Black Dragon von Seraphime (Die Meisterin der Diebe) ================================================================================ Kapitel 11: Die beste Sicherheit birgt die größte Gefahr -------------------------------------------------------- Unten angekommen sehe ich mich als erstes einmal um. Nachdem ich mich vergewissert habe, dass mich niemand bemerkt hat schleiche ich im Schatten Richtung Gebäude. An diesem angekommen mache ich mich auf die Suche nach einem Eingang. Da der Garten den Bewohnern zugänglich sein muss, muss es einen geben. Nachdem ich diesen gefunden habe, teste ich zu erst ob er sich so öffnen lässt, aber die Tür ist natürlich verschlossen. Also hole ich das Werkzeug heraus und mache mich am Schloss zu schaffen, so wie mein Mentor es mir gezeigt hat. Es dauert ein paar Minuten, aber dann habe ich es geschafft. Ich verstaue die Dietriche wieder und öffne vorsichtig die Tür. Im Innern ist es dunkel, aber durch das Licht des Mondes, das durch die Türöffnung fällt, kann ich genug erkennen um die nächste Tür ausfindig zu machen. Ich schließe die Tür nach draußen und taste mich zur nächsten hervor. Diese ist nicht verschlossen und ich kann so in den dahinter liegenden Gang gelangen. Der Gang ist mit Teppich ausgelegt und wird von ein paar Fackeln beleuchtet. Diese könnte ich zwar löschen, da sich im Moment Niemand in der Nähe befindet, ist dass unnötig und wäre im Falle einer Patrollie nur auffällig. Ich rufe mir den Gebäudeplan wieder in Erinnerung und folge dem Gang nach links. Zwar habe ich den Plan für den Fall der Fälle auch dabei, aber ich möchte keine Zeit verschwenden, deshalb hole ich ihn nur heraus, wenn es unbedingt sein muss. Ein paar Gänge und Türen später wird mir langsam mulmig zumute. Etwas stimmt hier nicht. Ich kann es deutlich fühlen, aber ich komme einfach nicht darauf, was es ist. Trotz des eigenartigen Gefühls setzte ich meinen Weg fort und gelange schließlich in die Eingangshalle. Bei diesem Ort hat Romolus mich zu ausdrücklicher Vorsicht gemahnt, da nur der Weg von der großen Treppe zum Haupttor mit Teppich ausgelegt ist und unvorsichtige Schritte an den Wänden wieder hallen würden. Zu erst vergewissere ich mich, dass sich Niemand in der nähe befindet, dann gehe ich vorsichtig zur Treppe. Romolus hatte mir zwar dazu geraten am Geländer entlang zu schleichen um mich immer schnell verstecken zu können, aber da Niemand in der Nähe ist eile ich lieber auf dem mittig ausgelegten Teppich nach oben. Am oberen Ende drehe ich mich noch einmal zur Halle um, um mich zu vergewissern, dass man mich auch wirklich nicht gesehen hat. Als ich hinunter in die leere Halle blicke, wird es mir schlagartig klar. Mit einem Mal weiß ich, was mir so seltsam vor kam. Die ganze Zeit seit ich mich in diesem Anwesen befinde, habe ich nicht eine Menschenseele gesehen! Dabei führte mich mein Weg laut Plan sogar an den Kammern der Dienstboten vorbei, also warum ist mir noch Niemand begegnet? Ein Schauer überkommt mich. Nicht, dass ich mir wünschen würde entdeckt zu werden, aber es kommt mir doch recht seltsam vor, dass dieses Anwesen fast schon wie ausgestorben wirkt. „Blödsinn! Die Fackeln an den Wänden waren an, also muss jemand diese Gänge benutzen.“ flüstere ich mir selbst zu. Nachdem ich mich wieder besonnen habe, setzte ich meinen Weg zu den Gemächern des Lords fort, um in diesem nach Hinweisen auf das Versteck des Medaillons zu suchen. Ich befinde mich kurz vor dem Speisesaal, als ich zum ersten Mal Stimmen vernehme. Da drin sind Menschen. Ich bin teilweise erleichtert und teilweise angespannt, denn ab jetzt wird es schwieriger werden ungesehen voran zu kommen. Dennoch nähere ich mich vorsichtig der Tür und lausche. Ich kann zwei Stimmen hören. Es scheint sich um zwei Dienerinnen zu handeln, aber ihr Gespräch lässt mich stutzen. „Ich weiß ja, dass der Lord zurzeit besonders vorsichtig sein muss, wegen der ‚lieben’ Verwandten, aber ob das wirklich eine gute Idee war?“ fragt die eine Frau skeptisch. „Naja, ein wenig mulmig ist mir dabei auch zumute, aber unser Herr hat es nun einmal so beschlossen und nun lässt es sich sowieso nicht mehr ändern. Außerdem muss er das Medaillon ja irgendwie wirksam schützen. Jetzt wo die Entscheidung, wer der neue Familienherr werden soll kurz bevor steht.“ antwortet die andere. „Das ist natürlich richtig. Nur wer zum festgelegten Tag das Erbstück besitzt hat ein Anrecht auf diese Position. Dennoch finde ich es 'etwas' gefährlich. Du nicht?“ hakt die erste noch einmal nach. „Doch natürlich. Ich meine man hat dem Lord zwar Sicherheit garantiert, aber man weiß ja nie.“ stimmt die andere zu. „Genau meine Rede, aber was will man machen?“ „Da kann man nichts machen. Wir können nur das Beste hoffen.“ Im Laufe ihres Gesprächs habe ich mich in den Speisesaal geschlichen, da sie so sehr mit ihrer Diskussion beschäftigt waren haben sie nicht das Geringste bemerkt. Damit wäre dann ein weiterer schwieriger Punkt geschafft. Nun muss ich es nur noch an den Beiden vorbei und zur Tür auf der anderen Seite schaffen. Leichter gesagt als getan. Im Moment verstecke ich mich in einer dunklen Ecke neben der Tür, aber an den Wänden sind die Schatten nicht so tief wie hier. Deshalb muss ich den richtigen Moment abpassen um mich auf die andere Seite zu begeben. Bald schon ergibt sich die richtige Gelegenheit. Die Wanduhr schlägt Mitternacht und die beiden Frauen zucken zusammen. Sie sehen sich ängstlich an und verlassen dann eilig den Raum. Einen Moment sehe ich ihnen verwirrt nach, dann nutze ich die Gelegenheit und eile auf die andere Seite. Ich lausche auch zu erst an dieser Tür um ihnen nicht zufällig in die Arme zu laufen. Dieses Mal kann ich mehr Stimmen aus machen. Es scheinen insgesamt vier zu sein. Die beiden Frauen von vorhin und noch zwei Männer. Vermutlich handelt es sich bei ihnen um Wachen. Ich hatte mich schon gefragt, wann ich welchen von ihnen begegnen würde. Ich überlege gerade wie ich an ihnen vorbei kommen soll, als eine der Frauen etwas Seltsames fragt: „Der Raum wird aber nur kurz inspiziert werden, oder? Ich meine danach verschwindet er wieder oder?“ „Ja doch. Nun zum wiederholten Male, er macht nur seine stündliche Patrollie und zieht sich dann wieder zurück.“ erwidert eine der Wachen genervt. „Gut, dann kommen wir gleich wieder.“ mit diesen Worten eilen zwei Personen davon. Eine der verbleibenden Personen seufzt tief und beginnt zu sprechen: „Ich kann verstehen, dass sie so weit wie möglich weg wollen von diesem Monster.“ kommentiert einer der Männer. „Wem sagst du dass, aber du weißt ja wie unser Befehl lautet.“ stimmt der andere zu. „Ja ich weiß. Bestimmte Wohnbereiche wie zum Beispiel der Speisesaal müssen während seines Rundgags von Menschen bewacht werden. Damit nicht ‚aus versehen’ die falschen Leute zu Schaden kommen.“ „Genau, also lass es uns hinter uns bringen, sonst ist er am Ende noch vor uns da.“ Danach wird die Türklinke herunter gedrückt und mir bleibt nichts anderes übrig, als mich schnell in der nächstbesten Ecke zu verstecken. Glücklicherweise wird der Raum nur von einem Leuchter über dem Esstisch erleuchtet, so dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ich hier entdeckt werde. Die beiden Wachen kommen herein, bleiben aber an einer Mauer neben der Tür gelehnt stehen. Eine Weile passiert gar nichts, dann bewegt sich etwas bei der Tür durch die ich hinein geschlüpft bin. Im ersten Moment wundere ich mich darüber, dass ich nicht das kleinste Geräusch von dort wahr genommen habe. Der Grund dafür wird mir jedoch sehr schnell klar. So unglaublich es scheint, ich sehe mit eigenen Augen wie jemand durch die Tür hindurch in den Raum hinein gleitet. Zu erst denke ich an einen Geist, aber wenn ich den Unbekannten genauer beobachte stelle ich fest, dass es sich bei ihm keines Wegs um einen Geist handelt. Er ist nicht das kleinste Bisschen durchsichtig, sondern sieht fast aus wie eine normale Person. Dabei liegt die Betonung auf fast! Es handelt sich bei dem Neuankömmling um einen scheinbar jungen Mann, mit langen glatten schwarzen Haaren und was am auffälligsten ist, rubinroten Augen. Langsam wird mir klar was hier vor sich geht. Lord Laurent hat einen Vampir angeheuert um das Medaillon zu schützen! Er sieht genauso aus, wie es die meisten alten Bücher beschreiben, erinnere ich mich. Dort heißt es auch, dass Vampire übermenschliche Kräfte besitzen, wie zum Beispiel das Durchdringen fester Materie. Plötzlich schrecke ich auf. Vampire können in der Dunkelheit sehen! Das heißt, es könnte sein das er mich hier entdeckt. Die Frage ist nun nur noch, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist. Ein Blick in die Augen des Fremden genügt um meine Frage zu beantworten. Das Ergebnis: Es ist völlig ausgeschlossen, dass diese Augen nicht jede Dunkelheit durchdringen können! Nach dieser Feststellung rufe ich mir alles ins Gedächtnis, was ich je über Vampire gelesen habe, dann ziehe ich lautlos einen der Silberpfeile aus dem Köcher und spanne den Bogen leicht an. Vampire sind schneller als Menschen, sollte er mich wirklich entdecken, ist es besser wenn der Bogen schon gespannt ist. Außerdem muss er ins Herz getroffen werden, um ausgeschaltet zu werden. Wenn ich es genau überdenke, habe ich im Ernstfall wohl nur einen Versuch. Hinzu kommt noch, dass ich dann auf jeden Fall auch noch die beiden Wachen zum Schweigen bringen müsste um meine Identität zu schützen. Fast lautlose Schritte holen mich aus meinen Gedanken zurück. Ich sehe wieder hoch und finde mich Auge in Auge mit dem Vampir wieder. Er kommt auf mich zu! Verdammt! Fluche ich innerlich, spanne jedoch wie zur Warnung den Bogen weiter an. Ich bin kurz davor zu feuern, als ich einen geflüsterten Kommentar der Wachen aufschnappe. „Ist dieses Monster jetzt bald mal fertig oder was?“ „Ja genau. Es soll sich bloß beeilen und verschwinden.“ flüstert der andere zurück. Der Vampir ist mittlerweile stehen geblieben und einen Moment lang nehmen seine Augen einen leicht traurigen Gesichtsausdruck an. Gerade so, als wäre es nicht das erst Mal, dass er so etwas hört. Ich erinnere mich, dass die Wachen auf dem Gang auch schon ihr Missfallen ausgedrückt hatten, genauso wie die beiden Frauen. Wo bleiben die eigentlich so lange? Die wollten eigentlich doch nur kurz weg. Hmpf. So wie die sich vorher unterhalten haben, stehen die vermutlich längst wieder auf dem Gang und trauen sich einfach nicht herein, bevor die Wachen wieder heraus kommen. Ja, dass kann ich mir lebhaft vorstellen. Ich spüre wie langsam die Wut in mir hoch kommt. Ich kann die Bewohner dieses Anwesen einfach nicht verstehen! Ist dieser Vampir nicht ihr Verbündeter. Ja sogar ihr Beschützer? Warum stehen sie ihm also so feindselig gegenüber?! Mich wieder der Realität zuwendend kann ich nun einen Gedanken verlorenen Ausdruck auf dem Gesicht des Fremden erkennen. Dieser verschwindet jedoch bald wieder und er sieht erneut in meine Richtung. Ich muss kurz schlucken und hoffe inständig, dass er nicht weiter auf mich zu kommt. Natürlich kann ich darauf noch lange hoffen. Er setzt seinen Weg in meine Richtung fort. Ich könnte jetzt darauf wetten, dass die Wachen langsam ziemlich ungeduldig werden, aber ich kann es mir nicht leisten meine Vermutung jetzt zu überprüfen. Dennoch gehen mir die mit angehörten Gespräche einfach nicht aus dem Kopf. Die gemeinen Worte hallen unaufhörlich in meinem Kopf wieder und es fällt mir von Sekunde zu Sekunde schwerer auf ihn zu zielen. Er ist doch nun wirklich schon verletzt genug oder nicht? Warum kann er also nicht einfach weg gehen, damit ich ihn nicht auch noch so verletzen muss? Versteht er denn nicht, dass dieser Pfeil tödlich für ihn wäre? Aus dieser Entfernung würde ich ihn doch unmöglich noch verfehlen. Bitte, bitte geh weg. Ich will dich nicht töten müssen! Einen kurzen Moment lang schließe ich die Augen, als könnte mein Wunsch allein etwas bewirken und als ich sie wieder öffne, ist er weg! Verwirrt sehe ich mich um und entdecke ihn fast direkt neben mir am Fenster stehend. Es sieht so aus, als hätte er von Anfang an einfach nur nach Draußen sehen wollen. So recht glauben kann ich es aber noch nicht. Er hat mir doch direkt in die Augen gesehen, oder? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)