisch und bedeutet übersetzt: Nur noch fünf Minuten.“ „Ahh! Klar, jetzt versteh ich. Schlafisch hat auch mein Vater gesprochen. Bei ihm hat das dann ungefähr so geklungen: maichspäder“ „Genau. So klingt das.“ Die beiden Zauberer sahen sich an und fingen beide gleichzeitig an zu lachen. So sehr sie es noch versuchten zu unterdrücken, es gelang ihnen einfach nicht, bis sie plötzlich unterbrochen wurden: „Was lacht ihr denn so? Da kann man ja gar nicht schlafen!“ Mirodin war aufgewacht und sah die beiden vorwurfsvoll an. Shin holte tief Luft, um das Lachen zu ersticken und antwortete ihm: „Du sollst auch nicht mehr schlafen. Die Sonne ist schon vor einiger Zeit aufgegangen und wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“ „Na und? Brauchen wir eben einen Tag länger, oder auch zwei.“ „Tut mir leid Mirodin.“ Idromeel hatte nun auch die Kontrolle über sein Lachen wieder erlangt und mischte sich in das Gespräch ein. „Wir können es uns nicht leisten ein oder zwei Tage zu verlieren. Du musst schließlich rechtzeitig zur Akademie, um deine Ausbildung zu beginnen. Wenn ich mich recht erinnere, bleiben dir noch sechs Tage und wir brauchen genau diese sechs Tage um dort hinzukommen. Außerdem können wir beide,“ ,er zeigte auf sich und Shin, „auch nicht länger brauchen, da der Zeitpunkt für unser kleines Problem immer näher rückt.“ „Oh.“ Mirodin stand auf. „Dann sollten wir uns wirklich beeilen.“ Shin stand ebenfalls auf und griff nach seiner Tasche und Idromeel tat es ihm nach. „Du hast es begriffen. Also los.“ Shin ging los, hielt aber inne und drehte sich noch mal zu dem Jungen um. „Warum bist du eigentlich alleine unterwegs? Das geht mir schon seit gestern im Kopf rum.“ „Na ja...“ Mirodin zögerte. „ ... mein Großvater kann mich nicht begleiten, weil er zu alt ist.“ „Und was ist mit deinen Eltern?“ ,fragte nun auch Idromeel. „Meine Eltern ... habe ich nie gekannt.“ ,gab Mirodin zu. „Mein Großvater sagte, meine Mutter sei bei meiner Geburt gestorben und meinen Vater hätte das so schwer getroffen, dass er sich erhängt hat. ... das ist auch der Grund, warum die Leute aus meinem Dorf sagen, ich wäre verflucht,“ fügte er leise hinzu. „Na das passt doch ganz gut.“ ,meinte Shin locker. „Da bist du ja nicht mehr alleine, weil Idromeel und ich doch auch verflucht sind.“ „Stimmt haargenau. Es war bestimmt kein Zufall, dass wir uns getroffen haben,“ stimmte Idromeel zu und lächelte Mirodin an. Dieser grinste erleichtert und hängte sich seine Tasche um. „Na dann los. Wir kommen noch zu spät.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)