Mondzeiten von risuma (Eine Drachengeschichte) ================================================================================ Kapitel 60: Rat der Ältesten ---------------------------- Überrascht drehten sich alle nach den Männern um, die aus dem Wald kamen. „Vater!“, rief Tea erschrocken. „Solomon... Odeon... Marik... Schön, dass ihr kommen konntet.“, begrüßte Ishizu die Ankömmlinge. „Doch wo ist Karim? Ist er nicht mit euch gekommen?“, wollte die Älteste des Waldes wissen. „Er wollte seine kleine Tochter nicht schon wieder verlassen, meinte er.“, antwortete Odeon und grinste dabei. „Ah...“, nickte seine Großmutter verstehend und auch sie zierte ein breites Grinsen. „Also, was war das mit den Drachen?“, kam Solomon auf seine Frage zurück, die er absolut ernst gemeint hatte. „Und was sind das für Fremde hier am See?“ „Deswegen habe ich euch hergebeten.“, antwortete die Bewahrerin der Menschen ernst und blickte die drei Dorfvorsteher an. „Tea, Moka, ihr beide macht uns bitte etwas Tee.“, forderte sie die beiden Mädchen auf. „Kommt und setzt euch bitte alle hier neben das Feuer.“, bat sie die Ankömmlinge und die restlichen Anwesenden. „Ich habe euch Drei hierher zum See gebeten, um etwas mit euch zu bereden, und euch jemanden vorzustellen.“, begann Ishizu. „Solomon, dies ist Hiroshi, der Vater von Seth... Odeon, du kennst Hiroshi ja bereits.“ Die beiden Ältesten nickten und Marik hörte aufmerksam zu, denn er kannte noch keinen von Beiden. „Aber wer ist Seth?“, wollte Odeon wissen, denn es war für ihn hier weder ein unbekannter Junge, noch ein unbekannter Mann am See. „Er ist ein junger Mann, der vor einigen Monden den Weg hierher in den Wald gefunden hat, und seitdem in der Nähe des Sees lebt.“, beantwortete Ishizu die gestellte Frage und ignorierte das befremdete scharfe Luftholen von Solomon. „Den Sternen hat es gefallen, dass sich Vater und Sohn nach fünf Jahren der Trennung hier am See wieder trafen. Kisara ist die Frau von Hiroshi und Moka ist seine Tochter. Auch sie haben sich erst hier am See wieder getroffen.“ Odeon nickte verstehend, während Solomon fragend schaute – Ishizu ahnte, welche Fragen der Älteste des nördlichen Dorfes hatte... „Weshalb Kisara und Moka hier sind, dazu komme ich später.“ Solomon nickte... Ein leises Rauschen ließ Ishizu erleichtert aufatmen, und kurze Zeit darauf betrat Seth die Lichtung, auf der sich das Lager der Menschen befand. „Seth, du kommst gerade richtig.“, freute sich die Älteste des Waldes. „Marik... Odeon... dies ist Seth, Hiroshis Sohn.“, stellte Ishizu den Ankömmling vor. „Hiroshi, Kisara, Seth und Moka... Dies hier sind die Dorfältesten der drei Dörfer hier im Wald: Solomon von dem nördlichen Dorf, welches das zum See am nahe liegendste Dorf ist, Odeon aus dem östlichen Dorf, dieses liegt der Stadt am nächsten, mit der wir hauptsächlich Handel treiben und Marik aus dem südlichen Dorf.“ Die drei Dorfältesten, sowie Seth und seine Familie, verneigten sich zur Begrüßung vor einander. „Nun, da ihr euch alle kennen gelernt habt, kann ich zu meinem eigentlichen Anliegen kommen. Es gibt etwas, das von großer Bedeutung ist, und auch mich und Karims kleine Tochter Ishizu mit einschließt.“, fuhr Ishizu fort. Aufmerksam blickten drei Augenpaare die Älteste des Waldes an. „Vor tausenden von Jahren, als es noch starke Zauber in unserer Welt gab, schlossen Drachen und Menschen einen Bund bei den Sternen.“ Die Dorfältesten atmeten heftig ein. „Wie das?“, wollte Marik wissen. „Sind Drachen nicht seit jeher die größten Feinde von uns Menschen?“ „Nein“, antwortete die Bewahrerin, „das waren sie nicht. Sie lebten in Eintracht neben- und miteinander – und um sich noch besser verstehen zu können, schlossen sie deshalb einen Bund im Angesicht der Sterne – jedes Volk schenkte dem anderen ein männliches Neugeborenes.“ „Wie ist das zu verstehen?“, erkundigte sich Marik zweifelnd. „Drachen können doch kein kleines Baby großziehen. Außerdem wäre dazu doch auch gewiss kein besonderer Bund notwendig gewesen.“ „Da hast du Recht.“, nickte Ishizu. „Wie ich schon sagte, zu dieser Zeit gab es noch mächtige Zauber in dieser Welt – die beiden männlichen Neugeborenen sollten sich, mit erreichen ihrer Geschlechtsreife, zu Neu- und Vollmond in jeweils die andere Rasse verwandeln.“ „Verwandeln?“, entfuhr es Odeon entsetzt. „Ja, verwandeln.“, nickte Ishizu bestimmt. „Ein Mensch verwandelt sich in einen Drachen, und ein Drache in einen Menschen.“ „Das ist doch gewiss nur eine Legende?“ Hoffnungsvoll schaute der Älteste des östlichen Dorfes die Chronistin des Waldes an. Das wäre ja entsetzlich, wenn sein Sohn sich in einen Drachen verwandeln würde... „Nein, es ist keine Legende – und ich bin ein lebender Beweis dafür, ebenso meine Urenkelin.“, antwortete die Bewahrerin der Menschen. „Aber, du bist doch kein Mann.“, widersprach Odeon. „Nein, das bin ich nicht.“, nickte Ishizu. „Drachen und Menschen wählten jeweils ein weibliches Neugeborene aus, das die Funktion der Bewahrerin haben sollte. Sie sollten die Geschichte des Bundes innerhalb ihrer Rasse immer weitergeben, und den Mondkindern zur Seite stehen, wann immer sie Hilfe brauchen.“ „Und woher willst du das wissen?“, erkundigte sich zweifelnd Marik, der mit immer größer werdenden Augen zugehört hatte. „Woher sollen wir wissen, dass du uns gerade nicht einen großen Bären aufbinden willst?“ „Du hast Recht.“, erwiderte die Bewahrerin der Menschen ernst. „Aber ihr alle kennt mein rotes Mal auf der Stirn – nun dies ist mein Zeichen des Bundes, so wie es auch die kleine Ishizu trägt. Und glaubt mir, ich TRAGE das Wissen um den Bund aus den Alten Zeiten wirklich in mir.“ „Wird sich mein Sohn in einen Drachen verwandeln?“ Bangend blickte Odeon Ishizu an. „Nein, wird er nicht.“, antwortete die Älteste des Waldes und musste lächeln, als Odeon nur zu offensichtlich erleichtert aufatmete. „Erstens trägt er nicht das Zeichen und zweitens gibt es immer nur ein Mondkind pro Rasse.“ „Es gibt ein Zeichen?“, wollte Solomon verblüfft wissen. „Ja, das gibt es.“, nickte Ishizu. „Doch seit dem großen Krieg zwischen den Drachen und Menschen, haben Mondkinder und Bewahrerinnen sich aus den Augen verloren, und das Wissen um den Bund lebte nur noch im Verborgenen weiter. So ging das Wissen um die Mondkinder und die Erkennungszeichen vergessen, während nur die Geschichten von den Alten Zeiten weiter gegeben wurden. Dieses Mal, welches ich auf der Stirn trage, trägt auch der Mensch, der sich zu Neumond in einen Drachen verwandelt – allerdings im Genick.“ Die drei Männer brauchten eine Weile, um das eben gehörte zu verarbeiten und zu verdauen. „Willst du damit sagen“, begann Solomon bedächtig, „dass es auch heute einen Mann gibt, der sich in einen Drachen verwandelt? Und dass niemand davon wusste, bis er sich eines Tages, überraschend für alle, zum ersten Mal verwandelte?“ Ishizu nickte. „Das ist ja furchtbar.“, gab der Älteste seinem Entsetzen Ausdruck. „Was ist furchtbar?“, erkundigte sich Seth vorsichtig. „Das Verwandeln in einen Drachen?“ „Nein, das meine ich nicht – dass es niemand vorher weiß... dass alle davon überrascht werden... ich stelle es mir nicht leicht für ein Dorf und den betroffenen jungen Mann vor, wenn dies geschieht... Wie diejenigen wohl damit umgehen?“ Nachdenklich wiegte Solomon seinen Kopf, sein erster Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss, gefiel im in dieser Beziehung nämlich überhaupt nicht. „Sie jagen ihn als Monster davon – und seine Familie wird gemieden, wenn nicht sogar verachtet.“, antwortete Hiroshi bitter. Betroffen schauten die drei Ältesten den Grauäugigen Mann an. „Das klingt ganz so, als würdest du genau wissen, wovon du sprichst.“, meinte Odeon nachdenklich. „Bist du etwa...?“ „Nein, nein...“, kam die hastige Antwort. „Dann ist es aber jemand, der dir sehr nahe steht.“, schloss der Älteste des östlichen Dorfes aus Hiroshis Reaktion. „Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn wir alle ihn bereits kennen gelernt haben, nicht wahr, Ishizu?“, meinte Solomon nach kurzem Überlegen. „Denn sonst hättest du uns nicht hierher an den See bestellt. Ist es nicht so?“ Abwartend ruhten seine Augen auf der Weißhaarigen. „Du hast wie immer einen scharfen Verstand.“, lächelte die Angesprochene. „Ich nehme einmal an, dass es Seth ist.“, beendete Solomon seine Überlegungen. „Und das würde vieles erklären...“ Seth hörte dem Ganzen ziemlich angespannt zu. Bis jetzt konnte er noch nicht so recht ausmachen, wie die drei Ältesten auf seine zweite Identität reagieren würden, doch es schien ihm so, als nähmen sie es besser auf, als sein eigenes Dorf. Überrascht schaute er den Ältesten aus Yugis Dorf an. Dass er solch eine scharfe Beobachtungsgabe hatte, hätte er nun nicht erwartet... „Und ich glaube, den Menschen, der normal ein Drache ist, kenne ich auch bereits.“, fuhr Solomon nach einer Weile fort. „Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass du Yugi, und auch du Tea, dieses besondere Geheimnis längst schon kennst, oder?“ Dabei fasste er seine Tochter scharf ins Auge. „J...a...“, stammelte Yugi völlig perplex und beide Kinder wurden ziemlich rot. „Entschuldige Solomon... wir wollten die Zwei nicht in Schwierigkeiten bringen...“ Um Verzeihung bittend blickten violette Augen den Dorfältesten an. „Nun, das war gewiss auch besser für die Beiden – aber als Ältester kann ich dieses Verhalten nicht gut heißen.“ Zwei Kinder saßen ziemlich geknickt neben dem Feuer und schauten betroffen auf den Boden. „Darüber reden wir später.“, schloss Solomon erst einmal seine Zwischenrede. „Seh ich das richtig, dass dein Sohn also jener Mensch ist, der sich in den Drachen verwandelt?“, erkundigte sich Odeon bei Hiroshi. Dieser nickte nur dazu. „Dann ist also der Grund, weshalb du deinen Sohn gesucht hast, weil er davon gejagt wurde?“, wollte der Älteste des östlichen Dorfes wissen. „Nicht so ganz.“, bekannte Hiroshi etwas beschämt. „Er ist nur das erste, was mir aus meinem alten Leben wieder eingefallen ist – als ich anderen dabei zuhörte, die den Kindern die Geschichten aus den Alten Zeiten erzählten... ein kleiner Junge mit blauen Augen, der atemlos den Geschichten über die Drachen lauschte...“ „Dann hast du also nicht nach einem Drachen gesucht?“ Odeon war sichtlich erstaunt. „Zuerst nicht – aber später... als ich Geschichten über einen jungen Mann mit blauen Augen hörte, der erst die Frauen verführte und sich dann als Monster erwies – da wusste ich wieder, wonach ich suchen musste, und Gerüchte über einen weißen Drachengeist brachten mich in diese Gegend.“ Vollkommen überrascht schauten alle Hiroshi an – dieses Gerücht kannten sie noch überhaupt nicht... Sollten deswegen in letzter Zeit so wenig Fremde in ihren Wald gekommen sein? Ishizu hatte als erstes eine Idee... „Eine Räuberbande hatte den Weg zum See gefunden... und Seth hat sie wohl recht eindrucksvoll vertrieben, weil sie Jono ein Leid antun wollten, als er gerade ein Mensch war.“ „Und das hast du mir nicht erzählt, bevor du die Kinder mit zum See genommen hast?“ Vorwurfsvoll schaute Solomon die Älteste des Waldes an. „Es war nicht wichtig.“ Ishizu ließ keinen Zweifel auf ihre Entscheidung kommen. „Der schwarze Drache, auf den die Männer im Frühjahr Jagd gemacht hatten – hat er etwas mit den Mondkindern zu tun?“, erkundigte sich Marik vorsichtig. Er hatte sehr sorgfältig zugehört, und sich so seine eigenen Gedanken gemacht. „Ja, das hat er.“, bestätigte die weißhaarige Frau seine Vermutung. „Ich nehme an, dass er ganz in der Nähe lebt?“, forschte der Älteste des südlichen Dorfes nach. „Nun, so genau weiß ich es auch nicht.“, kam bedächtig von Ishizu. „Aber für Drachen zählen Entfernungen ganz anders, nicht wahr, Seth?“ Verschwörerisch blinzelte sie dem Blauäugigen zu. „Ähm... Ja.“, antwortete der Braunhaarige verlegen. „Keinen halben Tag westlich von hier.“ „Und wie kommt es, dass wir davon nichts wissen?“, wollte Marik wissen. „Wir gehen auch westlich jagen.“ „Das weiß ich auch nicht.“ Seth zuckte mit seinen Schultern. „Ich glaube, ich habe eine Ahnung.“, meinte Ishizu nach einer Weile. „Es scheint ein von den Sternen geschütztes Tal zu sein. Ich könnte mir vorstellen, dass kein anderer, als die Mondkinder, Zutritt zu dem Tal haben. Denn selbst bei meinen Wanderungen habe ich dieses Tal nie gefunden, wenn ich auch den Drachen hin und wieder gesehen habe.“ Solomon zog leicht eine Augenbraue hoch, und auch Odeon schaute ziemlich befremdet. Diese Frau machte mehr Alleingänge und hatte mehr Geheimnisse, als ihnen lieb war... ~~~ Jono war mit Seth zum Lager der Menschen geflogen, damit sie Ishizu und seiner Mutter ebenfalls guten Tag sagen konnten, bevor sie sich für die Nacht ein Plätzchen suchen würden. Fast wären sie direkt neben den Zelten gelandet, doch im letzten Augenblick erkannte der Schwarze, dass sich fremde Männer im Lager befanden, und suchte sich einen etwas abgelegeneren Landeplatz. Seth wollte erst einmal vorfühlen und ihm dann Bescheid sagen, und so wartete das Rotauge ungeduldig darauf, dass sein Gefährte zu ihm zurückkam. Ach, wie wünschte sich das Drachenmännchen gerade die Fähigkeiten eines gewissen Drachenmädchens... aber so war er dazu verurteilt zu warten, und nicht zu wissen, wie lange... Er vertrieb sich die Zeit mit einer gründlichen Kralleninspektion – doch da gab es nicht viel zu sehn, und auch ein, ihm zufällig über den Weg laufendes Kaninchen, vertrieb ihm nicht wirklich die Langeweile... Ein leises Knacken von Zweigen ließ ihn hoffnungsvoll aufschauen, und ein Leuchten zog in seine Augen. >Seth, endlich bist du da.< seufzte er erleichtert auf. >Es war so einsam ohne dich.< „Du kannst kommen, es ist alles in Ordnung.“, lächelte Seth. Es war nicht zu übersehen, wie sehr Jono sich freute ihn zu sehen. >Was sind das für Fremde im Lager?< erkundigte sich der Schwarze vorsichtig. Er wollte doch lieber vorher wissen, mit wem er es zu tun bekommen würde. „Es sind die Ältesten der drei Dörfer hier im Wald“, antwortete der Blauäugige ernst, „...und sie sind bereit, dich kennen zu lernen.“ >Oh...< kam es überrascht von dem rotäugigen Drachen. >Bist du dir ganz sicher?< „Ja, das bin ich.“, nickte Seth. „Ich bin mit dem Auftrag, dich zu holen, zu dir geschickt worden. Einen der Ältesten kennst du ja bereits schon – Solomon, Teas Vater.“ Noch nicht ganz von der Sache überzeugt, folgte Jono seinem Gefährten zu den Zelten und blickte etwas später drei sehr abwehrbereiten, mit gezückten Speeren versehenen, Männern entgegen. ~~~ „Das ist Jono, mein Gefährte und ein Sohn des Bundes, genau wie ich.“, stellte Seth seinen großen, schwarzen Begleiter vor. „Er tut niemandem etwas zu leide, das können alle hier bezeugen – und dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“ Die Köpfe aller Bewohner des Lagers am See nickten bestätigend zu den Worten des Braunhaarigen und drei paar Augen blickten überrascht, forschend und skeptisch auf den Neuankömmling. Solomon senkte als erster seinen Speer... „Ich will den Worten von Seth fürs erste Glauben schenken.“, sagte der Älteste des nördlichen Dorfes ernst und bedacht. „Doch du wirst gewiss verstehen, dass ich mich von der Richtigkeit dieser Worte erst selbst überzeugen möchte.“ „Dem schließe ich mich an.“ Mit diesen Worten senkten Odeon und Marik ebenfalls ihre Speere. Abwartend, was nun geschehen würde, sahen die drei Ältesten die beiden Mondkinder an. „Ja, das verstehen wir sehr gut.“, antwortete Seth für beide. „Immerhin begegnet man nicht jedem Tag einem Drachen. Ishizu, hast du noch etwas von dem Drachenkraut da?“ „Der Tee daraus ist schon fertig.“ Kisara erhob sich und ging zu einem kleinen Kessel, der neben dem Feuer stand. „Ich hab mir schon so etwas gedacht.“, meinte sie entschuldigend, als sie mit dem Tee zurückkam. Ishizu war angenehm überrascht über soviel Weitsicht und Hiroshi lächelte nur – ja, so war seine Frau... „Solomon, Odeon, Marik... würdet ihr mir bitte eure Becher reichen, damit ich euch von dem Tee geben kann?“ Auffordernd blickte die Älteste des Waldes die drei Männer an. „Tea, wärst du bitte so lieb?“ Die Angesprochene schaute einen kurzen Augenblick verwirrt, doch dann zog erhellendes Verstehen über ihr Gesicht und sie stand auf, verschwand in einem der Zelte und brachte das Gewünschte. „Der Tee den ihr jetzt trinken sollt, ist äußerst bitter, aber es geht leider nicht anders.“ Ishizu füllte die drei Becher der Ältesten mit dem Tee aus Drachenkraut und gab eine ordentliche Portion Honig dazu. „Sagtest du gerade Drachenkraut?“ Zweifelnd an der Zurechnungsfähigkeit der besten Heilerin des Waldes nahmen die drei Männer ihre Becher wieder entgegen. Es wusste doch jedes Kind im Wald, dass dieses Kraut äußerst giftig war... „Ja, Drachenkraut.“, nickte die Weißhaarige. „Erst seit kurzem weiß ich, wieso dieses Kraut diesen so bezeichnenden Namen trägt.“, lächelte sie. „Es versetzt Menschen und Drachen in die Lage, sich untereinander verständigen zu können. Und deshalb, so nehme ich stark an, werdet ihr den Tee aus Drachenkraut trinken wollen...“ „Heißt das, dass ich danach verstehen kann, was Drachen sagen?“, wollte Marik ungläubig wissen. Der Preis sollte sich schon lohnen, bevor er den bitteren Tee trank... „Ja, das kann man.“, platzte es aus Tea heraus, die sich augenblicklich erschrocken die Hand vor den Mund hielt. „Entschuldigung...“, nuschelte sie hinter vorgehaltener Hand und wurde knallrot. Sie wusste doch ganz genau, dass man sich in Gespräche Erwachsener nicht einmischen durfte... Die hochgezogene Augenbraue ihres Vaters war ihr nicht entgangen. „Wir alle hier am See haben den Tee bereits getrunken.“, mischte sich Ishizu ein, bevor Solomon etwas sagen konnte. „Doch nicht nur wir Menschen bedienen uns des Drachenkrauts, auch die Drachen müssen es zu sich nehmen.“ „Wenigstens etwas.“, murmelte Teas Vater halblaut, nachdem er den ersten Schluck von dem bitteren Tee getrunken hatte. „Dann leiden wenigsten beide...“ So ganz war er noch nicht davon überzeugt, dass er keinen Schaden davon tragen würde... Moka war in einem der Zelte verschwunden, und kam mit einer Schüssel voll süßer, mit Honig übergossenen, Beeren wieder. „Das hilft gegen den ziemlich bitteren Geschmack.“, meinte sie und füllte für jeden der Ältesten eine Portion ab, die sie ihnen reichte. Dankbar nahmen die drei Männer die angebotene Süßigkeit an. „Und, was geschieht nun?“, wollte Marik von den Anwesenden wissen. „Pass mal auf.“, lächelte Ishizu und wandte sich an den schwarzen Drachen. „Würdest du den dreien bitte sagen, wer du bist?“ >Wirklich?< forschte Jono nach. Seth nickte. >Ähm, mein Name ist Jono und ich bin 120 Jahre alt.< begann das schwarze Rotauge mit seiner Vorstellung. >Nachdem ich mich zum ersten Mal in einen Menschen verwandelt habe, musste ich meine Kolonie verlassen und lebe seit 70 Jahren in einem Tal, nicht ganz einen halben Tag westlich von hier.< Äußerst erstaunt vernahmen Solomon, Odeon und Marik die Stimme in ihrem Kopf. Sie hatten nicht wirklich daran geglaubt, dass eine Verständigung mit dem Drachen möglich wäre. „Und wie kommt es, dass keiner von deiner Existenz hier wusste?“ Diese Frage interessierte Odeon am meisten. >Ich habe mein Tal in der Regel nicht verlassen.< antwortete Jono auf die Frage. „Manchmal aber doch, oder?“, erkundigte sich der Älteste aus dem Östlichen Dorf. Der Schwarze nickte. „Warst du der Drache, den die Männer am See gesehen und gejagt haben?“ >Ja, das war ich... ich hatte an dem Tag nicht aufgepasst... normalerweise gehe ich den Menschen aus dem Weg...< Eine leichte Röte überzog das Gesicht des Drachens, wenn er an dieses Ungeschick dachte. „Und wie kommt es, dass du jetzt hier bist, wenn du den Menschen aus dem Weg gehst?“, forschte der Kahlköpfige weiter. >Na ja... Seth hatte so einen seltsamen Traum... und so haben wir Ishizu kennen gelernt.< gab Jono Antwort. „Dann lebt Seth also ebenfalls in diesem Tal, versteh ich das richtig?“, schlussfolgerte Odeon. >Ja, er ist mein Gefährte, seit er in das Tal gekommen ist.< Ein überraschtes scharfes Luftholen ließ den Drachen verwundert in die Runde blicken. Er hatte sich bei seiner Antwort nichts weiter gedacht, schließlich war es ja die Wahrheit... „Oh, Jono.“, flüsterte es leise neben ihm. „So weit sind die Menschen hier noch nicht, ganz besonders die drei Männer hier...“ Ein betretenes Schweigen breitete sich in dem kleinen Lager am See aus, die Erwachsenen mussten das Gesagte erst einmal verdauen. „Das ist doch toll.“, brach Yugi schließlich den Bann. „Also, ich würde mich sehr freuen, wenn ich solch einen tollen Gefährten hätte.“ Ishizu lächelte – Yugi war halt doch noch ein Kind... Solomon räusperte sich. „So, und was sind das für andere Drachen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)